Analysis 1

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Skriptum
Analysis 1
mit Professor Dobrowolski
Würzburg, 1998
c
by
ME
Vorwort: To be or not to be
Ja, ja, sein oder nicht sein, das ist hier die Frage.“ Deshalb also hier gleich die
”
Klärung der Frage, was dieses Schriftstück ist und was es eben nicht ist, vielleicht
auch gar nicht (noch nicht?) sein will. Also, das vorliegende Manuskript ist im
wesentlichen eine möglichst vollständige Mitschrift der Analysis I Vorlesung des
Wintersemesters 1998/99, und kein von einem Fachmann erstelltes Skript. Daraus,
und auch aus anderen Gegebenheiten, ergeben sich gewisse Einschränkung bezüglich
der Verwendbarkeit und des Nutzens dieses Textes.
Erstens ist das Skriptum nur so verständlich wie die Vorlesung selbst und auch
der oft verkürzte Satzbau wurde in den allermeisten Fällen beibehalten, darüberhinaus befinden sich hier keine über die Vorlesung hinausgehende Erklärungen oder
Ergänzungen zum behandelten Stoffgebiet. Zweitens kann nicht garantiert werden,
das diese Mitschrift auch nur annähernd fehlerfrei ist (selbst grobe Fehler sind vielleicht unentdeckt geblieben!). Dies liegt zum einen daran, dass immer wieder mal
Tippfehler passieren können und zum anderen daran, dass ich selbst nicht wirklich alles verstande habe und daher eventuell gar nicht in der Lage bin, Fehler zu
entdecken und auszumerzen. Und drittens sind vereinzelt anzutreffenden Skizzen
oder Funktionsgraphen leider nicht mit entsprechendem Profi-Werkzeug, nötigem
Know-how und entsprechender Sorgfalt erstellt worden und sind daher nur als grobe Anhaltspunkte zu gebrauchen. Speziell die Funktionsgraphen bedürften eigentlich einer Überarbeitung (keine Achsenbeschriftung, völlig unterschiedliche und irre
Massstäbe in x- und y-Richtung, etc). Für Hilfe, nicht nur in diesem Bereich wäre
ich dankbar. Noch ein Hinweis zum Index: Der ist nicht mehr als ein (sehr schlechter) Witz, für die richtige Erstellung eines solchen fehlt mir wohl die nötige Geduld
und vor allem Sachkenntnis.
Kurz gesagt: Dies ist kein Lehrbuch! Wer in der Vorlesung war, dort nichts
kapiert hat, wird auch dies hier höchstwahrscheinlich nicht vollständig erfassen.
So, noch eine kleine Bemerkung zum Schluss: Für Hinweise auf Fehler,
Verbesserungsvorschläge, mögliche Ergänzungen und ähnliches (auch Kleinigkeiten!!) wäre ich sehr dankbar. Solche Dinge können mir jederzeit per Telefon
(0931/8041200), e-mail ([email protected]) oder auf normalem Postweg (Zeppelinstrasse 56a, 97074 Würzburg) mitgeteilt werden.
Die aktuellste Version dieses Dokuments liegt auf meiner Festplatte. Also einfach
mal melden. Alternativ hilft vielleicht auch ein Blick unter
http://www.lohnt-nicht.de/studium/index.html
Marcel Schuster
Version: 0.92
Last typeset: 18. September 2005
Copyright (c) 2000–05 by Marcel Schuster. This material may be distributed only subject to the terms and conditions set forth in the Open Publication License, v1.0 or later (the latest version is presently available at
http://www.opencontent.org/openpub/).
ii
Distribution of the work or derivative of the work in any standard (paper) book
form is prohibited unless prior permission is obtained from the copyright holder.
iii
Inhaltsverzeichnis
1 Die natürlichen Zahlen
1.1 Induktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Kombinatorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
2
2 Rationale und reelle Zahlen
2.1 Axiomensystem des angeordneten Körpers . . . .
2.1.1 Anordnungsaxiome . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.3 Der Absolutbetrag . . . . . . . . . . . . .
2.1.4 Das Vollständigkeitsaxiom . . . . . . . . .
2.1.5 Verneinung von Aussagen mit Quantoren
2.2 Einbettung der natürlichen Zahlen . . . . . . . .
2.2.1 Mächtigkeit von Mengen . . . . . . . . . .
2.3 Elementare Ungleichungen . . . . . . . . . . . . .
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5
5
8
9
9
10
11
11
13
14
3 Folgen
3.1 Häufungswerte . . . .
3.2 Die Zahl e . . . . . . .
3.3 Unbeschränkte Folgen
3.4 Cauchy-Folgen . . . .
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20
21
21
23
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4 Reihen
4.1 Alternierende Reihen . . . . . .
4.2 Cauchy-Kriterium und absolute
4.3 Konvergenzkriterium . . . . . .
4.3.1 Umordnung von Reihen
4.4 Produkte von Reihen . . . . . .
4.5 G-adische Entwicklung . . . . .
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Konvergenz
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29
30
5 Stetige Funktionen
5.1 Polynome . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Häufungspunkte von Mengen . . .
5.3 Grenzwert und Stetigkeit . . . . .
5.4 Monotone Funktionen . . . . . . .
5.5 Stetigkeitsmodul . . . . . . . . . .
5.6 Konvergenz von Funktionenfolgen .
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32
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34
38
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40
6 Komplexe Analysis
6.1 Komplexe Zahlen . .
6.1.1 Rechenregeln
6.2 Polynome . . . . . .
6.3 Konvergenz . . . . .
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42
43
44
45
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iv
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6.4
6.5
6.6
6.7
6.8
6.9
Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . .
Exponential-, Sinus- und Cosinusfunktion .
Reelle e-Funktionen und Logarithmus . . .
Reeller Sinus und Cosinus . . . . . . . . . .
Komplexe e-Funktion und Polarkoordinaten
6.9.1 Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . .
6.10 Spezielle reelle Funktionen . . . . . . . . . .
6.10.1 Tangens und Cotangens . . . . . . .
6.10.2 Arcusfunktionen . . . . . . . . . . .
6.10.3 Hyperbelfunktion . . . . . . . . . . .
7 Das
7.1
7.2
7.3
7.4
Riemannsche Integral
Eigenschaften des Integrals
Mittelwertsätze . . . . . . .
Gliedweise Integration . . .
Stammfunktionen . . . . . .
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46
46
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50
51
51
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51
52
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62
65
66
67
67
69
Satz von Taylor
Numerische Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Numerische Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Taylor-Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
74
75
76
8 Differentiation
8.1 Mittelwertsätze . . . . . .
8.2 Hauptsätze . . . . . . . .
8.3 Höhere Ableitungen . . .
8.4 Gliedweise Differentiation
8.5 Integrationstechniken . . .
9 Der
9.1
9.2
9.3
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10 Ergänzungen
10.1 Die Regeln von de l’Hospital . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.2 Abelscher Grenzwertsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.2.1 Potenzreihenmethode für Grenzwerte der Form 00 “ .
”
10.3 Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.4 Reelle Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.4.1 Stammfunktionen für die reelle Partialbruchzerlegung
10.5 Uneigentliche Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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78
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81
81
82
84
A Index
86
B Alle Sätze im Überblick
90
C The Definitions
102
D Open Publication License
109
v
Kapitel 1
Die natürlichen Zahlen
Wir gehen mal davon aus, dass jeder zumindest so ungefähr weiss, was die natürlichen Zahlen sind. Für uns beginnen die natürlichen Zahlen mit der Zahl 0, also:
N = {0; 1; 2; . . .}
Das ist durchaus etwas ungewöhnlich und viele Lehrbücher machen das auch anders,
aber: Es spielt keine Rolle, wo wir anfangen zu zählen, das heisst wie wir den
Ausgangspunkt nennen. Schliesslich ist N mehr durch seine Eigenschaften, als durch
seine Elemente gekennzeichnet (zumindest mathematisch), siehe etwas weiter unter.
Auf der Menge N ist eine Additon ”+” und eine Multiplikation ”·” definiert mit
(l, m, n sind hierbei Elemente aus N):
n + m = m + n,
n·m=m·n
(l + m) + n = l + (m + n),
(l · m) · n = l · (m · n)
n + 0 = n,
l(m + n) = l · m + l · n
m·1=m
(Kommutativität)
(Assoziativität)
(Neutrale Elemente)
(Distributivität)
Die Menge N ist durch die Relation ”<” total geordnet, das heißt es gelten:
T1: Es gilt nicht m < m für alle m ∈ N.
T2: Aus l < m und m < n folgt l < n.
(Antisymmetrie)
(Reflexivität)
T3: Für alle m, n ∈ N ist genau eine Bedingung erfüllt: m < n oder m > n oder
m = n.
(Totalität)
(Eine Relation ist eine Abbildung der Grundstruktur, die als Ergebnis wahr oder
falsch hat.)a
1.1
Induktionsprinzip
Ein sehr wichtiges Beweismittel – nicht nur in der Analysis – ist die vollständige Induktion, sie beruht auf folgender Überlegung: Hat eine Menge M ⊂ N die
Eigenschaften:
a) 0 ∈ M ,
b) Aus n ∈ M folgt auch n + 1 ∈ M ,
a Eine etwas andere (und wie ich finde genauere/bessere) Definition von Relation gibts in Li”
neare Algebra“.
1
2
KAPITEL 1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
so gilt M = N. (N ist also die kleinste Menge, für die das Axiomensystem erfüllt
ist.)b
Sei jetzt A(n) eine Aussagec , die von einem Parameter n ∈ N abhängt. Wenn
nun
a) A(0) richtig ist,
b) aus der Richtigkeit von A(n) die Richtigkeit von A(n + 1) folgt,
so gilt A(n) für alle n ∈ N.
Beweis 1.1 Setze einfach M = {n ∈ N; A(n) ist richtig} und zeige, dass M = N
ist, was nach dem vorher gesagten aber eigentlich klar sein sollte. ]
n
P
Beispiel 1.1 Beweise die Formel
m=0
m = 12 n(n + 1) für alle n ∈ N.
a) Die Aussage A(0) ist richtig. (Induktionsverankerung oder auch Induktionsvorraussetzung):
n = 0“: 0 = 21 · 0 · 1
”
b) Ist A(n) richtig, so folgt auch A(n + 1) richtig (Induktionsschluss):
n+1
n
X
X
1
1
m=
m + (n + 1) = n(n + 1) + (n + 1) =
n + 1 (n + 1)
2
2
m=0
m=0
=
1.2
1
(n + 1)(n + 2) ]
2
Kombinatorik
Definition 1.1 Wenn für zwei Mengen A und B gilt
Aus x ∈ B folgt x ∈ A,
so heisst B Teilmenge von A. Schreibweise: B ⊂ A (in manchen Büchern: B ⊆ A).
Beachte: Es ist A ⊂ A für alle Mengen A.
Definition 1.2 Die leere Menge ∅ ist charakterisiert durch:
Es gilt x ∈
/ ∅ für alle nur möglichen Elemente x.
Beachte: Für alle Mengen A ist ∅ ⊂ A.d . Dies folgt aus der Wahrheitstafel für
die Folgerung ”⇒” (hier a ⇒ b):
a/b w f
w
w f
fe
w w (Dies ist eine Definition)
Hier: Aus x
∈ ∅} folgt x ∈ A.
| {z
immer falsch
Definition 1.3 Sei A eine endliche Menge. Dann heisst die Anzahl der Elemente
von A, geschrieben |A|, die Kardinalität von A.
b Zur
Axiomatisierung von N nach Peano siehe Lineare Algebra“.
”
Aussage ist ein Satz (im deutsch-grammatikalischen Sinn), der entweder wahr oder falsch
c Eine
ist.
d Das
e Im
ist ein (mathematischer) Satz
Alltag oft als hypothetische Aussage bezeichnet.
1.2. KOMBINATORIK
3
Definition 1.4 Die Menge P (A) = {B : B ⊂ A} heisst Potenzmenge von A.
Beispiel 1.2 Es sei A = {0, 1, 2}. Dann ist die
dazugehörige Potenzmenge P (A) =
∅, {0}, {1}, {2}, {0, 1}, {0, 2}, {1, 2}, {0, 1, 2} .
Satz 1.1 Für alle endlichen Mengen A ist |P (A)| = 2|A| .
Beweis 1.2 Durch Induktion über n = |A|.
n = 0“: A = ∅ ⇒ P (∅) = {∅}, es ist also |P (∅)| = 1 = 20 .
”
n ⇒ n + 1“: Sei A = {a1 , . . . , an+1 }.
”
Setze: B1 = {B ⊂ A : an+1 ∈ B} und B2 = {B ⊂ A : an+1 ∈
/ B}.
Offenbar ist |P (A)| = |B1 | + |B2 |. Sei à = A\{an+1 }. Dann gehört jedes
Element von B1 , wenn es um an+1 verringert wird, zu einer Teilmenge von
à und umgekehrt. Also: |B1 | = |P (Ã)| = 2n nach Induktionsvorraussetzung.
Analog erhält man |B2 | = |B1 | und damit:
|P (A)| = |B1 | + |B2 | = 2 · 2n = 2n+1
].
Das Pascalsche Dreieck ist folgendermassen aufgebaut:
n=0:
1
. &
n=1:
1
1
. & . &
n=2:
1
2
1
. & . & . &
n=3:
1
3
3
1
. & . & . & . &
n=4:
1
4
6
4
1
Das k-te Element in der n-ten Zeile bezeichnet man als Binomialkoeffizienten und
schreibt dafür
n
, k = 0, 1, . . . , n.
k
n
n
n+1
n
n
Es gilt
=
= 1 sowie
=
+
, für k = 1, . . . , n.f
0
n
k
k
k−1
Wir setzen 0! := 1 und ansonsten n! := 1 · 2 · · · n für n ∈ N, gemeinhin als
Fakultät von n bezeichnet. Es gilt dann:
n
n!
, für alle n ∈ N, 0 ≤ k ≤ n.
=
k! · (n − k)!
k
Beweis 1.3 Durch Induktion über n.
n = 0“: 1 = 1, ok.
”
n ⇒ n + 1“: Es gilt:
”
n+1
n
n
n!
n!
=
+
=
+
k
k
k−1
k!(n − k)! (k − 1)!(n + 1 − k)!
n!(n + 1 − k) + n!k
n!(n + 1)
(n + 1)!
=
=
=
k!(n − +1 − k)!
k!(n + 1 − k)!
k!(n + 1 − k)!
]
f Man veranschauliche sich diesen Sachverhalt mit Hilfe des Pascalschen Dreiecks. Die Richtigkeit der rekursiven Definition kann durch vollständige Induktion gezeigt werden.
4
KAPITEL 1. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN
Satz 1.2 Die Zahl
der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge ist
gegeben durch nk .
Beweis 1.4 Durch Induktion über n.
n = 0“: Geht klar, weil ∅ ⊂ ∅ ist.
”
n ⇒ n + 1“: Das machen wir wie im Beweis von Satz 1.1. (Es sei An+1 =
”
{a1 , . . . , an+1 })
Sei P1 = {B ⊂ A : |B| = k, an+1 ∈ B} und P2 = {B ⊂ A : |B| = k, an+1 ∈
/
B}.
Die Kardinalität |P1 | ist die Zahl der (k − 1)-elementigen Teilmengen
einer
n
, weil wir k −1
n-elementigen Menge, also nach Induktionsvoraussetzung k−1
Elemente auswählen können, an+1 ∈ B ist ja fest vorgegeben.
Die Kardinalität |P2 | ist die Zahl der k-elementigen Teilmengen einer nelementigen Menge, also laut Induktionsverankerung nk .
n
Insgesamt daher |P1 | + |P2 | = k−1
+ nk = n+1
k .
7
Beispiel 1.3 Die Zahl der Tipreihen im Lotto ist 49
6 = 1.3983816 · 10 , also eine ziemlich große Zahl. Das dürfte die Chancen eines signifikanten Lottogewinns
erahnen lassen.
Kapitel 2
Rationale und reelle Zahlen
2.1
Axiomensystem des angeordneten Körpers
Körper : K = (K; +; ·; 0; 1)
K ist eine Menge,
+; ·: Abbildung von K × K nach K (Operationen)
0, 1 ∈ K: Neutrale Elemente bezüglich “+” bzw. “·”
(K1)
(a + b) + c = a + (b + c)
(K2)
(K3)
a+0=a
Zu a existiert − a mit a + (−a) = 0
(K4)
a+b=b+a
(K5)
(a · b) · c = a · (b · c)
a · 1 = a und 1 6= 0
(K6)
Zu a 6= 0 existiert a−1 mit a · a−1 = 1
(K7)
(K8)
a·b=b·a
(K9)
a · (b + c) = a · b + a · c
(Sind die Axiome K1 bis K3 erfüllt, so spricht man von einer Gruppe, gilt zusätzlich K4 spricht man von einer kommutativen Gruppe).
Beispiel 2.1 K = {0, 1}
· 0 1
+ 0 1
0 0 1
0 0 0
1 1 0
1 0 1
Damit hat man den einfachsten Körper.
Folgerungen:
a) Die neutralen Elemente 0,1 sind eindeutig (K2,K6)
b) Die inversen Elementej sind eindeutig (K3,K7)
c) Schreibe: a − b := a + (−b);
a
b
5
:= ab−1 ∧ b 6= 0
6
KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN
2 − (−a) = a
−1 −1
(a
)
(−a) + (−b) = −(a + b)
a−1 · b−1 = (a · b)− 1 für a, b 6= 0
=a
a·0=0
(−a)(−b) = a · b
a · (−b) = ab
a · (b − c) = a · b − a · c
d) Aus a · b = 0 folgt a = 0 oder b = 0, das heißt K ist nullteilerfrei.
a) Sei zu a ∈ K
Beweis 2.1
a + 00 = 0
⇔ (−a) + (a + 00 ) = (−a) + a
⇐⇒ ((−a) + a) + 00 = (−a) + a
K1
⇐⇒ 0 + 00 = 0
K3
⇐⇒ 00 = 0
K2
Fur “·” analog.
b) Sei a + b = 0, a + c = 0
Dann:
(−a) + a + b = (−a) + a + c
⇐⇒ 0 + b = 0 + c
K3
⇐⇒ b = c
K2
c) Wegen a + (−a) = (−a) + a = 0 ist a das inverse Element zu (−a), also:
−(−a) = a
Es gilt a + b + (−a) + (−b) = 0, also auch:
(a + b) + (−(a + b)) = 0
also aufgrund der Eindeutigkeit des inversen Elements:
(−a) + (−b) = −(a + b)
Es gilt:
a · 0 = ·(0 + 0) = a · 0 + a · 0
also a · 0 = 0
Weiter:
0 · b = (a − a)b = a + b + (−a)b
⇒ (−a) · b = −ab
⇒ (−a) · (−b) = −a(−b) = −(−ab) = ab
d) Sei a 6= 0. Dann folgt aus
a · b = 0,
−1
a
· a · b = a−1 · 0
aus c): a−1 · 0 = 0
b=0
und analog für die Annahme b 6= 0.
Regeln für die Bruchrechnung
(Für alle weiteren Betrachtungen gilt b, d 6= 0)
a)
a
b
+
c
d
=
a·d+c·b
b·d
2.1. AXIOMENSYSTEM DES ANGEORDNETEN KÖRPERS
b)
a
b
c)
1
a
b
·
c
d
=
d·c
b·d
= ab ; a, b 6= 0
Die Beweise hierfür erfolgen in den Übungen.
Definition 2.1 Setze a0 := 1 und
an = a
| · a ·{z· · · · a}
(2.1)
n-mal
für alle a ∈ K
Beachte: 00 := 1
Satz 2.1 (Binomische Formel) Für alle a, b ∈ K, n ∈ N gilt:
n X
n n−k k
a
b
(2.2)
(a + b)n =
k
k=0
Beweis 2.2 Durch vollständige Induktion über n
n = 0: 1 = 1 ok.
n → n + 1:
!
n X
n n−k k
n+1
n
(2.3) (a + b)
= (a + b) · (a + b) =
a
b (a + b) =
Ind.vor.
k
k=0
n n X
n n+1−k k X n n−k k+1
a
b
=
a
b +
=
K9,K8
k
k
k=0
k=0
n n−1 X
n n+1−k k X n n−k k+1
n+1
a
+
a
b +
a
b
+ bn+1 =
k
k
k=1
k=0
n n X
X
n
n n+1−k k
an+1−j bj + bn+1 =
a
b +
an+1 +
j
−
1
k
j=1
k=1
(n+1
k )
z }|
{
n
X
n
n
n+1
a
+
+
an+1−k bk + bn+1 =
k
k−1
k=1
n+1
X n + 1
(an+1 bk )
k
k=0
Satz 2.2 (Geometrische Summenformel) Für alle q 6= 1 gilt:
n
X
(2.4)
qk =
k=0
Beweis 2.3
n = 0: 1 =
1−q
1−q
1 − q n+1
1−a
= 1 ok.
n → n + 1:
n+1
X
k=0
qk =
n
X
q k + q n+1
k=0
=
1 − q n+1
1 − q n+1 + q n+1 − q n+2
1 − q n+2
+ q n+1 =
=
1−q
1−q
1−q
7
8
KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN
2.1.1
Anordnungsaxiome
Es gibt eine Menge P ⊂ K ( positive Zahlen“) mit
”
A1: Es gilt genau eine der folgenden Bedingungen:
a ∈ P , −a ∈ P , a = 0 für alle a ∈ K.
A2: Für a, b ∈ P ist auch a + b ∈ P und a · b ∈ P
Definition 2.2 Für a, b ∈ K setze a < b ⇔ b − a ∈ P .
a ∈ P heißt a positiv“, −a ∈ P heißt a negativ“.
”
”
Eine Struktur, die K1 bis K9, A1, A2 erfüllt, heißt angeordneter Körper.
Folgerungen:
a) <“ ist eine totale Ordnung auf K.
”
b) a < b ⇒ a + c < b + c
c) a < b ⇒ −b < −a
d) a < b, c > 0 ⇒ a · c < b · c
a < b, c > 0 ⇒ a · c > b · c
e) a2 > 0 für alle a 6= 0.
f) 1 > 0
g) a > 0 ⇒
1
a
> 0, a < 0 ⇒
h) 0 < a < b ⇒
a
b
1
a
<0
< 1, ab > 1, a1 >
1
b
i) a < b und c < d ⇒ a + c < b + d
j) 0 < a < b und 0 < c < d ⇒ ac < bd
Beweis 2.4
a) T1 a < a ist falsch, a < a ⇐⇒ a − a ∈ P : Widerspruch zu A1
T2 a < b, b < c ⇒ a < c
a < b ⇐⇒ b − a ∈ P, b < c ⇐⇒ c − b ∈ P
⇒ b − a + c − b ∈ P ⇐⇒ a < c
A2
T3 a < b, a > b oder a = 0 ist A1
b) a < b ⇐⇒ b − a ∈ P ⇐⇒ (b + c) − (a + c) ∈ P ⇐⇒ a + c < b + c
c) a < b ⇐⇒ b − a ∈ P ⇐⇒ −(−b) + (−a) ∈ P ⇐⇒ −b < −a
d) a < b ⇒ b − a ∈ P ⇒ (b − a)c ∈ P ⇒ ac < bc
A2
a<b⇒b−a∈P
⇒
c<0,A2,A1
(b − a)(−c) ∈ P ⇒ bc < ac
e) a > 0 ⇒ a2 > 0
a < 0 ⇒ −a > 0 ⇒ (−a)2 ∈ P ⇒ a2 > 0
A1
f) Setze a = 1 in e): 12 = 1 > 0
g) a > 0. Wegen a · a−1 = 1 ist a−1 6= 0.
Angenommen a−1 < 0
Dann −a−1 > 0 ⇒ −a−1 ∈ P ⇒ −1 ∈ P Widerspruch in f)
A2
Rest als Übung
2.1. AXIOMENSYSTEM DES ANGEORDNETEN KÖRPERS
12.11.98
2.1.2
Intervalle
(a, b) = {x ∈ K : a < x < b}
offen“
”
halboffen“
”
abgeschlossen“
”
unbeschränktes
”
Intervall“
[a, b) = {x ∈ K : a ≤ x < b}
[a, b] = {x ∈ K : a ≤ x ≤ b}
(−∞, b) = {x ∈ K : x < a}
[a, ∞) = {x ∈ K : x ≥ a}
2.1.3
Der Absolutbetrag
Definition 2.3 |a| := a falls a ≥ 0
|a| := −a falls a < 0
Es gilt: −|a| ≤ a ≤ |a| für alle a ∈ K.
Satz 2.3 Der Absolutbetrag ist eine Norm auf K, das heißt
a) |a| ≥ 0 und |a| = 0 gerade dann wenn a = 0
b) |ab| = |a||b| (positiv homogen)
c) |a + b| ≤ |a| + |b| (Dreiecksungleichung)
Beweis 2.5
a) klar
b) a > 0, b > 0: |ab| = ab |a||b| = ab
a < 0, b > 0: |ab| = −ab|a||b| = −ab
a < 0, b < 0: |ab| = (−a)(−b) = ab |a||b| = ab
c) Aus −|x| ≤ x ≤ |x| folgt für x = a, b
−|a| − |b| ≤ a + b ≤ |a| + |b| ]
Folgerungen:
(2.5)
(2.6)
|a| ≥ |b| − |a − b|
|a| ≥ |b − a| − |b|
Beweis 2.6 |b| = |b − a + a| ≤ |b − a| + |a|
Setze hier b0 = a − b, erhalte die 2.Ungleichung. ]
Satz 2.4 (Bernoulli-Ungleichung) Für a > −1 gilt
(1 + a)n ≥ 1 + na
(2.7)
für alle n ∈ N.
Beweis 2.7 Durch vollständige Induktion
n = 0: 1 ≥ 1 ok.
n ⇒ n + 1:
(1 + a)n+1 = (1 + a)n (1 + a)
≥
(1 + na)(1 + a)
Ind.vor a≥−1
= 1 + na + a + |{z}
na2 ≥ 1 + (n + 1)a
≥0
9
10
KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN
2.1.4
Das Vollständigkeitsaxiom
Definition 2.4 M ⊂ K heißt nach oben beschränkt, wenn es ein s ∈ K gibt mit
x ≤ s für x ∈ M .
s heißt dann obere Schranke, s0 heißt kleinste obere Schranke, wenn s0 ≥ s für
alle oberen Schranken s und s0 selber obere Schranke ist.
Bezeichnung: s0 = sup M (sup = Supremum)
Beispiel 2.2 Die Intervalle (1, 2) und (1, 2] haben beide das Supremum 2. Es gilt
2∈
/ (1, 2), aber 2 ∈ (1, 2], das heißt 2 ist hier auch Maximum.
∈M
∈
/M
oben
Maximum Supremum
unten Minimum Infinum
Jedes Maximum ist auch Supremum, aber nicht unbedingt umgekehrt.
Begriffe:
Axiom 1 (V) Jede nichtleere nach oben beschränkte Teilmenge von K besitzt eine
”
kleinste obere Schranke.“
heißt Vollständigkeitsaxiom. Der (eindeutig bestimmte) Körper, der die Axiome
K1–K9, A1, A2, V erfüllt, heißt Körper der reellen Zahlen. Bezeichnung: R, R := R.
Exkurs: N = (N,0 , =)
a) 0 ∈
/ Bild von
b) n0 = m0 ⇒ n = m
c) Für alle M ⊂ N
(a) 0 ∈ M
(b) n ∈ M ⇒ n0 ∈ M
dann ist M = N
Die rationalen Zahlen Q = {x ∈ R : x = ± pq , p, q ∈ N, q 6= 0} bilden einen
angeordneten Körper.
Beispiel 2.3 M = {x : x2 < 2}
M ist nach oben beschränkt, denn
Schranke 1 < s0 ≤ 32
Zu zeigen: s20 = 2
Angenommen, s20 < 2. Für =
2−s20
4
3 2
2
=
9
4
> 2, also gilt für die kleinste obere
> 0 gilt
!
(s0 + )2 = s20 + 2s0 + 2 < 2
!
⇔0<2−
s20
2 − s20
s0 +
−
2
2 − s20
16
2
s0
2 − s20
= (1 −
−
)(2 − s2 )
2 {z 16 } | {z }0
|
0
>0
Damit s0 keine obere Schranke. Widerspruch!! Analog widerlegt man s20 > 2. Damit
ist s0 mit s20 = 2 kleinste obere Schranke.
Zu zeigen: s0 ∈
/Q
Annahme: s0 ∈ Q, s0 =
p
q
für q 6= 0.
2.2. EINBETTUNG DER NATÜRLICHEN ZAHLEN
s20
11
p, q können als teilerfremd angenommen werden:
2
= pq2 = 2 ⇒ p2 = 2q 2
Da das Quadrat einer ungeraden Zahl ungerade ist, muß p = 2l für l ∈ N gelten.
(2l)2 = 2q 2 ⇐⇒ 2l2 = q 2
Nach gleichem
Argument ist auch q gerade, q = 2m. Widerspruch zu p, q teilerfremd!
√
Also: 2 ist irrational. Q erfüllt V nicht.
Satz 2.5 s0 ist genau dann Supremum von M , wenn
a) x ≤ s0 für alle x ∈ M .
b) Zu jedem > 0 gibt es ein x ∈ M mit s0 − < x
Beweis 2.8 Sei s0 = sup M . Dann ist s0 obere Schranke, also a) erfüllt. Angenommen b) ist nicht erfüllt. Dann gibt es ein > 0, so daß s0 − < x für kein x. Damit
ist s0 − obere Schranke. Widerspruch!!
Umgekehrt: Seien a),b) erfüllt. Nach a) ist s0 obere Schranke. Nach b) muß diese
auch die kleinste sein. ].
2.1.5
Verneinung von Aussagen mit Quantoren
∀ für alle . . .“
”
Quantoren
∃ es existiert . . .“
”
Die Aussage b) im Satz 2.5 heißt dann ∀>0 ∃x∈M s0 − < x
Verneinung:
∃ > 0 ¬(∃x ∈ M : s0 − < x)
⇐⇒ ∃ > 0 ∀x ∈ M ¬(s0 − < x)
⇐⇒ ∃ > 0 ∀x ∈ M s0 − ≥ x
Verneinungsregeln
¬(∃x α(x)) ⇐⇒ ∀x ¬α(x)
¬∀x α(x) ⇐⇒ ∃x ¬α(x)
2.2
Einbettung der natürlichen Zahlen
N ∈N→n·1∈R
Satz 2.6 Sei n ∈ N\{0}, a ≥ 0. Dann gibt es genau ein
√
( n a)n = a
Für diese n-te Wurzel gilt:
√
n
a ∈ R.
√
n
a ≥ 0 mit
√
√
√
n
n
n
a b = ab
n
Beweis 2.9 Setze M = {x
√ ∈ R : x ≥ 0, x ≤ a}
Wie beim Beweis für 2 zeigt man, daß (sup M )n = a. Wenn es zwei Lösungen
n
b, c mit b < c von
b√
= cn ≤ an gibt, so bn < cn . Widerspruch!!
