NomosLehrbuch NomosLehrbuch Strafrecht Allgemeiner Teil 7. Auflage 7. Auflage Strafrecht | Allgemeiner Teil Kindhäuser Kindhäuser ISBN 978-3-8487-0605-1 Nomos BUC_Kindhaeuser_S AT_0605-1_7A.indd 1 17.03.15 08:55 http://www.nomos-shop.de/21266 NomosLehrbuch Prof. Dr. Dres. h.c. Urs Kindhäuser, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Strafrecht Allgemeiner Teil 7. Auflage Nomos BUT_Kindhaeuser_S AT_0605-1_7A.indd 3 17.03.15 08:54 http://www.nomos-shop.de/21266 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8487-0605-1 7. völlig neu überarbeitete Auflage 2015 © Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2015. Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. BUT_Kindhaeuser_S AT_0605-1_7A.indd 4 17.03.15 08:54 http://www.nomos-shop.de/21266 Vorwort Dieses Lehrbuch zum Allgemeinen Teil des Strafrechts versteht sich als eine komprimierte, den Examensstoff abdeckende Darstellung der allgemeinen Straftatlehre, die sich gleichermaßen zur Einführung wie auch Wiederholung eignet. Im Vordergrund steht die Erläuterung der strafrechtlichen Fachsprache und der einzelnen Prüfungsschritte nach Maßgabe der Logik des Deliktsaufbaus. Diesem Hauptteil, mit dem das „technische“ Studium beginnt, sind Ausführungen zur sozialen Funktion des Strafrechts, zu den (verfassungs-)rechtlichen Prämissen und zur Methodologie vorausgeschickt. Auf solche Vorüberlegungen ist nicht selten zurückzugreifen, wenn es gilt, Argumente zur Entscheidung von Streitfragen zu gewinnen. Für die 7. Auflage wurde das Lehrbuch durchgehend aktualisiert und völlig überarbeitet. Für ihre Unterstützung bei der Neubearbeitung habe ich Frau Lisa Wüstefeld und Herrn Wahis Afschar, beide wissenschaftliche Mitarbeiter am Strafrechtlichen Institut, herzlich zu danken. Zu danken habe ich ferner für manche Anregung und vor allem für die engagierte Hilfe bei den Korrekturen den Damen und Herren Jennifer Brosch, Leonie Erdmann, Nilani Fernando, Britta Hahn, Geraldine Laux, Eva-Maria Marxen, Dr. Alexandra Pohl, Lukas Schefer, Jan Schlöter, Peter Schneider und Anselm-Leander Wancke. Für die vorzügliche Organisation von Sekretariat und Bibliothek bin ich wie stets Frau Jacqueline Götsche verbunden. Bonn, im Januar 2015 Urs Kindhäuser 5 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt 5 Vorwort Abkürzungsverzeichnis 23 A. Das Strafgesetz Erster Abschnitt: Das Strafrecht im Rechtssystem 29 §1 29 29 29 30 31 32 32 32 33 33 34 Der strafrechtlich relevante Konflikt I. Abgrenzungen 1. Definitionen 2. Stellung im Rechtssystem II. Erfassung des Konflikts III. Entscheidung des Konflikts 1. Strafverfahren 2. Urteil und Gutachten 3. Zweispurigkeit der Rechtsfolgen 4. Strafen 5. Maßregeln und weitere Maßnahmen Wiederholungs- und Vertiefungsfragen §2 Zur Legitimation des Strafrechts I. Die strafrechtlichen Normen 1. Begriff 2. Verhaltens- und Sanktionsnormen II. Zur Legitimation der Verhaltensnormen (Rechtsgüterschutz) III. Zur Legitimation der Sanktionsnormen (Strafe) 1. Absolute Theorien 2. Relative Theorien 3. Vereinigungstheorie Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 35 36 36 36 36 37 38 38 39 40 40 Zweiter Abschnitt: Gesetzlichkeit und Geltung des Strafrechts 41 §3 41 41 41 41 41 42 42 Die Gesetzlichkeit des Strafrechts (Tatbestandsfunktionen) I. Gesetzlichkeitsprinzip II. Garantiefunktionen und Auslegung 1. Verbot des Gewohnheitsrechts 2. Das Rückwirkungsverbot 3. Das Bestimmtheitsgebot 4. Analogieverbot und Auslegung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 43 7 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt §4 Der Geltungsbereich des StGB I. Zeitliche Geltung, Tatzeit und Tatort 1. Grundregel und Modifikationen 2. Tatzeitpunkt 3. Tatort II. Räumliche und personelle Geltung 1. Internationales Strafrecht 2. Geltungsprinzipien III. Gutachten Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 44 44 44 44 45 46 46 46 47 48 B. Allgemeine Straftatlehre §5 Die Straftat als Normwiderspruch I. Wissenschaftliche Zwecksetzung II. Der Normwiderspruch 1. Begriff und Deliktsaufbau 2. Handlungs- und Antriebssteuerung III. Handlungstheorien 1. Finale Lehre 2. Soziale und personale Lehre 3. Intentionale Normbefolgungsfähigkeit 4. Kausale Lehre IV. Gutachten Wiederholungs- und Vertiefungsfragen §6 Der Deliktsaufbau I. Die rechtswidrige und schuldhafte Tat 1. Unrecht und Schuld 2. Feststellung des Unrechts 3. Feststellung der Schuld 4. Zwei- oder dreistufiger Deliktsaufbau II. Objektive Strafbarkeitsbedingungen III. Persönliche Strafausschließungs-, Strafaufhebungs- und Strafeinschränkungsgründe 1. Persönliche Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe 2. Persönliche Strafeinschränkungsgründe IV. Prozessvoraussetzungen, insbesondere Strafantrag 1. Prozessvoraussetzungen 2. Antragsdelikte V. Gutachten Wiederholungs- und Vertiefungsfragen §7 Handeln für einen anderen Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 8 49 49 49 49 50 51 51 52 52 53 53 54 55 55 55 55 56 57 59 59 59 60 61 61 61 62 62 63 64 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt C. Das vorsätzliche Begehungsdelikt Erster Abschnitt: Grundlagen der Tatbestandslehre 65 §8 65 65 65 65 66 66 67 67 67 68 68 68 69 69 70 71 71 71 71 72 72 Begriff und Formen des Deliktstatbestands