Vorkurs Mathematik 2016 1. Brüche und Polynome Natürliche Zahlen Der grundlegende Zahlenbereich ist die Menge der natürlichen Zahlen N = {1, 2, 3, ...}. In vielen Fällen ist es sinnvoll die Zahl 0 mit einzubeziehen: N0 = N [ {0} = {0, 1, 2, ...}. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 1 1. Brüche und Polynome Ganze Zahlen Die Menge der ganzen Zahlen ist Z = {..., °2, °1, 0, 1, 2, 3, ...}. Die natürlichen Zahlen sind eine echte Teilmenge der ganzen Zahlen. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 2 1. Brüche und Polynome Rationale Zahlen Brüche aus ganzen und natürlichen Zahlen (ungleich Null) bilden die rationalen Zahlen nm o Q= : m 2 Z, n 2 N . n Rationale Zahlen lassen sich als endliche Dezimalzahlen oder unendliche periodische Dezimalzahlen darstellen. Beispiele: 1 633 1 = 0.5; = 25.32; = 0.3333... = 0.3; 2 25 3 14 73 = 0.3181818... = 0.318; = 4.05. 44 18 TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 3 1. Brüche und Polynome Was versteht man unter Erweitern und Kürzen von Brüchen? Wird der Wert eines Bruches dabei geändert oder beibehalten? Abb. 1: Addition von Brüchen Abb. 2: Hauptnenner bilden Wiederholen Sie an selbstgewählten Beispielen, wie man Brüche addiert, subtrahiert, multipliziert, dividiert. Formulieren Sie jeweils eine entsprechende Gesetzmäßigkeit mit Hilfe von Variablen. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 4 1. Brüche und Polynome Irrationale Zahlen Irrationale Zahlen sind nicht periodische, unendliche Dezimalzahlen. p 2 ist eine irrationale Zahl. Beispiele: p 2 = 1.14142...; º = 3.14159...; e = 2.71828... Reelle Zahlen Die Menge der rationalen Zahlen Q und die Menge aller irrationalen Zahlen bilden die Menge der reellen Zahlen R. Bei allen bisherigen Beispielen handelt es sich also um reelle Zahlen. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 5 1. Brüche und Polynome Zur Visualisierung reeller Zahlen benutzt man oft den Zahlenstrahl. p p Markieren Sie auf diesem die Zahlen °2, °0.5,0, 23 , 32 , 2, 3 und º. p Ein Beweis der Irrationalität von 2 findet sich bereits in Euklids Elementen aus dem 3. oder 4. Jh. v. Chr. – bis zur 2. Hälfte des 19. Jh. das nach der Bibel weitverbreitetste Buch der Weltliteratur. Erarbeiten Sie sich Euklids Beweisidee anhand geeigneter Quellen. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 6 1. Brüche und Polynome Einer der einfachsten Gleichungstypen ist die lineare Gleichung ax = b Dabei sind a,b 2 R gegeben und x 2 R gesucht. Im Fall a 6= 0 ist die eindeutige Lösung gegeben durch x= b . a Wie verhält es sich mit der Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen im Fall a = 0? Finden Sie Argumente, weshalb die Division durch Null nicht sinnvoll definiert werden kann. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 7 1. Brüche und Polynome Erste binomische Formel (a + b)2 = a2 + 2ab + b2 Statt eines Beweises verdeutlichen wir die Aussage geometrisch: TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 8 1. Brüche und Polynome Zweite binomische Formel (a ° b)2 = a2 ° 2ab + b2 (a ° b)2 + b2 + 2(ab ° b2 ) = a2 () (a ° b)2 + 2ab ° b 2 = a2 () (a ° b)2 = a2 ° 2ab + b 2 TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 9 1. Brüche und Polynome Dritte binomische Formel (a + b)(a ° b) = a2 ° b2 Versuchen Sie sich nun an einem Beweis, d. h. multiplizieren Sie aus. