Zwischen Christentum und Islam

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Inhaltsverzeichnis
Proömium
Seite 1
1.
Familienkonstellation
Seite 2
2.
Schwierigkeiten der Beziehung
Seite 2
2.1
Interview von Rita Lagershausen
Seite 3
2.2
Interview von Ismat Maaliki
Seite 5
3.
Meine Kindheit
Seite 5
3.1
Interview von Rita Lagershausen
Seite 6
3.2
Interview von Ismat Maaliki
Seite 6
4.
Glauben und Kultur meines Vaters
Seite 6
4.1
Interview von Ismat Maaliki
Seite 8
5.
Glaube und Kultur meiner Mutter
Seite 9
5.1
Interview von Rita Lagershausen
Seite 11
6.
Mein Glaube
Seite 11
6.1
Interview von Sarah Lagershausen
Seite 12
7.
Zwischen zwei Stühlen
Seite 12
7.1
Interview von Sarah Lagershausen
Seite 13
8.
Fazit der Arbeit
Seite 15
8.1
Fazit von Nanette Beilicke
Seite 15
8.2
Fazit von Sarah Lagershausen
Seite 16
Gym. Andreanum
Hagentorwall 17
31134 Hildesheim
Fremde Religionen in der Nachbarschaft
Zwischen Christentum und Islam
Biografische Betrachtung einer Identitätsfindung zwischen christlicher Mutter und
muslimischen Vater
Verfasser: Nanette Beilicke, Gymnasium Andreanum
Sarah Lagershausen, Gymnasium Andreanum
Betreuungslehrer: Herr Bringewatt
Proömium
In der ihnen vorliegenden Arbeit möchten wir die Situation einer Familie
beschreiben, in der zwei Religionen aufeinander treffen. Dies erläutern wir anhand
der Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern, wobei der Vater einen islamischen
und die Mutter einen christlichen Glauben besitzen. So treffen in dieser Beziehung
zwischen den Eltern und ihrem Kind zwei ganz unterschiedliche Religionen und
zwei ganz unterschiedliche kulturelle Hintergründe aufeinander. Immer wieder
werden gerade diese beiden Religionen mit dem Konflikt zwischen der östlichen
und der westlichen Welt verbunden. Ein Beispiel hierfür ist der Krieg im Irak und
die, wie in New York 2001 verübten Anschläge von fundamentalistischen
Märtyrern. Auf Grund der Aktualität der Kontroverse zwischen Christentum und
Islam haben wir diese Thematik gewählt.
Kann eine Vater-Mutter-Kind-Beziehung die öffentlichen Spannungen der
Religionen wiederspiegeln?
Wenn ja, kann diese Arbeit hoffentlich mehr Toleranz und Verständnis für den
Islam herbeiführen und Vorurteile abbauen.
Diese Arbeit ist, obwohl sie teilweise in der Ich-Form erzählt wird, von uns, Nanette
Beilicke und Sarah Lagershausen, verfasst worden. Sie beinhaltet einen
gegliederten Aufsatz und mehrere erläuternde Interviews.
1. Familienkonstellation
Als Ismat Maaliki, gebürtiger Libanese, 1983 aus geschäftlichen Gründen nach
Deutschland zog, lernte er Rita Lagershausen kennen und es entstand, trotz
familiärer Einwände, eine Liebesbeziehung. Zwei Jahre später wurde ich, Sarah
Lagershausen, in Hildesheim geboren.
Einige Zeit später verließ Ismat Maaliki aus verschiedenen Gründen Deutschland. Er
kehrte zu seiner libanesischen Frau Nabigha, mit der er vor der Beziehung zu Rita
Lagershausen drei Söhne bekommen hatte, zurück und begann mit ihr ein neues
Leben in den U.S.A.. 1992 gebar ihm seine Frau eine weitere Tochter.
Rita Lagershausen blieb in Hildesheim und bekam keine weiteren Kinder.
