Soziale Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung

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ZSR 55 (2009), Heft 4, S. 389-407
© Lucius & Lucius, Stuttgart
Ullrich Bauer
Soziale Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung
Internationale Forschungsbefunde und theoretische Zugänge
Sozial-epidemiologische Forschungslinien lassen kaum Aussagen zur Problematik sozial bedingter
Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung zu. Dabei scheint die recht traditionelle Auffassung, nach der die in den Nachkriegsjahrzehnten verstärkten sozialstaatlichen Abfederungssysteme
einem Durchschlagen von sozialen Ungleichheiten auf Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung vorzubeugen im Stande sind, mehr und mehr überholt. Der vorliegende Beitrag problematisiert die Existenz und Ausprägung von Versorgungsungleichheiten. Im Mittelpunkt steht der
Überblick zu empirisch-deskriptiven Erkenntnissen einer inzwischen sehr umfangreichen internationalen Diskussion. Der Rekurs auf konzeptionelle Überlegungen zielt auf die nun immer dringender
werdende Aufgabe der Erklärung von Versorgungsungleichheiten.
Einleitung
International wird seit einigen Jahren darauf hingewiesen, dass die Ausrichtung auf
besondere Problemgruppen im Gesundheitswesen in nicht ausreichendem Maß erfolgt (IOM 2002; Reisig et al. 2007). Danach tendiert das Verhältnis zwischen dem
Bedarf nach guter gesundheitlicher Versorgung, das in den Gruppen mit der höchsten Krankheitslast (die nach dem sozialen Gradienten gesundheitlicher Ungleichheit
zugleich die ressourcenschwächsten Gruppen sind) besonders hoch ist, und einem
entsprechenden Angebot guter gesundheitlicher Versorgung zu einer Schieflage.
Tudor Hart hatte diese grundlegende Schwierigkeit bedarfsangemessener Versorgung
als „inverse care law“ bezeichnet („The availability of good medical care tends to vary
inversely with the need for it in the population served”, Hart 1971: 405). Überraschenderweise ist diese starke These auch international seither kaum konzentriert
weiter verfolgt worden. Die Vermutung indes, dass mit der Problematik Versorgungsungleichheit nicht nur eine typisch US-amerikanische Themenstellung berührt ist,
findet heute immer mehr Unterstützung. Der zu allgemeine Verdacht also, nach dem
lediglich solche Versorgungssysteme für das Durchschlagen sozialer Ungleichheiten
anfällig sind, die wie das US-amerikanische private Formen der Absicherung und das
Konzept der Eigenverantwortung stärken, lässt sich nicht bestätigen. Zum einen
weisen jene wohlfahrtsstaatlichen Konzeptionen, die lange Zeit etatistisch-egalitär
ausgerichtet waren, deutlich akzentuierte liberalistische Anteile auf; mit Rekurs auf
die Unterscheidung sozialstaatlicher Paradigmen ist dies als ein mehr oder weniger
schleichender Übergang vom konservativen zum wirtschaftsliberalen Modell zu bezeichnen, der aber auf seine weiteren, ungleichheitsrelevanten Implikationen bisher
jedoch kaum untersucht wird. Zum anderen wird heute offenkundig, dass auch weni-
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ger privatisierte Systeme die Problematik der Versorgungsungleichheit immer mehr
wahrnehmen (Dixon/Le Grand 2006).
Der vorliegende Beitrag setzt hier an. Er problematisiert, wie heute die Frage sozial bedingter Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung im nationalen und
internationalen Forschungskontext diskutiert wird. Dafür wird einleitend (1.) ein definitorischer Zugang vorgestellt, der den Gegenstand Versorgungsungleichheit eingrenzt.
Der anschließende – sehr kursorische – Versuch, ein Raster für die Analyse von Versorgungsungleichheiten zu entwickeln, rekurriert (2.) auf die Bedeutung von strukturellen Zugangsbarrieren in der Versorgung, im Anschluss (3.) auf ungleiche Formen des
Nutzungsverhaltens sowie schließlich (4.) auf Formen individueller Nutzungsbarrieren.
Ein nachfolgender Abschnitt verweist auf die Bedeutung einer ätiologischen Perspektive (5.). Diese muss deshalb besonders exponiert werden, weil in der Forschung zu
sozial bedingten Ungleichheiten – der eng verwandten Forschungslinie – gerade dieser
erklärende Zugriff immer noch unterrepräsentiert ist. Zusammenfassend (6.) wird dann
versucht, die Ausprägung und Entwicklung von Versorgungsungleichheiten im internationalen Vergleich zu resümieren und damit skizzenhaft die Forschungsfeldexploration
abzuschließen.
1.
Die definitorische Ebene der Diskussion über Versorgungsungleichheiten
Das US-amerikanische Institute of Medicine (IOM) hat einen der bisher wenigen
zusammenfassenden Versuche unternommen, Ungleichheiten in der gesundheitlichen
Versorgung definitorisch zu fassen. Das IOM definiert „health service disparity between population groups to be the difference in treatment or access not justified by
the differences in health status or preferences of the groups” (McGuire et al. 2006:
1979). Diese Definition weist neben vielen Vorteilen sehr sensibel darauf hin, dass als
„health service disparity“ nur solche Ungleichheiten in der Versorgung in den Blick
genommen werden sollten, die nicht durch spezifische krankheitsbedingte Erfordernisse oder durch spezielle Präferenzen der NutzerInnen bedingt sind.1 Mit diesem
Zugang zur Frage der Versorgungsungleichheiten ist aus einer analytischen Perspektive zunächst viel gewonnen. Damit findet ein zentrales Merkmal des genuin ungleichheitstheoretischen Vorgehens Bestätigung, nach dem Differenzen zwischen
Menschen, ihrem Erscheinungsbild und Handeln sowie zwischen unterschiedlichen
Lebenswirklichkeiten und den zur Verfügung stehenden Lebenschancen dann als
sozial ungleich beschrieben werden, wenn sie auf manifesten Strukturen der ungleichen
Ressourcenverfügbarkeit beruhen. In der deutschsprachigen Diskussion wird dies als
1
Dass in der US-amerikanischen Diskussion der Disparity-Begriff dem in der übrigen englischsprachigen Diskussion viel gebräuchlichen Inequality-Begriff vorgezogen wird, kommt
in der Definition des IOM ebenfalls zum Ausdruck. Dies muss als ein systematischer Unterschied der Diskussionskulturen akzeptiert werden. Die Differenz zwischen Disparität
und Ungleichheit ist auch in der deutschsprachigen Debatte vorhanden. Der DisparitätsBegriff wird hier aber zumeist als unscharf empfunden und ist darum eher ungebräuchlich.
