9 WW geladene Teilchen

Werbung
Inhalt des 9.Kapitels
Wechselwirkung geladener Teilchen
Stoßparameter
Cherenkovstrahlung
Wechselwirkungsarten
Bremsvermögen
Stoßbremsvermögen
Bragg Peak
Strahlungsbremsvermögen
Reichweiten schwerer geladener Teilchen
Reichweiten monoenergetischer
Elektronen
Reichweite und Transmission von
Betastrahlung
Teilchenenergie und Streuwinkel
Stoßparameter
Kapitel 9
Geladene Teilchen wie Elektronen, Protonen, Deuteronen,
Alphateilchen, Atomionen und deren Antiteilchen geben beim
Eindringen in Materie in der Regel nur geringe Energiebeiträge
pro Reaktion auf den Absorber ab
-> viele WW-Prozesse bis zur vollständigen Bremsung
Die zurückgelegte Wegstrecke bezeichnet man als Bahnlänge
Die Teilchen können mit der Hülle oder mit dem Kern reagieren
Ausschlaggebend dafür ist der Stoßparameter s, der eine
Funktion der Teilchenenergie ist
Aus s folgt auch der Streuwinkel φ
1
Große Stoßparameter
Kleine Teilchenenergie
s >> rAtom
Coulomb-WW mit der ganzen Atomhülle:
Wird das Atom nicht ionisiert
Richtungsänderung ohne Energieverlust
Elastische Streuung
Bei Anregungen oder Ionisationen in der äußeren Schale:
Richtungsänderung mit Energieverlust
Inelastische Streuung
Emission von niederenergetischen Hüllenelektronen (bleiben am
WW-Ort)
Durch die geringen Energieüberträge bezeichnet diese Vorgänge als
„soft collisions“, die in einer kontinuierlichen Abbremsung resultieren
Rund 50% der WW geladener Teilchen führen zu soft collisions
Mittlere Stoßparameter
Mittlere Teilchenenergie
s ~ rAtom
Kapitel 9
Direkte Stöße mit äußeren und inneren
Hüllenelektronen
Durch die größeren Energieüberträge
bezeichnet diese Vorgänge als „hard
collisions“
Daher erhalten die emittierten
Hüllenelektronen höhere Energien und
größere Streuwinkel (seitliches Verlassen)
Diese höherenergetischen
Sekundärelektronen bezeichnet man als δElektronen
Sie verlassen den WW-Ort seitlich und übertragen ihre Energie
außerhalb des WW-Orts über soft collisions
Bedeutung in der Mikrodosimetrie (DNS, Zellen)
2
Kleine Stoßparameter
Große Teilchenenergie
s << rAtom
Coulomb-WW mit dem Atomkern
Streuung ohne Energieverlust:
Elastische Kernstreuung
Selten, Verbreiterung des Teilchenstrahls
Streuung mit Energieverlust:
Inelastische Kernstreuung
Emission von Bremsstrahlung, die den
Teilchenstrahl „kontaminiert“
Kernstreuung ist nur bei Elektronen von Bedeutung (kleine
Masse, daher leicht ablenkbar)
Sehr kleine Stoßparameter
Sehr große Teilchenenergie
s ~ rKern
Kapitel 9
Direkte Wechselwirkung mit dem Atomkern
Leptonen (z.B. Elektronen):
WW über Coulombkräfte, Teilchen und
Kern bleiben erhalten
Hadronen (z.B. Protonen):
Auslösung von Kernreaktionen bis zur induzierten
Kernspaltung
Für den Energieverlust von geladenen Teilchen spielen diese
sehr seltenen Vorgänge eine untergeordnete Rolle
3
Pavel Cherenkov (1904 – 1990)
Cherenkov Strahlung
Diese Photonenstrahlung entsteht,
wenn sich geladene Teilchen mit
großem Stoßparameter (s>>rAtom)
in einem Medium mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen
unter einem Winkel
cos  
c0
vn
n..Brechungsindex
Kaum Effekt auf Reduktion der Teilchenenergie (schnelle
Elektronen in Plexiglas: 1keV/cm, durch soft collisions: 2MeV/cm)
Cherenkov Strahlung: ab welcher Energie?
Exkurs
Ab δ=0, also ab cos(δ)<1 tritt Cherenkov Strahlung auf, also v 
Setzt man v in
E kin  m0 c 2 (
so folgt
E kin  m0 c 2 (
1
n
n2  1
Für Elektronen (Betas) in Wasser:
Für Elektronen (Betas) in Luft:
Kapitel 9
 1)
v2
1 2
c
c
n
ein,
 1)
Ekin > 264 keV
Ekin > 20,6 MeV
4
Stoß- und Strahlungsbremsung
4 Möglichkeiten der Wechselwirkung
Inelastische Streuung
an der Hülle – Stoßbremsung
Energieänderung
Richtungsänderung bei Teilchen kleiner Masse
an Kernen - Strahlungsbremsung
Richtungs- und Energieänderung
Bremsstrahlung
Elastische Streuung
an der Hülle
nur relevant bei kleinen Projektilenergien
Richtungsänderung
an Kernen
Richtungsänderung
Total-, collision-, and radiative stopping power
Das Bremsvermögen
Kapitel 9
Geladen Teilchen können also in einem Medium Energie durch
Stoß- und Strahlungsbremsung verlieren
Das totale Bremsvermögen ist somit die Summe aus dem
Stoßbremsvermögen und dem Strahlungsbremsvermögen
Es ist definiert als der Quotient des mittleren Energieverlusts des
Teilchens und der zurückgelegten Wegstrecke
 dE 

