HOPPE-SEYLER'S Z. PHYSIOL. CHEM. Bd. 349, S. 1037-1048, August 1968 Untersuchungen zur Biosynthese der Chondroitinsulfat-Proteine, II Über die Koordinierung von Protein-, Polysaccharid- und SulfatesterSynthese im Rippenknorpel von Kälbern Von TILMANN O. KLEINE, H ANS-JOACHIM KIRSIG und HELMUTH HILZ Aus dem Physiologisch-Chemischen Institut der Universität Hamburg* (Der Schriftleitung zugegangen am 4. April 1968) Zusammenfassung: Der In-vitro-Einbau von 35SOf , [14C]Glucosamin und [14C]Serin in gereinigte Chondroitin-4-sulfat-Peptide von Kälberrippenknorpel wird durch Sulfatanaloga inhibiert. Diejenigen SWe^-Konzentrationen, welche eine SOproz. Einbauhemmung in Chondroitinsulfatpeptide bewirken, liegen für Sulfat bei 4 · 10~6M, fürGlucosaminbeiS · 10~6M, für Serin bei 3 · 1Q-6M. Die Serin-Inkorporation in das gesamte Knorpelprotein wird jedoch erst durch 2 · 10~5M Selenat, die anaerobe Glykcüyse durch J · W~\\( Sehnst zcr 50% inhibiert. 4 · 10~6M Selenat führt zu einem Anstau von UDP-7V-Acetyl-hexosaminen. Molybdat in Konzentrationen von mehr als 5 · 10~4M entkoppelt in steigendem Maße die glykolytische Energieproduktion mit einer entsprechenden Zunahme des ADP/ATP-Quotienten, der Glykolysestimulierung (bis zu 240% der Norm) und der Hemmung der Makromolekül-Synthese. Inhibierung der Protein-Synthese durch Puromycin vermindert nicht nur den Glucosamin- und Sulfat- einbau in das Chondroitinsulfatpeptid, sondern führt auch zu einer Anhäufung von UDP-JV-Acetylhexosaminen und aktivem Sulfat in den Knorpelzellen. Die Auftrennung von Chondroitin-4-sulfat auf Ecteola-Cellulose-Säulen zeigt eine weitgehend gleichartige Hemmung des Sulfat-Einbaus in alle Fraktionen durch Puromycin mit Ausnahme der höchstsulfatierten Fraktion. Die 35SO|G-lnkorporation in diese Fraktion (3—4% der gesamten ü'ronsäurej ist nach Vorbehandlung mit Puromycin viel weniger gehemmt als diejenige in den anderen Fraktionen. Diese Befunde stehen in Übereinstimmung mit einem Synthese-Mechanismus, bei dem die Kettenverlängerung der Polysaccharidkomponente mit ihrer Sulfatierung gekoppelt ist. Außerdem besteht eine Rückkopplung zwischen Sulfopolysaccharidsynthese und Erstellung der Protein-Polysaccharid-Bindungsregion (Serineinbau). Summary: Studies on the biosynthesis of chondroitinsulphate proteins, II: Coordination of the synthesis of protein, polysaccharide and sulphate esters in the rib cartilage of calves. The incorporation of 35SO|0, [14C]glucosamine and [14C]serine into purified chondroitin 4-sulfate peptides in slices of calf cartilage is suppressed by sulphate analogues. Selenate concentrations that produce a 50% inhibition of incorporation into chondroitin sulphate are: 4 · 10~6M for sulphate, 5 · 10~6M for glucos- amine, and 3 · 10~6M for serine, whereas the value for serine incorporation into total protein is nearly 2 · 10~5M, and for anaerobic glycolysis 1 · 10~4M. Selenate (4 · 10~6M) also leads to an accumulation of UDP-7V-acetylhexosamines. At concentrations above 5 · 10~4M, molybdatecauses an "uncoupling" of glycotytic energy production with a concomitant increase in the ADP/ATP ratio, stimulation of glycolysis up to 240 %, and an increased breakdown of macromolecular synthesis. Abkürzung: S'-Phospho-adenosin-S'-sulfophosphat = aktives Sulfat. * Postanschrift: Prof. Dr. H. HILZ, D-2 Hamburg 20, Martinistraße 52. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM 1038 T. O. KLEINE, H.-J. KIRSIG und H. HILZ Bd. 349 (1968) The inhibition of protein synthesis by puromycin not only suppresses glucosamine and sulphate incorporation, but also leads to an accumulation of active sulphate and UDP-7V-acetylhexosamines. Chromatography of the chondroitin 4-sulphate on ecteola cellulose reveals a similar inhibition of sulphate incorporation into all fractions by puromycin, except for the fraction with the highest degree of sulphation. Sulphate incorporation into this fraction (3—4% of the total uronic acid), is much less affected by preincubation with puromycin than is the incorporation into the other fractions. These observations are consistent with a mechanism of chondroitin sulphate synthesis, where elongation of the polysaccharide chain is coupled to its sulphation. In addition, there obviously exists a control system relating sulphopolysaccharide synthesis to the formation of the protein-polysaccharide linkage region (serine incorporation). Obgleich in den Chondroitinsulfatproteinen die Proteinkomponente meist nur 6—20% des Gesamtmoleküls ausmacht, lassen sich diese Verbindungen auch als Proteide mit einer Kohlenhydratkomponente als prosthetischer Gruppe auffassen. Da die Synthese eines Apoenzyms über die Konzentration der prosthetischen Gruppe gesteuert wird (vgl.1-3), wäre auch bei der Bildung der Chondroitinsulfatproteine eine ähnliche Regulationsweise denkbar. CAM PO und DziEwiATKOWSKi4 sowie GROSS et al.5 konnten die simultane Synthese der Hauptkomponenten des Chondroitinsulfatproteins (Polysaccharidketten, Sulfatester, Akzeptorprotein) wahrscheinlich machen. Im Gegensatz hierzu weisen die Befunde von TELSER et al.6'7 am isolierten, zellfreien System aus Hühnerembryoknorpel auf eine Dissoziation zwischen Polysaccharidbildung, Sulfatierung und Akzeptorproteinsynthese hin. In dieser Arbeit wird über Versuche berichtet, die Biosynthese der Chondroitinsulfatproteine und ihre Regulation durch Einsatz spezifischer Inhibitoren der Sulfopolysaccharidbildung bzw. der Proteinsynthese zu analysieren. Die Untersuchungen wurden mit Knorpelschnitten von Kälberrippenknorpel durchgeführt, die in vitro fast ausschließlich Chondroitin-4-sulfat-Protein syn- thetisieren8. Teile dieser Arbeit wurden 1965 auf der Tagung der Gesellschaft für Physiologische Chemie in Köln9 und auf der IV. FEBS-Tagung in Oslo 196710 vorgetragen. Methodik Knorpelschnitte Rippenknorpel von Kälbern (3—4 Monate alt) wurde auf dem Schlachthof unmittelbar nach dem Töten entnommen und auf Eis gelegt. Nach Abtrennen von anhaftendem Gewebe wurde der Knorpel mit einem Mikrotom in Scheiben von ca. 100 Dicke geschnitten. Dabei blieb das Perichondn'um zur liefe. Die Knorpelschnitte wurden bis zur Inkubation in einer feuchten Kammer eisgekühlt aufbewahrt. Ungeschnittener, in Eis aufbewahrter Knorpel behielt mindestens 3—4 Tage seine volle enzymatische Aktivität. Einfrieren auf — 20 °C führte jedoch zur vollständigen Inaktivierung. Standard-Inkubationsansatz In viereckigen WARBURG-Gefäßen (Volumen ca. 15 "m/) mit Seitenbirne wurden Knorpelschnitte (200 bzw. 300 mg Feuchtgewicht) in 2,80 bzw. 4,00 m/ KREBSRiNGER-Lösung (sulfat-arm)* mit Glucose (l l,6mM) bei 37 °C unter Schütteln und mit N2/CO2 (95:5 v/v) als Gasphase 120 Min. inkubiert und der Gasaustausch gemessen. Zusätze wie Puromycin oder Sulfatanaloga 1 C. L. HAMMEL u. S. P. BESSMAN, Science 154, 1080 wurden der KREBS-RiNGER-Lösung zu Beginn der In[1966]. kubation zugesetzt. Nach 20 Min. Vor-Inkubation wur2 H. S. M ARVER, D. P. TSCHUDY, M. G. PERLROTH u. den aus dem Seitenarm 0,20 m/ KREBS-RING ER-Lösung A. COLLINS, Science 154, 501 [1966]. mit einer der folgenden radioaktiven Verbindungen zu3 J. WITT u. L. HEILMEYER, Biochem. biophysic. Res. gesetzt: Commun. 25, 340 [1966]. 4 R. D. CAMPO u. D. D. DZIEWIATKOWSKI, J. biol. Che- * End-Konzentration der Lösung mit H2SO4 auf 0,5mM SO42e eingestellt. mistry 237, 2729 [1962]. 5 8 J. J. GROSS, M. B. MATHEWS u. A. DORFMAN, J. biol. I. Mitteil. T. O. KLEINE u. H. HILZ, diese Z. 349, Chemistry 235, 2889 [I960]. 1027 [1968], vorstehend. 6 A. TELSER, H. C. ROBINSON u. A. DORFMAN, Proc. nat. 9 H.-J. KIRSIG u. H. HILZ, Abstr. Tag. d. Ges. Physiol. Chem., Köln 1965. Acad. Sei. USA 54, 912 [1965]. 7 A. TELSER, H. C. ROBINSON u. A. DORFMAN, Arch. 10 T. O. KLEINE, H.-J. KIRSIG u. H. HILZ, Abstr. p. 71, IV. FEBS meeting Oslo 1967. Biochem. Biophysics 116, 458 [1966]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM Zur Biosynthese der Chondroitinsulfatproteine, II Bd. 349(1968) 2,5 C Na235SO4 (trägerfrei, Fa. Buchler & Co., Braunschweig) bzw. 0,5 C [l-14C]Glucosamin (spezif. Aktiv. oder 5 [6-3H]Glucosamin (spezif. Aktiv. 238 mC/ mMol, New England Nuclear Corp., Dreieichenhain, Frankfurt) bzw. 2,5 C [u-14C]L-Serin (spezif. Aktiv. 120 C/ Mol) oder l C [14C]L-Leucin (spezif. Aktiv. 35,5 <3/ 1, Radiochem. Center Amersham, England). Bei Versuchen mit [3H]Glucosamin wurde die Glucosekonzentration auf 0,58mM erniedrigt. Auf diese Weise wurde die Konkurrenz um die Hexokinase zugunsten des Glucosamins verschoben und die Einbauraten stiegen an. Unter diesen Bedingungen mußte jedoch die Inkubationszeit auf 90 Min. beschränkt werden, da es sonst zur Glucose-Verarmung kam. Nach der Inkubation wurden die Gefäße abgekühlt, die Inkubationsflüssigkeit abgegossen und die Schnitte dreimal mit 0,25M Saccharose-Lösung gewaschen. Bei Versuchen mit 35 SC>420 wurde außer Saccharose noch Ammoniumsulfat (0,5M) zugesetzt. Die Knorpelschnitte wurden dann mit Papain abgebaut und dialysiert wie beschrieben8. 1039 versuchen 0,07mM SO42e bei Zugabe von 10 C35SO420. Nach Inkubation wurden die Knorpelschnitte (200 mg) sofort zwischen Filtrierpapier abgetupft und in 4 ml , Phosphatpuffer, pH 7,4, für 2 Min. auf 100°C erhitzt. Nach raschem Abkühlen und Abzentrifugieren der Schnitte wurden zu 2 ml Überstand 50 mg Aktivkohle (Merck A.G., Darmstadt) zugesetzt und nach Abzentrifugieren der Überstand verworfen. Darauf wurde der Kohleniederschlag 5mal mit je 7 ml 0,01 M K2SÜ4 in 0,01 M Na2P2O?, pH 8,0 gewaschen und schließlich aus dem adsorbierten aktiven [35S]Sulfat mit 3 ml 0,lN HC1 (30 Min. bei 37°C) 35SO420 abhydrolysiert (vgl.11). Vorversuche ergaben, daß unter diesen Bedingungen weder freies 35SO426> noch Chondroitinsulfat an die Kohle adsorbiert bzw. hydrolysiert werden. Nach Abkühlen und Zentrifugieren des Ansatzes wurde vom Überstand ein Aliquot auf Eisenplättchen im Methandurchflußzähler gezählt. Ähnliche Ergebnisse wurden erzielt durch elektrophoretische Trennung des HitzeExtraktes sowie nach Extraktion der Knorpelschnitte mit Trichloressigsäure. Nicht inkubierte Kontrollen wiesen einen zu vernachlässigenden Radiosulfat-Einbau in die Fraktion des aktiven Sulfats auf. Bestimmung des Glucosamineinbaus in die VDP-NBestimmung des SO 4 - Einbaus in Chondroiiin-4-sulfat- Acetyl-hexosaminfraktion Nach Inkubation unter Standardbedingungen, jedoch Peptide 3 Die Chondroitinsulfatpeptide wurden mit Cetylpyridi- mit 0,58mM Glucose und 5 C [6- H]Glucosamin niumcbloFid (3 mg auf l mg Chondroitiasulfat, 30 Min. (spezif. Aktiv. 