In der Ungleichheitsforschung spielt er deswegen kaum eine Rolle. Für die vorgestellte
Definition aber, an die hier zunächst angeschlossen werden kann, hat diese begriffliche
Schwäche offenbar kaum negative Folgen.
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strukturierte soziale Ungleichheit von der viel neutraleren Form sozialer Differenzierung (mehr oder weniger zufällige Verteilungen wie der Haarfarbe, des Dialekts etc.)
abgegrenzt (Kreckel 1992). In gewisser Weise entspricht dieser spezielle ungleichheitsorientierte Zugang der Definition, die das IOM vorschlägt, und in einer etwas
vereinfachten Form bedeutet ein solcher definitorischer Zugriff: Unterschiede in der
gesundheitlichen Versorgung sind dann als strukturierte sozial bedingte Ungleichheiten zu interpretieren, wenn diese Ungleichheiten nicht durch den spezifischen Gesundheits- bzw. Krankheitszustand bedingt sind oder durch die NutzerInnen selbst
bewusst gesteuert werden (etwa durch ungleiche Präferenzstrukturen etc.). Sie sind
strukturierte sozial bedingte Ungleichheiten, wenn sie durch Merkmale des Versorgungssystems determiniert sind, die den Zugang regulieren oder sozial selektiv bestimmte Formen der Nutzung privilegieren bzw. andere Formen des Nutzungshandelns benachteiligten.
Ein solcher definitorischer Zugriff dient damit als erste inhaltliche Konkretisierung dessen, was mit Ungleichheiten in der Versorgungswirklichkeit eingegrenzt werden kann. Dieser Zugang bleibt aber deswegen nicht ohne Schwierigkeiten. So ist –
worauf Paterson und Judge (2002) hinweisen – kaum oder nur sehr schwer zu bestimmen, welchen „objektiven“ Versorgungsbedarf eine Person tatsächlich hat. Es ist also
kaum möglich, genau festzulegen, welche Erkrankung mit welchem Bedarf nach gesundheitlicher Versorgung und einer damit verbundenen Dauer und Intensität der
Versorgungstätigkeit verbunden ist (oder verbunden sein müsste). Darum erweist sich
die Standardisierung einer „objektiv angemessenen“ und „richtigen“ Versorgung (und
damit verbunden der Abweichung von diesem angemessen und richtigen Bedarf)
durchgehend als schwierig.
2.
Die Bedeutung von Zugangsbarrieren in der gesundheitlichen
Versorgung
Die empirische Diskussion zu Fragen der Versorgungsungleichheit findet international deutlich mehr Berücksichtigung als im deutschsprachigen Kontext (Mackenbach/Bakker 2002). Gerade die Erkenntnisse zu Ungleichheiten im Zugang zu Versorgungsleistungen (Access-Ebene) gelten hier als relativ gut gesicherte Wissensbasis.
Die aus einem internationalen Fünf-Länder-Vergleich (Blendon et al. 2002) stammenden Surveydaten (Australien, Kanada, Neuseeland, GB, USA) weisen recht zuverlässig auf Formen des ungleichen Zugangs in Abhängigkeit von den ökonomischen Ressourcen hin. Danach ergibt bereits die grobe Kategorisierung der Befragten
danach, ob sie sich oberhalb oder unterhalb des Einkommensdurchschnitts befinden,
markante Unterschiede (diese Unterschiede würden sich natürlich verstärken, wenn
sozialstrukturell konturierter differenziert wird). So wird für die Studienpopulation in
den USA durchgehend häufiger von der einkommensschwächeren Gruppe berichtet,
dass:
•
Rezepte aufgrund von Kostenerwägungen nicht eingelöst werden können (unter
dem Einkommensdurchschnitt = 39% / über dem Einkommensdurchschnitt =
18%)
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•
•
•
•
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Weiter- und Nachbehandlungen aufgrund von zu hohen Kosten nicht in Anspruch genommen werden (36/14)
notwendige Zahnbehandlungen nicht vorgenommen werden konnten (51/24)
in den letzten zwölf Monaten bei einem medizinischen Problem schon einmal
aufgrund von erwarteten Kosten ein Arzt nicht konsultiert wurde (36/15)
generell häufiger Probleme bestehen, anfallende Kosten für die Gesundheitsversorgung zu begleichen (35/11).
Die Variation der Zugangsungleichheiten im Fünf-Länder-Vergleich weist länderspezifische Differenzen und damit eine hohe Variabilität der Zusammenhänge auf. Dennoch aber liegen für alle Länder belastbare Daten vor, die auf signifikante Zugangsungleichheiten zwischen den beiden grob kategorisierten Einkommensgruppen
hinweisen. Ähnliche Erkenntnisse ergibt die so genannte SHARE-Studie (u.a.
Börsch-Supan et al. 2005). Die Daten des SHARE-Surveys zeigen einen sozialen
Gradienten (nach Pro-Kopf-Einkommen) an, wenn erfragt wird, ob Arztbesuche
aufgrund von zu hohen Kosten in den letzten zwölf Monaten vermieden wurden.
Der soziale Gradient dieser Vermeidungsneigung aufgrund von Kostenerwägungen prägt sich
auf der Grundlage SHARE-Daten in Deutschland steiler als in den europäischen
Vergleichstaaten aus.
