Aktuelle Anlagethemen Juli 2017 Die Cash-Extraction-Strategie Mit Optionen Kursgewinne sichern und mögliche Kurschancen erhalten Aktienmärkte auf All-Time-High?! Ein freundliches Börsenumfeld ließ die Kurse vieler Aktien und Aktienindizes auf historische Höchststände klettern. Dem Anleger stellt sich nun die Frage: Steigen die Märkte weiter und soll er Gewinne laufen lassen? Oder wäre es besser, zu verkaufen und den Kurserfolg zu sichern? Eine Lösung für dieses Problem kann folgende Terminmarktstrategie sein: Die Cash-Extraction – die Substitution einer Aktienposition durch Call-­Optionen. Optionen – Funktionsweise und Einflussfaktoren Liegen bei einem Börsengeschäft der Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftes und der Zeitpunkt der Lieferung des gehandelten Wertes auseinander, spricht man von einem Termingeschäft. Grundlage vieler Terminstrategien bilden Optionen. Der Käufer der Option erwirbt das Recht zum Handel eines Basiswertes mit dem Verkäufer der Option. Unterschieden werden Kaufoptionen (Calls) und Verkaufsoptionen (Puts). Beide werden mit standardisierten Rahmenbedingungen (Laufzeit, Basispreis, Bezugsverhältnis etc.) an eigens geschaffenen Terminbörsen gehandelt und unterliegen hier den gleichen Regularien und der gleichen behördlichen Aufsicht wie Produkte an Wertpapierbörsen. Die Basis der Cash-Extraction-Strategie sind Kaufoptionen (Calls). Wie funktioniert eine Call-Option? Der Käufer einer Call-Option sichert sich das Recht, den Basiswert – etwa eine Aktie - innerhalb einer festgelegten Frist zu einem vorher fixierten Basispreis zu kaufen. Der Verkäufer der Call-Option hingegen übernimmt die Verpflichtung, im Falle der Ausübung dieses Optionsrechts jene Aktie an den Käufer Optionen sind sogenannte Derivate. Das bedeutet, es sind Finanzprodukte, die sich auf ein weiteres Anlageinstrument (Basiswert) beziehen. Dies kann eine Aktie sein, aber auch Optionen auf Aktienindizes, Rohstoffe, Währungen und viele weitere Börseninstrumente sind verfügbar. zu den vereinbarten Konditionen zu liefern. Der Käufer zahlt dem Verkäufer hierfür einen Kaufpreis, auch Optionspreis oder Optionsprämie genannt. Was bestimmt den Preis einer Call-Option? Der Preis jeder Option setzt sich zusammen aus zwei Bestandteilen: Dem inneren Wert und dem Zeitwert. Bestimmt werden beide Werte zum einen aus dem Basispreis und der Laufzeit der Option. Zum anderen haben auch die implizite Volatilität und eine etwaige Dividendenzahlung des Basiswertes Einfluss auf den Preis einer Option. Entscheidend für den inneren Wert einer Option ist der gewählte Basispreis, zu dem gegebenenfalls der Basiswert den Besitzer wechselt. Er errechnet sich aus dem Abstand zwischen dem aktuellen Kurs des Basiswertes und dem (bei Call-Optionen) niedrigeren Basispreis. Je niedriger der Basispreis, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Käufer aus seinem Optionsrecht nutzen zieht und desto höher ist der zuvor zu zahlende Optionspreis. Maß für die erwartete Schwankungsanfälligkeit eines Börsenkurses für einen bestimmten Zeitraum in der Zukunft. Ein bestimmender Faktor für den Zeitwert einer Option ist deren Laufzeit. Eine längere Laufzeit bedeutet stets einen höheren Zeitwert, folglich einen höheren Optionspreis, da der Käufer der Option über einen längeren