diagonal 2010-1 - Psychiatrie Baselland

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Kantonale Psychiatrische Dienste
Kantonale Psychiatrische Dienste
Baselland
Baselland
Sonderthemen
• Neue therapeutische Strukturen in der KPK
• 20 Jahre Wohnheim Windspiel
Editorial
Entsprechend müssen Spezialisierungen in unserem Fach besonders sorgfältig überlegt, geplant
und dann umgesetzt werden.
Die Kantonale Psychiatrische Klinik (KPK) hat
sich vor einem Jahr auf diesen Weg begeben.
Unter grossem und dynamischem Einsatz aller
Mitarbeitenden wurden neue, zeitgemässe
therapeutische Strukturen erarbeitet, die sowohl
Aspekte der Spezialisierung als auch den Blick
auf den ganzen, in der Beziehung zu seiner
Umwelt stehenden, Menschen berücksichtigen.
Neben der sorgfältigen Umsetzung der neuen
therapeutischen Angebote ist deren Kommunikation mit den vielfältigen internen und externen
Vernetzungspartnern der KPK wichtig. Das schwerLiebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
punktmässig auf die neuen therapeutischen
Liebe Leserinnen und Leser
Strukturen der KPK ausgerichtete, vor Ihnen liegende «diagonal» soll dazu beitragen.
Die Medizin erlebte im vergangenen Jahrzehnt
Ein weiterer Beitrag dieses Heftes stellt die Alterseine enorme Vertiefung fachspezifischen Wissens,
psychiatrie der KPD vor, die sich in den verwas sich in entsprechend spezieller Diagnostik
gangenen Jahren stark entwickelt hat und sich
und spezifischen Behandlungsmethoden niedergemäss der demographischen Entwicklung in
schlug.
unserem Kanton noch weiter entwickeln muss.
Auch eine traditionell sozialpsychiatrisch ausgeSie ist nicht zuletzt auch ein Beispiel dafür, wie
richtete Psychiatrie wie die unserer Kantonalen
erfolgreich KPK und EPD (Externe Psychiatrische
Psychiatrischen Dienste Basel-Landschaft möchte
Dienste) im Sinne der optimalen Versorgung
sich dieser modernen Entwicklung nicht verunserer Patientinnen und Patienten zusammen
schliessen. Sie muss allerdings dabei noch mehr als
arbeiten.
andere medizinische Disziplinen den Menschen
Nun wünsche ich Ihnen angesichts des bald
und seine soziale Umgebung als in Wechselwirbeginnenden Sommers viele freudige Sonnenkung stehendes Beziehungssystem im Blick
stunden und bei der Lektüre des «diagonals»
behalten. Psychische Erkrankungen haben meist
viel Vergnügen.
viele Ursachen. Sie müssen deshalb weiterhin
mehrdimensional betrachtet und auch behandelt
Dr. med. Alexander Zimmer
werden.
Erfolgreiches Überwachungsaudit
Bereits zum sechsten Mal führten die externen
Auditoren Dr. J. Rüede und J.P. Wuillemin der
Firma SGS am 18. Mai 2010 ein Überwachungsaudit nach der ISO Norm 9001:2008 in den
KPD durch. Auditiert wurden heuer die Geschäftsleitung, das Managementsystem, das
Wohnheim Windspiel, die Gastronomie der Logistik, der KJPD in Liestal und die Tagesklinik
der EPD in Liestal.
Die Auditoren stellten eine absolute Übereinstimmung mit den Vorgaben der Norm ISO
9001:2008 fest und konnten keine Abweichungen bemerken. Sie lobten das «äusserst
erfreuliche Audit mit Gesprächen in einer offenen Atmosphäre», welche bei ihnen ein
«sehr, sehr gutes Gefühl und einen ausgezeichneten Eindruck» hinterliessen.
Die Auditoren hielten fest, dass die Prozesse
der KPD hervorragend definiert und strukturiert sind. Dies sei auch in anderen Unternehmen der Fall – die Art und Weise, wie in den
KPD die Prozesse eingehalten werden, könnten
sie jedoch in nur wenigen Unternehmungen
feststellen. Die Auditoren schlossen den AuditTag mit den Worten: «Die KPD sind eine Vorzeigeinstitution, auf die die Geschäftsleitung
und die Mitarbeitenden stolz sein dürfen».
Die Geschäftsleitung leitet dieses Kompliment
sehr gerne an die Mitarbeitenden weiter und
dankt ihnen für ihr grosses Engagement.
Thomas Brand, Qualitätsmanager KPD
Ärztlicher Leiter KPD
Inhaltsverzeichnis
2Editorial
2
2Erfolgreiches Überwachungsaudit
8 Neue therapeutische Strukturen KPK
— Stationäre Behandlung von
Persönlichkeitsstörungen
3 Neue therapeutische Strukturen KPK
— Die neuen therapeutischen
Strukturen in der KPK im Überblick
9 Neue therapeutische Strukturen KPK
— Stationäre Kurzzeittherapie
für Alkoholabhängige
5 Neue therapeutische Strukturen KPK
— Chance und Herausforderung
für die Pflege
10Neue therapeutische Strukturen KPK
— Stationäre Behandlung von
depressiven Erkrankungen
6 Neue therapeutische Strukturen KPK
— Stationäre Behandlung von ersterkrankten psychotischen Menschen
11Neue therapeutische Strukturen KPK
— Alterspsychiatrische Behandlung
in der KPK
7Neue therapeutische Strukturen KPK
— Stationäre Behandlung für an
Schizophrenie Erkrankte
12Aus den Bereichen/EPD
— Alterspsychiatrie – Antwort auf die
demografische Herausforderung
1420 Jahre Windspiel
— Eine Erfolgsgeschichte
1520 Jahre Windspiel
— sanierte Förderstätte – moderner
Arbeitsort für behinderte Menschen
1620 Jahre Windspiel
— Praxisbericht: Unterstützte
Kommunikation im Wohnheim
18Zu Gast
— Thomas Lüthi – Über gute und
weniger gute Kommunikation
19Personelles
— Eintritte, Jubiläen, Pensionierungen
20kreuz & quer
Neue therapeutische Strukturen KPK Überblick
Die neuen therapeutischen
Strukturen in der K PK im Überblick
Die stationäre psychiatrische Behandlung ist – aus historisch verständlichen Gründen – lange Zeit in
Verruf gewesen. Heute präsentiert sich die psychiatrische Klinik in einem modernen Verständnis
als eine therapeutische Institution, die Akut- und Krisenbehandlungen, sozialpsychiatrische und psychotherapeutische Ansätze gut miteinander verbindet.
In der Kantonalen Psychiatrischen Klinik (KPK) legen wir
besonderen Wert auf die therapeutische Grundhaltung, die
sich in der Arbeit in und an der therapeutischen Beziehung
bewähren muss. Wir berücksichtigen die Vernetzung mit der
sozialen Lebenswelt und mit den vor- und nachbehandelnden Institutionen im Behandlungsnetzwerk und behandeln
vom aktuellen medizinischen und psychopharmakologischen Wissen aus unsere Patientinnen und Patienten.
Bewährtes kann bewahrt werden, indem es weiterentwickelt wird. Und es muss sich weiter entwickeln, da die
gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen und die klinischen Herausforderungen sich wandeln. Unser Projekt
«Neue therapeutische Strukturen der KPK» baut auf der
guten Tradition der Klinik ebenso auf, wie es sich auch den
neuen Anforderungen stellt.
Das Projekt konzentriert sich auf drei Förderschwerpunkte:
erstens auf das in der Klinik bestehende Expertenwissen,
zweitens auf die Querschnittsangebote, die allen Abteilungen zugute kommen, sowie drittens auf die Abteilungsprofile, die neu definiert werden.
Das Expertenwissen in einer Institution wie der KPK ist
dank der vielen sehr erfahrenen Mitarbeitenden, die aus
unterschiedlichen Grundberufen miteinander in den Behandlungsteams arbeiten, sehr hoch. Das Wissenspotenzial kann und darf verbreitet werden, die Mitarbeitenden
können es sich wechselseitig zur Verfügung stellen. Eine
Leitungsaufgabe ist es, die Arbeitsschwerpunkte der Mitarbeitenden zu fördern oder ihr Interesse an neuen klinischen Arbeitsfeldern anzuregen.
Die Querschnitts- oder transversalen Angebote haben wir im Jahr 2009 bereits intensiv bearbeitet. Wir sind
auf dem besten Weg, bis zum Jahresende 2010 ein «migrantenfreundliches Krankenhaus» zu werden, das den
besonderen Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund Rechnung trägt, und das
entsprechende Zertifikat («migrant friendly hospital») zu
erwerben. Wir haben Konzepte für den therapeutischen
Umgang mit selbstverletzendem Verhalten entwickelt, das
bei vielen Krankheitsbildern vorkommen kann und immer
mit grossem Leid verbunden ist. Die Angehörigenarbeit ist
ein drittes Querschnittsgebiet, das in der KPK immer sehr
ernst genommen worden ist; wir vertiefen die Kooperation
mit den Angehörigen. Neuropsychologische oder kognitive
Trainingsprogramme schliesslich werden wir besonders für
unsere älteren Patientinnen und Patienten, aber nicht nur
für sie, im Jahr 2010 entwickeln.
KPK-Chefarzt Professor Dr. Joachim Küchenhoff im Gespräch
Die Abteilungsprofile haben wir in vier Behandlungslinien weiter ausgebaut, und zwar im Bereich der Abhängigkeitsstörungen, der affektiven Leiden, der schizophrenen
Erkrankungen und der Alterspsychiatrie. Dabei haben wir
Schwerpunktprogramme auf den Abteilungen, die neben diesen Schwerpunkten noch andere Aufgaben wahrnehmen,
von spezialisierten Angeboten, auf die die Abteilung sich insgesamt ausrichtet, unterschieden.
Für die Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen haben
wir zusätzlich zu den bewährten Behandlungen neu als
Schwerpunkt eine vierwöchige Motivierungstherapie nach
dem stationären Entzug entwickelt. Wir wollen damit vor
allem für die alkoholabhängigen Menschen eine – oft so
notwendige – Brücke bauen zwischen Entzug und langfristiger Entwöhnung. Ausserdem werden wir, zusammen
mit Alterspatienten, die Patienten, die hirnorganisch durch
die Abhängigkeitserkrankung bleibend geschädigt sind, auf
einer Abteilung schwerpunktmässig behandeln.
Eine neue spezialisierte Abteilung wird sich der Behandlung von Patienten mit Persönlichkeitsstörungen widmen, die
zusätzlich zur Persönlichkeitsstörung auch Abhängigkeitserkrankungen haben dürfen. Damit ergänzt diese Abteilung in sinnvoller Weise das Angebot, das die Universitären
Psychiatrischen Kliniken UPK Basel für die persönlichkeitgestörten Patienten bereit hält.