In internationaler Perspektive fällt die Beeinflussung der Zugangsmöglichkeiten
durch hohe Kostenbarrieren immer noch am deutlichsten in den USA auf. Das gilt
gerade für die Indikatoren, die Versorgungsunterschiede in Abhängigkeit vom Versicherungsstatus anzeigen. Dennoch ist die Problematik international wahrnehmbar. In
Deutschland etwa werden vermehrt Zugangsbarrieren beschrieben, die durch die
Krankenkassenzugehörigkeit bedingt sind. Auch wenn die diesbezügliche Datenlage
noch lange nicht als ausreichend eingeschätzt werden kann, so scheint dies für Unterschiede in der generellen Inanspruchnahme medizinischer Versorgungsleistungen und
für Leistungsverweigerungen von Seiten der Kostenträger und Leistungserbringer
gleichermaßen zu gelten (Gerlinger 2008). Für die USA liegt wiederum sehr umfangreiches Datenmaterial vor. Hiernach wird es von über der Hälfte in der Gruppe der
Nicht-Versicherten in den USA als große Schwierigkeit empfunden, spezialisierte
Versorgungsangebote zu erhalten oder generell in eine verlässliche, kontinuierliche
Versorgungsbeziehung einzutreten. Generelle Unterschiede in der Versorgung, die
bereits mit dem Einkommensstatus korrelieren, verschärfen sich dann, wenn zusätzlich die Gruppe der Versicherten mit der der Nicht-Versicherten verglichen wird
(Blendon et al. 2002). Für die USA scheint exemplarisch zu gelten, dass mit der Kumulation von benachteiligenden Lebensbedingungen (v. a. der ressourcenschwachen Gruppen)
Barrieren des Versorgungszugangs anwachsen. Dieser Zusammenhang lässt sich auch
dann bestätigen, wenn die Zugangsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen in
Abhängigkeit vom Versicherungsschutz der Eltern analysiert werden (Howell/Trenholm 2007; Exworthy/Washington 2006). Eine erste, die empirischen
Hinweise verdichtende Tendenz beinhaltet hiernach, dass die Möglichkeiten des
Versorgungszugangs mit der Ressourcenausstattung der Nutzerinnen und Nutzer
positiv korrelieren: Je besser danach die Ausstattung mit ökonomischen Ressourcen,
desto leichter erfolgt der Zugang zu Leistungen der gesundheitlichen Versorgung.
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Zumindest für die USA scheint sich damit ein erstes, sehr stabiles Muster bei der
Deskription von Versorgungsungleichheiten beschreiben zu lassen.
Ein Zugriff, der zur umfassenden Erklärung der Entstehung von Zugangsbarrieren beitragen kann, ist noch nicht so weit ausgereift. Hierzu existieren bisher allenfalls Hinweise. Diese rekurrieren aber wiederum vorrangig auf die internationale, vor
allem angloamerikanische Debatte. Hiernach scheinen sich kontextuelle (strukturelle)
und kompositorische (soziale) Effekte einer räumlichen Umgebung gleichermaßen als
Moderatoren für Zugangsmöglichkeiten auszuwirken. Das heißt, auch wenn individuelle Merkmale kontrolliert werden, nehmen sozial-ökologische Faktoren eigenständig
Einfluss auf die Zugangschancen zu medizinischen Versorgungsangeboten.
Kirby/Kaneda (2006: 147) folgern diesbezüglich:
We find that living in disadvantaged neighborhoods reduces the likelihood of
having a usual source of care and of obtaining recommended preventive services, while it increases the likelihood of having unmet medical need. These associations are not explained by the supply of health care providers. Furthermore, though controlling for individual-level characteristics reduces the association between neighborhood disadvantage and access to health care, a significant
association remains. This suggests that when individuals who are disadvantaged
are concentrated into specific areas, disadvantage becomes an ‘emergent characteristic’ of those areas that predicts the ability of residents to obtain health care.
Hieraus ergeben sich Rückschlüsse auf die Effektkette sozialer Benachteiligung, mit
der offenbar auch verbunden ist, dass individuelle Merkmale der Verteilungsungleichheit (Einkommen, Bildungsgrad etc.) mit den bezeichneten kompositorischen und kontextuellen Effekten stets zusammen gesehen werden müssen. Auf
dieser Grundlage rücken Merkmale der Stigmatisierung in den Vordergrund, die
genauso wie infrastrukturelle Faktoren (Entfernung zum Arzt etc.) versorgungsrelevant werden können (Monnet et al. 2008; Hart/Freeman 2005).
Formen ethnischer Stigmatisierung scheinen in dieser Hinsicht besonders relevant. Hinweise hierauf ergeben sich aus zahlreichen Untersuchungszusammenhängen,
deren Erkenntnisse international diskutiert werden und die für einen zurückliegenden
Zeitraum bereits aufbereitet vorliegen (Paterson/Judge 2002). Diese Diskussion
verweist zwar zu Recht darauf, dass der Einfluss ethnisch bedingter Ungleichheiten
auf das Versorgungsgeschehen nicht leicht isoliert werden kann (Sahrai 2009). Bezüglich solcher Unterschiede, die etwa beim Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten mit ethnischen Ungleichheiten lediglich assoziiert sind, scheinen ökonomische Faktoren die ethnischen Besonderheiten immer noch zu überlagern, wie eine
Detailstudie aus den USA zeigt (Wang et al. 2007). Beim generellen Zugang zu ärztlicher Versorgung scheint sich dieses Verhältnis aber umzudrehen (Asanin/Wilson
2008) und ethnische Differenzierung kann dann sogar zu einem dominierenden Faktor werden, wenn Formen manifester ethnischer Konfrontation und Stigmatisierung
vorausgehen. Entsprechende Hinweise ergibt eine Studie zu Inanspruchnahmeungleichheiten zwischen arabischstämmigen und jüdischen Einwohnern Israels,
bei der ökonomische Faktoren und die Beeinflussung durch den Bildungsgrad kontrolliert wurden (Baron-Epel et al. 2007).
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3.
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Der mikrologische Blick auf das Versorgungsgeschehen
Mit Blick auf die Ausprägung von Versorgungsungleichheit bilden die Untersuchungen
zur Entstehung von Zugangsbarrieren – wie vorgestellt – eine wichtige Erkenntnisbasis. Dieser Basis sind in der gegenwärtigen Debatte aber nur ein Teil der verfügbaren
Forschungserkenntnisse zuzuordnen. Ein weiterer Forschungsfokus adressiert inzwischen sehr umfänglich die Frage, wie sich soziale Ungleichheiten auf das konkrete Versorgungsgeschehen auswirken. Dieser mikrologische Blick auf das Versorgungsgeschehen und das damit verbundene, etwas anders gelagerte Erkenntnisinteresse will also
nicht mehr primär Ungleichheiten im Zugang (Access) zu Versorgungsleistungen beschreiben. Er zielt also nicht mehr auf Ungleichheiten, die schon im Vorhinein die
Chance regulieren, überhaupt in eine engere Versorgungsbeziehung eintreten zu können. Der etwas veränderte Forschungsfokus umfasst Ungleichheiten, die erst im Versorgungsgeschehen sichtbar werden. Ungleichheiten also, die entstehen, wenn die erste
Schwelle des Zugangs überwunden ist und in eine Interaktionsbeziehung mit den Leistungserbringern eingetreten wird. Die Relevanz einer solchen Perspektive zeigt sich
inzwischen sehr deutlich. Aktuell existiert eine sehr breite Diskussion dazu, dass auf der
Ebene Leistungserbringer durchaus ungleichheitsrelevant gehandelt wird, also nicht
immer gleich versorgt wird.
