383 91 Spektralzerlegungen und Quantenmechanik Theorem 88.9 gilt entsprechend auch für normale kompakte Operatoren; eine Transformation liefert daraus für selbstadjungierte Operatoren mit kompakten Resolventen die folgende Spektralzerlegung: 91.1 Theorem (Spektralsatz). Es sei A : D(A) 7→ H ein selbstadjungierter Operator mit kompakten Resolventen im Hilbertraum H . a) Es gibt eine Folge (λj )j∈N0 in R mit | λj | → ∞ für j → ∞ und eine Orthonormalbasis {ej }j∈N0 von H , so dass D(A) = {x ∈ H | ∞ P j=0 λ2j | hx|ej i |2 < ∞} (1) und die folgende Entwicklung gelten: Ax = ∞ P j=0 λj hx|ej i ej für x ∈ D(A) . (2) b) Für x ∈ D(A) konvergiert die Fourier-Entwicklung x = ∞ P hx|ej i ej unbedingt im j=0 Hilbertraum DA . c) Weiter ist σ(A) = {λj }∞ j=0 und N(λj I − A) = [ei | λi = λj ] für j ∈ N0 . Beweis. a) Nach Satz 90.11 gilt i ∈ ρ(A) , und die Resolvente RA (i) ist kompakt und normal. Nach einer Variante von Theorem 88.9 gibt es eine i.a. komplexe Nullfolge (µj )j∈N0 und ein Orthonormalsystem {ej }j∈N0 in H mit der Entwicklung ∞ P RA (i)y = j=0 µj h y|ej i ej , y ∈ H . (3) Da RA (i) injektiv ist, muss {ej }j∈N0 eine Orthonormalbasis von H und µj 6= 0 für alle j ∈ N0 sein. Weiter ist D(A) = R(RA (i)) = {x ∈ H | ∞ P j=0 1 | µj |2 | h x|ej i |2 < ∞} , und man hat RA (i)−1 x = ∞ P j=0 1 µj h x|ej i ej , x ∈ D(A) . Wegen Ax = ix − (iI − A)x = ix − RA (i)−1 x für x ∈ D(A) folgt Ax = ∞ P (i − j=0 1 ) h x|ej µj und somit (2) mit λj := i − ∞ P j=0 1 | µj |2 i ej , x ∈ D(A) , 1 µj . Weiter ergibt sich (1) aus (4) und | h x|ej i |2 < ∞ ⇔ ∞ P j=0 | λj |2 | h x|ej i |2 < ∞ . (4) 384 b) Für x ∈ D(A) sei y = RA (i)−1 x ∈ H . Da RA (i) : H → DA stetig ist, folgt aus der unbedingten Konvergenz der Entwicklung y = ∞ P h y|ej i ej in H und (3) die j=0 unbedingte Konvergenz der Entwicklung x = RA (i)y = ∞ P h y|ej i RA (i)ej = j=0 ∞ P j=0 µj h y|ej i ej = ∞ P hx|ej i ej j=0 im Hilbertraum DA (sie muss bzgl. k kA nicht orthogonal sein). c) Wegen (2) gilt ∞ P k (µI − A)x k2 = i=0 | µ − λi |2 | hx|ei i |2 für x ∈ D(A) . (5) Für µ ∈ R\{λi | i ∈ N0 } gibt es ε > 0 mit | µ − λi | ≥ ε für alle i ∈ N0 . Aus (5) ergibt sich k (µI − A)x k2 ≥ ε2 k x k2 für x ∈ D(A) ; folglich ist µI −A injektiv und hat ein abgeschlossenes Bild. Weiter ist R(µI −A)⊥ = N(µI − A) = {0} und somit µ ∈ ρ(A) . Für µ = λj schließlich liefert (5) (λj I − A)x = 0 ⇔ hx|ei i = 0 für λi 6= λj . 3 Aufgrund von Theorem 91.1 heißen Operatoren mit kompakten Resolventen auch Operatoren mit diskretem Spektrum. 91.2 Beispiel. Wir betrachten den Differentialoperator Ae1 : f 7→ if ′ in L2 [−π, π] mit D(Ae1 ) := {f ∈ W21 (−π, π) | f (−π) = f (π)} aus (90.17). Aus Ae1 f = λf folgt sofort f (x) = C e−iλx , und die Randbedingung erzwingt λ ∈ Z . Somit gilt D(Ae1 ) = {f ∈ L2 [−π, π] | Ae1 f (x) = − ∞ P k=−∞ ∞ P k=−∞ k fb(k) eikx k 2 | fb(k) |2 < ∞} und für f ∈ D(Ae1 ) . (6) (7) Wir gehen nun auf die in der Einleitung skizzierten Grundlagen der Quantenmechanik genauer ein, zunächst für Observable mit kompakten Resolventen. Ein Beispiel für eine solche Observable ist der Hamilton-Operator des harmonischen Oszillators, vgl. Abschnitt ??. 