Protokoll zum 1. Anpassungsworkshop_2007-09-27

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Informeller Workshop „Klimawandel in Österreich – Vorbereitungen
für eine nationale Anpassungsstrategie
Am 27. September 2007 im Bundesamtsgebäude,
Radetzkystraße 2, 1031 Wien
Festsaal I
Protokollführung: Dr. Maria Balas, Mag. Katja Pazdernik; Umweltbundesamt
• Begrüßung und Einleitung durch Dr. Helmut Hojesky
Dr. H. Hojesky begrüßt die Anwesenden und dankt für das zahlreiche Erscheinen
trotz der Kurzfristigkeit.
Der heutige Wissensstand beweist, dass der Klimawandel unsere täglichen
Lebensgewohnheiten in allen Bereichen nachdrücklich beeinflussen wird.
Die Bedeutung beider Säulen, der Mitigation und der Adaptation, ist unumstritten. Wir
sind gefordert, Handlungen in beide Richtungen zu setzen:
1. auf der Maßnahmenseite bzw. im Bereich der Mitigation
2. in der Anpassung (Adaptation)
Im IPCC Report wird aufgezeigt wie wichtig und dringlich es ist, zu reagieren.
„Die Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig, wie dies nun aufgrund der
Beobachtungen des Anstiegs der mittleren globalen Luft- und
Meerestemperaturen, des ausgedehnten Abschmelzens von Schnee und Eis
und des Anstiegs des mittleren globalen Meerespiegels offensichtlich ist.“
Der STERN Report zu den wirtschaftlichen Aspekten des Klimawandels
veranschaulicht die Folgen des Nichthandels. Wird nicht gehandelt, betragen die
Kosten des Klimawandels bzw. der Klimafolgen jährlich 5-20% des globalen BIP.
Wird hingegen rasch gehandelt, können die globalen Kosten auf 1% des globalen
BIP begrenzt werden.
Notwendig sind sowohl Ursachenbekämpfung (i.S. Emissionsbegrenzung) als auch
die Entwicklung von Anpassungsstrategien.
Die EU hat sich auf der Minderungsseite mit dem 2°C Ziel ein ambitioniertes
Vorhaben gesetzt. Auf der Anpassungsseite wurde im Juni das Grünbuch zur
Klimaanpassung verabschiedet und vorgestellt. Die öffentliche Konsultation ist bis
30. November möglich.
Informeller Workshop: Vorbereitungen für eine nationale Anpassungsstrategie
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In etlichen europäischen Ländern wie Finnland, der Schweiz, Großbritannien und
den Niederlanden werden Anpassungsstrategien zurzeit bereits entwickelt bzw.
umgesetzt. Im Zuge der heutigen Veranstaltung wird uns Herr Dr. Thomas
Stratenwerth (BMU-Berlin) über die Entwicklungen und Aktivitäten in Deutschland
berichten.
In den Bundesländern werden bereits Aktivitäten gesetzt, als Beispiel werden wir
heute über die Tätigkeiten des Landes Oberösterreich hören.
Der Zweck der heutigen Veranstaltung ist es, ein gemeinsames Verständnis
herzustellen, wie wir zu dieser Anpassungsstrategie kommen können. Eine wichtige
Voraussetzung dafür ist, ein einheitliches Problembewusstsein zu schaffen.
Der Workshop bildet den Startschuss zu den Anpassungsaktivitäten in Österreich.
Als Ausgangslage für die Erstellung einer österreichischen Strategie ist eine IstZustandsanalyse notwendig, die einerseits zeigt, was wir bereits wissen, und
anderseits erkennbar macht, wo noch Forschungsbedarf und
Grundlagenerhebungen notwendig sind. Darauf aufbauend wird eine
Anpassungsstrategie für Österreich entwickelt. Die Ergebnisse der IstZustandserhebung werden in einem weiteren Workshop vorgestellt und diskutiert.
Zur Beantwortung der Frage „Wo stehen wir?“ sind die bereits vorhandenen Inputs
und Ergebnisse heranzuziehen.