Internationale Studien können inzwischen gut dokumentieren, dass die Dauer
und Ausführlichkeit der Patientenkontakte einen sozialen Gradienten aufweist, der –
wenn die Dauer ein Qualitätsmerkmal ist – ressourcenschwache Gruppen benachteiligt (Paterson/Judge 2002: 170-175). Diesen Befund ergänzen weitere, eher explorative
Befunde, nach denen die Bereitschaft der Leistungserbringer sehr gering ausgeprägt
ist, die eigene Praxis überhaupt darauf hin zu reflektieren, inwieweit Ungleichheiten
befördert werden oder nicht (Aspinall/Jacobson 2005). Manifeste Verständnis- und
Kommunikationsbarrieren im Interaktionsprozess zwischen ÄrztInnen und PatientInnen können offenbar aus einer solchen Nicht-Beachtung der Patientendiversität
entstehen. So zeigen die Ergebnisse von Bao et al. (2007) zum Krebs-Sreening, dass
Ärzte unterschiedliche Gruppen sehr unterschiedlich im Beratungs-, Aufklärungsund Diagnoseprozess begleiten und dass dies von den Patienten auch als ungleich
benachteiligende Form der Behandlung erfahren wird. Eine solche Tendenz wird
durch Untersuchungen zu genderspezifischen Differenzen in der Arzt-PatientInteraktion gut unterlegt (Arber et al. 2006).
Die Diskussion zu Interaktions- und Kommunikationsbarrieren weist immer
wieder auf die sehr hohe Bedeutung von sprachlichen Kompetenzen, auf die Bedeutung ökonomischer Ungleichheiten, auf ethnische und genderspezifische Faktoren als
wesentliche Determinanten von Versorgungsungleichheit hin. Diese Forschungslinie
beinhaltet auch weiterhin viel Potenzial. Sie legt die Vorstellung nahe, dass die Entstehung von Ungleichheiten in der Versorgung primär durch NutzerInnenUnterschiede „provoziert“ sei. Dass indes die Haltung der Professionals (das Verhalten gegenüber den Patienten etc.) nicht als objektiv-neutral beurteilt werden kann,
darauf geben selbstständige Studien recht umfangreich Auskunft, so z.B. eine Detailstudie im Bereich der Onkologie (Quinn et al. 2008) sowie eine der wenigen ethnographischen Vertiefungsstudien im Bereich der Schmerztherapie (Lauzon Clabo
2008). Für den besonders sensiblen Bereich der zugehenden Hilfen (der Ungleichhei-
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ten eigentlich verringern soll) kann sogar vermutet werden, dass durch Attributionsprozesse und Formen der Stereotypisierung (die paternalistische Herabsetzung als
nutzungsinkompetent) Ungleichheiten nicht abgebaut, sondern noch vergrößert und
„zementiert“ werden (Hart/Freeman 2005). Noch können auf dieser Grundlange
keine verlässlichen Aussagen darüber gemacht werden, welche konkreten Verursachungsfaktoren manifeste Ungleichheiten im Versorgungsgeschehen bedingen. Die
bisherigen Überlegungen verweisen aber schon auf ein breites Ursachengeflecht, das
von individuellen Einstellungen der Professionals, etwa gruppenbezogenen Vorurteilen (Thoits 2005), bis hin zu Kontextmerkmalen innerhalb der Versorgungsstruktur
(Klima in einer Klinik etc.) reicht (Bao et al. 2007).
4.
Barrieren der Inanspruchnahme
Empirische Ansätze, die die Ebene des konkreten Nutzungsverhaltens adressieren,
finden sich in den internationalen Fachdiskussionen wiederum sehr viel häufiger als im
deutschsprachigen Kontext. Dennoch zeichnet sich inzwischen auch im hiesigen Forschungsdiskus ab, dass die wesentlichen Erkenntnisse nationaler und internationaler
Forschung immer deutlicher übereinstimmen. So findet der zentrale Befund nahezu
durchgehend Bestätigung, nach dem die Inanspruchnahmequoten in der gesundheitlichen Versorgung sektorenübergreifend einen sozialen Gradienten aufweisen. Das heißt,
mit dem Ansteigen des sozio-ökonomischen Status steigen auch die Bereitschaft und
die Fähigkeit, gesundheitliche Dienstleistungen zu nutzen. Mit wenigen Ausnahmen
(Janßen et al. 2006) gelten diese Erkenntnisse für die Bereiche der Prävention und
Vorsorge (Warin et al. 2008; Zeeb et al. 2004; Scheffer et al. 2006; Bauer 2005) sowie
für die Rehabilitation und Pflege gleichermaßen (als Auswahl hier nur Altenhöner 2006;
Arling et al. 2007; Bauer/Büscher 2008). Der Bereich der Akutversorgung scheint dagegen zu stark differenziert und zu wenig erforscht, um allgemeinere Aussagen zuzulassen, wiewohl die Grundstruktur der Versorgungsungleichheit auch hier erkennbar ist
(Knesebeck et al. 2009).
Ein sozialer Gradient liegt nach übereinstimmenden Erkenntnissen der bisherigen Forschung bereits dann vor, wenn Instanzen der Leistungserbringung von den
NutzerInnen im Gesundheitswesen angesteuert werden müssen. Hiernach korreliert
die individuelle Fähigkeit, eine spezifische medizinische Expertise einzuholen (bei
Bedarf gleich den Facharzt zu kontaktieren und nicht erst den Allgemeinmediziner
oder praktischen Arzt), mit dem sozio-ökonomischen Status (v. d. Knesenbeck et al.
2009; Fell et al. 2007; Monnet et al. 2008; Scott et al. 2003; Baumeister et al. 2004).
Besonders auffällig sind ethnische Unterschiede in Nutzerverhalten. Sie gewinnen mit Rekurs auf das ungleiche Nutzungshandeln vor allem dann an Bedeutung,
wenn zwischen konventionellen und nicht-konventionellen Versorgungsangeboten
ausgewählt werden muss. Xu und Farrell (2007) zeigen, dass die Neigung, alternativmedizinische Angebote in Anspruch zu nehmen, in ressourcenschwachen ethnischen
Gruppen zunimmt, während ressourcenstarke Minoritäten immerhin ein Komplementärverhältnis anstreben. Die Untersuchung von Wittig (2004) kann dies zu großen
Teilen bestätigen. Hiernach dominiert unter Spätaussiedlern – als ethnisch-kulturell
eigenständiger Gruppe – bei der Einreise nach Deutschland generell die Nutzung des
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Laiengesundheitssystems. Der Trend verstärkt sich im ressourcenschwachen Segment
unter den MigrantInnen, wo professionelle Angebote seltener angesteuert und genutzt werden.