91.3 Messergebnisse. a) Die Menge aller möglichen Messergebnisse einer Observablen A ist durch das Spektrum σ(A) ⊆ R des Operators gegeben. Nun besitze A diskretes Spektrum und die Spektralzerlegung (2). Es seien {µk }k∈N0 die Menge der verschiedenen Eigenwerte von A und Pk x := P λj =µk h x|ej i ej (8) die orthogonalen Projektionen auf die Eigenräume N(µk I − A) von A . Dann gilt ∞ P k=0 k Pk x k2 = 1 für alle x ∈ H , und es ist k Pk x k2 die Wahrscheinlichkeit dafür, 385 dass die Messung der Observablen A im Zustand x den Wert µk liefert. Für einen Eigenvektor x ∈ R(Pk ) von A liefert die Messung insbesondere sicher den Wert µk . b) Für einen Zustand x ∈ D(A) und µ ∈ R wird die Variation ∞ P j=0 | λj − µ |2 hx|ej i |2 um einen Mittelwert µ minimal für ∞ P µ = µ(A, x) := j=0 λj | hx|ej i |2 = ∞ P µ k k Pk x k 2 . (9) k=0 Man hat µ(A, x) = h Ax|x i ∈ R , (10) und diese Zahl wird für alle Observablen als Mittelwert oder Erwartungswert von A in x bezeichnet. c) Für einen Zustand x ∈ D(A) heißt die Zahl δ(A, x) := k Ax − µ(A, x)x k (11) Streuung von A in x . Es gilt genau dann δ(A, x) = 0 , wenn x ein Eigenvektor von A ist. Dies bedeutet, dass die Observable A im Zustand x exakt messbar ist. Im Fall eines diskreten Spektrums ergibt sich aus (2) die minimale Variation δ(A, x)2 = ∞ P j=0 | λj − µ(A, x) |2 hx|ej i |2 = ∞ P | µk − µ(A, x) |2 k Pk x k2 . (12) k=0 91.4 Satz. Für zwei Observable A, B mit Kommutator [A, B] := AB − BA und einen Zustand x ∈ D(A) ∩ D(B) mit Ax ∈ D(B) und Bx ∈ D(A) gilt δ(A, x) δ(B, x) ≥ 1 2 | h[A, B]x|xi | . Beweis. Wir betrachten Aµ = A − µ(A, x)I und B µ = B − µ(B, x)I . Damit folgt h[A, B]x|xi = h(AB − BA)x|xi = h(Aµ B µ − B µ Aµ )x|xi = hAµ B µ x|xi − hx|Aµ B µ xi = 2i ImhAµ B µ x|xi und somit | h[A, B]x|xi | ≤ 2 | hB µx|Aµ xi | ≤ 2 k B µx k k Aµ x k = 2 δ(A, x) δ(B, x) . 3 Observable mit [A, B] 6= 0 sind also i. a. nicht gleichzeitig exakt messbar. 91.5 Heisenbergsche Unschärfe-Relation. Für Orts- und Impulsoperator gilt die Heisenbergsche Vertauschungsrelation [Pj , Qj ] ⊆ h̄i I . Aus Satz 91.4 folgt also die Heisenbergsche Unschärfe-Relation δ(Pj , x) δ(Qj , x) ≥ h̄ 2 für k x k = 1 . (13) Orts- und Impulskoordinate sind also nie gleichzeitig exakt messbar. Die zeitliche Entwicklung eines quantenmechanischen Systems wird beschrieben durch 386 91.6 Hamilton-Operator und Schrödinger-Gleichung. a) Zu einem quantenmechanischen System gehört ein eindeutig bestimmter selbstadjungierter Operator, der Hamilton-Operator H . Ist x(t) ∈ D(H) der Zustand des Systems zur Zeit t ∈ R , so gilt die Schrödinger-Gleichung ẋ(t) = − h̄i Hx(t) , x(0) = x0 ∈ D(H) , (14) mit der Planckschen Konstanten 2πh̄ > 0 . Dies ist eine Evolutionsgleichung, die wegen des Faktors i ein wesentlich anderes Verhalten als eine Diffusionsgleichung zeigt. b) Ein Teilchen im Raum wird in der klassischen Physik durch Ortskoordinaten x1 , x2 , x3 und zugehörige Impulse p1 , p2 , p3 sowie die die Energie repräsentierende Hamilton-Funktion H(xj , pj ) beschrieben. Der Hamilton-Operator ergibt sich“ ” dann durch formales Einsetzen“ der Operatoren Qj und Pj in die Hamilton” Funktion. 