238 mCi'mbfoi) wurden cfre Schnitte zweibei 37°C) ausgefällt. Der 17000x#-Niederschlag wurde mal mit kalter isotoner Saccharose gewaschen, auf Filter! Glucoszweimal mit 0,lproz. Cetylpyridiniumchlorid in 0,03M papier abgetupft und zusammen mit 40 ! UDP-N-Acetyl-glucosamin (Fa. NaCl gewaschen und mit Äthanol gefällt5. Der in l ml amin und l Wasser gelöste Niederschlag wurde wie beschrieben Boehringer & Soehne, Mannheim) in 4 ml 0,01 M Phosanalysiert8. In einigen Fällen wurde der Einbau von phatpuffer, pH 7,4, für 2 Min. auf 100°C erhitzt, abRadiosulfat in das Chondroitinsulfat dadurch ermittelt, gekühlt, 3 ml des Überstandes mit 100 mg Aktivkohle daß die inkubierten und gewaschenen Schnitte unter (Merck) gemischt und nach 60 Min. zentrifugiert. Das internem Mischen 24 Std. gegen fließendes Leitungs- Kohlesediment wurde 5mal mit 5 ml Phosphatpuffer wasser dialysiert und der gesamte Inhalt des Dialysier- gewaschen und die Nucleotide zweimal mit 3 ml 50proz. schlauches dann unter Zusatz von 50 ! Na2SO4, wäßriger Pyridinlösung eluiert. Die erhaltenen Über0,3 ml TOproz. HC1O4 und 0,3 ml konz. HNO3 verascht stände wurden mit Chloroform extrahiert, gefrierge! wurde. Aus dem in 5 ml Wasser aufgenommenen Rück- trocknet und der Rückstand unter Zusatz von 2 stand wurde mit l ml IM Bariumacetat-Lösung das Sul- UDP-W-Acetyl-glucosamin in 60 / Wasser aufgenomfat als BaSO4 ausgefällt. Der abzentrifugierte Nieder- men. Die Nucleotidfraktion wurde sowohl durch Elektroschlag wurde 2mal mit 3 ml Wasser, l mal mit 3 ml phorese (10 V/cm, 8 Std. 4°C, 0,025M Citratpuffer, Methanol gewaschen, im Vak. über CaCl2 getrocknet pH 5,70) wie durch Papierchromatographie (aufsteigend, und in l ml Wasser fein suspendiert. Davon wurden 96proz. Äthanol/1 M Ammoniumacetat 7:3 (V/V); 0,4 ml auf Aluminiumplättchen im Methandurchfluß- Schleicher-&-Schüll-Papier 2043 b) getrennt, die UDP7V-Acetyl-hexosamin-Fraktion ausgeschnitten und mit zähler (Friesecke & Höpfner, Erlangen) gezählt. Dioxanszintillator auf Radioaktivität analysiert. Beide Trennmethoden ergaben vergleichbare Werte. Bestimmung des ^ SO/?Q -Einbaus in aktives Sulfat erDie Standard-Inkubationsbedingungen wurden wie folgt Die Hitzeextraktion der UDP-TV-Acetyl-hexosamine 3 geändert: Bei den Versuchen mit Selenat und Molybdat gab 90 % Ausbeute, wenn den Schnitten H-markiertes betrug die SO420-Konzentration im Medium 0,25mM bei UDP-W-Acetyl-glucosamm zugesetzt wurde. Andere Extraktionsverfahren wie Zerkleinerung der in flüssiger einem Angebot von 20 C 35SO420, bei den PuromycinLuft eingefrorenen Schnitte und anschließende längere 11 P. W. ROBBINS u. F. LIPMANN, J. biol. Chemistry 229, Einwirkung von kalter 4proz. Perchlorsäure ergaben 857 [1957]. niedrigere Werte. 35 2 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM 1040 T. O. KLEINE, H.-J. KIRSIG und H. HILZ In den abzentrifugierten Knorpelschnitten wurde der Einbau des radioaktiven Glucosamins in das Chondroitinsulfat nach Papainverdauung und Cetylpyridiniumchlorid-Fällung bestimmt. Markierung und Bestimmung des Gesamtproteins in Knorpelschnitten Nach Inkubation unter Standardbedingungen wurden die auf Filterpapier getrockneten Knorpelschnitte gewogen. Ein Drittel des Gesamtgewichtes diente der Protein-Analyse, aus den restlichen 2/a wurde nach Papainverdauung die Chondroitinsulfat-Fraktion isoliert. Zur Analyse der Proteine wurden die Schnitte 2 Std. mit 5proz. Trichloressigsäure (0°C) und anschließend 20 Std. mit kaltem Aceton extrahiert. Dann wurde in 2 m/ Sproz. Trichloressigsäure 20 Min. bei 90°C erhitzt, der Niederschlag bei 6000 U./Min. abzentrifugiert, gewaschen und in 2 m/ 0,5N KOH gelöst. Nach Abzentrifugieren des unlöslichen protein-freien Anteils wurde das Protein im Überstand nach der Biuretmethode und die Radioaktivität wie beschrieben8 ermittelt. Bd. 349(1968) Tab. 1. Wirkung verschiedener Sulfatanaloga auf den 35 SO420-Einbau in die Sulfopolysaccharidfraktion und auf die anaerobe Glykolyse. Die Absolutwerte der Kontrolle für 100 mg Knorpelschnitte aus 4—6 Bestimmungen betragen bei 35SO42ö-Einbau: 12089 ± 2380 Ipm, bei der CO2-Produktion: 0,72 ± 0,05 CO2 (Standard ab weichung). Standardbedingungen mit 150 Min. Inkubation bei gleichzeitiger Zugabe von 35 4 SO420 und Analogen. Der Sulfateinbau in das Chondroitinsulfat wurde durch erschöpfende Dialyse und Veraschung der polymeren Fraktion ermittelt (s. Methodik). Anion (l · 10-4M) 35 SO420-Einbau (Kontrolle = 100) SO32e Se0420 CrO420 2 4 