3
Neue therapeutische Strukturen KPK Überblick
Abteilungsprofile
Die Abteilungsprofile nach
den vier Behandlungslinien mit
ihren Schwerpunkten und
Spezialisierungen
Alterpsychiatrie:
• Schwerpunkt für nicht-dementielle
alterspsychiatrische Leiden, A1
• Schwerpunkt für die Behandlung
von dementiellen Störungen, A2
• Langzeitbereich D1– D3
• D4 (s. Affektive Leiden)
• D5 (s. Abhängigkeitserkrankungen)
Affektive Leiden:
• Schwerpunkt
Akutbehandlung, B1
• Schwerpunkt Kurzzeittherapie
der Depression, A3
(Zusatzversicherte)
• Schwerpunkt Krisenintervention
und Kurzzeitpsychotherapie
bei Depressionen, A4
• Spezialisierte Psychotherapieabteilung für ältere Menschen
über 60 mit affektiver
Störung, D4
Abhängigkeitsstörungen:
Schizophrene Erkrankungen:
• Schwerpunkt für ersterkrankte
psychotische Menschen, B2
• Spezialabteilung für postakute
Behandlung, A6
• Spezialabteilung für längerfristige
psychosoziale Wiedereingliederung,
A7
• Schwerpunkt stationäre
Behandlung illegale Stoffe, B3
• Schwerpunkt 4-wöchige
Motivationstherapie nach
stationärem Entzug, B4
• Schwerpunkt Alterspatienten mit
bleibenden hirnorganischen Schäden, D5
• Spezialabteilung für Persönlichkeitsstörungen, A5
4
Für die affektiven Störungen ist die Privatabteilung bereits
jetzt ein Schwerpunkt. Eine der offenen Akutabteilungen
wird diesen Schwerpunkt für die Krisenintervention und
die Kurzzeitpsychotherapie depressiver Störungen weiterentwickeln. Ganz neu ist ein spezialisiertes Angebot, nämlich eine Psychotherapiestation für ältere Menschen über
60 Jahre, die an affektiven Störungen leiden.
Gemeinsam mit dem Kinder- und Jugendpsychiatrischen
Dienst (KJPD) werden nach wie vor auf einer Akutabteilung Jugendliche und Erwachsene behandelt. Dabei werden wir unser Augenmerk im Sinne eines Schwerpunkts in
besonderer Weise auf die ersterkrankten psychotischen Patienten richten. So gilt es im Sinne einer sogenannten Sekundärprävention zu ermöglichen, dass die neu von einer schizophrenen Störung betroffenen Menschen sich rasch und
gut erholen und sich von der Krankheit nicht erschüttern
lassen. Nicht nur manche Ersterkrankten, sondern auch
viele längerfristig und oft sehr schwer erkrankte Menschen
mit schizophrenen Symptomen brauchen intensivere Hilfen. Zwei Abteilungen werden sich deshalb spezialisieren:
einmal auf die postakute Behandlung und zum anderen auf
die längerfristige psychosoziale Wiedereingliederung von Patienten mit schizophrenen Störungen.
In der Alterspsychiatrie wird es weiterhin im Akutbereich in
einer Abteilung den Schwerpunkt «Behandlung der dementiellen Störungen» und in der anderen den Schwer-
punkt für die nicht-dementiellen alterspsychiatrischen Leiden geben. Die Psychotherapiestation für ältere Menschen
wurde bereits erwähnt. Der Langzeitbereich der Alterspsychiatrie bleibt erhalten.
Natürlich brauchen verstärkte therapeutische Massnahmen auch Ressourcen, und wir sind froh darüber, dass wir
vor allem für die spezialisierten Behandlungsangebote zusätzlich Stellenprozente einplanen können. Veränderungen
verunsichern, aber sie beleben auch. Eindrucksvoll ist für
mich gewesen, wie gross bei den Mitarbeitenden in der
KPK die Bereitschaft war, sich ebenso konstruktiv und –
wo es nötig ist – kritisch mit den Veränderungsprozessen
auseinander zu setzen. An dieser Stelle spreche ich allen
Mitarbeitenden einen herzlichen Dank aus. Im Jahr 2010
nun müssen wir die Konzepte schrittweise umsetzen, wir
werden die Patientenwege in der Gesamtklinik überdenken, die Kooperation mit den anderen Aufgabenbereichen
der KPD und mit externen Institutionen und Therapeuten
neu suchen und in gezielten Schulungen die klinische Realisierung unterstützen. Die nachfolgenden Beiträge erlauben es, einzelne Konzepte noch etwas genauer kennen zu
lernen. Mein Dank gilt allen, die in diesem Projekt mitdenken, es mittragen und ermöglicht haben. ■
Prof. Dr. Joachim Küchenhoff
Chefarzt Kantonale Psychiatrische Klinik
Neue therapeutische Strukturen KPK aus der Sicht der Pflege
Chance und Herausforderung für die Pflege
Grundbedingungen und Fortbildungsbedarf
der Pflege in der KPK
Die neuen therapeutischen Strukturen sind für die Pflege
Herausforderung und Chance. Durch die Schaffung von
Behandlungsschwerpunkten und Spezialangeboten akzentuiert sich die Rolle der diplomierten Pflegenden. Zu den
basalen Aufgaben der Pflege kommen neue Aufgaben, die
spezielles Methodenwissen erfordern, hinzu. Die Pflege
übernimmt therapeutische Aufgaben als Teil einer interdisziplinär geplanten und umgesetzten Behandlung.
Dies hat Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen. Patientenzentriertes Arbeiten stellt organisatorisch andere
Anforderungen als funktionelle Pflege. Mit dem Projekt
«Bezugspflege» (2004 bis 2006) sind die Grundlagen dafür
geschaffen worden und werden im Alltag umgesetzt.
Der Anspruch, dass alle alles machen können, ist bereits
heute nicht mehr aufrechtzuerhalten und wird in Zukunft
gänzlich vom Tisch sein.
Der sich abzeichnende Mangel an diplomiertem Pflegepersonal könnte auf den ersten Blick die Umsetzung der
neuen therapeutischen Strukturen gefährden. Dem neuen
Beruf «Fachfrau/Fachmann Gesundheit» (FAGE) wird daher für die neuen therapeutischen Strukturen in der KPK
eine wichtige Bedeutung zukommen. Die Klinik als Ausbildungsbetrieb bildet FAGE aus. Durch die Integration dieser neuen Berufsgruppe in die Abteilungsteams werden die
Rollen innerhalb der Pflege Veränderungen erfahren. Mittelfristig werden die basalen Aufgaben der Pflege schwerpunktmässig durch die FAGE wahrgenommen werden. Die
diplomierten Pflegenden werden sich auf Kernteamarbeit
und die spezifischen therapeutischen Angebote der Pflege
konzentrieren. Um diesen Prozess zu unterstützen, haben
wir das Projekt «Skill- + Grademix» (2009 bis 2011) lanciert. Synergien zum Projekt «Neue therapeutische Strukturen» sind durchaus zu erwarten. So wird zum Beispiel
die Erhebung der individuellen fachlichen Kompetenzen
der Pflegenden (Grundausbildung, zusätzliche Abschlüsse,
spezielle Fortbildungen) für beide Projekte relevant sein. In
den neuen therapeutischen Strukturen ist es ein wichtiges
Anliegen, die individuellen Kompetenzen der Mitarbeitenden sichtbar zu machen und gezielt zu nutzen. Die Rolle der
diplomierten Pflegenden wird sich also in einer gewünschten Richtung verändern. Dieser Prozess wird vom Fachbereich «Bildung + Fachentwicklung Pflege» eng begleitet.
Entsprechende interne Schulungen sind angedacht.
Kontinuität ist eine wichtige Voraussetzung, um gemeinsam und geplant mit den weiteren Disziplinen patientenzentriert arbeiten zu können. Dafür sind wir ebenfalls gut
aufgestellt. Mit unserem Projekt «Interdisziplinäre Behandlung» («IndiBe», 2006 bis 2008) haben wir zusammen mit
den ärztlich-therapeutischen Diziplinen Voraussetzungen
geschaffen, die den Prozess der Erarbeitung und Umsetzung
der neuen therapeutischen Strukturen in der täglichen Arbeit unterstützen. Es bedarf aber noch einiger gemeinsamer
Bemühungen, um das bestehende Konzept umzusetzen.
Letztes Jahr sind im Pflegedienst der KPK von den Mitarbeitenden externe Fortbildungen besucht worden im
Umfang von gegen 500 Arbeitstagen. Nebst allgemeinen
pflegefachlichen Fortbildungen wurden einige Fortbildungen gezielt im Hinblick auf die neuen therapeutischen
Angebote gewählt zu Themen wie zum Beispiel Entspannungstechniken, soziales Kompetenztraining, kognitives
Training, selbstverletzendes Verhalten, Abhängigkeitserkrankungen und Migration. Es wurden auch Stages in anderen Kliniken absolviert, um sich auf die neuen Aufgaben
vorzubereiten.
Es ist unser Ziel, sowohl die individuelle Fortbildung der
Mitarbeitenden wie auch die innerbetriebliche Fortbildung
weiterhin bedarfsorientiert auf die neuen therapeutischen
Strukturen auszurichten. In diesem Jahr planen wir interne
Schulungen zu wichtigen Themen wie zum Beispiel Gruppenleitung, Ernährungsberatung für Patientinnen und
Patienten mit Übergewicht als Folge der medikamentösen
Behandlung, Migrationsfragen etc.
Der bevorstehenden Einführung der neuen therapeutischen
Strukturen können wir mit Spannung, aber auch Gelassenheit entgegensehen. Es ist ein gemeinsamer Prozess, der
Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Er wird unsere Institution, aber auch die Mitarbeitenden weiterbringen. ■
Paul Bächtold
Leiter Pflegedienst KPK
5
Neue therapeutische Strukturen KPK Schizophrenie: Ersterkrankte
Stationäre Behandlung von ersterkrankten psychotischen Menschen
Für Menschen, die erstmals an einer Psychose erkranken, beginnt mit der
Diagnosestellung und erst recht mit der psychiatrischen Hospitalisation eine Zeit
Oft sind sie durch die psychotischen Symptome irritiert und
zutiefst verunsichert, durch die psychiatrische Diagnose
einer «Psychose» werden sie als Kranke bezeichnet und
durch den Aufenthalt in der Klinik aus ihrem sozialen Netz
gerissen. Plötzlich stehen sie in Kontakt mit «mächtigen
Anderen», welche sie diagnostizieren, behandeln, medizieren und eventuell auch ihre Freiheit beschneiden. Sie
fürchten sich vor den Behandlungen und misstrauen meist
den Medikamenten, deren Wirkung sie nicht kennen und
an deren Indikation (Psychose) sie möglicherweise zweifeln. Zudem befürchten sie den Verlust von Rollen, Identitäten und Beziehungen nach «draussen».
Es ergibt Sinn und ist wissenschaftlich erwiesen, dass sich
die fokussierte und intensive Betreuung dieser ersterkrankten psychotischen Menschen auf spezialisierten Abteilungen
in mehrfacher Hinsicht lohnt. Die Zusammenarbeit in der
Behandlung wird gefördert, die Akzeptanz einer notwendigen antipsychotischen Medikation ist grösser und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer kürzer. Zudem wird auch die
Rückfallgefahr durch geeignete Psychoedukation gesenkt.