Weiterführende Forschungsimpulse ergeben sich daraus, nicht nur Standardindikatoren sozialer Ungleichheit in die Analyse subjektiver Barrieren der Versorgungsnutzung einzubeziehen. So ergeben auch Indikatoren der allgemeinen Lebenssituation und der verfügbaren sozialen Unterstützung einen recht eindeutigen Hinweis
darauf, dass das Inanspruchnahmeverhalten durch diese Faktoren eigenständig beeinflusst wird (Chen/Escarce 2006; Fell et al. 2007). Gerade Formen sozialer Unterstützung können in dieser Hinsicht als intervenierende Variablen verstanden werden, die
den Zusammenhang zwischen ungleichen sozialen Lagen und dem Inanspruchnahmeverhalten moderieren. Zwar sind die entsprechenden empirischen Zusammenhänge noch nicht eindeutig interpretierbar (und weisen auf die hohe Komplexität des
Geschehens hin). Für soziale Unterstützung etwa gilt, dass sie im Falle einer Akuterkrankung kaum Einfluss auf Unterschiede im Inanspruchnahmeverhalten nimmt;
dafür aber sind soziale Unterstützungseffekte im Falle chronischer Erkrankung feststellbar (Baumeister et al. 2004). Auch dies zeigt die komplexe Wirkungsweise unterschiedlicher Indikatoren der sozialen Lebenslage an, zu der die Faktoren soziale Unterstützung und vermittelt darüber das soziale Kapital beitragen.
5.
Der ätiologische Zugang
Die Frage nach unterschiedlichen Präferenzen und Nutzungsmodi provoziert offenbar schon jetzt sehr stark, nach den Ursachen für ein ungleiches Inanspruchnahmeverhalten zu fragen. Die diesbezüglichen Versuche, ein ätiologisches Schema zu verfolgen,
verweisen zum großen Teil auf die Begründung durch unterschiedliche Nutzungskompetenzen, Vorerfahrungen und kulturspezifische Mentalitätsmuster. So beschreiben
Leino-Kilpi et al. (2005) ganz exemplarisch für den Bereich der Patientenedukation, wie
wichtig Fähigkeiten und Kompetenzmuster sind, die bereits vor dem Eintritt in das
Versorgungsgeschehen akkumuliert wurden. Der Einfluss von Bildungsressourcen
(als kulturelles Kapital zusammenfassbar) findet inzwischen vielfach Bestätigung, vor
allem dann, wenn schwierige Entscheidungen der Versorgungsnutzung oder der
komplexen Organisation eines Versorgungsarrangements getroffen werden müssen.
Heusinger und Klünder (2005) zeigen dies für den Bereich der pflegerischen Versorgung. Thoits (2005) kann gute Hinweise darauf verdichten, dass bildungsstarke
Gruppen im Falle psychischer Erkrankung ein ambulantes Versorgungssetting eher
selbst, schnell und freiwillig anwählen, während bildungsferne Gruppen häufiger von
einer zwangsweisen, stationären Einweisung betroffen sind. Dass gerade in den ethnischen Minderheiten die Befürchtung eine Rolle spielt, im Gesundheitswesen benachteiligt zu werden, kann eine Erklärung für verspätete, zögerliche oder weniger
offensive Auswahlstrategien darstellen. In diese Richtung weisen jüngere Untersuchungen zur Arztwahl in ethnischen Minoritäten (Malat/Hamilton 2006) sowie seit
langem bereits zu ungleichem herkunfts- und kulturspezifischen Erwartungsverhalten
(Linder-Pelz 1982). Das den Institutionen der Gesundheitsversorgung entgegengebrachte Vertrauen und die damit verbundenen Erwartungen scheinen sich als Be-
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standteile einer sehr vielversprechenden Diskussion abzuzeichnen, mit der die Bedingungsfaktoren von Ungleichheiten in der Inanspruchnahme genauer beleuchtet werden. Hierzu existiert international eine ganze Reihe von Beiträgen, die inzwischen
darauf verweist:
•
dass sich habitualisierte Erwartungen in die Arzt-Patienen-Kommunikation
sozial sehr ungleich ausprägen (v. Ferber et al. 2003),
•
dass das dahinter befindliche Verständnis von Gesundheit und Krankheit Prägungen eines spezifischen klassenmäßigen Sozialcharakters („class habitus“)
aufweist (Warin et al. 2008)
•
und die damit wiederum verbundenen psychosozial-emotionalen Ressourcen,
wie die in der Debatte auch als „sence of coherence“ zusammengefassten, einen
klar konturierten sozialen Gradienten reproduzieren (Volanen et al. 2004; Bauer/Bittlingmayer 2006).
Die Ausbildung dieser sehr speziellen individuellen Ausstattungsmerkmale scheint
äußerst bedeutsam zu sein, wenn Bemühungen aufgenommen werden, die zu einer
Analyse der Genese von Versorgungsungleichheiten führen sollen. Die diesbezügliche Forschungsdiskussion weist hier einen besonders hohen Bedarf auf. Ähnlich wie
der Kenntnisstand zu sozial bedingten Ungleichheiten der Morbidität und Mortalität
– Health Inequalities – besteht inzwischen auch bezüglich der Frage der Versorgungsungleichheit ein Missverhältnis zwischen deskriptiven und erklärenden Ansätzen. Im
engeren Fokus der Health Inequality-Forschung ist dieses Missverhältnis bereits
problematisiert (Richter/Hurrelmann 2006; Bauer et al. 2008). Eine Vielzahl von
Anstrengungen richtet sich demnach darauf, nicht nur den Zusammenhang zwischen
bestimmten sozialstrukturellen Variablen (etwa dem Beruf, Einkommen etc.) und
einem damit verbundenen ungleichen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko zu erfassen,
sondern die Vermittlung dieser Zusammenhänge zu erklären, also mit einem ätiologischen Zugriff Mechanismen zu identifizieren, die die Ungleichheiten bei der Vergabe
gesundheitlicher Lebenschancen aufzuschlüsseln im Stande sind. In der Forschungsdiskussion zur Thematik der Versorgungsungleichheit könnte sich nun eine analoge
Bewegung andeuten. Wiewohl die Ebene der reinen Deskription von Ungleichheiten
in der Versorgung hier immer noch viel Aufmerksamkeit erfordert, beginnt inzwischen die Diskussion darüber, wie Ungleichheiten in der Versorgung entstehen.