20 WO4 71 5,5 10,3 79 81 CO2-Produktion (Kontrolle = 100) 105 65 37 119 97 Ergebnisse /. Versuche zur spezifischen Hemmung der Chondroitinsulfatsynthese Die Prüfung verschiedener SuJ/aiaualo^a (9·12·13) an Kälberrippenknorpelschnitten ergab bei einer Konzentration von l · 10~4M in allen Fällen eine Hemmung des Sulfateinbaus in die Sulfopolysaccharidfraktion (Tab. 1). Die gleichzeitige Messung der (anaeroben) Glykolyserate deutete aber darauf hin, daß vor allem im Falle des Chromats eine Inhibierung der Chondroitinsulfatsynthese nicht allein über eine Hemmung der Synthese des aktivierten Sulfats zustande kommt, sondern in beträchtlichem Maße auch über eine Störung der Energieproduktion. Wir wählten deshalb für die vorgesehenen Versuche zunächst Molybdat, das bei der Konzentration l · 10~4M zwar eine nur mäßige Hemmung der Chondroitinsulfatbildung, aber auch keine Glykolysehemmung bedingt. a) Die Wirkung von Molybdat auf die Chondroitinsulfatsynthese Wie Abb. l vermittelt, zeigt die Hemmung der Chondroitinsulfatsynthese durch steigende Mengen Molybdat eine zweiphasige Abhängigkeit. Der rela12 H. HILZ u. F. LIPMANN, Proc. Nat. Acad. Sei. USA 41, 880 [1955]. 13 L. G. WILSON u. R. S. BANDURSKI, J. biol. Chemistry 233, 975 [1958]. 200 150 * 100 Prot MoO**lMol/l]—— Abb. 1. Der Einfluß von Molybdat auf anaerobe Glykolyse, Chondroitinsulfat- und Proteinsynthese in Knorpelschnitten. Die Synthese von Chondroitinsulfat wurde mittels 35SO42ö-Einbau (gemäß den Angaben der Legende von Tab. 1), diejenige von Protein mittels [14C]Leucin-Einbau (s. Legende zu Tab. 2) bestimmt. 150 Min. Inkubation unter Standardbedingungen (20 Min. Vorinkubation mit Molybdat). Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM Bd. 349 (1968) Zur Biosynthese der Chondroitinsulfatproteine, II 1041 Tab. 2. Entkoppelnde Wirkung von Molybdat auf die anaerobe Glykolyse in Knorpelschnitten. Alle Werte beziehen sich auf 100mg Knorpel-Feuchtgewicht. 400mg Knorpelschnitte wurden unter Standardbedingungen (20 Min. Vorinkubation mit Molybdat) mit l € [14C]L-Leucin in 5 m/ Medium für 150 Min. inkubiert, in flüssiger Luft eingefroren, zerkleinert und mit 7 m/ 3proz. HC1O4 30 Min. extrahiert und abzentrifugiert. Nach Neutralisation mit KHCO3 wurde im klaren Überstand ATP mit Hexokinase und ADP mit Pyruvatkinase bestimmt14. Der extrahierte Rückstand wurde nach erschöpfender Dialyse gegen Leitungswasser mit Papain verdaut 8 und ein Aliquot im Methan-Durchflußzähler gezählt (Leucin-Einbau). Für den 35SO420-Einbau gelten die in Tab. l beschriebenen Bedingungen. Molybdat [Mol//] — 3· 1· 3· "4 -3 -3 ATP/ADP [ 1,86 1,41 1,15 0,28 Glykolyse ! CO2] [%] 0,66 1,14 1,62 1,32 tiv flache Kurvenverlauf im Bereich zwischen l · 10~5M und 3 · 10~4M Molybdat wird bei höheren Konzentrationen abgelöst von einer Kurve, die sich rasch der vollständigen Inhibierung nähert. Offensichtlich wird hier der erste Hemmungstyp überlagert von einer vermutlich unspezifischen Schädigung. Das ergibt sich auch aus dem Verlauf des Aminosäuren-Einbaus: Im Konzentrationsbereich zwischen 5 · 10~5 und 3 · 10~4M erfolgt nur eine gering Be&jiflussung. Molyboatkonzentrationen von 10~3M und darüber bewirken jedoch eine starke Inhibierung. Der Bereich der unspezifischen Schädigung von Sulfat- und Aminosäuren-Einbau entspricht gleichzeitig einer maximalen Stimulierung der Glykolyse. Alle drei Phänomene lassen sich durch eine „entkoppelnde" Wirkung des Molybdats auf die -glykolytische Energieerzeugung erklären: Wie Tab. 2 demonstriert, kommt es mit steigender Molybdatkonzentration zu einer immer stärkeren ATP-Verarmung, in deren Gefolge die Glykolyse stimuliert, die Synthese von Makromolekülen aber reduziert wird. Trotzdem zeigen die Versuche, daß in einem niedrigen Konzentrationsbereich Molybdat eine vermutlich spezifische Hemmung der Chondroitinsulfatsynthese bewirkt. Diese spezifische Hemmung kommt über eine Beeinträchtigung der Synthese des aktiven Sulfats zustande (Abb. 2 oben). Die „Durchmarkierung" des aktiven Sulfats, bei der ein Gleichgewicht zwischen spezifischer Aktivität des freien Sulfats und des aktiven [35S]Sulfats in den Knorpelschnitten erreicht wird, ist nach 14 H. A. ADAMS in Method, d. enzymat. Analyse, S. 539 u. 573 (H. U. BERGMEYER, Ed.), Verlag Chemie, Weinheim/Bergstr. 1962. 