√
n
n
Klar, daß ( a b)n = ab
12
KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN
m
n
Für a > 0; m, n ∈ N\{0}, r =
setze
√
m
a n := ( n a)m ,
m
1
a− n = √
( n a)m
Dann gilt
(ar )s = ars
ar br = (ab)r
ar as = ar+s
für alle a > 0; r, s ∈ Q.
Satz 2.7 Die reellen Zahlen sind archimedisch angeordnet, das heißt die Menge der
natürlichen Zahlen ist unbeschränkt in R, das heißt es gibt kein s ∈ R mit
n ≤ s für alle n ∈ N
Beweis 2.10 Andernfalls gibt es eine kleinste obere Schranke (Vollständigkeitsaxiom!!) s0 für N. Satz 2.5 liefert für = 1
s0 − 1 < n ≤ s0 für ein n ∈ N
Dann s0 < n + 1 ∈ N. Widerspruch!!
Satz 2.8 Zu a > 0, b ∈ R gibt es ein n ∈ N mit na > b.
Beweis 2.11 Andernfalls wäre
b
a
≥ n für alle n ∈ N. Widerspruch zu Satz 2.7.
Satz 2.9 Sei a ≥ 0. Wenn a ≤
1
n
für alle n ∈ N, so ist a = 0.
Beweis 2.12 Andernfälls wäre a > 0 und
2.7! ]
1
a
≥ n für alle n. Widerspruch zu Satz
Satz 2.10 Zu a, b ∈ R mit a < b gibt es ein r ∈ Q mit
(2.8)
a<r<b
Beweis 2.13 Satz 2.8 liefert n(b − a) > 1, also
(2.9)
0<
1
<b−a
n
Sei zunächst a > 0. Nach Satz 2.8 gibt es ein m ∈ N mit m
n > a.
Die Menge M = {m ∈ N : m
>
a}
hat
ein
kleinstes
Element
k, also
n
(k − 1)
k
≤a<
n
n
Wäre
k
n
≥ b, so
Widerspruch!! r =
k−1
1
≥ b − > b − (b − a) = a
n
n 2.9
k
n
]
ist die gesuchte Zahl. Der Fall a < 0 als Übung.
]
2.2. EINBETTUNG DER NATÜRLICHEN ZAHLEN
2.2.1
13
Mächtigkeit von Mengen
Definition 2.5 Seien A, B Mengen, f : A → B eine Abbildung
f (A) = {b ∈ B : f (a) = b für ein a ∈ A}
f
−1
(C) = {a ∈ A : es gibt b ∈ C mit f (a) = b}
f heißt surjektiv, wenn f (A) = B. f heißt injektiv, wenn aus f (a) = f (a) folgt
a = a. f heißt bijektiv, wenn f surjektiv und injektiv ist. In diesem Fall haben wir
eine 1-1 Zuordnung der Elemente von A zu den Elementen von B.
Definition 2.6 Für n ∈ N heißt An = {m ∈ N : m < n} der n-te Abschnitt der
natürlichen Zahlen.
Definition 2.7 Eine Menge A heißt endlich, wenn es eine Bijektion eines An auf
A gibt. Wir schreiben dann Kardinalität von A = |A| = n.
A heißt abzählbar, wenn es eine Bijektion von N auf A gibt. Wenn A weder
endlich noch abzählbar ist, heißt A überabzählbar.
Vorsicht: Bei unendlichen Mengen gibt es Bijektionen der Menge auf eine echte
Teilmenge, z. B.: f : n 7→ 2n
Satz 2.11 Die abzählbare Vereinigung abzählbarer Mengen ist abzählbar.
Beweis 2.14 Seien Bk
Bk .
Schreibe:
f0 : f0 (0) f0 (1)
f1 : f1 (0) f1 (1)
f2 : f2 (0) f2 (1)
..
.
für k ∈ N abzählbar, das heißt es gibt Bijektionen fk : N →
f0 (2) f0 (3) . . .
f1 (2) f1 (3) . . .
f2 (2) f2 (3) . . .
S∞Durch dieses 1. Cantorsche Diagonalargument haben wir eine Bijektion von N →
]
k=0 Bk gefunden.
Satz 2.12 Q ist abzählbar.
Beweis 2.15 Schreibe:
1
1
1
2
1
3
2
1
2
2
2
3
3
1
3
2
3
3
4
1
4
2
4
3
...
...
...
Damit ist die Menge der positiven rationalen Zahlen abzählbar. Die Vereinigung
zweier abzählbarer Mengen ist abzählbar. ]
Satz 2.13 Die Menge der reellen Zahlen ist überabzählbar.
Lemma 2.14 Die Menge F der unendlichen Folgen der Zahlen 0 oder 1, das ist
F = {f : N → {0; 1}}, ist überabzählbar.
14
KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN
Beweis 2.16 Angenommen, g : N → F ist bijektiv, das heißt F = {f 0 , f 1 , . . .}
Schreibe:
f 0 : f 0 (0) f 0 (1) f 0 (2) . . .
f 1 : f 1 (0) f 1 (1) f 1 (2) . . .
f 2 : f 2 (0) f 2 (1) f 2 (2) . . .
..
.
Definiere(ϕ ∈ F durch
0 falls f m (m) = 1
g(m) =
1 falls f m (m) = 0
Widerspruch dazu, daß ϕ eine Bijektion ist. (Dies ist das 2. Cantorsche Diagonalargument). ]
Beweis 2.17 (zu Satz 2.13) Jede Dezimalzahl
x : 0.n1 n2 . . .
nk ∈ {0, 1, . . . , 9}
repräsentiert eine reele Zahl im Intervall [0, 1], denn mit
M = {x(k) = 0, n1 n2 . . . nk , k ∈ N}
ist x = sup M .
Betrachte A = {x : x = 0, n1 n2 . . . nk , nk ∈ {0, 1}} ⊂ [0, 1]
Nach dem Lemma ist schon diese Menge überabzählbar. ]
2.3
Elementare Ungleichungen
Satz 2.15 (Youngsche Ungleichung) Mit ) Für a, b ∈ R, > 0 gilt
|ab| ≤
(2.10)
1
2
a + b2
2
2
Beweis 2.18 0 ≤ (a ± b)2 = a2 ± 2ab + b2 ⇒ |ab| ≤ 12 a2 + 21 b2
√
1
Schreibe: a = a b = − 2 b
1 2
|ab| ≤ 2 a2 + 2
b
Satz 2.16 (Cauchy-Ungleichung) Für a1 , . . . , an ∈ R; b1 , . . . , bn ∈ R gilt
n
X
(2.11)
i=1
ai bi ≤
n
X
! 12
a2i
i=1
n
X
! 12
b2i
i=1
Beweis 2.19 Durch Induktion über n.
√
n = 1:
n ⇒ n + 1:
n+1
X
i=1
ai bi =
n
X
ai bi + an+1 bn+1
i=1
≤
Ind.vor.
X
n
a2i
12 X
n
b2i
i=1
i=1
| {z }
| {z }
e
f
12
+ |an+1 | |bn+1 |
| {z } | {z }
√
g
√
h
2.3. ELEMENTARE UNGLEICHUNGEN
Zu zeigen:
p
√ √ ! √
f + g h≤ e+g f +h
p
⇐⇒ ef + gh + 2 ef gh ≤ (e + g)(f + h)
p
⇐⇒ 2 ef gh < eh + g · f
√
Das ist Satz 2.15 mit a =
e·
√
p
eh, b =
√
gf .
15
Kapitel 3
Folgen
Definition 3.1 Eine Abbildung a : N → R heißt Zahlenfolge. Schreibe: an = a(n)
sowie a = (an )n∈N oder a = (an ).
steigend
≥
Eine Folge heißt monoton
falls an+1
a für alle n ∈ N.
fallend
≤ n
>
steigend
für alle n ∈ N.
Eine Folge heißt streng monoton
falls an+1
<
fallend
Eine Folge heißt beschränkt, falls es ein M ∈ R gibt mit
|an | ≤ M für alle n ∈ N
Eine Folge heißt konvergent gegen a ∈ R, wenn es zu jedem > 0 ein N ∈ N gibt,
das von abhängen darf, mit
|an − a| < für alle n ≥ N
Schreibweise: limn→∞ an = a ( Limes“)
”
oder an → a ( konvergent gegen“)
”
Beispiel 3.1
a) an = n1 , n ≥ 1
a1 = 1, a2 = 21 , a3 = 13
Zu jedem > 0 gibt es nach Archimedes ein N mit
1
<
N
Dann: |an − 0| = an = n1 < N1 < für alle n > N .
Es gilt also limn→∞ an = 0.
b) an = (−1)n
a0 = 1, a1 = −1, a2 = 2
Die Folge (an ) ist beschränkt, weil |an | ≤ 1
-1
0 1− 1 1+
Aber an konvergiert nicht.
Definition 3.2 Sei > 0, a ∈ R. Dann heißt U (a) = {x ∈ R : a − < x < a + }
(offene) -Umgebung von a.
a−
a
a+
U (a) = {x : |a − x| < }
16
17
Satz 3.1 Jede der folgenden Aussagen ist zu limn→∞ an = a äquivalent.
a) Zu jedem k ∈ N gibt es ein N ∈ N mit |an − a| <
1
k
für alle n ≥ N .
b) In jeder -Umgebung von a liegen fast alle“ Folgenglieder, das sind alle bis
”
auf endlich viele.
Beweis 3.1
a) Aus der Definition folgt a
a ⇒ Definition: Zu > 0 gibt es ein k ∈ N mit
1
k
< (nach Archimedes)
Dann folgt für das N = N (k) aus a
|an − a| <
1
k
< für alle n ≥ N .
b) Aus der Definition folgt b, weil die Definition besagt an ∈ U (a) für alle n ≥ N ,
und das sind fast alle. Umgekehrt genauso. ]
Analog: lim an = a ⇐⇒ |an − a| ≤ bn für alle n ≥ N , wobei lim bn = 0 ]
n→∞
n→∞
Satz 3.2 Jede konvergente Folge ist beschränkt.
Beweis 3.2 Wähle = 1 in der Definition. Dann
|an − a| < 1 für alle n ≥ N .
Also |an | ≤ |an − a| + |a| < 1 + |a|.
Setzte M = max{|a0 |, |a1 |, . . . , |aN −1 |, 1 + |a|}, also |an | ≤ M für n ∈ N.
]
Satz 3.3 Wenn (an ) konvergiert, so ist der Grenzwert eindeutig bestimmt.
Beweis 3.3 Sei lim an = b, lim an = c, b 6= c
b− b b+
c− c c+
Widerspruch zu: In jeder -Umgebung müssen fast alle Folgenglieder liegen.
]
Definition 3.3 Sei (an )n∈N eine Folge, ϕ : N → N eine streng monoton steigende
Folge, insbesondere ϕ(n) ≥ n. Dann heißt die Zahlenfolge (aϕ(n) )n∈N Teilfolge von
a.
Anschaulich: Streiche beliebige Folgenglieder aus an heraus, aber lasse noch unendlich viele übrig.
Beispiel 3.2 an = (−1)n
a2n = 1,
a2n+1 = −1
Satz 3.4 Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn jede Teilfolge konvergiert.
Enthält eine Folge zwei Teilfolgen, die gegen verschiedene Grenzwerte konvergieren oder eine Teilfolge, die nach oben oder unten unbeschränkt ist, so ist sie nicht
konvergent.
Beispiel 3.3
(i) Sei p ∈ N\{0}. Dann ist limn→∞
Beweis 3.4
!
1
√
p n <
k ⇐⇒ k p = N − 1
(ii) Sei q ∈ R. Betrachte an = q n .
|q| < 1 : lim an = 0
1
√
p n
= 0.
18
KAPITEL 3. FOLGEN
q = 1 : an = 1
lim an = 1
q = −1 oder |q| > 1 : an divergiert. (das heißt konvergiert nicht)
Beweis 3.5 Für |q| < 1 ist
1
|q|
> 1 also
1
|q|
= 1 + h mit h > 0.
Nach Bernoulli gilt:
(
1 n
) = (1 + h)n ≥ 1 + nh ≥ nh
|q|
1 − |q|
=n
|q|
|q|
1
⇒ |q|n ≤
·
]
1 − |q| n
q = −1: 1, −1, 1, . . . klar
|q| > 1: folgt aus dem nächsten Satz.
].
(iii) Sei |q| < 1, p ∈ N. Dann ist limn→∞ np q n = 0
√
(iv) Sei a > 0. Dann ist limn→∞ q a = 1.
Beweis 3.6 Sei a ≥ 1. Dann
√
n
a ≥ 1. Betrachte bn =
√
n
a − 1 ≥ 0.
n
a = (1 + bn ) ≥ 1 + nbn
Also bn ≤
a−1
n
→ 0 und daher
√
n
a → 1.
Der Fall 0 < a < 1 folgt wieder aus dem nächsten Satz.
(v) limn→∞
√
n
n=1
√
n
n − 1 ≥ 0, n ≥ 2
n = (bn + 1) ≥ 1 + n2 b2n (nach der binomischen Formel) ⇒ b2n ≤
Beweis 3.7 bn =
n
2
n
→0
n
(vi) lim an! = 0 für alle a ∈ R
a 1
<
Beweis 3.8 Sei m so gewählt, daß m
2
an am |a|n−m
1 n−m
Dann gilt: n! ≤ m! · mn−m < c · 2
→0
(vii)
√
n
n! ist unbeschränkt.
√
Beweis 3.9 Angenommen n n! ≤ a für ein a ∈ R. Dann ist n! ≤ an ⇔
Dies ist ein Widerspruch zu (vi)!!
an
n!
≥1
Satz 3.5 Seien (an ), (bn ) Folgen mit lim an = a, lim bn = b. Dann sind auch
(λan ), (an + bn ), (an · bn ), ( abnn ) (falls bn , b 6= 0) konvergent mit
a) lim λan = λ lim an
b) lim(an + bn ) = lim an + lim bn
c) lim(an bn ) = lim an · lim bn
d) lim abnn =
lim an
lim bn
19
Beweis 3.10
b) Sei
2
a) ist Spezialfall von c) mit bn = λ
vorgegeben. Dann gibt es Na , Nb ∈ N mit
|an − a| <
|bn − b| <
2
2
für alle n ≥ Na
für alle n ≥ Nb
Für n ≥ N = max(Na , Nb ) gilt
|(an + bn ) − (a + b)| ≤ |an − a| + |bn − b|
< + =
2 2
c) Da (an ), (bn ) konvergent sind, sind sie auch beschränkt, also |an | ≤ A, |bn | ≤
B. Zu 2B
, 2A
gibt es Na , Nb mit
|an − a| <
|bn − b| <
2B
2A
für alle n ≥ Na
für alle n ≥ NB
Für n ≥ N = max(Na , Nb ) gilt
|an bn − ab| = |an bn − an b + an b − ab|
≤ |an bn − an b| + |an b − ab|
≤ |an ||bn − b| + |b||an − a|
+B·
=
≤A·
2A
2B
d) Wegen c) zeige die Behauptung nur für an = 1. Es gibt ein N mit |bn − b| <
|b|
∀n ≥ N
4
Aus der inversen Dreiecksungleichung folgt
|bn | ≥ |b| − |b − bn | > |b| −
Daher
1
|bn |
≤
|b|
4
= 34 |b|
4
3|b|
Für n ≥ N gilt:
1
− 1 = b − bn bn
b
bn b ≤ |b − bn |
Nachtrag:
√
n
4
→0
3|b|2
]
a für 0 < a < 1
Wir hatten bereits gezeigt, daß lim
√
1
lim n a = lim √
= 1. ]
n 1
q
1
a
= 1, weil
1
a
> 1. Nach d) folgt dann
a
Satz 3.6 Wenn (an ), (bn ) konvergent sind mit an ≤ bn , dann ist lim an ≤ lim bn .
Beweis 3.11 Klar! (Trivial)
Beachte: Ähnliches gilt nicht für die <“-Relation, zum Beispiel an = 1, bn =
”
1 + n1 . Es gilt an < bn , aber lim an = lim bn . ]
Satz 3.7 Sei (an ) monoton wachsend/fallend und nach oben/unten beschränkt.
Dann konvergiert (an ).
20
KAPITEL 3. FOLGEN
Beweis 3.12 Sei (an ) monoton wachsend und nach oben beschränkt. Setze a =
sup{an : n ∈ N}.
Nach Satz 2.5 gibt es zu jedem > 0 ein aN mit a− < aN < a. Da (an ) monoton
wachsend, folgt a − ≤ an ≤ a ∀n ≥ N . Damit liegen fast alle Folgenglieder in
jeder -Umgebung von a, also lim an = a. ]
Schreibweise: an % a ( konvergiert von unten“)
”
an & a ( konvergiert von oben“)
”
Beispiel 3.4 (Babylonisches Wurzelziehen) Sei a > 0, a0 > 0 ein beliebiger
Startwert. Dann
an+1 = 21 (an + aan ) für alle n ∈ N.
Zum Beispiel a = 2:
a0 = 1, a1 = 21 (1 + 12 ) = 32
17
a2 = 21 ( 32 + 23 ) = 21 ( 32 + 43 ) = 9+8
12 = 12 = 1.416̄
2
√
2 = 1.4142 . . .
Die Youngsche
Ungleichung (Satz 2.15) liefert:
q
√
√
a = an · aan ≤ 21 an + 12 aan = an+1 also an ≥ a für alle n ≥ 1.
Daraus folgt aan ≤ an , also an+1 = 12 an + 21 aan + 21 an = an , das heißt (an ) ist
1
1
monoton fallend. Nach Satz 3.7: lim an = c. Nach Satz 3.6 ist lim
√ 2 an = 2 c und
a
a
1
a
lim 2an = 2c . Nach der Definition ist c = 2 c + 2c . Daher ist c = a. ].
Satz 3.8 (Intervallschachtelung) Seien J0 , J1 , . . . eine Folge von Intervallen
mit Jn ⊃ Jn+1
Wenn an bn die Endpunkte
T∞ von Jn sind, so sei lim(bn − an ) = 0. Dann gibt es
genau ein a ∈ R mit a ∈ n=0 Jn .
Beweis 3.13 Die linken Eckpunkte aN sind monoton steigend, die rechten bn monoton fallend. Nach Satz 3.7 ist ak ≤ limn→∞ an ≤ limn→∞ bn ≤ bk für alle k ∈ N.
Wegen bk − ak → 0 sind die Grenzwerte gleich. ]
3.1
Häufungswerte
Definition 3.4 Sei (an ) eine Folge. a ∈ R heißt Häufungswert ( Häufungspunkt),
wenn in jeder Umgebung von a unendlich viele Folgenglieder liegen, das heißt für
alle > 0 ist |an − a| < für unendlich viele n. (Aus Grenzwert folgt natürlich
sofort Häufungswert)
Beispiel 3.5 an = (−1)n = (1, −1, 1, −1, . . . )
(an ) hat die Häufungswerte −1 und 1, aber keinen Grenzwert.
Satz 3.9 Zu jedem Häufungswert von (an ) gibt es eine Teilfolge von (an ), die gegen
den Häufungswert konvergiert.
Beweis 3.14 Wähle ϕ(0) beliebig. Zu n ∈ N\{0} wähle ein ϕ(n) mit ϕ(n) >
ϕ(n − 1), |aϕ(n) − a| < n1 , wobei a der Häufungswert der Folge (an ) sei. Dann ist
limn→∞ aϕ(n) = a. ]
Satz 3.10 (Bolzano-Weierstraß) Jede beschränkte Folge hat einen Häufungswert.
3.2. DIE ZAHL E
21
Korollar 3.11 Jede beschränkte Folge hat eine konvergente Teilfolge.
Beweis 3.15 Es |an | ≤ M für ein M ∈ R, da (an ) beschränkt ist. Sei nun J0 =
[−M, M ].(Sei Jn = [an , bn ] bereits konstruiert. Setze
[an , an +bn ], falls in diesem Intervall unendlich viele Folgenglieder sind
Jn+1 an +bn 2
[ 2 , bn ], sonst
Induktiv erhalte: Jn enthält unendlich viele Folgenglieder Jn ⊃ Jn+1 , |an −bn | →
0.
T∞
Nach den beiden letzten Eigenschaften gibt es genau ein a mit a ∈ n=0 Jn
(Intervallschachtelung). Sei jetzt U (a) eine beliebige -Umgebung von a: U = (a −
, a + ), > 0. Da die Länge der Jn gegen 0 geht, gibt es zu jedem > 0 ein n ∈ N
mit Jn ⊃ U , das heißt auch U enthält unendlich viele Folgenglieder. ]
3.2
Die Zahl e
Ein Kapital verdoppelt sich nach 1 Zeiteinheit. Wie groß ist das Kapital, wenn die
Zinsen bei gleichem Zinssatz häufiger gezahlt werden? (Zinseszinseffekt!)
Bei 2 Zahlungen: Nach 21 Zeiteinheit:
1 + 12
Nach 1 Zeiteinheit:
(1 + 21 )2
Nach n Zahlungen: (1 + n1 )n
Satz 3.12 Die Folge an = (1 + n1 )n ist streng monoton steigend mit 2 ≤ an < 3.
Sie besitzt daher einen Grenzwert
lim an =: e
(e = 2.718 . . . )
Beweis 3.16
n
n
n n−1 2
n
n
n+1
n−1
n −1
1
an
·
=
·
=
=
1
−
2
2
an−1
n
n
n
n−1
n
n−1
n
n
>
1− 2
=1
Ber. mit a 6= 0
n
n−1
Also ist an streng monoton steigend.
n X
n n X
1
n 1
n 1
an = 1 +
=
=1+
k
n
k n
k nk
k=0
Da:
n
1
k nk
=
n(n−1)(n−2)...(n−k+1) 1
n·n·n...n
k!
an ≤ 1 +
n k−1
X
1
k=1
3.3
<
2
1
k!
k=1
≤
1
,
2k−1
=1+1+
gilt:
1 1
+ + ··· ≤ 3
2 4
]
Unbeschränkte Folgen
Definition 3.5 Wir schreiben lim an = ±∞, falls es zu jedem K > 0 ein N ∈ N
gibt mit
(
> K bei + ∞
an
< K bei − ∞
Solche Folgen heißen auch bestimmte Divergenz.
Satz 3.13 Sei lim an = ∞, lim bn = b ∈ R. Dann gilt
22
KAPITEL 3. FOLGEN
a) lim(λan ) = ∞ falls λ > 0
= −∞ falls λ < 0
b) lim a1n = 0 falls an 6= 0
c) lim(an + bn ) = ∞
d) lim(an bn ) = ∞ falls b > 0
Definition 3.6 Sei (an ) beschränkt. Dann heißt a∗ = kleinster Häufungswert von
(an ) der Limes inferior von (an ),
lim inf an = a∗
h→∞
Der größte Häufungswert a∗ heißt Limes superior.
lim sup an = a∗
n→∞
Begründung: Ein Häufungswert von Häufungswerten ist immer auch Häufungswert der Folge.
Beispiel 3.6
(i) an = (1 +
−1 n
n )
n gerade: an = (1 + n1 )n → e.
n ungerade:
n n n
1
n−1
n
an = 1 −
=
=
n
n
n−1
0
−n0 −1 −n0
n +1
n0
1
·
=
=
=
1
+
n0 =n−1
n
n0
n0 + 1
1
1
n0
−1
=
1 n0 · n 0 + 1 → e = e
(1 + n0 )
Deshalb: lim inf = e−1 und lim sup an = e.
(ii) Lemma 3.14 Die rationalen Zahlen liegen dicht in R, das heißt zu jedem a ∈ R
und > 0 gibt es ein q ∈ Q mit |a − q| < .
Beweis 3.17 Satz 2.10 besagt: Zu a, b ∈ R gibt es ein q ∈ Q mit a < q < b.
Wähle bn = a + n1 , erhalte qn mit a < an < bn .
Betrachte die Folge 1, 12 , 22 , 32 , 31 , 23 , 33 , 43 , 53 , 14 , . . . , 74 , 15 , . . . , 95 , . . .
j
oder an = k+1
für n = k 2 + j, j = 1, . . . , 2k + 1
Pn+1
denn j=0 (2j + 1) = (n + 1)2 (Beweis durch Induktion)
Da jede rationale Zahl zwischen 0 und 2 unendlich oft vorkommt, ist jede auch
Häufungswert. Nach dem letzten Lemma ist jedes r ∈ [0, 2] Häufungswert von
Häufungswerten. Also sind alle r ∈ [0, 2] Häufungswert der Folge,
lim inf an = 0
lim sup an = 2
]
3.4. CAUCHY-FOLGEN
3.4
23
Cauchy-Folgen
Definition 3.7 Eine Folge (an ) heißt Cauchy-Folge, wenn es zu jedem > 0 ein
N ∈ N gibt mit
|an − am | < für alle n, m ≥ N.
Satz 3.15 Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchy-Folge ist.
Vorteil: Grenzwert kommt in der Definition nicht vor.
Beweis 3.18
a) ⇒: Sei lim an = a. Für m, n ≥ N gilt
|an − am | = |an − a + a − am | ≤ |an − a| + |a − am | < 2
b) ⇐: Sei (an ) eine Cauchy-Folge. Wähle = 1. Für n ≥ N gilt dann |an − aN | <
1.
Damit ist (an ) eine beschränkte Folge und hat nach Bolzano-Weierstraß einen
Häufungswert a. Sei jetzt > 0 beliebig. Dann ist |an − am | < für alle
n, m > N . Es gibt ein k ≥ N mit |ak − a| < . Daher
|an − a| = |(an − ak ) + (ak − a)|
≤ |an − ak | + |ak − a| < 2 ∀n ≥ N.
Beispiel 3.7
]
Pn
1
k=1 k
|a2n − an | = |
1
1
1
1
1
+
+ ··· +
|≥
·n=
n+1 n+2
2n
2n
2
Die Folge ist keine Cauchy-Folge, daher auch nicht konvergent.
]
Kapitel 4
Reihen
Definition 4.1 Die Summe
∞
X
an = ap + ap+1 + . . .
k=p
heißt Reihe. Eine Reihe heißt konvergent, wenn die Folge der Partialsummen
sn =
n
X
n≥p
ai ,
i=p
konvergiert.
Beispiel 4.1 Es sei an = (−1)n . Dann ist
Summenwert?
P∞
n=0
= 1 − 1 + 1 − 1 + . . . . Welcher
(1 − 1) + (1 − 1) + . . . = 0
1 − (1 − 1) − (1 − 1) − . . . = 1
(
1 wenn n gerade
Es gilt offensichtlich sn
0 sonst
Also: Die Definition der Konvergenz ist sinnvoll, weil sie uns vor Widersprüchen
bewahrt.
Beispiel 4.2 Es sei an = q n mit |q| < 1. Dann ist
∞
X
q n = lim
k→∞
n=0
Zum Bespiel für q =
1
2
ist
P
k
X
1
1 − q k+1
=
k→∞ 1 − q
1−q
q n = lim
n=0
= 2.
]
Analog zu den Zahlenfolgen setze
∞
X
an = ±∞
n=p
wenn die Folge der Partialsummen bestimmt divergiert.
Beispiel 4.3 (harmonische Reihe)
1
1
≥ n · 2n
. . . 2n
P∞
1
n=1 n
24
= ∞ da bereits
P2n
1
k=n+1 k
=
1
n+1 +
4.1. ALTERNIERENDE REIHEN
25
Satz 4.1 Die Konvergenz oder Divergenz einer Reihe ändert sich nicht, wenn man
endlich viele Glieder weglässt oder hinzufügt.
P∞
P∞
Satz 4.2 P
(i) Die Reihen
n=0 an und
n=0 bn seien konvergent. Dann sind
auch (λan + µbn ) für λ, µ ∈ R konvergent mit
P∞
P∞
P∞
n=0 (λan + µbn ) = λ ·
n=0 an + µ ·
n=0 bn .
(ii) Ist zusätzlich an ≤ bn für alle n, so
P∞
P∞
n=0 an ≤
n=0 bn
Beweis 4.1
men.
(i) folgt direkt aus den Rechenregeln für die Folge der Partialsum-
(ii) Hieraus folgt: sn ≤ tn mit sn =
Pn
Korollar
4.3 Aus der Konvergenz von
P
von n an.
i=0
ai und tn =
P
a2n und
n
P
n
Pn
i=0 bi .
]
a2n+1 folgt die Konvergenz
Beweis
4.2 Setze cn = a2n , dn = a2n+1 . Dann folgt aus dem letzten Satz
P
(cn + dn ).
P
an =
P
Satz 4.4PWenn
an konvergent, so ist limn→∞ = 0 und limn→∞ rn
∞
limn→∞ i=n+1 ai = 0.
=
Beweis 4.3 Verwende Satz 3.5 in der Form lim un = lim vn = s ⇒ lim(un − vn ) =
0.
Pn
Pn−1
Setze speziell un = i=0 ai und vn = i=0 , n ≥ 1.
P∞
Dann lim un = lim vn = n=0 an und 0 = lim(un − vn ) = lim an .
Pn
Setze un = si und vn =
i=0 ai . Dann gilt lim un = lim vn = s und 0 =
lim(un − vn ) = lim an . ]
4.1
Alternierende Reihen
P∞
Definition 4.2 Die Summe n=0 an heißt alternierend, wenn an an+1 ≤ 0 für alle
n ∈ N, das heisst die Glieder wechseln also das Vorzeichen.
Satz 4.5 (Leibniz-Kriterium)
P∞
Sei n=0 an alternierend mit (|an |)n∈N ist streng monoton fallend und lim an = 0.
Dann ist die alternierende Reihe konvergent und
P∞
νn = i=n+1 ai = Θan+1
mit
0 < Θ = Θn < 1.
Bemerkung: Es gilt also die Fehlerabschätzung
Pn
P∞
| i=0 ai − i=0 ai | = Θ|an+1 | < |an+1 |
26
KAPITEL 4. REIHEN
Beweis 4.4 OBdA sei bn > 0, (bn ) streng monoton fallend mit lim bn = 0 und
an = (−1)n bn . Es gilt:
s2n+1 = (b0 − b1 ) + (b2 − b3) + · · · + (b2n − b2n+1 )
| {z }
| {z }
>0
>0
das heißt s2n+1 ist streng monoton steigend. Andererseits
s2n = b0 − (b1 − b2 ) − (b3 − b4 ) − · · · − (b2n−1 − b2n )
| {z }
| {z }
|
{z
}
>0
>0
>0
das heißt sn ist streng monoton fallend.
Offenbar ist:
(4.1)
0 < s2n+1 < s2n < b0
Da (s2n ), (s2n+1 ) monoton und beschränkt sind, gilt
lim s2n = S;
lim s2n+1 = S 0 .
Wenn s2n+1 − sn = −b2n+1 → 0 folgt S = S 0 . Durch Grenzübergang erhalte aus
V or.
(4.1):
0 ≤ S ≤ b0
Die Fälle S = 0, S = b0 sind nach dem Beweisanfang ausgeschlossen, also
0 < S < b0 = a0
also
S = Θa0
mit einem Θ ∈ (0, 1). Das gleiche Argument gilt auch für die Reihe
ist der Reihenwert.