I. Begriff und Abgrenzung 1. Funktion und Herkunft 2. Gesamttatbewertende Merkmale 3. Tatbestand und Rechtswidrigkeit 4. Weitere Begriffsverwendungen II. Tatbestandsabwandlungen 1. Grundtatbestand, Qualifikation und Privilegierung 2. Regelbeispiele 3. Delictum sui generis III. Deliktstypen 1. Begehungsdelikte 2. Allgemeindelikte 3. Erfolgs- und Tätigkeitsdelikte 4. Verletzungs- und Gefährdungsdelikte 5. Eigenhändige Delikte 6. Dauerdelikte 7. Zustandsdelikte 8. Unternehmensdelikte 9. Antragsdelikte IV. Verbrechen und Vergehen Wiederholungs- und Vertiefungsfragen §9 Der Inhalt des Deliktstatbestands I. Objektiver und subjektiver Deliktstatbestand 1. Begriff und Funktion 2. Handlungs- und Erfolgsunrecht II. Typen von Tatbestandsmerkmalen 1. Deskriptive und normative Tatbestandsmerkmale 2. Blankettmerkmale III. Vollendung, Versuch, Beendigung 1. Definitionen 2. Gutachten Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 72 73 73 73 74 74 74 75 76 76 76 76 Zweiter Abschnitt: Der objektive Deliktstatbestand 77 § 10 Erfolg, Handlung und Kausalität I. Die strafrechtliche Funktion der Kausalität 1. Funktionaler Kausalbegriff 2. Rechtsgüterschutz 3. Begriff des Erfolgs 4. Zeitliche Perspektive 77 77 77 77 78 78 9 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt II. Der Kausalitätsnachweis 1. Äquivalenz- oder Bedingungstheorie 2. Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung 3. Modifizierte condicio-sine-qua-non-Formel III. Einzelfragen 1. Konkreter Erfolg und hypothetische Kausalverläufe 2. Äquivalenz und atypische Verläufe 3. Überholende und abgebrochene Kausalverläufe 4. Kumulative Kausalität 5. Alternative Kausalität (Doppelkausalität) 6. Abbruch rettender Kausalverläufe 7. Gremienentscheidungen 80 80 81 82 82 82 83 84 85 85 87 87 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 88 § 11 Objektive Zurechnung beim Erfolgsdelikt I. Kausalität und objektive Zurechnung II. Gegenstand der objektiven Zurechnung III. Ursache und Risiko 1. Risikobegriff 2. Konkrete Risiken und übliches Sozialverhalten 3. Hypothetische Schadensverläufe 4. Risikoverringerung 5. Schutzzweck der Norm IV. Risikozuständigkeit 1. Grundsatz 2. Eigenverantwortlichkeitsprinzip 3. Voraussetzungen 4. Phase der Gefahrrealisierung 5. Verbotene Mitwirkung V. Eingreifen Dritter 1. Regressverbot 2. Folgerisiken 3. Retterfälle VI. Gutachten 89 89 90 91 91 92 93 94 96 97 97 98 98 100 101 101 102 104 106 108 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 108 § 12 Einwilligung I. Allgemeines 1. Begriff 2. Deliktssystematische Einordnung 3. Bezug II. Wirksamkeit 1. Voraussetzungen 2. Bedingungen 3. Stellvertretung 4. Widerruf 5. Willensmängel 10 110 110 110 110 112 112 112 113 113 114 114 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt III. Abgrenzung: Einverständnis 1. Begriff 2. Voraussetzungen IV. Einverständliche Fremdgefährdung 1. Begriff 2. Einordnung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 116 116 117 122 122 123 124 Dritter Abschnitt: Der subjektive Deliktstatbestand 125 § 13 Der Vorsatz I. Allgemeines 1. Elemente des Vorsatzes 2. Deliktssystematische Einordnung II. Zeitpunkt und Gegenstand der Vorsatzzurechnung 1. Zeitpunkt 2. Gegenstand 125 125 125 126 127 127 127 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 128 § 14 Arten des Vorsatzes I. Absicht und direkter Vorsatz 1. Absicht 2. Direkter Vorsatz (dolus directus) II. Bedingter Vorsatz 1. Grundlagen 2. Zum Meinungsstand 3. Folgerungen und Definition III. Verbindung mehrerer Vorsätze und dolus generalis 1. Dolus cumulativus und alternativus 2. Dolus generalis Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 129 129 129 130 131 131 131 135 136 136 137 138 Vierter Abschnitt: Rechtswidrigkeit 139 § 15 Grundlagen I. Allgemeines 1. Begriff 2. Begründung und Geltungsbereich 3. Gutachten II. Der Erlaubnistatbestand III. Wichtige Rechtfertigungsgründe 1. Grundsatz 2. Überblick 139 139 139 139 140 141 141 141 142 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 143 11 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt § 16 Notwehr I. Allgemeines 1. Begriff 2. Voraussetzungen und Gutachtenaufbau II. Notwehrlage 1. Angriff 2. Gegenstand 3. Gegenwärtigkeit 4. Rechtswidrigkeit III. Notwehrhandlung 1. Verteidigung 2. Erforderlichkeit 3. Gebotenheit IV. Subjektive Rechtfertigung V. Einschränkungen der Notwehrbefugnis 1. Fallgruppen 2. Bagatellangriffe 3. Krasses Missverhältnis 4. Angriffe Schuldloser 5. Angriffe innerhalb von Garantenstellungen 6. Provozierte oder sonst verschuldete Notwehrlage Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 17 Rechtfertigender Notstand I. Begriff und Systematik 1. Begriff 2. Systematik 3. Rechtfertigender und entschuldigender Notstand II. Der rechtfertigende Notstand (§ 34) 1. Allgemeines 2. Notstandslage 3. Notstandshandlung 4. Subjektive Rechtfertigung 5. Gutachtenaufbau III. Der zivilrechtliche aggressive Notstand (§ 904 BGB) IV. Der defensive Notstand (§ 228 BGB, § 34) 1. Begriff und Voraussetzungen 2. Rechtsgrundlage 3. Gutachtenaufbau Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 18 Rechtfertigende Pflichtenkollision I. Allgemeines II. Voraussetzungen III. Pflichtverletzung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 