Traditionellerweise (seit 1999) werden alle minderjährigen
Patientinnen und Patienten, welche einer stationären Behandlung bedürfen, auf der Abteilung B2 aufgenommen
und durch den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst
KJPD betreut. Auf der gleichen Abteilung wurden und werden zudem akut behandlungsbedürftige, erwachsene Menschen aus allen Diagnosegruppen behandelt. Neu wird auf
B2 ein zusätzlicher Schwerpunkt gebildet für ersterkrankte
psychotische Menschen und von Patientinnen und Patienten mit einer F2-Diagnose (Schizophrenien und wahnhafte
Störungen). Der Psychosebegriff umfasst ein ganzes Spektrum von Störungen und ist nicht mit Schizophrenie gleichzusetzen. Die Differenzialdiagnose von Psychosen, gerade
bei jungen Menschen, ist komplex. Unsere Ziele sind eine
effiziente Abklärung, auch von organischen Ursachen zum
Beispiel durch EEG (Hirnstrommessung) oder bildgebende
Verfahren, sowie eine möglichst rasche Reduktion der psychotischen Symptome.
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Thematisch stehen folgende Fragen im Vordergrund:
• Was geschieht mit mir (Störungswahrnehmung
und -bewusstsein)?
• Was ist meine Krankheit, meine Diagnose
(Krankheitseinsicht)?
• Wie werde ich gesund? Was kann ich für
mich tun (Ressourcen)?
• Wie verarbeite ich den Klinikaufenthalt
(Krankheitsbewältigung)?
Die neue diagnoseübergreifende Psychoedukationsgruppe
auf der Abteilung B2 wird gemeinsam mit den Mitarbeitenden
des KJPD geplant und durchgeführt. Auf dem Bild v.l.n.r.:
Dr. med. Brigitte Schlegel, Assistensärztin KPK, Brigitte
Günthardt, Sozialpädagogin KJPD, Dr. med. Philippe Eich,
Leitender Arzt KPK, Orlando Battaglia, dipl. Pfelgefachmann
Es ist vorgesehen, die Jugendlichen und die Ersterkrankten
in einer neuen diagnoseübergreifenden Psychoedukationsgruppe schrittweise über ihre Störungsbilder zu informieren.
Dabei geht es ganz konkret um die Diskussion von Auslösersituationen, die Gefahr durch THC und andere Drogen.
Diese neue Gruppe wird gemeinsam mit den Mitarbeitenden des KJPD geplant und durchgeführt. Zudem sollen die
Angehörigen einbezogen, die Patienten in ihrer Vernetzung
ausserhalb der Klinik gestützt und sozialarbeiterisch beraten werden. Für längerfristige postakute Behandlungen wird
eine «fugenlose» Zusammenarbeit mit den Abteilungen A6
beziehungsweise A7 angestrebt.
Ziele sind die vollständige Remission der psychotischen
Symptome und das Erreichen des funktionellen Ausgangsniveaus. Dies ist durch die Fortsetzung einer guten, koordinierten, interdisziplinären Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen innerhalb der KPK beziehungsweise
durch eine von gegenseitigem Respekt getragene Kooperation mit dem KJPD zu erreichen. ■
Dr. Philipp Eich, Leitender Arzt, Chefarzt Stv.
Kantonale Psychiatrische Klinik
Foto: H. D. Kaiser, KPK
einschneidender Veränderungen.
Neue therapeutische Strukturen KPK Schizophrenie: postakut
«Die Schizophrenie ist der
letzte Ort des Eigenen»
(Thomas Bock)
Ein Ort für das Eigene: Stationäre Behandlung für an Schizophrenie erkrankte
Patientinnen und Patienten in der postakuten Phase.
Spezialabteilungen für an Schizophrenie erkrankte Patientinnen und Patienten (Diagnosespektrum ICD: F2) sind ein
spannendes und zugleich schwieriges Projekt. Viele Fragen tauchen auf, die in engem Zusammenhang mit den
Charakteristiken schizophrener Menschen stehen: Wie ist
ein Gleichgewicht herzustellen zwischen den autistischen
Seiten des Patienten, die er zu seinem Schutz benötigt, und
einer mit anderen geteilten Welt, die er für seine Lebensqualität braucht? Wie kann die Verarbeitung der Erkrankung mit dem Ziel eines besseren Copings gefördert werden
auf der Grundlage einer brüchigen psychotischen Struktur,
ohne dem Patienten noch mehr das Gefühl zu geben, von
anderem beeinflusst oder gar ausgelöscht zu werden?
Wie können wir in der Gruppe auf der Abteilung an seinen kognitiven Defiziten arbeiten, wenn die individuellen
Voraussetzungen so unterschiedlich sind? Wie können wir
mit ihm oder für ihn die soziale Integration beim Wohnen
und Arbeiten angehen, wenn die Ambivalenz als Symptom ausgeprägt ist und diese auf unsere sowohl komplexen
wie auch langsam arbeitenden gesellschaftlichen Strukturen stossen? Wie sollen wir in der vorgegebenen kürzeren
Behandlungsdauer (A6: 8 –12 Wochen; A7: 3– 6 Monate)
unseren rehabilitativen Auftrag sinnvoll umsetzen? Wie
können wir Patientinnen und Patienten aus einer anderen
Diagnosegruppe, mit denen wir aus Gründen des Patientenflusses zu rechnen haben, angemessen behandeln? Für
welche schizophrenen Patienten soll die akute Behandlung, die vorwiegend auf der Abteilung B2 stattfindet, in
eine postakute stationäre Behandlung auf den Abteilungen
A6 oder A7 übergehen?
Das Suchen nach Antworten auf diese und andere Fragestellungen geschah in einem interessanten Prozess der Arbeitsgruppe, an der Ch. Büchenbacher, D. Vonlanthen, A.
Tüxen, St. Werthes, M. Stähelin und begleitend L. Elmiger
und Hp. Stutz teilnahmen.
Als Grundlage haben wir folgende Antwort gefunden: ein
multidimensionales Krankheitsverständnis mit einem besonderen Gewicht auf einem psychodynamisches Krankheitskonzept. Alle an der Behandlung Beteiligten bemühen sich,
entsprechend ihrer Ausbildung und Erfahrung, den schizophrenen Patienten in seiner Eigenheit zu schützen im Respekt vor seinen Eigentümlichkeiten und ihn zu unterstützen
in seinem Umgang mit der Gemeinschaft. Diese Grundhaltung findet ihren Niederschlag in der Beziehungsarbeit.
Den Prinzipien von Reduktion der Symptomatik, Verstehen der inneren Probleme (psychodynamische Krankheitsverarbeitung) und Training neuer, angemessener Fertigkeiten im geschützten Raum sind, neben den seit Jahren
bewährten rehabilitativen Therapieelementen, neu die folgenden Therapiemodule zugeordnet: kognitives Training
und Kunsttherapie im Gruppensetting für Patienten und
Patientinnen der Abteilungen A6 und A7; dieses Modul
ersetzt zumindest in einer ersten Phase für eine Subgruppe
von Patienten mit Fokus «Arbeit an den Symptomen» das
Atelier. Für Patienten mit einem Behandlungsfokus «Tagesstrukturierung, Beschäftigung, Arbeit» stehen die Linien Atelier und Arbeitstraining mit erhöhter Platzzahl im
KPD-Aufgabenbereich «Arbeit und Beschäftigung» (AuB)
bereit. Zudem wird eine Psychose-Kleingruppe mit Fokus
«psychodynamische Krankheitsbewältigung» angeboten.
Durch die Synergie fördernde Zusammenarbeit der beiden
Abteilungen soll ein reger Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen dem eher psychodynamischen Ansatz der
Abteilung A6 und dem eher alltags- und trainingsbezogenen Ansatz der Abteilung A7 ermöglicht werden. Wir hoffen, so die Voraussetzungen zu schaffen, dass der schizophrene Mensch Eigenes finden kann im geschützten Raum
der Klinik, um es im freien Raum ausserhalb der Klinik
weiterzuentwickeln. ■
Martha Stähelin, Leitende Psychologin A6
7
Neue therapeutische Strukturen KPK Abhängigkeit und Persönlichkeitsstörung
Stationäre Behandlung von
Persönlichkeitsstörungen
einer Abteilung des Akutbereiches aufgenommen. Ferner
steht die Spezialabteilung Menschen offen, die der Abteilung bekannt sind und gemäss Nachsorgeplan zur Krisenintervention aufgenommen zu werden wünschen.
Menschen mit der Diagnose «Persönlichkeitsstörung» sind
bis anhin auf allen Abteilungen der Klinik behandelt worden. Laut unserer Klinikstatistik haben ca. zehn Prozent
der Patientinnen und Patienten diese Hauptdiagnose.
In den letzten Jahren ist die Erkenntnis gereift, dass diesen
Patientinnen und Patienten besser geholfen werden kann,
wenn sie einer spezialisierten Behandlung zugeführt werden. In der Schweiz existieren bereits einige Kliniken, die
damit gute Erfahrungen gemacht haben.
Dieses Wissen wollen wir nutzen und auch in unserem
Kanton diese Spezialbehandlung anbieten. Die zuvor allgemeinpsychiatrisch geführte Rehabilitationsabteilung A5
mit 15 Betten wird somit ab dem 1. Mai 2010 diese neue
Aufgabe übernehmen.
8
Therapieziele und Therapieangebote
Hauptziel der stationären Behandlung ist die Über- beziehungsweise Rückführung in eine längere ambulante Psychotherapie.
Während des Aufenthalts auf der Abteilung A5 streben wir
eine verbesserte Integration der einzelnen Persönlichkeitsanteile sowie eine Verbesserung des Realitätsbezuges und
der Impulskontrolle an.
Die Patientinnen und Patienten müssen dazu die Einsicht
gewinnen, dass ihre Ängste, Konflikte und Wünsche eine
Folge der Beziehungsstörung, der eigenen Kommunikationsmuster sind.
In den Einzel- und Gruppentherapien geht es also um Klärung, Konfrontation, Deutung/Interpretation und Üben
der gewonnen Einsicht. Damit die Patientinnen und Patienten einen anderen Umgang mit ihren Spannungszuständen erlernen, führen wir mit ihnen auch Achtsamkeitstrainings und soziale Kompetenztrainings durch. Zudem
sollen sie sich neue Fertigkeiten (Skills) aneignen. Neben
den genannten verbalen Therapien stehen Kunsttherapie,
Körpertherapie (body awareness), Sportprogramme und
Atelier auf dem Tagesprogramm.
Ablauf
Nach Anmeldung an die pflegerische oder therapeutische
Abteilungsleitung wird ein Vorgespräch durchgeführt, in
dem die Motivation des Patienten, der Patientin zu einer
stationären Behandlung abgeklärt und das Behandlungsangebot erläutert wird. Bei positivem Entscheid beiderseits
folgt eine Diagnostikwoche, nach welcher der Fokus mit
den individuellen Zielen formuliert und das weitere therapeutische Vorgehen festgelegt wird.
Die Dauer der Behandlung ist auf zwölf Wochen angelegt.
Indizierte Verlängerungen bei deutlichen Fortschritten oder
Time out sind möglich.
Was heisst «Persönlichkeitsstörung»?