Daher hatte ich in meiner Kindheit kaum Kontakt zu meinem Vater und seiner
Familie, nahm diesen aber aus Interesse an meinem Vater wieder auf. 2001 flog ich
das erste Mal nach Amerika und lernte dort den islamischen Teil meiner Familie
kennen.
2. Schwierigkeiten der Beziehung
Die Umwelt reagierte eher negativ auf die bikulturelle Beziehung, Ritas Familie, die
streng christlich war, äußerte sich mit starker Antipathie gegen ihr Zusammenleben
mit einem Ausländer muslimischen Glaubens. Diese Abneigung ging so weit, dass
ihre Eltern nicht mehr mit ihr sprachen. Auch Freunde wandten sich von Rita ab, nur
wenige hatten Verständnis. Die andere Religion und die damit verbundenen
Traditionen befremdeten Ritas gesamte Umwelt. Auch in der Beziehung kam es zu
Meinungsverschiedenheiten, oft nur wegen Alltäglichem, wie z.B. dem Verzehr von
Schweinefleisch.
Außerdem verstand Ismat die Selbstständigkeit und den Freiheitsdrang seiner
Lebensgefährtin nicht, da der Islam ihm ein anderes Frauenbild vermittelt hatte. Nach
meiner Geburt folgten weitere Streitpunkte; schon die Namensgebung führte zu
heftigen Diskussionen. Obwohl Ismat einen arabischen Namen bevorzugte, setzte
Rita ihren Willen durch, mir einen biblischen Namen zu geben. Auch die religiöse
Erziehung war ein Keim häufiger Streitigkeiten, meine christliche Taufe sah Ismat als
Vertrauensbruch an. Die gesamte Erziehung war ihm nicht streng genug, er hatte
völlig andere Vorstellungen von Erziehung. Im Verbot, Jungen auf meinen ersten
Kindergeburtstag einzuladen, drückte sich dieses beispielsweise aus. Aus diversen
Gründen trennte sich Rita schließlich von Ismat und er kehrte zurück in den Libanon
zu seiner Frau und den drei Söhnen.
2.1 Interviewausschnitt von Rita Lagershausen
Wie reagierte die Umwelt auf eure Beziehung?
Sie machte Stress. Meine Mutter, deine Großmutter, redete nicht mehr mit mir. Auch
meine Freunde reagierten mit Empörung, da sie nicht verstehen konnten, dass ich
mich in einen islamischen Mann verliebt hatte. Nur wenige blieben mir treu. In dieser
Situation kristallisierte sich heraus, wer wirklich zu meinen Freunden gehörte und wer
nicht. Deine Großeltern nahmen den Kontakt zu mir wieder auf, als die
Schwierigkeiten mit deinem Vater anfingen und sie merkten, dass ich als
Alleinerziehende mit einem kleinen Kind Hilfe gut gebrauchen konnte.
Befremdete dich seine Religion?
Seine Religion befremdete mich sehr. Wir stritten uns häufig um religiöse
Glaubensfragen. Bei alltäglichen Dingen wie z.B. dem Essen kam es zu Streitereien.
Außerdem befremdete mich seine Vorstellung von meiner Rolle als Frau. Ich lebte
damals sehr eigenständig und wollte mich nicht einschränken lassen. Jedoch
versuchte er mich immer wieder zu beeinflussen. Ihn störte z.B., dass ich mich nicht
nach ihm richtete, sondern nach meinem Tagesrhythmus lebte. Ich kann allerdings
nicht sagen, ob seine Vorstellung der Frau durch seine Erziehung oder durch seinen
Glauben kommt. Wahrscheinlich spielen beide Faktoren eine Rolle.
Ein weiterer Punkt, der mich befremdete, war die Tatsache, dass sich dein Vater
streng an den islamischen Tagesablauf hielt. Auch den Ramadan konnte ich nicht
nachvollziehen und kritisierte ihn stark, da ein Freund deines Vaters, der einen
Herzfehler besaß und dies auch wusste, auf Grund des Nahrungsmittelverzichts
zusammenbrach. Für mich war die Sorge um das gesundheitliche Befinden größer
als der Versuch Gott zu dienen. Dein Vater warf mir bei solchen
Meinungsverschiedenheiten immer vor gegen Gott zu verstoßen und malte mir aus,
dass ich nach meinem Tod dafür Rechenschaft ablegen muss.