  Stot  Scol  Srad
 dx  tot
Da S positiv definiert werden soll, dE/dx aber negativ ist, wird
ein Minus vorgesetzt
S/ρ bezeichnet man in Analogie zum
Massenschwächungskoeffizient als Massenbremsvermögen
5
Das Stoßbremsvermögen
Das Stoßbremsvermögen
Collision stopping power
 dE 
Scol  

 dx  col
lässt sich nach der Bethe-Bloch Gleichung berechnen
(Herleitung: ICRU 37), wobei man zwischen
schweren geladenen Teilchen (Protonen, Alphateilchen,
usw.) und
Elektronen und Positronen
unterscheidet
Stoßbremsvermögen für schwere Teilchen
Das Massenstoßbremsvermögen für schwere geladene Teilchen
ergibt sich zu
Bethe-Bloch Gleichung
1
Kapitel 9

Scol 

4re2 mc 2 1 Z 2   2mc 2  2 
z ln
   2
u
 2 A   (1   2 ) I 

β = v/c
Z = Kernladungszahl des Targetmaterials
z = Kernladungszahl des Projektils
A = relative Atommasse des Targetmaterials
u = atomare Masseneinheit = 1,661 10-27 kg
m = Elektronenmasse
I = mittlere Ionisierungsenergie des Targets in eV
I ~ 7,6eV(1+0,6Z-2/3)
1 e2
 2,818  10 15 m
re = klassischer Elektronenradius re 
4 0 me c 2
6
Stoßbremsvermögen für Elektronen und Positronen
Das Massenstoßbremsvermögen für Elektronen und Positronen
ergibt sich relativistisch zu
Bethe-Bloch Gleichung
2




2
 1  2e04 Z   2mv 2 E 
1

Scol  
  2 1   2  1   2 ln 2  1   2   1  1   2 
ln
2
2
2

8
 4 0  mv Au   (1   )2 I 

1
β = v/c
Z = Kernladungszahl des Targetmaterials
z = Kernladungszahl des Projektils (=1)
A = relative Atommasse des Targetmaterials
u = atomare Masseneinheit = 1,661 10-27 kg
m = Elektronenmasse
I = mittlere Ionisierungsenergie des Targets in eV
I ~ 7,6eV(1+0,6Z-2/3)
E = kinetische Energie des Projektils
Abhängigkeiten
Teilchenenergien und z
Scol ist von z2
abhängig
Scol  z 2
Für kleine Energien gilt, da der
lange Klammerausdruck
konstant bleibt
Für hohe Energien gilt, da
v=const (relativistisch))
1
Scol  const
v2
Bei minimalen Energien sinkt S wieder, da durch Abstreifreaktionen
ungeladene Atome entstehen (z.B. He2+ -> He)
Scol 
Kapitel 9
7
Restricted collision stopping power
Beschränktes Massenbremsvermögen
In der Dosimetrie ist meist die lokale Energiedeposition
ausschlaggebend
Bremsstrahlung und zum Teil auch Sekundärelektronen
transportieren die Energie jedoch vom betrachteten Ort weg
Daher definiert man ein beschränktes Massenbremsvermögen
S∆/ρ
wobei ∆ die zulässige Energieobergrenze angibt, für die die
Prozesse betrachtet werden
Mittlere Ionisierungsenergie
Spezifische Ionisation
Kapitel 9
Scol wird hauptsächlich durch Ionisationen bestimmt
Daher ist Scol in erster Näherung der Anzahl der gebildeten
Ionenpaare pro Wegelement proportional
Die gebildeten Ionenpaare pro Wegelement bezeichnet man als
spezifische Ionisation oder Ionisierungsdichte J [Cm-1]
Mit dem mittleren Energieaufwand zur Bildung eines
Ionenpaares Wi erhält man daher
W
 dE 
Scol  
 J i
dx
e