91.7 Beispiel. Ein Teilchen der Masse m > 0 bewege sich in einem äußeren Kraftfeld F = − grad V mit Potential V . Die Energie ist dann gegeben durch m2 ẋ2 + p2 V (x) , die Hamilton-Funktion also durch H(xj , pj ) = 2m + V (x) . Der HamiltonOperator sollte also durch die Formel h̄ Hu(x) = − 2m ∆u(x) + V (x) u(x) mit dem Laplace-Operator ∆ = 3 P j=1 ∂2 ∂x2j (15) gegeben sein. Aus offenbar symmetrischen Ausdrücken wie (15) sind nun selbstadjungierte Operatoren zu bilden, und anschließend ist die Spektralzerlegung des selbstadjungierten Operators zu berechnen. Mit deren Hilfe gelingt dann die Lösung der SchrödingerGleichung. Wir führen dies hier für einen Hamilton-Operator mit diskretem Spektrum und Spektralzerlegung (2) durch: 91.8 Satz. Es sei H ein selbstadjungierter Operator mit kompakten Resolventen. Das Anfangswertproblem ẋ(t) = − h̄i Hx(t) , x(0) = x0 ∈ D(H) , (16) besitzt die eindeutig bestimmte Lösung x(t) = U(t)x0 , x0 ∈ D(H) , (17) mit durch t U(t)y := e−i h̄ H y = ∞ P j=0 λj e−i h̄ t hy|ej i ej , y∈H, (18) definierten unitären Operatoren. Es ist {U(t) | t ∈ R} eine stark stetige Operatorgruppe, d. h. es gilt lim U(t + τ )y = U(t)y für alle t ∈ R und y ∈ H , und man τ →0 hat U(0) = I , U(t + s) = U(t) U(s) , t, s ∈ R . (19) 387 Beweis. a) Der Operator H besitze die Spektralzerlegung (2). Für eine C 1 -Lösung x : I → D(H) von (16) auf einem Intervall mit 0 ∈ I setzen wir xj (t) := hx(t)|ej i für j ∈ N0 und erhalten x˙j (t) = hẋ(t)|ej i = h− h̄i Hx(t)|ej i = − h̄i hx(t)|Hej i = − h̄i λj xj (t) . Zusammen mit xj (0) = hx0 |ej i liefert dies i xj (t) = e− h̄ λj t hx0 |ej i ; (20) es gibt also höchstens eine Lösung des Problems (16). i b) Wegen | e− h̄ λj t | = 1 konvergiert die Reihe in (18) auf H punktweise gegen einen unitären Operator, und Formel (19) rechnet man sofort nach. c) Zu y ∈ H und ε > 0 gibt es j0 ∈ N mit j0P −1 k U(t + τ )y − U(t)y k2 ≤ j=0 ∞ P j=j0 | hy|ej i |2 ≤ ε2 , und es folgt i | e− h̄ λj τ − 1 |2 hy|ej i |2 + 4 ε2 ≤ 5 ε2 für genügend kleine | τ | . Daher ist die Operatorgruppe U stark stetig. i d) Für x0 ∈ D(H) bleibt (16) zu zeigen. Wegen (1) und | e− h̄ λj t | = 1 gilt offenbar x(t) = U(t)x0 ∈ D(H) für alle t ∈ R . Für t, t + τ ∈ R gilt nun x(t+τ )−x(t) τ δj (t, τ ) = ( e + h̄i Hx(t) = −iλ t − i λj (t+τ ) h̄ −e h̄ j τ ∞ P j=0 δj (t, τ ) ej mit i + h̄i λj e− h̄ λj t ) hx0 |ej i = Zu ε > 0 gibt es j0 ∈ N mit ∞ P j=j0 1 τ Rτ 0 i | λj |2 | hx0 |ej i |2 ≤ h̄2 ε2 , also Schließlich gibt es δ > 0 , so dass für | τ | ≤ δ auch i (1 − e−λj h̄ s ) ds h̄i λj e− h̄ λj t hx0 |ej i . j0P −1 j=0 ∞ P j=j0 | δj (t, τ ) |2 ≤ 4 ε2 . | δj (t, τ ) |2 ≤ ε2 ist, und daraus folgt die Behauptung. 