Dies befremdete mich einerseits, andererseits kam es mir auch von meinem Vater
bekannt vor, da er mich mit der Vorstellung von einem Himmel und einer Hölle
erzogen hatte.
Gab es Streit um meine Erziehung?
Er kritisierte meinen Erziehungsstil sehr, da ich dich seiner Meinung nach zu frei
erzog. Außerdem war er unzufrieden, dass ich dich christlich erzog. Als ich dich
gegen seinen Willen taufen ließ, ließ er mich seinen Zorn sehr spüren. Auch die
Konfirmation und die Entscheidung dich auf ein christliches Gymnasium zu schicken
führten zu heftigen Diskussionen und Auseinandersetzungen.
2.2 Interviewausschnitt von Ismat Maaliki
Wie reagierte deiner Meinung nach die Umwelt auf eure Beziehung?
Meine Familie wusste nicht wirklich über so etwas Bescheid, ich hatte meine Frau im
Libanon und bei uns werden keine spitzfindigen Fragen gestellt. Ich denke, dass
deine Mutter damit mehr Probleme hatte.
Hattest du Probleme mit der Religion meiner Mutter?
Anfangs nicht, aber mich störte ihre Inkonsequenz. Sie ging nicht regelmäßig in die
Kirche und verhielt sich mir gegenüber nicht angemessen. So etwas hielt ich ihr oft
vor und wir stritten. Rita ist ein absoluter Dickkopf, aber sie tolerierte vieles und hatte
Verständnis für meine Religion.
3. Meine Kindheit
Durch die Rückkehr in den Libanon verschlechterte sich das Verhältnis zwischen
meinem Vater und mir. Ich wurde daher von meiner Mutter christlich und ohne den
Einfluss meines Vaters zur Selbstständigkeit erzogen. Die Wahl eines christlichen
Gymnasiums, als weiterführende Schule für mich war ein weiterer Konfliktpunkt
meiner Eltern, die sich auch bis dahin nicht in religiösen Fragen einigen konnten.
Nach meiner Konfirmation im Jahr 2000, keimte in mir das Bedürfnis meinen Vater
näher kennen zu lernen und ich nahm mit einigen Komplikationen Kontakt zu ihm
auf. Im Herbst 2001 flog ich dann zum ersten Mal nach Miami und begegnete dort
meinen Geschwistern und der Frau meines Vaters.
3.1 Interviewausschnitt von Rita Lagershausen
Warum gabst du mir den jüdischen Namen Sarah?
Ich wollte meinem Kind immer einen biblischen Namen geben. Dein Vater sprach
sich jedoch gegen einen christlichen Namen aus. So entschloss ich mich für einen
biblischen Namen, der aber seinen Ursprung im Jüdischen hatte und nicht erst im
Christlichen. Dein Vater reagierte überraschender Weise mit großem Entsetzen, da
er gegen Juden sehr voreingenommen war. Irgendwann wurde die Diskussion um
deinen Namen eine Frage des Prinzips, bei der ich mich durchsetzen konnte.
3.2 Interviewausschnitt mit Ismat Maaliki
Wolltest du eine andere Erziehung für mich?
Ja, ich denke der Islam bringt nur Gutes mit sich. Den Kindern werden Werte und
Tradition, sowie eine anständige Kultur, nahe gebracht. Sie lernen Familiensinn und
Respekt, alles obliegt einer bestimmten Ordnung. Ich hätte dich gern auf eine
Koranschule geschickt, damit du etwas über Mohammed und den Koran lernst, aber
deine Mutter war dagegen. Später war ich zu weit weg um Einfluss auf deine
Erziehung zu haben.