100 173 245 200 [14C]Leucin-Einbau [Ipm] [%] 6275 5507 4037 870 35 SO420-Einbau [Ipm] [%] 100 88 64 14 8531 5768 955 - 100 68 11 — 5—10 Min. zu beobachten. Unter diesen Bedingungen stellt die Hohe der Markierung von aktivem Sulfat ein Maß für seine Konzentration dar. 2 · 10~4M Molybdat bedingt demnach ein Absinken der normalen Menge an aktivem Sulfat auf ca. 57%. Aber auch die Sulfopolysaccharidsynthese ist unter diesen Bedingungen etwa auf die Hälfte vermindert. Im Bereich der spezifischen Hemmung der Chondroitinsulfatbildung durch Molybdat ist aucn der Leucin-Einöau m cfie Knorpelproteine in geringem, doch deutlichen Ausmaß (Abb. 1) betroffen. Dies deutet daraufhin, daß eine enge Beziehung zwischen einem Teil der Proteinsynthese und der Chondroitinsulfatbildung existieren muß. Die spezifische Wirkung des Molybdats erstreckt sich aber nur auf einen relativ kleinen, noch wenig wirksamen Konzentrationsbereich. Die weiteren Untersuchungen wurden deshalb mit Selenat vorgenommen. b) Inhibierung der Chondroitinsulfatsynthese durch Selenat Selenat in einer Konzentration von 8 · 10~5M hemmt den Einbau von 35SOfe, [14C]Glucosamin und [14C]Serin in gereinigtes Chondroitinsulfat fast vollständig (Tab. 3). Diese Hemmung kommt jedoch nicht über eine Blockierung der Bildung von aktivem Sulfat zustande. Wie die untere Hälfte der Abb. 2 zeigt, erreicht die Synthese von aktivem Sulfat in Gegenwart von Selenat (2 · 10~4M) zwar nur 81% der Kontrollansätze und indiziert damit eine partielle Hemmung der Sulfat-Aktivierung. Die Sulfatierung von Chondroitinsulfat ist jedoch weit stärker inhibiert. Dies scheint zunächst auf eine unspezifische Wirkung des Selenats hin- Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM 1042 T. O. KLEINE, H.-J. KIRSIG und H. HILZ Bd. 349 (1968) 1500 Abb. 2. Hemmung des 35SO42e-Einbaus in aktives Sulfat (PAPS) und in Chondroitinsulfc (ChS) durch 2 · 10~4M Molybdat (oben) und 2 · 10~4M Selenat (unten). Inkubation unter Standardbedingunge (20 Min. Vorinkubation mit Molybdat bzw. Selenat). Analytik gemäß den Bedingungen der Legende von To. 1. zuweisen. Durch folgende Beobachtungen wird jedoch eine primäre und spezifische Hemmung der Sulfatierungsreaktion durch niedrige Selenatkonzentrationen wahrscheinlich gemacht: Die Energieproduktion (gemessen an der Glykolyse, die unter den anaeroben Verhältnissen als einzige Reaktionsfolge ATP erzeugen kann) wird zwar bei hohen Selenatkonzentrationen partiell gehemmt. Dies erklärt aber weder die Hemmung des Sulfat- einbaus noch die der Glucosamin-und Senn-Inkorporation in Chondroitinsulfatpotide (Abb. 3). Auch der Anstau der energiereihen UDP-7VAcetyl-hexosamine, der bei Inhibieang der Chondroitinsulfatsynthese durch niedrie (4 · 10~6M)Selenat-Konzentrationen (Abb. 4) bobachtet wird, setzt eine intakte Energieproduktin voraus. Ein Anstau der UDP-Derivate ist selfct bei höheren Selenatkonzentrationen (8 · 10~5M) och zu sehen. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM 1043 Zur Biosynthese der Chondroitinsulfatproteine, II Bd. 349 (1968) Tab. 3. Spezifische Aktivit t verschiedener Reinigungsstufen des Chondroitinsulfatpeptids. Mittelwerte aus 2—4 Versuchen mit mittlerer Abweichung. Die Werte wurden in Ipm/μΜοΙ Glucurons ure angegeben. Ermittlung der Radioaktivit t erfolgte auf Alu-Pl ttchen im Methan-Durchflu z hler. Inkubation unter Standardbedingungen (200 mg Knorpelschnitte). 20 Min. Vorinkubation mit Selenat (8 · 10~5M) bzw. Puromycin (5 · 10~5M). Reinigung des markierten Chondroitinsulfatpeptids nach Papainverdauung und wiederholter Umf llung mit Cetylpyiidiniumchlorid (CPC). Weitere Details sind im experimentellen Teil beschrieben. Radioaktive Vorstufe Zus tze — Selenat Puromycin 14 C-Glucosamin — Selenat Puromycin 14 — C-Serin Selenat Puromycin 35 SO42e Dialysat nach Papainverdauung [Ipm] [%] 2490 ± 293 100 400 dz 42 16 448 ± 11 18 136 ± 16 100 36 ± 1 26 78 dz 27 57 338 ± 69 100 41 dz 9 12 5 17 dz 4 l.CPC-F llung [Ipm] [%] 2708 .dz 406 100 331 d: 23 12 381 14 127 ± 12 100 32 dz 3 25 34 dz 1 28 282 dz 20 100 2 5zt 1 3 9dz 1 2. CPC-F llung [Ipm] [%] 3384 dz 233 100 394 dz 46 12 15 507 . 171 ± 38 100 38 dz 3 22 41 ± 4 24 — — 3. CPC-F llung [Ipm] [%] 3098 ± 12 100 333 dz 49 11 20 606 180 ±31 100 43 dz 1 24 47 dz 3 26 — — ΊΜοΙ/lJ Abb. 3. Der Einflu der Selenatkonzentration auf die Inkorporation verschiedener Vorstufen in Chondroitinsulfatpeptide. 300 mg Knorpelschnitte wurden 90 Min. mit 2,5 μC [14C]L-Serin bzw. mit 5 μC [3H]Glucosamin und 0,5 μC 35SO420 (Doppelmarkierung) unter Standardbedingungen inkubiert. Die Isolierung des Chondroitinsulfatpeptides erfolgte durch Cetylpyridiniumchlorid-F llung, die gesamten Knorpelproteine wurden als Biuretprotein bestimmt. Die absoluten Kontrollwerte betrugen: 22822 Ipm/mg Protein f r die Summe [34C]Serin-markierter Knorpelproteine; 378 Ipm/μΜοΙ Glucurons ure f r [14C]Serin-markierte, 4429 Ipm/μΜοΙ Glucurons ure f r 35SO420-markierte und 7951 Ipm/μΜοΙ Glucurons ure f r [3H]Glucosamin markierte Chondroitinsulfatpept:de. Die Kontrollwerte f r die CC>2-Produktion sind aus Tab. l ersichtlich, a) · 0: Anaerobe Glykolyse; c o: Serineinbau in das Gesamtprotein; 3 3: Serineinbau in Chondroitinsulfatpeptide. b) · ·: Glucosamineinbau in Chondroitinsulfat; o o: Sulfat-Einbau in Chondroitinsulfat. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM 1044 T. O. KLEINE, H.-J. KIRSIG und H. HILZ Bd. 349 (1968) 3000- Se UDP-HexNAc ChS 10002000 Kontr. Kontr. 500- mo· 30 60 90 t [Min.] 3 Abb. 4. UDP-7V-Acetyl-[ H]hexosamin-Anstau (a) und Hemmung des [3H]Glucosamineinbaus in Chondroitinsulfat (b) durch 4 · 10~6M Selenat. 