Wenn also sozial bedingte Ungleichheiten in der Versorgung identifiziert werden,
lautet hier die Anschlussfrage, wie die Ungleichheiten in analytischer Hinsicht erklärt
werden können?
Mit Blick auf einen möglichen Erklärungszugang scheint ein Zugang der Health
Inequality-Debatte durchaus wegweisend zu sein. Im Health Inequality-Kontext
rücken ätiologische Ansätze von einer fast ausschließlich materialistisch gefärbten
Perspektive immer deutlicher ab (Herd et al. 2007). Der Grund hierfür ist, dass mit
sozialen Ungleichheiten des sozio-ökonomischen Status gesundheitliche Ungleichheiten zwar sehr deutlich erkennbar korrelieren. Die Transmission dieser Ungleichheiten
erfolgt aber eher im Sinne einer Mischung von materialen Ausgangsfaktoren, sozialen
Bedingungen und Bezugssystemen sowie behavioralen Mustern der Verhaltensteuerung und -anpassung (Singh-Manoux/Marmot 2005; Cwikel 2007).
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Für einen solchen ursachenbezogenen Zugang ist auch bedeutsam, dass eher basale Annahmen aus dem Kontext der Rational-Choice-Theorie, die das Nutzungsverhalten zu erklären suchen, meist schnell leerlaufen. Dass ökonomische Motive (bzw.
Restriktionen) auf das Nutzungsverhalten Einfluss nehmen, ist evident. Mit der
Kernannahme aber, dass primär ökonomische Motive das Inanspruchnahmeverhalten
regulieren, sind sie Teil der Ansätze, die einen materialistischen Überhang aufweisen
(Singh-Manoux/Marmot 2005), in einem gewissen Sinne also „vulgärmaterialisitisch“
(Vester/Gardemin 2001) vorgehen. Eine Vielzahl der aktuell diskutierten Ansätze
(nicht nur der Rational-Choice-Theorie) unterstellt eine sehr direkte Beziehung zwischen äußerlichen Impulsen wie der Preisregulierung und der Inanspruchnahme von
Dienstleistungen. Sie vernachlässigen aber die wichtige Eigenlogik von Mentalitäten
und Handlungsdispositionen, die sich gegen eine genuin ökonomisch-rationale Handlungslogik durchsetzen und damit den Mechanismus der Handlungssteuerung durch
ökonomische Motive immer wieder unterbrechen können. Hierzu existiert inzwischen eine ganz lebhafte und aufschlussreiche empirische Forschungsdiskussion
(Ha/May 2007; Schreyögg/Grabka 2008).
Die Unterschiedlichkeit individueller und sozialer Ausstattungsmerkmale sowie
die damit verbundenen psychosozial-emotionalen Ressourcen (und Handlungskompetenzen) bezeichnen demgegenüber den möglicherweise viel entscheidenderen
Schlüssel zum Verständnis gesundheitlicher Ungleichheiten. Inzwischen ist mit diesem Zugang ein breiter Strang in der Debatte verbunden, der an die sozialwissenschaftliche Handlungs- und Akteurstheorie anschließt. In internationaler Perspektive
wird diese Erweiterung der Theoriediskussion bereits sehr umfänglich vorgenommen,
sie schließt insbesondere an die Habituskonzeption des französischen Soziologen
Pierre Bourdieu an (Williams 2003; Alwan et al. 2007; Singh-Manoux/Marmot 2005).
Auf die enge Verbindung mit der handlungs- und akteurstheoretisch geerdeten Habituskonzeption wird nun auch in der Forschung zu Versorgungsungleichheiten verwiesen (Hibbard et al. 2007). Béhague et al. (2007) entwerfen die Konzeption eines
„healthcare habitus“, mit dem sie die Bedeutung von biographischen Verläufen und
damit die akkumulierten Kompetenzen betonen, wenn Versorgungsdienstleistungen
„produktiv“ genutzt werden sollen. Die spezifische Indienstnahme der Habituskonzeption verweist hier darauf, wie lange subjektive Erfahrungen als Bestandteil einer
spezifischen Handlungsbefähigung weiterwirken können, wenn sie auf Positiv- bzw.
Negativerfahrungen in der Versorgungsnutzung beruhen. Die spezifische Annahme
eines individuellen Habitus als limitierender Handlungsressource macht deutlich, wie
wichtig es ist, den Zusammenhang gesundheitlicher Ungleichheiten von den Akteuren und ihren Ressourcen aus zu denken. Gerade an diesem Punkt erhält die Debatte
möglicherweise einen ihrer fruchtbarsten neuen Ansatzpunkte, indem Querverbindungen zur sozialwissenschaftlichen und sozialpsychologischen Handlungsforschung
aufgebaut werden. Diese stellt gerade zur Relevanz einer sich in bestimmten Umfeldstrukturen etablierenden und dann verfestigenden Struktur individueller Handlungsdispositionen gut fundierte theoretische und empirische Erkenntnisse zur Verfügung
(hierzu ein Überblick bei Bauer et al. 2008).
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6.
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Fazit
Die vorliegenden Ausführungen sollten einen Überblick über die Diskussion zum
Gegenstand der Versorgungsungleichheit geben. Dass diese Diskussion bisher
schwerpunktartig international geführt wird und hier bereits einen profunden Kenntnisstand zu Ausprägung von sozial bedingten Ungleichheiten in der gesundheitlichen
Versorgung hervorgebracht hat, ist eines der zentralen Ergebnisse dieses Überblicks.