Zeitraum das Recht zur Ausübung hat. Eine zweite wesentliche Einflussgröße auf den Zeitwert und damit auf den Optionspreis insgesamt ist die implizite Volatilität. Erwartet die Mehrheit der Marktteilnehmer innerhalb der Laufzeit der Option eher stärkere Kursschwankungen im Basiswert – die implizite Volatilität ist also höher –, steigt wiederum die Wahrscheinlichkeit für den Käufer, aus seinem Ausübungsrecht einen Vorteil zu erzielen und im Gleichklang steigt der Preis der Option. Nachstehende Tabelle veranschaulicht beispielhaft den Einfluss der unterschiedlichen Parameter auf den Preis einer Call-Option anhand theoretischer Preise (ohne Berücksichtigung von Steuern oder Transaktionskosten). Tatsächliche Börsenpreise können hiervon abweichen. Als Basiswert dient eine Aktie mit einem angenommenen Kurs von 100 €. Laufzeit Impl. Vol Basis 85 Basis 95 Basis 105 3 Monat 20 15,20 € 6,80 € 1,95 € 30 16,05 € 8,60 € 3,95 € 40 17,30 € 10,65 € 6,10 € 20 15,80 € 8,30 € 3,60 € 30 17,65 € 11,15 € 6,60 € 40 19,45 € 14,00 € 9,60 € 6 Monate Längere Laufzeit, niedrigerer Basispreis, höhere implizite Volatilität g höherer Optionspreis Für eine Call-Option mit Basis 95 €, 3 Monaten Laufzeit und einer impliziten Volatilität von 20 errechnet sich demnach ein theoretischer Preis von 6,80 € je Aktie. Aktuelle Anlagethemen – Take profit, keep upside! 2 Zu beachten ist: Der Zeitwert einer Option baut sich zum Laufzeitende vollständig ab und der Preis der Option entspricht dann ausschließlich ihrem inneren Wert. Dieser Zeitwertverfall bedeutet gegenüber dem Verbleib in der Aktienposition ein zusätzliches Verlustrisiko bzw. die Minderung eines eventuellen Kursgewinnes. Notiert der Basiswert am Laufzeitende am oder unterhalb des Basispreises, ist der innere Wert 0 und die Call-Option verfällt wertlos. Im Beispiel: Aktienkurs 100 € Minus Basispreis 95 € = 5 € innerer Wert. Optionspreis 6,80 € Minus innerer Wert 5 € = 1,80 € Zeitwert. Eine Besonderheit für die Bestimmung des Optionspreises ergibt sich – neben den bisher dargestellten Faktoren - aus einer etwaigen Dividendenzahlung. Der Käufer der Call-Option erwirbt zwar einen Anspruch zum Bezug der Aktie, jedoch nicht zum Erhalt der Dividende. Nach deren Zahlung ermäßigt sich der Aktienkurs um die Höhe der Dividende. Dies spiegelt sich wider in einem niedrigeren Optionspreis für jene Call-Optionen, innerhalb deren Laufzeit ein solcher Dividendenabschlag stattfindet. Weitere Einflussfaktoren auf den Preis einer Option sind der aktuelle Marktzins und die Optionsart (amerikanisch oder europäisch), die den möglichen Zeitpunkt einer Ausübung festlegt. Beide bewirken allerdings nur marginale Veränderung im Optionspreis und können daher weitestgehend vernachlässigt werden. Cash-Extraction – das Prinzip Die Strategie richtet sich an Anleger, die über eine Gewinnrealisierung aus dem Verkauf ihrer Aktienpositionen nachdenken. Der Verkauf sichert den erreichten Kurserfolg, bedeutet auf der anderen Seite aber auch, auf eventuelle Gewinne aus weiter steigenden Kursen zu verzichten. Eine Cash-Extraction vereint beide Aspekte. Amerikanisch = Die Option kann über die ganze Laufzeit hinweg ausgeübt werden. Europäisch = Die Option kann nur am Laufzeitende ausgeübt werden. Nach wie vor reduziert dabei der Anleger sein Risiko, in dem er