4. Der Glaube und die Kultur meines Vaters
Gleich bei meiner Ankunft fiel mir die Intensität seines Glaubens auf und ich empfand
dies als äußerst faszinierend. In den nächsten Tagen lernte ich seinen islamischen
Alltag genau kennen, da dieser mir kaum bekannt war, befremdeten mich manche
Details doch. Das fünfmalige Beten zu den unterschiedlichen Tageszeiten, also
morgens, mittags, nachmittags, abends und nachts war eines davon. Viele kleine
Rituale leiten das Gebet ein, wie z.B. die Waschung des ganzen Körpers, die
Reinheit des Gebetsraumes und der Kleidung und das Ausrollen des Teppichs in
Richtung Mekka. Mich als Christin verwunderte es, meine Familie nachts um 4 Uhr
aufstehen und beten zu sehen. Das Gebet dauert ca. eine Viertelstunde und besteht
aus einzelnen Lobgebeten, Koranzitaten und vorgeschriebenen Bewegungen.
Im Vergleich zu unseren Gebeten fällt auf, dass das islamische Beten wesentlich
intensiver ist und gewissenhafter vollzogen wird. Auch der starke
Familienzusammenhalt, der durch den Glauben an Mohammed geprägt worden ist,
ist ausgeprägter als bei uns.
Auf gemeinsame Aktivitäten und gemeinsames Wohnen wird großen Wert gelegt.
Obwohl auch in unseren christlichen Geboten das Ehren der Eltern vorgeschrieben
ist, merkt man den Respekt und die Sorge umeinander bei den muslimischen Kinder
sehr viel deutlicher. So unterstützen z.B. meine großen Brüder, die Mitte zwanzig und
berufstätig sind, die Familie finanziell. Es wird nicht unter „mein Geld“ oder „mein
Haus“ unterschieden, sondern miteinander geteilt.
Der Anspruch des friedliche Zusammenlebens von Juden, Christen und Muslimen ist
für die Welt des Islam eine Selbstverständlichkeit. Toleranz gegenüber
Andersdenkenden und Andersgläubigen ist eines der wichtigsten Gebote im Islam,
das, nach meinen Erfahrungen, gerade praktizierende Muslime sehr ernst nehmen .
Trotzdem ist es für meine Familie durchaus nicht leicht andere Religionen zu
akzeptieren, da der Islam für sie die einzig „wahre“ Religion ist. Besonders das
Judentum wird von meinem Vater kritisiert.
Viele westliche Menschen haben große Vorbehalte gegenüber der Praxis, auch noch
jung Mädchen zu verheiraten, wie es in vielen muslimischen Ländern Tradition ist. Im
Koran steht, dass Heiraten eine Pflicht ist, und so erhofft sich mein Vater von all
seinen Kindern - also auch von mir - eine Heirat, es besteht aber keine erzwungene
Notwendigkeit. Allerdings sucht er keine Ehepartner für uns aus.
Die Rolle der Frau ist durch die Tradition bestimmt, wobei der Sorge für und um sie
besondere Beachtung geschenkt wird. Für die Frau als Gattin gibt es einen
berühmten Ausspruch Mohammeds: "Der Beste unter euch ist der, der seine Frau
am besten behandelt." Trotzdem ist der Umgang oft patriarchalisch und der Frau wird
wenig Selbstständigkeit zugestanden. Mein Vater behandelt seine Frau zwar gut,
verlangt aber von ihr die Rolle der Hausfrau, Mutter und Geliebten einzunehmen.
Traditionen werden im Islam groß geschrieben und die Gesetze werden streng
eingehalten, so fastet meine Familie im Ramadan gewissenhaft und verzichtet
grundsätzlich auf jeglichen Verzehr von Schweinefleisch.