12 144 144 144 144 145 145 146 147 148 150 150 150 152 153 153 153 154 154 155 156 156 159 160 160 160 160 160 161 161 162 163 167 167 167 168 168 169 169 170 171 171 171 172 172 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt § 19 Mutmaßliche Einwilligung I. Allgemeines II. Anwendungsbereich 1. Voraussetzungen 2. Fallgruppen 3. Ermittlung des mutmaßlichen Willens III. Abgrenzung zur hypothetischen Einwilligung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 20 Sonstige Rechtfertigungsgründe I. Vorläufige Festnahme (§ 127 Abs. 1 StPO) 1. Tat 2. Tatfrische 3. Mittel der Festnahme 4. Subjektive Rechtfertigung II. Zivilrechtliche Selbsthilfe 1. §§ 229, 230 BGB 2. Weitere Selbsthilferegelungen III. Zusendung unbestellter Leistungen (§ 241a BGB) IV. Züchtigungs- und Erziehungsrecht 1. Erziehungs- und Sorgerecht 2. Schule und Berufsausbildung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 173 173 173 173 174 175 175 177 178 178 178 179 179 180 180 180 180 180 181 181 182 183 Fünfter Abschnitt: Schuld 184 § 21 Grundlagen I. Das Schuldprinzip II. Der Schuldbegriff 1. Schuld im formellen Sinne 2. Schuld im materiellen Sinne III. Der Schuldtatbestand IV. Unzumutbarkeit und übergesetzlicher Notstand 1. Unzumutbarkeit normgemäßen Handelns 2. Übergesetzlicher Notstand 3. Religiöse Gewissenskonflikte 184 184 184 184 185 186 187 187 187 188 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 22 Schuldfähigkeit I. Allgemeines II. Schuldunfähigkeit nach § 20 1. Zweistufige Merkmalsanordnung 2. Rauschzustände III. Einschränkungen IV. Anwendung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 188 189 189 189 189 190 191 191 192 13 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt § 23 Actio libera in causa I. Allgemeines 1. Grundsätze 2. Koinzidenzprinzip II. Das Ausnahmemodell 1. Konstruktion 2. Einwände III. Das Tatbestandsmodell 1. Konstruktionen 2. Einwände IV. Folgerungen 1. Verfassungswidrigkeit? 2. Differenzierende Betrachtung 3. Rückgriff auf § 323a V. Gutachten 1. Aufbauprobleme 2. Gutachtenaufbau VI. Actio libera in causa beim Fahrlässigkeitsdelikt Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 24 Entschuldigender Notstand I. Allgemeines II. Voraussetzungen 1. Notstandslage 2. Notstandshandlung 3. Rettungswille 4. Keine Zumutbarkeit III. Anwendung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 25 Notwehrexzess I. Allgemeines II. Der intensive Notwehrexzess III. Der extensive Notwehrexzess IV. Subjektive Tatseite V. Putativnotwehrexzess VI. Anwendung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 193 193 193 193 194 194 194 195 195 196 197 197 197 197 198 198 198 200 200 201 201 201 201 202 202 203 204 204 205 205 205 207 208 208 209 210 Sechster Abschnitt: Irrtumslehre 211 § 26 Grundlagen I. Allgemeines 1. Irrtumsformen 2. Gegenstand des Irrtums 3. Rechtsfolgen des Irrtums II. Irrtümer über sonstige Strafbarkeitsvoraussetzungen 211 211 211 212 212 213 14 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt III. Schematischer Überblick IV. Gutachten 214 216 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 216 § 27 Tatbestandsirrtum I. Gesetzliche Regelung 1. § 16 Abs. 1 2. § 16 Abs. 2 II. Gegenstand des Irrtums 1. Begriff des Tatumstands 2. Abgrenzung zum Subsumtionsirrtum 3. Normative Tatumstände 4. Tatbestandsalternativen 5. Tatbestands- und Verbotsirrtum im Gutachten III. Einzelfragen 1. Error in persona vel objecto 2. Irrtum über den Kausalverlauf 3. Irrtum über den Vollendungszeitpunkt 4. Aberratio ictus 5. Irrtum bei der actio libera in causa 217 217 217 217 218 218 218 222 224 225 226 226 226 228 229 232 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 233 § 28 Verbotsirrtum und Irrtum über Entschuldigungsgründe I. Der Verbotsirrtum 1. Schuld- und Vorsatztheorie 2. Unrechtsbewusstsein II. Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums III. Der Irrtum über Entschuldigungsgründe Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 29 Irrtum über Rechtfertigungsvoraussetzungen I. Systematik II. Verkennung einer Rechtfertigungslage III. Der Erlaubnistatbestandsirrtum 1. Begriff 2. Deliktssystematische Einordnung 3. Folgerungen 4. Gutachten 5. Irrtümer über die Eigenschaften normativer Erlaubnistatbestandsmerkmale Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 234 234 234 235 236 237 238 239 239 240 241 241 241 244 245 245 246 Siebter Abschnitt: Versuch 247 § 30 Grundlagen I. Allgemeines 1. Begriff 247 247 247 15 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt 2. Gutachtenaufbau 3. Strafwürdigkeit II. Formen des Versuchs 1. Tauglicher und untauglicher Versuch 2. Versuch beim erfolgsqualifizierten Delikt 3. Fahrlässiger Versuch III. Versuch und Wahndelikt 1. Abgrenzung 2. Normative Tatbestandsmerkmale 3. Sonderdelikte 247 248 249 249 250 251 251 251 252 253 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 254 § 31 Vorbereitung und Versuch I. Allgemeines II. Tatentschluss 1. Begriff 2. Unbedingtheit 3. Vorsatzform III. Unmittelbares Ansetzen 1. Voraussetzungen 2. Abgrenzung IV. Versuchsbeginn bei der actio libera in causa 1. Ausnahmemodell 2. Tatbestandsmodell 255 255 255 255 256 256 257 257 258 259 259 260 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 260 § 32 Rücktritt vom Versuch I. Allgemeines 1. Grundlagen 2. Normzweck 3. Tätige Reue II. Rücktrittsrelevante Versuchsformen 1. Fehlgeschlagener Versuch 2. Unbeendeter und beendeter Versuch 3. Überblick III. Rücktritt vom unbeendeten Versuch 1. Zum unbeendeten Versuch 2. Aufgeben der Tat 3. Freiwilligkeit IV. Rücktritt vom beendeten Versuch 1. Beendeter und nicht fehlgeschlagener Versuch 2. Verhindern der Vollendung 3. Einzelaktstheorie V. Rücktritt bei ernsthaftem Bemühen VI. Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten 1. Fallgruppen 2. Voraussetzungen 261 261 261 261 262 262 262 263 264 264 264 268 269 271 271 271 272 272 273 273 273 16 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt VII. Einzelfragen 1. Rücktritt bei objektiv nicht zurechenbarem Erfolg 2. Rücktritt vom qualifizierten Versuch 3. Erfolgsqualifizierte Delikte 4. Unternehmensdelikte Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 275 275 275 276 276 277 D. Das fahrlässige Begehungsdelikt § 33 Fahrlässigkeit I. Allgemeines 1. Strafbarkeit 2. Funktion der Fahrlässigkeitshaftung 3. Begriff und historische Entwicklung II. Die Merkmale der Fahrlässigkeitstat 1. Überblick 2. Gliederung III. Das zweistufige Fahrlässigkeitsmodell 1. Tatbestandsmerkmale 2. Sorgfaltsgemäße Vorhersehbarkeit 3. Sorgfaltsgemäße Vermeidbarkeit 4. Erlaubte Risiken und Vertrauensgrundsatz 5. Erlaubt riskantes Alternativverhalten 6. Die subjektiven Handlungselemente der Fahrlässigkeit IV. Das einstufige Fahrlässigkeitsmodell 1. Kritik des zweistufigen Modells 2. Individuelle Vermeidbarkeit V. Rechtswidrigkeit VI. Schuld 1. Zumutbarkeit 2. Allgemeine Schulderfordernisse 3. Notwehrexzess VII. Fahrlässigkeitsformen 1. Bewusste und unbewusste Fahrlässigkeit 2. Leichtfertigkeit VIII. Gutachten: Der Aufbau des Fahrlässigkeitsdelikts 1. Das zweistufige Fahrlässigkeitsmodell 2. Das einstufige Fahrlässigkeitsmodell Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 34 Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen I. Allgemeines 1. Systematik 2. Konkrete Gefährdungen II. Erfolgsqualifizierte Delikte 1. Problem 2. Restriktive Auslegung 278 278 278 278 279 280 280 281 282 282 283 285 286 288 291 291 291 292 294 295 295 295 295 296 296 297 297 297 298 298 299 299 299 299 300 300 300 17 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt 3. Beteiligung III. Gutachtenaufbau Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 301 301 302 E. Unterlassungsdelikte § 35 Grundlagen I. Echte und unechte Unterlassungsdelikte II. Zur Abgrenzung von Tun und Unterlassen 1. Verhältnis von Tun und Unterlassen 2. Einzelfragen Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 36 Unechte Unterlassungsdelikte I. Allgemeines 1. Äquivalenz 2. Deliktsaufbau (Überblick) II. Deliktsmerkmale 1. Erfolgseintritt 2. Unterlassen 3. Kausalität 4. Garantenstellung 5. Objektive Zurechnung 6. Vorsatz und Irrtum 7. Fahrlässigkeit 8. Schuld III. Versuch und Rücktritt 1. Versuchsbeginn 2. Rücktritt IV. Zur Begründung von Garantenstellungen 1. Verpflichtungsgründe 2. Überwachergarantenstellung kraft Risikoherrschaft 3. Beschützergarantenstellung kraft institutioneller Fürsorge Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 37 Echte Unterlassungsdelikte I. Allgemeines II. Deliktsmerkmale 1. Objektiver Tatbestand 2. Sonstige Deliktsmerkmale Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 18 303 303 303 303 305 307 308 308 308 308 309 309 309 310 313 314 314 315 315 316 316 317 318 318 320 323 326 328 328 328 328 329 329 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt F. Beteiligung § 38 Grundlagen I. Allgemeines 1. Begriffe 2. Strafgrund der Teilnahme II. Akzessorietät 1. Schuldunabhängigkeit der Beteiligung 2. Akzessorietät der Teilnahme 3. Akzessorietätslockerung III. Zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme 1. Überblick 2. Subjektive Theorie 3. Materiell-objektive Theorie 4. Anwesenheit am Tatort 5. Sonderdelikte und eigenhändige Delikte 6. Beweisfragen IV. Beteiligung bei Fahrlässigkeit 1. Fahrlässige Beteiligung an vorsätzlicher Tat 2. Vorsätzliche Beteiligung an fahrlässiger Tat 3. Fahrlässige Beteiligung an fahrlässiger Tat V. Beteiligung beim Unterlassungsdelikt 1. Aktive Teilnahme am Unterlassungsdelikt 2. Beteiligung durch Unterlassen Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 39 Alleintäterschaft I. Begriffe 1. Unmittelbarer Täter 2. Mittelbarer Täter 3. Nebentäter II. Mittelbare Täterschaft 1. Zurechnungsprinzip 2. Exzess des Tatmittlers 3. Gutachten III. Wichtige Fallgruppen mittelbarer Täterschaft 1. Defizite auf Tatbestandsebene 2. Defizite auf Rechtfertigungsebene 3. Defizite auf Schuldebene 4. Organisatorische Machtapparate 5. Unterlassen 6. Selbstverletzungen IV. Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft 1. Grundsatz 2. Stellen von Fallen 330 330 330 331 332 332 333 333 335 335 336 337 338 339 339 339 339 340 340 341 341 341 344 345 345 345 345 345 346 346 346 346 346 346 349 349 351 352 353 355 355 357 19 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt V. Irrtumsprobleme 1. Irrtum über die Tatherrschaft 2. Objektverwechslung beim Vordermann 358 358 360 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 361 § 40 Mittäterschaft I. Allgemeines 1. Begriff 2. Zurechnungsprinzip II. Voraussetzungen 1. Gemeinschaftliche Tatbegehung 2. Gemeinsamer Tatentschluss 3. Sondermerkmale 4. Sukzessive Mittäterschaft III. Versuchsbeginn 1. Grundsatz 2. Schein-Mittäterschaft IV. Exzess und Irrtum 1. Exzess eines Mittäters 2. Objektverwechslung 3. Irrtum über Verfolger V. Anwendung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 41 Anstiftung I. Voraussetzungen II. Haupttat III. Bestimmen 1. Definition 2. Anstiftung bei bereits gefasstem Tatentschluss 3. Zeitpunkt der Anstiftung 4. Anstiftung durch Unterlassen 5. Adressat IV. Anstiftervorsatz V. Irrtumsprobleme 1. Anstiftung zur Verletzung eigener Güter 2. Objektverwechslung des Haupttäters Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 42 Beihilfe I. Voraussetzungen II. Hilfeleistung 1. Formen der Beihilfe 2. Kausalität 3. Alltägliche Handlungen 4. Beihilfe durch und zu Unterlassungen 5. Sukzessive Beihilfe III. Gehilfenvorsatz 20 362 362 362 362 362 362 363 364 364 365 365 366 366 367 367 367 367 368 370 370 370 370 370 371 373 373 373 374 375 375 376 378 379 379 379 379 380 382 385 385 386 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt IV. Verhältnis zur Anstiftung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 43 Versuchte Beteiligung I. Allgemeines II. Versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1) 1. Der Versuch 2. Verbrechenscharakter der Haupttat 3. Vorsatz III. Strafbare Vorbereitungen (§ 30 Abs. 2) 1. Überblick 2. Sich-Bereiterklären 3. Annahme des Erbietens 4. Verabredung IV. Verhältnis zum vollendeten Delikt V. Rücktritt vom Versuch der Beteiligung (§ 31) 1. Überblick 2. Verhältnis zu § 24 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 387 387 388 388 388 389 390 391 391 391 391 392 392 393 393 393 394 394 G. Konkurrenzen § 44 Grundlagen I. Gutachten 1. Problemstellung 2. Prüfungsreihenfolge 3. Überblick II. Begriffe Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 45 Kriterien der Handlungseinheit I. Überblick II. Handlung im „natürlichen“ Sinne III. Natürliche Handlungseinheit 1. Voraussetzungen 2. Iterative und sukzessive natürliche Handlungseinheit IV. Tatbestandliche Handlungseinheit V. Fortgesetzte Handlung Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 46 Gesetzeskonkurrenz I. Allgemeines 1. Begriff und Formen 2. Relevanz des zurücktretenden Gesetzes II. Spezialität III. Subsidiarität 395 395 395 395 396 397 397 398 398 398 398 398 400 400 401 401 402 402 402 402 402 403 21 http://www.nomos-shop.de/21266 Inhalt IV. Konsumtion 1. Abgrenzung 2. Bei unechter Tateinheit 3. Bei unechter Tatmehrheit 4. Straflosigkeit der Begleittat V. Gutachten Wiederholungs- und Vertiefungsfragen § 47 Tateinheit und Tatmehrheit I. Grundlagen der Tateinheit 1. Begriff 2. Festsetzung des Strafrahmens 3. Funktion II. Voraussetzungen der Tateinheit 1. Überblick 2. Tateinheit durch identische und teilidentische Handlungen 3. Tateinheit durch Klammerwirkung 4. Tateinheit aufgrund natürlicher Handlungseinheit 5. Tateinheit beim Unterlassen 6. Tateinheit und Beteiligung III. Tatmehrheit 1. Voraussetzungen 2. Prinzipien der Gesamtstrafenbildung 403 403 404 404 404 405 405 406 406 406 406 406 407 407 407 408 409 411 411 412 412 412 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 413 § 48 In dubio pro reo, Wahl- und Postpendenzfeststellung I. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ 1. Begriff und Anwendungsbereich 2. Gutachten II. Wahlfeststellung 1. Entscheidungssituation 2. Gleichartige Wahlfeststellung 3. Ungleichartige Wahlfeststellung III. Postpendenz und Praependenz 1. Postpendenz 2. Praependenz 414 414 414 415 415 415 415 416 418 418 418 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen 418 Definitionen 419 Stichwortverzeichnis 439 22 http://www.nomos-shop.de/21266 §2 § 2 Zur Legitimation des Strafrechts I. Die strafrechtlichen Normen 1. Begriff 1 In einem der freien Entfaltung des Einzelnen dienenden demokratischen Gemeinwesen hat das Recht die Aufgabe, soziale Integration durch eine gewaltlose Verständigung darüber zu leisten, wie die unterschiedlichen Interessen der Bürger miteinander in Einklang zu bringen sind.1 Die Interessenkoordination erfolgt im Recht durch Normen. Normen sind (gesetzliche) Regeln, die sagen, welche Verhaltensweisen von Rechts wegen erlaubt (rechtmäßig) oder verboten (rechtswidrig) sind. Die Strafgesetze lassen sich in zweierlei Weise als Normen interpretieren, und zwar als Verhaltensnormen und als Sanktionsnormen:2 2. Verhaltens- und Sanktionsnormen 2 a) Verhaltensnormen: Dem Umstand, dass § 239 Abs. 1 das Einsperren eines Menschen unter Strafe stellt, lässt sich zunächst entnehmen, dass es verboten ist, einen anderen einzusperren. § 32 Abs. 1 besagt dagegen, dass eine durch Notwehr gebotene Handlung erlaubt ist. Weil in diesen Fällen das im jeweiligen Gesetzestatbestand umschriebene Verhalten verboten oder erlaubt wird, spricht man von sog. strafrechtlichen Verhaltensnormen. Solche Verbote und Erlaubnisse gelten entweder für jedermann – es handelt sich dann um allgemeine Normen – oder nur für bestimmte Personen, zB mit der Errichtung öffentlicher Urkunden befasste Amtsträger in § 348; im letztgenannten Fall handelt