Aktien verkauft. Gleichzeitig erwirbt er, finanziert aus dem erlösten Gewinn, Call-Optionen auf das jeweilige Papier und behält somit die Chance, an weiter steigenden Kursen teilzuhaben. Nachstehendes Beispiel verdeutlicht das Prinzip. Zu beachten ist: Etwaige Transaktionskosten oder die steuerliche Situation des Anlegers werden nicht berücksichtigt. Beides führt dazu, dass das tatsächliche Ergebnis für jeden Anleger von den dargestellten Werten abweichen kann und vor einer Umsetzung der Termin-Strategie individuell zu prüfen ist. Ein Anleger hält 1.000 Aktien aus obigem Berechnungsbeispiel mit Einstandskurs 80 € und verkauft die Position zum aktuellen Börsenkurs von 100 €. Er realisiert 20.000 € Gewinn und einen Verkaufserlös von 100.000 €. Gleichzeitig erwirbt er eine Call-Option auf den verkauften Wert mit den oben erläuterten Konditionen zu 6,80 € je Aktie. Aufwand hierfür 6.800 €. Es verbleiben 13.200 € Gewinn bzw. 93.200 € freie Liquidität. Aktuelle Anlagethemen – Take profit, keep upside! 3 Steigt der Aktienkurs weiter, kann der Anleger am Laufzeitende der Option die Aktie zum vereinbarten Kurs von 95 € beziehen. Verkauft er anschließend die Aktie zum aktuellen Börsenwert, erlöst er aus der Differenz einen Überschuss, dessen Höhe - in Abhängigkeit des zuvor gezahlten Optionspreises - dem Ergebnis entspricht aus dem Verkauf der ursprünglichen Aktienposition zum aktuellen Börsenwert. Fällt die Aktie und notiert am oder unterhalb des Basispreises von 95 €, verfällt die Call-Option wertlos. Der Anleger erleidet bezogen auf die Option einen Totalverlust, jedoch immer begrenzt auf den gezahlten Kaufpreis von 6.800 €. Tatsächlich kann der Anleger, statt die Aktie zu beziehen, auch die Option zum Marktpreis verkaufen. Die Differenz aus Verkaufserlös und ursprünglichem Kaufpreis entspricht in gleichem Umfang dem Ergebnis aus dem beschriebenem Bezug der Aktie. Nachstehende Tabelle stellt das wirtschaftliche Ergebnis der beiden Vorgehensweisen – Aktiengewinnposition halten vs. Substitution via Cash-Extraction – gegenüber: Aktienkurs Wert der Aktienposition Ergebnis ohne Cash-Extraction Wert der Option bei Fälligkeit Ergebnis mit CashExtraction 120 120.000 € 20.000 € 25.000 € 18.200 € 115 115.000 € 15.000 € 20.000 € 13.200 € 110 110.000 € 10.000 € 15.000 € 8.200 € 105 105.000 € 5.000 € 10.000 € 3.200 € 100 100.000 € 0 5.000 € -1.800 € 95 95.000 € -5.000 € 0 -6.800 € 90 90.000 € -10.000 € 0 -6.800 € 85 85.000 € -15.000 € 0 -6.800 € 80 80.000 € -20.000 € 0 -6.800 € 75 75.000 € -25.000 € 0 -6.800 € 70 70.000 € -30.000 € 0 -6.800 € Behält der Anleger seine Aktie und steigt diese auf einen Kurs von 115 €, erzielt er gegenüber einem möglichen Verkauf zu 100 € einen weiteren ­Gewinn von 15.000 €. Im Rahmen der Cash-Extraction verkauft der Anleger die Aktie zu 100 € und investiert einen Teil des realisierten Gewinns in die Call-Option. Steigt nun die Aktie auf 115 €, erhält er bei Fälligkeit der Option einen Erlös von 20.000 € (die Differenz zwischen Aktienkurs 115 € und Basispreis 95 €). Abzüglich des zuvor gezahlten Kaufpreises der Option von 6.800 € verbleibt ein Überschuss von 13.200 €. Der geringere Erlös der Cash-Extraction resultiert aus dem verfallenen Zeitwert der Option von 1.800 €. Aktuelle Anlagethemen – Take profit, keep upside! 