P∞
i=n+1
ai , das
P∞ (−1)n
Beispiel 4.4 (i) (alternierende harmonische Reihe)
= −1 + 12 − 13 +
n=1
n
1
1
4 − . . . ist konvergent, weil n streng monoton fallend und Nullfolge ist.
(ii) 1 −
1
22
+
1
3
−
1
42
Für n ≥ 5 gilt:
+
1
n
1
5
−
1
62 + . . .
1
1
(n−1)2 ≥ 2n
−
Für die Partialsummen
gilt entsprechend: s2n ≥ 1− 212 + 31 − 412 + 15 +
P1
∞, weil
i →∞
4.2
Pn
1
i=5 2i
→
Cauchy-Kriterium und absolute Konvergenz
(sn ) konvergiert ⇐⇒
Pn ∀ ∃N |sn − sm | < für ∀n, m ≥ N .
Die Reihe sn = i=0 ai erfüllt das Cauchy-Kriterium, wenn es zu jedem > 0
ein N gibt mit
m
X
ai < ∀m ≥ n ≥ N.
i=n+1
Definition 4.3 Eine Reihe heißt absolut konvergent, wenn
Beispiel 4.5
P (−1)n
n
P
|an | konvergent ist.
ist konvergent, aber nicht absolut konvergent.
4.3. KONVERGENZKRITERIUM
27
Satz 4.6 Eine absolut konvergente Reihe ist auch konvergent mit
∞
∞
X X
an ≤
|an |
n=0
Beweis 4.5 Setze sn =
Für m ≥ n gilt
Pn
i=0
n=0
ai und s̃n =
Pn
i=0
|ai |
m
m
X
X
|sm − sn | − ai ≤
|ai |
(4.2)
i=n+1
i=n+1
= |s̃m − s̃n | < ∀m, n ≥ N.
Also ist auch (sn ) Cauchy-Folge und hat einen Grenzwert. Nach (4.2) ist:
n
n
X
X |ai | ]
lim ai ≤ lim
n→∞
n→∞
i=0
4.3
i=0
Konvergenzkriterium
P
Satz 4.7 (i) (Majorantenkriterium)
Wenn |an | ≤ bn und bn konvergiert, dann
P
konvergiert
an absolut.
p
P
(ii) (Wurzelkriterium) Wenn n |an | ≤ q < 1 für fast alle n, so konvergiert
an
absolut.
p
P
an .
Wenn n |an | ≥ 1 für unendlich viele n, so divergiert
P
(iii) (Quotientenkriterium) Wenn aan+1
an
≤ q < 1 für fast alle n, so ist auch
n
absolut konvergent.
P
an .
Wenn aan+1
≥ 1 für fast alle n, so divergiert
n
Beweis 4.6 (i) klar
p
P
(ii) n |an | ≤ q < 1 ⇒ |an | ≤ q n für fast alle n ⇒ nach (i) ist
|an | konvergent.
p
n
|an | ≥ 1 für unendlich viele n ⇐⇒ |an | > 1 für unendlich viele n. Damit
Widerspruch lim an = 0.
an+1 an ≤ q < 1 ∀n ≥ p
2
(iii) ⇒ |an+1 | ≤ q|an | ≤ q |an+1 | ≤ qn + 1 − p|ap |,
∞
∞
∞
X
X
X
1−p
qk
⇒
|an | ≤
|an | + q
|ap |
n=0
n=0
an+1 ≥1
Wenn an Beispiel 4.6
(i)
P∞
k=p
∀n ≥ p so ist |an | ≥ |ap |
n=0
n+1≥p
∀n ≥ p
]
np q n mit p ∈ N fest, |q| < 1.
Wurzelkriterium: an = np q n
p
√
n
|an | = n np |q|
√
√
√
Wegen n n → 1 gilt n np = ( n n)p → 1
p
Für genügend grosses N gilt daher: n |an | ≤ |q| · (1 + ) < 1
∀n ≥ N
28
KAPITEL 4. REIHEN
(ii)
P
n!
nn
Quotientenkriterium: aan+1
=
n
(n+1)!·nn
(n+1)n n!
=
nn
(n+1)n
=
1
2
1
n
( n+1
n )
=
1
1 n
(1+ n
)
→
1
e
≤
Nachtrag: limn→∞ np q n = 0 falls p ∈ N, |q| < 1.
Satz 4.8 (Kriterium von Raabe) Sei an 6= 0. Wenn für fast alle n gilt aan+1
≤
n
P
c a
an absolut konvergent.
1 − n+1 mit c > 1, so ist
Beweis 4.7 Sei die Bedingung für n ≥ p erfüllt.
(n + 1)|an+1 | ≤ (n + 1 − c)|an |
⇐⇒ (c − 1)|an | ≤ n · |an | − (n + 1)|an+1 |
n
n
X
X
⇒ (c − 1)
|ak | ≤
(k|ak | − (k + 1)|ak+1 |) =
k=p
k=p
=
Teleskop Effekt
⇒
∞
X
|ak | ≤
k=p
P 1
Beispiel
n2
4.7
an (n−1)2
an−1 = n2 =
n2 −2n+1
n2
p|ap | − (n + 1)|an+1 | ≤ p|ap |
1
p|ap | ]
c−1
=1−
2
n
+
1
n2
Analog
(aber aufwendiger) zeige für an =
an 1+(α)
an−1 ≤ 1 − n . ]
4.3.1
≤1−
1
nα ,
3
2
n
∀n ≥ N .
α > 1:
Umordnung von Reihen
Definition 4.4 ϕ : N → N sei bijektiv. P
Für die Reihe
bn = aϕ(n) eine Umordnung der Reihe
an .
Satz 4.9 Die Reihe
P
P∞
n=0
an heisst
P∞
n=0 bn
mit
an sei konvergent.
(i) (Riemannscher Umordnungssatz)
P
Wenn die Reihe nicht absolut konvergent
|an | = ∞, so gibt es zu
P∞ ist, also
jedem a ∈ R eine Umordnung mit n=0 bn = a.
P
(ii) Wenn
an absolut konvergent ist, dann konvergiert auch jede Umordnung
und besitzt den gleichen Grenzwert.
Beweis 4.8 Wir beweisen nur (ii), das andere ist uns zu trivial.
P
P
a) ⇒: Sei
an absolut konvergent,
bn eine Umordnung, also bn = aϕ(n) .
P
Aus dem Cauchy-Kriterium für
|an | folgt:
(4.3)
|aN +1 | + |aN +2 | + · · · + |aN +p | < für alle p ∈ N und N genügend gross.
a Die
+1 im Nenner dient nur der Beweistechnik, strenggenommen darf man das
so verwenden, wie wir es tun, aber man darf nicht alles so eng sehen.
c
n
nicht einfach
4.4. PRODUKTE VON REIHEN
29
Wähle M = M (N ) so gross, dass unter den Zahlen ϕ(0), ϕ(1), . . . , ϕ(M ) alle
Zahlen 0, . . . , N vorkommen.
M
X
bk =
k=0
n
X
ak + Rest
k=0
Aus (4.3) folgt:
|Rest| < M (N )
⇒ lim
X
N →∞
bk = lim
N →∞
k=0
∞
X
ak =: a
k=0
Pn
Damit haben wir für eine Teilfolge von tn = k=0 bk Konvergenz gegen a.
Die analoge Überlegung für |an | statt an liefert
M (N )
lim
N →∞
X
|bk | = lim
N →∞
k=0
N
X
|ak | < ∞
k=0
Pn
|bk | monoton steigend, ist die Reihe damit absolut konvergent.
P
P
Nach Satz 4.6 ist daher
bk konvergent und
bk muss mit dem Grenzwert
einer jeden Teilfolge der Partialsummen übereinstimmen. Also
Da
k=0
lim
N
X
N →∞
4.4
bk = a. ]
k=0
Produkte von Reihen
X
m
ai
X
n
i=0
j=0
bj
=
m X
n
X
ai bj
i=0 j=0
Bei m, n = ∞ entsteht das Problem, in welcher Reihenfolge wir die Summe über
N × NPauswerten sollen. Produkte von Reihen sind im Allgemeinen nur sinnvoll
∞
wenn i,j=0 ai bj auch aufsummiert werden kann.
Definition 4.5 Das Cauchy-Produkt der Reihen
Wahl einer speziellen Bijektion ϕ : N → N × N:
X
∞
i=0
mit dn =
Pn
i=0
ai
P∞
i=0
ai ,
P∞
i=0 bi
X
X
∞
∞ X
n
∞
X
bi =
ai bn−i =:
dn
i=0
n=0 i=0
ai bn−i .
Dies entspricht der Anordnung nach Schrägzeilen:
a0 b0 a0 b1 a0 b2 a0 b3
a1 b0 a1 b1 a1 b2 a1 b3
a2 b0 a2 b1 a2 b2 a2 b3
Gut: dn besteht nur aus einer endlichen Summe.
n=0
besteht in der
30
KAPITEL 4. REIHEN
P
P
P∞
Satz 4.10 Die Reihen ai , bi seien absolut konvergent. Dann ist auch n=0 dn
absolut konvergent und es gilt:
X
X
X
∞
∞
∞
ai
bi =
dn
i=0
mit dn =
Pn
i=0
n=0
i=0
ai bn−i .
Pn
Pn
Pn
Beweis 4.9 Sei zunächst ai bj ≥ 0. Sei sn = i=0 ai ; tn = i=0 bi ; Un = i=0 di
Es gilt: sn tn ≤ U2n ≤ s2n t2n
Aus limn→∞ erhalte die behauptete Formel.
−ai +|ai |
ai +|ai |
und a−
.
Sei an beliebig, bn ≥ 0. Setze a+
i =
i =
2
2
Pn
+
−
+
−
+
+
Dann
gilt
a
,
a
≥
0
und
a
=
a
−
a
.
Setze
dann
d
=
i
n
i
i
i
i
i=0 ai bn−i und
P
n
−
−
dn = i=0 ai bn−i
Wende den ersten Teil an:
X
X
X
X
∞
∞
∞
∞
∞
∞
X
X
+
−
−
d+
=
a
b
und
d
=
a
b
n
n
n
n
n
n
n=0
n=0
n=0
n=0
n=0
n=0
Erhalte die Formel durch Bildung der Differenz. Der Fall bn beliebig analog.
4.5
]
G-adische Entwicklung
Eine Dezimalzahl hat die Form
a = z−i , z−i+1 . . . z0 , z1 , z2
mit zi ∈ {0, 1, . . . , 9}.
Sie repräsentiert die Zahl
a=
∞
X
zn 10−n
n=−i
Wegen
∞
∞
X
X
−n z
10
≤
9
·
10−n
n
n=−i
n=−i
und der Konvergenz der geometrischen Reihe konvergiert die Summe absolut.
Pm
1 − 0.9̄ = 0, weil 1 − n=1 9 · 10−n = 10−m → 0.
Satz 4.11 Sei g ∈ N, g > 2. Jede nichtnegative Zahl a ∈ R hat eine g-adische
Entwicklung
∞
X
zn g −n mit zn ∈ {0, . . . , g − 1}
a=
n=−i
Die zn sind eindeutig, wenn man den Fall zn = g − 1 für fast alle n ausschließt.
P0
Beweis 4.10 Für m ∈ N gilt m = n=−i zn g −n (=Division mit Rest). Sei nun für
a ∈ R [a] := grösste ganze Zahl ≤ a (z. B.: [0.9] = 0)
Sei a ∈ (0, 1). Definiere a0 := a
z1 = [g · a0 ],
a1 = a0 − z1 g −1
z2 = [g 2 · a1 ] a2 = a1 − z2 g −2
4.5. G-ADISCHE ENTWICKLUNG
31
oder allgemein:
zn = [g n · an−1 ],
an = an−1 − zn g −n
Durch Induktion zeige:
0 ≤ an ≤ g −n ;
an ≥ an+1 ,
zn ∈ {0, . . . , g − 1}
an = a − 0.z1 z2 . . . zn
Es gilt dann:
∞
X
zn g −n = |an | → 0
a −
n=1
Eindeutigkeit: Es sei a = m+0.x1 x2 . . . und b = n+0.y1 y2 . . . mit m, n ∈ N, m > n.
Dann ist a ≥ b und
∞
X
yi − xi
b−a=n−m+
gi
i=1
≤ −1 + (g − 1)
∞
X
1
=
i
g
i=1
= −1 + 1 = 0
mit Gleichheit genau dann, wenn n − m = −1, yi − xi = g − 1 ⇔ m = n + 1,
yi = g − 1, xi = 0
Den allgemeinen Fall führe auf diesen zurück. Wenn a, b ∈ R sich in der Ziffer
zi , aber nicht in den Ziffern z1 , . . . , zi−1 unterscheiden, multipliziere sie mit g i und
wende den 1.Fall an. ]
Kapitel 5
Stetige Funktionen
Wir betrachten Funktionen (das sind Abbildungen) der Form
f : D → R,
D⊂R
Zwei Funktionen f, g : D → R heissen gleich, also f = g (f ≡ g) wenn f (x) = g(x)
für alle x ∈ D.
Erkläre die Operationen und Relationen (f, g : D → R)
(f + g)(x) = f (x) + g(x)
(λf )(x) = λf (x) für λ ∈ R
(f g)(x) = f (x) · g(x)
f (x)
f
(x) =
falls g(x) 6= 0 in D
g
g(x)
|f |(x) = |f (x)|
min(f, g)(x) = min(f (x), g(x))
max(f, g)(x) = max(f (x), g(x))
f ≤ g ⇐⇒ f (x) ≤ g(x) ∀x ∈ D
<“, ≥“, >“ analog
”
”
”
Eine Funktion f heisst beschränkt, beziehungsweise nach oben beschränkt, wenn
|f (x)| ≤ M beziehungsweise f (x) ≤ M für ein M ∈ R gilt.
Ist eine Teilmenge V von Funktionen abgeschlossen bezüglich Additon und Skalarmultiplikation, so ist V ein linearer Vektorraum, der Funktionenraum genannt
wird.
Ist V zusätzlich abgeschlossen bezüglich der Multiplikation, so ist V eine Algebra,
die Funktionenalgebra genannt wird.
5.1
Polynome
Definition 5.1 Eine Funktion der Form
p(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + · · · + an xn =
n
X
ai xi ,
ai ∈ R
i=0
heisst Polynom. Wenn an 6= 0, so ist n der Grad des Polynoms, grad p = n. Setze
grad 0 = −1
Mit Polynomen p, g sind auch p + q, λp für λ ∈ R, pq Polynome. Also bilden die
Polynome eine Algebra.
32
5.2. HÄUFUNGSPUNKTE VON MENGEN
33
Lemma 5.1 Für jedes ξ ∈ R lässt sich das Polynom
p(x) = a0 + a1 x + · · · + an xn
eindeutig in der Form
p(x) = b0 + b1 (x − ξ) + · · · + bn (x − ξ)n
Pn
schreiben mit bk = i=k ai ki ξ i−k , insbesondere b0 = p(ξ)
Beweis 5.1 Setze x = ξ + η und wende binomische Formel an:
p(x) = p(ξ + η) =
n
X
ai (ξ + η)i =
i=0
=
X X i
i
Wegen η = x − ξ ist das die Behauptung.
k
k
k i−k
η ξ
=
X
k
η
k
X
i
i i−k
ξ
ai
k
]
Satz 5.2 (Nullstellen- und Identitätssatz) Ein Polynom vom Grade n hat
höchstens n Nullstellen (n > −1). Polynome vom Grad ≤ n, die n + 1 gemeinsame Werte haben, sind identisch, das heisst sie haben die gleichen Koeffizienten.
Bemerkung: Gemeinsame Werte“ heisst: p(ξi ) = q(ξi ) für ξ1 , . . . , ξn+1 ∈ R.
”
Beweis 5.2 Durch vollständige Induktion über n.
n = 0: p(x) = a
a 6= 0 ok.
n ⇒ n + 1: Sei grad p = n + 1, ξ sei Nullstelle von p. Wende Lemma 5.1 an:
p(x) = p(ξ) + b1 (x − ξ) + · · · + bn (x − ξ)n+1 =
= (x − ξ)q(x) mit grad q = n
Nach Induktionsvoraussetzung hat q höchstens n Nullstellen, damit hat p
höchstens n + 1.
Angenommen, grad p, grad q ≤ n und p(ξi ) = q(ξi ) für i = 1, . . . , n + 1. Sei
d(x) = p(x) − q(x).
Dann grad d ≤ n
d(ξi ) = 0 für i = 1, . . . , n + 1
Nach dem ersten Teil ist d = 0 und daher p = q.
5.2
].
Häufungspunkte von Mengen
Definition 5.2 Sei D ⊂ R. ξ heisst Häufungspunkt von D, wenn es eine Folge
(xn )n∈N gibt mit xn ∈ D\{ξ} und xn → ξ.
Beachte: Die Häufungspunkte einer Folge (an )n∈N können verschieden sein
von den Häufungspunkten der zugehörigen Menge A = {an : n ∈ N}.
Beispiel 5.1 (i) Es sei D = Q. Wir haben bewiesen: Zu ξ ∈ R\Q gibt es xn ∈ Q
mit xn → ξ. Zu a ∈ Q ist auch a + n1 ∈ Q mit a + n1 → a. Ganz R ist
Häufungspunkt.
(ii) Definiere die Folge 0, 0, 1, 0, 1, 1, 0, 1, 2, 3, . . . Die Häufungspunkte der Folge
ist ganz N. Die Menge A = {an : n ∈ N} = N besitzt keinen Häufungspunkt.
34
KAPITEL 5. STETIGE FUNKTIONEN
5.3
Grenzwert und Stetigkeit
Definition 5.3 Sei f in U (ξ)\{ξ} definiert für ein > 0. Wir sagen: f konver”
giert gegen a für x gegen ξ“, wenn es zu jedem η > 0 ein δ > 0 gibt mit
|f (x) − a| < η für alle x ∈ U (ξ)\{ξ} mit |x − ξ| < δ.
Sei f in U (ξ) definiert. f heisst stetig in ξ, wenn es zu jedem η > 0 ein δ > 0 gibt
mit
|f (x) − f (ξ)| < η für alle x ∈ U (ξ) mit |x − ξ| < δ.
Schreibweise: limx→ξ f (x) = a für f konvergiert gegen a“ und limx→ξ f (x) =
”
f (ξ) für f stetig in ξ“
”
Kurz: f ist stetig in ξ, wenn limx→ξ f (x) existiert und mit f (ξ) übereinstimmt.
Bemerkung: Verwende die Definition auch, wenn f nicht in U (ξ)\{ξ} beziehungsweise in U (ξ) definiert ist. Walter verlangt, dass ξ Häufungspunkt des
Definitionsbereiches D von f ist.
Im Fall der Definition der Stetigkeit könnte dies auch entfallen, denn wenn ξ
kein Häufungspunkt von D ist, liefert die Definition: ∀η > 0∃δ > 0∀x ∈ D mit
|x − ξ| < δ ist |f (x) − f (ξ)| < η nichts, denn {x ∈ D\{ξ} : |x − ξ| < δ} = ∅
falls δ genügend klein. Damit ist jede Funktion f in isolierten Punkten stetig!!
Beispiel 5.2
(i) (Heavyside-Funktion)
(
1 für x > 0
H(x) =
0 für x ≤ 0
y
1
0
x
Für ξ = 0 ist |f (x) − f (0)| = 1 falls x > 0. Also ist f unstetig in 0.
(ii) (Dirichlet-Funktion)
(
1 falls x ∈ Q
f (x) =
0 falls x ∈
/Q
Zu ξ gibt es ein x mit |x − ξ| < δ und |f (x) − f (ξ)| = 1.a f ist daher für alle
x ∈ R unstetig.
Definition 5.4 f heisst von rechts stetig in ξ ∈ D, wenn (nach Walter) die Menge
D+ = {x ∈ D : x ≥ ξ} ξ als Häufungspunkt hat und f |D+ in ξ stetig ist.
Schreibweise: f (ξ + ) = f (ξ+0) = limx→ξ+ f (x) Die entsprechende Schreibweise
gilt auch für Stetigkeit von links: f (ξ − ) = f (ξ − 0) = limx→ξ− f (x)
Beispiel 5.3 f (x) = [x] = grösste ganze Zahl ≤ x
a Weil
es zu jedem x ∈ Q ein beliebig nahes x ∈
/ Q gibt und umgekehrt.
5.3. GRENZWERT UND STETIGKEIT
35
1
-2
-1
0
1
2
Unstetigkeitspunkte sind die ganzen Zahlen. Alle rechtsseitigen Grenzwerte existieren und stimmen mit f (ξ) überein, das heisst f ist in ganz R von rechts stetig.
Satz 5.3 (Folgenkriterium) D ⊂ R, ξ sei Häufungspunkt von D. f : D → R ist
genau dann in ξ stetig, wenn für alle Folgen (xn )n∈N mit xn ∈ D und xn → ξ gilt:
limn→∞ f (xn ) = f (ξ)
Stetige Funktionen sind also grenzwerterhaltende“ Funktionen.
”
Beweis 5.3
a) Sei f stetig in ξ, sei xn ∈ D mit xn → ξ. Sei η > 0, δ > 0 das δ
aus der Definition der Stetigkeit.
|f (x) − f (ξ)| < η
∀x mit |x − ξ| < δ
Es gibt ein N ∈ N mit |xn − ξ| < δ ∀n ≥ N . Für dieses xn gilt aufgrund der
Stetigkeit: |f (xn ) − f (ξ)| < η. Also: f (xn ) → f (ξ).
b) Sei das Folgenkriterium erfüllt. Angenommen f ist unstetig in ξ, also
¬(∀η > 0∃δ > 0∀x ∈ D mit |x − ξ| < δ, |f (x) − f (ξ)| < η)
⇐⇒ ∃η∀δ > 0∃x ∈ D mit |x − ξ| < δ, |f (x) − f (ξ)| ≥ η
Wähle speziell δ =
dieser x xn .
1
n.
In der Teilaussage: ∃x ∈ D|x − ξ| <
1
n
nenne eines
Für die Folge (xn ) gilt xn → ξ, aber aus der Verneinung der Stetigkeit |f (xn )−
f (ξ)| ≥ η, also f (xn ) 9 f (ξ). Widerspruch!! ]
Das analoge Kriterium für limx→ξ f (x) = a ist: Für alle Folgen (xn ) mit xn ∈
D\{ξ} und xn → ξ gilt f (xn ) → a.
Für rechtsseitige Stetigkeit gilt entsprechend: f von rechts stetig in ξ ⇔ Für alle
Folgen (xn ) mit xn ∈ D, xn ≥ ξ, xn → ξ gilt f (xn ) → f (ξ).
Satz 5.4 Seien f, g in x ∈ D stetig. Dann sind auch f + g, λf für λ ∈ R, f · g in
ξ stetig. Falls g(ξ) 6= 0, so ist g(x) 6= 0 in einer Umgebung von ξ und fg in ξ stetig.
Beweis 5.4 Folgt aus dem Folgenkriterium, zum Beispiel: limx→ξ (f (x) + g(x)) =
limx→ξ f (x) + limx→ξ g(x) = f (ξ) + g(ξ).
Sei nun g(ξ) 6= 0. In der Definition der Stetigkeit, wähle η = |a|, falls g(ξ) = a 6=
0. Erhalte δ > 0. Für x ∈ D mit |x − ξ| < δ gilt dann:
|f (x)| ≥ |f (ξ)| − |f (x) − f (ξ)| > |a| − |a| = 0
Mit dem Folgenkriterium folgt für xn → ξ :
f (xn )
g(xn )
→
f (ξ)
g(ξ)
]
36
KAPITEL 5. STETIGE FUNKTIONEN
Beispiel 5.4
(i) Polynome: p(x) = a0 + a1 x + · · · + an xn
Da f (x) = x stetigPist, ist auch f (x) = xn stetigb , deshalb sind auch ai xi und
ai xi stetig.
dementsprechend
(ii) Rationale Funktionen: r(x) =
p(x)
q(x)
mit p, q Polynomen. D = {x ∈ R : q(x) 6=
0}. Die Funktion r ist in D stetig, wegen Satz 5.4 für
f
g.
]
Definition 5.5 Sei f.Df → R, g : Dg → R mit f (Df ) ⊂ Dg . Dann ist die Komposition g ◦ f : Df → R definiert durch
g ◦ f (x) := g(f (x)).
Satz 5.5 Sei f stetig in ξ, g stetig in f (ξ), dann ist auch h(x) = g ◦ f (x) in ξ
stetig.
Beweis 5.5 Sei xn → ξ. Da f stetig ist: f (xn ) → f (ξ), weil g stetig in f (ξ) ist:
g(f (xn )) → g(f (ξ)). ]
Definition 5.6 Eine Menge D ⊂ R heisst folgenkompakt, wenn jede Folge in D
eine konvergente Teilfolge mit Grenzwert in D besitzt.
Unbeschränkte Intervalle sind nicht folgenkompakt, zum Beispiel: J = (a, ∞),
wähle xn = n für n > a.
Wenn J beschränkt, aber zum Beispiel J = (a, b], wähle xn = a + n1 → a ∈
/ J.
Also: J folgenkompakt ⇐⇒ J beschränkt und abgeschlossen.
Abgeschlossene und beschränkte Intervalle nennt man daher auch kompakt.
Satz 5.6 Eine auf einem kompakten Intervall J stetige Funktion f nimmt dort
Maximum und Minimum an, das heisst es gilt: x∗ , x∗ ∈ J mit f (x∗ ) ≤ f (x) ≤
f (x∗ ) ∀x ∈ J.
Beweis 5.6 (typischc ) Setze M = supx∈J f (x) ∈ R oder ∞. Es gibt dann eine Folge
(xn ), xn ∈ J mit f (xn ) → M oder f (xn ) → ∞. Da J kompakt, gibt es eine Teilfolge
(xnk mit xnk → x∗ für k → ∞ mit x∗ ∈ J. Da f in x∗ stetig, f (xnk ) → f (x∗ ), also
M = f (x∗ ), insbesondere M < ∞. ]
Bemerkung: Der Beweis funktioniert für jede folgenkompakte Menge D.
Korollar 5.7 Sei f : J → R stetig auf dem kompakten Intervall J und f (x) > 0 in
J. Dann gibt es ein α > 0 mit f (x) ≥ α in J.
Beweis 5.7 (Ha-ha) f nimmt sein Minimum x∗ in J an. Wäre f (x∗ ) = 0, wäre
das ein Widerspruch zu f (x) > 0. ]
Definition 5.7 f : D → R heisst gleichmässig stetig, wenn es zu jedem > 0 ein
δ > 0 gibt, so dass für x, y ∈ D mit |x − y| < δ gilt: |f (x) − f (y)| < .
b Sehr
einfacher Beweis durch vollständige Induktion.
Beweis ist also massgeblich für die ganze Mathmatik und irgendwie unheimlich wichtig
und kommt ständig (in abgewandelter) Form vor.
c Dieser
5.3. GRENZWERT UND STETIGKEIT
37
Bemerkung: Bei der Stetigkeit darf das δ von x abhängen, bei der gleichmässigen
Stetigkeit nicht.
Beispiel 5.5
(i) f (x) = x2 , f : R → R
|f (x) − f (y)| = |x2 − y 2 | = |x + y||x − y|
Wähle zum Beispiel = 1, für jedes δ > 0 gibt es x, y mit |x + y|δ ≥ 1.
(ii) s(x) = |x − [x] − 21 |
0,5
x
1
2
f (x) = s( x1 ) auf J = (0, 1]d
0,5
x
0,5
1
Da s stetig, x1 für x 6= 0 stetig, ist auch f stetig für x > 0, aber f ( n1 ) −
f ( n+1 1 ) = 12 und | n1 − n+1 1 | → 0 für n → ∞. Also ist f nicht gleichmässig
2
2
stetig. f ist unstetig für x = 0, genauer: es gibt keine Zuordnung f (0) = a, so
dass die auf [0, 1] definierte Funktion dort stetig ist. ]
Satz 5.8 Jede auf einem kompakten Intervall stetige Funktion ist dort gleichmässig
stetig.
Beweis 5.8 (indirekt) Sei f auf J stetig, aber nicht gleichmässig stetig:
¬(∀ > 0 ∃δ > 0 ∀x, y ∈ J|x − y| < δ |f (x) − f (y)| < )
⇐⇒ ∃ > 0 ∀δ > 0 ∃x, y ∈ J|x − y| < δ |f (x) − f (y)| ≥ Es gibt also so ein 0 . Wähle speziell δ =
|xn − yn | < n1 und
(5.1)
1
n,
erhalte ein xn ∈ J, yn ∈ J mit
|f (xn ) − f (yn )| ≥ 0 .
Aufgrund der Kompaktheit gibt es eine in J konvergente Teilfolge: xnk → x∗ ∈ J.
Wegen |yn − xn | < n1 ist auch ynk → x∗ . Da f in x∗ stetig gilt f (xnk ) →
f (x∗ ), f (ynk ) → f (x∗ ). Aus der Dreiecksungleichung folgt:
|f (xnk ) − f (ynk )| ≤ |f (xnk ) − f (x∗ )| + |f (ynk ) − f (x∗ )| → 0
Dies ist ein Widerspruch zu 5.1.
Satz 5.9 (Zwischenwertsatz) Ist f stetig in J = [a, b], so nimmt f jeden Wert
zwischen f (a) und f (b) an.
d Es wird darauf hingewiesen, dass die Funktionsgraphen lediglich Näherungen darstellen und
nicht so richtig exakt sind!!
38
KAPITEL 5. STETIGE FUNKTIONEN
Satz 5.10 (Nullstellensatz) Ist f stetig in J = [a, b] mit f (a) > 0 und f (b) < 0,
so besitzt f in (a, b) eine Nullstelle.
Beweis 5.9 Durch Intervallschachtelung J0 = [a, b] = [a0 , b0 ]. Sei Jn = [an , bn ]
bereits konstruiert. Setzte cn = 12 (an + bn )
an+1 = an ;
bn+1 = cn falls f (cn ) < 0
an+1 = cn ;
bn+1 = bn sonst
Durch Induktion erhalte: Jn+1 ⊂ Jn , (an ) ist monoton steigend, (bn ) monoton
fallend und |bn − an | → 0, f (bn ) < 0, f (an ) ≥ 0.
Es existiert genau ein ξ ∈ [a, b] mit an → ξ, bn → ξ (Prinzip der Intervallschachtelung). Da f in ξ stetig ist: 0 ≤ f (an ) → f (ξ) und 0 > f (bn ) → f (ξ), also
f (ξ) = 0. ]
Beweis 5.10 (zu Satz 5.9) OBdA sei f (a) > f (b). Für d ∈ (f (b), f (a)) betrachte
g(x) = f (x) − d. Nach Satz 5.10 existiert ξ mit g(ξ) = 0, also f (ξ) = d. ]
Beispiel 5.6 Ein Polynom ungeraden Grades bildet R auf R ab, das heisst ist
surjektiv.
Beweis 5.11 Sei p(x) = a0 + a1 x + · · · + an xn , n ungerade, an 6= 0. Wir können
durch an teilen, das heisst an = 1 voraussetzen. Sei c = max(|ao | + . . . |an−1 |, 1).