Das Forschungsprogramm „StartClim“ vergibt seit 2003 kleine
Anstoßfinanzierungen als Starthilfe für erste Untersuchungen der Klimaauswirkungen
in Österreich. Neben den Auswirkungen von Extremereignissen wird eine Palette von
Sektoren erforscht, die von Tourismus, Gesundheit, Landwirtschaft und Biodiversität
bis hin zur Energie- und Wasserwirtschaft reicht. StartClim ist daher als Starthilfe für
größer angelegte Projekte zu sehen.
Ein weiteres Beispiel stellt „FloodRisk“ dar, das aus ca. 46 Teilprojekten besteht
und aus der Ereignisdokumentation des Hochwassers 2002 entstanden ist.
Vorhanden sind noch eine Vielzahl weiterer Projekte und Ergebnisse, die für die
Analyse des Ist-Zustandes herangezogen werden müssen. Offene Fragen sollen in
diesem ersten Schritt identifiziert werden und in weiterer Folge in die Analyse des IstZustands einfließen.
Ein Dank an alle Vortragenden, die sich zum Teil sehr kurzfristig bereit erklärt haben,
uns heute in ihren Referaten über bereits vorliegende Ergebnisse und offene Fragen
zu informieren.
• „Klimawandel und Auswirkungen auf Österreich“, Helga Kromp-Kolb, BOKU
Die Auswirkungen des Klimawandels auf Österreich werden vor allem basierend auf
Ergebnissen aus StartClim präsentiert.
Der Temperaturverlauf der Jahre 200 bis 2007 zeigt einen starken Anstieg in den
letzten Jahrzehnten. Dieser geht an Land und in der nördlichen Hemisphäre
Informeller Workshop: Vorbereitungen für eine nationale Anpassungsstrategie
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schneller vor sich. Im alpinen Raum betrug der Temperaturanstieg in den letzten
150 Jahren 2°C.
Die Gletscherschmelze schreitet rascher voran, als angenommen.
Die Eisschmelze stellt einem wesentlichen Teil des Abflussgeschehens dar.
Durch den Gletscherrückzug wird sich die Abflussdynamik und –menge
verändern. Dies hat Auswirkungen auf den Tourismus und die Energiewirtschaft.
Veränderungen in der Natur. Der Zeitpunkt des Blatttriebes verändert sich bereits.
Die Traubenreife in Bratislava (Slowakei) hat sich in den letzten Jahrzehnten
kontinuierlich vorverlegt. Das Areal der Gottesanbeterin ist bis in die Steiermark
vorgedrungen.
Tiere passen sich bereits an die veränderten Klimabedingungen an.
Extremereignisse könnten häufiger werden.
Gemäß IPCC 2001 werden heiße Extremereignisse zunehmen.
max. Sommertemperaturen in Wien werden steigen (Schöner et al; ZAMG)
Hitzeperioden in Österreich nehmen zu
Niederschlag nimmt zu, Häufigkeit > 20mm
Zunahme der Hitzetage: Konsequenzen: Vernagt Gletscher: 2050 nur mehr
Reste, 2100 verschwunden.
Globales Klimamodell ist für Österreich nicht aussagekräftig. Man muss dieses
auf regionale und lokale Ebene runterbrechen. Dazu werden 2 Verfahren
verwendet:
Statistisches und synoptisches Downscaling sowie Dynamisches Downscaling
Diese 2 Methoden weisen Vor- und Nachteile auf, de facto wird derzeit eine
Mischung aus beiden Verfahren verwendet, um Aussagen für Österreich zu
erhalten.
Studie Klimastress für Baumarten (Studie WWF, BOKU; ÖBF)
Für Buche, Fichte, Kiefer und Eiche. Zu erwarten sind deutliche
Verschlechterungen der Klimagrenzen. Verbesserungen sind für die Eiche zu
erwarten.
Bis jetzt wurde nur über Temperatur und deren Auswirkungen gesprochen, betrachtet
man den Niederschlag wird die Sache komplizierter. Ergebnisse dazu liegen aus
reclip:more (http://systemsresearch.arcs.ac.at/SE/projects/reclip/) vor.
Die Klimaentwicklung für die nächsten 15-20 Jahre ist vorgegeben. Danach greifen
Maßnahmen, die wir heute setzen.
Daher ist es so notwendig, jetzt die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Maßnahmen die wir heute setzen, entscheiden, ob der Temperaturanstieg bis Ende
des Jahrhunderts 1,8°C oder 4°C betragen wird.