300 mg Knorpelschnitte wurden unter Standardbedingungen inkubiert und die UDP-A^-Acetyl-[3H]hexosamin-Fraktion wie in der Methodik beschrieben gemessen. Die Radioaktivität der Chondroitinsulfatpeptide wurde nach Papainverdauung und Cetylpyridiniumchlorid-Fällung bestimmt (s. Methodik). Empfindlicher als die Energieproduktion reagiert die generelle Proteinsynthese auf Selenat (Abb. 3). Bei 2 · 10~5M ist der Serin-Einbau bereits zu 50% gehemmt. Ähnlich verhält sich auch der Einbau anderer markierter Aminosäuren. Trotzdem erklärt auch diese vielleicht unspezifische* Wirkung nicht die bedeutend empfindlichere Reaktion derjenigen Parameter, welche die De-novo-Synthese von Chondroitinsulfatprotein indizieren (Abb. 3): Die 50%Hemmung für den Serineinbau in das Gesamtprotein liegt bei 2 · 10~5M Selenat, während der Glucosamineinbau schon bei ca. 5 · 10~6M, der Sulfateinbau bei 4 · 10~6M Selenat zur Hälfte inhibiert sind. //. Hemmung der Chondroitinsulfatproteinsynthese durch Puromycin Vorinkubation von Knorpelschnitten mit 5 · 10^"5M Puromycin für 20 Min. unterbindet fast vollständig * Nach SCHUBERT machen die Protein-Polysaccharide ca. 50% der Trockenmasse des Knorpelgewebes aus15. Eine spezifische Hemmung dieser Komponente sollte sich dann auf jeden Fall in der Markierung des Gesamtproteins bemerkbar machen. 15 J. MALAWISTA u. M. SCHUBERT, J. biol. Chemistry 230, 535 [1958]. die Inkorporation von [I4C]Serin in das Chondroitinsulfatpeptid (Tab. 3). Gleichzeitig erfahren aber auch Sulfat- und Glucosamineinbau eine drastische Reduktion. Die so indizierte Inhibierung von Polysaccharid- und Sulfopolysaccharidsynthese äußert sich auch in einem Ansiau der aktivierten Vorstufen UDP-N-Acetyl-hexosamin (Tab. 4) und aktives Sulfat (Abb. 5). Zwar besteht ein definitiver Einfluß von Puromycin auf die Glykolyse (Tab. 4); doch lassen sich damit die beobachteten Phänomene nicht erklären. Die Inhibierung der Sulfopolysaccharidbildung durch Puromycin tritt nicht sofort in voller Stärke auf, sondern entwickelt sich im Verlauf der Inkubation (Abb. 5). So ist die Hemmung zum Zeitpunkt 90 Min. (+20 Min. Vorinkubation) fast vollständig, während in den ersten 30 Min. weniger als 50% Inhibierung zu beobachten ist. Eine Auftrennung der Chondroitinsulfatketten an Ecteola-Cellulose zeigt, daß alle Ketten (bezüglich Heterogenität vgl. vorhergehende Arbeit8) eine ähnliche Inhibierung des Sulfateinbaus durch Puromycin erfahren (Tab. 5). Die einzige Ausnahme bildet die (letzte) Fraktion VII (Sulfatierungsgrad > 1), deren Sulfateinbau durch Puromycin weit weniger gehemmt wird. Diese Fraktion Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM Bd. 349 (1968) 1045 Zur Biosynthese der Chondroitinsulfatproteine, II Tab. 4. UDP-7V-Acetyl-hexosamin-Anstau und Hemmung der anaeroben Glykolyse durch 5 · 10~5M Puromycin in Knorpelschnitten. 300 mg Knorpelschnitte wurden mit l μΟ [14C]Glucosamin 30 Min. unter Standardbedingungen (20 Min. Vorinkubation ± Puromycin) inkubiert und die 14C-Markierung der UDP-W-Acetyl-hexosaminfraktion sowie die anaerobe Glykolyse (120 Min. Inkubation) gemessen, wie im methodischen Teil beschrieben. Kontrolle Puromycin In Vielfachen der Kontrolle (= 1,00) 162 ± 10 2,46 i 0,33 209 ± 26 1,58± 0,23 1,29 0,64 Parameter UDP-W-Acetyl-hexosamin-Markierung [Σ Ipm] Anaerobe Glykolyse [μΜο! CO2/120 Min.] b) ' Kontr. ί ".20- +Pur. t fMin.J - 30 60 Abb. 5. Anstau von aktivem Sulfat (a) und Hemmung der Chondroitinsulfatsynthese (b) in Knorpelschnitten durch 2 · 10~4M Puromycin (Pur.). 200 mg Knorpelschnitte wurden mit 10 μΟ 35SO426> unter Standardbedingungen (20 Min. Vorinkubation) inkubiert und der Radiosulfat-Einbau in die aktives Sulfat enthaltende Fraktion, wie in der Methodik angegeben, gemessen. Die Chondroitinsulfatsynthese wurde nach ersch pfender Dialyse der Knorpelschnitte gegen Tr gersulfat durch Isolierung des markierten Sulfates nach Veraschung bestimmt (s. Methodik). Die gegen ber Tab. 3 und 5 etwas geringere Hemmung der Sulfat-Inkorporation durch Puromycin ist vermutlich durch die unterschiedliche Aufarbeitung bedingt. enth lt 4% der gesamten Urons ure und 7% des Estersulfates. Eine gewisse Beimengung dieser Fraktion scheint noch in der vorhergehenden Fraktion VI enthalten zu sein. Die gleichen Ergebnisse werden auch erzielt, wenn man die Polysaccharid- fraktion nach Papainverdauung mit Cetylpyridiniumchlorid umf llt. Trotzdem deutet das Hexosamin/Urons ure-Verh ltnis von ca. 1,1 auf eine geringe Verunreinigung dieser beiden Fraktionen mit Keratansulfat hin. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM 1046 T. O. KLEINE, H.