Für x > c gilt dann:
p(x) = xn + a0 x0 + · · · + an−1 xn−1
≥ xn − (|a0 |x0 + · · · + |an−1 |xn−1 )
≥ xn − xn−1 (|a0 | + · · · + |an−1 |)
(x > 1!!)
>0
Für x < −c erhalte p(x) < 0. Nach Zwischenwertsatz gibt es ein ϕ ∈ (−c, c) mit
p(ϕ) = 0. Um p(x) = a zu lösen betrachte q(x) = p(x) − a.
Bemerkung: Die Nullstellen eines Polynoms liegen alle im Intervall (−c, c).
]
Definition 5.8 f : [a, ∞) → R. Wir schreiben limx→∞ f (x) = a, wenn es zu jedem
> 0 ein K ∈ R gibt mit |f (x) − a| < für alle x > K.
Analog: limx→−∞ f (x) = a.
Es gibt wieder ein Folgenkriterium:
limx→∞ = a ⇔ ∀(xn ) mit xn → ∞ f (xn ) → a.
5.4
Monotone Funktionen
Definition 5.9 f : D → R heisst monoton wachsend/fallend, wenn x < y ⇔
≤
f (x) ≥ f (y),
gilt.
<
∀x, y ∈ D. f heisst streng monoton, wenn entsprechend f (x) > f (y)
Satz 5.11 Sei f monoton. Dann existieren für alle inneren Punkte ξ des Definitionsbereiches die einseitigen Grenzwerte und
(
sup f (Dξ− ) falls f wachsend
lim f (x) =
x→ξ −
inf f (Dξ− ) falls f fallend
wobei Dξ− = {x ∈ D : x < ξ}. Für limx→ξ+ f (x) analoges Verhalten.
5.5. STETIGKEITSMODUL
39
Beweis 5.12 Sei f monoton wachsend. Für α < sup f (Dξ− ) gibt es ein c < ξ mit
α < f (c) ≤ sup f (Dξ− ). Da f monoton wachsend gilt: α < f (x) ≤ sup f (Dξ− ) ∀c ≤
x<ξ ]
Satz 5.12 Sei J ein beliebiges Intervall, f : J → R stetig und streng monoton.
Dann existiert die Umkehrfunktion f −1 : f (J) → J (f −1 ◦ f = id).
Die Umkehrfunktion f −1 ist stetig und streng monoton.
f(b)
f(a)
b
a
Beweis 5.13 Das stetige Bild eines Intervalls ist ein Intervall. Wegen x < y ⇐⇒
<
f (x) > f (y) ist f injektiv. Damit existiert f −1 : f (J) → J.
Zu zeigen: f −1 ist stetig.
Sei α = f (ξ). Sei oBdA f streng monoton wachsend. Sei ξ aus dem Innern des
Intervalls. Für genügend kleines sind auch ξ − und ξ + aus dem Intervall.
Mit y1 = f (ξ − ) und y2 = f (ξ + ) gilt y1 < α < y2 . Es gibt ein δ > 0 mit
y1 < α − δ < α + δ < y2 . Dann gilt
|y − a| < δ ⇒ |f −1 (y) − f −1 (α)| < Wenn ξ Randpunkt ist, schliesse genauso mit halbseitigen Umgebungen.
]
Beispiel 5.7 f : [0, ∞) → [0, ∞), f (x) = xn . f ist streng monoton steigend und
√
stetig. Daher ist f −1 (y) = n y ebenfalls streng monoton und stetig.
5.5
Stetigkeitsmodul
Definition 5.10 Sei J kompakt, f : J → R stetig, also auch gleichmässig stetig.
Für genügend kleines s > 0 setze
δ(s) = sup{|f (x) − f (y)| : x, y ∈ J|x − y| ≤ s}
Es gilt aufgrund der gleichmässigen Stetigkeit δ(s) → 0 für s → 0.
∀ > 0 ∃δ
sup
|f (x) − f (y)| ≤ x,y:|x−y|≤δ
δ(s) heisst der (kleinste) Stetigkeitsmodul von f .
√
Beispiel 5.8 f : [0, 1] → [0, 1], f (x) = x. Es sei x = 0, y = s. f (x + s) − f (s)
√ ist
monoton
fallend,
also
wird
das
Supremum
angenommen
für
x
=
0,
y
=
s
|
0−
√
√
s| = s = δ(s).
(Für später: Ist f stetig differenzierbar, so ist δ(s) ≤ c · s)
40
KAPITEL 5. STETIGE FUNKTIONEN
5.6
Konvergenz von Funktionenfolgen
Definition 5.11 Seien fn : D → R, n ∈ N.
(fn ) konvergiert punktweise gegen f : D → R, falls limn→∞ fn (x) = f (x) ∀x ∈
D.
(fn ) konvergiert gleichmässig, wenn es zu jedem > 0 ein N ∈ N gibt mit
|fn (x) − f (x)| < für alle n ≥ N , für alle x ∈ D.
Also: fn → f punktweise konvergent ist äquivalent zu:
∀x ∈ D ∀ > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N |fn (x) − f (x)| < fn → f gleichmässig konvergent ist äquivalent zu:
∀ > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N ∀x ∈ D |(fn (x) − f (x)| < fn → f gleichmässig bedeutet also, dass fast alle fn in jedem -Schlauch von f
liegen müssen:
y
b
a
x
(i) fn (x) = xn D = [0, 1]
(
0 falls 0 ≤ x < 1
f (x) =
1 für x = 1
Beispiel 5.9
Offensichtlich ist fn (x) → f (x) punktweise konvergent. Wähle zum Beispiel
= 31 . Dann ist der -Schlauch um f unterbrochen. Es gibt also immer ein
x ∈ (0, 1). Es gibt immer ein x ∈ (0, 1), so dass fn (x) nicht im 31 -Schlauch um
f liegt. Also ist die Konvergenz nicht gleichmässig.
(
|1 − x| für |x| ≤ 1
(ii) g(x) =
0
sonst
1
0
-1
Es sei fn (x) = g(x − h),
1
D=R
f(n+1)
n
Für jedes x ∈ R gibt es ein N mit fn (x) = 0
punktweise konvergent!!
∀n ≥ N . Also ist fn → 0
5.6. KONVERGENZ VON FUNKTIONENFOLGEN
41
Satz 5.13 Der Limes einer gleichmässig konvergenten Folge stetiger Funktionen
ist stetig. Also: fn stetig fn → f gleichmässig ⇒ f stetig.
Beweis 5.14 Sei fn → f gleichmässig. Zu > 0 gibt es ein N ∈ N mit
|fn (x) − f (x)| < ∀n ≥ N.
Da fn stetig, gibt es zu > 0 ein δ > 0 mit
|fn (x) − fn (y)| < ∀y ∈ D mit |x − y| < δ.
Für diese y gilt dann:
|f (x) − f (y)| ≤ |f (x) − fn (x)| + |fn (x) − fn (y)| + |fn (y) − f (y)|
< 3
Also ist f stetig in x.
]
Bei Reihen
von Funktionen übernehme die Begriffe für die Partialsummen
Pn
sn (x) = i=1 fi (x).
P∞
Zum Beispiel konvergiert
n=0 fn (x) punktweise, wenn sn (x) punktweise konP
vergiert.
Die
Reihe
f
(x)
heisst
(gleichmässig) absolut konvergent, wenn auch die
n
P
|fn (x)| (gleichmässig) konvergiert.
P
Satz 5.14 Wenn |fk (x)| ≤ ak P
für alle x ∈ D mit ak ∈ R und die Reihe
ak
konvergiert, dann ist die Reihe
fk (x) gleichmässig absolut konvergent.
P∞
P∞
Beweis 5.15 Mit rn (x) =
k=n+1 fk (x) gilt |rn (x)| ≤
k=n+1 |fk (x)| ≤
P
∞
a
→
0
für
n
→
∞.
]
k
k=n+1
Für Folgen und Reihen von Funktionen gibt es immer auch ein äquivalentes
Cauchy-Kriterium, zum Beispiel:
fn → f punktweise ⇐⇒ ∀x ∈ D ∀ > 0 ∃N ∀n, m ≥ N
|fn (x) − fm (x)| < fn → f gleichmässig ⇐⇒ ∀ > 0 ∃N ∈ N ∀n, m ≥ N ∀x ∈ D
|fn (x) − fm (x)| < Kapitel 6
Komplexe Analysis
6.1
Komplexe Zahlen
Sei R2 = {(a, b) : a ∈ R, b ∈ R}
Für α = (a, b), β = (c, d) ∈ R2 definiere eine Summe und ein Produkt:
α + β = (a + c, b + d)
α · β = (ac − bd, ad + bc)
Die Addition ist die übliche Vektoraddition. Die neutralen Elemente sind 0 = (0, 0)
und 1 = (1, 0). Dann gilt α + 0 = α und α · 1 = (a · 1 − b · 0, a · 0 + b · 1) = α.
−b
a
Es ist: −α = (−a, −b) und α−1 = ( a2 +b
2 , a2 +b2 ) mit α 6= 0, denn es gilt:
2
−b
a
−b
−ab
ab
a
(a, b) · ( a2 +b
2 , a2 +b2 ) = ( a2 +b2 − b · a2 +b2 , a2 +b2 + a2 +b2 ) = (1, 0)
C = (R2 , +, ·, 0, 1) erfüllt die Axiome K1–K9 und heisst Körper der komplexen
Zahlen.
Betrachte die Abbildung R → C mit a 7→ (a, 0). Es gilt:
(a, 0) + (c, 0) = (a + c, 0)
(a, 0) · (b, 0) = (ac − 0, 0) = (ac, 0)
Daher hat R∗ = {(a, 0) ∈ R2 : a ∈ R} die gleiche Struktur wie R und kann mit R
identifiziert werden. (Das kleine unscheinbare) i = (0, 1) heisst imaginäre Einheit.
Es gilt i2 = (0, 1) · (0, 1) = (0 · 0 − 1 · 1, 0 · 1 + 1 · 0) = (−1, 0).
(Die Menge {1 = (1, 0), i = (0, 1)} ist die natürliche Basis des R2 . Also gilt
(a, b) = a · 1 + b · i)
Stattdessen schreibe kürzer für α = (a, b): α = a + bi. Mit dieser Notation kann
unter Beachtung von i2 = −1 genauso gerechnet werden wie mit reellen Zahlen
(α = (a, b) β = (c, d)):
α · β = (a + bi)(c + di)
= ac + ad · i + bc · i + bd · i2
= (ac − bd) + (ad + bc)i
Setze
<α = a
(Realteil von α)
=α = b
(Imaginärteil von α)
Es gilt dann: α = <α + =α · i.
42
6.1. KOMPLEXE ZAHLEN
43
=α
6
Gaußsche Zahlenebene
i
- <α
−1
1
−i
Für
√ α = a + bi setze ᾱ = a − bi ∈ C (zu α komplex konjugierte Zahl). Weiterhin:
|a| = a2 + b2 (der Absolutbetrag von α)
Die Operation ¯“ a ist die Spiegelung an der reellen
”
Achse.
C lässt sich nicht anordnen wegen i2 = −1 < 0.
b
Im α
α
b
a
Re α
-b
α
|α| ist die Länge des zugehörigen Ortsvektors. Der Betrag | | ist eine Bewertung
auf C.
6.1.1
Rechenregeln
(i) α−1 =
1
α
=
α
|α|2
(ii) |α|2 = α · α
1
(α + α)
2
1
=α = (α − α)
2i
(iii) <α =
(iv) (α ± β) = α ± β
ᾱ
αβ = ᾱ · β̄ und α
β = β̄
|α|
(v) |αβ| = |α||β| und α
β = |β|
(vi) |α + β| = |α| + |β|
Merke: Algebraische Ausdrücke werden gequert, indem jede vorkommende Einzelvariable gequert wird (siehe (v)).
Beweis 6.1(i),(ii) Sei α = a + ib. Dann gilt:
αα = (a + ib)(a − ib) = a2 + b2 = |α|2
1
α
=
1·α
α·α
=
α
|α|2
(iii) (Kopfrechnen, wirklich mehr als trivial)
a Hiermit ist wohl die konjugierte Zahl gemeint, anders gäb’s nämlich wenig Sinn. Andererseits
ist mir das sowieso irgendwie egal. So wichtig wird dieser Satz hier wohl nicht sein.
44
KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS
(iv) α + β = α + β, is klar!
αβ = (a + ib)(c + id) = ac − bd − i(bc + ad) = α · β
(v) |αβ|2 = (αβ)(αβ) = ααββ = |α|2 |β|2
α
|α|2
αα
α
β = α
β
β = ββ = |β|2
(vi) |α + β|2 = (α + β)(α + β)
= αα + ββ + αβ + βα =
= |α|2 + |β|2 + 2<αβ
≤ |α|2 + |β|2 + 2|α||β| = (|α| + |β|)2
Die Division
1
α
=
α
|α|2
Im α
α
α
|α| 2
1
α
1
1
und der Richtung α.
ist Vektor der Länge |α|
Die Abbildung
α
α 7→
= s(α)
|α|2
heisst Spiegelung am Einheitskreis wegen
1
. Die Richtung von s(α) ist Rich|s(α)| = |α|
tung von α.
1
α ist Komposition der Spiegelung am EinReα
heitskreis und der Querung.
Nachtrag: |α| = |α| wegen |α|2 = α α =
αα = |α|2
6.2
Polynome
Definition 6.1 Eine Funktion der Form
p(z) = a0 + a1 z + · · · + an z n ,
ak ∈ C
heisst komplexes Polynom. Wie im Reellen setze grad p = n falls an 6= 0. Jedes
relle Polynom (das heisst ak ∈ R) ist auch ein komplexes Polynom.
Satz 6.1 (Fundamentalsatz der Algebra, Gauß) Jedes nichtkonstante komplexe Polynom hat eine Nullstelle.
Beweis 6.2 Folgt später in Funktionentheorie I oder Analysis IV.
Lemma 5.1 ist auch im Komplexen richtig: Zu jedem ξ ∈ C gibt es b0 , . . . , bn ∈ C
mit
p(z) = a0 + a1 z + · · · + an z n =
= b0 + b1 (z − ξ) + · · · + bn (z − ξ)n
mit b0 = p(ξ).
Sei also p(z) 6= 0. Nach Satz 6.1 hat p eine Nullstelle ξ1 . Nach Lemma 5.1 gilt:
p(z) = b0 + b1 (z − ξ1 ) + · · · + bn (z − ξ)n =
=0
= (z − ξ1 )(b1 + · · · + bn (z − ξ1 )n−1 ) =
= (z − ξ1 )p1 (z)
mit grad p1 = n − 1. Iteriere das Argument und erhalte
p(z) = an (z − ξ1 )(z − ξ2 ) . . . (z − ξn )
6.3. KONVERGENZ
45
(Produktdarstellung des Polynoms)
Jedes komplexe Polynom von Grad n hat also genau n Nullstellen, wenn man
mehrfache Nullstellen auch mehrfach zählt.
Satz 6.2 Ist ein Polynom reell, so treten nichtreelle Nullstellen paarweise auf. Mit
ξ ∈ R Nullstelle ist auch ξ Nullstelle.
Beweis 6.3 p(ξ) = 0 ⇐⇒ p(ξ) = 0 = 0 ⇐⇒ ao + a1 ξ + a2 ξ + · · · + an ξ k = 0.
Mit ak = ak folgt p(ξ) = 0.
Beispiel 6.1 p(z) = z 3 + z 2 − 2. Gib zu diesem Polynom die Produktdarstellung
an!
ξ1 = 1: Polynomdivision liefert (z 3 + z 2 − 2) : (z − 1) = z 2 + 2z + 2.
Durch quadratische Ergänzung: (z + 1)2 = −2 + 1 = −1, also z = −1 ± i.
Damit Produktdarstellung: p(z) = (z − 1)(z + 1 − i)(z + 1 + i)
6.3
Konvergenz
Definition 6.2
B (α) = {z : |z − α| < } ⊂ C
heisst -Umgebung von α.
Bε(α)
ε
α
Eine Folge (zn ), zn ∈ C konvergiert genau dann gegen α ∈ C, wenn in jeder
-Umgebung von α fast alle Folgenglieder liegen.
Wie im Reellen zeige:
zn → α ⇐⇒ ∀ > 0 ∃N |zn − α| < ∀n ≥ N
Lemma 6.3 Für alle z = x + iy gilt |x|, |y| ≤ |z| ≤ |x| + |y|
Beweis 6.4 x2 ≤ x2 + y 2 = |z|2
|z| = |x + iy| ≤ |x| + |y|
Satz 6.4 zn → α ∈ C ⇐⇒ <zn → <α ∈ R und =zn → =α ∈ R.
Beweis 6.5
•
zn → α
⇐⇒ |zn − α| < Wegen Lemma 6.3 gilt:
|<zn − <α|, |=zn − =α| < ∀n ≥ N
∀n ≥ N
Also <zn → <α und =zn → =α.
• Wenn |<zn − <α| < und |=zn − =α| < für alle n ≥ N , dann gilt nach
Lemma 6.3: |zn − α| < 2 für alle n ≥ N . Also zn → α in C. ]
P∞
Pn
Analog zur Definition
P∞ im Reellen: n=0 zn = ξ in C bedeutet sn =P k=0 zn → ξ
in C. Entsprechend: n=0 zn heisst absolut konvergent, wenn auch
|zn | konvergiert. Nach Lemma
6.3
ist
absolute
Konvergenz
äquivalent
zur
absoluten
KonverP
P
genz der Reihen
xn und
yn (zn = xn + iyn ). Das Majoranten-, Quotientenund Wurzelkriterium bleiben richtig. Der Umordnungssatz für absolut konvergente
Reihen bleibt richtig.
46
KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS
6.4
Stetigkeit
Definition 6.3 Sei D ⊂ C, f : D → C. f heisst in ξ ∈ D stetig, wenn für alle
Folgen (zn ) mit zn ∈ D, zn → ξ gilt: f (zn ) → f (ξ).
Dies ist äquivalent zum , δ-Kriterium:
∀ > 0 ∃δ > 0 ∀z mit z ∈ D, |z − ξ| < δ ist |f (z) − f (ξ)| < .
Seien fk : D → C, D ⊂ C. Übernehme weiter die Definitionen aus dem Reellen:
fk → f punktweise ⇐⇒ fk (z) → f (z)
∀z ∈ D
fk → f gleichmässig ⇐⇒ ∀ > 0 ∃K |fk (z) − f (z)| < ∀z ∈ D.
Satz 5.13, 5.14 bleiben mit gleichem Beweis richtig. Verwende die Sätze in der
Form:
Satz 6.5 fk : D → P
C seien stetig in D für alle k ∈ N. Ferner sei |fP
k (z)| ≤ ak
∞
∞
für alle z ∈ D mit k=0 ak < ∞. Dann konvergiert auch die Reihe k=0 fk (z)
gleichmässig absolut in D und stellt
stetige Grundfunktion dar.
Peine
n
Mit anderen Worten: sn (z) = k=0 fk (z), sn → f gleichmässig in D, f ist in
D stetig.
6.5
Potenzreihen
Definition 6.4 Seien ak ∈ C, k ∈ N. Dann heisst
∞
X
ak z k
k=0
eine (komplexe) Potenzreihe.
P
Falls ak ∈ R so sprechen wir von einer reellen Potenzreihe
ak xk , x ∈ R. Eine
relle Potenzreihe ist immer auch eine komplexe.
p
n
Satz 6.6
 Sei L = lim supn→∞ |an | und sei der Konvergenzradius

falls L = ∞
0
1
r = L falls 0 < L < ∞ .


∞ falls L = 0.
P∞
Dann ist n=0 an z n (absolut) konvergent für |z| < r, divergent für |z| > r. Für
|z| = r lässt sich keine Aussage machen.
P∞ In jeder Menge Ms = {|z| ≤ s}, s < r ist
die Konvergenz gleichmässig. f (z) = n=0 an z n ist nach Satz 6.5 stetig für |z| < r.
r
Divergenz
Konvergenz gleichm"assig
P
Beweis 6.6 Nach dem Wurzelkriterium
ist
an z n absolut konvergent oder diverp
n
n
gent, je nachdem, ob lim supn→∞ |an ||z| = |z|L kleiner oder grösser als 1 ist.
]
6.6. EXPONENTIAL-, SINUS- UND COSINUSFUNKTION
47
n Bemerkung: Wenn r0 = limn→∞ aan+1
existiert, so ist r0 = r.
an zn Beweis 6.7 Für |z| < r0 folgt an+1
z n+1 =
|an |
|an+1 ||z|
0
|z| > r , folgt die die Divergenz genauso.
→ a < 1. Umgekehrt: für
]
P∞ n α
Beispiel 6.2√Betrachte √die Reihe
für α ∈ R. Es ist L
n=0 z n
lim supn→∞ n nα = lim( n n)α = 1.
Für |z| <(1 konvergiert die Reihe. Für zum Beispiel α = −1:
∞
X
konvergiert für z = −1
zn
:
n
divergiert für z = 1
n=0
6.6
=
Exponential-, Sinus- und Cosinusfunktion
Die Potenzreihen
exp z =
∞
X
zn
n!
n=0
sin z =
∞
X
(−1)n z 2n+1
(2n + 1)!
n=0
cos z =
∞
X
(−1)n z 2n
(2n)!
n=0
√
konvergieren wegen n n! → ∞ (vergleiche (vii) vor Satz 3.5 auf Seite 18) auf ganz
C, das heisst r = ∞. Alle 3 Reihen stellen für z ∈ R reellwertige Funktionen dar.
Satz 6.7
(i) exp(x + y) = exp(x) · exp(y)
Es gilt exp(x) 6= 0 für alle x ∈ C und
(ii) exp(ix) = cos x + i sin x
∀x, y ∈ C
1
exp(x)
= exp(−x).
∀x ∈ C
(Daher auch die berühmte Eulersche Formel: e2πi = 1)
1
(exp(ix) + exp(−ix))
2
1
sin x = (exp(ix) − exp(−x))
2i
∀x ∈ C
(iii) cos x =
(iv) sin(−x) = − sin x,
(v) sin2 x + cos2 x = 1
∀x ∈ C
cos(−x) = cos x
∀x ∈ C
∀x ∈ C
(vi) sin(x + y) = sin x cos y + cos x sin y
cos(x + y) = cos x cos y − sin x sin y
∀x, y ∈ C
Beweis 6.8 (i) Da Potenzeihen (absolut) für |z| < r konvergieren, können sie in
ihrem Konvergenzbereich
mit dem Cauchy-Produkt multipliziert werden. Für
P∞
exp(x) exp(y) = n=0 dn erhalte:
dn =
n
n
X
xk y n−k
1 X
n!
=
xk y n−k =
k! (n − k)!
n!
k!(n − k)!
k=0
k=0
n 1 X n k n−k
=
x y
n!
k
k=0
1
= (x − y)n
n!
Es gilt exp(0) = 1. Daher 1 = exp(x − x) = exp(x) exp(−x).
(ii) Folgt wie
48
KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS
(iii) aus i4k = 1, i4k+1 = i, i4k+2 = −1, i4k+3 = −i
(iv) sin besitzt nur ungerade Potenzen, cos nur gerade.
2 2
1 ix
1 ix
−i
−ix
(v) sin x + cos x =
(e − e ) +
(e + e ) =
2i
2
1
1
= − (e2ix + e−2ix − 2e0 ) + (e2ix − e−2ix + 2e0 ) = 1
4
4
2
2
1 i(x+y)
(e
− e−i(x+y) ) =
2i
1
= (eix eiy − e−ix e−iy ) =
2i
1
1
= (eix − e−ix )(eiy + e−iy ) + (eix + e−ix )(eiy − e−iy ) =
4i
4i
= sin x cos y + cos x sin y
(vi) sin(x + y) =
Für cos verfährt man analog.
1
∀x ∈ C,
exp(x)n
aber: (ea )b (= exp(ab)????) ist für komplexes a, b nicht definiert und würde
zu Widersprüchen führen.
Beachte: Aus (i) folgt: exp(nx) = exp(x)n und exp(−nx) =
Aus (ez )n = en z und (ii) folgt: (cos x + i sin x)n = cos(nx) + i sin(nx), n ∈ N.
(Das ist die Formel von Moivre.)
6.7
Reelle e-Funktionen und Logarithmus
Satz 6.8 Die reelle Exponentialfunktion ist positiv und streng monoton wachsend
mit
lim ex = ∞
x→∞
lim ex = 0
x→−∞
Die Exponentialfunktion bildet R bijektiv auf (0, ∞) ab.
Beweis 6.9 Aufgrund der Definition der Exponentialfunktion ist exp(0) = 1,
exp(x) > 1 für x > 0. Weiter ist exp(x) > 0 wegen exp(−x) = (exp(x))−1 . Für
k > 0 folgt daher: exp(x + k) = exp(x) exp(k) > exp(x). Daher ist exp streng
monoton steigend. Wegen exp(1) > 1 ist exp(n) = exp(1)n → ∞.
Da exp streng monoton steigend ist, ist limx→∞ exp(x) = ∞. Die andere Richtung ergibt sich zu: limx→−∞ exp(x) = limx→∞ exp(−x) = 0. ]
Definition 6.5 Die eindeutig bestimmte, stetige, streng monoton wachsende Umkehrfunktion der e-Funktion heisst Logarithmus.
ln n : (0, ∞) ↔ R
Es gilt: limx→∞ ln x = ∞ und limx→0+ ln x = −∞. Weiterhin ist ln(ab) = ln a +
ln b, a, b > 0, denn (a = ex , b = ey ) ln(ab) = ln(ex ey ) = ln ex+y = x + y = ln a + ln b.
6.7. REELLE E-FUNKTIONEN UND LOGARITHMUS
y
49
y
exp(x)
log(x)
x
x
Abbildung 6.1: Die Exponential- und Logarithmus-Funktion
Rechnen mit Logarithmen
Grundlage ist Rechnen mit Logarithmentafel (für log10 ):
log10
xn
↓
1 0
2 0.301 log xn = n log x
↓
3 0.477
.. ..
n log → xn
. .
9
0.954
Satz 6.9 Es gilt
exp(x) = lim
n→∞
insbesondere
exp(1) = lim
n→∞
Beweis 6.10 Für y > 1 betrachte
exp(x)−1
x
1+
1
1+
n
x n
n
n
=e
ln(1+y)
x
=
y
y=exp(x)−1 exp(x)−1
2
x
= 1 + 2!
+ x3! → 1 für x → 0.
ln(1 + y)
=1
Also: lim
y→0
y
ln(1 + nx )
x
ln(1 + y)
= x.
Daher: lim ln(1 + )n = lim
=x x · lim
1
n→∞
n→∞
y→0
y= n
n
y
n
x
Da die exp-Funktion stetig ist, folgt lim (1 + )n = exp x. ]
n→∞
n
Definition 6.6 Sei a > 0. Erkläre die allgemeine Potenz durch
ak = ex ln a ,
x ∈ R.
Dies stimmt für x ∈ Q mit der alten Definition überein.
Denn es gilt:
exp(n · ln a) = exp(ln a) . . . exp(ln a) = a . . . a = an und
|
{z
}
n Faktoren
exp( lnma )m = exp( lnma ) . . . exp( lnma ) = exp(ln a) = a
Satz 6.10 Es gilt für jedes a > 0
(i) lim x−a ex = ∞,
x→∞
lim xa e−x = 0
x→∞
50
KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS
lim x−a ln x = 0
(ii) lim xa ln x = 0,
x→∞
x→0+
(i) Für a < m ∈ N folgt
Beweis 6.11
x−a ex > x−m ex > x−m
Da xa e−x =
1
x−a ex
(ii) lim xa ln x =
x→0+
folgt daraus lim xa e−x = 0.
n→∞
1
1
1
ln
= − lim a ln y
a
y→∞ y
y→∞ y
y
lim
t
= 0.
t→∞ aet
− lim
6.8
xm+1
x
=
→ ∞ für x → ∞.
(m + 1)!
(m + 1)!
1
ln et/a =
t→∞ et
− lim
=
y=et/a
]
Reeller Sinus und Cosinus
cos x =
∞
X
(−1)n x2n
,
(2n)!
n=0
sin x =
∞
X
(−1)n x2n+1
(2n + 1)!
n=0
y
B
sinx
x
cosx
Es sei x die Länge“ des Kreisbogens von A nach B (ver”
gleiche Zeichnung). Dann parametrisieren (cos x, sin x) den
Einheitskreis. Wenn zu B der Winkel x ∈ [0, 2π) gehört, so
ist B = (cos x, sin x)T .
Satz 6.11 Für B auf dem Einheitskreis mit Winkel x ∈ [0, 2π) ist B =
(cos x, sin x)T .
Beweis 6.12 In Analysis III
Folgerungen:
(i) sin π2 = 1, sin π = 0, sin 2π = 0, cos π2 = 0, cos π = −1, cos 2π = 1.
(ii) sin(x + π2 ) = cos x, sin(x + π) = − sin x
Beweis 6.13 (i) Sieht man direkt aus Zeichnung. Braucht wirklich nicht bewiesen zu werden.
(ii) folgt aus den Additionstheoremen.
So, jetzt noch die Graphen zu den reellen Sinus- und Cosinusfunktionen, damit
wir eine Vorstellung haben, wie die Dinger aussehen:
y
1
y
1
sin(x)
π
-1
(a) Sinus-Funktion
x
cos(x)
π
-1
(b) Cosinus-Funktion
Abbildung 6.2: Graphen der reellen Sinus- und Cosinusfunktion
x
6.9. KOMPLEXE E-FUNKTION UND POLARKOORDINATEN
6.9
51
Komplexe e-Funktion und Polarkoordinaten
Für z = x + iy gilt ez = ex+iy = ex · eiy = ex (cos y + i sin y)
Also: Wegen |eiy | = | cos y + i sin y| = 1 gilt: e<z gibt den Betrag von ez an und
=z
e gibt die Richtung in der komplexen Ebene. Oder so zum Merken:
ez = ex (cos y + i sin y)
Also ist ez+2kπi = ez
∀k ∈ Z, insbesondere
e2πi = 1
(Euler)
Weiter folgt eiy = e−iy ,
y∈R
Für z 6= 0 setze arg(z) = Winkel im Bogenmass zwischen positiver reeller Achse und z und arg(0) = 0. Daher
ist arg(z) ∈ [0, 2π). Dann gilt z = r · eiϕ mit r = |z| und
ϕ = arg(z). (Das ist die Polardarstellung von z)
Re z
Für z = r·eiϕ , w = s·eiψ gilt z·w = r·s·eiϕ ·eψ = rsei(ϕ+ψ) .
Bildlich dargestellt:
z
wz
z
ϕ
ϕ
1
w
Bei der Multiplikation zw werden die Beträge multipliziert und die Winkel addiert.
6.9.1
Wurzeln
Löse die Gleichung z n = a für a ∈ C. Für √
a = 0 ist z = 0 die n-fache Lösung. Für
a 6= 0 schreibe a = reiϕ . Daher ist z = n rei(ϕ+2kπ)/n für k = 0, . . . , n − 1 mit
z n = a.