es sich um Sondernormen. Jede Straftat setzt einen Verstoß gegen eine Verhaltensnorm voraus.3 3 Den Verboten und Erlaubnissen entsprechen Gebote und Freistellungen. Während die strafrechtlichen Verbotsnormen die Verwirklichung des gesetzlich umschriebenen Geschehens untersagen, also ein Unterlassen vorschreiben, ordnen die Gebotsnormen die Verhinderung des gesetzlich umschriebenen Geschehens an, schreiben also ein aktives Tun vor. So gebietet zB § 323c, bei Unglücksfällen zumutbare Hilfe zu leisten. Während Erlaubnisse von Verboten befreien – man darf in Notwehr einen anderen verletzen –, befreien Freistellungen von Geboten. So kann man zB von einer gebotenen Rettung freigestellt sein, wenn man sich selbst in einer Notstandssituation nach § 34 befindet. Auch bei den strafrechtlichen Gebotsnormen gibt es solche, die sich an jedermann richten, und solche, die nur bestimmte Personen, sog. Garanten, verpflichten.4 4 b) Sanktionsnormen: Die Strafgesetze lassen sich ferner als Normen interpretieren, die sich an den sog. Rechtsstab – Staatsanwaltschaft und Gerichte – wenden und vorschreiben, dass jemand unter bestimmten Bedingungen in einer bestimmten Weise 1 Näher hierzu Kindhäuser ZStW 107 (1995), 701 (711 ff); Grundlegendes zu den einschlägigen Begriffen bei Hollerbach, Selbstbestimmung im Recht, 1996, 6 ff, 15 ff. 2 Näher zur strafrechtlichen Normentheorie Kindhäuser, Gefährdung als Straftat, 1989, 29 ff mwN; Überblick bei LK-Walter Vor § 13 Rn 17. 3 Demgemäß werden strafbare Verstöße gegen allgemeine Normen „Allgemeindelikte“ und strafbare Verstöße gegen Sondernormen „Sonderdelikte“ genannt, vgl § 8 Rn 15. 4 Strafbare Verstöße gegen Jedermann-Gebote werden „echte Unterlassungsdelikte“ genannt, während Pflichtverletzungen von Garanten Sonderdelikte sind, die als „unechte Unterlassungsdelikte“ bezeichnet werden; näher § 8 Rn 13 f. 36 http://www.nomos-shop.de/21266 §2 § 2 Zur Legitimation des Strafrechts strafrechtlich zu verfolgen und zu bestrafen ist. So ordnet § 239 Abs. 1 zB an, dass der Täter einer Freiheitsberaubung mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe zu bestrafen ist. Da diese an den Rechtsstab adressierten Normen die Verhängung einer Sanktion zum Gegenstand haben, werden sie als Sanktionsnormen bezeichnet. Sanktionsnormen sind maW spezifische Verhaltensnormen (Sondernormen) für den Rechtsstab. Ein Verstoß gegen diese Verhaltensnormen ist im Übrigen seinerseits durch weitere Sanktionsnormen abgesichert, zB durch die Verbote der Strafvereitelung im Amt (§ 258a) und der Rechtsbeugung (§ 339). c) Legitimationsbedarf: Da die Verhängung von Kriminalstrafe das schärfste staatliche Reaktionsmittel ist und am intensivsten in die (grundrechtlich geschützte) Freiheitssphäre des Bürgers eingreift, steht das Strafrecht unter einem besonders hohen Legitimationsdruck. Hierbei sind die Verhaltens- wie auch die Sanktionsnormen zu rechtfertigen. Es ist also einerseits zu begründen, welche Verhaltensnormen überhaupt in den Kreis der strafrechtlich sanktionierten Normen aufgenommen werden dürfen. Andererseits bedarf es des Nachweises, dass die Kriminalstrafe ein gerechtes und sachdienliches Sanktionsmittel zur Ahndung von Verstößen gegen Verhaltensnormen ist. 5 II. Zur Legitimation der Verhaltensnormen (Rechtsgüterschutz) Die strafrechtlichen Verhaltensnormen dienen nach heute ganz hM dem Schutz von Rechtsgütern.5 Rechtsgüter sind solche Eigenschaften von Personen, Sachen oder Institutionen, die – wie zB Leib, Leben, Freiheit, Eigentum, Rechtspflege – der freien Entfaltung des Einzelnen in einer rechts- und sozialstaatlich verfassten demokratischen Gesellschaft dienen.6 Das Strafrecht schützt diese Güter durch Normen, indem es Verhaltensweisen, durch die sie gefährdet oder verletzt werden, untersagt oder Verhaltensweisen, die ihrer Sicherung oder Erhaltung dienen, vorschreibt.7 Je nachdem, ob das geschützte Gut dem Einzelnen oder im Allgemeininteresse einer Institution – zB Verfassungsorganen (§ 105) oder dem Beweisverkehr (§ 267) – rechtlich zugeordnet ist, spricht man von Individual- oder Kollektivrechtsgütern.8 Allerdings untersagt das Strafrecht nicht jede Beeinträchtigung von Rechtsgütern, sondern hebt bestimmte Verhaltensweisen hervor, die – unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen – vom Gesetzgeber als besonders sozialschädlich angesehen werden. Daher werden Schutzlücken durchaus in Kauf genommen; man spricht insoweit vom fragmentarischen Charakter des Strafrechts.9 So ist etwa der bloße Entzug einer fremden Sache grds10 nicht strafbar. Bei einzelnen Verhaltensnormen kann außerdem problematisch sein, ob sie überhaupt ein (legitimes) Rechtsgut schützen.11 5 Bottke Volk-FS 93 ff; Gimbernat Ordeig GA 2011, 284 ff; zu Aufgaben und Grenzen des Strafrechts zuletzt Schünemann Herzberg-FS 39 ff. 6 Im Einzelnen ist die Rechtsgutsbestimmung umstritten; häufig werden Rechtsgüter – ohne dass hierin ein sachlicher Unterschied liegt – auch als rechtlich positiv bewertete Interessen, Zustände o.