-J. KIRSIG und H. HILZ Bd. 349 (1968) Tab. 5. Der Einfluß von Puromycin auf die spezifische Markierung der Sulfatester von Chondroitinsulfatpeptiden nach Ecteola-Chromatographie. Alle Werte beziehen sich auf 1300mg Knorpelschnitte. Nach In-vitroMarkierung der Schnitte mit 35SO42e (10 €/300 mg Feuchtgewicht ± 5 · 10~5M Puromycin, 20 Min. Vorinkubation), Papainverdauung und Dialyse erfolgte die Fraktionierung auf einer Ecteola-Cellulosesäule (vgl. 8 und Methodik). Bezifferung vgl. Legende zu Tab. 9 der vorangehenden Arbeit8. Fraktion NaCl-Konzentration im Eluat [Mol//] Nr. I + 11 III IV v VI VII 0,10 0,25 0,50 0,75 1,00 2,00 Uronsäure [ Kontrolle Puromycin 6,7 33,4 43,5 21,5 16,0 4,6 3,4 22,0 54,8 22,9 18,0 4,3 Diskussion In dieser Arbeit wurde versucht, auf zwei Fragen eine Antwort zu finden: 1. Gibt es eine Kopplung zwischen Sulfatierung, Polysaccharidsynthese und Verknüpfung der Chondroitinsulfatkette mit dem Akzeptorprotein? 2. Liegt der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Chondroitinsulfatprotein-Synthese bei der Bildung des Sulfopolysaccharids oder bei der Erstellung der Proteinkomponente — analog der Coenzym-Induktion ? Spezifische Hemmung der Chondroitin-4-sulfat-Proteinsynthese durch Sulfatanaloga Die Synthese des Chondroitinsulfats im Chondroitinsulfatprotein erfordert als essentiellen Schritt die Übertragung der Sulfatgruppe vom aktiven Sulfat auf eine präformierte Oligo- oder Polysaccharidkette6'7' 9.16-18. Eine spezifische Unterbindung der Synthese des aktiven Sulfats muß daher zu einem Ausfall der Sulfatierungsreaktion führen. Untersuchungen von HILZ und LiPMANN12 hatten gezeigt, daß Selenat die In-vitro-Synthese von /?-Nitrophenylsulfat aus anorganischem Sulfat und /?-Nitrophenol in Säugetierleber durch Hemmung der Bildung des aktivierten Sulfats inhibiert. WILSON 16 ] E. MEEZAN u. E. A. DAVIDSON, J. biol. Chemistry 242, 4956 [1967]. 17 S. SUZUKI u. J. L. STROMINGER, J. biol. Chemistry 235, 257, 267, 274 [I960]. 18 F. D'ABRAMO u. F. LIPMANN, Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 25, 211 [1957]. Spezif. Aktivität der Sulfatgruppen [Ipm/ SO420] Kontrolle Puromycin In % der Kontrolle 2680 2740 3500 — 8320 17700 274 307 420 675 1580 8020 10 11 12 — 19 45 und BANDURSKi13 erweiterten diesen Befund und fanden, daß die ATP-Sulfurylase aus Hefe mit verschiedenen sulfatanalogen Verbindungen (SO|G, SeO2©, CrOf©, MoOf 0 und WO|Ö) reagiert. Erwartungsgemäß hemmen alle diese Sulfatanaloga den Einbau von Radiosulfat in die Chondroitinsulfat-Fraktion des Kälberrippen-Knorpels, jedoch nicht allein durch die Drosselung der Synthese von aktivem Strffef, SftrideYfi z. T. auch durch die Beeinflussung der Energieproduktion. Im Hühnerembryoknorpel hatten BOYD und NEUMANN19 schon früher eine Inhibierung der 35 SOfe-ChondroitinsulfatmarkierungdurchMolybdat und Selenat beobachtet und sie auf eine Atmungshemmung zurückgeführt. Diese Deutung ist für unsere Versuche irrelevant, da hier die Knorpelschnitte unter anaeroben Bedingungen inkubiert wurden. Wirkungen des Molybdais Molybdat zeigt unter diesen Bedingungen eine entkoppelnde Wirkung auf die Glykolyse. Eine Ähnlichkeit mit der Arsenatwirkung auf die Glykolyse20"22 ist auffallend: In beiden Fällen scheint es letztlich zu einer ATPase-Wirkung auf Grund spon19 E. BOYD u. W. F. NEUMAN, Arch. Biochem. Biophysics 51, 475 [1954]. 20 O. WARBURG, Wasserstoffübertragende Fermente, S. 46, Ed. Contor Freiburg i. Br. 1949. 21 O. MEYERHOF, P. OHLMEYER u. W. MÖHLE, Biochem. Z. 297, 90 [1938]. 22 D. M. NEEDHAM u. P. K. PILLAI, Biochem. J. 31,1837 [1937]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM Bd. 349 (1968) Zur Biosynthese der Chondroitinsulfatproteine, II taner Hydrolyse energiereicher Verbindungen (1Arsenoglycerat-3-phosphat bzw. Adenylmolybdat) zu kommen. Die Verschiebung im AdeninnucleotidSystem zugunsten von AMP-ADP erzwingt über wohl allosterische Beeinflussung der glykolytischen Schlüsselenzyme die beschleunigte Bildung von Lactat. Damit ist freilich auch die Signifikanz der Molybdatwirkung für die Frage der Koordination der Chondroitinsulfatprotein-Synthese weitgehend eingeschränkt. Für eine spezifische Hemmung der Synthese des aktiven Sulfats dürfte nur derjenige Konzentrationsbereich von sulfatanalogen Verbindungen infrage kommen, in dem weder die Energieproduktion noch die generelle Synthese von Makromolekülen in den Knorpelzellen beeinträchtigt wird. Dieser Bereich ist für Molybdat sehr klein, für Selenat liegt er jedoch günstiger. Wirkungen des Selenats Selenat bewirkt neben einer partiellen Hemmung der Sulfataktivierung eine starke Inhibierung der Sulfatierung des Chondroitinsulfates. Möglicherweise kann dies durch eine Hemmung der Sulfokinase-Aktivität durch Analoga des aktiven Sulfats wie Adenosin-5'-selenophosphat oder 3'Phospho-adenosin-5'-setenophosphat erklärt werden, die in wäßriger Lösung eine gewisse Beständigkeit aufweisen13. Spezifität der Unterbindung der Sulfatierung durch niedrige Selenatkonzentrationen (<10~5M) Weder die Energieversorgung, noch der Einbau von Serin in das gesamte Knorpelprotein sind unter diesen Bedingungen signifikant betroffen. Trotzdem kommt es nicht nur zu einer Inhibierung des Sulfateinbaues in das Chondroitinsulfatpeptid, sondern auch simultan zu einer fast gleichstarken Hemmung der Glucosamin- und der Serin-Inkorporation. Zu diesen Zeichen der gehemmten Polysaccharidbildung ist auch der Anstau von UDP-7V-Acetylhexosaminen in