Gut behandelt – Ihre rechte als Patient

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sollte Sie bei geplanten Operationen schon am Tag der Terminvereinbarung aufklären, mindestens aber einen Tag vorher. Sie
müssen voll einsichts- und einwilligungsfähig sein. Erfolgt die
Aufklärung erst kurz vor einer Operation und unterschreiben Sie
unter Zeitdruck oder gar unter Medikamenteneinfluss, ist Ihre
Einwilligung unwirksam. Bei weniger schwerwiegenden Eingriffen hingegen reicht es aus, wenn der Arzt Sie am selben Tag
aufklärt.
Der Arzt muss Sie nicht nur vorab beraten. Auch während der
Behandlung muss er Sie auf dem Laufenden halten und über
Aspekte, die für den weiteren Verlauf wichtig sind, informieren.
Nur in Notfällen oder wenn Sie bewusstlos sind, darf Sie der Arzt
ohne Ihre Einwilligung behandeln. Dann gilt allerdings die nach-
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Wenn Sie nach dem Beratungsgespräch noch immer
unsicher sind und weitere
­Informationen benötigen, sollten Sie einen weiteren Arzt
aufsuchen und eine Zweitmeinung einholen. Auch Krankenkassen bieten ihren Versicherten medizinische
Auskunft oder vermitteln den
Kontakt zu Spezialisten.
trägliche Aufklärungspflicht. Der Arzt muss Sie aufklären, wenn
Sie wieder einsichts- und aufklärungsfähig sind (zum Beispiel
über die Gefahr einer HIV-Infektion nach einer Bluttransfusion).
Verzichten Sie von sich aus auf Information und Aufklärung, entfällt die Aufklärungspflicht des Arztes.
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Sie haben jederzeit das
Recht, eine Behandlung ab-
Aufklärung über die Behandlung
zubrechen oder einen geplan-
Der Arzt muss Ihnen alle Umstände erklären, die entscheidend
ten Eingriff abzusagen.
und wichtig für Ihre Entscheidung sind. Das heißt nicht, dass er
Sie über jedes medizinische und wissenschaftliche Detail aufklären muss. Sie müssen aber in der Lage sein, beispielsweise
die Schwere eines Eingriffs und die damit einhergehenden Risiken zu
erkennen.
Sie haben das Recht auf folgende Informationen:
–– die Diagnose, einschließlich aller Befunde (zum Beispiel Laborberichte)
–– die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung mit und ohne Therapie
–– Art der medizinischen Maßnahmen
–– Umfang der medizinischen Maßnahmen
–– Durchführung der medizinischen Maßnahmen
–– die Folgen und Risiken der Behandlung, auch wenn diese in der Praxis,
dem Krankenhaus oder beim Behandelnden selbst noch nie eingetreten sind
–– die Notwendigkeit und Dringlichkeit der Behandlung
–– die Eignung und die Erfolgsaussichten der medizinischen Maßnahmen
Ärztliche Pflichten
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Behandlungsalter-
Kommen mehrere Behandlungsmöglichkeiten infrage, muss der Arzt
nativen
auch darüber aufklären, sofern sie sich in Bezug auf Risiken, Heilungschancen und Belastungen für den Patienten wesentlich unterscheiden.
Neue Methoden
Gesteigerte
Besonders hoch sind die Aufklärungspflichten bei sogenannten Neuland-
Aufklärungspflicht
oder Außenseitermethoden, die nicht oder noch nicht dem medizinischen
Standard entsprechen. Ist die Behandlung nicht wissenschaftlich abgesichert und sind bislang unbekannte Risiken möglich, muss der Arzt Sie
darüber aufklären.
Auch bei rein kosmetischen Operationen gilt eine besonders strenge Aufklärungspflicht. Der Patient muss über Erfolgsaussichten und Risiken umfassend informiert werden. Das gilt insbesondere auch für mögliche bleibende Entstellungen.
Erweiterung einer OP
Der Arzt muss auch über eine mögliche Operationserweiterung aufklären.
Wenn also schon vorab klar ist, dass sich während der OP die Notwendigkeit ergeben kann, etwa die Gebärmutter zu entfernen, benötigt er
hierfür die Einwilligung der Patientin.
Mutmaßlicher Wille
Ergibt sich die Notwendigkeit zu einer Erweiterung unerwartet während
des Eingriffs, muss der mutmaßliche (hypothetische) Wille des Patienten
beachtet werden. Der Arzt muss die Operation abbrechen, wenn dies
ohne ernsthafte Gesundheitsgefährdung des Patienten möglich ist und
wenn er Anhaltspunkte hat, dass der Patient einer Operationserweiterung
nicht zustimmen würde. Gibt es solche Anhaltspunkte nicht, kann er davon ausgehen, dass der Patientenwille mit dem übereinstimmt, was als
normal und vernünftig angesehen werden kann.