4 Fällt die Aktie auf 80 € zurück, ergibt sich in der Aktienposition gegenüber einem möglichen Verkauf zu 100 € ein Verlust von 20.000 €. Im Rahmen der Cash-Extraction ist der Verlust des Anlegers begrenzt auf den gezahlten Optionspreis von 6.800 €. Nachstehende Grafik veranschaulicht das Ergebnis der beiden unterschiedlichen Vorgehensweisen in Abhängigkeit vom Aktienkurs: Gewinn / Verlust in T € 30 20 10 0 70 75 80 85 90 95 100 105 110 115 120 -10 -20 -30 -40 Aktienposition Call-Option Aktienkurs Was sind die Vorteile, wo liegen die Risiken? Ziel der Cash-Extraction ist die Realisierung eines Kursgewinnes, die Schaffung freier Liquidität aus dem in der Aktienposition gebundenen Kapital und der Erhalt der Partizipationsmöglichkeit an einem möglichen weiteren Kursanstieg. Die erworbene Call-Option unterliegt weiterhin einem Kursrisiko. Notiert am Laufzeitende der Aktienkurs unterhalb des Basispreises, verfällt die Option wertlos und es entsteht ein Totalverlust in Höhe des gezahlten Optionspreises. Obwohl nach einer Cash-Extraction weniger Kapital in Aktien gebunden ist, bleibt der rechnerische Aktienanteil auf das Portfolio gesehen gleich. Der Anleger verliert jedoch den Anspruch auf eine etwaige Dividende und das Stimmrecht auf der Hauptversammlung. Je nach Ausstattung der Option entsteht ein zusätzliches Risiko aus dem Zeitwertverfall oder einer Änderung der impliziten Volatilität. Beides verändert die Partizipation an der Kursentwicklung der Aktie und kann einen zukünftigen Kursgewinn negativ beeinflussen. Die aus dem Aktienverkauf freigesetzte Liquidität eröffnet dem Anleger einen breiteren Entscheidungsspielraum für zusätzliche Anlagemöglichkeiten. Zu beachten sind jedoch die mit einer Cash-Extraction verbundenen zusätzlichen Transaktionskosten. Diese entstehen einmal aus der Umschichtung der Aktienposition in die Option, der Ausübung der Option am Laufzeitende­ Aktuelle Anlagethemen – Take profit, keep upside! 5 (oder ­deren Verkauf) und eventuell ein weiteres Mal beim Erwerb einer ­Folgeposition, sofern der Anleger über die Laufzeit der ursprünglichen Option hinaus investiert bleiben möchte. Ebenfalls sind die steuerlichen Konsequenzen zu prüfen, da das wirtschaftliche Ergebnis aus der Optionsposition zwar der Abgeltungssteuer unterliegt, Gewinne hieraus jedoch nicht mit Verlusten aus Aktien verrechenbar sind (im Unterschied zu Aktiengewinnen). Fazit: Die Cash-Extraction ist eine Terminstrategie, die Aktienanlegern helfen kann, im Rahmen ihrer individuellen Anlageziele Kurserfolge zu sichern und gleichzeitig die Chance auf weitere Gewinne zu erhalten. Die vielfältigen Einflussfaktoren auf die Preisfindung von Optionen und deren begrenzte Laufzeit setzen jedoch eine sorgfältige Prüfung voraus, genauso wie die Berücksichtigung etwaiger Transaktionskosten hinsichtlich der möglichen Vorteile und des wirtschaftlichen Ergebnisses. Aktuelle Anlagethemen – Take profit, keep upside! 6 DISCLAIMER Unsere Darstellungen basieren auf öffentlichen Informationen, die wir als zuverlässig erachten, für die wir aber keine Gewähr übernehmen, genauso wie wir für Vollständigkeit und Genauigkeit nicht garantieren können. Wir behalten uns vor, unsere hier geäußerte Meinung jederzeit und ohne Vorankündigung zu ändern. 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