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 10 1. Brüche und Polynome Die quadratische Gleichung ist eine Gleichung der Form ax 2 + bx + c = 0, mit a, b, c 2 R, a 6= 0. Dividiert man beide Seiten durch a erhält man die Normalform x 2 + px + q = 0, wobei p = ba und q = ac zu setzen sind. Assoziiert mit diesen Gleichungen ist die quadratische Funktion f (x) = ax 2 + bx + c, a, b, c 2 R, a 6= 0, deren Nullstellen (Argumente x0 mit f (x0 ) = 0) genau die Lösungen der erstgenannten quadratischen Gleichung sind. Der Graph einer quadratischen Funktion heißt Parabel. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 11 1. Brüche und Polynome Satz 1 (p–q–Formel, Mitternachtsformel). p2 Im Falle D := 4 ° q ∏ 0 hat die Gleichung x 2 + px + q = 0 die reellen Lösungen p x1/2 = ° ± 2 s p2 ° q. 4 Für D < 0 gibt es hingegen keine reelle Lösung. Lösen Sie die quadratischen Gleichungen x 2 + 4x ° 5 = 0 und x 2 ° 2x + 1 = 0. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 12 1. Brüche und Polynome Gleichungen, die sich auf quadratische zurückführen lassen Hierbei ist vor allem an folgendes zu denken: Ausklammern von x bzw. einer Potenz x m , Substitutionen der Form t = x m (z. B. t = x 2 bei der biquadratischen Gleichung), Mischformen aus vorgenannten Methoden. Machen Sie sich die Vorgehensweisen folgender Beispiele klar: x 5 ° 2x 4 ° 2x 3 = 0, x 4 + 4x 2 ° 5 = 0, x 7 + 4x 5 ° 5x 3 = 0. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 13 1. Brüche und Polynome Scheitelpunktdarstellung von Parabeln Durch simples Ausmultiplizieren bestätigt man: Satz 2. Eine Parabel y = ax 2 + bx + c (a 6= 0) kann äquivalent in der Scheitelpunktform y = a(x ° xS )2 + yS 2 b b mit xS = ° 2a und yS = c ° 4a dargestellt werden. Der Punkt (xS ,yS ) heißt Scheitelpunkt der Parabel. Die Parabel ist für a > 0 nach oben und für a < 0 nach unten geöffnet. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 14 1. Brüche und Polynome Beispiel 1 f (x) = (x ° 1)2 ° 4 = x 2 ° 2x + 1 ° 4 = x 2 ° 2x ° 3 TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 15 1. Brüche und Polynome Beispiel 2 f (x) = °(x ° 1)2 + 4 = °x 2 + 2x ° 1 + 4 = °x 2 + 2x + 3 TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 16 1. Brüche und Polynome Exkurs: Kegelschnitte Bei der Parabel handelt es sich um einen Kegelschnitt. Weitere Kegelschnitte sind die Ellipse (Spezialfall: Kreis) und die Hyperbel. Bild: Duk/OgreBot (Wikimedia Commons) TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 17 1. Brüche und Polynome Auf der Ellipse ist die Summe der Abstände zu zwei gegebenen Brennpunkten F1 und F2 gleich einer gegebenen Konstante. Bild: Ag2gaeh (Wikimedia Commons) Stimmen die Brennpunkte überein, ergibt sich der Kreis als Spezialfall. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 18 1. Brüche und Polynome Auf der Hyperbel ist die Differenz der Abstände zu zwei gegebenen Brennpunkten gleich einer gegebenen Konstante. Bild: Ag2gaeh (Wikimedia Commons) Wo finden sich Kegelschnitte in Natur und Umwelt wieder? TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 19 1. Brüche und Polynome Die Gleichung des Kreises mit Radius r und Mittelpunkt (xM ,yM ) lautet (x ° xM )2 + (y ° yM )2 = r 2 . Liegt der Mittelpunkt im Ursprung ((xM ,yM ) = (0,0)), ergibt sich speziell x 2 + y 2 = r 2. Die Gleichungen von Ellipse und Hyperbel mit Mittelpunkt im Ursprung, Koordinatenachsen als Hauptachsen und Halbachsen a und b lauten x2 y2 + = 1 und 2 2 a b x2 y2 ° = 1. 