 col
8
Mittlere Ionisierungsenergie
Abschätzung der Anzahl der Ionisationen
Aus der Tabelle lässt
sich auch abschätzen,
wie viele Ionisationen
ein Teilchen mit einer
bestimmten Energie
bis zum Stillstand
durchführt
Ist z.B. das Absorbermaterial Luft, so finden bis zum Stillstand
eines 1 MeV Elektrons rund
N
106
 3  104
33,73
Ionisationen statt
Wi für Festkörper sind kleiner (z.B. Ge: 2,95 eV)
William H. Bragg (1892 – 1942)
Bragg Peak
Kapitel 9
Die Ionisierungsdichte hat wie der mittlere Energieverlust ein 1/v2
Verhalten (siehe Folie 14)
Daher sollte man annehmen, dass mit kleinsten Restenergien eines
Alphateilchens J (und damit Scol) extrem anwächst
Es wurde allerdings schon erwähnt, dass durch Abstreifreaktionen
das Alphateilchen zu einem ungeladenen He-Atom wird
Daher sinkt J in diesem
Bereich und die BetheBloch Theorie über S
versagt dort
Dieser Vorgang führt zum
sogenannten Bragg-Peak
9
Das Strahlungsbremsvermögen
Radiative stopping power
Der Energieverlust beim Strahlungsbremsvermögen
 dE 
Srad  

 dx  rad
ist umso höher
je größer der Ablenkwinkel des Teilchens und
je näher das Teilchen an den Kern oder das ablenkende
Teilchen kommt
Hohes Strahlungsbremsvermögen spielt somit nur bei hoher
Teilchenenergie (kleiner Stoßparameter) eine Rolle
Weiters können Teilchen umso leichter abgelenkt werden, je
leichter sie sind
Daher tritt Strahlungsbremsung i.A. nur bei Elektronen auf
Die Herleitung von Strahlungsbremsvermögen findet man u.A. in
ICRU 37
Für Energien im Strahlenschutz: Srad <<Scol
Vergleich von Srad und Scol
Kapitel 9
Man erkennt, dass selbst
im Fall von Elektronen das
Strahlungsbremsvermögen
erst ab 10 – 100 MeV die
Größenordnung des
Stoßbremsvermögens
erreicht (logarithmischer
Maßstab!)
Srad Z  E

für E > 500 keV
Scol
800
Srad Z  E

für E < 150 keV
Scol 1400
10
Das Problem mit Röntgengeräten
Wärme
ist die in der Röntgenröhre entstehende Wärme
Warum, ist jetzt klar:
Stoßprozesse (Scol)
werden im Endeffekt,
neben chemischen
Reaktionen, in Wärme
überführt
Nur der minimale Anteil
von Srad liefert die
gewünschte Brems- bzw.
Röntgenstrahlung
Daten aus dem Internet…
Zum Spielen…
unter http://physics.nist.gov/PhysRefData/Star/Text/contents.html
Kapitel 9
11
Elektronen und Alphateilchen in Blei
Für Elektronen erhält man
Srad, Scol und Stot
Beispiel
Hier treten neben
Ionisierungen vermehrt nur
mehr Anregungen auf
Für Alphas ist Srad
unbedeutend
Es sind also die Anteile der
Massenbremsvermögen der
Hülle und des Kerns
angegeben
MITTLERE Reichweiten
Reichweiten schwerer geladener Teilchen
Kapitel 9
Schwere Teilchen werden wenig aus ihrer Bahn abgelenkt, daher
stimmt die Reichweite mit der Bahnlänge gut überein
Haben die Teilchen eine Anfangsenergie E0, so ergibt sich ihre
mittlere Bahnlänge (= ist in diesem Fall gleich mittlere
Reichweite) zu
R E0  
RMax