Anpassung wird hohe Kosten verursachen, Nichthandeln ist noch teurer.
5-20% des globalen BIP ohne Minderungsmaßnahmen
Stabilisierung bei 2°C verringert die Kosten auf 1% des globalen BIP
Zum Teil werden Anpassungsmaßnahmen bereits gesetzt, wie das Bild einer
beschneiten Schipiste mit schneeloser Umgebung zeigt. Ob jedoch diese Form der
Anpassung attraktiv und nachhaltig ist, wird bezweifelt.
Maßnahmen die gesetzt werden, müssen auf Nachhaltigkeit überprüft werden.
Die Änderungen gehen rascher vor sich als angenommen.
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• Limitierungen derzeitiger regionaler Klimamodelle für eine direkte
quantitative Abschätzung von Anpassungsmaßnahmen, H. Formayer BOKU
Es ist notwendig Vermeidungsstrategien zu entwickeln. Woran wir uns anpassen
müssen, das können wir nur zum Teil beantworten.
Über die Entwicklung der Temperatur ist umfangreiches Wissen vorhanden. Zur
Entwicklung des Niederschlags mangelt es an Wissen.
Trends bei der Niederschlagsentwicklung werden in Österreich ziemlich
unterschiedlich sein
Niederschlag: die Prozesse sind komplexer, Modelle wesentlich schwieriger
vorherzusagen.
Als relativ gesichert wird angenommen, dass der Niederschlag im Mittelmeerraum
abnehmen wird.
Für Österreich: PRUDENCE Ergebnisse betrachtet (http://prudence.dmi.dk/)
Alle Modelle zeigen: Südöstlich der Alpen wird es trockener
Begrenzungen der Modelle wurden aufgezeigt. Basis für gemeinsame Modelle
finden und darauf vergleichbare Maßnahmen zu entwickeln.
Trotz Grenzen von Klimamodellen sind qualitative Aussagen möglich.
• Blick über die Grenzen – Grünbuch der Kommission und Überlegungen zur
Entwicklung von Anpassungsstrategien im internationalen Kontext:
K. Radunsky, Umweltbundesamt
IPCC und STERN-Report sind Triebfedern für Aktivitäten. Sie liefern
wissenschaftliche Grundlagen dafür, dass (inwieweit und in welchem Ausmaß) mit
Auswirkungen der Klimaänderungen zu rechnen ist und dass die Kosten des
Klimawandels bzw. der –folgen bei frühem Handeln (auf 1 % gegenüber 5-20%
bei Nicht-Handeln) begrenzt werden können.
Im Rahmen der Anpassung an nachteilige Auswirkungen des Klimawandels
werden zukünftige Investitionserfordernisse steigen, wobei v.a. private
Finanzquellen (86 %!) ihre Investitionsmuster ändern und zusätzliche
Ressourcen verwenden müssen. günstige Rahmenbedingungen sind zu
schaffen!
Mit zunehmender Klimaänderung nehmen die Möglichkeiten für eine erfolgreiche
Anpassung ab und die damit verbundenen Kosten steigen: Es bestehen daher
Barrieren, Grenzen und Kosten der Anpassung. Allerdings motivieren genau
diese Grenzen der Anpassung zum Klimaschutz bzw. zu Maßnahmen der
Emissionsminderung.
Beispiel New Orleans: Schaden durch Hochwasser nach „Katrina“ – ~ 100 Mrd.
US$ gegenüber geschätzten 15 Mrd. die zum Schutz notwendig gewesen wären.
Nairobi Working Programme – Plattform zum Austausch von Info über nationale
Anpassungsmaßnahmen
Für die Entwicklung einer Anpassungsstrategie ist ein breiter Dialog
Wissenschaft, Verwaltung, Stakeholder, Industrie, Betroffene erforderlich
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• Konzeptionelle Überlegungen und 1. Schritte zu einer deutschen
Anpassungsstrategie, T. Stratenwerth (BMU-Berlin)
Ein klarer Auftrag ist aus der Klimarahmenkonvention und dem Kyoto Protokoll
gegeben.