Beispiel 6.3 Es sei z n = 1. Dann liegen die Lösungen auf den Eckpunkten eines
regelmässigen, (durch den Einheitskreis) einbeschriebenen n-Ecks. (Im Bild dargestellt für z 3 = 1)
Im
z1
z0
Re
z2
6.10
Spezielle reelle Funktionen
6.10.1
Tangens und Cotangens
Der Tangens und Cotangens sind erklärt durch:
tan x =
sin x
,
cos x
π
x 6= (2k + 1) , k ∈ Z
2
So, auch hierzu ein kleines Bildchen:
cot x =
cos x
,
sin x
x 6= kπ, k ∈ Z
52
KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS
y
x
π
Abbildung 6.3: Die Tangens- und Cotangensfunktion
y
π/2
y
asin(x)
acos(x)
π/2
x
-1
1
-1
1
(a) Arcussinuns
x
(b) Arcuscosinus
Abbildung 6.4: Die Arcusfunktionen
6.10.2
Arcusfunktionen
Die Arcusfunktionen sind die Umkehrungen der trigonometrischen Funktionen. Da
diese nicht streng monoton sind, wird willkürlich ein Hauptwert“ definiert.b
”
a) Arcussinus:
Umkehrung der Sinusfunktion sin : [− π2 , π2 ] → [−1, 1].
b) Arcuscosinus:
Umkehrung der Cosinusfunktion cos : [0, π] → [1, −1]
Es gilt arcsin x + arccos x =
π
2
∀x ∈ [−1, 1]
c) Arcustangens:
π
Umkehrung der Tangensfunktion tan x : [ −π
2 , 2] → R
6.10.3
Hyperbelfunktion
Betrachten wir folgende beiden Funktionen:
sinh x =
ex − e−x
2
cosh x =
ex + e−x
2
(Der Verlauf der Funktionen ist in Abbildung 6.6 zu sehen)
Analog zu den Additionstheoremen für Sinus und Cosinus gilt:
b Soll
wohl im Klartext so was heissen wie: Einschränkung des Definitionsbereiches
6.10. SPEZIELLE REELLE FUNKTIONEN
53
y
π/2
atan(x)
x
Abbildung 6.5: Die Arcustangensfunktion
y
cosh(x)
sinh(x)
x
Abbildung 6.6: Die sinh- und cosh-Funktion
sinh(x + y) = sinh x cosh y + cosh x sinh y
cosh(x + y) = cosh x cosh y + sinh x sinh y
Ausserdem gilt:
cosh x + sinh x = ex
cosh2 x − sinh2 x = 1
So, und was haben die Funktionen jetzt mit der Hyperbel zu tun? Ganz einfach,
ähnlich wie Sinus, Cosinus parametrisieren sinh und cosh nicht den Einheitskreis,
sondern die Einheitshyperbel (mit der Eigenschaft x2 − y 2 = 1). Für einen Punkt
P auf der Einheitshyperbel gilt also: P = (cosh x, sinh x)T . (Vergleiche hierzu auch
die Zeichnung)
y
P = (cosh t , sinh t)
1
x
Kapitel 7
Das Riemannsche Integral
Definition 7.1 Es sei I = [a, b] mit a < b ein kompaktes Intervall und a = x0 <
x1 < · · · < xn−1 < xn = b.
z = (x0 , x1 , . . . , xn ) heisst Zerlegung von I. |z| = max |Ik | heisst Feinheitsk=1,...,n
mass der Zerlegung, wobei Ik = [xk−1 , xk ] und |Ik | = xk −xk−1 . z heisst äquidistant,
falls |Ij | = |Ik |, das heisst Ik = b−a
n
Sei f beschränkt, mk = inf f (Ik ) und Mk = sup f (Ik ). Dann heisst
n
X
s(z) = s(z, f ) =
|Ik |mk Untersumme und
k=1
n
X
S(z) = S(z, f ) =
|Ik |Mk Obersumme.
k=1
S(z)
s(z)
a
x1
x2
x3
x4
x5
b
Abbildung 7.1: Zur Definition von Ober- und Untersumme
Seien Z, Z 0 , Z 00 Zerlegungen. Z 0 heisst Verfeinerung von Z (Z < Z 0 ), wenn Z 0
alle Teilungspunkte von Z enthält. Z heisst Überlagerung von Z 0 , Z 00 , wenn Z genau
aus den Teilungspunkten von Z 0 , Z 00 besteht.
Lemma 7.1 Sei |f (x)| ≤ K auf I = [a, b]. Z 0 besitze genau p innere Teilungspunkte. Dann gilt für jede Zerlegung Z:
s(Z) ≤ s(Z + Z 0 ) ≤ s(Z) + 2Kp|Z|
S(Z) ≥ S(Z + Z 0 ) ≥ S(Z) − 2Kp|Z|
54
55
Beweis 7.1 Die erste Ungleichung ist wohl klar. Sei p = 1, ξ sei innerer Teilungspunkt von Z 0 . Wenn ξ = xk ∈ Z, dann sind die Ungleichungen richtig. Sei
ξ ∈ (xk−1 , xk )
Im folgenden: I 0 = [xk−1 , ξ], α0 = |I 0 | und I 00 =
[ξ, xk ], α00 = |I 00 ]. Dann α0 + α00 = |Ik |. Weiterhin:
m0 = inf x∈I 0 f (x) und m00 = inf x∈I 00 f (x).
s(Z) und s(Z + Z 0 ) unterscheiden sich nur in Ik ,
I’
I’’
also
x
xk
xk-1
ξ
0
00 00
s(Z + Z ) − s(Z) = m + α + m α − mk |Ik | =
α0 (m0 − mk ) + α00 (m00 − mk )
Wegen |m0 − mk |, |m00 − mk | ≤ 2K gilt s(Z + Z 0 ) −
s(Z) ≤ 2K|Ik | ≤ 2K|Z|. ]
Lemma 7.2 Für beliebige Zerlegungen Z, Z 0 gilt
s(Z) ≤ S(Z 0 ).
Beweis 7.2 Mit Lemma 7.1: s(Z) ≤ s(Z + Z 0 ) ≤ S(Z + Z 0 ) ≤ S(Z 0 ).
]
Definition 7.2
J∗ = J∗ (f ) = sup s(Z)
(Unterintegral)
Z
J ∗ = J ∗ (f ) = inf S(Z)
Z
(Oberintegral)
wobei das sup beziehungsweise inf über alle Zerlegungen gebildet wird. Wegen Lemma 7.2 gilt:
J∗ ≤ J ∗
Die Funktion f heisst integrierbar, wenn J∗ = J ∗ . In diesem Fall schreibe
J∗ (f ) = J ∗ (f ) =:
Z
b
Z
f (x) dx =:
a
Anschaulich:
Integral existiert.
Rb
a
f (x) dx
I
f (x) dx ist der Flächeninhalt unterhalb der Kurve, sofern das
(
0 x irrational
Beispiel 7.1 D(x) =
und I = [0, 1]
1 x rational
Hier gilt mk = 0 und Mk = 1. Also J∗ (D) = 0, J ∗ (D) = 1. Demnach ist D(x)
nicht integrierbar.
Satz 7.3 Sei Zk eine Zerlegungsfolge mit |Zn | → 0 (Zerlegungsnullfolge). Dann gilt
für f : [a, b] → R beschränkt:
lim s(Zn , f ) = J∗ (f )
n→∞
lim S(Zn , f ) = J ∗ (f )
n→∞
Insbesondere gilt: Ist f integrierbar, so folgt daraus s(Zn , f ) →
Rb
a
f (x) dx.
56
KAPITEL 7. DAS RIEMANNSCHE INTEGRAL
Beweis 7.3 Nehme zunächst an, dass limn→∞ s(Zn ) = α für eine Zerlegungsnullfolge Zn . Sei Z eine beliebige Zerlegung mit p inneren Punkten. Nach Lemma 7.1
gilt:
s(Zn ) ≤ s(Zn + Z) ≤ s(Zn ) + 2pK|Zn |
wobei K = sup |f (x)|. Also s(Zn +Z) → α. Da Z beliebig und s(Z) ≤ s(Z +Zn ),
muss α = J∗ sein.
Da s(Z) ≤ K(b − a) ist die Folge (s(zn )) beschränkt. Für jede konvergente
Teilfolge gilt s(Znk ) → Zk , also ist die ganze Folge konvergent. ]
Satz 7.4 (Riemann-Kriterium) Die beschränkte Funktion f : I → R ist genau
dann integrierbar, wenn es zu jedem > 0 eine Zerlegung Z gibt mit:
S(Z) − s(Z) < .
Beweis 7.4 Sei S(Z) − s(Z) < . mit Lemma 7.1
s(Z) ≤ J∗ ≤ J ∗ ≤ S(Z)
also ist J∗ = J ∗ und f integrierbar.
Sei f integrierbar. Dann gilt für jede Zerlegungsnullfolge (Zn ) (Satz 7.3):
s(Zn ) → J∗ = J und S(Zn ) → J ∗ = J
also S(Zn ) − s(Zn ) < ∀n ≥ N . ]
Beispiel 7.2 Sei I = [0, 1], f (x) = x3 . Wähle Zn als äquidistant: xk = k · h mit
Pn−1
Pn
h = n1 . Dann ist s(Zn ) = k=0 (kh)3 · k und S(Zn ) = k=1 (kh)3 · h.
S(Zn ) − s(Zn ) = (n3 h3 )h = h → 0. Nach Satz 7.4 ist f integrierbar. Beweise
durch Induktion:
13 + 23 +P
· · · + n3 = 41 n4 + 21 n3 + 14 n2 .
n
S(Zn ) = k=1 k 3 h4 = n14 14 n4 + 12 n3 + 14 n2 → 41 .
R1
1
Allgemeiner: 0 xn dx = n+1
Satz 7.5 Jede im Intervall I = [a, b] beschränkte Funktion, die höchstens an endlich
vielen Stellen unstetig ist, ist integrierbar. Jede monotone Funktion ist integrierbar.
Beweis 7.5 Sei f : I → R zunächst stetig. Da I kompakt, ist f gleichmässig stetig,
also
|f (x) − f (y)| < ∀x,y |x − y| < δ.
Sei (Zn ) mit |Zn | P
→ 0. Für |Zn | < δ gilt daherPMk − mk < , also
n
n
S(Zn ) − s(Zn ) = k=1 (Mn,k − mn,k )|Ik | < k=1 |In,k | = (b − a)
Nach Satz 7.4 ist f integrierbar.
Sei nun |f (x)| ≤ K, f in y1 ,P
. . . , ym unstetig. Schliesse die Unstetigkeitsstellen
m
0
in Intervalle I10 , . . . , Im
ein, mit k=1 |Ik0 | = I10
I20
-x
[]
[]
y2
b
a
y1
Es
Pmgilt dann
Pm
0
0
0
0
k=1 (Mk − mk )|Ik | ≤
k=1 2K|Ik | = 2K.
Sei f monoton, zum Beispiel monoton wachsend. Dann ist
f (a) ≤ f (x) ≤ f (b), ∀x ∈ I
also |f (x)| ≤ K, K = max(|f (a)|, |f (b)|).
Es gilt mk = f (xk−1 ) und Mk = f (xk ), für eine äquidistante Zerlegung mit
|Ik | = k:
7.1. EIGENSCHAFTEN DES INTEGRALS
S(Z) − s(Z) =
X
(Mk − mk )h = h ·
k
n
X
57
f (xk ) − f (xk−1 ) =
k=1
= h · (f (b) − f (a)) → 0.
]
Bemerkung: Der Satz ist nicht ganz scharf. Wenn f zum Beispiel abzählbar viele
Unstetigkeitspunkte hat, ist f integrierbar. (siehe Analysis III).
Nach der Darboux Definition (1854) ist f integrierbar, wenn supZ s(Z, f ) = inf Z S(Z, f ).
Die Riemannsche Definition ist dazu äquivalent:
Sei Z eine Zerlegung mit Punkten
x0 , . . . , xn . ξ1 , . . . , ξn seien Zwischenpunkte, das heisst ξi ∈ [xi−1 , xi ]. Dann ist die
Riemannsche Summe:
σ(Z, ξ) =
n
X
a
ξ
1
x1
ξ
2
x2
ξ
3
b
x
Abbildung 7.2: Zur Definition
der Riemannschen Summe
fk (ξk )|Ik |
k=1
wobei ξ = (ξ1 , . . . , ξn ).
Satz 7.6 Eine Funktion f ist genau dann (Darboux) integrierbar mit Integral
Rb
f (x) dx, wenn f Riemann integrierbar ist, das heisst wenn für jede Zerlegungsa
nullfolge Zn bei beliebiger Wahl von ξ n
σ(Zn , ξ n ) →
Z
b
f (x) dx
a
Beweis 7.6 (nur für f stetig) Zn bestehe aus Teilintervallen In,k . Für |Zn |
genügend klein folgt aus der gleichmässigen Stetigkeit von f
|f (x) − f (y)| < ∀x, y ∈ In,k
Für x = ξkn , y = Argument des Minimums von f über In,k :
|f (x) − f (y)| < und |σ(Z, ξ) − s(Z)| < (b − a)
Analog für S(Z). ]
pQn
Beispiel 7.3 Wogegen konvergiert an = n1 n k=1 (n + k)?
So, erstmal wird der
Pnln des Ausdrucks bestimmt:
Pn
ln an = − ln n + n1 k=1 ln(n + k) = n1 k=1 ln n+k
n
Das ist eine Riemannsche Summe für ln x im Intervall I = [1, 2] mit xk = 1 + nk ,
k = 0, . . . , n und ξk = xk , k = 1, . . . , n.
R2
Aus Satz 7.6 folgt ln an → 1 ln x dx. Da die exp-Funktion stetig ist folgt: an →
R2
e 1 ln x dx .
7.1
Eigenschaften des Integrals
Definition 7.3 Sei D ⊂ R. Eine Funktion ϕ : D → R heisst lipschitzstetig, wenn
|ϕ(x) − ϕ(y)| ≤ L|x − y|
L heisst dann Lipschitzkonstante.
Die Längenverzerrung, die eine Teilstrecke [a, b] erfährt, ist beschränkt. Eine
Lipschitzfunktion ist stetig, weil für xn → ξ folgt: f (xn ) → f (ξ).
58
KAPITEL 7. DAS RIEMANNSCHE INTEGRAL
√
Beispiel 7.4 (i) f (x) = x, D = [0, 1]. Wähle x = 0, y = 0.
√ !
y < Ly ∀y ∈ [0, 1]. Also ist f zwar stetig, aber nicht lipschitzstetig.
(ii) f (x) = x2
|f (x) − f (y)| = |x2 − y 2 | = |x + y||x − y|
Für D = R ist f nicht lipschitz, mit einer beschränkten Definitionsmenge D
gilt dagegen: L = 2K, wenn |x| ≤ K für x ∈ D.
Definition 7.4 R(I) = {f : I → R : f beschränkt und über I integrierbar}
Rb
Satz 7.7 (i) R(I) ist eine Funktionenalgebra. Der Operator a (·) ist linear auf
R(I), das heisst
Z b
Z b
Z b
(αf (x) + βg(x)) dx = α
f (x) dx + β
g(x) dx
a
a
a
(ii) Ist f ∈ R(I), ϕ lipschitzstetig auf dem Bildbereich von f , so ist ϕ(f ) ∈ R(I).
(iii) Mit f, g ∈ R(I) ist auch f + = max(f, 0), f − = max(−f, 0), |f |, f · g,
min(f, g), max(f, g) in R(I). Falls f (x) ≥ δ > 0 in I, so ist auch f1 ∈ R(I).
(iv) Ändert man f an endlich vielen Punkten ab, so verändert sich J∗ (f ) und
J ∗ (f ) nicht. Insbesondere bleibt eine integrierbare Funktion integrierbar mit
gleichem Integral.
Beweis 7.7
(i) σ(Z, ξ, f ) ist linear in f , also
σ(Z, ξ, αf + βg) = α σ(Z, ξ, f ) + β σZ, ξ, g
↓
↓
Rb
Rb
f
dx
g
dx
a
a
für eine beliebige Zerlegungsnullfolge. f g ist (iii).
(ii) Wegen |ϕ(f (x)) − ϕ(f (y))| ≤ L|f (x) − f (y)| gilt für eine Zerlegung mit
S(Z, f ) − s(Z, f ) < , dass S(Z, ϕ(f )) − s(Z, ϕ(f )) < L.
Die Behauptung folgt aus Satz 7.4.
(iii) Betrachte die folgende Funktion:
ϕ(y)
y
Diese Funktion ϕ(f ) = f + . Die Funktion ϕ ist lipschitz mit der Konstante 1.
Ist f ∈ R(I) so ist auch ϕ(f ) = f + ∈ R(I) nach (ii). Für f − analog. |f | =
f + + f −.
Sei f ∈ R(I) und |f | ≤ K. Die Funktion ϕ(y) = y 2 ist lipschitz auf [−K, K].
(siehe Beispiel (ii)). Daher ist ϕ(f ) = f 2 ∈ R(I) nach (ii). Es gilt 4f g =
(f + g)2 − (f − g)2 ∈ R(I), also auch f g ∈ R(I).
Die Funktion max(f, g) = f + (g − f )+ ∈ R(I), min(f, g) analog.
Sei f (x) ≥ δ > 0. Setze ϕ(y) = y1 . Dann ist |ϕ(y) − ϕ(z)| = y1 − z1 = z−y
yz ≤
1
δ 2 |z
− y| für y, z ≥ δ. Nach (ii) ist auch ϕ(f ) =
1
f
∈ R(I).
7.2. MITTELWERTSÄTZE
59
(iv) zeigt man wie in Beweis von Satz 7.5
Satz 7.8 Ist f, g ∈ R(i) und f ≤ g in I, so ist
Z
Z
f (x) dx ≤ g(x) dx
I
I
insbesondere
Z
Z
f (x) dx ≤ |f (x)| dx
I
und
i
Z
f (x) dx ≤ K|I| falls |f | ≤ K.
I
Beweis 7.8 Sei f ≤ g ⇒ s(Z, f ) ≤ s(Z, g). f ≤ |f | und |f | ist integrierbar.
|f | ≤ K = g ist auch integrierbar. ]
7.2
Mittelwertsätze
Es gilt mit Satz 7.8 auch
Z
1
f (x) dx
b−a I
|
{z
}
inf f (x) ≤
(7.1)
I
≤ sup f (x)
I
(Integral-)Mittelwert von f
a
Fläche (Integral)
inf f(b-a)
sup f(b-a)
b
Satz 7.9 (Mittelwertsatz der Integralrechnung) Ist f stetig auf I = [a, b], so
gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
Z b
1
f (x) dx
f (ξ) =
b−a a
Rb
1
Beweis 7.9 Wende den Zwischenwertsatz auf f (x) − b−a
f (x) dx an, verwende
a
(7.1) (Infimum und Supremum in (7.1) wird für stetiges f angenommen).
Satz 7.10 (Verallgemeinerter Mittelwertsatz) Seien f, g ∈ R(I), f stetig,
g ≥ 0 in I. Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
Z b
Z b
f (ξ)
g(x) dx =
f (x)g(x) dx.
a
a
Vorsicht: g ≥ 0 (oder auch g ≤ 0) ist entscheidend, betrache zum Beispiel
I = [−1, 1], g(x) = x, f (x) = x + 1.
Beweis 7.10 Es gilt min f (x)g(x) ≤ f (x)g(x) ≤ max f (x)g(x). Nach Satz 7.8 lässt
sich dies über
R x integrieren:
R
R
min f (x) I g(x) dx ≤ I f (x)g(x) dx ≤ max f (x) I g(x) dx
Analog zum vorigen Beweis folgt die Behauptung aus dem Zwischenwertsatz.
]
60
KAPITEL 7. DAS RIEMANNSCHE INTEGRAL
7.3
Gliedweise Integration
Satz 7.11 Seien fn ∈ R(I), fn → f gleichmässig. Dann ist auch f integrierbar
und
Z
Z
Z
f (x) dx =
lim fn (x) dx = lim
fn (x) dx
I n→∞
I
n→∞
I
Beweis 7.11 Zu > 0 gibt es ein n ∈ N mit fn (x) − ≤ f (x) ≤ fn (x) + für alle
x ∈ I = [a, b].
Da fn integrierbar ist, gibt es eine Zerlegung Z mit S(Z, fn ) − s(Z, fn ) < . Mit
S(Z, ) − s(Z, ) = (b − a) folgt
S(Z, f ) − s(Z, f ) ≤ S(Z, fn ) − s(Z, fn ) + 2(b − a) ≤ + 2(b − a)
Nach Satz 7.4 ist f integrierbar.
Bei Potenzreihen: Da diese im Inneren des Konvergenzbereichs gleichmässig
konvergieren, können wir dort Integration und Grenzwertbildung vertauschen.
Beispiel 7.5 (i) Betrachte die Funktion ex . Verwende
an+1 ). Für das Integral gilt:
Z b
Z bX
∞ Z b n
∞
X
xn
x
x
dx =
dx
e dx =
S-7.11
n!
n!
a
a n=0
n=0 a
=
Rb
a
xn dx =
1
n+1
n+1 (b
∞
X
bn+1 − an+1
= (eb − 1) − (ea − 1)
(n
+
1)!
n=0
= eb − ea
Z
(ii)
b
sin x dx =
a
b
∞
X
(−1)n x2n+1
(−1)n x2n+2 dx =
(2n + 1)!
(2n + 2)! n=0
n=0
∞
bX
Z
a
a
∞
X
(−1)n (b2n+2 − a2n+2 )
=
= (− cos b − 1) − (cos a − 1)
(2n + 2)!
n=0
= − cos b + cos a
7.4
Stammfunktionen
Wenn f ∈ R(I), I = [a, b] und c ∈ [a, b] dann ist
Z
(7.2)
c
Z
f (x) dx +
a
b
Z
b
f (x) dx
f (x) dx =
c
a
Definition 7.5 Falls f ∈ R([a, b]), setze
Z
a
Z
f (x) dx := −
b
b
f (x) dx
a
(Das Integral bekommt sozusagen eine Orientierung)
Definition 7.6 Sei f ∈ R([a, b]) und u ∈ [a, b].
Z x
F (x) :=
f (x) dx
u
heisst (eine) Stammfunktion von f .
−
7.4. STAMMFUNKTIONEN
Es gilt dann:
Rd
61
f (x) dx = F (d) − F (c) für a ≤ c und d ≤ b.
c
Beweis 7.12
F(d)
F(c),
F(d)
-F(c), weil c < u
a
c
u
d
b
a u
c
d
b
Dritter Fall analog.
Satz 7.12 Sei f ∈ R(I), F eine Stammfunktion von f . Dann ist F lipschitzstetig:
|F (x) − F (y)| ≤ K|x − y|
mit K = supx∈I |f (x)|. Ist f nichtnegativ, so ist F monoton wachsend.
Rx
Beweis 7.13 F (x) = u f (x) dx
R x R y
7.2 R x
|F (x) − F (y)| = u − u f (x) dx = y f (x) dx
]
= sup |f ||x − y|
Beispiel 7.6
(i) Integralsinus
Z xX
∞
∞
X
(−1)n ξ 2n
(−1)n ξ 2n+1
sin ξ
dξ =
dξ =
Si(x) =
ξ
(2n + 1)(2n + 1)!
0 n=0 (2n + 1)!
0
n=0
Z
x
(ii) Das Fehlerintegral
Z x
Z xX
∞
2
2
2
(−1)n t2n
Φ(x) = √
e−t dt = √
=
n!
π 0
π 0 n=0
∞
2 X
x2n+1
=√
(−1)n
(2n + 1)n!
π n=0
Kapitel 8
Differentiation
Beispiel 8.1
s
s
s(t) = zurückgelegter Weg
t
t0
t1
t
Wenn s linear ist, dann ist s(t)
t = const = Geschwindigkeit.
s(t1 )−s(t0 )
= Durchschnittsgeschwindigkeit in [t0 , t1 ]. Geht t1 gegen t0 , so wird
t1 −t0
die Durchschnittsgeschwindigkeit allmählich zur Momentangeschwindigkeit.
Definition 8.1 Sei f eine Funktion.
∆f
f (x) − f (ξ)
Gegenkathete
=
=
= tan α
∆x
x−ξ
Ankathete
m=
heisst Differenzenquotient. Er gibt die Steigung der Sekanten durch A, B an.
B
α
A
ξ
∆f
∆x
x
Definition 8.2 Sei f in einer Umgebung von ξ definiert. f heisst in ξ differenzierbar, wenn der Grenzwert
f 0 (ξ) = lim
x→ξ
f (x) − f (ξ)
f (ξ + h) − f (ξ)
= lim
h→0
x−ξ
h
existiert. f 0 (ξ) heisst dann Ableitung von f in ξ.
Physikalisch ist f 0 (ξ) die Momentangeschwindigkeit (vergleiche Beispiel). Geometrisch gibt f 0 (ξ) die Steigung der Tangenten im Punkt (ξ, f (ξ)) an. Die Tangentengleichung ist:
62
63
y(x) = f (ξ) + f 0 (ξ)(x − ξ)
(aus den Bedingungen: y(ξ) = f (ξ), y 0 (ξ) = f 0 (ξ), y(x) soll linear sein.)
Beispiel 8.2
1
h (f (x
(i) f (x) = ax + b
+ h) − f (x)) = h1 (a(x + h) + b − (ax + b)) =
ah
h
= a → a.
(ii) f (ξ) = eξ
1 ξ+h
h (e
eh −1
h
− eξ ) = eξ
=
eh −1
h
1+h+ 12 h2 +···−1
−→
h
h→0
1.
Also ist (eξ )0 = eξ .
Definition 8.3 Definiere die einseitigen Ableitungen
f (ξ + h) − f (ξ)
h
f
(ξ
+
h)
− f (ξ)
0
f−
(ξ) = lim−
h
h→0
0
f+
(ξ) = lim
h→0+
rechtsseitige Ableitung
linksseitige Ableitung
0
0
0
0
Wenn f+
(ξ), f−
(ξ) existieren und f+
= f−
, so ist f differenzierbar.
Beispiel 8.3 f (x) = |x|
0
f+
(0) = limh→0+ 0+h−0
=1
h
0
f−
(0) = limh→0− |0+h|−0
= −1
h
Satz 8.1 Sei f in ξ differenzierbar. Dann erfüllt f eine lokale Lipschitzbedingung
|f (x) − f (ξ)| ≤ K|x − ξ|
für x in einer Umgebunga von ξ. Insbesondere ist f stetig in ξ. Ist f 0 (ξ) > 0, so gilt
f (ξ − h) < f (ξ) < f (ξ + h)
(8.1)
für genügend kleines h > 0.
(ξ) Beweis 8.1 Es gilt f (x)−f
≤ |f 0 (ξ)| + 1 =: K für genügend kleines |x − ξ|.
x−ξ
Wenn f 0 (ξ) > 0, so
f (x)−f (ξ)
x−ξ
> 0 für |x − ξ| genügend klein.
Satz 8.2 Die Funktion f besitze in ξ ein lokales Maximum oder Minimum, das
heisst f (ξ) T f (x) für x in einer Umgebung von ξ. Wenn f in ξ differenzierbar, so
gilt f 0 (ξ) = 0.
Beweis 8.2 Folgt direkt aus (8.1).
Satz 8.3 Seien f, g in ξ differenzierbar. Dann sind auch λf, λ ∈ R; f + g; f · g;
(sofern g(ξ) 6= 0) differenzierbar und es gilt:
(i) (λf (ξ) + µg(ξ))0 = λf 0 (ξ) − µg 0 (ξ)
(ii) (f g)0 (ξ) = f 0 (ξ)g(ξ) + f (ξ)g 0 (ξ)
a Wenn
(Linearität)
(Produktregel)
es heisst Umgebung, ist immer eine genügend kleine Umgebung gemeint.
f
g
64
KAPITEL 8. DIFFERENTIATION
0
f
f 0 (ξ)g(ξ) − f (ξ)g 0 (ξ)
(iii)
(ξ) =
g
g 2 (ξ)
0
−f 0 (ξ)
1
(ξ) = 2
insbesondere
f
f (ξ)
Beweis 8.3
(ii)
(Quotientenregel)
(i) Is klar!
f (ξ + h)g(ξ + h) − f (ξ)g(ξ)
=
h
1
f (ξ + h)g(ξ + h) − f (ξ)g(ξ + h) + f (ξ)g(ξ + h) − f (ξ)g(ξ) =
h
1
1
= g(ξ + h) f (ξ + h) − f (ξ) + f (ξ) g(ξ + h) − g(ξ)
h
h
−→ g(ξ)f 0 (ξ) + g 0 (ξ)f (ξ)
Satz 8.1
(iii)
1 f (ξ) − f (ξ + h)
=
h f (ξ + h)f (ξ)
1
f (ξ) − f (ξ + h)
=
·
f (ξ + h)f (ξ)
h
↓
f (ξ) 6= 0, Satz 8.1 ↓
0
1
−f
(ξ)
f 2 (ξ)
0 0
Die Quotientenregel folgt dann aus der Produktregel: fg = f · g1 .
1
h
1
1
−
f (ξ + h) f (ξ)
=
Satz 8.4 Sei f : I → R, g : J → R, f (I) ⊂ J. Wenn f in ξ differenzierbar, g in
f (ξ) differenzierbar, ist h = g ◦ f von ξ differenzierbar mit
h0 (ξ) = g 0 (f (ξ)) · f 0 (ξ) = g 0 (y)|y=f (ξ) · f 0 (ξ)
(entspricht: äussere Ableitung mal innere Ableitung)
Beweis 8.4 Sei zunächst f 0 (ξ) 6= 0. Sei xn → ξ. Da f in ξ stetig ist, gilt: f (xn ) =
yn → f (ξ) = y. Da xn 6= ξ ist nach
Satz 8.1 yn 6= y.
g(y
)
−
g(y)
f (xn ) − f (ξ)
h(xn ) − h(ξ)
n
=
→ g 0 (f (ξ))f 0 (ξ)
xn − ξ
(yn − y) (xn − ξ)
0
Für
den 1. Teil von
f (ξ) = 0 verwende
Satz 8.1:
h(x) − h(ξ) g(f (x)) − g(f (ξ)) =
x−ξ
x−ξ
]
f (x) − f (ξ) → 0.