0
dx 
0
dx
E0

dx 
 dE dE     dE dE
E0
0
Dies entspricht einer Integration über 1/Stot, wobei ja im Fall von
schweren Teilchen Srad vernachlässigbar ist
Daher erhält man
E
 1 
dE
R E0    
0  Scol 
0
12
Reichweiten schwerer geladener Teilchen
Eliminiert man nun aus
1
Energieabhängigkeit


4re2 mc 2 1 Z 2   2mc 2  2 
z ln
   2
u
 2 A   (1   2 ) I 

Scol 
alle Konstanten und nimmt auch den Klammerterm als konstant
an (nichtrelativistischer Ansatz), so erhält man mit der
Projektilmasse M
1

Scol 
E
 1 
dE
R E0    
0  Scol 
2M 2
z
Mv 2
0
und somit
R E0  
E0
E
 Mz
2
dE
0
Relativistisch und nichtrelativistisch
Reichweiten schwerer geladener Teilchen
Kapitel 9
Für nichtrelativistische Projektile mit der Anfangsenergie E0
erhält man somit
R  E0  
E02
Mz 2
Für relativistische Anfangsenergien erhält man über detaillierte
Rechnungen
R  E0  
E03 / 2
Mz 2
Man sieht also, dass die Reichweite gleicher schwerer Teilchen
mit der selben Anfangsenergie primär von den Dichten des
Absorbers abhängt
13
Straggling für Elektronen und schwere Teilchen
Reichweiten für Elektronen
Da Elektronen durch ihre geringe Masse
leicht aus ihrer Bahn abgelenkt werden,
werden sie auf ihrem Weg auch
zurückgestreut
Daher entspricht in diesem Fall die
Bahnlänge nicht der Reichweite
Die mittlere Reichweite bei gleichen Anfangsenergien ist daher
verschmierter (höheres „straggling“ S)
Elektronen
schwere
Teilchen
Mittlere Betaenergie
Reichweite von Betastrahlung
Da Betateilchen ein kontinuierliches
Spektrum mit einer Maximalenergie
aufweisen, muss im Strahlenschutz
oft mit einer mittleren Betaenergie
gerechnet werden
E Max
E 
 E  N ( E )dE
0
E Max
 N ( E )dE
0
Meist reicht jedoch die Näherung
E 
Kapitel 9
mit N(E)…
„Betafunktion“
(spektrale Fluenz)
1
E ,max
3
Massereichweiten
in Aluminium
14
Reichweite von Betastrahlung und Elektronen
Rechenmodelle
Es gibt verschiedene Rechenmodelle für die Energie-Reichweitenbeziehung von Betastrahlung und monoenergetischen Elektronen
Gottseidank gibt’s das Internet…
Wieder Daten zum Spielen…
unter http://physics.nist.gov/PhysRefData/Star/Text/contents.html
Kapitel 9
15
Anleitung
CSDA range
Sowohl bei Elektronen als auch bei den schweren Teilchen können
die CSDA (continuous-slowing-down approximation) range Daten
abgerufen und zu Berechnungen verwendet werden
Kapitel 9
Zusammenfassung
Kapitel 9
Die Wechselwirkung von geladenen Teilchen mit Materie hängt
stark von deren Energie und damit vom Stoßparameter ab
Das Bremsvermögen, also die mittlere Energieabgabe pro
Wegelement, wird in Stoß- und Strahlungsbremsvermögen
unterteilt
Scol hat sowohl für Elektronen als auch erst recht für schwere
geladene Teilchen für im Strahlenschutz relevante Energien die
dominante Rolle
Da bei schweren geladenen Teilchen die Reichweite der
Bahnlänge entspricht, ist die mittlere Reichweite genauer
definiert (kleines Energiestraggling)
Am Ende der Teilchenbahn entsteht der Bragg-Peak
Elektronen werden leichter abgelenkt, was in einem größeren
Energiestraggling resultiert
Betastrahlung hat zusätzlich keine diskrete Elektronenenergie,
daher rechnet man im Strahlenschutz oft mit der mittleren
Betaenergie
16
Herunterladen