Einführung von Prof. Dr. Bernd Feininger, Katholische Theologie, zur Ausstellungseröffnung an der Pädagogischen Hochschule Freiburg/Br. am 12. 06.2013 Sehr geehrter Herr Rektor Prof. Druwe, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Studierende und Gäste und vor allem und besonders: sehr geehrte Gäste aus dem Sultanat OMAN und sehr geehrter Herr Botschaftsrat Nasser Al – Manwari, als Vertreter des Institutes der Theologien ist mir die Aufgabe einer kurzen Einführung bzw. Hinführung zur Ausstellung zugefallen. Das Thema Islam, Toleranz und Liberalität mit Islamischen Religionsgemeinschaften und Staaten ist kein ganz einfaches Themenfeld für eine Ausstellung. Gerade deshalb sollten wir erfreut sein, dass das Sultanat OMAN als islamisch geprägter Staat dieses Thema selbst aufgreift und in Form einer Ausstellung erfahrbar und diskutierbar macht. Die Ausstellung versteht sich als Beitrag zum besseren Verständnis zwischen christlich und muslimisch geprägten Kulturen. Das Institut der Theologien hat dankbar die Gelegenheit ergriffen, diese Ausstellung mit Unterstützung des Sultanates und der Deutsch – Omanischen Gesellschaft auszurichten. Islamische und christliche Religionspädagogik arbeiten zusammen, um an unserer Hochschule und hier in Freiburg vor Ort Interkulturalität und Interreligiosität als Aufgabe heutiger Bildung und Erziehung zu betonen. Als Religionspädagogen- und Pädagoginnen suchen wir dabei auch den Anschluss an aktuelle wichtige pädagogische Strömungen und Inhalte, wie sie an unserer Hochschule in der Allgemeinen Pädagogik und in den Erziehungswissenschaften entwickelt und gelehrt werden: Lernen am Anderen, Diversity-Lernen, Begegnung mit dem (zunächst) Fremden. Und als spezifisch religiös und konfessionell gebundene Pädagogen wollen wir, dass Kinder ihre eigene religiöse Identität lernen, aber gleichzeitig die Gedankenwelt und Glaubensprozesse der anderen respektieren, akzeptieren und im besten Fall sogar teilen können, ohne einen einseitigen Absolutheitsbzw. Dominanzanspruch zu entwickeln. Lehren wir doch Religion an einer öffentlichen Schule und im Rahmen eines Staates, der die Pluralität der Weltanschauungen schützt. Als ich vor zwei Jahren in den Oman zu religionspädagogischen Vorträgen eingeladen war, ergab sich aus einer Diskussion mit Journalisten in Maskat folgende Überschrift in einer arabisch – omanischen Tageszeitung: „Der Westen befürchtet, dass sich die islamische Gemeinschaft zu sehr isoliert“. Zu sehr auf sich selbst zurückzieht, sich kulturell und religiös isoliert: In Europa und 1 weltweit! Der Westen befürchtet, dass sich der Islam nicht mehr auf das Gespräch mit dem Westen einlassen will oder kann, aus unterschiedlichen Gründen, die hier und heute nicht zu thematisieren sind. Gerade dieser Befürchtung will der Oman entschieden entgegen treten. Die Omani suchen und wertschätzen den persönlichen Kontakt. Sie wollen in Europa und der Welt dabei sein und über ihr Land, seine Geschichte und seine Religion informieren. Dem dient diese Ausstellung mit ihren begleitenden Vorträgen und Informationen. Gleichzeitig freuen wir uns über den Besuch und die Teilnahme wichtiger Gäste aus dem Sultanat Oman und der Botschaft des Oman, Berlin. Sie demonstrieren damit, wie wichtig die persönliche Begegnung ist, worauf die arabische Kultur sehr viel Wert legt. Dear Ladies and Gentlemen, let us give a warm welcome to Botschaftsrat Mr. Nasser Al – Manwari [der Botschaftsrat stellt sich hier vor und gibt eine kurze Begrüßungsansprache]. Begrüßen Sie mit mir weiterhin wichtige Repräsentanten aus dem Religionsministerium Maskat hier in Freiburg. Sie haben für uns diese weite Reise unternommen, um uns eine authentische Begegnung mit ihrem Land zu ermöglichen und dafür auch ihre traditionellen Festgewänder angelegt. Wir sind uns dieser Ehre wohl bewusst. Begrüßen Sie mit mir Herrn Ahmad Al-Farsi, den Generaldirektor des Ministeriums für religiöse Stiftungen und Religionsangelegenheiten; Herrn Dr. Muhammad Al – Mamari, den Projektleiter und wissenschaftlichen Begleiter und seine beiden Mitarbeiter Ameer Al – Mamari und Muhammad Al – Malki. Wie wichtig dieses Ministerium ist und welche Neuerung es in sich enthält, erkennen Sie an der Bezeichnung: Ministry of Endowments (arab. Awqaf) and Religious Affaires. Früher hieß das Ministerium noch „… and Islamic Affaires“, für „Islamische Angelegenheiten“ und war verbunden mit dem Justizministerium. Seit 1977 gilt die neue Bezeichnung, die damit die Verpflichtung zur Religionsfreiheit im Grundgesetz stärker betont. Herr Dr. Al – Mamari ist nicht nur verantwortlich für das Ausstellungsprojekt, sondern auch für religiöse Bildungsarbeit und Fortbildungskurse im Oman selber, deren Adressaten Religionslehrer und Imame im Land sind. So befruchtet die Arbeit nach „draußen“ das Gespräch im eigenen Land und hilft mit, die Aufbruchssituation und den Entwicklungsprozess, der in den 70er Jahren von Sultan Qaboos eingeleitet worden war, zu verstetigen. „Ein Land wie aus dem Märchenbuch, mit Traumstränden, Weihrauchbäumen und einem Herrscher, der aussieht wie ein Weiser aus dem Morgenland. Ein Hort des Friedens zwischen dem Jemen, Saudi-Arabien und Iran, ein Vorbild geglückter Modernisierung ohne Tyrannei, Terror und Größenwahn.“ Dennoch schwankt die Korrespondentin Juliane v. Mittelstaedt in ihrem Artikel für das Spiegelheft Arabien 2011 zwischen Anerkennung und Skepsis: Ist das Sultanat nicht eine absolute Monarchie, autoritär von einem Sultan regiert? Wie steht es 2 um Mitbestimmung und Transparenz, wie werden politische Entscheidungen getroffen? Ist Kritik, ist Opposition zulässig? Die Südostecke Arabiens, das Land am Arabischen Meer, am Golf von Oman und der Straße von Hormus (von der Größe Italiens, max. 3 MIO Einwohner), gilt als Ruhepol im Nahen Osten. Oman gewährt deutlich Religionsfreiheit, betreibt aktiv Frauenförderung (Bildung, Beruf, gleicher Lohn). Das Land hat nachweislich seit der Machtergreifung von Sultan Kabus 1970 im weltweiten Vergleich größtmögliche Entwicklungssprünge gemacht (Infrastruktur, Straßen, soziale Sicherheit, Gesundheitssystem, obligatorischer Schulbesuch, Universitäten). Es war ein Sprung aus dem Mittelalter arabischer Stammesgesellschaft in die Neuzeit. Vor 1970 wurden die Stadttore der Hauptstadt Maskat noch bei Sonnenuntergang geschlossen, heute gilt die Capital Area als Musterbeispiel arabischer Stadtplanung. Gerade wurde ein großes Opernhaus gebaut. Wie verändert sich der Islam in einem Staat, der sich modernisiert, wenn er sich ungestört von sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Katastrophen entwickeln kann? Und wie verhält er sich zur Pluralität, zu anderen Religionen und Lebensformen? Der Islam im Oman beherzigt einen Ausspruch des Propheten Muhammad: „Vor jeder Rede kommt zuerst der Friedensgruß“ (as- Salam qabl al – Kalam). Die islamische Konfession der „Ibaditen“, die im Oman die Mehrheit ausmachen bietet die Grundlage für die gegenwärtige Religionsoffensive im Oman. Es ist eine historisch gewachsene, eher liberale Form des islamischen Glaubens, die sunnitische und schiitische Traditionen miteinander verbindet (wobei die orthodox-sunnitischen überwiegen). Mäßigung, Toleranz und Offenheit für Reformen zeichnen sie aus. Ein „totalitärer“ ausschließlicher Wahrheitsanspruch wird nicht thematisiert. Auch wenn der Islam Staatsreligion ist. Das kommt auch vom Handels-Milieu der omanischen Küste und der kulturellen Vielfalt von alters her. Diese Herkunft wirkt fort und hat heute zu einer Neubesinnung auf die Rolle der Religion geführt, die jede Art von Isolation, extremer Religionsauffassung oder Sonderrollen ablehnt. Natürlich geht es dem Oman dabei auch um Abwehr des Islamismus zugunsten von Stabilität im eigenen Land. Dazu Sultan Kabus: „Die freie Gesinnung, eigenständiges Nachdenken und selbständige Entscheidungsfindung in religiösen, rechtlichen und ethischen Angelegenheiten zu korrumpieren, ist eine Todsünde … In unserer Religion gibt es Toleranz, Moral und Offenheit, und im ehrwürdigen Koran rufen alle Verse zum Nachdenken und Überlegen auf. Diese Verse rufen nicht auf zum Erstarren und Nichtdenken, oder dazu, einfach mit geschlossenen Augen mit dem Strom zu schwimmen!