Im Klimaschutzprogramm 2005 festgeschrieben: umfassender nationales Konzept
zu Anpassung unter Beachtung der Länderzuständigkeit
Einbindung weiterer Ressorts, eine Bund-Länder Arbeitsgruppe wurde installiert.
Errichtung eines Klimaservice- Zentrums in Hamburg zur Bündelung von Daten
und Modellierungsergebnissen und Vernetzung; Anlaufstelle für potentielle Nutzer
Prozessstart mit Phase 1, der Bestandsaufnahme, im Juni 2007
Befragung der Ressorts, Länder und ausgewählter Verbände mittels Fragebogen.
(Inhalt: Einschätzung der Betroffenheit, Handlungsoptionen, Informationsbedarf,
derzeitige Informationsquellen, Forschungsbedarf, sind bereits konkrete Pläne
vorhanden bzw. in Bearbeitung…)
Phase 2 dient der Konzeptentwicklung: Identifizierung von Handlungsfeldern.
Ziel ist es in 1 Jahr eine Roadmap zur Verfügung zu haben, der weitere Prozess
wird sich iterativ gestalten.
Entwicklung von Methoden zur Erfolgskontrolle sind erforderlich
Offene Fragen: sektorale oder regionale Ausrichtung der Strategie
- Derzeit geht es in Richtung einer Mischung der beiden. Zuständigkeiten sind
sektoral ausgerichtet. Sektorale Erfordernisse und Maßnahmen sind regional
umzusetzen.
Erforderlich sind:
- Integrierte Risikobewertung und Prioritätensetzung
- Zielformulierung:
anpassungsspezifische Zielsetzungen und/oder
Modifizierung der Zielsetzungen sektorspezifisch oder regional
- Konkretisierungsgrad der Maßnahmenebene
Aufzeigen von Handlungsoptionen und/oder
konkrete Maßnahmenvorschläge
- Erfolgskontrolle (Kriterien/Indikatoren)
• Anpassung im kommunalen Bereich – bisherige Ergebnisse in
Klimabündnisgemeinden und im Rahmen des Interreg-Projektes AMICA ,
A. Drack (Oberöst. Akademie für Umwelt und Natur) und
W. Mehl (Klimabündnis Österreich)
Das Projekt mit internationalen Partnern, versucht einen integralen Ansatz von
Anpassungs- und Vermeidungsmaßnahmen im Bezug auf den Klimawandel
herzustellen. Im Projekt AMICA werden Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen
der einzelnen Regionen und Städte verglichen. Es wird versucht, miteinander und
voneinander zu lernen, sowie die beiden Optionen erstmals in Zusammenhang
zueinander zu stellen. (http://www.amica-climate.net)
Die Erfahrungen aus AMICA zeigen das eine Abstimmung zwischen den
Gebietskörperschaften notwendig ist. In Österreich funktioniert die Zusammenarbeit
zwischen Bund und Länder in den unterschiedlichen Gremien gut.
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Weitere Erfahrungen:
Anpassung ist auf lokaler Ebene leichter argumentierbar
Anpassung ist dann leicht, wenn diese mit bisherigen Strategien kompatibel ist
Katastrophen als Chance aber Vergessenskurve beachten
Intergrierte Koordinierung von Maßnahmen ist abhängig von der freien Kapazität
und dem Engagement des Einzelnen
Klimabündnis kann auf Grund seiner Kontakte zu den Mitgliedsgemeinden als
Schnittestelle fungieren und zur lokalen Umsetzung beitragen.
Der Klimawandel ist globales Problem und stellt ein global ungerechtes System dar.
Städte und Gemeinden werden viel Verantwortung übernehmen müssen und
wesentlich zur Umsetzung beitragen.
Anpassung passiert bereits unbewusst (siehe Schneekanonen).
Als Handlungsfelder der lokalen Klimaschutzarbeit sind insbesondere der Bereich
Energie mit Energieeffizienz und Energiesparen, Mobilität, Beschaffung,
Abfallverwertung und in der Land- und Forstwirtschaft zu sehen.
Von besonderer Bedeutung ist die Kommunikationsarbeit: Es ist zu
veranschaulichen, wieso Klimaanpassung und Klimaschutz parallel erforderlich sind
(Gefahr der Resignation: jetzt macht ihr auch schon Klimaanpassung, und nicht mehr
Klimaschutz).
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