2 2 a b Wählt man als Mittelpunkt (xM ,yM ), so sind x und y wieder durch x ° xM bzw. y ° yM zu ersetzen. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 20 1. Brüche und Polynome Grad n p(x) = an xn + an 1x n 1 + . . . + a1 x + a0 führender Koeffizient Absolutglied an , an°1 , ..., a1 , a0 ... Koeffizienten an = 1 ... normiertes Polynom Motivierende Frage: Kann z. B. man die Nullstellen von p(x) = x 3 ° 5x 2 + 5x ° 1 analytisch bestimmen? TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 21 1. Brüche und Polynome Exkurs: Der Satz von Vieta Sind x1 ,x2 die Lösungen der quadratischen Gleichung x 2 + px + q = 0, d. h. die Nullstellen des Polynoms p(x) = x 2 + px + q, so lässt sich das Polynom auch in der Form p(x) = (x ° x1 )(x ° x2 ) schreiben. Durch Ausmultiplizieren und Vergleichen ergibt sich Satz 3 (von Vieta). Für die Lösungen x1 und x2 der quadratischen Gleichung x 2 + px + q = 0 gilt p = °(x1 + x2 ) und q = x1 · x2 . TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 22 1. Brüche und Polynome Satz 4 (Polynomdivision). Sind f (x) und g(x) Polynome mit g(x) 6= 0, dann gibt es eindeutig bestimmte Polynome q(x) und r (x) mit f (x) = g(x)q(x) + r (x) bzw. f (x) r (x) = q(x) + . g(x) g(x) Entweder ist r (x) = 0, d.h. f (x) ist durch g(x) (ohne Rest) teilbar, oder der Grad von r (x) ist kleiner als der Grad von g(x). Satz 5 (Abspaltung von Linearfaktoren). x ° x0 ist Linearfaktor des Polynoms p(x) genau dann, wenn x0 Nullstelle des Polynoms ist. p(x) ist also in diesem Fall ohne Rest durch x ° x0 teilbar. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 23 Vorkurs Mathematik Doch wie gelangt man an Nullstellen von Polynomen höherer Ordnung? Mitunter hat man bei ganzzahligen Koeffizienten Glück: Satz 1. Besitzt das normierte Polynom p(x) ganzzahlige Koeffizienten, so ist jede ganzzahlige Nullstelle Teiler des Absolutglieds. Beispiel: Das Absolutglied des Polynoms p(x) = x 3 ° 12x 2 + 47x ° 60 ist °60. Als ganzzahlige Nullstellen kommen somit ±1, ±2, ±3, ±4, ±5, ±6, ±10, ±12, ±15, ±20, ±30 und ±60 in Frage. Durch systematisches Probieren erhalten wir x1 = 3 als Nullstelle, denn 33 ° 12 · 32 + 47 · 3 ° 60 = 27 ° 108 + 141 ° 60 = 0. Wir wissen jetzt also, dass p(x) ohne Rest durch x ° 3 teilbar ist. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 2 1. Brüche und Polynome Die quadratische Gleichung x 2 ° 9x + 20 = 0 besitzt die Lösungen x2/3 = ° °9 2 ± s (°9)2 9 ° 20 = ± 4 2 s 81 80 9 1 ° = ± , 4 4 2 2 d. h. die restlichen beiden Nullstellen sind x2 = 4 und x2 = 5. Das Polynom p(x) lässt sich faktorisieren gemäß p(x) = (x ° 3)(x ° 4)(x ° 5). Ermitteln Sie auf diese Weise die Lösungen der kubischen Gleichung x 3 ° 5x 2 + 5x ° 1 = 0. TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 25 1. Brüche und Polynome WO STECKT DER FEHLER? 9 9 2+2 = 4° + = 2 2 = = s s µ ∂ 9 2 9 4° + 2 2 µ ∂2 9 9 16 ° 2 · 4 · + 2 2 s µ ∂2 s 9 °20 + 2 9 + = 2 s µ ∂2 9 9 = 52 ° 2 · 5 · + 2 2 9 9 = 5° + = 5 2 2 9 + = 2 s 9 16 ° 36 + 2 25 ° 45 + 9 + = 2 µ ∂2 s µ µ ∂2 9 2 + 9 + 2 9 2 ∂ 9 2 9 5° + 2 2 Folglich ist 4 = 5 . TU Bergakademie Freiberg | Fakultät 1 | S. Bernstein, M. Helm, S. Dempe et al | Vorkurs Mathematik | 2016 26