Verhalten nach der Behandlung
Der Arzt muss den Patienten auch darüber informieren, wie er sich im
Anschluss an die Behandlung zu verhalten hat, um seine Gesundheit
nicht zu gefährden. Beispielsweise muss er einen Lungenkranken über
die Gefahr des weiteren Rauchens aufklären. Können Sie nach einer Behandlung, etwa wegen einer Betäubung, nicht am Straßenverkehr teilnehmen, muss Sie der Arzt ausdrücklich darauf hinweisen.
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Gut behandelt – Ihre Rechte als Patient
Behandlungsfehler
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Wenn der Arzt einen Behandlungsfehler vermutet, muss er den
Wenn Sie einen Behand-
Patienten darüber informieren, wenn dies notwendig ist, um
lungsfehler vermuten, sollten
mögliche Gesundheitsgefahren abzuwenden.
Sie den Arzt darauf anspre-
Eine schwierige Situation für Ärzte: Der Patient ist unheilbar er-
chen. Denn dann muss er Ih-
krankt und wird voraussichtlich nicht überleben. Doch auch
nen wahrheitsgemäß antwor-
dann hat der Patient ein Recht auf Aufklärung. Eine Ausnahme
ten, auch wenn keine
gilt nach dem Bundesgerichtshof nur, wenn es ausreichend An-
Gesundheitsgefährdung für
haltspunkte gibt, dass die Aufklärung zu einer »ernsthaften und
Sie besteht. Fragen Sie nicht
nicht behebbaren Gesundheitsschädigung führen würde« (AZ:
nach, muss der Arzt Sie nur
VI ZR 179/57).
im Falle einer gesundheitlichen Gefährdung aufklären.
Medikamente
Die Aufklärungspflicht umfasst auch Arzneimittel. Im Krankenhaus werden Medikamente in der Regel eingesetzt, ohne dass Sie als Patient einen
Beipackzettel zu sehen bekommen. Hier muss Sie der Arzt über mögliche
Risiken und Nebenwirkungen aufklären.
In der Arztpraxis reicht es nach Auffassung von Landesärztekammern
aus, wenn Sie auf den Beipackzettel verwiesen werden. Bei bewusstlosen
oder Notfall-Patienten kann der Arzt von der Auskunftspflicht entbunden
sein.
Bei Medizinprodukten wie zum Beispiel Implantaten müssen Ärzte ihre
Patienten ebenfalls umfassend aufklären, dazu gehören insbesondere
auch die Risiken.
Minderjährige
Bei Minderjährigen gilt: Bei einer Behandlung von Kindern sind die Sorgeberechtigten aufzuklären. In Routinefällen ist in der Regel die Aufklärung eines Elternteils ausreichend. In schweren Fällen muss der Arzt sich
vergewissern, dass ein Elternteil die Ermächtigung des anderen hat, oder
er muss beide, Vater und Mutter, aufklären. Das gilt insbesondere bei Eltern, die getrennt leben und das gemeinsame Sorgerecht haben.
Sobald Jugendliche die geistige Reife besitzen, die Tragweite einer Be- Aufklärung ab 14
handlung zu verstehen – davon geht man etwa ab dem 14. Lebensjahr
aus –, haben sie das Recht auf körperliche Selbstbestimmung. Das gilt
auch bei medizinischen Behandlungen. Es genügt also nicht, die Eltern
Ärztliche Pflichten
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aufzuklären, der Arzt muss auch den jugendlichen Patienten selbst informieren. Dennoch müssen die Erziehungsberechtigten gerade bei schweren Eingriffen immer zusätzlich aufgeklärt werden.
Mitwirkungspflicht des Patienten
Nach dem Patientenrechtegesetz sollen Arzt und Patient bei der Behandlung zusammenwirken. Der Patient hat eine Mitwirkungspflicht. Unter anderem muss er den Arzt über alles informieren, was für die Behandlung
von Bedeutung ist, zum Beispiel über Vorerkrankungen oder regelmäßig
eingenommene Medikament. Leidet er an einer Krankheit, die auch für
den Arzt gefährlich werden kann, zum Beispiel an einer gefährlichen und
ansteckenden Infektion, muss er ihm dies wahrheitsgemäß mitteilen.
Aufklärung über die Behandlungskosten
Zur Aufklärungspflicht gehören nicht nur Informationen über die Behandlung. Als Patient haben Sie auch das Recht, vorab umfassend über die
Kosten einer Behandlung informiert zu werden.