Ein weiterer Aspekt der Tradition ist die Verbundenheit meines Vaters zu seiner
Heimat. Offensichtlich werden gerade Muslime durch eine starke Verbundenheit zu
ihrer Herkunft geprägt. Häufig erzählt mein Vater voller Stolz über den Libanon und
den dort weit verbreiteten Islam. Der Glaube spielt für meinen Vater eine wichtige
Rolle, jedoch verstößt auch er gegen einige Vorschriften, wie z.B. das Verbot des
Alkoholgenusses.
4.1 Interviewausschnitt von Ismat Maaliki
Dein Glaube ist sehr stark, fühlst du dich manchmal durch ihn eingeengt?
Nein, mein Glaube ist das Wichtigste. Er gibt mir Halt und Sinn im Leben. Durch ihn
weiß ich was richtig ist und wofür ich ein guter Moslem bin. Außerdem muss man
sich nicht in allem beeinflusst oder gehemmt fühlen, ab und zu trinke ich auch einen
Schluck Alkohol; es schmeckt halt so gut.
Wie nah gehen dir Vorurteile gegen deine Religion?
Gerade nach dem 11. September entgegnen mir Unmengen an Vorurteilen, ich
musste sogar meinen kleinen Antiquitätenladen schließen, da Kunden ausblieben.
Niemand wollte bei einem Moslem einkaufen. Oft wurde meiner Religion
vorgeworfen, dass sie einen Krieg gegen andere Religionen und anders Denkende
aufruft, namens Djihad. Das muss ich stark kritisieren, der Djihad ist als Kampf mit
sich gemeint. Der Moslem wird aufgerufen gegen Schlechtes in ihm zu kämpfen und
böse Gedanken zu zerstören. Vielleicht interpretieren fundamentalistische Moslems
den Koran falsch, dadurch darf aber kein negatives Bild über meinen Glauben
entstehen. Außerdem unterstütze ich keine Aktionen, bei denen Märtyrer Tausende
von Menschen in den Tod stürzen. Ich verstehe zwar die Beweggründe, die meiner
Meinung nach eher politisch radikal als religiös sind, aber nicht das Mittel.
Dazu möchte ich das Vorurteil aus der Welt schaffen, dass Moslems ihre Frauen
unterdrücken. Meine Frau ist traditionell erzogen worden und ist glücklich, wie sie
lebt. Ich sperre sie weder zu Hause ein noch zwinge sie zu irgendetwas. Sie hat alle
Freiheiten unserer Kultur, wenn nicht noch ein bisschen mehr, z.B. studiert meine
Frau seit einigen Jahren und steht kurz vor ihrem Staatsexamen.
5. Der Glaube und die Kultur meiner Mutter
Meine Mutter ist streng christlich erzogen worden, hält aber die strengen
Ansichten ihrer Eltern für veraltet. Sie besitzt zwar einen starken Glauben an Gott,
doch vollzieht sie nicht alle christlichen Rituale, wie z.B. der regelmäßige
„Kirchbesuch am Sonntag“ oder das Fasten vor Ostern.
Auch ist ihr Familiensinn nicht so ausgeprägt wie der meines Vaters, da sie in ihrer
Familie viele Auseinandersetzungen erlebt hat und mit einigen Familienmitgliedern
sich völlig zerstritten hat. Im Umgang mit mir hat meine Mutter mich immer wie eine
Freundin, wie eine Gleichberechtigte behandelt. Sie tat es nicht meinem Vater gleich,
der mich sich unterordnete.
Meine Mutter ist dahingehend auch sehr tolerant und schätzt sowohl andere
Religionen als auch Kulturen. Trotzdem kann sie sich mit einigen Einstellungen
muslimisch Gläubiger nicht identifizieren, z.B. nicht mit dem Wille meines Vaters ihr
seine Ansichten der Frauenrolle nahe zubringen.
Meine Mutter ist durch ihre „moderne“ Ansicht über Religion und Erziehung sehr loyal
gegenüber meinen Zukunftsvorstellungen. Sie drängt mich nicht in alte Traditionen
oder konservative Ansichten und selbst, wenn ich nie heiraten werde, muss ich nicht
befürchten sie dadurch zu enttäuschen.