3 91.9 Lösung von Diffusionsgleichungen. Eine Diffusionsgleichung ẋ(t) = −Ax(t) , x(0) = x0 ∈ D(A) , (21) mit einem selbstadjungierten Operator A kann formal ähnlich wie die SchrödingerGleichung gelöst werden durch x(t) = e−At x0 = ∞ P j=0 e−λj t hx0 |ej i ej , x0 ∈ D(H) . (22) Dabei muss allerdings vorausgesetzt werden, dass nur endlich viele Eigenwerte negativ sind; durch T (t) = e−At wird dann eine stark stetige Operator-Halbgruppe definiert, die die Evolution des Systems beschreibt. Man erhält nur eine Lösung für t ≥ 0 , nicht aber für t < 0 . Die Bedeutung von Spektralzerlegungen selbstadjungierter Operatoren für die Quantenmechanik sollte nun deutlich geworden sein; wir haben solche allerdings nur für Operatoren mit diskretem Spektrum hergeleitet. Daher geben wir noch einen Ausblick auf den allgemeinen Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren: 388 91.10 Spektralmaße und -integrale. a) Wir starten noch einmal mit dem Spektralsatz 91.1 für Operatoren A mit diskretem Spektrum. Wie in (8) seien Pk die orthogonalen Projektionen auf die Eigenräume N(µk I − A) von A . Die Formeln (1) und (2) lauten dann so: D(A) = {x ∈ H | ∞ P k=0 ∞ P Ax = k=0 b) Wegen ∞ P µ2k hPk x|xi < ∞} und (23) µk Pk x für x ∈ D(A) . (24) P k Pk x k2 < ∞ für x ∈ H konvergiert die Reihe k=0 menge J ⊆ N0 punktweise unbedingt auf H , und PJ := P k∈J Pk für jede Index- k∈J Pk ist die orthogonale Projektion auf den Raum [R(Pk )]k∈J . Wegen k Pk k = 1 für alle k hat man für unendliche J keine Konvergenz in der Operatornorm. c) Für eine Menge δ ⊆ R definieren wir orthogonale Projektionen E(δ) := EA (δ) := P µk ∈δ (25) Pk . Dies definiert ein (orthogonales) Spektralmaß E : P(R) 7→ L(H) auf der Potenzmenge von R , d. h. es gilt (δ c bezeichnet das Komplement einer Menge δ in R ) 2 E(δ c ) = I − E(δ) für δ ⊆ R , 1 E(R) = I , 3 E(δ)∗ = E(δ) für δ ⊆ R , 5 E(δ)x = ∞ P n=1 4 E(δ ∩ η) = E(δ) E(η) für δ, η ⊆ R , E(δn )x für disjunkte Vereinigungen δ = ∞ S n=1 δn . Diese Eigenschaften sind leicht nachzurechnen. Für jeden Vektor x ∈ H ist insbesondere δ 7→ hE(δ)x|xi ein diskretes positives Maß auf R . Die Formeln (23) und (24) können dann so formuliert werden: D(A) = {x ∈ H | Ax = R∞ −∞ R∞ −∞ λ2 dhE(λ)x|xi < ∞} und λ dE(λ)x für x ∈ D(A) . (26) (27) d) Wie in (26) und (27) lassen sich Spektralintegrale für beliebige Spektralmaße und messbare Funktionen auf σ -Algebren erklären; für Einzelheiten verweisen wir auf die zur Vorlesung angegebene Literatur. Damit können wir den allgemeinen Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren formulieren, der für beschränkte selbstadjungierte Operatoren von D. Hilbert (1906) und für den allgemeinen Fall von J. von Neumann (1929) stammt: 91.11 Theorem (Spektralsatz). Es sei A : D(A) 7→ H ein selbstadjungierter Operator im Hilbertraum H . Dann gilt σ(A) ⊆ R . Es existiert genau ein Spektralmaß E : B(R) 7→ L(H) auf den Borelmengen von R mit E(σ(A)) = I sowie R D(A) = {x ∈ H | σ(A) λ2 hdE(λ)x|xi < ∞} R∞ Ax = −∞ λ dE(λ)x für x ∈ D(A) . und 389 91.12 Der Ortsoperator. Als Beispiel einer Oberservablen mit nicht diskretem Spektrum σ(Q) = R betrachten wir den Ortsoperator Q = Mt : f (t) 7→ tf (t) in L2 (R) mit Definitionsbereich D(Q) = H 1 (R) . Durch E(δ)f := EQ (δ)f := χδ f , f ∈ L2 (R) , (28) definieren wir ein Spektralmaß auf dem System M(R) der messbaren Teilmengen von R ; die Eigenschaften 1 - 5 sind leicht nachzurechnen. R b) Für f ∈ L2 (R) gilt hE(δ)f |f i = R∞ −∞ λ2 dhE(λ)f |f i < ∞ ⇔ δ R R | f (t) |2 dt und daher t2 | f (t) |2 dt < ∞ ⇔ f ∈ D(Q) ; Formel (26) gilt also auch hier. Genauso sieht man R∞ −∞ R λ dhE(λ)f |f i = R t | f (t) |2 dt = hQf |f i für f ∈ D(Q) , also (27) bei geeigneter Interpretation des Integrals. 