≤ K · x−ξ
Satz 8.1
(i) (xn )0 = n · xn−1 , n ∈ N. Der Beweis erfolgt durch Induktion:
Beispiel 8.4
n = 0: (x0 )0 = 10 = 0; passt.
n → n + 1: (xn+1 )0 = (x · xn ) = 1 · xn + x · n · xn−1 = (n + 1)xn
0
0 n
n−1
(ii) (x−n )0 = x1n = 1 ·x −1·nx
= −nx−n−1
x2n
(iii) (f (x))n
(iv) e(e
x
) 0
0
n−1 0
= (z n )0 |z=f (x) = n · z n−1 z 0 = n f (x)
f (x)
= (ez )0 |z=ex = ez · z 0 = e(e
x
)
· ex
8.1. MITTELWERTSÄTZE
65
Satz 8.5 Sei f im Intervall I stetig und streng monoton. Ist die Umkehrfunktion
ϕ := f (−1) in η = f (ξ) differenzierbar mit ϕ0 (η) 6= 0, so ist f in ξ differenzierbar
und
df
1
(ξ) = dϕ
dx
dy (η)
oder
f 0 (ξ) =
1
ϕ0 (f (ξ))
Beweis 8.5 Sei xn → ξ, xn 6= ξ. Analog zum Beweis des letzten Satzes ist wieder
yn = f (xn ) → η, yn 6= η.
f (xn ) − f (ξ)
yn − η
=
(gilt, weil xn = ϕ(yn ): Umkehrfunktion)
xn − ξ
ϕ(yn ) − ϕ(η)

]
1 
→ 0 
ϕ (η) η=f (ξ)
Merkregeln: Schreibe f 0 =
df
dx
(= lim ∆f
∆x )
=
dg
dy
·
Für Umkehrfunktion f (ϕ(x))0 :
df
dx
=
Für Kettenregel g(y(x)):
dg
dx
dy
dx
1
dx
df
(i) Uns bereits bekannt ist, dass (ey )0 = ey . Dementsprechend gilt:
1
1
1
= lnx =
(ln x)0 = y 0
(e ) |y=ln x
e
x
Beispiel 8.5
(ii) xα = (elnx )α = eα ln x für x > 0.
Also (xα )0 = (eα ln x )0 = (ez )0 = ez · z 0 = eα ln x ·
α
x
= xα ·
α
x
= α · xα−1 .
]
Formal stimmt Satz 8.5 mit der Kettenregel überein:
ϕ(f (x)) = x
?f,g diff.?
⇐⇒
ϕ0 (y)6=0
ϕ0 (y)f 0 (x) = 1 ⇐⇒ f 0 (x) =
1
ϕ(y)
√
Beispiel 8.6 Betrachte f (x) = x.
√
√ √
√
1
Es gilt ( x)2 = x ⇒ 2 x( x)0 = 1 ⇒ ( x)0 = √ .
2 x
8.1
Mittelwertsätze
Satz 8.6 (Satz von Rolle) Sei f in [a, b] stetig, in (a, b) differenzierbar und
f (a) = f (b). Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit f 0 (ξ) = 0.
Beweis 8.6 Wenn f = const, so ist f 0 (x) = 0 für alle x. Sei also f 6= const, oBdA
sei x ein Punkt mit f (x) > f (a). Dann nimmt f das Maximum im Inneren des
Intervalls an. Nach Satz 8.2 ist f 0 (ξ) = 0. ]
Satz 8.7 (Mittelwertsatz der Differentialrechnung) Sei f in [a, b] stetig, in
(a, b) differenzierbar. Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
f (b) − f (a)
= f 0 (ξ)
b−a
66
KAPITEL 8. DIFFERENTIATION
ξ
a
b
x
Beweis 8.7 Setze g(x) := f (x) − α(x − a) mit α =
also 0 = g 0 (ξ) = f 0 (ξ) − α. ]
f (b)−f (a)
.
b−a
Es gilt g(a) = g(b),
Satz 8.8 (Verallgemeinerter Mittelwertsatz, Cauchy) Die Funktionen f, g
seien in [a, b] stetig, in (a, b) differenzierbar. Ferner sei g 0 (x) 6= 0 in [a, b). Dann
gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
f (b) − f (a)
f 0 (ξ)
= 0
g(b) − g(a)
g (ξ)
Beweis 8.8 Es ist g(b) 6= g(a) wegen Satz von Rolle. Setze h(x) = f (x) − α(g(x) −
(b)−f (a)
g(a)) mit α = fg(b)−g(a)
. Weiter wie in Beweis zu Satz 8.7. ]
8.2
Hauptsätze
Satz 8.9 (1.Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung) Die Funktion f sei in [a, b] integrierbar, in ξ ∈ [a, b] stetig. Dann ist
Z x
F (x) =
f (t) dt, c ∈ [a, b]
c
0
in ξ differenzierbar mit F (ξ) = f (ξ.
Beweis 8.9
1
1
f (ξ + h) − F (ξ) =
h
h
Z
ξ+h
f (t) dt
ξ
Z
1 ξ+h
1
F (ξ + h) − F (ξ) − f (ξ) =
f (t) − f (ξ) dt
⇐⇒
h
h ξ
Da f in ξ stetig, ist |f (t) − f (ξ)| < für |h| genügend klein. Für diese h ist
Z ξ
1
F (ξ + h) − F (ξ) − f (ξ) = 1
|f (t) − f (ξ)| dt
h
h
ξ
1
< · h · = → 0. ]
h
Bemerkung: Wenn f stetig in [a, b] ist, verwende einfacher den Mittelwertsatz:
Z
1 ξ+h
1
1
f (t) dt
=
F (ξ + h) − F (ξ) =
· hf (t0 ) → f (ξ)
Mittelwertsatz h
h
h ξ
Satz 8.10 (2.Hauptsatz) Sei F in [a, b] stetig differenzierbar, das heisst F ist
differenzierbar mit stetiger Ableitungsfunktion F 0 . Dann
Z b
F (b) − F (a) =
F 0 (t) dt,
a
oder auch
Z
F (x) = F (c) +
c
x
F 0 (t) dt.
8.3. HÖHERE ABLEITUNGEN
67
Rx
Beweis 8.10 Sei G(x) = a F 0 (t) dt. G ist nach Satz 8.9 stetig differenzierbar mit
G0 (x) = F 0 (x). Für H(x) = G(x)−F (x) folgt aus dem Mittelwertsatz wegen H 0 = 0:
H(x) = const = G(a) − F (a)
⇐⇒ G(x) − F (x) = −F (a)
⇒ G(x) = F (x) − F (a)
8.3
Höhere Ableitungen
Ist f auf [a, b] differenzierbar, so ist f 0 ebenfalls auf [a, b] definiert und kann eventuell
df
d (n−1)
, f (n) = dx
f
.
weiter differenziert werden. Notation: f 0 = dx
Beispiel 8.7
p(x) = an xn + an−1 xn−1 + · · · + a0
(i)
p0 (x) = n · an xn−1 + (n − 1)an−1 xn−2 + · · · + a1
p00 (x) = (n − 1)nan xn−2 + (n − 2)(n − 1)an−1 xn−3 + · · · + 2a2
..
.
p(n) (x) = n! an
p(n+1) (x) = 0
(ii) f (x) = eαx für α ∈ R.
f (n) (x) = αn eαx
Definition 8.4 Sei I ein beliebiges Intervall.
C m (I) = {f : I → R : f ist m-mal differenzierbar mit stetigen Ableitungen
(1)
f , . . . , f (m) }
insbesondere C(I) = C 0 (I) = stetige Funktionen auf I.
dm
dxm
:= m-ter Ableitungsoperator.
dm
m
(I) → C 0 (I) ist linear auf C m (I), das heisst (αf +
Die Funktion dx
m : C
(m)
(m)
(m)
βg)
= αf
+ βg . Daher ist C m (I) ein linearer Vektorraum. Nach der Produktregel gilt:
(f g)0 = f 0 g + f g 0
(f g)00 = f 00 g + f 0 g 0 + f 0 g 0 + f g 00 = f 00 g + 2f 0 g 0 + f g 00
(f g)000 = f 000 g + 3f 00 g 0 + 3f 0 g 00 + f g 000
Offenbar gilt also allgmein die Leibniz-Regel :
(f g)(n) =
n X
n
k=0
k
f (k) g (n−k)
Beweis 8.11 Wie bei der binomischen Formel (Satz 2.1 auf Seite 7).
]
d100
2
2
100
Beispiel 8.8 dx
sin 2x + 100
· 2x · (− cos 2x) +
100 (x sin 2x) = x · 2
1
298 (− sin 2x) = 2100 (x2 − 2475) sin x − 100x cos 2x .
8.4
100
2
·2·
Gliedweise Differentiation
Satz 8.11 Seien fn , n ∈ N stetig differenzierbar und fn → f gleichmässig. Wenn
auch fn0 → g gleichmässig konvergiert, so ist f differenzierbar mit f 0 = g oder
(lim fn )0 = lim fn0 .
68
KAPITEL 8. DIFFERENTIATION
y
1
0
x
1
1
Beispiel 8.9 fn (x) = (x2 + n1 ) 2
fn konvergiert gleichmäsig gegen |x|, aber fn0 konvergiert nicht, weil |x| nicht
differenzierbar ist.
Beweis 8.12
Rx
a
g(t) dt = limn→∞
Rx
a
7.11
fn0 (t) dt = limn→∞ fn (x) − fn (a) =
8.10
f (b) − f (a)
Nach dem Hauptsatz ist f differenzierbar mit f 0 = g.
]
P 0 P 0
P
P 0
Analog:
fn ,
f gleichmässig konvergent ⇒
fn = fn .
P∞n
Potenzreihen: n=0 an xn
P∞
P∞
Wie ist der Radius von n=1 nan xn−1 = n=0 (n + 1)an+1 xn ?
p
p
√
Betrachten wir also n (n + 1)|an+1 | = n n + 1 n |an+1 |
√
√
√
√
√
Es gilt n n + 1 ≥ 1 sowie n n + 1 ≤ n 2n = n 2 n n → 1. Zusammen ergibt sich:
√
n
n + 1 → 1.
p
p
p
p
n+1
n+1
n
|an+1 | = n+1 |an+1 | n . Also ist lim sup n |an | = lim sup n+1 |an+1 | n
Also: Eine Potenzreihe ist in ihrem Konvergenzbereich unendlich oft differenzierbar und kann dort gliedweise differenziert werden. Alle Ableitungen haben den
gleichen Konvergenzradius wie die Ausgangsreihe.
Beispiel 8.10
(i) sin x =
P∞
n=0
(−1)n x2n+1
(2n+1)!
(sin x)0 =
P∞
(−1)n (2n+1)x2n
(2n+1)!
(cos x)0 =
P∞
(−1)n x2n−1
(2n−1)!
n=0
n=1
=
P∞
n=0
(−1)n x2n
(2n)!
= cos x
= − sin x
(ii) (tan x)0 =
sin x 0
cos x
=
cos x·cos x−sin x(− sin x)
cos2 x
=
1
cos2 x
= 1 + tan2 x
(cot x)0 =
cos x 0
sin x
=
sin x(− sin x)−cos x·cos x
sin2 x
=
−1
sin2 x
= −1 − cot2 x
(iii) (arcsin x)0 =
(arccos x)0 =
1 cos y =√
y=arcsin x
−1 sin y 1
1−sin2 (arcsin x)
=√
y=arccos x
(iv) (arctan x)0 =
1
1+tan2 y
=
1
1+x2
(arccot x)0 =
−1
1+cot2 y
=
−1
1+x2
−1
1−cos2 (arccos x)
√ 1
1−x2
=
=
√ −1
1−x2
(v) (sinh x)0 = cosh x, (cosh x)0 = sinh x
(vi) (xa )0 = ((eln x )a )0 = (ea ln x )0 = ea ln x ·
a
x
= axa ·
1
x
(vii) (xx )0 = (ex ln x )0 = ex ln x (ln x + 1) = xx (ln x + 1)
= axa−1 , a 6= 0, x > 0.
8.5. INTEGRATIONSTECHNIKEN
8.5
69
Integrationstechniken
Definition 8.5 Die Funktion f sei integrierbar. Jede Funktion F mit F 0 = f heisst
Stammfunktion von f .
R
Hierfür schreibt man oft F (x) = f (x) dx und bezeichnet dies als unbestimmtes
Integral.
Wenn F und G (verschiedene) Stammfunktionen von f sind, so ist F 0 = G0 und
nach dem Mittelwertsatz ist F (x) = G(x) + const. Zwei Stammfunktionen unterscheiden sich also nur durch eine Konstante. Nach Satz 8.9 gilt für jede Stammfunktion
Z b
b
F (x)a := F (b) − F (a) =
f (x) dx.
a
Funktionf
Stammfunktion F
1
· xα+1
α+1
ln |x + a|
xα
1
x+a
1
1 + x2
1
1 − x2
1
√
1 − x2
1
√
1 + x2
1
√
2
x −1
ex
arctan x
1 x + 1 ln 2
x − 1
x 6= −a
−1 < x < 1
ln(x +
p
ln |x +
p
x2 − 1|
x2 + 1) = Arsinh x
|x| > 1
ex
1 x
a
ln a
− cos x
sin x
− ln | cos x|
ln | sin x|
cosh x
sinh x
ln cosh x
ln | sinh x|
sin x
cos x
tan x
cot x
sinh x
cosh x
tanh x
coth x
1
cos2 x
1
sin2 x
α 6= 1, x > 0
x 6= ±1
arcsin x
ax
Bemerkung
a>0
x 6= (k + 12 )π, k ∈ Z
x 6= kπ, k ∈ Z
x 6= 0
tan x
x 6= (k + 12 )π, k ∈ Z
− cot x
x 6= kπ, k ∈ Z
Tabelle 8.1: Einige wichtige Stammfunktionen im Überblick
Satz 8.12 (Partielle Integration) Die Funktionen f, g seien in [a, b] differenzierbar mit Ableitungen f 0 , g 0 . Dann ist
Z
b
0
Z
f (x)g (x) dx = −
a
a
b
b
f 0 (x)g(x) dx + f (x)g(x)a .
70
KAPITEL 8. DIFFERENTIATION
Die unbestimmte partielle Integration ist:
Z
Z
0
f (x)g (x) dx = − f 0 (x)g(x) dx + f (x)g(x).
Beweis 8.13 Es gilt
f 0 g + f g0 .
]
d
dx (f g)
= f 0 g + f g 0 , das heisst f g ist eine Stammfunktion von
Beispiel 8.11 (i) Es ist
Z
Z
Z
Z
ln x dx = ln x · 1 dx = ln x · x0 dx = − (ln x)0 x + ln x · x
= x(ln x − 1).
(ii) Es gilt
Z
Z
Z
d
d
2
sin x dx = − sin x cos x dx =
sin x cos x dx − sin x cos x
dx
dx
Z
Z
= cos2 x dx − sin x cos x = (1 − sin2 x) dx − sin x cos x.
Z
1
Und daher folgt
sin2 x dx = (x − sin x cos x).
2
Nach dem gleichen Verfahren kann man folgende Rekursionsformel beweisen:
Z
Z
sinn dx = − sinn−1 x cos x + (n − 1) sinn−2 x cos2 x dx
Z
Z
⇐⇒ n sinn x dx = − sinn−1 x cos x + (n − 1) sinn−2 x dx.
(iii) Es ist
Z
Z
Z
d
xn ex dx = xn ex dx = −n xn−1 ex dx + xn ex
dx
Z
= n(n − 1) xn−2 ex dx + xn ex − nxn−1 ex
= xn ex − xn−1 ex + n(n − 1)xn−2 ex − · · · + (−1)n nex .
Satz 8.13 (Integration durch Substitution) Sei f eine in [a, b] stetige Funktion, ϕ in [α, β] stetig differenzierbar mit ϕ([α, β]) = [a, b], insbesondere ϕ(α) = a,
ϕ(β) = b. Dann gilt
Z b
Z β
f (ϕ(t))ϕ0 (t) dt.
f (x) dx =
a
α
Wenn nur ϕ([α, β]) ⊂ [a, b], dann gilt
Z
Z
f (x) dxx=ϕ(t) = f (ϕ(t))ϕ0 (t) dt.
Ist ϕ zusätzlich streng monoton, so gilt
Z
Z
f (x) dx = f (ϕ(t))ϕ0 (t) dtt=ϕ−1 (x) .
Bemerkung: Für die tatsächlich Berechnung gilt: Kümmer dich nicht zu sehr um
den genauen Wortlaut des Satzes, verwende lieber einfach folgendes Schema:
R
Zur Berechnung Zvon f (x) dxZ kann man entweder x = x(t) benutzen, dann
dx
0
ist dx
f (x) dx = f (x(t)) dt.
dt = x , also
dt
8.5. INTEGRATIONSTECHNIKEN
Oder man benutzt t = t(x). Dann ist
Z
dt
f (x−1 (t))
· dx.
dx
71
dt
dx
= t0 , also
Z
f (x) dx =
d
F (ϕ(t)) = f (ϕ(t)) ·
Beweis 8.14 Sei F (x) eine Stammfunktion von f . Dann gilt dt
0
ϕ (t), das heisst F̃ (t) = F (ϕ(t)) ist eine Stammfunktion von f (ϕ(t))ϕ0 (t). Nach dem
Hauptsatz gilt:
Z β
Z b
F̃ (β) − F̃ (α) =
f (ϕ(t))ϕ0 (t) dt = F (b) − F (a) =
f (x) dx.
α
a
Die ersten beiden Formeln sind damit bewiesen. Die letzte Formel ist eine Identität
in t, nämlich Z
t
f (ϕ(s))ϕ0 (s) ds.
F (ϕ(t)) =
t0
Da ϕ streng monoton ist, ersetze t durch ϕ−1 (x):
Z t
F (x) =
f (ϕ(s))ϕ0 (s) dss=ϕ−1 (x) . ]
t0
Bemerkung: Da die Überprüfung der Voraussetzung von Satz 8.13 mühsam ist,
am Ende der Rechnung eine Probe machen!
Beispiel 8.12
e3x +3
ex +1 dx berechnen.
dt
x
e . Dann ist dx
= ex , also dx
3
(i) Wir wollen
R
Dazu setzen wir t =
= e1x dx = 1t dt und es folgt
Z
Z 3x
t +3
e +3
dx
=
dt.
x
e +1
(t + 1)t
Integrale dieser Art werden wir später (mit Hilfe der Partialbruchzerlegung,
siehe Abschnitt 10.3) behandeln können.
R√
(ii) Zur Berechnung von
1 − x2 dx kann man zum Beispiel die Substitution
x(t) = cos t verwenden. (Dies bietet sich an, weil man dann die Differenz 1−x2
mit Hilfe der Additionstheoreme für die trigonometrischen Funktionen in das
Quadrat einer Funktion umwandeln kann). Dann ist dx
dt = − sin t, folglich
dx = − sin t dt. Es gilt somit
Z
Z p
1 p
1
1 − x2 dx = − sin2 t dt = (sin t cos t − t) = ( 1 − x2 · x − arccos x).
2
2
Wie in der Bemerkung erwähnt, kann man jetzt ein Probe machen, um zu
sehen, dass die (formale) Rechnung korrekt ist.
Merke: Bei Integralen, die einen Term der Form 1−x2 oder ähnliches enthalten,
kann die Substitution x = cos t oder x = sin t hilfreich sein.
R√
x2 + 1 dx an. Hier ist die Substitution
(iii) Schauen wir uns mal das Integral
dx
x(t) = sinh t mit dt = cosh t, also = cosh t · dt hilfreich. Denn mit dem
Additionstheorem 1 + sinh2 t = cosh2 t für die Hyperbelfunktionen erhalten
wir
Z p
Z
Z
d
2
x + 1 dx = cosh t cosh t dt = cosh t sinh t dt
dt
Z
= − sinh2 t dt + cosh t sinh t.
| R {z
}
t− cosh2 t dt
Also gilt
Z
p
1
1 p
cosh2 t dt = (sinh t cosh t + t) = (x 1 + x2 + ln(x + x2 + 1)).
2
2
72
KAPITEL 8. DIFFERENTIATION
Auch hier kann man durch eine Probe die Korrektheit der Rechnung überprüfen.
Merke: Bei Integralen, die einen Term der Form 1+x2 oder ähnliches enthalten,
ist oft die Substitution x = sinh t von (großem) Nutzen.
Beachte: In (i) hatten wir t = ϕ−1 (x), in (ii),(iii) hatten wir x = ϕ(t) verwendet. Beides geht!
Kapitel 9
Der Satz von Taylor
Satz 9.1 (Taylor) Es sei I ein Intervall und f ∈ C n+1 (I). Für a, x ∈ I gilt
1
1
(9.1) f (x) = f (a)+f 0 (a)(x−a)+ f 00 (a)(x−a)2 +· · ·+ f (n) (a)(x−a)n +Rn (x; a)
2
n!
mit dem Restglied
1
Rn (x; a) =
n!
x
Z
(x − t)n f (n+1) (t) dt
(Integral-Darstellung)
a
oder
Rn (x; a) =
(x − a)n+1 (n+1)
f
(ξ) mit ξ ∈ (a, x)
(n + 1)!
(Lagrange-Darstellung).
Bemerkung:
Die Funktion f (x) = Tn (a; x) + Rn (a; x) mit Tn =
Pn 1 (k)
f
(a)(x − a) besteht aus einem Polynom vom Grad höchstens n
k=1 k!
und einem Rest Rn (a; x). Für den Rest gilt: |Rn (a; x)| ≤ c|x − a|n+1 , das
heisst f ∈ C n+1 (I) lässt sich durch ein Polynom vom Grade höchstens n bis
auf einen Fehler n + 1 approximieren.
Beweis 9.1 Wende
Integration auf das Restglied Rn (x; a) an:
Z x partielle
(x − t)n (n+1)
f
(t) dt
Rn (x; a) =
n!
a
x
Z x d
n
(x − t)n (n) (n)
dt (x − t)
=−
f (t) dt +
f (t)
n!
n!
a
a
Z x
(x − t)n−1 (n)
(x − a)n (n)
=
f (t) dt −
f (a).
(n − 1)!
n!
a
Die Aussage mit der Integral-Darstellung des Integrals folgt jetzt durch Induktion
über n.
AusZdem verallgemeinerten Mittelwertsatz
7.10) erhält man darüberhinaus:
Z (Satz
x
x
(x − t)n (n+1)
(x
−
t)n
(x − a)n+1
f
(t) dt = f (n+1) (ξ)
dt = f (n+1) (ξ)
n! } | {z }
n!
(n + 1)!
a | {z
a
g(t)
f (t)
mit einem ξ ∈ (a, x).
].
Spezialfälle: Für n = 0 erhält man:
Z
f (x) = f (a) +
a
73
x
f 0 (t) dt
74
KAPITEL 9. DER SATZ VON TAYLOR
also den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung beziehungsweise mit der
Lagrange-Darstellung des Restglieds:
f (x) = f (a) + f 0 (ξ)(x − a),
also den Mittelwertsatz.
Bemerkung: Für die Integraldarstellung des Restglieds genügt die Voraussetzung f (n+1) integrierbar.
Definition 9.1 (Landausche Symbole) Die Funktionen f und g seien in einer
Umgebung des Punktes ξ definiert. Wir schreiben
f (x) = O(g(x)), x → ξ
(x) wenn fg(x)
≤ M , wobei M eine Konstante, in einer Umgebung von ξ ist und
f (x) = o(g(x)), x → ξ
falls limx→ξ
f (x)
g(x)
= 0 gilt.
Wenn zum Beispiel g(x) → 0 für x → 0, dann bedeutet f (x) = O(g(x)): f geht
”
genauso schnell gegen Null wie g“ und f (x) = o(g(x)): f geht schneller gegen Null
”
als g“.
(i) Die Schreibweise
f (x) = o(|x|), x → 0 bedeutet: ∀ > 0 ∃δ > 0
→
0.
mit |f (x) ≤ |x| oder f (x)
x Beispiel 9.1
(ii) Die Schreibweise f (x) = O(x2 ), x → ∞ bedeutet |f (x)| ≤ x2 : f geht
”
höchstens so schnell gegen ∞ wie x2 .“
So, und nachdem wir noch keine Beispiele hatten:
Beispiel 9.2 (i) Die Differenzierbarkeit einer Funktion lässt sich mit Hilfe der
Landauschen Symbole auch folgendermaßen formulieren: Eine Funktion f ist
im Punkt ξ genau dann differenzierbar, wenn es ein h(x) gibt mit f (x) =
f (ξ) + f 0 (ξ)(x − ξ) + h(x) mit h(x) = o(|x − ξ|), das heißt f (x) = f (ξ) +
o(|x − ξ|)
(ξ)
f 0 (ξ)(x−ξ)+o(|x−ξ|) oder anders geschrieben: f (x)−f
= f 0 (ξ)+
.
(x−ξ)
|x − ξ|
| {z }
→0 für x−ξ
0
Interpretation: Die Funktion f (ξ) + f (ξ)(x − ξ) (das entspricht der Tangente)
approximiert f (x) bis auf einen Fehler o(|x − ξ|).
(ii) Nach dem Satz von Taylor gilt: f (x) = Tn (x; a) + Rn (x; a), das heißt f (x) =
Tn (x; a) + O(|x − a|n+1 ), oder etwas anders formuliert: Tn approximiert f bis
”
auf einen Fehler ≤ c|x − a|n+1 .“
9.1
Numerische Differentiation
Für die numerische Berechnung
einer Ableitung benutzt man natürlich die Näherung
f 0 (ξ) ≈ h1 f (ξ + h) − f (ξ) .
Um die Konvergenzgeschwindigkeit festzustellen, verwendet man den Satz von Tay˜ 2 , also folgt |f 0 (ξ− 1 (f (ξ+h)−f (ξ))| ≤
lor. Es gilt f (ξ+h) = f (ξ)+f 0 (ξ)h+ 21 f 00 (ξ)h
h
1 00 ˜
1
00
2
2 f (ξ)h ≤ 2 M2 h mit M2 = max |f (t)|, f ∈ C .
9.2. NUMERISCHE INTEGRATION
75
Problem bei der heutigen Computergeneration: Für kleine h ist f (ξ + h) ≈ f (ξ)
num.
und damit f (ξ + h) − f (ξ) = 0. Für den Rundungsfehler r gilt: r ∈ [−M0 , M0 ]
mit : Maschinengenauigkeit (z. B. 10−6 , 2−23 ) und M0 = max |f (t)|.
0
Der Rundungsfehler
bei f (ξ + h) − f (ξ) sei r. Man erhält fnum
(ξ) = h1 f (ξ +
h) − f (ξ) + r (Dabei wird der Rundungsfehler bei Division durch h vernachlässigt)
Es gilt also:
0
0
|f 0 (ξ) − fnum
(ξ)| ≤ |f 0 (ξ) − h1 (f (ξ + h) − f (ξ))| + hr ≤ 12 M2 h + M
√ h
M0
1
Der Fehler wird√ minimal bei 2 M2 h = h ⇒ h = O( ) ⇒ |f 0 (ξ) −
0
fnum,h=O(√) | ≤ c · Alternative zur numerischen Berechnung der Ableitung:
1
f 0 (ξ) ≈ 2h
(f (ξ + h) − f (ξ − h))
Nach Taylor gilt:
˜
f (ξ ± h) = f (ξ) ± f 0 (ξ)h + 21 f 00 (ξ)h2 ± 16 h3 f 000 (ξ)
1
1 2 1 000
1 000
0
0
2h (f (ξ + h) − f (ξ − h)) = f (ξ) + 6 h 2 f (ξ1 ) − 2 f (ξ2 ) = f (ξ) + s(h) mit
1 2
000
3
|s(h)| ≤ 6 h M3 und M3 = max |f (t)| für f ∈ C .
1
0
Endergebnis: |fnum
− 2h
(f (ξ + h) − f (ξ − h))| ≤ 61 M3 h2 +
2
1
Dabei ist hopt = O( 3 ), der Fehler ist dann O( 3 ).
9.2
M0
h
Numerische Integration
Für die numerische Integration kann man zum Beispiel folgendes machen: Man
unterteile das Intervall [a, b] äquidistant, a = x0 < x1 < · · · < xn = b, das heisst
h = b−a
n und xi = a + ih (i = 0, . . . , n). Verwende nun auf jedem Teilintervall die
Mittelpunktsformel: Mi (f ) = hf (ξi ) mit ξi = 12 (xi + xi+1 ).
Die Anwendung von Taylor liefert dann:
f (x) = f (ξ) + f 0 (ξ)(x − ξ) + O(|x − ξ|2 ),
also
|Mi (f ) −
R xi+1
f (x) dx| =
x
i
R xi+1
R xi+1
R xi+1
hf (ξi ) − xi f (ξi ) dx − xi f 0 (ξi )(x − ξi ) dx − xi O(|x − ξi |2 ) dx
{z
}
|
=0
≤ ch3
Pn−1
Demnach
gilt für M (f ) = i=0 M
P
R
i (f ):
b
Pn−1 R xi+1
n−1
a f (x) dx − M (f ) ≤ i=0 xi f (t) dt − Mi (f ) ≤ i=0 ch3 = ch2
Eine Alternative ist die Trapezregel: τi = h2 f (xi ) − f (xi+1 )
Durch die Taylorentwicklung zeige: |Ti (f ) − Mi (f )| ≤ ch3
Pn−1
Analog für T (f ) = i=0 Ti (f ) = k 12 f (x0 ) + f (x1 ) + · · · + f (xn−1 ) + 21 f (xn )
Z
Z x
b
n−1
X i+1
f (t) dt − Ti (f )
f (x) dx ≤
a
i=0
≤
xi
n−1
X Z xi+1
i=0
xi
f (t) dt − Mi (f ) + |Mi (f ) − Ti (f )| ≤ ch2 .
R2
1
Beispiel 9.3 Es ist ln 2 = 1 dx
x . Wir wählen jetzt h = 4 . Dann ergibt sich f (x0 ) =
4
2
4
1
1, f (x1 ) = 5 , f (x2 ) = 3 , f (x3 ) = 7 , f (x4 ) = 2 .
Damit ist T (f ) = 14 12 · 1 + 45 + 32 + 47 + 12 · 21 = 0.697 . . . (Tatsächlich gilt
ln 2 = 0.693 . . . )
76
9.3
KAPITEL 9. DER SATZ VON TAYLOR
Taylor-Reihe
P∞
Sei f (x) = n=0 an (x − a)n eine Potenzreihe mit Enwicklungspunkt
a. Sie konverp
giert in D = {x ∈ P
R : |x − a| < r} mit 1r = L = lim supn→∞ n |an |.
Es ist f 0 (x) = n=1 nan (x − a)n−1 und damit f 0 (a) = 1 · a1 , f 00 (a) = 2 · 1 · a2 ,
allgemein f (n) (a) = n! an . Nach Taylor gilt dann für x ∈ D:
f (x) =
∞
X
f (n) (a)
(x − a)n ,
n!
n=0
Tk (x, a) =
k
X
f (n) (a)
(x − a)n
n!
n=0
da für das Restglied gilt: limn→∞ Rn (x, a) → 0 für x ∈ D. Man beachte, dass diese
Reihendarstellung nur gültig ist für x ∈ D, also nur falls limn→∞ Rn (x, a) → 0 ist.
P
Satz 9.2 Sei f (x) =
an (x − a)n in einer Umgebung des Entwicklungspunktes
konvergent. Dann stimmt das Taylorpolynom Tn (x, a) mit dem n-ten Abschnitt der
Potenzreihe überein, f (n) (a) = n! · an und
Tn (x, a) =
n
X
f (k) (a)
k=0
k!
(x − a)k .