In der hiesigen Diskussion ist hingegen noch immer die Tendenz vorherrschend, das
Thema Versorgungsungleichheiten zu marginalisieren. Eine Art MainstreamAuffassung hierzu gibt es zwar nicht. Überwiegend aber wird behauptet, dass Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung der fortgeschritten-industrialisierten Gesellschaften so gut wie keine Rolle spielen. Würden sie es tun, so die geläufige Argumentation, wäre mit dem Einfluss von sozialen Ungleichheiten auf das Versorgungsangebot,
auf die Versorgungsqualität oder auf die Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen
kaum oder keine Wirkung auf die Ausbildung gesundheitlicher Ungleichheiten verbunden. Versorgungsungleichheiten sind demnach, wenn sie sich denn identifizieren
lassen, nicht relevant für die Ausprägung des sozialen Gradienten gesundheitlicher
Lebenschancen, mit dem wir es in der Forschung zu Health Inequalities zu tun haben. Auf dieser Grundlage ermöglicht der vorgestellte Forschungsüberblick einen
genaueren Überblick zur Thematik. Auf dieser Grundlage – und mit Blick auf kommende Forschungsbemühungen – kann bilanziert werden:
(1) Wenn bisher kaum systematische Erörterungen zum Zusammenhang von
sozialer, gesundheitlicher und Versorgungsungleichheit vorliegen, ist auch als das
Ergebnis einer noch nicht ausreichenden fachwissenschaftlichen Verortung der
Thematik aufzufassen. Offensichtlich ist – gerade in Deutschland – der Fokus einer
sich ausbildenden Versorgungsforschung noch nicht klar genug auf Fragen der Versorgungsungleichheiten ausgerichtet. Zudem muss beachtet werden, dass der Versorgungsbegriff, der traditionell auf die „letzte Meile“ im Versorgungsgeschehen konzentriert wird (Pfaff 2003), die Enge dieser Konzentration offenbar nicht überwinden
kann. Dies führt nicht nur bei Fragen sozialer Ungleichheit zu Irritationen. Der traditionelle Versorgungsbegriff ist für die Praxis der Versorgungsforschung längst zu eng
geworden und wird in der internationalen Forschungsdiskussion immer wieder geöffnet. Eine solche Öffnung, die allem voran die rehabilitative und präventive Versorgung mit einbezieht, wird implizit bereits vollzogen (Pfaff et al. 2007). Sie ist aber
bei der theoretischen und disziplinären Verankerung der Thematik noch nicht ausreichend explizit geworden. So überrascht es auch nicht, dass der Kreis der Adressaten
für die Fragestellung sozial bedingter Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung bisher immer noch sehr begrenzt ist. Die Sozial-Epidemiologie fokussiert den
Versorgungsbereich traditionell kaum, die Medizin ist für den Aspekt sozialer Ungleichheit wenig aufgeschlossen und die sozialwissenschaftliche Ungleichheitsforschung nimmt gerade erst die Gesundheitsthematik systematisch auf. Die Erweiterung des engen Versorgungsbegriffs („letzte Meile“) wäre demnach nicht nur die
richtige Reaktion auf eine empirische Praxis, die das Verständnis gesundheitlicher
Versorgungsstrukturen längst – durchaus adäquat zum breiten Public-HealthVerständnis – als intersektorales Geschehen der Bereitstellung von gesundheitsrelevanten Gütern und Dienstleistungen begreift. Es wäre aber auch das richtige Signal
400
Ullrich Bauer
an die benachbarten Disziplinen (Sozial-Epidemiologie, Medizin, Soziologie) den
Versorgungsbereich zum Gegenstand eigener Forschungsanstrengungen zu machen.
(2) Bisher existieren national wie international kaum zusammenfassende Versuche, den Einfluss strukturierter sozialer Ungleichheiten auf den Versorgungsprozess
und damit verbundene strukturierte Ungleichheiten in der Morbidität und Mortalität
abzuschätzen. Eine vorsichtige Annäherung an diese Thematik setzt im deutschsprachigen Diskurs zwar gerade ein (Tiesmeier et al. 2007; Bauer/Büscher 2008). Im
Allgemeinen aber berücksichtigt die Diskussion über Health Inequalities den Versorgungsfokus kaum. Dies ist überraschend, weil eine allgemein gebräuchliche Definition von Health Inequalities gesundheitliche Ungleichheiten noch recht umfassend
aufnimmt als
systematic and avoidable differences in health outcomes between social groups
such that poorer and/or more disadvantaged people are more likely to have illness and disabilities and shorter lives than those who are more affluent (Judge et
al. 2006: 11).
Mit dieser Definition ist die Frage nach den Ursachen gesundheitlicher Ungleichheiten noch so breit gestellt, dass die Funktionslogik der gesundheitlichen Versorgung –
Formen der Privilegierung und Benachteiligung – durchaus in den Blick kommen
könnte. Diese Verbindung wird dann sogar noch plausibler, wenn konstatiert wird,
dass gesundheitliche Ungleichheiten in systematischere Ungleichheits- und Benachteiligungsstrukturen einer Gesellschaft eingebettet sind (Haas 2006; Navarro 2007)
und folglich – wie bei allen Formen sozialer Stratifizierung – mit den Entwicklungslinien und der Beschaffenheit sozialstaatlicher Arrangements, also auch mit öffentlichen Daseinsfürsorge- und Versorgungsleistungen in einem Zusammenhang stehen
(Esping-Andersen 1990).
(3) Die auf der rein deskriptiven Ebene verfügbaren Erkenntnisse erweisen sich
– so weit der knappe Überblick dies veranschaulichen kann – als überaus umfangreich. Dies macht es immer notwendiger, analytische Unterscheidungen vorzunehmen, die es ermöglichen, Ausprägungen und Einflussgrößen sozial bedingter Ungleichheiten in der Versorgung zu differenzieren. Die hier vorgenommene Unterscheidung differenziert Formen der Versorgungsungleichheit auf drei Ebenen: Auf
der ersten Ebene werden Ungleichheiten des Zugangs unterschieden, die formeller
oder informeller Art sein können. Dies beinhaltet eine Unterscheidung, die entweder
auf den formellen Ausschluss (etwa durch zu geringe ökonomische Ressourcen) oder
auf den informellen Ausschluss zielt (z. B. durch Effekte der sozialen Homogamie).
Auf der zweiten Ebene werden Ungleichheiten in der Interaktion zwischen Professionellen und Klienten unterschieden, wobei sowohl Professionelle als auch Klienten
dieses Interaktionsgeschehen beeinflussen können. Auf der dritten Ebene werden
unterschiedliche Formen der Nutzung unterschieden. Mit Blick auf die Thematik
Versorgungsungleichheit kann damit keineswegs davon ausgegangen werden, dass es
sich nur um Ungleichheiten im Zugang zu Versorgungsleistungen handelt (die allein
mit der ungleichen Verfügbarkeit über ökonomische Ressourcen verbunden sind).
