Das Milchstraßensystem als spiralförmiges Sternsystem

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\VILHELM BECKER
Das Milchstraßensystem als
spiralförmiges Sternsystem
HANSHAFFNER
Sternhaufen
und Sternentwicklung
WESTDEUTSCHER VERLAG· KÖLN UND OPLADEN
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© 1967 by Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen
Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag • Printed in Germany
Inhalt
Wilhelm Becker, Basel
Das Milchstraßensystem als spiralförmiges Sternsystem
7
Hans Haffner, Hamburg
Sternhaufen und Sternentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
Diskussionsbeiträge
Professor Dr. phil. Friedrich Becker; Professor Dr. phil. Wilhelm
Becker; Professor Dr. phil. Hans Haffner; Professor Dr. phil. Ernst
F. Peschl; Professor Dr. med. Walter Kikuth; Professor Dr. phil.
Walter Weizel; Professor Dr. phil., Dr. phil. h. c. Bernhard Rensch;
Professor Dr. rer. nat. Günther Wilke; Dr. rer. nat., Dr. rer. pol. Hans
Christoph Joksch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Das Milchstraßensystem als spiralförmiges Sternsystem
Von Wilhelm Becker, Basel
V.venn wir vom Milchstraßensystem sprechen, dann setzen wir zwei
Himmelsphänomene miteinander in Beziehung: Sternsysteme einerseits und
die Milchstraße andererseits. Wir tun dieses in der Erkenntnis, daß die Milchstraße ein sichtbarer Ausdruck der Tatsache ist, daß sich auch die Sonne und
mit ihr das Planetensystem in einem Sternsystem befinden. Dieses eigene
Sternsystem bietet sich von dem besonderen Standpunkte aus gesehen, den
wir ihm gegenüber einnehmen, nämlich dem im Inneren gelegenen Standpunkt, naturgemäß in anderer Gestalt dar als die anderen Sternsysteme, die
wir nur von außen betrachten können.
Dieser Brückenschlag von Sternsystemen zur Milchstraße kommt uns heute
als etwas Selbstverständliches vor. Er ist es aber nicht immer gewesen. Sogar
in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts, also an der Schwelle der Zeit,
die durch die großen Teleskope ihre Prägung erhielt, konnte in den „Astronomischen Nachrichten" eine ernstzunehmende Arbeit erscheinen, in der
alle vorliegenden Beobachtungsergebnisse diskutiert wurden und in der der
Autor zu dem Schluß kam, daß die Gebilde, die wir heute Sternsysteme nennen, die man damals aber noch mit dem verschwommenen Namen „Nebel"
belegte, zum Milchstraßensystem gehören müßten, dem sie also unterzuordnen seien. Nach dieser Vorstellung sollte es also nur ein einziges Sternsystem im heutigen Sinne geben, nämlich das Milchstraßensystem, und dieses
sollte den ganzen Kosmos erfüllen. Dieses Ergebnis war, wie wir heute rückschauend erkennen können, durch die Ungenauigkeit der Beobachtungen und
durch eine irrtümliche Interpretation von Befunden vorgetäuscht ,rnrden,
was aber damals nicht klar erkennbar gewesen ist.
Der Autor fand indessen unter den Astronomen seiner Zeit wenig Zustimmung, ein Zeichen dafür, daß auch eine aus anderen Bereichen gespeiste gefühlsmäßige Haltung in naturwissenschaftlichen Fragen das Richtige treffen
kann.
Noch in den beginnenden zwanziger Jahren waren den Astronomen auf
unserem Forschungsgebiet nicht wesentlich mehr Beobachtungstatsachen bekannt als fast 200 Jahre früher Thomas Wright und Immanuel Kant. Und
diese zogen zu ihrer Zeit bereits die richtigen Schlüsse daraus. Es ist deshalb
Sternhaufen und Sternentwicklung
Von Hans Haffner, Hamburg
Seit eh und je haben die Fixsterne als Sinnbild des Unendlichen, des Ewigen gegolten. In antiker Sicht sind sie Zeichen eines hinter den Planetensphären schwebenden Athers, für den das Wort „Zeit" nicht existiert. Der
irdische Raum besteht aus den vier antiken Elementen; die Sterne aber aus
einem auf der Erde nicht vorkommenden Stoff, dem „Wesentlichen", der
,,quinta essentia". Diese antike Vorstellung hat sich durch das ganze Mittelalter, ja bis in die Neuzeit hinein erhalten. Erstaunlicherweise auch bei Kepler, obwohl Kepler, der die Naturforschung der Neuzeit wie mit einem Paukenschlag eröffnet, durchaus von Physik spricht und der Sonne eine physikalische Kraft, die Gravitation, zuschreibt. Aber von einer Physik der Strahlung, des Lichtes, der Energie war er ebensoweit entfernt wie seine Zeitgenossen und unmittelbaren Nachfolger.
Die Physik der Sterne tritt erst mit Robert Mayer, mit der Einsicht in die
Erhaltung und damit das Wesen der Energie, auf den Plan. Erst mit der
Formulierung des Energiesatzes wird das Problem brennend: ,,Die Sonne,
die Sterne strahlen Licht-Energie aus - diese Energie muß aus irgendeinem
Reservoir gedeckt werden - das Reservoir kann aber nur im Innern der
Sterne liegen, muß also räumlich begrenzt sein - also muß bei unveränderlich oder auch veränderlich strahlenden Sternen eines Tages eine Erschöpfung
der Energiequellen eintreten - der Stern, jeder Stern muß daher ein Ende
haben. Wenn aber Sterne physikalische Individuen sind, die eine Entwicklung und ein Ende haben, müssen sie auch einen Anfang besitzen."
So muß ganz unausweichlich die Vorstellung von einer Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit der Sterne entstehen. Ja, man kann fast so weit gehen, Parallelen zu dem biologischen Entwicklungsgeschehen zu ziehen; denn auch
Sterne haben so etwas wie eine „Erbmasse", wir kennen so etwas wie einen
embryonalen, prästellaren Zustand, wir kennen junge Sterne und können die
Lebenslinie von Sternen wenigstens in einigen charakteristischen Zügen ziemlich genau nachzeichnen und haben gewisse Hinweise darauf, wie sich die
letzten Lebensstadien eines Sterns abspielen, bis es zu etwas wie einem
„Tod" kommt. Freilich sollten solche Terminologien biologischer Analogien
- Geburt und Tod - nur mit höchster Vorsicht gebraucht werden. Entschei-
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