Persönlichkeitsstörungen sind schwere Störungen der Beziehungsgestaltung und des Selbstwertes; erst in der Folge entwickelt sich eine Störung des weiteren Erlebens und Verhaltens. Zugrunde liegt eine «Identitätsdiffusion». Das bedeutet,
dass man kein zusammenhängendes Konzept von sich selbst
und folglich auch nicht von den andern hat, dass man sich
als verschieden wahrnimmt und dieses Gefühl nirgends einProblematiken
ordnen, integrieren kann. Das führt zu einem ausgeprägten
Mit dem Aufbau dieser Spezialabteilung wird ein diagnostiSchwarz-weiss-Denken, zu grossen Spannungszuständen, zu
scher Filter eingerichtet, der es nicht mehr ermöglicht, sämtdysfunktionalem Verhalten, vor allem in Beziehungen.
liche Patientinnen und Patienten nach der Akutbehandlung
aufzunehmen. Dies führt zwangsläufig zur Frage, wo die anWer wird aufgenommen? / Indikation
dern Patientinnen und Patienten weiterbehandelt werden.
Das Angebot richtet sich an Patientinnen und Patienten
Ein weiteres Problem ist die spezialisierte Nachbehandlung
mit einer ICD-10 F60-Diagnose (Persönlichkeitsstörung).
durch niedergelassene Therapeutinnen und Therapeuten;
Zusätzlich werden auch Patientinnen und Patienten aufdiese stehen nicht in genügender Zahl zur Verfügung. ■
genommen, die eine Abhängigkeitsstörung (F1) in der
Nebendiagnose – mehrheitlich THC und Alkohol nach
Susann Ziegler, Leiterin Psychologischer Dienst,
Entzugsbehandlung – aufweisen. Die Patientinnen und
Leitende Psychologin (links)
Patienten werden direkt oder nach einem Aufenthalt auf
Hannelore Nyffenegger, Abteilungsleiterin A5
Kantonale Psychiatrische Klinik (rechts)
Neue therapeutische Strukturen KPK Abhängigkeit: Motivationstherapie
Stationäre Kurzzeittherapie für Alkoholabhängige
Die Abteilung B4 ist eine offene Akutabteilung mit dem Schwerpunkt «legale Suchtmittel».
Es werden Patientinnen und Patienten mit Alkoholabhängigkeit, seltener mit Tablettenabhängigkeit
(Benzodiazepine oder Schmerzmittel), behandelt.
Die nonverbalen Gruppenangebote wie Kreativatelier, Sportprogramm und neu eine eigene Kunsttherapiegruppe sind auf
der Abteilung B4 wichtige Behandlungselemente, die eine
prozessorientierte, nonverbale Annäherung an und Auseinandersetzung mit persönlichen Problemen ermöglichen.
Die regelmässigen Therapiegespräche mit dem Behandlungsteam (Therapeut und pflegerische Bezugsperson)
stehen dem Patienten, der Patientin für die vertiefte Beschäftigung mit lebensgeschichtlichen und aktuellen Problemen zur Verfügung. Dabei können auch der Einbezug
von Lebenspartner/in / Familie oder ein klärendes Gespräch
mit dem Arbeitgeber wichtige Therapiebausteine zur Förderung der Ressourcen sein.
Ziel der «Kurzzeittherapie für Alkoholabhängige» ist, dass
die Patienten zum Ende der sechswöchigen Behandlung
ihren künftigen Behandlungsweg vor sich sehen und dieser
gut vorbereitet ist. Dies kann eine ambulante Behandlung
bei Fachstellen wie PDA (Psychiatrischer Dienst für Abhängigkeitserkrankungen), Fachstelle Alkohol und Sucht
(Blaues Kreuz) oder MUSUB (Multikulturelle Suchtberatungsstelle beider Basel) oder beim niedergelassenen Psychiater sein oder eine stationäre Behandlung in einer Entwöhnungsklinik. Bei entsprechender Indikation kann auch
eine Behandlung auf der Abteilung A5 in Frage kommen.
Wir hoffen, dass sich mit unserem neuen psychotherapeutischen Angebot die Behandlung alkoholabhängiger Menschen im Kanton verbessern lässt. Das Angebot steht ab
April 2010 zur Verfügung. ■
Einerseits finden körperliche Entzüge als geplante Behandlungen statt, andererseits werden Patienten mit Suchterkrankungen notfallmässig zugewiesen und im Sinne einer
stationären Krisenintervention behandelt.
Immer wieder zeigt sich, dass Patienten zum Ende des körperlichen Entzuges dringend eine Weiterbehandlung brauchen. Ziel einer solchen anschliessenden Behandlungsphase
ist es, sich vertieft mit der Suchterkrankung auseinanderzusetzen und sich für eine weiterführende ambulante oder stationäre Therapie zu motivieren. Hier kann das neue Angebot
der «Kurzzeittherapie für Alkoholabhängige» eine Lücke im
Angebot stationärer Suchtbehandlung schliessen.
Die auf sechs Wochen ausgelegte Hospitalisation beinhaltet
einen 14-tägigen körperlichen Entzug und eine nachfolgende, vierwöchige, in den Therapieangeboten hoch strukturierte «Motivationstherapie». Der Hospitalisation geht
ein ambulantes Indikationsgespräch mit dem Suchtberater
oder der Oberärztin der Abteilung B4 voraus. Geeignet ist
die Therapie für Alkoholabhängige ohne schwere körperliche Erkrankungen und ohne kognitive Einschränkungen.
Neben den für alle Patienten bestehenden, milieuthera- Yvonne von Ins, Abteilungsleiterin B4 (rechts)
peutischen Gruppenangeboten bietet das B4-Team mit Dr. med. Sigrid Tavan, Oberärztin (links)
dem Suchtberater der Klinik für diese Patienten neu ein
spezielles suchtspezifisches Gruppenprogramm mit jeweils
zwei Gruppenstunden pro Woche über eine Dauer von vier
Wochen. Es handelt sich dabei um eine halboffene, themenzentrierte hochstrukturierte Gruppentherapie, die interaktiv geführt wird und auch psychoedukative Elemente
enthält. Bis zu acht Patienten können an der Gruppe teilnehmen, die Gruppenleitung ist interdisziplinär (Arzt oder
Suchtberater / Pflegeteammitarbeiter). Es werden während
vier Wochen vier Module (ein Modul wird jeweils in zwei
aufeinander folgenden Gruppenstunden behandelt) angeboten mit folgenden Inhalten:
• Soziale Kompetenz – Defizite und Förderung
• Erarbeitung von persönlichen SuchtverhaltensModellen (zum Beispiel Stressoren)
• Prävention zur Rückfallvermeidung
• Reintegration in das berufliche und persönliche
Beziehungsumfeld
9
Neue therapeutische Strukturen KPK Affektive Leiden: Depression
Stationäre Behandlung von
depressiven Erkrankungen
Affektive Störungen, meist depressive Erkrankungen, seltener manische Zustände, stellen in der Statistik 2009
mit 26,9 Prozent die grösste Diagnosegruppe dar. Auf der offenen Akutabteilung A4 wird ab dem 1. Mai 2010
ein Schwerpunkt für Patientinnen und Patienten mit depressiven Erkrankungen eingeführt. Die Abteilung A4 führt
16 Betten für Patientinnen und Patienten im Alter von 18 bis 65 Jahren. Das Abteilungsmilieu ist von Wärme
und Wertschätzung geprägt. Damit sind die Voraussetzungen vorhanden, dass bei den meist von einem inneren Rückzug
geprägten Patientinnen und Patienten ein Beziehungsraum entstehen kann.
Abklärungsphase
In einer Abklärungsphase wird eine psychopathologische,
psychodynamische und testpsychologische sowie pflegerische Diagnostik durchgeführt. Ein besonderes Augenmerk
gilt dem Thema Selbstgefährdung. Ebenso erfolgt eine somatische Abklärung. Aus dem persönlichen Umfeld des Patienten sollen fremdanamnestische Angaben einfliessen. Es
wird das depressive Kernproblem aus psychodynamischer
Sicht erhoben. In der Abklärungsphase stehen der Beziehungsaufbau, der Schutz vor Suizidalität, die ausführliche
Erhebung der aktuellen Problematik und die persönliche
Biographie im Vordergrund. Am Ende dieser Abklärungsphase findet eine Indikationsbesprechung statt, in welcher
ein Behandlungsfokus formuliert wird, der als Grundlage
für die weitere Behandlung dient.
Behandlungsphase
Zwei alternative Behandlungsprogramme sollen die Strukturen der Abteilung sicherstellen und der Bedeutung der
Begrenzung, insbesondere der zeitlichen Begrenzung, einer
stationären Behandlung Rechnung tragen.
Der zuständige Arzt oder Psychologe führt, gestützt auf die
psychodynamische Verstehensweise, methodisch definierte
Gespräche durch, die je nach psychotherapeutischer Orientierung des Therapeuten in ihrer therapeutischen Ausrichtung unterschiedlich sein können. Sie orientieren sich am
Konzept einer methodensynergistischen Behandlung, dem
gemeinsamen Einsatz verschiedener Methoden, allerdings
ohne Verwischung der Differenzen. Es ist sinnvoll, mehrere
therapeutische Methoden zu nutzen.
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Depressionsspezifische Behandlung: acht Wochen
Die längerfristige Behandlung basiert auf der Erkenntnis,
dass Patienten mit affektiven Störungen, die einer Neuorientierung bedürfen, Zeit brauchen. Ausgangspunkt der
Behandlung ist wiederum ein Fokus, der am Ende der Abklärungsphase formuliert wird.
Die stationäre Depressionsbehandlung zeichnet sich durch
einen mehrdimensionalen Prozess in einem fürsorglichen,
strukturierten Milieu aus. Dabei geben wir dem Einzelgespräch eine gewisse Priorität, weil es für den depressiv
Erkrankten am leichtesten ist, in der Zweierbeziehung Vertrauen zu fassen.
Nach vier bis sechs Wochen findet mit dem Kern- und Abteilungsteam eine Fallbesprechung statt, in der die bisherige
Therapie evaluiert und allfällige Kurskorrekturen vorgenommen werden. Die Besprechung hat zum Ziel, die verschiedenen therapeutischen Aktivitäten zu integrieren.
Das Therapieangebot umfasst depressionsspezifische Behandlung mit Einzel- und Gruppenpsychotherapie, Gestalttherapie, körperorientierte Therapie, komplementärmedizinische Anwendungen, Kunst- und Ausdruckstherapie nach
Indikationsstellung, sozialpsychiatrische Rehabilitation (Sozialdienst), Atelierprogramm, Sportprogramm.
Beendigungsphase
Da die Aufenthaltsdauer auf maximal acht Wochen limitiert
ist, muss von Beginn an daran gedacht werden, die Austrittsplanung rechtzeitig in die Behandlung zu integrieren.
Die ambulante Weiterführung der Psychotherapie bei einem externen Therapeuten verlangt die Thematisierung
und Bearbeitung der Übergangsphase unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verletzlichkeit des Patienten.
Neben der individuellen Bearbeitung dieses Überganges
soll schon während der Hospitalisation Kontakt mit bereits
bestehenden ambulanten Therapeuten oder aber einem
neuen Therapeuten oder den Externen Psychiatrischen
Diensten aufgenommen werden.
Ein besonderes Augenmerk gilt der Prophylaxe von Rückfällen. ■
Depressionsspezifische Krisenintervention:
maximal vier Wochen
Kriseninterventionen eignen sich für Patientinnen und Patienten, bei denen sich während der Abklärungsphase ein
Fokus herausarbeiten lässt, der auf das Vorhandensein von
inneren und äusseren Ressourcen schliessen lässt, welche
es möglich machen, den stationären Aufenthalt kurz zu
halten und die meist sinnvolle Weiterbehandlung in einem ambulanten Setting fortzuführen. Es ist notwendig,
das Umfeld des Patienten/der Patientin (Angehörige, sozi- Dr. med. Hanspeter Stutz, Bereichsleitender Oberarzt
ale Stellen, Arbeitgeber, ambulante Therapeuten) zu einem Kantonale Psychiatrische Klinik
frühen Zeitpunkt einzubeziehen.