Der Glaube meiner Mutter wirkt sich einfach nicht so radikal auf unser Leben aus,
jedenfalls empfinde ich das so. Das Christentum bietet eine gute Grundlage uns
selbst zu finden und eine Hilfestellung im Umgang mit Mitmenschen. Es schreibt uns
aber nicht Gewohnheiten und Lebensabläufe vor.
Da die „Wurzeln des Christentums“ in weit entfernten Länder liegen mit denen man
sich nicht identifiziert, sind viele Christen nicht aus religiösen Gründen
heimatbezogen. Daher erkenne ich bei meiner Mutter keine vergleichbar feste
Bindung an ihre Herkunft, wie ich es bei meinem Vater beobachte.
5.1 Interviewausschnitt Rita Lagershausen
Wie stark ist dein Glaube?
Ich glaube an den christlichen Gott, auch wenn ich nicht regelmäßig in die Kirche
gehe und auch nicht bibelfest bin. Dein Vater warf mir oft vor, dass ich meinen
Glauben nicht stark genug beweise. Er verglich meine christlichen Rituale mit seinen
islamischen und stellte natürlich fest, dass ich wesentlich weniger tue um Gott zu
dienen als er.
6. Mein Glaube
Durch die Erziehung meiner Mutter geprägt habe ich mich für das Christentum
entschieden, zumal ich an manchen Ansichtspunkten des Islam stark anecke. Ich bin
ein selbstbewusster Mensch, der über sich und sein Leben gerne selbst bestimmt.
Wäre ich an der Seite meines Vaters aufgewachsen, könnte ich mich vielleicht auch
in den Regeln des Islam wiederfinden. So aber bietet mir das Christentum
dahingehend mehr Freiheiten. Ich denke, das Faszinierende und daher auch
Befremdende an der Religion ist für Christen die Extreme, die gerade Strenggläubige
verfolgen. Nur wenige Christen würden den Glauben derart in den Mittelpunkt stellen
und ihr gesamtes Leben nach diesem ausrichten.
Auch auf Grund der größeren Toleranz und Nächstenliebe wählte ich meine Religion.
Meiner Ansicht nach gibt es nur einen gemeinsamen Gott, der sowohl über Christen
als auch über Muslime wacht. Daher ist meine Wahl genau so richtig, wie die meines
Vaters.
6.1 Interviewausschnitt Sarah Lagershausen
Wärst du gerne anders erzogen worden, um dich mit dem Islam besser
identifizieren zu können?
Nein, da ich viele Ansichten für zu konsequent und konservativ halte. Ich denke,
wenn ich bei meinem Vater aufgewachsen wäre, wäre ich vom Islam überzeugt und
würde andere Religionen schneller verurteilen, da er mich nicht vor die Wahl gestellt
hätte, wie es meine Mutter tat.
7. Zwischen zwei Stühlen
Ich sehe die Tatsache, dass ich im familiären Umfeld mit zwei Religionen in Kontakt
bin, aus verschiedenen Perspektiven. Einerseits bringt es Vorteile mit sich, denn so
gewinne ich Einblick in zwei große Weltreligionen und sehe beide aus einem nahem
Blickwinkel. Außerdem denke ich, dass ich durch meine Familiensituation toleranter
gegenüber fremden Kulturen und Religionen geworden bin, als ich es mit nur einer
Religion in der Familie wäre. Andererseits bringt die Position zwischen dem
mütterlichen Glauben und dem väterlichen auch Schwierigkeiten mit sich. Die
Wahrung meiner eigenen Identität war für mich nicht immer einfach, da ich natürlich
immer versuchte meinen Eltern zu gefallen und vieles recht zu machen. Gerade in
der Kindheit war es für mich schwer mich selbst zu finden, daher hatte ich wenig
später auch den verständlichen Wunsch meinen Vater genauer kennen zu lernen,
um auch mehr über mich zu erfahren.