91.13 Messergebnisse in der Quantenmechanik. a) Die Menge aller möglichen Messergebnisse einer Observablen A ist durch das Spektrum σ(A) ⊆ R gegeben. Für einen Zustand x ∈ H und δ ∈ Bo(R) ist hE(δ)x|xi = k E(δ)x k2 die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Messung der Observablen A im Zustand x einen Wert in der Menge δ liefert. b) Der Erwartungswert ist gegeben durch µ(A, x) = hAx|xi = R∞ −∞ λ dhE(λ)x|xi , und für die Streuung von A in x ∈ D(A) hat man R δ(A, x)2 = k Ax − µ(A, x)x k2 = R | λ − µ(A, x) |2 hdE(λ)x|xi . 91.14 Multiplikationsoperatoren. a) Es seien Ω ⊆ Rn offen, a ∈ C(Ω, R) und Ma : f 7→ af der selbstadjungierte Multiplikationsoperator in L2 (Ω) aus (90.5). Wie in (28) wird durch E(δ)f := EMa (δ)f := χa−1 (δ) f , f ∈ L2 (Ω) , (29) ein Spektralmaß auf Bo(R) definiert. b) Für einfache Borel-Funktionen s = r P j=1 R∞ −∞ s(λ) dE(λ)f = r P j=1 αj χδj gilt αj E(δj )f = r P j=1 αj χa−1 (δj ) f = (s ◦ a) · f , R ∞ λ dE(λ) f = af für alle f ∈ D(M ) , d. h. E ist und durch Approximation folgt −∞ R a 2 in der Tat das Spektralmaß von Ma . Insbesondere ist k E(δ)f k = a−1 (δ) | f (s) |2 ds die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Messung von Ma in einem Zustand f ein Messergebnis in δ liefert. c) Diese Aussagen lassen sich mittels Fourier-Transformation auf Differentialoperatoren P (D) = F −1 MP F übertragen (vgl. 90.8). Man hat R (30) P (D)f (x) = Rn P (ξ) fb(ξ) eihx,ξid¯n ξ, f ∈ D(P (D)) , und R ihx,ξi n n −1 b d¯ ξ, f ∈ L2 (R ) , (31) E(δ)f = F EMP F (δ)f := P −1 (δ) f (ξ) e für das Spektralmaß von P (D) . 390 Die Lösung der Schrödinger-Gleichung im allgemeinen Fall gibt: 91.15 Satz. Es sei H ein selbstadjungierter Operator mit Spektralmaß E . Das Anfangswertproblem ẋ(t) = − h̄i Hx(t) , x(0) = x0 ∈ D(H) , (32) besitzt die eindeutig bestimmte Lösung x(t) = U(t)x0 , x0 ∈ D(H) , (33) mit der durch t U(t)y := e−i h̄ H y = R∞ −∞ t e−i h̄ λ dE(λ)y , y ∈H, (34) definierten stark stetigen unitären Operatorgruppe. 91.16 Evolution quantenmechanischer Systeme und Hamilton-Operator. Die statistische Interpretation der Quantenmechanik legt es nahe, dass die Evolution eines Systems durch eine stark stetige unitäre Operatorgruppe U : R → L(H) beschrieben wird. Aus dieser Annahme lässt sich die Existenz eines Hamilton-Operators mathematisch folgern. Nach einem Resultat von M.H. Stone (1932) besitzt nämlich jede stark stetige unitäre Gruppe U : R → L(H) einen infinitesimalen Erzeuger“ , ” d. h. es gibt einen eindeutig bestimmten selbstadjungierter Operator H in H mit t U(t) = e−i h̄ H für alle t ∈ R . Dieser ist gegeben durch Hx = ih̄ lim U (h)x−x und h h→0 dann der Hamilton-Operator des Systems. Einen Beweis des Satzes von Stone findet man etwa in [3], Theorem 16.18.