Neue therapeutische Strukturen KPK Alterpsychiatrie
Alterspsychiatrische
Behandlung in der K PK
Zeitgemässe alterspsychiatrische Behandlung setzt eine Differenzierung
des Angebots und eine Verankerung der Alterspsychiatrie innerhalb des Netzes
der Institutionen und Organisationen voraus, die alte Menschen betreuen.
tiven Einschränkungen – und der geschlossen geführten
Akutabteilung A2 – mit Schwerpunkt akute psychiatrische
Erkrankungen mit schweren kognitiven Störungen wie
Demenzen oder Delir – die Abklärung, die Behandlung
im interdisziplinären Team und die Beratung der älteren
Menschen. Auf der offen geführten Subakutabteilung D5
besteht ein Behandlungsangebot mit störungsspezifischen
und individuellen Therapieprogrammen für ältere Menschen mit kognitiven Einschränkungen, die eine längere
Behandlungs- und Stabilisierungsphase benötigen.
Mit der Eröffnung einer alterspsychiatrischen Spezialabteilung für affektive Störungen im Juli 2010 ergänzen wir unser bisher durch diagnosespezifische Schwerpunktbildung
geprägtes vielseitiges Behandlungsangebot. Auf der Therapieabteilung D4 mit 15 Behandlungsplätzen wird nach Indikation eine zeitlich begrenzte stationäre Psychotherapie
angeboten. Dies im Anschluss an die Akutbehandlung oder
bei Direktaufnahme nach Abklärungsgespräch, wenn die
affektive Störung ambulant nicht ausreichend behandelt
werden kann und/oder eine zeitlich begrenzte Distanz von
den Anforderungen und Belastungen im Alltag notwendig
ist, um Veränderungsprozesse zu ermöglichen. Wir gehen
von einem psychodynamischen Beziehungs- und Konfliktverständnis als Grundlage für die Behandlung aus, kognitiv-behaviorale und systemische Therapieelemente sind
darin integrale Bestandteile. Das Angebot umfasst Einzelund Gruppentherapien, die medikamentöse Behandlung,
Live-Review/Reminiscence-Gruppen, körperorientierte
Methoden, Tanz-, Bewegungs-, Kunst- und Musiktherapie
und sozialarbeiterische Beratungen.
Dieses Angebot wird durch eine entsprechende Ressourcenerweiterung ermöglicht. Um in der Zukunft den benötigten Behandlungsumfang und die Behandlungsqualität
mit den notwendigen fachlichen Weiterbildungs-, Vernetzungs- und Unterstützungsangeboten erbringen zu können, müssen weitere Ressourcen geschaffen werden. Damit
der Auftrag der Alterspsychiatrie zum Wohle der älteren
Bevölkerung entsprechend umgesetzt werden kann, muss
insbesondere dem suboptimalen Raumangebot Rechnung
getragen werden und die geplanten und dringend notwendigen Neubauten der Alterspsychiatrie forciert werden. ■
Dem tragen die KPD Rechnung, indem sie aufs Alter ausgerichtete Schwerpunktabteilungen und neu eine Spezialabteilung für affektive Erkrankungen in der Kantonalen
Psychiatrischen Klinik KPK schaffen und in den Externen
Psychiatrischen Diensten EPD den ambulanten Fachbereich Alterspsychiatrie ausbauen.
Die demographische Entwicklung stellt uns bei der Behandlung älterer Patientinnen und Patienten ab 60 Jahren im stationären Bereich immer wieder vor neue Herausforderungen.
Demenzen, die häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im
höheren Lebensalter, bedingen eine möglichst frühzeitige
Diagnostik. Diese ist sowohl für die Lebensqualität Betroffener als auch für die ihrer Angehörigen von entscheidender Bedeutung, denn demenzielle Prozesse können sowohl
medikamentös als auch mittels spezifischer kognitiver Trainings günstig beeinflusst werden. Affektive Störungen, insbesondere Depressionen, sind die zweithäufigsten alterspsychiatrischen Erkrankungen. Aus allen Studien geht hervor,
dass Depressionen bei älteren Menschen zu selten erkannt
und behandelt werden. Die Behandlung bei diagnostizierter
Krankheit ist zudem häufig inadäquat. Dies führt bei älteren
Menschen zu Chronifizierung und rezidivierenden Verläufen und die Sterblichkeit aufgrund natürlicher Ursachen wie
auch das Suizidrisiko steigen bei ihnen stark an.
Die Abteilungsstrukturen mit einer Binnendifferenzierung des stationären alterspsychiatrischen Bereichs nach
diagnostischen Schwerpunkten haben sich in der Praxis
bewährt. Zu den spezifischen Aufgaben gehören auf der Heini Wernli, Bereichsleiter Alterspsychiatrie Pflege (links)
offen geführten Akutabteilung A1 – mit Schwerpunkt Dr. Harald Gregor, Leitender Arzt, Bereichsleitender Arzt
akute psychiatrische Erkrankungen mit leichten kogni- Alterspsychiatrie Kantonale Psychiatrische Klinik (rechts)
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Aus den Bereichen Alterspsychiatrie EPD
Antwort auf die demographische
Herausforderung
Die Externen Psychiatrische Dienste (EPD) verfügen über eine 30-jährige Erfahrung in der ambulanten
Behandlung und haben in den vergangenen Jahren ihr Angebot in zunehmendem Masse auf
die Altersgruppe der über 60-Jährigen ausgerichtet. Dies fand in der Gründung eines eigenen Fachbereiches
Alterspsychiatrie an den EPD 2006 auch seinen organisatorischen Ausdruck.
An den Standorten Bruderholz und Liestal wurden multidisziplinäre spezialisierte Teams gebildet, bestehend aus
Oberärztinnen, Assistenzärzten, Pflegerinnen, Sozialarbeitern und Psychologinnen, die sich speziell auf die Versorgung der älteren Bevölkerung konzentrieren und sich
fachlich in diesem Bereich intensiv weiterbilden. Es finden
regelmässige Fallbesprechungen und interne Supervisionen
zur Alterspsychiatrie statt. In vielen Fällen ist die enge Zusammenarbeit mit dem stationären Alterspsychiatrischen
Bereich der KPK für eine gute Behandlung unerlässlich.
Durch regelmässige gemeinsame Sitzungen und Fallvorstellungen wird die Behandlungskontinuität zwischen KPK
und EPD gesichert.
Das alterspsychiatrische Angebot der EPD umfasst:
• Diagnostik gerontopsychiatrischer Störungen und
(psychosoziales) Assessment
• Beratung und Begleitung von Angehörigen
• Konsiliar- und Liaisondienste im Bereich der hausärztlichen und spitalexternen Versorgung (inkl. Fallbesprechungen/ Fallkonferenzen)
• Konsiliar- und Liaisondienste im Bereich der somatischen Spitalbehandlung
• Konsiliardienste im Bereich der Heimbetreuung
Wo immer möglich und sinnvoll liegt die Priorität auf der
ambulanten Behandlung. Dies gilt auch bei eingeschränkter Mobilität der Patientinnen und Patienten: Diese werden
nötigenfalls zuhause aufgesucht. So kann die notwendige
ambulante psychiatrische Behandlung auch in diesen Fällen garantiert werden.
Vorhandene und gemeindenahe Behandlungs- und Betreuungsangebote werden genutzt, integriert und ggf. fachlich
unterstützt mit dem Ziel eines möglichst langen Verbleibs
des Patienten, der Patientin zuhause und der Entlastung
der Angehörigen. Meist ist auch eine enge Zusammenarbeit
mit Spitex und Hausarzt erforderlich.
Wie die Arbeit in konkreten Fällen aussieht, mögen folgende Vignetten verdeutlichen:
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Vignette 1
Eine 76-jährige Patientin mit mittelschwerer Demenz (Memory-Clinic 2004) und abweisend-aggressivem Verhalten
wird von der Tochter und dem Hausarzt der Patientin angemeldet. Es besteht bereits ein intensives häusliches Betreuungssystem.
Eine spezialisierte Pflegefachfrau führt zunächst ein Beratungsgespräch mit der Tochter und ihrem Lebenspartner.
Danach erfolgt ein Hausbesuch durch die Pflegefachfrau
und den zuständigen Oberarzt. Nach diesen Vorabklärungen können nun zwei Familiengespräche (einbezogen sind
fünf Kinder und z.T. deren Partner) stattfinden, in denen
die Arbeit aller gewürdigt und Differenzen angesprochen
werden. Zusätzlich wird eine antidementive Medikation
in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt verordnet und eine
Entlastung des Helfersystems durch ambulante Pflegedienste organisiert.
Ein drittes Familiengespräch ist geplant. Regelmässige
Standortgespräche mit der Familie könnten sinnvoll sein,
um rechtzeitig auf Veränderungen reagieren zu können.
Vignette 2
Eine 80-jährige Patientin mit bekannter Bipolarer affektiver
Störung und einer leichten Demenz wird nach einer mehrmonatigen Hospitalisierung in der KPK in ein Altersheim
verlegt, nachdem sich während des stationären Aufenthaltes zeigte, dass eine Rückkehr nach Hause nicht mehr möglich sein würde. Im Altersheim entstanden rasch Probleme,
weil die Patientin gegen viele Regeln verstiess (Rauchen
im Zimmer etc.) und schwierig im Umgang mit Mitbewohnern und dem Pflegepersonal war. In einer gemeinsamen
Fallkonferenz mit den Behandelden der KPK-Abteilung
und der EPD sowie den Pflegenden des Heims konnten die
Probleme benannt, Zusammenhänge geklärt und Lösungen
aufgezeigt werden. In weiteren ambulanten Gesprächen
des EPD-Oberarztes mit der Patientin und den Pflegenden
des Heims gelang es, neue, erfolgreiche Umgangsstrategien
zu implementieren. Nach sechs ambulanten Gesprächen
konnte eine Übergabe an die Hausärztin erfolgen.
Vignette 3
Eine 87-jährige frühere Bäuerin wird im Frühsommer 2007
vom Hausarzt angemeldet: Die Patientin leide an einer demenziellen Entwicklung, mache Angehörigen und Spitex
durch ihre misstrauisch-verweigernde Haltung das Leben
schwer und verwahrlose zunehmend. Ein Heimeintritt sei
undenkbar, da die Patientin den Hof, auf dem sie geboren
wurde, nicht verlassen wolle und ein Wohnrecht habe. Die
Oberärztin der EPD äussert nach ihrem Hausbesuch den Verdacht einer gemischten Demenz mit vor allem paranoider
Symptomatik und verweigerndem, aggressivem Verhalten.
Eine weitergehende Abklärung verweigert die Patientin. Es
v.l.n.r.: Dr. Peter Streb,
Dr. Dieter Leonhardt,
Dr. Silvia Tenés Reino,
Margrit Schmied
wird zunächst eine antidementive und eine minimale neuroleptische Medikation etabliert. In gemeinsamen Gesprächen
mit den Angehörigen und der Spitex werden die Aufgaben
verteilt und der Umgang mit der Patientin abgesprochen.