Auch heute ertappe ich mich dabei, dass ich mich bei meinem Vater anders
verhalte als bei meiner Mutter. Ich verzichte z.B. in der Gegenwart meines Vaters
darauf mich freizügig zu kleiden, da er mir sonst vorhält, dass den Frauen im
Koran vorgeschrieben ist, ihre Reize zu bedecken. Diese und ähnliche
Anpassungen geschehen häufig, zumal meine Eltern auch immer wieder
versuchen mich zu manipulieren. Sicherlich tun sie dies nicht bewusst, aber
allein durch ihre unterschiedlichen Erziehungsmethoden beeinflussen sie mich.
7.1 Interviewausschnitt von Sarah Lagershausen
Wie würdest du die Beziehung zwischen dir und deiner Mutter beschreiben?
Zu meiner Mutter habe ich ein sehr inniges Verhältnis. Jedoch fühle ich mich nicht
eingeengt, da sie mich eher wie eine Freundin oder Schwester behandelt. Sie erzog
mich immer selbstständig. So überließ sie mir auch viele Entscheidungen, die mit
unserer Religion zu tun hatten. Ich wurde gefragt, ob ich mich konfirmieren lassen
möchte oder nicht. Und auch die Entscheidung, ob ich vor Ostern faste, bleibt mir
offen.
Bei meiner Mutter bin ich mir sicher, dass ich immer mit offenen Armen empfangen
werde, was für einen Lebensweg ich auch immer einschlage. Im Gegensatz zu
meinem Vater gibt sie mir nicht das Gefühl, ganz spezifische Erewartungen an mich
zu haben. Sie unterstützt mich bei all meinen Vorhaben.
Natürlich würde sie sich freuen, wenn ich weiterhin meinen christlichen Glauben
behalte. Wie für jede Mutter ist ihr aber am wichtigsten, zu wissen, dass ich glücklich
bin.
Wie würdest du das Verhältnis zwischen dir und deinem Vater beschreiben?
Natürlich ist auch das Verhältnis zu meinem Vater liebevoll, aber ich fühle mich von
ihm und seinen Erwartungen oft unter Druck gestellt. Inzwischen versucht er meine
eigene Persönlichkeit zu akzeptieren, ich merke aber, dass dies ihm sehr schwer
fällt. Er zwängt mich immer wieder in bestimmte Verhaltensrollen, die ich eigentlich
nicht einnehmen will. Mein Vater versucht mich von der Richtigkeit seines Glaubens
zu überzeugen. So hielt er mir regelmäßig vor, dass eine vegetarische Ernährung
oder eine freizügige Bekleidung, wie z.B. kurze Kleider oder ein Bikini am Strand,
gegen Allahs Willen verstößt. Außerdem besitzen mein Vater und ich verschiedene
Vorstellungen von Toleranz, so geraten wir über Themen wie Homosexualität stark
aneinander. Ein weiterer Konfliktpunkt ist die andere Art Respekt, die ich meinem
Vater entgegenbringe. Im Gegensatz zu meinen Geschwistern sage ich offen meine
Meinung, da er dies von seinen Kindern nicht gewohnt ist, kann er mit meiner Kritik
nicht umgehen. Ich glaube, dass im Islam die Unterwürfigkeit der Kinder eine größere
Rolle spielt, als das Gebot „du sollst deine Eltern ehren“.
Wie ist das Verhältnis zwischen dir und deinen Geschwistern?
Obwohl ich meine Geschwister erst sehr spät kennen gelernt habe und meine
Kindheit nicht mit ihnen verbracht habe, ist es ein sehr inniges Verhältnis. Ich war
sehr überrascht, dass sie mich gleich so herzlich aufnahmen. Bis heute habe ich
nicht einmal das Wort Stiefschwester aus ihren Mündern gehört. Bevor ich meine
Brüder und Schwester kennen gelernt habe, war meine Einstellung gegenüber
Geschwistern eher negativ, da in meinem Umfeld Streit und Missgunst zwischen
diesen herrschen. Von dem starken Zusammenhalt war ich sehr überrascht. Ich bin
froh, dass ich meine Geschwister gewonnen habe, denn ich denke, dass ich mich auf
sie ein Leben lang verlassen kann.