Ä. definiert, vgl Jescheck/Weigend § 26 I; Köhler 24 f; Roxin I § 2/7; ausf. Amelung, Rechtsgüterschutz und Schutz der Gesellschaft, 1972, 38 ff; NK-Hassemer/Neumann Vor § 1 Rn 108 ff. 7 Zu Inhalt und Grenzen der Kriminalpolitik vgl NK-Hassemer/Neumann Vor § 1 Rn 49 ff. 8 W-Beulke/Satzger Rn 7; Otto § 1/32; eingehend Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter im Strafrecht, 2002; Kollektivrechtsgüter werden teils auch (gleichbedeutend) als Universalrechtsgüter bezeichnet. 9 Vgl hierzu Hefendehl JA 2011, 401 ff; Kühl Tiedemann-FS 29 (35 ff); Prittwitz in: Koch (Hrsg.), Herausforderungen an das Recht, 1997, 145 ff; Vogel StV 1996, 110 ff. 10 Ausnahmen sind zB §§ 248b und 274 Abs. 1 Nr. 1. 11 Vgl etwa für das Verbot des Beischlafs zwischen Verwandten nach § 173 Schubarth Dencker-FS 273 ff; allgemein zu den verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Bestimmung von Rechtsgütern NK-Paeffgen Vor § 32 Rn 11 ff mwN. 37 6 http://www.nomos-shop.de/21266 §2 7 A. Das Strafgesetz Rechtsgut ist die rechtlich positiv bewertete Eigenschaft als solche, also zB das Lebendig- und Gesundsein eines Menschen oder die Funktionsfähigkeit der Verwaltung. Der konkrete Mensch oder das konkrete Objekt, dessen positiv bewertete Eigenschaft negativ verändert wird, wird demgegenüber als Tat- oder Handlungsobjekt bezeichnet.12 Exemplarisch: Tötet A den B durch einen Gewehrschuss, so ist B das Handlungsobjekt eines Totschlags iSv § 212. Dass A zugleich die Eigenschaft des B, lebendig zu sein, zerstört, ist die Verletzung des von der Norm des § 212 geschützten Rechtsguts. Denn das Tötungsverbot schützt das Rechtsgut Leben. III. Zur Legitimation der Sanktionsnormen (Strafe) 8 Die für das Strafrecht grundlegende Frage, woher der Staat das Recht nimmt, seine Bürger – mit ggf existenzbedrohenden Auswirkungen – zu bestrafen, wird seit Jahrhunderten im Grundsatz wie im Detail unterschiedlich beantwortet.13 Weitgehend außer Streit ist heute lediglich, dass der Staat berechtigt sein muss, zur Gewährleistung einer friedlichen Koexistenz seiner Bürger besonders sozialschädliche Verhaltensweisen mit Strafe zu bedrohen. Hierbei ist das Strafrecht als ultima ratio zu verstehen,14 das subsidiär nur eingreifen darf, wenn keine milderen Mittel ausreichen. Umstritten ist dagegen vor allem, ob mit der Androhung und Verhängung von Strafe bestimmte Zwecke verfolgt werden dürfen oder nicht. 1. Absolute Theorien 9 Die sog. absoluten Straftheorien gehen davon aus, dass Strafe keinen anderen Zweck verfolgen darf als denjenigen, Antwort auf ein Fehlverhalten zu sein: „punitur, quia peccatum est“.15 Die maßgebliche absolute Straftheorie16 ist die in ihrer heutigen Fassung insbesondere durch Kant und Hegel geprägte Vergeltungstheorie.17 10 Nach Kant besteht die Aufgabe von Strafe in der Durchsetzung von Gerechtigkeit. Strafe darf immer nur gegen den Täter verhängt werden, weil er verbrochen hat; denn ansonsten – bei zweckhafter Strafe – werde der Mensch bloß als Mittel zu den Absichten eines anderen gehandhabt und unter die Gegenstände des Sachenrechts gemengt. Des Weiteren müsse Gerechtigkeit verwirklicht werden, weil die Verwirklichung von Gerechtigkeit ein kategorischer Imperativ sei. Gehe die Gerechtigkeit unter, so habe es keinen Wert mehr, dass Menschen auf Erden lebten.18 Demgegenüber begreift Hegel die Straftat als Verletzung des Rechts iSe Negierung des Rechts: Die Rechtsverletzung erhebe einen Anspruch auf Geltung, dem die Strafe als „Verletzung der Verletzung“ und somit als „Wiederherstellung des Rechts“ begegne: Strafe sei Negation der Negation des Rechts.19 12 Baumann/Weber/Mitsch § 3/18; Krey/Esser Rn 10; LK-Walter Vor § 13 Rn 14. 13 Vgl nur NK-Hassemer/Neumann Vor § 1 Rn 263 ff; Hörnle, Straftheorien, 2011; Jakobs ZStW 107 (1995), 843 ff; Kindhäuser ZStW 107 (1995), 701 ff; Köhler 37–46; Lesch JA 1994, 510 ff, 590 ff; Naucke § 1 Rn 138; Neumann/ Schroth, Neuere Theorien von Kriminalität und Strafe, 1980; Streng Rn 5 ff. 14 Vgl nur die Beiträge in Lüderssen u.a. (Hrsg.), Modernes Strafrecht und ultima-ratio-Prinzip, 1990. 15 So die auf Protagoras und Seneca zurückgehende Formel. 16 Zur (bedeutungslosen) sog. Sühnetheorie vgl Haft, Der Schulddialog, 1978. 17 Vgl auch Zaczyk, Das Strafrecht in der Rechtslehre J. G. Fichtes, 1981; ders. Otto-FS, 191 ff. 18 Metaphysik der Sitten, Erster Teil, II. Teil, 1. Abschnitt, Allgemeine Anmerkung E; zu Kants Strafrechtslehre Byrd/Hruschka JZ 2007, 957; Hruschka Puppe-FS 17; Küper Jung-FS 485. 19 Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§ 99 ff; vgl auch Seelmann Jakobs-FS 635 ff. 38 http://www.nomos-shop.de/21266 §2 § 2 Zur Legitimation des Strafrechts 2. Relative Theorien Die sog. relativen Straftheorien sehen die Strafe dagegen als gerechtfertigt an, wenn sie einen bestimmten (legitimen) Zweck erreicht: „punitur, ne peccetur“. Relative Straftheorien sind die Spezial- und die Generalprävention, wobei letztere wiederum in den beiden Varianten einer negativen und einer positiven Generalprävention vertreten wird. 11 a) Spezialprävention: Adressat der Spezialprävention ist der konkrete Täter, der durch die Bestrafung von künftigen Taten abzuhalten sei. Dies geschieht nach Franz v. Liszt, der mit seinem sog. Marburger Programm das moderne Verständnis der Spezialprävention entscheidend geprägt hat,20 durch 12 n Besserung (Resozialisierung) des besserungsfähigen und besserungsbedürftigen Verbrechers (Erziehung, Kastration usw); n Abschreckung