Ausserdem wird eine Beistandschaft errichtet und die Angehörigen erhalten eine monatliche Aufwandsentschädigung.
Alle vier Monate finden gemeinsame Standortgespräche mit den Angehörigen und der Spitex statt. Auch eine
Fallbesprechung mit dem Spitexteam, an der sowohl der
Hausdienst als auch die Pflegerinnen teilnehmen, trägt zur
Stabilisierung der Situation bei.
Als sich der Zustand der Patientin weiter verschlechtert und
sich die Pflege im bisherigen Rahmen immer schwieriger gestaltet, erfolgt im Dezember 2008 eine Anmeldung in einem
Alters- und Pflegeheim. Als sich abzeichnet, dass die Patientin nicht für einen zweiwöchigen Aufenthalt ins Heim gehen
wird und die Betreuung der Patientin nicht gewährleistet
werden kann, erfolgt eine Einweisung in die KPK.
Im April 2009 findet eine Fallbesprechung mit Patientin,
KPK, EPD, Spitex und künftigem Heim statt, um den Übertritt vorzubereiten, der schliesslich im Juni 2009 ohne weitere Schwierigkeiten durchgeführt werden kann. Eine weitere
psychiatrische Betreuung war bislang nicht erforderlich.
sche Behandlung gebraucht haben, suchen weiterhin oder
mit zusätzlichen Problemen erneut Hilfe. Nicht selten sehen
wir Patienten auch in den somatischen Kantonsspitälern,
die von einer intensiveren psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung in den Spitälern profitieren würden. Die
Zahl der Anfragen steigt stetig. Um diesen Aufgaben auch
in Zukunft gewachsen zu sein, braucht es mehr personelle
und räumliche Ressourcen. Die demographischen Prognosen sprechen eine klare Sprache. Ein Geriatriespital wird
sicher zur Verbesserung der Behandlung älterer Menschen
beitragen, die hier skizzierten Probleme kann es alleine
aber nicht lösen.
Der Alterspsychiatrische Fachbereich der EPD und der stationäre Alterspsychiatrische Bereich der KPK werden mit
Bezug auf die zukünftige Entwicklung eine entsprechende
Ressourcenerweiterung erfahren müssen, um den benötigten Behandlungsumfang und die geforderte Behandlungsqualität erbringen zu können und um ein fachliches
Weiterbildungs-, Vernetzungs- und Unterstützungsangebot
schaffen zu können. Wir werden uns in Planungsgremien
einbringen, den interdisziplinären Austausch aktiv fördern
und Nachwuchs heranbilden, um die qualitativ hochstehende Versorgung auch langfristig garantieren zu können. ■
Grosse Koordinations- und Vernetzungsarbeit
In den drei Vignetten bildet sich ab, wie viel Koordinationsund Vernetzungsarbeit geleistet werden muss, um den Patienten ein möglichst hohes Mass an Sicherheit, aber auch an
Autonomie zu gewährleisten. Sie stellen sicher besonders
schwierige und komplexe Fälle dar. Es gibt auch andere
Fälle wie zum Beispiel die Patienten, die nach dem Tod ihres Partners Unterstützung brauchen und dies im Rahmen
einiger Gespräche finden, manchmal aber auch unfassender psychotherapeutisch begleitet werden müssen. Auch
Patientinnen und Patienten, die schon seit der Jugend oder
dem mittleren Erwachsenenalter immer wieder psychiatri-
Dr. med. Silvia Tenés Reino, Oberärztin
Margrit Schmied, Pflegefachfrau und Teamleiterin
Dr. med. Peter Streb, Oberarzt
Dr. med. Dieter Leonhardt, Oberarzt
Externe Psychiatrische Dienste
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20 Jahre Windspiel
Chronik
Eine Erfolgsgeschichte
Am 1. April 2010 konnte das Wohnheim Windspiel seinen 20. Geburtstag feiern.
Das 20-Jahre-Jubiläum ist Anlass, in die Vergangenheit und in die Zukunft zu blicken.
14
Am 5. Dezember 1989 genehmigte der Regierungsrat den
Bericht zur Schaffung eines Wohnheims für Menschen mit
einer geistigen Behinderung. Geistige Behinderung wurde als
Lebensbedingung anerkannt und nicht mehr als Krankheit
gesehen. Daraus folgte, dass Menschen mit schwerer geistiger Behinderung in der psychiatrischen Klinik grundsätzlich
falsch untergebracht sind. Die Erkenntnis, dass ein Wohnheim einen angemessenen Lebensraum für diese schwer
geistig behinderten Menschen darstellt, setzte sich durch.
Am 1. April 1990 öffnete das Wohnheim Windspiel seine
Türen. Mitarbeitende, die viel Herzblut und Engagement
investierten, boten 26 Menschen in fünf Wohngruppen ein
neues Zuhause mit optimalen Entwicklungsmöglichkeiten
und Schutz vor Ausgrenzung. Jede Wohngruppe wurde nach
einem Wind getauft – Tuuli, Katt, Bora, Mistral und Kadim.
Daraus leitete sich der Name «Windspiel» ab. Die Gründung
des Wohnheims Windspiel war das erste Dehospitalisationskonzept in der Schweiz, das geistig behinderte Menschen aus
einer psychiatrischen Klinik herauslöste und eine heilpädagogische Betreuung und Förderung sicherstellte.
Die ersten zehn Jahre waren von der Dehospitalisierung,
dem Aufbau von Strukturen und vor allem dem Umbau
des Gebäudes geprägt. 1997 konnten die Bewohnerinnen
und Bewohner das sanierte Wohnheim mit einem grossen
Fest als ihr frisch renoviertes Zuhause feiern.
In den ersten Jahren der zweiten Dekade waren die Konsoldierung und Überprüfung der Strukturen leitende Themen. Grosser Wert wurde auf eine individuelle Lebensgestaltung und ein möglichst selbstbestimmtes Leben der
Bewohnerinnen und Bewohner gelegt.
Die Thematik des Alterns rückte für die Bewohnerinnen
und Bewohner in den Vordergrund. Das Lebensalter der
Bewohnerinnen und Bewohner bewegte sich zwischen 18
und 96 Jahren. Im Verlauf der letzten Jahre sank der Altersdurchschnitt stark, die freigewordenen Plätze wurden
durch erheblich jüngere Personen besetzt, die eine neue
Dynamik in den Alltag brachten.
Ebenso wurde die Qualitätssicherung wichtig. Das Wohnheim Windspiel wurde im Jahr 2002 nach den Richtlinien
des BSV zertifiziert und ist seit 2005 gemeinsam mit den
übrigen Aufgabenbereichen und Diensten der KPD nach
der Norm ISO 9001:2008 zertifiziert.
Im Jahr 2009 konnte die Sanierung der Förderstätte – der
Arbeitsort der Bewohnerinnen und Bewohner – in Angriff
genommen werden. Das als Provisorium erstellte Gebäude,
das früher als Kinderkrippe diente, war in die Jahre gekommen und stark sanierungsbedürftig. Heute erstrahlt die sanierte Förderstätte in einem terrakottafarbenen Anstrich, sie
verfügt über grosse freundliche Räume, behindertengerechte
Toiletten, einen grossen Garten und erlaubt die Umsetzung
moderner pädagogischer und agogischer Konzepte.
Das Wohnheim Windspiel nahm und nimmt Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig vom Schweregrad der
Behinderung auf. So geniesst es einen Ruf als besonders
tragfähige Institution im Kanton, die über motivierte und
qualifizierte Mitarbeitende verfügt. Diese Tragfähigkeit erlaubt es, behinderte Menschen aufzunehmen, die in privaten Wohnheimen kein Zuhause finden. Vermehrt werden
Menschen, die eine geistige Behinderung sowie eine psychische Störung mitbringen und über ein hohes Aggressionspotenzial verfügen, als Bewohnerinnen und Bewohner
aufgenommen. Die Problematiken dieser Menschen führen
oft zu agogischen Grenzsituationen. Diesen Herausforderungen wird mit Schulungen für Mitarbeitende, welche die
professionellen und persönlichen Wissens- und Handlungsgrundlagen erweitern, aber auch mit konzeptionellen und
strukturellen Überlegungen begegnet.
Die starke Abgrenzung zur Psychiatrie wurde abgelöst
durch einen ressourcenorientierten Blickwinkel, der die
interdisziplinäre Zusammenarbeit in den Vordergrund stellt
und die persönlichen Ressourcen der Bewohnerinnen und
Bewohner für das Zusammenleben im Alltag nutzt.
Zwanzig Jahre Wohnheim Windspiel sind eine Erfolgsgeschichte, die ohne unsere Bewohnerinnen und Bewohner,
deren Angehörige, eine unterstützende Heimkommission
und engagierte Mitarbeitende nicht möglich wäre.
Ihnen allen danken wir ganz herzlich und freuen uns auf
das grosse Jubiläumsfest am 12. Juni 2010.
Lassen Sie uns gemeinsam feiern! ■
Peter Frei, Leiter Wohnen & Arbeiten und
Rahel Peter Grassi, Heimleiterin Wohnheim Windspiel
Jubiläumsfest
20 Jahre Wohnheim Windspiel
Samstag, 12. Juni 2010, 12 –18 Uhr
Verschiedene Verpflegungsmöglichkeiten
Diverse Attraktionen: Hüpfburg, Live-Musik,
Tanzaufführungen, Kinderschminken
20 Jahre Windspiel
Förderstätte
Die sanierte Förderstätte
präsentiert sich als moderner Arbeitsort
für behinderte Menschen
Ende Juni 2009 standen wir in einer leer geräumten, stark
sanierungsbedürftigen Förderstätte. Zu den baulichen
Mängeln kam, dass die Anzahl der Bewohnerinnen und
Bewohner des Wohnheims Windspiel, welche die Förderstätte besuchten, stieg und somit die Räumlichkeiten der
alten Förderstätte knapp und eng wurden. Mit einer Sanierung der Förderstätte nach Minergie-Standard sollten die
Mängel behoben und den Bewohnerinnen und Bewohnern ein Arbeitsort zur Verfügung gestellt werden, der die
Umsetzung moderner agogischer Konzepte erlaubt.
Mit Baubeginn ab 1. Juli 2009 quartierten wir uns provisorisch in den Räumlichkeiten der Förderstätte II ein, demselben Gebäude, in dem sich auch die Kunsttherapieateliers
der KPK befinden. Mitte Dezember 2009 konnten wir die
sanierte Förderstätte beziehen und diese den Bewohnerinnen und Bewohnern übergeben.
In den unterschiedlichen Arbeitsräumen wird eine Vielzahl
von Tätigkeiten aus verschiedenen Bereichen angeboten.
Es gibt eine Holzwerkstatt, ein Näh- und Webzimmer mit
einem grossen Webstuhl, ein Musikzimmer, ein Malzimmer sowie ein Bewegungszimmer. Für Notfälle steht ein
Time out-Zimmer zur Verfügung.
Die Arbeitsräume sind hell und geräumig und unterstützen
die Umsetzung des Förderstätte-Konzepts. Der Küchenbereich und die Teestube bilden einen offenen Raum, der
die Bewohnerinnen und Bewohner zum Verweilen einlädt. Der breitere Gang lässt zu, dass zwei bis drei Personen
aneinander vorbei kommen, ohne sich anzurempeln, und
kann bequem mit dem Rollstuhl befahren werden.
