Stuhltransplantation als Option

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MEDIZINREPORT
CLOSTRIDIUM DIFFICILE
Stuhltransplantation als Option
Antibiotika-assoziierte Infektionen mit Clostridium difficile sind ein immer häufigeres Problem.
Bei rezidivierenden, therapieresistenten Durchfällen ist eine Übertragung von gesunder Darmflora
eine erfolgversprechende Therapiemöglichkeit.
ine Antibiotikatherapie kann
die Darmflora so schädigen,
dass potenziell pathogene Keime
die Oberhand gewinnen. Das Bakterium Clostridium difficile löst
mitunter schwere Durchfälle aus.
Besonders ältere und multimorbide
Patienten sind betroffen. Bleiben
Therapieversuche mit Metronidazol
und Vancomycin erfolglos, ist eine
Stuhltransplantation eine Option.
siko solle auch vermieden werden,
zum Beispiel das einer Endoskopie.
Es gebe jedoch Patienten, die
Schwierigkeiten damit hätten, die
Kapseln zu schlucken. Deren Größe
entspricht in etwa Arzneimittelkapseln, die zur Eisensubstitution verwendet werden. Allerdings müssen
die Patienten am ersten Behandlungstag 15 bis 20 Kapseln schlucken, am zweiten 10.
Einer der ersten Standorte in
Deutschland, der eine fäkale Mikrobiota-Transplantation
(FMT)
anbot, ist das Universitätsklinikum
Köln. Rund 30 Patienten sind hier
seit Ende 2013 behandelt worden.
„Die bisherigen Erfahrungen sind
gut“, sagt Priv.-Doz. Dr. med. Maria Vehreschild. Zunächst erfolgte
die Übertragung gesunder Darmflora mittels gastroskopisch gelegter
Duodenalsonde. Doch dann wurde
die Therapie mit Kapseln etabliert.
Es gibt mehrere Möglichkeiten,
eine FMT durchzuführen. Neben
der Duodenalsonde und den Kapseln ist auch die Verabreichung per
Magensonde möglich. Auch im
Rahmen einer Koloskopie oder als
Einlauf kann gesunde Darmflora
übertragen werden. „Die meisten
Patienten bevorzugen eine Kapseltherapie“, berichtet Vehreschild.
Man müsse aber immer individuell
entscheiden. Jedes vermeidbare Ri-
Die Kapseln stellt das Kölner
Klinikum selbst her. Es gibt zwei
Dauerspender. Sie müssen alle Kriterien eines Blutspenders erfüllen
und noch einige zusätzliche. So
sollten sie etwa Normalgewicht haben. Zur Aufbereitung wird der
Stuhl mit NaCl verdünnt, gefiltert,
zentrifugiert und nach Zugabe von
Glycerol verkapselt und eingefroren. Das Einfrieren erleichtert die
Lagerung und macht den Einsatz
flexibel. Eine aktuelle Studie zeigt,
dass tiefgefrorene Präparate genauso gut wirken wie „frische“ (JAMA
2016; 315:142–149). Die Behandlung (Einlauf) war in beiden Studienarmen bei mehr als 80 Prozent
der Patienten erfolgreich.
Die FMT ist kein zugelassenes
Verfahren, sondern ein „individueller Heilversuch“. Die Indikationsstellung ist streng. Voraussetzung
ist eine rezidivierende, symptomatische Infektion mit Clostridium dif-
Foto: SPL/Agentur Focus
E
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 5 | 5. Februar 2016
Das Bakterium
Clostridum difficile kann Bestandteil der Darmflora
sein. Es verursacht
aber auch schwere
Durchfälle.
ficile. „Ein Patient sollte zuvor mit
allen für seine Indikation zugelassenen Therapien behandelt worden
sein“, erläutert Vehreschild. Voraussetzung für eine Behandlung in
Köln ist auch eine erfolglose Therapie mit Fidaxomicin. Die Klinik erhält viele Anfragen von Patienten
mit Reizdarmsyndrom und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. „Diese Erkrankungen sind
momentan aus unserer Sicht keine
Indikation“, betont die Forscherin.
Die FMT ist ein noch junges Verfahren. „Es gibt kaum Langzeitbeobachtungen“, erklärt Vehreschild.
Kurzfristig kann es zu gastrointestinalen Nebenwirkungen (Bauchkrämpfen, Übelkeit, Aufstoßen,
Blähungen) und in seltenen Fällen
zu Fieber kommen. Als mittel- und
langfristiger Effekt wird eine Gewichtszunahme diskutiert. Daher
werden in Köln nur normalgewichtige Stuhlspender zugelassen. Fälle
von Autoimmunerkrankungen sind
im zeitlichen Zusammenhang mit
einer FMT beschrieben – darunter
die rheumatoide Arthritis, die idiopathische thrombozytopenische
Purpura und das Sjögren-Syndrom.
„Es ist aber schwierig zuzuordnen,
ob ein tatsächlich kausaler Zusammenhang besteht“, sagt Vehreschild. Um die Langzeitrisiken besser zu erfassen, hat der Standort
Köln mit dem Universitätsklinikum
Jena ein Register für FMT gegründet. Schätzungsweise 30 Kliniken
in Deutschland nehmen solche
Übertragungen derzeit vor.
Der Einsatz von FMT wird unterdessen für Unternehmen interessant. Die US-amerikanische Firma
Seres Therapeutics strebt die Marktzulassung einer Kapsel an. In den
USA gibt es zudem bereits Stuhl▄
banken wie OpenBiom.
Dr. med. Birgit Hibbeler
A 185
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