“ (2000). Hier zeigt sich ein Entwicklungsprozess, der aktiv gewollt und unterstützt wird. Immer wieder betonen die Verantwortlichen die Bedeutung von Bildung und Ausbildung für ihr Land. 3 Die traditionellen Strukturen der arabischen Willensbildung (Beratung mit Ziel des Konsenses) müssen von der oft noch informellen Ebene in eine politische Struktur überführt werden. Der unabdingbare Öffentlichkeitscharakter von Politik tritt (verstärkt durch die neuen Medien und Kommunikationsmöglichkeiten) in den Vordergrund. Man sucht einen zweiten Weg neben der westlichen Parteiendemokratie, der den Beratungsgremien mehr Gewicht und Rechte gibt und die Bedeutung der Religion respektiert. Die politische Zukunft des Oman ist ein Experiment, das für andere arabische Staaten wichtig sein kann. Der konkrete Islam vor Ort zeigt deutlich ein anderes Gesicht als unsere stereotypen medialen Projektionsflächen. Bildung und Anschlussfähigkeit überlieferter Werte, Wandlung, Evolution sind im geistigen Klima ebenso spürbar wie in zukunftsfähiger Technik, Tourismusbranche oder in der Kunst, z.B. Malerei als Palimpsest: Der Kalligraph übermalt immer neu und in mehreren Schichten ein klassisches Gedicht, bis es zu einem abstrakten Bild geworden ist. Ein Sinnbild für Weiterentwicklung. Der Oman will die Kompetenz in Pluralität, die er geschichtlich erworben hat, in Querverbindungen umsetzen: Zum Westen, zum Christentum oder anderen Religionen und Weltanschauungen. Darüber will der Oman mit uns ins Gespräch kommen und darüber will diese Ausstellung informieren. Lassen Sie sich anregen vom Flair eines authentischen arabischen Landes und seinen Entwicklungsmöglichkeiten. Wir vom Vorbereitungsteam freuen uns sehr über Ihr Interesse! Wir dürfen verschiedene Vertreter der Bildungs- und Ausbildungslandschaft Freiburg willkommen heißen, darunter den Referatsleiter Gymnasien im Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg, Herrn Gymnasialdirektor Alfons Theis. Aus Karlsruhe ist als Vertreterin des Studienfaches Islamische Religionspädagogik Frau Bouma’izz angereist. Ein besonderer Gruß gilt den Muslimen, Männern und Frauen, die unserer Einladung gefolgt sind und ihr Interesse am Gespräch der Kulturen zeigen. Sehr herzlich begrüße ich auch Frau Fatima Cahin – Dörflinger, die Vorsitzende des Freundeskreises Freiburg –Isfahan sowie als Vertreter der Gesellschaft für Christlich – Jüdische Zusammenarbeit Familie Jansen und die Vorstandsvorsitzende Frau Rivka Hollaender. Jetzt wird Herr Dr. Al- Mamari zu Ihnen sprechen und anschließend Herr Dr. Ourghi Sie auf Arabisch begrüßen. Dr. Al – Mamari spricht sehr gut Deutsch, weil er in Tübingen studiert und promoviert hat. Zum Abschluss spricht Herr Ibrahim Sarialtin als Vertreter der Stadt Freiburg ein Grußwort. Er ist der erste türkische Stadtrat Freiburgs. Herr Dr. Ourghi wird Sie auch informieren über die drei begleitenden Vorträge zur Ausstellung mit den Themen Kalligraphie, Toleranz und Ibadhi – Religion. 4 Zuvor aber noch Dank an alle hilfreichen Geister, die heute Abend für das leibliche Wohl gesorgt haben, auch der islamischen und christlichen Fachschaft der Theologien und den Hausmeistern für ihre Mithilfe! Dank an Frau Helga Epp für unentbehrliche Beratung und Unterstützung. Dank der DeutschOmanischen Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer Georg Popp sowie Herrn Alex Moll von der Ausstellungs-Organisation. Zu Ihrer Information haben das Institut für Religionspädagogik und die Buchhandlung Vogel Büchertische und Materialien zum Islam und zum Islamunterricht an den Schulen aufgebaut, Herr Dr. Ourghi speziell auch einen Büchertisch mit arabischer Literatur zum Oman und der Ibadhi – Religion. Im Raum 004 hier im EG zeigen wir mehrfach während der Ausstellung Filme zum Sultanat Oman. Außerdem ist Herr Dr. Omar An – Nahbani bei uns, der Sie in die Schönheit der arabischen Kalligraphie einführt. Er ist Lehrbeauftragter am Seminar für Orientalistik der Universität Freiburg. Hier im Foyer finden Sie zur Campus-Seite hin eine kleine Fotogalerie von Studierenden des Projektes „SALAM“: Spielen – Austauschen – Lernen – Achtsam Miteinander. Studierende begleiten für acht Monate ein Kind mit Migrationshintergrund aus einer Freiburger Grundschule. Sie haben zusammen mit den Kindern deren Lieblingsorte hier in Freiburg fotografiert. Ich wünsche Ihnen viel Freude in der Begegnung mit dem Oman und einen anregenden Abend. Vielen Dank! Prof. Dr. Bernd Feininger, Kath. Theologie 5