Zurzeit finden Gartenbauarbeiten statt, die das Gesamtbild
der sanierten Förderstätte abrunden. ■
Nicoletta Metevelis, Sozialpädagogin in der Förderstätte
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20 Jahre Windspiel
Praxisbericht
Unterstützte Kommunikation
im Wohnheim Windspiel
Den 20. Geburtstag des Wohnheims Windspiel nehmen wir gerne zum Anlass, um einen Einblick
in die professionelle Arbeit mit unseren Bewohnerinnen und Bewohnern zu geben. Bei den meisten
unserer Bewohnerinnen und Bewohner ist die verbale Kommunikation stark eingeschränkt.
Im Zusammenhang mit unserer Arbeit steht die Unterstützte Kommunikation (UK) im Fokus. Die UK hat nicht nur
allgemein in der sozialpädagogischen Arbeit, sondern auch
in unserem Wohnheim erheblich an Bedeutung gewonnen
und ist nun nicht mehr aus dem Alltag der dort lebenden
Menschen wegzudenken. Doch was bedeutet eigentlich UK?
Wie wird sie im Windspiel eingesetzt und warum? Im Folgenden wollen wir auf diese Fragen eine Antwort geben.
Was ist Unterstützte Kommunikation?
UK ist die deutsche Übersetzung des englischen Begriffs
Augmentative and Alternative Communication (ACC).
Man versteht darunter pädagogische, aber auch therapeutische Mittel, die die Verständigung mit Menschen mit eingeschränkten kommunikativen Möglichkeiten verbessern
oder erweitern. Dabei ist es zunächst unwesentlich, um
welche Einschränkungen es sich handelt. Kommunikationshilfen, die bei der UK als Unterstützung angewendet
werden, lassen sich in körpereigene, nicht-elektronische
und elektronische einteilen. Zum Einsatz kommen zum
Beispiel einfache Gebärden, Wort- oder Bilderkarten, Symbole und elektronische Sprachausgabegeräte.
Für wen ist Unterstützte Kommunikation gedacht?
Die Zielgruppe der UK bilden Menschen mit angeborenen,
erworbenen, fortschreitenden und vorübergehenden Beeinträchtigungen. Gerade Menschen mit geistiger Behinderung und tiefgreifenden Entwicklungsstörungen stehen oft
eingeschränkte kommunikative Möglichkeiten zur Verfügung. Diese können mit Methoden der UK verbessert werden oder die Einschränkung kann sogar ganz überwunden
werden. Die Chance auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben und die damit verbundene Lebensqualität hängt eng
mit der Möglichkeit zusammen, sich mitzuteilen. Deshalb
gehört es zu unserem Auftrag, die kommunikativen Fähigkeiten unserer Bewohnerinnen und Bewohner zu fördern
und ihnen die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen.
«Man kann nicht nicht kommunizieren.»
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Diese Aussage von Paul Watzlawick macht UK so besonders
wichtig, denn man kann durchaus unzureichend kommunizieren und somit falsch oder gar nicht verstanden werden. Dies kann zu Frustration, Rückzug oder gar aggressiven Verhaltensweisen führen. Durch UK unterstützen
wir die Bewohnerinnen und Bewohner dabei, multimodal
zu kommunizieren. Multimodal bedeutet, dass nicht aus-
schliesslich eine einzige Methode zum gegenseitigen Verstehen angewandt wird, sondern dass verschiedene Methoden miteinander kombiniert werden, um das Lernen zu
beschleunigen und um vielfältigere Ausdrucksformen zu
fördern. Früher ging man davon aus, dass UK vor allem für
nicht-sprechende Menschen hilfreich ist. Heute erleben wir,
dass alle Menschen davon profitieren. Denken Sie beispielsweise an Piktogramme, die Ihnen helfen, sich im Gewimmel
eines internationalen Flughafens zurechtzufinden.
Darüber hinaus ermöglicht die UK das Mitteilen der eigenen Befindlichkeit oder die Erleichterung von Entscheidungen. Die UK unterstützt beziehungsweise ersetzt oder
ergänzt die Verbalsprache: Gefühle können ausgedrückt
und Wünsche geäussert werden.
Wie machen wir das?
Bei der Integration von Methoden der UK überprüfen wir,
welche kommunikativen Kompetenzen unsere Bewohnerinnen und Bewohner bereits im Alltag anwenden.
Wir überlegen dann gemeinsam, ob und wie diese Fähigkeiten und Handlungsweisen mittels anderer Kommunikationsformen erweitert werden können. Wir verfolgen
also das Ziel, sowohl die Kommunikationsbedingungen
unserer Bewohnerinnen und Bewohner als auch die ihrer Gesprächspartner zu verbessern. Bei der UK verhält es
sich ähnlich wie bei einer Fremdsprache: Sie muss gelernt,
geübt und immer wieder im Alltag angewendet werden.
Der Aufbau richtet sich nach entwicklungspsychologischen
Grundlagen und den individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner. Es gibt nicht
die einzig richtige Methode, sondern viele verschiedene
Elemente, welche letztendlich die Lautsprache fördern,
ergänzen, begleiten und unterstützen.
Mitarbeitende aller Wohngruppen und der Förderstätte
treffen sich regelmässig in einer Arbeitsgruppe, um die
Weiterentwicklung der UK-Methoden im Wohnheim zu
fördern. Diese Arbeitsgruppe stellt gleichzeitig die Schnittstelle zur Regio-Arbeitsgruppe für Unterstützte Kommunikation (UK) im Kanton Basel-Landschaft dar. Deren Ziel ist
die Einführung standardisierter Methoden in allen Wohneinrichtungen und Schulen für Menschen mit Behinderung im Kanton Basel-Landschaft.
Im Wohnheim Windspiel wurde von Anfang an UK in der
Arbeit mit den Bewohnern eingesetzt. Sie wurde im Laufe
der vergangenen zwanzig Jahre immer weiterentwickelt
und standardisiert und konnte somit zu einem wesentli-
chen Bestandteil der professionellen Arbeit mit den dort
lebenden Menschen werden. Die Einsatzmöglichkeiten
der Methoden sind äusserst vielfältig und werden in den
Teams und im Arbeitskreis ständig überprüft, angepasst
und weiterentwickelt. Unsere positiven Erfahrungen mit
UK im Windspiel sprechen für sich. Es hat sich gezeigt, dass
UK unerlässlich für eine möglichst hohe Lebensqualität ist,
da diese eben nicht nur von äusseren Einflüssen, sondern
auch von individuellen Faktoren abhängt.
Kommunikationsmethoden
• Körpersprache
• Fotos
• Piktogramme
• Gesten
• Elektronische Hilfsmittel
• Gebärden
• Lautsprache
jeweils nur für wenige Sekunden im Raum. Bilder können
immer wieder angeschaut werden. Ein für manche Bewohnerinnen und Bewohner abstrakter Tagesablauf kann so in
einer fassbaren Form kommuniziert werden. Zu wissen und
zu verstehen, was am nächsten Tag geplant ist, vermittelt
natürlich ein hohes Mass an Sicherheit. Auf gleiche Weise
wird es überhaupt erst möglich, durch Bilder die eigenen
Wünsche oder Bedürfnisse auszudrücken. Beispielsweise
kann eine Bewohnerin oder ein Bewohner selbst ein Foto
vom Kino in der Spalte für Samstag aufhängen, wenn sie
oder er dies nicht als Wunsch verbal formulieren kann.
Neben den geplanten Aktivitäten ist es für viele Bewohnerinnen und Bewohner ganz besonders wichtig, wer zum
Dienst kommen wird. So haben die Mitarbeitenden und
Bewohnerinnen und Bewohner im Windspiel nicht nur
einen Namen, sondern ihnen ist auch eine ganz bestimmte Gebärde zugeordnet. Bewohnerinnen und Bewohner
mit fehlender Verbalsprache können so gezielt jemanden
benennen. Auf den Fotos für den Wochenplan sind alle
Bewohnerinnen und Bewohner und Mitarbeitenden mit
ihrer besonderen Gebärde abgebildet.
Über den Wochenplan hinaus besitzen viele Bewohnerinnen und Bewohner individuelle Kommunikationssysteme.
Beispielsweise einen eigenen Ordner mit Piktogrammen,
elektronische Sprachausgabegeräte oder einfach nur einen
Time-Timer zur Visualisierung von Zeit. ■
Der Wochenplan ist in den Wohngruppen und in der Förderstätte sozusagen die Zentrale der UK. Die grosse MagnetTafel ist horizontal zur Darstellung der Wochentage farblich
abgeteilt. Der Zeitverlauf der einzelnen Tage ist vertikal innerhalb der Felder dargestellt (siehe Abbildung 3).
Jeden Abend planen wir mit den Bewohnern gemeinsam
den nächsten Tag und hängen die Bilder mit den einzelnen
Eva Scheidt, Simon Heinrich, Ramona Heylmann und
Aktivitäten auf. Ein grosser Vorteil dieser Art von VisualiThomas Aebersold, Mitarbeitende Wohnheim Windspiel
sierung ist die höhere Verfügbarkeit der Informationen im
Vergleich zur Sprache. Eine gesprochene Information ist
1_Mit einem GoTalk können
sprachliche Aufzeichnungen
mit dem Druck auf ein Symbol
wiedergegeben werden.
2_Picture Communication Symbols
(PCS) ist ein international
verwendetes, standardisiertes
System von Symbolen aus
einfachen und klar verständlichen Linienzeichnungen.
3_Der Wochenplan
4_Gebärden nach Anita Portmann
sind abgeleitet von der internationalen Gebärdensprache.
2
1
3
4
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Zu Gast Thomas Lüthi
Über gute und weniger
gute Kommunikation
Thomas Lüthi ist als Informationsbeauftragter der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion
Kommunikationsprofi und davon überzeugt, dass das Telefon das beste Kommunikationsmittel ist.
kussionen entwickeln sich eben nur dann, wenn auch der
Gesprächspartner seinen Teil dazu beitragen kann, ernst genommen und respektiert wird. Dazu gehört auch, dass wir
uns ein Bild machen können von unserem Gegenüber.
Was ich hier unter guter Kommunikation verstehe – aufeinander eingehen, zuhören, ausreden lassen – gilt selbstverständlich nicht nur für das Gespräch in der Politik, für die
Konversation beim Apéro oder die Diskussion unter Freunden. Diese Grundsätze beleben ebenso die Kommunikation
im Geschäftsleben, den täglichen innerbetrieblichen oder
externen Austausch von Informationen.
Das direkte Gespräch – richtig geführt – ist die effizienteste
und ergiebigste Art der Kommunikation. Rede und Gegenrede im Zusammenspiel versprechen den grössten Nutzen,
denn Fragen können sofort geklärt, Missverständnisse ausgeräumt werden. Die nächstbeste Art der Kommunikation
ist zu telefonieren – oder besser gesagt: wäre zu telefonieren. Denn leider greifen viele statt zum Hörer lieber in die
Tasten und teilen sich mit einer E-Mail mit.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die E-Mail ist ein
wichtiges Kommunikationsinstrument. Sie ist ein ideales
Transportmittel für Informationen, erleichtert den Informationsverkehr, liefert immer gleich den schriftlichen Beleg und lässt sich wunderbar archivieren. Aber die E-Mail
ersetzt nie und nimmer das Gespräch. Dessen sollten wir
uns bewusst sein, wenn wir zum dritten Mal unserem EMail-Partner geantwortet haben und dieser immer noch
Fragen hat oder wenn wir nach zwei Tagen immer noch
auf eine Antwort warten.