des nicht besserungsbedürftigen Verbrechers (Abschreckung durch warnend gemeinte Strafen); n Unschädlichmachung (zB Sicherungsverwahrung) des nicht besserungsfähigen Verbrechers. b) Negative Generalprävention: Adressat der negativen Generalprävention ist die Allgemeinheit. Die Strafe soll verhindern, dass (noch) andere als der konkrete Täter Straftaten begehen. Sie soll also einen psychologischen Zwang auf potenzielle Täter ausüben und sie durch das angedrohte Strafübel in den Bahnen des Rechts halten.21 Eine so verstandene Generalprävention ist negativ bezeichnet, weil sie die Strafe als Mittel der Abschreckung begreift: 13 n Durch die Androhung der Strafe sollen alle Normadressaten von der Begehung der betreffenden Straftat abgehalten werden; n durch die Vollstreckung des Strafurteils wird der Ernst der Androhung verdeutlicht. c) Positive Generalprävention: Auch nach der Lehre von der positiven Generalprävention wendet sich die Strafe an die Allgemeinheit, soll jedoch nicht abschrecken, sondern – positiv – Rechtstreue und Vertrauen in die Rechtsordnung bestärken.22 Nach diesem Ansatz ist Zweck der Androhung und Verhängung von Strafe die Sicherung der Geltung elementarer Normen freiheitlicher sozialer Integration.23 Es geht im Strafrecht nicht – wie im Polizeirecht – um Gefahrenabwehr, sondern um die Garantie der Erwartung in die wechselseitige Einhaltung der sanktionierten Verhaltensnormen. Jeder Bürger soll davon ausgehen können und dürfen, dass (möglichst) alle anderen die Norm zur Entscheidungsrichtlinie ihres Handelns machen. Das Strafrecht hat zu zeigen, dass diese wechselseitigen Erwartungen berechtigt und verlässlich sind, dass also derjenige, der sein eigenes Handeln an dieser Erwartung ausrichtet, nicht (dauerhaft) enttäuscht wird und umlernen muss. 20 ZStW 3 (1883), 1 ff; ihren gesetzlichen Niederschlag hat die Spezialprävention u.a. in §§ 46, 47 gefunden. 21 So insbesondere die sog. psychologische Zwangstheorie Feuerbachs, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, 11. Aufl. 1832, §§ 13 ff; näher und grundlegend hierzu Naucke, Kant und die psychologische Zwangstheorie Feuerbachs, 1962. 22 Zur historischen Entwicklung von der Spezialprävention hin zur positiven Generalprävention in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vgl Terlinden, Von der Spezial- zur positiven Generalprävention, 2009. 23 Daher wird die positive Generalprävention auch als „Integrationsprävention“ verstanden; zu den im Detail differenzierten Varianten der positiven Generalprävention vgl nur NK-Hassemer/Neumann Vor § 1 Rn 288 ff; Jakobs 1/4 ff; Kargl Rechtstheorie 1999, 371 ff; Kindhäuser Schroeder-FS 81 ff; Neumann Jakobs-FS 435 ff, jew. mwN. 39 14 http://www.nomos-shop.de/21266 §2 15 A. Das Strafgesetz Wird die Erwartung nicht erfüllt, so wird mit der Verhängung von Strafe reagiert: Mit der Zufügung der Strafe wird ausgedrückt, dass dem Täter die Nichtbefolgung der Norm „verübelt“ wird, weil er die in ihn gesetzten Erwartungen an Loyalität gegenüber dem Recht enttäuscht hat. Die Verhängung von Strafe verdeutlicht demnach, dass die Normverletzung durch den Täter unmaßgeblich ist und die Norm weiterhin als verbindliches Verhaltensmuster gilt. Je bedeutsamer die Norm für die rechtliche Ordnung der Gesellschaft nach deren Selbstverständnis ist, desto schwerer wiegt der (zu verantwortende) Normwiderspruch; kennzeichnend hierfür ist die Höhe der für das Delikt angedrohten Strafe. Zugleich wird dem Täter angetragen, das Strafübel als symbolische Reaktion der Enttäuschung über den durch sein Verhalten ausgedrückten Mangel an Rechtstreue anzunehmen: Betrachtete er seine Tat aus der Perspektive der anderen, müsste er von sich selbst enttäuscht sein und die Strafe als Vergeltung akzeptieren. 3. Vereinigungstheorie 16 Die in der Rechtsprechung und großen Teilen der Lehre vertretene Vereinigungstheorie kombiniert Elemente der absoluten und relativen Straftheorien. Die Strafe soll grds zweckhaft sein, jedoch durch das Schuldprinzip iSd Vergeltungstheorie begrenzt werden.24 Vom Ansatz einer positiven Generalprävention her bedarf es jedoch einer solchen Begrenzung nicht, da eine der Verantwortlichkeit des Täters für den Normbruch nicht mehr angemessene Strafe keine soziale Integration leistet; eine überharte Strafe ist kein gerechter Ausgleich einer enttäuschten Erwartung. 17 Teils werden die Elemente der Vereinigungstheorie auch auf einzelne Aspekte der Strafe bezogen;25 so soll n die Strafandrohung abschreckend generalpräventiv, n die Strafverhängung vergeltend (schuldangemessen) und n die Strafvollstreckung spezialpräventiv ausgerichtet sein. 18 Wiederholungs- und Vertiefungsfragen > Was ist unter Verhaltensnormen, was unter Sanktionsnormen zu verstehen und wer ist ihr jeweiliger Adressat? (Rn 1 ff) > Welchem Zweck dienen die strafrechtlichen Verhaltensnormen? (Rn 6 f) > Was ist unter absoluten, was unter relativen Straftheorien zu verstehen? (Rn 8 ff) 24 Vgl BVerfGE 21, 391 (403 f); 54, 100 (108); Jescheck/Weigend § 8 V; zur Rechtsprechung des BVerfG, welches bislang die positive Formulierung einer eigenen Straftheorie abgelehnt hat, ausf. Roxin Volk-FS 602 ff. 25 Vgl NK-Hassemer/Neumann Vor § 1 Rn 240; Schroeder Otto-FS 165 ff, jew. mwN. 40