Ist umgekehrt f ∈ C ∞ (I) und in der Taylorentwicklung von f gilt Rn (x − a) → 0
für alle x in einer Umgebung von a, so gilt:
f (x) =
∞
X
f (n) (a)
(x − a)n .
n!
n=0
Definition 9.2 Eine Funktion f ∈ C ∞ (I) heisst reell-analytisch, wenn die TaylorReihe um jeden Entwicklungspunkt a ∈ I einen positiven Konvergenzradius hat.
Beispiel 9.4
gilt ex =
(i) Die Exponentialfunktion ist eine reell-analytische Funktion. Es
P∞ (ex )(n) |x=0 n P∞ xn
x = n=0 n! .
n=0
n!
Mit Hilfe dieser Reihendarstellung lässt sich ein (beliebig genauer) Zahlenwert
ξ
ξ
1
1
für e bestimmen: Es ist e1 = 1 + 1 + 12 + 16 + 24
+ 120
+ e6! = 2.716 . . . + e7!
mit ξ ∈ (0, 1).
ξ
1
3
Weiterhin ist e6! ≤ e6! ≤ 6!
= 0.595 . . . · 10−3 · 7 = 0.0042, das heißt der
Fehler dieses Zahlenwertes liegt bereits nach 6 Reihengliedern bei nur noch
etwa 4 · 10−3 . (Tatsächlich ist e = 2.718 . . .)
Wir zeigen, dass e irrational ist. Annahme: e =
p
q
mit p, q ∈ N, q ≥ 2.
ξ
1
1
e
Die Reihenentwicklung liefert e = pq = 1 + 1!
+ · · · + q!
+ (q+1)!
mit ξ ∈ (0, 1).
1
Multiplikation mit q! und Subtraktion der Reihenglieder bis einschließlich q!· q!
auf beiden Seiten der Gleichung führt dann auf der linken Seite zu einer ganzen
eξ
3
Zahl, während auf der rechten Seite der Gleichung q+1
< q+1
übrigbleibt, ein
Widerspruch (da q + 1 ≥ 3).
(ii) Sei f (x) = ln x, wir wählen a = 1 als Entwicklungspunkt. Für die Ableitungen
gilt: f 0 (x) = x1 , f 00 (x) = −x−2 , f 000 (x) = (−2)(−1)x−3 , allgemein f (n) (x) =
(−1)n−1 (n − 1)!x−n .
k−1
P∞
P∞
Damit folgt ln x = k=1 (−1)k−1 k1 (x − 1)k und ln(x + 1) = k=1 (−1)k xk .
Hier ist der Konvergenzradius r = 1. (Vorsicht: Die Abschätzung für das
9.3. TAYLOR-REIHE
77
das Restglied in der Taylorentwicklung wurde hier unterschlagen, es gilt aber
wirklich Rn → 0 für n → ∞, wenn |x| < 1.)
Merke: Bei reell analytischen Funktionen konvergiert die Taylor-Reihe immer
bis zur nächsten komplexen Singularität.
(iii) Sei f (x) = arctan x und a = 0. Hier bietet es sich nicht an, die allgemeine n-te
Ableitung zu berechnen um eine Reihendarstellung zu erhalten. Stattdessen
1
verwendet man die geometrische Reihe, genauer: Es gilt f 0 (x) = 1+x
2 und
P∞
0
n 2n
mit der geometrischen Summenformel erhält man f (x) = k=0 (−1) x für
|x| < 1 und nach Integration samt Bestimmung der Integrationskonstanten
(man sieht schnell, dass diese 0 sein muss, wegen arctan 0 = 0) folgt arctan x =
P∞
n x2n+1
n=0 (−1) 2n+1 . Der Konvergenzradius ist r = 1.
Bestimmung von π
Die Reihendarstellung von arctan kann man nun benutzen, um π zu bestim1
men. Es ist tan π6 = √23 = √13 , und somit erhalten wir:
2
π
1
1
1
1
1
√
= √13 1 − 3·3
+ 5·3
(Formel von
2 − 7·33 + 9·34 − . . .
6 = arctan
3
Sharp)
Damit folgt π ≈
√6
3
1−
1
9
+
1
45
−
1
567
= 3.150 . . .
Kapitel 10
Ergänzungen
10.1
Die Regeln von de l’Hospital
Satz 10.1 Seien f, g in (a, b) (oder (b, a)) differenzierbar mit g 0 (x) 6= 0. Es liege
einer der Fälle vor
a) lim f (x) = lim g(x) = 0
x→a+
−
x→a+
−
b) lim g(x) = ±∞ oder −∞
+
x→a−
Dann gilt:
f 0 (x)
f (x)
= lim 0
x→a± g(x)
g (x)
x→a+
−
lim
sofern der rechte Grenzwert in R ∪ {∞} ∪ {−∞} existiert, a kann auch +∞ oder
−∞ sein.
Beweis 10.1 Zunächst kümmern wir uns um Fall a) mit a ∈ R und a < b. Die
Funktionen f, g sind in [a, a + ] stetig und in (a, a + ) differenzierbar mit g 0 6= 0.
Nach dem verallgemeinerten Mittelwertsatz 8.7 gilt (f (a) := 0, g(a) := 0):
f (x)
f (x) − f (a)
f 0 (ξ)
=
= 0 ,
g(x)
g(x) − g(a)
g (ξ)
ξ ∈ (a, x)
Mit x → a gilt auch ξ → a und es folgt die Behauptung.
Sei nun Fall a) mit a = ∞:
d
1
d 0 1
d
− t12
f 0 (x)
dx f t
dx f
t
dx f (x)
= lim d
= lim d
= lim d
lim
1
1
x→∞ g 0 (x)
x→∞
t→0+
t→0+
− t12
dx g(x)
dx g( t
dx g t
d
1
f 1t
f (x)
schon
dt f t
= lim
= lim+ d
=
lim+
1
1
x→∞ g(x)
bewiesen t→0 g
t→0
t
dt g t
0
(x)
Fall b): Sei oBdA limx→a− g(x) = ∞, g 0 (x) > 0. Sei weiterhin limx→a− fg0 (x)
=α
mit α 6= −∞ (sonst ersetze f durch −f ).
0
(x)
Für γ < α gibt es ein d < a mit fg0 (x)
> γ für d ≤ x < a. Wende wieder Satz 8.7
an:
f (x) − f (d)
f 0 (ξ)
= 0
>γ
g(x) − g(d)
g (ξ)
⇐⇒ f (x) > f (d) + γ g(x) − g(d) (weil g(x) − g(d) = g 0 (η) > 0)
⇐⇒
lim g(x)=∞
f (x)
f (d) − γg(d)
>
+γ
g(x)
g(x)
|
{z
}
→0 weil g(x)→∞
78
10.2. ABELSCHER GRENZWERTSATZ
f (x)
g(x)
Daher ist limx→a−
79
≥ γ sofern der linke Grenzwert existiert. Wenn α = ∞
f (x)
g(x) →
0
(x)
und fg0 (x)
ist, so kann γ beliebig gross gewählt werden, also
∞ für x → a− . Wenn
α ∈ R, wende das gleiche Argument für γ > α
< γ an. Erhalte dann
limx→a−
f (x)
g(x)
≤ γ.
Beides zusammen ergibt: lim
x→a−
Wenn limx→a+
−
Beispiel 10.1
f 0 (x)
g 0 (x)
eαx
,a>0
x→∞ xn
αn eαx
= lim
=∞
x→∞
n!
(i) Berechne lim
αeαx
eαx ?
=
lim
x→∞ nxn−1
x→∞ xn
x→0
]
auch unbestimmt ist, wende den Satz auf die Ableitung an.
lim
(ii) lim
f (x)
= α.
g(x)
sin x
1 − cos x ?
cos x
1
= lim
= lim
=
x→0 2x
x→0
x2
2
2
cosh x
sinh x ?
= lim
. Wie man sieht, bringt hier die Anwendung von
(iii) lim
x→∞ sinh x
x→∞ cosh x
L’Hospital herzlich wenig. Verwende stattdessen lieber die Definition der
sinh x
ex − e−x
Funktionen: lim
= lim x
= 1.
x→∞ cosh x
x→∞ e + e−x
√1
· 1 · √x12 +1 · 2x − x1
1+ x2 +1 2
+ 1) − ln x = lim
(iv) lim x ln(1 +
x→∞
x→∞
− x12
√
3
3
3
−x + x + x + x x2 + 1
−x
√
√
+ x = lim
=1
= lim
x→∞
x→∞ x2 + 1 +
x2 + 1
x2 + 1 + x2 + 1
p
x2
(v) 0 ≤ a = limπ (tan x)tan 2x . Dies ist offensichtlich ein Grenzwert der Form 1∞“,
”
x→ 4
wie gehen wir so etwas an? Ganz einfach, wir nutzen unseren besten Freund,
den Logarithmus:
ln(tan x)
?
ln a = limπ tan 2x ln(tan x) = limπ
1
x→ 4
= limπ
x→ 4
x→ 4
1
2
tan x (1 + tan x)
− tan12 2x (1 + tan2 2x)
tan 2x
2
=
= −1
−2
·2
Damit erhalten wir: limπ (tan x)tan 2x =
x→ 4
10.2
1
e
Abelscher Grenzwertsatz
P∞
Satz 10.2 Die Potenzreihe n=0 an xn habe Konvergenzradius r > 0 und konvergiere für x = r (oder x = −r). Dann konvergiert die Reihe gleichmässig in [0, r],
insbesondere ist die Grenzfunktion von links stetig in r.
lim− f (x) = f (r) =
x→r
∞
X
an rn
n=0
P
Beweis 10.2 Sei oBdA r = 1 (ansonsten betrachte einfach
an rn xn ). Die Folge
der Partialsummen
sn = a0 + a1 + · · · + an konvergiert, ist also beschränkt. Daher
P
konvergiert
sn xn für |x| < 1
80
KAPITEL 10. ERGÄNZUNGEN
(1 − x)
∞
X
sn xn =
n=0
=
∞
X
n=0
∞
X
(sn − sn−1 )xn
an xn
|x| < 1
n=0
Das gleiche Argument gilt für a0 = . . . am = 0,
∞
∞
X
X
m
rm (x) =
an xn = (1 − x)
sm
nx
n=m+1
n=m+1
mit sm
n = am+1 + · · · + an , m < n.
Sei > 0. Dann gibt es ein N , so dass |sm
n| < Kriterium)
∞
X
m n
|rm (x)| ≤ (1 − x) sn x ≤ (1 − x)
n=m+1
∞
X
∀N ≤ m < n. (Cauchy-
|x|n
n=m+1
1−x
=
(0 ≤ x < 1 :) ≤
1−x
Jetzt gilt die Behauptung, weil:
n
X
k
∀ > 0 ∃N ∀0 ≤ x < 1 ak x − f (x) < ∀ n ≥ N
k=0
n
X
∧∀ > 0 ∃N1 ak 1k − f (1) < ∀ n ≥ N1
]
k=0
Beispiel 10.2 Greife das Beispiel nach Satz 9.2 auf:
(ii) ln(x + 1) =
P∞
k=1
(−1)k−1 k
x ,
k
r=1
Nach Leibniz ist die Reihe für x = 1 konvergent, 1 −
(iii) arctan x =
1−
10.2.1
1
3
+
1
5
(−1)n 2n+1
,
n=0 2n+1 x
P∞
−
1
7
+
1
9
1
2
+
1
3
−
1
4
+ · · · = ln 2
r=1
− · · · = arctan 1 =
π
4
(Leibnizsche Reihe)
Potenzreihenmethode für Grenzwerte der Form
2
0
”0
“
e−x − 1 + x sin x
Beispiel 10.3 Gesucht ist L(a) = lim √
x→0
1 − x2 + ax2 − 1
√
1
Wir verwenden hierzu 1 + t = 1 + 2 t − 81 t2 . . . .
Für den Zähler erhalten wir: 1 − x2 + 21 x4 + O(x6 ) − 1 + x(x − 16 x3 + O(x5 )).
Der Nenner ergibt sich dementsprechend zu: 1 − 21 x2 − 81 x4 + O(x6 ) + ax2 − 1. Also
erhalten wir insgesamt:
(
( 21 − 16 x4 + O(x6 )
0
für a 6= 21
→
1
1 4
8
2
6
(a − 2 )x − 8 x + O(x )
− 3 für a = 12
(Anmerkung: x · O(x5 ) = O(x6 ) und O(x5 ) = O(x6 ))
10.3. PARTIALBRUCHZERLEGUNG
10.3
81
Partialbruchzerlegung
Satz 10.3 Seien p, q komplexe Polynome mit grad q < grad p. Dann lässt sich
in der Form
k
q(z) X
=
p(z)
i=1
ai1
ai2
aiνi
+
+ ··· +
z − ξi
(z − ξi )2
(z − ξi )νi
q(z)
p(z)
schreiben,P
wobei ξ1 , . . . , ξk Nullstellen von p(z) der Vielfachheit ν1 , . . . , νk sind. (Es
gilt dann
νj = grad p).
Die Koeffizienten aij , j = 1, . . . , νi sind in C eindeutig bestimmt.
Beweis 10.3 Durch Induktion über n = grad p.
n = 1: Passt scho!
n − 1 ⇒ n: Sei n ≥ 2. Sei weiterhin ξ Nullstelle von p vom Grade ν. Dann ist
p(z) = (z − ξ)ν s(z), ν ≥ 1 mit s(ξ) 6= 0.
q(z)s(ξ) − q(ξ)s(z)
(z − ξ)t(z)
q(z) q(ξ)
−
=
=
s(z) s(ξ)
s(z)s(ξ)
s(z)s(ξ)
Wegen grad q ≤ n − 1 und grad s ≤ n − 1 ist grad t ≤ n − 2.
t(z)
q(z)
q(ξ)
=
−
ν
ν
ν−1
(z − ξ) s(z) (z − ξ) s(ξ)
(z − ξ)
s(ξ)s(z)
|
{z
}
p
Eindeutigkeit: Wenn es zwei Zerlegungen gibt mit aij beziehungsweise bij ∈ C:
XX
XX
bij
aij
=
j
(z
−
ξ
)
(z
−
ξi )j
i
i
j
i
j
Q
Multipliziere beide Seiten mit i (z−ξ)νi und bilde z → ξi . Erhalte aiνi = biνi .
Ziehe diese Terme auf beiden Seiten ab und wiederhole das Argument. ]
10.4
Reelle Partialbruchzerlegung
Die reelle Partialbruchzerlegung leiten wir natürlich aus Satz 10.3 her. So, seien p, q
p(z)
reelle Polynome und p(z)
q(z) wie in Satz 10.3 zerlegt. Für r(z) = q(z) gilt r(z) = r(z).
Für eine reelle Nullstelle ξ gilt dann:
aij
aij
=
(z − ξi )j
(z − ξi )j
↑
↑
r(z)
r(z)
also aij = aij , das heisst aij ∈ R. Für komplex konjugierte Nullstellen ξ, ξ gilt:
aj
bj
aj
bj
+
=
+
(z − ξ)j
(z − ξ)j
(z − ξ)j
(z − ξ)j
↑
↑
r(z)
r(z)
also aj = bj , das heist (aj , aj ) sind die Koeffizienten von (ξ, ξ). Für diesen Fall
verwende
aj
aj
aj (z − xi)j + aj (z − ξ)j
+
=
j
(z − ξ)j
(z − ξ)j
(z − ξ)(z − ξ)
also: Der Zähler ist 2< aj (z − ξ)j und der Nenner ist (z 2 − 2<ξz + |ξ|2 )j ∈ R.
Es gilt somit:
82
KAPITEL 10. ERGÄNZUNGEN
aj
aj
s(z)
+
=
j
j
(z − ξ)j
t(z)
z−ξ
mit grad s = j und grad t = 2. Ergänze s(z) durch Terme niederer Ordnung,
sodass sukzessive durch (t(z))t geteilt werden kann.
2
+z+1
2z 2 +2+z−1
Beispiel: 2z
= z22+1 + zz−1
2 +1
(z 2 +1)2 =
(z 2 +1)2
q(z)
, grad p < grad q. Seien ξ1 , . . . , ξk die reellen
So, jetzt nochmal: Es sei r(z) = p(z)
Nullstellen von p mit Vielfachheiten ν1 , . . . , νk , seien z 2 + αi z + βi , αi , βi ∈ R, die
irreduziblen reellen Polynome, das heisst z 2 + αi zβi = (z − λi )(z − λi ), wobei λi , λi
die Vielfachheit µi besitzt. Dann gibt es eindeutig bestimmte aij , bij , cij ∈ R mit
k
ν
l
µi
i
XX
q(z) X X
bij z + cij
aij
=
+
j
2 + α z + β )j
p(z)
(z
−
ξ
)
(z
i
i
i
i=1 j=1
i=1 j=1
Beispiel 10.4
p(z)
z 5 + z 4 + 4z 3 + 2z 2 − z + 1
=
q(z)
(z 2 + 1)2 z
a) Ist grad p < grad q?
z(z 2 + 1)2 = z 5 + 2z 3 + z, also
p(z)
q(z)
=
z 4 +2z 3 +2z 2 −2z+1
(z 2 +1)2 z
(*)
b) Komplexe Partialbruchzerlegung
q(z) = (z + 1)2 (z − i)2 . Daher Ansatz:
p(z)
A
B
A
B
C
−1=
+
+
+
+
=
2
2
q(z)
(z + i)
(z − i)
z+i z−i
z
1
A(z − i)2 z + A(z + i)2 z + B(z 2 + 1)(z − i)z
=
q(z)
+ B(z 2 + 1)(z + 1)z + C(z 2 + 1)2 =
1
z 4 (B + B + C) + z 3 (A + A + B(−i) + Bi)
=
q(z)
+ z 2 (−2iA + 2iA + B + B + 2C) + z(−A − A − iB + iB) + C
Gleiche die Koeffizienten mit (*) ab: B + B + C = 1, . . . , C = 1. Erhalte:
A = A = 1, B = B = 0, C = 1 und somit:
p(z)
1
1
1
−1=
+
+
q(z)
(z + i)2
(z − i)2
z
c) Reelle Partialbruchzerlegung
p(z)
(z − i)2 − (z + i)2
1
(2z 2 ) − 2 1
−1=
+
=
+
q(z)
(z 2 + 1)2
z
(z 2 + 1)2
z
2
4
1
= 2
−
+
z + 1 (z 2 + 1)2
z
10.4.1
Stammfunktionen für die reelle Partialbruchzerlegung
Die wichtigen Stammfunktionen sind in Tabelle 10.1 zu sehen:
Satz 10.4 Seien p, q Polynome in den Variablen x beziehungsweise x, y beziehungsweise x, y, z und r = pq . Dann sind die folgenden Stammfunktionen elementare
Funktionen:
√
R
a) r(x, k ax + b dx
10.4. REELLE PARTIALBRUCHZERLEGUNG
83
Z
dx
= ln |x − c|
x−c
Z
dx
1
=
, n>1
(x − c)n
(1 − n)(x − c)n−1
Z
dx
2
2ax + b
= √ arctan √
, mit D = 4ac − b2 > 0,
ax2 + bx + c
D
D
(weil ax2 + bx + c keine reellen Nullstellen besitzt)
Z
Z
dx
dx
1
2ax + b
2a(2n − 1)
=
·
+
(ax2 + bx + c)n+1
nD (ax2 + bx + c)n
nD
(ax2 + bx + c)n
Z
Z
x dx
dx
1
1
b
=
−
·
−
2
n+1
2
n
2
(ax + bx + c)
an (ax + bx + c)
2a
(ax + bx + c)n+1
Tabelle 10.1: Stammfunktionen für reelle Partialbruchzerlegung
b)
R
q
dx
r x k ax+b
cx+d
c)
R
r(eαx ) dx
R
r(sinh x, cosh x) dx
R
r(sin ax, cos ax) dx
d)
√
r(x, ax2 + bx + c) dx
√
√
R
f ) r(x, ax + b, cx + d) dx
e)
R
Beweis 10.4 Grundprinzip für den Beweis ist einfach eine geschickte Substitution,
sodass man eine gebrochen rationale Funktion als Integranden erhält. Entscheidend
ist natürlich, welcher Ausdruck durch t substituiert wird:
√
k k−1
a) t = k ax + b, x = a1 tk − b und dx
dt = a t
√
R
R
k
r(x, k ax + b) dx = ka r( ta − b, t)tk−1 dt
b) t =
q
k
ax+b
cx+a ,
analog zum vorherigen.
dt
c) t = eαx , dx
= αeαx = αt ⇒ dx =
R
R
r(eαx ) dx = r(t)
αt dt
dt
αt
r(sinh x, cosh x) = r(ex , e−x ) = r̃(ex )
(Anmerkung r bzw. r̃ bedeuten hier selbstverständlich nicht sowas wie konjugiert
komplexe Zahl, sondern sollen andeuten, das wir wieder eine gebrochen rationale
Funktion in den angegebenen Variablen haben, die halt nur ein bisschen anders
aussieht.)
d) t = tan x2 , x = 2 arctan t und
Es ist cos2
x
2
dx
dt
2
1+t2
=
= (1 + tan2 x2 )−1 =
1
1+t2 ,
ausserdem sin2
2
x
2
1
t
1 − 1+t
2 = 1+t2 . Nach den Additionstheoremen gilt zudem
2
x
x
2t
sin2 x2 = 1−t
1+t2 und sin x = 2 sin 2 cos 2 = 1+t2 . Damit erhält
R
r(sin x, cos x) dx =
R
r
2
2t
1−t
1+t2 , 1+t2
2
1+t2
dt
x
2
cos2 x2
= 1 − cos2
=
cos x =
−
man dann:
84
KAPITEL 10. ERGÄNZUNGEN
e) Sei D = 4ac − b2 . So, falls D > 0: t =
2
2
2
1 + t2 = D+4a xD+4ab+b =
√
R
Damit: r(t, 1 + t2 ), dt
2ax+b
√
,
D
4a2 x2 +4abx+4ac
D
=
dx = const dt und dann
4a
2
D (ax
+ bx + c)
2
√
Falls D < 0: t = 2ax+b
, 1 − t2 = 4a
D (ax + bx + c) und man erhält:
−D
√
√
R
R
r(t, 1 − t2 ) dt oder r(t, t2 − 1) dt
Es entstehen also dann drei Fälle:
√
√
R
r(t, 1 + t2 ) dt: Dann t = sinh s, 1 + t2 = cosh s (entspricht Fall c))
√
√
R
r(t, t2 − 1) dt: Setze t = cosh s, t2 − 1 = sinh s (wieder Fall c))
√
√
R
r(t, 1 − t2 ) dt: Setze t = sin s, 1 − t2 = cos s (entspricht Fall d))
√
f) t = ax + b, dann:
q
√
√
R
R
2
2
r(x, ax + b, cx + d) dx = r t a−b , t, c t a−b + d 2t
a dt und das ist Fall
e).
Beispiel 10.5
10.5
R
ex +1
ex −e−x
dx = x
t=e
R
t+1 1
t+ 1t t
dt =
R
t+1
t2 +1
dt =
1
2
ln(t2 + 1) + arctan t
Uneigentliche Integrale
Definition 10.1 Sei f auf [a, ∞) definiert und auf [a, c] für alle c > a integrierbar.
Wenn (das uneigentliche Integral)
Z ∞
Z c
f (x) dx := lim
f (x) dx
c→∞
a
a
existiert,R so heisst f auf [a, ∞) integrierbar oder das Integral konvergiert“. Wenn
”
a
limx→∞ c f (x) dx bestimmt divergiert, so heisst auch das uneigentliche Integral
bestimmt divergent.
Anschaulich: Im letzten Fall ist der Flächeninhalt unterhalb der Kurve unendlich
gross.
Beispiel 10.6
(ii)
R∞
(iii)
R∞
1
0
dx
xa
(i)
c
Rc
= limx→∞ 1 dx
x = limc→∞ ln x 1 = ∞
c
x−a+1 1
1−a = a−1 , falls a > 1.
R∞
0
= limc→∞
dx
x
1
c
sin x dx = limc→∞ cos x0 ist divergent.
Falls f auf R definiert ist und für alle [a, b] f integrierbar ist, so setze für beliebiges a ∈ R:
Z ∞
Z a
Z ∞
f (x) dx :=
f (x) dx +
f (x) dx
−∞
−∞
a
Dies hängt Rnicht von a ab. Beide Integrale auf der rechten Seite müssen konvergie∞
ren, damit −∞ f (x) dx existiert.
R∞
Rc
Bemerkung: Cauchy hat gesetzt: −∞ f (x) dx = limc→∞ −c f (x) dx. Zum BeiR∞
Rc
spiel: −∞ x dx = limc→∞ −c x dx = 0.