Ich gebe es zu: Auch ich greife schnell in die Tasten, zum
Beispiel, wenn ich jemanden per Draht nicht gleich erreichen kann. Es ist mir auch schon passiert, dass ich eine EMail zu schreiben begonnen habe, um sie gleich wieder zu
löschen und zum Hörer griff. Ich habe auch schon auf eine
E-Mail verzichtet und gewartet, bis meine Ansprechperson
telefonisch zu erreichen war. Ich hatte bisher immer ein
besseres Gefühl, wenn ich telefonierte statt zu mailen. Ich
bin überzeugt: Das Telefon ist das bessere Kommunikationsmittel als die E-Mail; der Dialog per Draht ist schneller,
persönlicher und fast immer sympathischer als der mühsame Austausch per E-Mail. Wenn wir das nächste Mal
über die tägliche E-Mail-Flut jammern, sollten wir uns
des Telefons erinnern. ■
Es gibt zwei Typen von Gesprächspartnern, mit denen
ich mich nicht so gerne unterhalte. Der erste Typ spricht
immer nur von sich. Ganz egal, was ich einwende oder an
neuen Argumenten vorbringe – er geht gar nicht darauf
ein, sondern sucht immer nur Anknüpfungspunkte, um
sofort wieder von sich und seinen Erfahrungen zu reden.
Ich meide diesen Typ, wenn immer das möglich ist.
Der zweite Typ hat immer recht. Er glaubt, alles besser zu
wissen und ist sich immer ganz sicher. Er stellt nie Fragen,
sondern gibt immer nur Antworten – und er hat auf alles
eine Antwort. Die Argumente seines Gegenübers interessieren ihn nur dann, wenn sie seine Ansichten bestätigen.
Auf Gegenargumente einzugehen, ist er schlicht unfähig.
Diese beiden Typen von Gesprächspartnern erschweren
eine Kommunikation oder machen sie unmöglich. Sie gehören zu jenen, über die der amerikanische Manager Lee
Iacocca zu Recht sagt: «Zu viele Menschen machen sich
nicht klar, dass wirkliche Kommunikation eine wechselseitige Sache ist.» Für mich heisst dies, dass ein Gespräch
erst dann für beide Partner gewinnbringend ist, wenn jeder
auf die Argumente des anderen eingeht und sich mit ihnen
auseinandersetzt. Anders kann fruchtbare Kommunikation
nicht funktionieren.
Arthur Schopenhauer hatte es so formuliert: «Wer klug
ist, wird im Gespräch weniger an das denken, worüber er
spricht, als an den, mit dem er spricht». Das ist heute so
gültig wie im 19. Jahrhundert zur Zeit des deutschen Philosophen. Natürlich heisst das nicht, dass man nicht zuerst
Thomas Lüthi, Informationsbeauftragter Volkswirtschafts- und
überlegen soll, bevor man spricht. Aber interessante DisGesundheitsdirektion Basel-Landschaft
18
Personelles
1. Januar bis
31. Mai 2010
Eintritte
Januar
Brenneisen Christina
Psychologin P.G.
EPD Liestal
Bürkli Tanja
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Chiantelassa François
Mitarbeiter Küche
Logistik KPD/Küche
Iten Norbert
Psychologe P.G.
EPD Münchenstein
Jacob Nadja Isabel
Psychologin P.G.
Psychologischer
Dienst KPK
Luzi David
Psychologe P.G.
EPD Liestal
Profico Cornelia
Assistenzärztin
Ärztlicher Dienst KPK
Schaffner Jordan
Heidi
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Schmutz Beatrice
Gärtnerin Logistik
KPD/Gärtnerei
Seeholzer Thomas
Psychologe P.G.
Psychologischer
Dienst KPK
Wagner Sven
Dipl. Pflegefachmann
Pflegedienst KPK
Bader Michael
Assistenzarzt, Ärztlicher Dienst KPK
Gafner-Käch Anita
Arztsekretärin
EPD Bruderholz
von Orelli-Benz
Anne-Catherine
Assistenzärztin
KJPD Bruderholz
Scharr Werner
Assistenzarzt
KJPD Liestal
März
Berney Ivana
Mitarbeiterin Roomservice Logistik
KPD/Roomservice
Durisch Jacqueline
Aktivierungstherapeutin, Pflegedienst KPK/
Atelier/Aktivierung
Eya Chatrina
Aktivierungstherapeutin, Pflegedienst KPK/
Atelier/Aktivierung
Kocher Denise
Psychologin P.G.
KJPD Liestal
Laftsis Eleftheria
Aktivierungstherapeutin, Pflegedienst KPK/
Atelier/Aktivierung
Moser Inés
Psychologin P.G.
KJPD Liestal
Saladin Erwin
Angestellter
AUB
Weizenegger Benedict Sidler Brigitte
AktivierungstherapeuPsychologe P.G.
tin, Pflegedienst KPK/
KJPD Bruderholz
Atelier/Aktivierung
Zehndner Corinne
Thoma Claudia
Assistenzärztin
Assistenzärztin, ÄrztKJPD Bruderholz
licher Dienst KPK
Februar
Knoerr Jeanne
Mitarbeiterin Roomservice Logstik
KPD/Roomservice
Sell Madlen
Psychologin P.G.
Psychologischer
Dienst KPK
PensioNIert
Jubiläen
Rüegg Isabelle
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
SiegwartAnnette
Angestellte
AUB
April
10 Jahre
20 Jahre
35 Jahre
Boerlin Annina
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
01.01.2010
Eggenberger-Vetsch
Erica
01.01.2010
01.03.2010
Bächtold Paul
Eberle Christine
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
01.01.2010
Fuchs-Egli Ursula
01.01.2010
Meier Marianne
01.01.2010
Homp Marret
01.01.2010
Trachsel-Saier Elke
01.01.2010
Messina Daniela
16.02.2010
Schneiter Cornelia
01.03.2010
Laabidi Jasmina
01.04.2010
Bonic-Blazevic Martin
01.04.2010
Benz-Kottmann
Cornelia
01.04.2010
Kaiser-Rüttnauer
Hans-Dieter
01.04.2010
Bordin Marlene
16.04.2010
Medina-Scherrer
Claudia
Holstein Noémi
Sozialarbeiterin
Sozialdienst KPK
König Elisabeth
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Schimansky
Jenny, Psychologin
P.G. Psychologischer
Dienst KPK
Stucki Rebekka
Mitarbeiterin Direktion, Direktion KPD
Walther Rebecca
Dipl. Pflegefachfrau
EPD Bruderholz
Wicki Fabienne
Psychologin P.G.
KJPD Bruderholz
Wöhrle Almuth
Psychologin
KJPD Bruderholz
Mai
01.05.2010
Baer Niklas
01.05.2010
Fiechter-Emmenegger
Tanja
01.05.2010
Buser Tschan
Jasmine
08.05.2010
Gerschwiler Tepan
Nadine
01.05.2010
Nussbaumer-Rieder
Paul
15.05.2010
Bürgin-Schmid
Marianne
Hofmeier Mirjam
Psychologin, Psychologischer Dienst KPK
01.01.2010
Denz Dieter
Sieber Claudia
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Soldati Nora
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
Widmer Lea
Dipl. Pflegefachfrau
Pflegedienst KPK
01.01.2010
Feuerstack-Zillert
Petra
01.02.2010
Stokanovic Miroslav
01.02.2010
Zimmermann Céline
01.04.2010
Ceniviva-Serrao
Giuseppe
01.05.2010
Rizzo Franco
01.05.2010
Tomaschewski
Bettina
15.03.2010
Tomovski Verica
01.05.2010
Dubach Regina
01.05.2010
Schaub Renatus
01.05.2010
Wernli-Buser
Heinz
28.02.2010
Corpateaux Pius
31.03.2010
Niederhauser
Peter
30.04.2010
Schmidlin-Perler
Marie-Therese
31.05.2010
Krieg-Herzog Esther
16.05.2010
Diehl Ruth
15 Jahre
Saladin Rebecca
Psychologin P.G.
Psychologischer
Dienst KPK
01.05.2010
Bender-Lorenz
Christian
01.05.2010
Oppliger Willy
Handschin Gerold
Informatiker, Finanzen
& Informatik KPD
Hollenstein Susanne
Psychologin P.G.
KJPD Liestal
Joly-Garron
Marie-Claire
28.02.2010
Gubser-Steinböck
Anna
02.05.2010
Oelhafen Schreiber
Claire
30 Jahre
01.01.2010
Zuckschwert Vera
31.05.2010
Stäubli-Keller Luzia
31.05.2010
Zeller Alfred
01.05.2010
Schmied Margrit
02.05.2010
Gersbach Helen
Wild Ursula
Sozialarbeiterin
Sozialdienst KPK
Demir Kazim
Angestellter, AUB
EigenheerBenchawan
Angestellte, AUB
19
kreuz & quer
Einer der vielen Arbeitsräume in der Förderstätte
des Wohnheims Windspiel, wo ein natürliches
Material bearbeitet werden kann.
Aufgrund der neuen therapeutischen Strukturen
in der KPK sieht der Pflegedienstleiter für die Pflege
einen zusätzlichen Bedarf an …
So wird die Fallgeschichte eines Patienten/einer
Patientin in der Psychiatrie genannt.
Bezeichnung für die systematische Überprüfung
und Bewertung von Institutionen nach vorgegebenen
Normen zwecks Zertifizierung.
Hierhin gehen Bewohnerinnen und Bewohner des
Wohnheims Windspiel um zu arbeiten.
Ärztin oder Angehörige eines medizinischen
Heilberufs, die Behandlungen durchführt.
Was feiert das Wohnheim Windspiel heuer zum 20. Mal?
Die häufigste psychische Erkrankung im höheren Lebensalter.
Bevorzugtes Kommunikationsmittel unseres Gastes.
a Die Lösung finden Sie auf dem
KPD-Intranet und unter www.kpd.ch.
Impressum
Herausgeber
Direktion Kantonale
Psychiatrische Dienste Baselland
Redaktion
Dominique Ehrsam
Redaktionelle Bearbeitung
A
P.P.
4410 Liestal
Heinz Heer, Basel
Gestaltung
vista point, Basel
Druck
Lüdin AG, Liestal
diagonal erscheint 3-mal jährlich
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Kantonalen Psychiatrischen Dienste sind
eingeladen, Themenvorschläge, Artikel
oder Berichte einzureichen. Wenden Sie sich
dazu an die Redaktionsleitung oder an
eine der folgenden Kontaktpersonen aus
Ihrem Bereich:
Elke Anschütz, Ärztlicher Dienst KPK
Renata Balmer, Alterspsychiatrie Bereich III KPK
Susanne Bielser, Logistik
Madlen Blösch, PDA und KJPD
Regine Meyer, Personal
Stefan Lohner, Betriebskommission
Lenka Svejda, EPD
Cecile Weiz, Wohnheime
Diana Wieland, Pflegedienst KPK
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