Was für eine Rolle spielst du in deiner islamischen Familie?
Ich denke, durch meine „moderne“ Erziehung, bringe ich eine andere Mentalität in
meine Familie. Wir versuchen voneinander zu lernen. Auch wenn ich immer noch
nicht die „Rangordnung innerhalb der Familie“ verstehe, akzeptiere ich es langsam,
meinem Vater mehr Respekt entgegenzubringen, als er mir gegenüber aufbringt.
Allerdings kann ich es mir immer noch nicht verkneifen, meine Geschwister vor
meinem Vater zu verteidigen, wenn er meiner Meinung nach unsinnige Verbote
ausspricht.
8. Fazit unserer Arbeit
8.1 Nanettes Fazit
Mir hat das Arbeiten an diesem Wettbewerb einen deutlicheren Einblick in den
„menschlichen Islam“ gewährt. Es ist nicht eine sture Religion, deren Grundregeln
uns in der Schule nahe gebracht werden, sondern etwas Lebendiges.
Ich selber habe kaum Begegnungen mit dieser Religion in meinem Alltag, daher
muss ich mir zugestehen vielen Vorurteilen Glauben geschenkt zu haben, ohne mich
näher damit zu beschäftigen. Ich denke gerade dies ist sehr wichtig, bei
Unwissenheit aufeinander zuzugehen. Denn nicht jeder hat die Möglichkeit, wie
Sarah durch das familiäre Umfeld, das Wissen, und die damit verbundene Toleranz,
zu erlernen. Mir ist bewusst geworden, was man durch Akzeptanz erreichen kann.
Dadurch muss man sich nicht auf Gegensätze versteifen, sondern kann die
Gemeinsamkeiten hervorheben. So ist es nicht notwendig ständig auf Konfrontation
aus zu sein, um seine Religion und Meinung zu wahren.
Obwohl ich Verhaltensweisen und Meinungen des Islam besser verstehe, befremdet
mich diese Religion durch ihre Bedingungslosigkeit gegenüber Allah. Ich wäre,
ehrlich gesagt, zu egoistisch meinen Tagesablauf nach meiner Religion zu ordnen.
Ich wurde zwar mit christlichen Grundsätzen, wie Nächstenliebe und Respekt
gegenüber allen Lebewesen, erzogen, kann mich aber mit strengen religiösen
Regeln, wie Fasten und Beten, nicht „anfreunden“. Das Ausmaß eines solchen
Glaubens wäre mir also zu groß.
Gerade auf Grund dieses Gedankens empfinde ich großen Respekt gegenüber dem
Islam und seinen Anhängern.
8.2 Sarahs Fazit
Ich fand es sehr interessant meine Eltern über ihren Glauben zu befragen und
möchte mich auf diesen Wege für ihre Hilfe bedanken. Ich habe mich zwar schon mit
ähnlichen Fragen beschäftigt, aber nie so intensiv. Daher habe ich bei dieser Arbeit
meine Eltern und unsere Vergangenheit eindringlicher kennen gelernt.
Diese Arbeit zeigt, dass ein friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen
möglich ist .Wenn es auf dem engen Raum einer Familie möglich ist, ist es meiner
Meinung nach auch im weltpolitischen machbar. Dazu ist sicherlich Toleranz und ein
gewisses Maß an Offenheit als auch an Unvoreingenommenheit nötig. Allerdings gibt
trotz noch so großer Unterschiede sicherlich auch Gemeinsamkeiten wie z.B. der
Glaube an einen Gott, einem Gericht nach dem Tod und die Tatsache, dass beide
Religionen den gleichen Ursprung besitzen. Diese Berührungspunkte sollte man
nicht vergessen, sondern zu einer gemeinsamen Basis ausbauen.
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