Die erweitere internationale Perspektive umfasst darum gleichberechtigt die konkrete
Inanspruchnahme gesundheitlicher Dienstleistungen. Diese Perspektive auf das Nutzungshandeln hebt sich von einem mikrologischen Blick auf das Versorgungsgesche-
Soziale Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung
401
hen ab (wiewohl eng damit verwoben), ist aber vor allem von der Zugangsperspektive unterschieden. Kommen mit der Thematisierung von Zugangsproblemen also
eher strukturelle Barrieren des Aus- und Einschlusses in den Blick, konzentriert sich die
Analyse unterschiedlicher Inanspruchnahmemuster auf das, was als subjektive Barrieren
der Versorgungsnutzung bezeichnet werden kann. Eine zentrale Problematik zeigt
sich hierbei indes, wenn versucht wird, individuelle Nutzungspräferenzen zu definieren,
die zu Ungleichheiten in der Versorgung führen. Die Ausbildung von Präferenzstrukturen ist ebenso wie die Ausbildung von Kompetenzen an spezifische Ungleichheitsverhältnisse gekoppelt. Deswegen wird es hier auch schwierig bleiben, Unterschiede
in den Präferenz- und Kompetenzstrukturen von dem generellen Einfluss strukturierter sozialer Ungleichheiten abzukoppeln (Vester 2009). Der Konkretisierungsbedarf
einer tragfähigen und ausreichend komplexen Definition von sozial bedingten Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung ist in dieser Hinsicht demnach weiterhin als hoch einzuschätzen.
(4) Tatsächlich sind zwar – so weit geben verfügbare empirische Erkenntnisse
Aufschluss – die Gesundheitssysteme, die eine Privatisierung der Gesundheitskosten
am stärksten vorantreiben (privater Versicherungsschutz, Zuzahlungen etc.), auch die
Systeme, die die größte Schieflage bei Fragen des gleichen Zugangs in der Versorgung herstellen. Gleichzeitig aber zeigt der vorgestellte Überblick über die internationalen Vergleichsstudien, dass Zugangsbarrieren auch dann bestehen, wenn staatliche
Zuschüsse und Unterstützungsleistungen in hohem Maße vorhanden sind und damit
materielle Barrieren eigentlich neutralisieren müssten (Paterson/Judge 2002; Blendon
et al. 2002). Das gilt gerade für die Benachteiligung von Minderheiten, bei denen
neben ökonomischen Barrieren ergänzende Formen des Fremd- und Selbstausschlusses treten (Scott et al. 2003). Aus all diesen Einzelbefunden ergeben sich bereits verlässliche Hinweise darauf, dass ökonomische Faktoren eine wichtige Rolle für die
Frage der Versorgungsgleichheit spielen. Sie stellen aber keinesfalls die einzige Determinante von Versorgungsungleichheiten dar. Auf die Differenzierung möglicher
Einflussgrößen müssen künftige empirische Befunde und Beiträge zur Theorieentwicklung im Bereich der Forschung zum Thema Versorgungsungleichheit zielen.
(5) Mit Blick auf die ökonomisch induzierten Veränderungen im Versorgungsbereich finden internationale, vor allem US-amerikanische Trendaussagen Bestätigung,
nach denen der Versorgungssektor auf wachsenden Ökonomisierungsdruck mit Verknappungsstrategien reagiert (Huston 2003; De Geest 2005). Dies scheint jedoch nur
vordergründig eine „bloße“ Rationalisierungsproblematik zu sein. Sie muss bereits heute
als Problematik der Rationierung von wichtigen Versorgungsleistungen ernst genommen
werden. Inzwischen wird immer häufiger thematisiert, dass auch das deutsche System
der Gesundheitsversorgung zum Bestandteil einer seit den 1980er Jahren massiv
beschleunigten Ökonomisierungsdynamik geworden ist, mit der die Aufrechterhaltung eines Angebots öffentlich garantierter Güter und Dienstleistungen immer mehr
in Frage gestellt wird. Die häufig beklagte Überlastung der öffentlichen Finanzhaushalte ist dabei keinesfalls nur unhintergehbarer Sachzwang hinter einer solchen
Transformationsbewegung. Vielmehr vollzieht sich im konservativ-korporatistischen
Wohlfahrtsstaat eine deutlich liberalistisch geprägte Transformation (die häufig auch
als Tendenz zum Neoliberalismus gedeutet wird). Verschiedentlich wird somit bereits
die Umwidmung der Idee der Sozialstaatlichkeit und damit der Übergang von der
402
Ullrich Bauer
Solidar- zur Selbstverantwortung diskutiert (Dahme et al. 2005; Schmidt 2007). Auf
diese Weise wird die Selbstverständlichkeit sozialstaatlicher Versorgung mehr und
mehr vakant, sie gilt vor dem Hintergrund ökonomischer Imperative selbst als begründungspflichtig (Butterwegge 2006; Maucher 2005; Strodtholz 2005). Inwieweit
hieraus bereits konkrete Szenarien der Verschärfung der Ungleichheitsthematik abgeleitet werden dürfen, bleibt zunächst offen. Gesundheitssysteme, die wie das USamerikanische prototypisch für einen neo- oder ultraliberalen Zuschnitt stehen, bilden in dieser Hinsicht also nur den ersten Orientierungspunkt einer Trendanalyse
(Kühn 1993). Bereits jetzt zeichnet sich indes ab, dass mit der veränderten Finanzierungslage Versorgungsengpässe eintreten (IQWiG 2006), von denen aber wiederum
nicht alle NutzerInnen gleich betroffen sind (Bauer et al. 2005). Dies stärkt die Vermutung, nach der die anhaltenden Wandlungstendenzen im Gesundheitswesen den
engeren Nexus mit der Ungleichheitsthematik immer wahrscheinlicher machen
(Holst 2008).
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Kontakt
Prof. Dr. Ullrich Bauer
Universität Duisburg-Essen
Fakultät für Bildungswissenschaften
Berliner Platz 6-8
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Durchwahl (direkt) +49-(0)201/183-4956
Sekretariat (Frau Köber) +49-(0)201/183-2234
Fax +49-(0)201/183-3093
E-mail: [email protected]
Ullrich Bauer, Jg. 1971, Sozialwissenschaftler, studierte in Münster und Berlin, Assistenztätigkeit in Münster und Bielefeld, von 2004-2009 Juniorprofessor an der Universität Bielefeld,
Vertretungsprofessor an der Universität Siegen und Gastwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin, seit 2009 Professor an der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Sozialisation, Ungleichheit, Bildung und Gesundheit, Gesellschaftstheorie und Zeitdiagnose.
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