der Knorpelzelle zu zählen. Die Befunde demonstrieren eine enge Kopplung zwischen dem Aufbau der Polysaccharidketten und deren Sulfatierung. Im Zusammenhang mit diesen Beobachtungen stehen auch Untersuchungen des Arbeitskreises um DoRFMAN6, welche die Hemmungen der Polysaccharidkettenbildung durch 5-Oxo-6-diazo-norleucin zeigen. Dabei erfolgte gleichzeitig eine erniedrigte Inkorporation von 35SO|e (und [14C]Serin) in das Chondroitinsulfatpeptid, sofern das 1047 System aus „minced cartilage" (wahrscheinlich ganzen Knorpelzellen) bestand. Auch diese Befunde demonstrieren, daß in der intakten Knorpelzelle eine strenge Kopplung zwischen Polysaccharidsynthese und Sulfatierung besteht. Ein ähnliches Postulat wurde kürzlich von DAVIDSON und Mitarbeitern erhoben16. Da sowohl nach Inhibierung der Sulfatierung durch Selenat als auch nach Hemmung der Polysaccharidkettensynthese durch 5-Oxo-6-diazo-norleucin der Einbau von Serin in das Chondroitinsulfatpeptid* ebenfalls sehr stark retardiert ist, muß die Erstellung der „Bindungsregion" Ser-Xyl-Gal-Gal in die Rückkopplungshemmung mit einbezogen sein. Hemmung der Chondroitin-4-sulfat-Proteinsynthese durch Puromycin Wird die Synthese der Proteinkomponente durch Puromycin gehemmt, so resultiert eine drastische Verminderung des Sulfat- und Glucosamin-Einbaus in das Chondroitinsulfat. Die Synthesehemmung durch Puromycin im Knorpel kann durch Auswaschen reversibel gestaltet werden24. Obwohl Puromycin eine deutliche Wirkung auf die Glykolyse entfaltet, dürfte die Hemmung der Sulfopolysaccharidbildung über die Blockierung der (Akzeptor-)Proteinsynthese zustande kommen. Diese Interpretation erfährt eine wesentliche Stütze durch den Befund, daß Vorstufen der Sulfopolysaccharidketten wie UDP-7V-Acetyl-hexosamin und aktives Sulfat unter diesen Bedingungen akkumuliert werden. Eine Anhäufung von UDP-Hexosaminen bei der Hemmung der Glykoproteinsynthese25"29 und der Chondroitinsulfatbildung6 wurde schon mehrfach beobachtet. * Bei der Abspaltung der Proteinkomponente durch Papain verbleiben die Serinreste der Bindungsregion an der Polysaccharidkette (vgl. 23). 23 H. Mum, Biochem. J. 69, 195 [1958]. 24 G. DE LA HABA u. H. HOLTZER, Science 149, 1263 [1965]. 25 S. KORNFELD, R. KORNFELD, E. F. NEUFELD u. P. J. O'BRIEN, Proc. nat. Acad. Sei. USA 52, 311 [1964]. 26 C. J. BATES, W. R. ADAMS u. R. E. HANDSCHUHMACHER, J. biol. Chemistry 241, 1705 [1966]. 27 G. W. M. COOK, M. T. LAICO u. E. H. EYLAR, Proc. nat. Acad. Sei. USA 54, 247 [1965]. 28 J. MOLNAR, R. A. LUTES u. R. J. WINZLER, Cancer Res. 25, 1438 [1965]. 29 J. MOLNAR u. D. SY, Biochemistry [Washington] 6, 1941 [1967]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM 1048 Zur Biosynthese der Chondroitinsulfatproteine, II Bd. 349(1968) Die Kinetik der Puromycinhemmung indiziert, daß in den Knorpelzellen ein gewisser Vorrat an Akzeptorprotein vorhanden ist, der noch für einige Zeit die Bildung des Chondroitinsulfatproteins erlaubt. Der allmählich einsetzende Mangel an Akzeptorprotein führt jedoch zu einer Hemmung der Polysaccharidbildung wie auch der Sulfatierung. Da die prozentuale Inhibierung der Sulfatinkorporation eher größer ist als die des Glucosamineinbaus, müssen Kettenverlängerung und Sulfatierung simultan erfolgen. Doppelmarkierungsversuche mit 35SO|e und [3H]Glucosamin zeigen ein gleichartiges Einbauverhältnis dieser beiden Vorstufen in verschieden langen Chondroitinsulfatketten, ein weiteres Argument für simultane Polysaccharidkettenverlängerung und Sulfatierung31. Die einzige Ausnahme stellt ein sehr kleiner Teil der Sulfopolysaccharide (4%, Sulfatierungsgrad > 1) dar, der in Anwesenheit von Puromycin eine weit geringere Hemmung der Sulfatinkorporation aufweist. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei nicht um eine unspezifische Persulfatierungsreaktion von Chondroitinsulfat (vgl. 1. c.16»30), sondern um den er- höhten „turnover" eines Sulfopolysaccharides, da die spezifische Aktivität der Sulfatgruppe und der Hexosaminkomponente gegenüber denjenigen der anderen Fraktionen deutlich erhöht ist31. Aus diesen Versuchen mit Puromycin ist jedenfalls zu folgern, daß der limitierende Prozeß für die Chondroitinsulfatproteinsynthese in der Bildung der Chondroitinsulfatkomponente zu suchen ist. Die Erstellung dieses Chondroitin-4-sulfat-Proteins wird somit nach anderen Grundsätzen reguliert als die coenzymgesteuerte Synthese bestimmter Enzyme. Nicht vereinbar sind unsere Beobachtungen mit der an zellfreien Systemen entwickelten Vorstellung, daß Sulfatierung, Polysaccharidbildung und Akzeptorprotein-Synthese unabhängig voneinander verlaufen6» 7. 30 31 E. MEEZAN u. E. A. DAVIDSON, J. biol. Chemistry 242, 1685 [1967]. Diese Arbeit wurde durch Beihilfen der DEUTSCHEN FORSCHUNGSGEMEINSCHAFT unterstützt. Fräulein K. KLAPPROTH danken wir für wertvolle technische Mitarbeit. H.-J. BUBENZER, T. O. KLEINE u. H. HILZ, Abstr. p. 124, V. FEBS-meeting Prag 1968. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:08 PM