Das neue Psychotherapeutengesetz (PsychThG)

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Thomas Hessel
Das neue Psychotherapeutengesetz (PsychThG)
Freier Zugang zum Therapeuten durch den Patienten
Seit dem 01.01.1999 ist d�
Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – wesentliche Vorteile. 90 Prozent der Bevölkerung sind bei gesetzlichen Krankenversicherungen versichert. Sie haben nun
einen Rechtsanspruch auf Psychotherapie gegenüber ihrer Krankenkasse und können sich ihren Therapeuten frei wählen, ob dies nun ein psychotherapeutisch
tätiger Arzt oder �ereinigun
gen (KV) zugelassen ist und die Behandlung in einem wissenschaftlich anerkannten Verfahren erfolgt.
Auch das Verfahren der Ther�
Vertragsarztes zur Abklärung einer somatischen Erkrankung eingeholt. Konsiliararzt kann jeder Arzt – auch der Hausarzt – sein. Im Gegensatz zu der früheren
Regelung bestimmt also der zugelassene Psychotherapeut und nicht ein Arzt, ob im konkreten Fall eine Psychotherapie erforderlich ist. Eine im Gesetz vorgesehene Zuzahlung des Patienten zur Behandlung wurde von der neuen Bundesregierung noch Ende 1998 wieder gestrichen.
Neuregelung der Psychotherapie-Ausbildung
Die Psychotherapie-Ausbildung ist nun staatlich geregelt. Nach dem Studium der Psychologie mit dem Abschluß „Diplom-Psychologe“ (wobei in dem Studium die
klinische Psychologie als Sc�
gradualen Ausbildung unterziehen. Diese dauert bei Volltagsbeschäftigung drei Jahre, bei Halbtagsbeschäftigung fünf Jahre und erfolgt an vom Staat anerkannten
Ausbildungsinstituten oder Universitäten. An die Anerkennung der staatlichen Ausbildungsinstitute werden hohe Qualitätsanforderungen gestellt:
Der zukünftige Psychotherapeut muß eine theoretische und praktische Ausbildung absolvieren, die u. a. Selbsterfahrung, Patientenbehandlung unter Kontrolle
und Kenntnisse im stationären Bereich (sog. „Psychiatriejahr“) erfordert. Die Ausbildung muß in einem ersten Abschnitt Grundkenntnisse in allen wissenschaftlich
anerkannten Verfahren umfassen und in einem weiteren Teil eine schwerpunktmäßige Ausbildung in dem vom Ausbildungskandidaten gewünschten, wissenschaftlich anerkannten Verfahren. Schließlich muß sich der zukünftige Psychotherapeut nach Abschluß der postgradualen Ausbildung einer staatlichen Prüfung
unterziehen. Dann erhält er die staatliche Approbation. Diese Approbation berechtigt ihn auch, zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen zu werden.
Durch das Gesetz wurde auch das Berufsbild des Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten konturiert. Wer diesen Beruf ergreifen möchte, muß ein abge�
Ausbildung durchlaufen.
Berufliche Gleichstellung mit Ärzten
Die Psychologischen Psychotheraopeuten und die Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten sind mit Erhalt der staatlichen Approbation den Ärzten rechtlich
gleichgestellt. Bisher durften nur Ärzte und Heilpraktiker behandeln. Dies stellt für die Behandler einen Fortschritt dar. Mußten alle nichtärztlichen Behandler bisher
eine eingeschränkte Heilpraktikerprüfung ablegen bzw. (wenn sie Diplom-Psychologen waren) den sog. eingeschränkten Heilpraktikerschein erwerben, so entfällt
in Zukunft diese „diskriminierende“ Handhabung. Ebenso entfällt die Notwendigkeit, sich durch einen Arzt Patienten zur Behandlung „delegieren“ zu lassen, um
solche Behandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen zu können.
Integration in die kassenärztliche Versorgung
Das Gesetz integriert die Psychotherapeuten in die kassenärztliche Versorgung. Das bedeutet, daß in Zukunft das gesamte Niederlassungsrecht und die oft sehr
bürokratischen Vorschr�
pieversorgung geregelt. D�
sind. Ab 1999 ist eine Zulassung nur noch möglich, wenn die Praxis in einem unterversorgten Gebiet eröffnet werden soll. In den sogenannten überversorgten
Gebieten ist eine Zulassung nicht mehr gestattet.