Gesetzlich Versicherte Wenn die gesetzliche Krankenkasse die Behandlungskosten nicht oder nicht vollständig übernimmt, muss der Arzt den
Patienten vor der Behandlung über zusätzliche Kosten informieren. Das
gilt auch, wenn unklar ist, ob und wie viel die Krankenkasse zahlt.
IGeL
In Wartezimmern wird häufig in bunten Broschüren und auf Plakaten mit
Leistungen geworben, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht
übernommen werden. Diese sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) gehören nicht zum gesetzlichen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, da der medizinische Nutzen nach Ansicht von Krankenkassen und Ärztevertretern nicht oder noch nicht
ausreichend erwiesen ist.
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Nach dem Gesetz müssen Kassenleistungen »ausreichend,
Das Leistungsangebot der
Krankenkassen ist unterschiedlich, es kann durchaus
sein, dass Ihre Kasse einzelne IGeL als freiwillige Leistung übernimmt.
zweckmäßig und wirtschaftlich« sein, sie dürfen »das Maß des
Notwendigen nicht überschreiten« (§ 12 Abs.1 SGB V). Häufig
handelt es sich bei IGeL um Vorsorgeuntersuchungen wie beispielsweise die Glaukomuntersuchung beim Augenarzt oder um
alternative Heilmethoden.
Unter die Selbstzahler-Leistungen fallen auch medizinische Angebote, die nicht der Früherkennung oder Behandlung von
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Gut behandelt – Ihre Rechte als Patient
Krankheiten dienen, wie etwa spezielle Reiseimpfungen oder
rein kosmetische Operationen.
Eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK
(WIdO) hat ergeben, dass fast 30 Prozent der Versicherten privatärztliche Leistungen angeboten werden. Die größte Zielgruppe sind Frauen zwischen 30 und 50 Jahren. Am häufigsten bieten Frauenärzte und Augenärzte IGeL an, gefolgt von praktischen
Ärzten und Allgemeinmedizinern. Der Umsatz liegt insgesamt
bei rund 1,5 Milliarden Euro. An der Spitze liegen Ultraschalluntersuchungen, gefolgt von der Glaukomvorsorge beim Augenarzt. Der Nutzen von IGeL ist häufig umstritten.
Wie viele IGeL es gibt, ist nicht genau bekannt. Der IGeL-Monitor
(www.igel-monitor.de) im Auftrag des Medizinischen Dienstes
des Spitzenver­bandes Bund der Krankenkassen (MDS) bietet
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Klären Sie im Arztgespräch,
welchen Nutzen die Leistung
hat. Fragen Sie auch nach
der wissenschaftlichen Absicherung. Lassen Sie sich
nicht zu einer Entscheidung
drängen, auch nicht, wenn
der Arzt mit seinen persönlichen guten Erfahrungen
wirbt. IGeL sind in der Regel
keine dringend notwendigen
Behandlungen.
im Internet eine Übersicht über den IGeL-Markt. Außerdem wer-
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den einzelne IGeL bewertet.
Als gesetzlich versicherter Patient müssen Sie individuelle Gesundheitsleistungen selbst bezahlen. Daher muss der Arzt einen Vertrag mit Ihnen über die Leistung abschließen und Sie
schriftlich über die genauen Kosten informieren. Ohne schriftli-
Sie müssen nur zahlen, wenn
der Arzt Sie schriftlich über
die Kosten informiert hat.
che Vereinbarung sind Sie nicht zur Zahlung verpflichtet. Der
schriftliche Kostenvoranschlag sollte alle medizinischen Einzelleistungen, deren Kosten und die zugrunde liegenden Gebührensätze enthalten, rät die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Der Arzt könne wie bei Privatpatienten den 2,3fachen Satz
berechnen. Liege der Gebührensatz höher, müsse er den Faktor
schriftlich verständlich und nachvollziehbar begründen. Pauschalen und Erfolgshonorare dürfen nicht berechnet werden.
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Verlangen Sie auch bei Barzahlung eine Quittung, da Sie
die Kosten bei der Steuerabrechnung geltend machen
können.
Privat Versicherte Die Versicherungsbedingungen der privaten Krankenkassen sind vielfältig. Daher hält es der Gesetzgeber für unzumutbar, dass
der Arzt die Bedingungen der einzelnen Versicherer kennt und darüber
informiert, ob eine einzelne Kasse die jeweiligen Kosten für eine Behandlung erstattet.
Außerdem rechnet der Arzt nicht direkt mit der Krankenkasse ab, sondern
mit dem Patienten. Die Frage der Kostenübernahme berührt ausschließlich das Verhältnis zwischen Patient und Krankenkasse. Der Patient ist als
mündiger Vertragspartner selbst verantwortlich, eine Kostenübernahme
mit seinem privaten Krankenversicherer zu klären.
Ärztliche Pflichten
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