Hinzu kommt, daß auch das von den Krankenkassen zur Verfügung gestellte Budget für psychotherapeutische Behandlung „gedeckelt“ ist. Das heißt – kurz
gesagt: Je mehr psychot�
desteinkommen garantiert sein �
sich nicht vertreten lasse�
geklärt werden müssen.
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Schwierig sind die kassenärztlichen Vorschriften im übrigen auch für diejenigen Psychotherapeuten, die bisher ihren Erwerb nicht alleine aus einer Praxistätigkeit
bezogen haben, sondern vielleicht auch noch als Supervisoren tätig sind, bei Beratungsstellen freiberuflich arbeiten, Dozententätigkeiten ausüben oder auch eine
feste Halbtagsanstellung haben oder hatten. Es gibt mannigfaltige Reibungsflächen zwischen dem Berufsbild des Psychotherapeuten und den althergebrachten
Vorschriften der Kassenärzte.
Übergangsbestimmungen
Das Gesetz enthält Übergangsbestimmungen im berufsrechtlichen und sozialrechtlichen Teil für diejenigen, die bisher schon therapeutisch tätig waren und denen
daher nicht zugemutet werden kann, die neu vorgeschriebene Ausbildung zu durchlaufen.
Die Approbation erhalten die bisherigen Delegationstherapeuten und diejenigen Therapeuten, die bisher die therapeutischen Leistungen von den Krankenkassen
außerhalb des kassenarztrechtlichen Abrechnungssystems erstattet bekommen haben sowie angestellte und beamtete Psychotherapeuten, wenn sie eine bestimmte Berufspraxis und eine theoretische Ausbildung in einem wissenschaftlich anerkannten Verfahren nachweisen können. Hier hat der Gesetzgeber akribisch
Stundenzahlen festgelegt.
Zur kassenärztlichen Versorgung werden die Therapeuten unabhängig von dem festgestellten Bedarf zugelassen, wenn sie die Approbation vorlegen und den
sog. Fachkundenachweis. Die kassenärztlichen Vereinigungen erkennen hier nur die bisherigen sogenannten Richtlinienverfahren an: tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, analytische Psychotherapie und Verhaltenstherapie.
Außerdem müssen die Th�
rechnet haben. Die gesetzlichen Bestimmungen enthalten eine ganze Reihe von Einschränkungen, wobei die kassenärztlichen Vereinigungen in der Umsetzung
der gesetzlichen Bestimmungen weitere, selbst definierte – im Gesetz nicht vorgesehene – Einschränkungen für eine bedarfsunabhängige Zulassung vorgenommen haben. Deswegen gibt es eine Unzahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Therapeuten und den Gremien der kassenärztlichen Vereinigungen. Viele Therapeuten, �
bedroht, da die Kassen auch nicht mehr – wie früher – die Therapien im Erstattungsverfahren bezahlen, sondern auf die zugelassenen Behandler verweisen.
Therapievielfalt
Das Gesetz hat für die zukünftige Ausbildung und für die bisherigen Verfahren keine Festlegung getroffen, fordert aber sowohl für die Approbation als auch für die
Zulassung einen Qualitätsnachweis und drückt dies mit „wissenschaftlich anerkannten Verfahren“ aus. Hierüber entscheidet ein extra eingerichteter Bundesausschuß, der aus ps�
erfahren
hat sich der Gesetzgeber an die sogenannten Richtlinienverfahren angelehnt, die oben beschrieben sind. Bisher sind Therapieverfahren wie Gesprächspsychotherapie, systemische Therapie, Körpertherapien, etc. an dem bisherigen Bundesausschuß, der allerdings nur aus Vertretern der Kassenärzte bestand, gescheitert. Da unter Fachleuten umstritten ist, wie die Wissenschaftlichkeit eines Therapieverfahrens nachgewiesen werden soll, wird die Zukunft zeigen müssen, ob die
im Gesetz angelegte Therapievielfalt auch in die tägliche Praxis und Behandlung Einzug finden kann.
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