10.5. UNEIGENTLICHE INTEGRALE
85
Anhang A
Index
Rn (a; x), 74, 101
Tn (a; x), 74, 101
=, 42
Q, 10, 12, 13, 92
<, 42
R, 10, 12, 13, 92
∅, 2, 103
∃, 11
∀, 11
%, 20
π, 78
&, 20
e, 21, 77
i, 42
N, 1
Arcuscosinus, 52
Arcusfunktionen, 52
Arcussinus, 52
Arcustangens, 52
Aussage, 2
Babylonisches Wurzelziehen, 20
Bernoulli-Ungleichung, 9, 91
beschrankt¿nach oben, 32
bestimmte Divergenz, 21, 104
Betrag, 9
Bewertung, 43
bijektiv, 13, 103
Binomialkoeffizient, 3
Binomische Formel, 7, 91
Bolzano-Weierstraß, 20, 93
Bruchrechnung¿Rechenregeln, 6
Abel, 80
Ableitung, 63, 108
Ableitung¿Exponentialfunktion, 64
Ableitung¿Gerade, 64
Ableitung¿Kettenregel, 65, 99
Ableitung¿Leibniz-Regel, 68
Ableitung¿linksseitige, 64, 108
Ableitung¿Logarithmus, 66
Ableitung¿Produktregel, 64, 99
Ableitung¿Quotientenregel, 65, 99
Ableitung¿rechtsseitige, 64, 108
Ableitung¿Umkehrfunktion, 66, 100
Ableitungen¿wichtige, 64–66, 69
Ableitungsoperator, 68
Abscnitt, 13, 104
absolut konvergent, 26, 41, 45, 105
Absolutbetrag, 9
Absolutbetrag¿komplexe Zahl, 43
aequidistant=aquidistant, 55, 107
Algebra, 32
alternierende Reihe, 25
analytische Funktion, 77, 109
angeordneter
Korper¿Axiomensystem, 5
Anordnungsaxiome, 8
Antisymmetrie, 1
Archimedes, 16
Archimedische Anordnung, 12, 92
Cantor¿Diagonalargument (1.), 13
Cantor¿Diagonalargument (2.), 14
Cauchy, 67, 85, 100
Cauchy-Folge, 23, 105
Cauchy-Kriterium, 26, 81
Cauchy-Kriterium¿Folge, 23, 94
CauchyKriterium¿Funktionenfolgen,
41
CauchyKriterium¿Funktionenreihen,
41
Cauchy-Kriterium¿Reihe, 26
Cauchy-Produkt, 29, 47, 105
Cauchy-Ungleichung, 14, 92
Cm=C m , 68, 108
cosh=cosh, 52
Cosinus, 47
Cosinus¿Ableitung, 69
Cosinus¿reeller, 50
Cotangens, 52
Darboux, 58
Dezimalzahl, 30
Diagonalargumen (1.), 13
Diagonalargument (2.), 14
86
87
Differentialrechnung¿Haupsatz, 67,
100
Differentiation¿gliedweise, 68
Differentiation¿numerische, 75
Differenzenquotient, 63, 108
differenzierbar, 63, 108
Dirichlet-Funktion, 34
Divergenz¿bestimmte, 21, 104
Dreiecksungleichung, 9, 19, 91
Durchschnittsgeschwindigkeit, 63
e=e, 21, 77
Element¿inverses, 5
Element¿neutrales, 1, 5
Entwicklung¿g-adische, 30
Euler, 51
Eulersche Formel, 47, 97
Eulersche Zahl, 77
exp=exp, 47
Exponentialfunktion, 47, 48, 97
Exponentialfunktion¿Ableitung, 64
fallend, 16, 104
fast alle, 17, 92
Fehlerintegral, 62
Feinheitsmass, 55, 107
Folge, 16, 104
Folge¿beschrankt, 16, 104
Folge¿Konvergenz, 16, 104
Folge¿unbeschrankt, 21
folgenkompakt, 36, 106
Folgenkriterium, 35, 38, 95
Fundamentalsatz, 44, 96
Funktion, 32
Funktion¿analytisch, 77, 109
Funktion¿monoton, 38
Funktion¿rationale, 36
Funktion¿reell-analytisch, 77, 109
Funktionenalgebra, 32, 59, 98
Funktionenfolge¿Konvergenz, 40, 106
Funktionenraum, 32
g-adische Entwicklung, 30, 30, 95
Gauß, 44, 96
Geometrische Summenformel, 7, 91
geordnet¿total, 1
Gleichheit¿Funktionen, 32
gleichmassige Konvergenz, 40, 41,
106
gliedweise Integration, 61
Grad¿eines Polynoms, 32, 105
Grenzwert, 34, 105
Grenzwert¿Eindeutigkeit, 17, 93
Grenzwerte¿Rechenregeln, 18, 93
Grenzwerte¿wichtige, 17, 18, 28, 49,
50, 77, 97
Grenzwertsatz¿Abel, 80
Gruppe, 5
Gruppe¿kommutativ, 5
harmonische Reihe, 24
harmonische Reihe¿alternierende, 26
Hauptsatz¿erster, 67, 100
Hauptsatz¿zweiter, 67, 100
Hauptwert, 52
Heavyside-Funktion, 34
Hyperbel, 53
hypothetische Aussage, 2
i=i, 42
Identitatssatz, 33, 95
Induktion, 1
Induktionsschluss, 2
Induktionsverankerung, 2
Induktionsvorraussetzung, 2
injektiv, 13, 103
Integral¿Mittelwert, 60
Integral¿Mittelwertsatz, 60, 99
Integral¿unbestimmtes, 70, 108
Integral¿uneigentliches, 85, 109
Integrale¿wichtige, 62, 70, 71, 84
Integralrechnung¿Hauptsatz, 67, 100
Integralsinus, 62
Integration¿durch Substitution, 71,
101
Integration¿gliedweise, 61
Integration¿numerische, 76
Integration¿partielle, 70, 100
Integration¿Potenzreihe, 61
integrierbar, 56, 57, 59, 98, 107
Intervalle, 9
Intervallschachtelung, 20, 93
inverses Element, 5
Kettenregel, 65, 99
kleinste obere Schranke, 10, 103
Kombinatorik, 2
kommutative Gruppe, 5
kompakt, 36
komplexe Analysis, 42
komplexe Zahl¿Absolutbetrag, 43
komplexe Zahlen, 42
komplexe Zahlen¿Rechenregeln, 43
komplexes Polynom, 44, 106
Komposition, 36, 106
konjugierte Zahl, 43
Konvergenz, 16, 45–47, 96, 97, 104
Konvergenz¿absolute, 26, 26, 41, 45,
46, 96, 97, 105, 105
Konvergenz¿Folge, 16, 104
Konvergenz¿Funktion, 34, 105
Konvergenz¿Funktionenfolge, 40, 106
Konvergenz¿gleichmassig, 40, 41, 46,
96, 97, 106
Konvergenz¿punktweise, 40, 41, 46,
106
Konvergenz¿Reihe, 24, 25, 94, 105
Konvergenz¿Teilfolge, 17, 93
88
ANHANG A. INDEX
Konvergenz¿uneigentliches Integral,
85, 109
Konvergenzkriterium, 27
Konvergenzradius, 46, 97
Korper¿angeordnet, 8, 103
Korper¿Axiome, 5
Korper¿komplexe Zahlen, 42
Korper¿rationale Zahlen, 10
Korper¿reelle Zahlen, 10
Korper¿reelle Zahlen¿Einbettung N,
11
Kriterium¿Folgen, 35, 38, 95
Kriterium¿Leibniz, 25, 94
Kriterium¿Majoranten, 27, 94
Kriterium¿Quotienten, 27, 94
Kriterium¿Riemann, 57, 98
Kriterium¿von Raabe, 28, 94
Kriterium¿Wurzel, 27, 94
l’Hospital, 79, 101
Lagrange, 74, 101
Landau-Symbole, 75, 108
leere Menge, 2, 103
Leibniz-Kriterium, 25, 94
Leibniz-Regel, 68
Leibnizsche Reihe, 81
Limes, 16, 104
Limes inferior, 22, 104
Limes superior, 22, 104
linksseitige Ableitung, 64, 108
lipschitz, 58, 107
Lipschitzkonstante, 58, 107
lipschitzstetig, 58, 107
Logarithmus, 48, 107
Logarithmus¿Ableitung, 66
Majorantenkriterium, 27, 94
Maximum, 10, 36, 96
Menge¿Haufungspunkt, 33, 105
Mengen¿Machtigkeit, 13
Minimum, 36, 96
Mittelwert¿Integral, 60
Mittelwertsatz¿Differentialrechnung,
66, 100
Mittelwertsatz¿Integralrechnung, 60,
99
Mittelwertsatz¿verallgemeinerter,
60, 67, 99, 100
Moivre, 48
Momentangeschwindigkeit, 63
monoton, 16, 104
monoton¿fallend, 16, 38, 104, 106
monoton¿steigend, 16, 104
monoton¿streng, 16, 38, 104, 106
monoton¿wachsend, 38, 106
n-te Wurzel, 11, 92
N=N, 1
N=N¿Abschnitt, 13, 104
N=N, 1
naturliche Zahlen, 1
naturliche Zahlen¿Abschnitt, 13, 104
neutrales Element, 1, 5
Norm, 9, 91
Nullstellensatz, 33, 38, 95, 96
nullteilerfrei, 6
O(x)=O(x), 75, 108
o(x)=o(x), 75, 108
obere Schranke, 10, 103
Oberintegral, 56, 107
Obersumme, 55, 107
Partialbruchzerlegung, 82, 102
Partialbruchzerlegung¿reelle, 82
Partialbruchzerlegung¿Stammfunktionen,
84
Partialsummen, 24, 105
partielle Integration, 70, 100
Pascalsches Dreieck, 3
Polardarstellung, 51
Polynom, 32, 44, 105, 106
Polynom¿Grad, 32, 105
Polynom¿komplexes, 44, 106
positiv homogen, 9, 91
positive Zahlen, 8
Potenzmenge, 3, 103
Potenzreihe, 46, 61, 69, 77, 107
Potenzreihe¿Grenzwertberechnung
mit Hilfe von, 81
Produkt¿Reihen, 29
Produktregel, 64, 99
punktweise Konvergenz, 46
Q=Q, 10, 12, 13, 92
Quantoren, 11
Quantoren¿Verneinungsregeln, 11
Quotientenkriterium, 27, 94
Quotientenregel, 65, 99
R(I)=R(I), 59, 107
R=R, 10, 12, 13, 92
Raabe, 28, 94
rationale Zahlen, 5, 12, 13, 92
Realteil, 42
Rechenregeln¿komplexe Zahlen, 43
rechtsseitige Ableitung, 64, 108
reell-analytisch, 77, 109
reelle Zahlen, 5, 12, 13, 92
Reihe, 24, 105
Reihe¿alternierend, 25
Reihe¿alternierende harmonische, 26
Reihe¿harmonische, 24
Reihe¿Konvergenz, 24, 25, 94, 105
Reihe¿Produkt, 29
Reihe¿Umordnung, 28, 105
Relation, 1
Riemann-Kriterium, 57, 98
89
Riemannsche Summe, 58
Riemannscher Umordnungssatz, 28,
95
Rolle, 66, 100
Satz von Rolle, 66, 100
Schranke¿obere, 10, 103
Sekante, 63, 108
Sharp, 78
Si=Si, 62
sinh=sinh, 52
Sinus, 47
Sinus¿Ableitung, 69
Sinus¿reeller, 50
Spiegelung¿am Einheitskreis, 44
Stammfunktion, 61, 70, 108
Stammfunktionen¿reelle
Partialbruchzerlegung, 84
Stammfunktionen¿wichtige, 70, 71,
84
steigend, 16, 104
Steigung, 63
stetig, 34, 46, 46, 97, 105, 106
stetig¿gleichmassig, 36, 106
stetig¿lipschitz, 58, 107
Stetigkeitsmodul, 39, 106
streng monoton, 16, 38, 104, 106
Substitutionsregel, 71, 101
sup, 10
Supremum, 10, 11, 91
surjektiv, 13, 103
Tangens, 52
Tangens¿Ableitung, 69
Tangente, 63
Tangentengleichung, 63
Taylor, 74, 101
Taylor-Reihe, 77
Teilfolge, 17, 104
Teilmenge, 2, 103
total geordnet, 1
Trapezregel, 76
ueberabzaehlbar=uberabzahlbar,
13, 104
Umgebung (), 16, 104
Umkehrfunktion¿Ableitung, 66, 100
Umordnung, 28, 105
unbeschrankte Folgen, 21
unbestimmtes Integral, 70, 108
uneigentliches Integral, 85, 109
Ungleichung¿Cauchy, 14, 92
Ungleichung¿Young, 14, 92
Unterintegral, 56, 107
Untersumme, 55, 107
Verallgemeinerter Mittelwertsatz, 60,
99
Verfeinerung, 55
Verneinungsregeln, 11
vollstandige Induktion, 1
wichtige¿Ableitungen, 64–66, 69
wichtige¿Grenzwerte, 17, 18, 28, 49,
50, 77, 97
wichtige¿Integrale, 62
wichtige¿Stammfunktionen, 70, 71,
84
Wurzel, 11, 51, 92
Wurzelkriterium, 27, 94
Youngsche Ungleichung, 14, 20, 92
Zahlenfolge, 16, 104
Zerlegung, 55, 107
Zerlegungsnullfolge, 56, 98
Zwischenwertsatz, 37, 96
Anhang B
Alle Sätze im Überblick
Satz 1.1 Für alle endlichen Mengen A ist |P (A)| = 2|A| .
Satz 1.2 Die Zahl
der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge ist
gegeben durch nk .
Satz 2.1 (Binomische Formel) Für alle a, b ∈ K, n ∈ N gilt:
(2.2)
n
(a + b) =
n X
n
k=0
k
an−k bk
Satz 2.2 (Geometrische Summenformel) Für alle q 6= 1 gilt:
(2.4)
n
X
k=0
qk =
1 − q n+1
1−a
Satz 2.3 Der Absolutbetrag ist eine Norm auf K, das heißt
a) |a| ≥ 0 und |a| = 0 gerade dann wenn a = 0
b) |ab| = |a||b| (positiv homogen)
c) |a + b| ≤ |a| + |b| (Dreiecksungleichung)
Satz 2.4 (Bernoulli-Ungleichung) Für a > −1 gilt
(2.7)
(1 + a)n ≥ 1 + na
für alle n ∈ N.
Satz 2.5 s0 ist genau dann Supremum von M , wenn
a) x ≤ s0 für alle x ∈ M .
b) Zu jedem > 0 gibt es ein x ∈ M mit s0 − < x
90
91
Satz 2.6 Sei n ∈ N\{0}, a ≥ 0. Dann gibt es genau ein
√
( n a)n = a
Für diese n-te Wurzel gilt:
√
n
a ∈ R.
√
n
a ≥ 0 mit
√
√
√
n
n
n
a b = ab
Satz 2.7 Die reellen Zahlen sind archimedisch angeordnet, das heißt die Menge der
natürlichen Zahlen ist unbeschränkt in R, das heißt es gibt kein s ∈ R mit
n ≤ s für alle n ∈ N
Satz 2.8 Zu a > 0, b ∈ R gibt es ein n ∈ N mit na > b.
Satz 2.9 Sei a ≥ 0. Wenn a ≤
1
n
für alle n ∈ N, so ist a = 0.
Satz 2.10 Zu a, b ∈ R mit a < b gibt es ein r ∈ Q mit
(2.8)
a<r<b
Satz 2.11 Die abzählbare Vereinigung abzählbarer Mengen ist abzählbar.
Satz 2.12 Q ist abzählbar.
Satz 2.13 Die Menge der reellen Zahlen ist überabzählbar.
Lemma 2.14 Die Menge F der unendlichen Folgen der Zahlen 0 oder 1, das ist
F = {f : N → {0; 1}}, ist überabzählbar.
Satz 2.15 (Youngsche Ungleichung) Mit ) Für a, b ∈ R, > 0 gilt
|ab| ≤
(2.10)
2
1
a + b2
2
2
Satz 2.16 (Cauchy-Ungleichung) Für a1 , . . . , an ∈ R; b1 , . . . , bn ∈ R gilt
(2.11)
n
X
i=1
ai bi ≤
n
X
! 12
a2i
i=1
n
X
! 12
b2i
i=1
Satz 3.1 Jede der folgenden Aussagen ist zu limn→∞ an = a äquivalent.
a) Zu jedem k ∈ N gibt es ein N ∈ N mit |an − a| <
1
k
für alle n ≥ N .
b) In jeder -Umgebung von a liegen fast alle“ Folgenglieder, das sind alle bis
”
auf endlich viele.
Satz 3.2 Jede konvergente Folge ist beschränkt.
92
ANHANG B. ALLE SÄTZE IM ÜBERBLICK
Satz 3.3 Wenn (an ) konvergiert, so ist der Grenzwert eindeutig bestimmt.
Satz 3.4 Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn jede Teilfolge konvergiert.
Enthält eine Folge zwei Teilfolgen, die gegen verschiedene Grenzwerte konvergieren oder eine Teilfolge, die nach oben oder unten unbeschränkt ist, so ist sie nicht
konvergent.
Satz 3.5 Seien (an ), (bn ) Folgen mit lim an = a, lim bn = b. Dann sind auch
(λan ), (an + bn ), (an · bn ), ( abnn ) (falls bn , b 6= 0) konvergent mit
a) lim λan = λ lim an
b) lim(an + bn ) = lim an + lim bn
c) lim(an bn ) = lim an · lim bn
d) lim abnn =
lim an
lim bn
Satz 3.6 Wenn (an ), (bn ) konvergent sind mit an ≤ bn , dann ist lim an ≤ lim bn .
Satz 3.7 Sei (an ) monoton wachsend/fallend und nach oben/unten beschränkt.
Dann konvergiert (an ).
Satz 3.8 (Intervallschachtelung) Seien J0 , J1 , . . . eine Folge von Intervallen
mit Jn ⊃ Jn+1
Wenn an bn die Endpunkte
T∞ von Jn sind, so sei lim(bn − an ) = 0. Dann gibt es
genau ein a ∈ R mit a ∈ n=0 Jn .
Satz 3.9 Zu jedem Häufungswert von (an ) gibt es eine Teilfolge von (an ), die gegen
den Häufungswert konvergiert.
Satz 3.10 (Bolzano-Weierstraß) Jede beschränkte Folge hat einen Häufungswert.
Korollar 3.11 Jede beschränkte Folge hat eine konvergente Teilfolge.
Satz 3.12 Die Folge an = (1 + n1 )n ist streng monoton steigend mit 2 ≤ an < 3.
Sie besitzt daher einen Grenzwert
lim an =: e
(e = 2.718 . . . )
Satz 3.13 Sei lim an = ∞, lim bn = b ∈ R. Dann gilt
a) lim(λan ) = ∞ falls λ > 0
= −∞ falls λ < 0
b) lim a1n = 0 falls an 6= 0
c) lim(an + bn ) = ∞
d) lim(an bn ) = ∞ falls b > 0
93
(ii) Lemma 3.14 Die rationalen Zahlen liegen dicht in R, das heißt zu jedem a ∈ R
und > 0 gibt es ein q ∈ Q mit |a − q| < .
Satz 3.15 Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchy-Folge ist.
Satz 4.1 Die Konvergenz oder Divergenz einer Reihe ändert sich nicht, wenn man
endlich viele Glieder weglässt oder hinzufügt.
P∞
P∞
Satz 4.2 P
(i) Die Reihen
n=0 an und
n=0 bn seien konvergent. Dann sind
auch (λan + µbn ) für λ, µ ∈ R konvergent mit
P∞
P∞
P∞
n=0 (λan + µbn ) = λ ·
n=0 an + µ ·
n=0 bn .
(ii) Ist zusätzlich an ≤ bn für alle n, so
P∞
P∞
n=0 an ≤
n=0 bn
Korollar
4.3 Aus der Konvergenz von
P
von n an.
P
n
a2n und
P
n
a2n+1 folgt die Konvergenz
P
Satz 4.4PWenn
an konvergent, so ist limn→∞ = 0 und limn→∞ rn
∞
limn→∞ i=n+1 ai = 0.
=
Satz 4.5 (Leibniz-Kriterium)
P∞
Sei n=0 an alternierend mit (|an |)n∈N ist streng monoton fallend und lim an = 0.
DannP
ist die alternierende Reihe konvergent und
∞
νn = i=n+1 ai = Θan+1
mit
0 < Θ = Θn < 1.
Satz 4.6 Eine absolut konvergente Reihe ist auch konvergent mit
X
X
∞
∞
|an |
an ≤
n=0
n=0
P
Satz 4.7 (i) (Majorantenkriterium)
Wenn |an | ≤ bn und bn konvergiert, dann
P
konvergiert
an absolut.
p
P
(ii) (Wurzelkriterium) Wenn n |an | ≤ q < 1 für fast alle n, so konvergiert
an
absolut.
p
P
an .
Wenn n |an | ≥ 1 für unendlich viele n, so divergiert
P
(iii) (Quotientenkriterium) Wenn aan+1
an
≤ q < 1 für fast alle n, so ist auch
n
absolut konvergent.
P
Wenn aan+1
an .
≥ 1 für fast alle n, so divergiert
n
Satz 4.8 (Kriterium von Raabe) Sei an 6= 0. Wenn für fast alle n gilt aan+1
≤
n
P
c a
1 − n+1
mit c > 1, so ist
an absolut konvergent.
a Die
+1 im Nenner dient nur der Beweistechnik, strenggenommen darf man das
so verwenden, wie wir es tun, aber man darf nicht alles so eng sehen.
c
n
nicht einfach
94
ANHANG B. ALLE SÄTZE IM ÜBERBLICK
Satz 4.9 Die Reihe
P
an sei konvergent.
(i) (Riemannscher Umordnungssatz)
P
Wenn die Reihe nicht absolut konvergent
|an | = ∞, so gibt es zu
P∞ ist, also
jedem a ∈ R eine Umordnung mit n=0 bn = a.
P
(ii) Wenn
an absolut konvergent ist, dann konvergiert auch jede Umordnung
und besitzt den gleichen Grenzwert.
P
P
P∞
Satz 4.10 Die Reihen ai , bi seien absolut konvergent. Dann ist auch n=0 dn
absolut konvergent und es gilt:
X
∞
i=0
mit dn =
Pn
i=0
X
X
∞
∞
ai
bi =
dn
i=0
n=0
ai bn−i .
Satz 4.11 Sei g ∈ N, g > 2. Jede nichtnegative Zahl a ∈ R hat eine g-adische
Entwicklung
∞
X
a=
zn g −n mit zn ∈ {0, . . . , g − 1}
n=−i
Die zn sind eindeutig, wenn man den Fall zn = g − 1 für fast alle n ausschließt.
Lemma 5.1 Für jedes ξ ∈ R lässt sich das Polynom
p(x) = a0 + a1 x + · · · + an xn
eindeutig in der Form
p(x) = b0 + b1 (x − ξ) + · · · + bn (x − ξ)n
Pn
schreiben mit bk = i=k ai ki ξ i−k , insbesondere b0 = p(ξ)
Satz 5.2 (Nullstellen- und Identitätssatz) Ein Polynom vom Grade n hat
höchstens n Nullstellen (n > −1). Polynome vom Grad ≤ n, die n + 1 gemeinsame Werte haben, sind identisch, das heisst sie haben die gleichen Koeffizienten.
Satz 5.3 (Folgenkriterium) D ⊂ R, ξ sei Häufungspunkt von D. f : D → R ist
genau dann in ξ stetig, wenn für alle Folgen (xn )n∈N mit xn ∈ D und xn → ξ gilt:
limn→∞ f (xn ) = f (ξ)
Stetige Funktionen sind also grenzwerterhaltende“ Funktionen.
”
Satz 5.4 Seien f, g in x ∈ D stetig. Dann sind auch f + g, λf für λ ∈ R, f · g in
ξ stetig. Falls g(ξ) 6= 0, so ist g(x) 6= 0 in einer Umgebung von ξ und fg in ξ stetig.
Satz 5.5 Sei f stetig in ξ, g stetig in f (ξ), dann ist auch h(x) = g ◦ f (x) in ξ
stetig.
95
Satz 5.6 Eine auf einem kompakten Intervall J stetige Funktion f nimmt dort
Maximum und Minimum an, das heisst es gilt: x∗ , x∗ ∈ J mit f (x∗ ) ≤ f (x) ≤
f (x∗ ) ∀x ∈ J.
Korollar 5.7 Sei f : J → R stetig auf dem kompakten Intervall J und f (x) > 0 in
J. Dann gibt es ein α > 0 mit f (x) ≥ α in J.
Satz 5.8 Jede auf einem kompakten Intervall stetige Funktion ist dort gleichmässig
stetig.
Satz 5.9 (Zwischenwertsatz) Ist f stetig in J = [a, b], so nimmt f jeden Wert
zwischen f (a) und f (b) an.
Satz 5.10 (Nullstellensatz) Ist f stetig in J = [a, b] mit f (a) > 0 und f (b) < 0,
so besitzt f in (a, b) eine Nullstelle.
Satz 5.11 Sei f monoton. Dann existieren für alle inneren Punkte ξ des Definitionsbereiches die einseitigen Grenzwerte und
(
sup f (Dξ− ) falls f wachsend
lim f (x) =
x→ξ −
inf f (Dξ− ) falls f fallend
wobei Dξ− = {x ∈ D : x < ξ}. Für limx→ξ+ f (x) analoges Verhalten.
Satz 5.12 Sei J ein beliebiges Intervall, f : J → R stetig und streng monoton.
Dann existiert die Umkehrfunktion f −1 : f (J) → J (f −1 ◦ f = id).
Die Umkehrfunktion f −1 ist stetig und streng monoton.
Satz 5.13 Der Limes einer gleichmässig konvergenten Folge stetiger Funktionen
ist stetig. Also: fn stetig fn → f gleichmässig ⇒ f stetig.
Satz 5.14 Wenn |fk (x)| ≤ ak P
für alle x ∈ D mit ak ∈ R und die Reihe
konvergiert, dann ist die Reihe
fk (x) gleichmässig absolut konvergent.
P
ak
Satz 6.1 (Fundamentalsatz der Algebra, Gauß) Jedes nichtkonstante komplexe Polynom hat eine Nullstelle.
Satz 6.2 Ist ein Polynom reell, so treten nichtreelle Nullstellen paarweise auf. Mit
ξ ∈ R Nullstelle ist auch ξ Nullstelle.
Lemma 6.3 Für alle z = x + iy gilt |x|, |y| ≤ |z| ≤ |x| + |y|
Satz 6.4 zn → α ∈ C ⇐⇒ <zn → <α ∈ R und =zn → =α ∈ R.
Satz 6.5 fk : D → P
C seien stetig in D für alle k ∈ N. Ferner sei |fP
k (z)| ≤ ak
∞
∞
für alle z ∈ D mit k=0 ak < ∞. Dann konvergiert auch die Reihe k=0 fk (z)
gleichmässig absolut in D und stellt
stetige Grundfunktion dar.
Peine
n
Mit anderen Worten: sn (z) = k=0 fk (z), sn → f gleichmässig in D, f ist in
D stetig.
96
ANHANG B. ALLE SÄTZE IM ÜBERBLICK
p
n
Satz 6.6
 Sei L = lim supn→∞ |an | und sei der Konvergenzradius
0
falls L = ∞

r = L1 falls 0 < L < ∞ .


∞ falls L = 0.
P∞
Dann ist n=0 an z n (absolut) konvergent für |z| < r, divergent für |z| > r. Für
|z| = r lässt sich keine Aussage machen.
P∞ In jeder Menge Ms = {|z| ≤ s}, s < r ist
die Konvergenz gleichmässig. f (z) = n=0 an z n ist nach Satz 6.5 stetig für |z| < r.
Satz 6.7
(i) exp(x + y) = exp(x) · exp(y)
Es gilt exp(x) 6= 0 für alle x ∈ C und
(ii) exp(ix) = cos x + i sin x
∀x, y ∈ C
1
exp(x)
= exp(−x).
∀x ∈ C
(Daher auch die berühmte Eulersche Formel: e2πi = 1)
1
(exp(ix) + exp(−ix))
2
1
sin x = (exp(ix) − exp(−x))
2i
(iii) cos x =
(iv) sin(−x) = − sin x,
(v) sin2 x + cos2 x = 1
∀x ∈ C
∀x ∈ C
cos(−x) = cos x
∀x ∈ C
∀x ∈ C
(vi) sin(x + y) = sin x cos y + cos x sin y
cos(x + y) = cos x cos y − sin x sin y
∀x, y ∈ C
Satz 6.8 Die reelle Exponentialfunktion ist positiv und streng monoton wachsend
mit
lim ex = ∞
lim ex = 0
x→∞
x→−∞
Die Exponentialfunktion bildet R bijektiv auf (0, ∞) ab.
Satz 6.9 Es gilt
x n
n→∞
n
n
1
exp(1) = lim 1 +
=e
n→∞
n
exp(x) = lim
insbesondere
1+
Satz 6.10 Es gilt für jedes a > 0
(i) lim x−a ex = ∞,
x→∞
(ii) lim+ xa ln x = 0,
x→0
lim xa e−x = 0
x→∞
lim x−a ln x = 0
x→∞
Satz 6.11 Für B auf dem Einheitskreis mit Winkel x ∈ [0, 2π) ist B =
(cos x, sin x)T .
Lemma 7.1 Sei |f (x)| ≤ K auf I = [a, b]. Z 0 besitze genau p innere Teilungspunkte. Dann gilt für jede Zerlegung Z:
s(Z) ≤ s(Z + Z 0 ) ≤ s(Z) + 2Kp|Z|
S(Z) ≥ S(Z + Z 0 ) ≥ S(Z) − 2Kp|Z|
97
Lemma 7.2 Für beliebige Zerlegungen Z, Z 0 gilt
s(Z) ≤ S(Z 0 ).
Satz 7.3 Sei Zk eine Zerlegungsfolge mit |Zn | → 0 (Zerlegungsnullfolge). Dann gilt
für f : [a, b] → R beschränkt:
lim s(Zn , f ) = J∗ (f )
n→∞
lim S(Zn , f ) = J ∗ (f )
n→∞
Insbesondere gilt: Ist f integrierbar, so folgt daraus s(Zn , f ) →
Rb
a
f (x) dx.
Satz 7.4 (Riemann-Kriterium) Die beschränkte Funktion f : I → R ist genau
dann integrierbar, wenn es zu jedem > 0 eine Zerlegung Z gibt mit:
S(Z) − s(Z) < .
Satz 7.5 Jede im Intervall I = [a, b] beschränkte Funktion, die höchstens an endlich
vielen Stellen unstetig ist, ist integrierbar. Jede monotone Funktion ist integrierbar.
Satz 7.6 Eine Funktion f ist genau dann (Darboux) integrierbar mit Integral
Rb
f (x) dx, wenn f Riemann integrierbar ist, das heisst wenn für jede Zerlegungsa
nullfolge Zn bei beliebiger Wahl von ξ n
n
b
Z
σ(Zn , ξ ) →
f (x) dx
a
Rb
Satz 7.7 (i) R(I) ist eine Funktionenalgebra. Der Operator a (·) ist linear auf
R(I), das heisst
Z b
Z b
Z b
(αf (x) + βg(x)) dx = α
f (x) dx + β
g(x) dx
a
a
a
(ii) Ist f ∈ R(I), ϕ lipschitzstetig auf dem Bildbereich von f , so ist ϕ(f ) ∈ R(I).
(iii) Mit f, g ∈ R(I) ist auch f + = max(f, 0), f − = max(−f, 0), |f |, f · g,
min(f, g), max(f, g) in R(I). Falls f (x) ≥ δ > 0 in I, so ist auch f1 ∈ R(I).
(iv) Ändert man f an endlich vielen Punkten ab, so verändert sich J∗ (f ) und
J ∗ (f ) nicht. Insbesondere bleibt eine integrierbare Funktion integrierbar mit
gleichem Integral.
Satz 7.8 Ist f, g ∈ R(i) und f ≤ g in I, so ist
Z
Z
f (x) dx ≤ g(x) dx
I
insbesondere
Z
Z
f (x) dx ≤ |f (x)| dx
I
i
I
und
Z
f (x) dx ≤ K|I| falls |f | ≤ K.
I
98
ANHANG B. ALLE SÄTZE IM ÜBERBLICK
Satz 7.9 (Mittelwertsatz der Integralrechnung) Ist f stetig auf I = [a, b], so
gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
Z b
1
f (ξ) =
f (x) dx
b−a a
Satz 7.10 (Verallgemeinerter Mittelwertsatz) Seien f, g ∈ R(I), f stetig,
g ≥ 0 in I. Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
Z b
Z b
f (ξ)
g(x) dx =
f (x)g(x) dx.
a
a
Satz 7.11 Seien fn ∈ R(I), fn → f gleichmässig. Dann ist auch f integrierbar
und
Z
Z
Z
f (x) dx =
lim fn (x) dx = lim
fn (x) dx
I n→∞
I
n→∞
I
Satz 7.12 Sei f ∈ R(I), F eine Stammfunktion von f . Dann ist F lipschitzstetig:
|F (x) − F (y)| ≤ K|x − y|
mit K = supx∈I |f (x)|. Ist f nichtnegativ, so ist F monoton wachsend.
Satz 8.1 Sei f in ξ differenzierbar. Dann erfüllt f eine lokale Lipschitzbedingung
|f (x) − f (ξ)| ≤ K|x − ξ|
für x in einer Umgebunga von ξ. Insbesondere ist f stetig in ξ. Ist f 0 (ξ) > 0, so gilt
f (ξ − h) < f (ξ) < f (ξ + h)
(8.1)
für genügend kleines h > 0.
Satz 8.2 Die Funktion f besitze in ξ ein lokales Maximum oder Minimum, das
heisst f (ξ) T f (x) für x in einer Umgebung von ξ. Wenn f in ξ differenzierbar, so
gilt f 0 (ξ) = 0.
Satz 8.3 Seien f, g in ξ differenzierbar. Dann sind auch λf, λ ∈ R; f + g; f · g;
(sofern g(ξ) 6= 0) differenzierbar und es gilt:
(i) (λf (ξ) + µg(ξ))0 = λf 0 (ξ) − µg 0 (ξ)
f
g
(Linearität)
(ii) (f g)0 (ξ) = f 0 (ξ)g(ξ) + f (ξ)g 0 (ξ) (Produktregel)
0
f
f 0 (ξ)g(ξ) − f (ξ)g 0 (ξ)
(iii)
(ξ) =
(Quotientenregel)
g
g 2 (ξ)
0
1
−f 0 (ξ)
insbesondere
(ξ) = 2
f
f (ξ)
Satz 8.4 Sei f : I → R, g : J → R, f (I) ⊂ J. Wenn f in ξ differenzierbar, g in
f (ξ) differenzierbar, ist h = g ◦ f von ξ differenzierbar mit
h0 (ξ) = g 0 (f (ξ)) · f 0 (ξ) = g 0 (y)|y=f (ξ) · f 0 (ξ)
(entspricht: äussere Ableitung mal innere Ableitung)
a Wenn
es heisst Umgebung, ist immer eine genügend kleine Umgebung gemeint.
99
Satz 8.5 Sei f im Intervall I stetig und streng monoton. Ist die Umkehrfunktion
ϕ := f (−1) in η = f (ξ) differenzierbar mit ϕ0 (η) 6= 0, so ist f in ξ differenzierbar
und
df
1
(ξ) = dϕ
dx
dy (η)
oder
f 0 (ξ) =
1
ϕ0 (f (ξ))
Satz 8.6 (Satz von Rolle) Sei f in [a, b] stetig, in (a, b) differenzierbar und
f (a) = f (b). Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit f 0 (ξ) = 0.
Satz 8.7 (Mittelwertsatz der Differentialrechnung) Sei f in [a, b] stetig, in
(a, b) differenzierbar. Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
f (b) − f (a)
= f 0 (ξ)
b−a
Satz 8.8 (Verallgemeinerter Mittelwertsatz, Cauchy) Die Funktionen f, g
seien in [a, b] stetig, in (a, b) differenzierbar. Ferner sei g 0 (x) 6= 0 in [a, b). Dann
gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit
f (b) − f (a)
f 0 (ξ)
= 0
g(b) − g(a)
g (ξ)
Satz 8.9 (1.Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung) Die Funktion f sei in [a, b] integrierbar, in ξ ∈ [a, b] stetig. Dann ist
Z x
F (x) =
f (t) dt, c ∈ [a, b]
c
0
in ξ differenzierbar mit F (ξ) = f (ξ.
Satz 8.10 (2.Hauptsatz) Sei F in [a, b] stetig differenzierbar, das heisst F ist
differenzierbar mit stetiger Ableitungsfunktion F 0 . Dann
Z b
F (b) − F (a) =
F 0 (t) dt,
a
oder auch
Z
F (x) = F (c) +
x
F 0 (t) dt.
c
Satz 8.11 Seien fn , n ∈ N stetig differenzierbar und fn → f gleichmässig. Wenn
auch fn0 → g gleichmässig konvergiert, so ist f differenzierbar mit f 0 = g oder
(lim fn )0 = lim fn0 .
Satz 8.12 (Partielle Integration) Die Funktionen f, g seien in [a, b] differenzierbar mit Ableitungen f 0 , g 0 . Dann ist
Z b
Z b
b
0
f (x)g (x) dx = −
f 0 (x)g(x) dx + f (x)g(x)a .
a
a
Die unbestimmte partielle Integration ist:
Z
Z
f (x)g 0 (x) dx = − f 0 (x)g(x) dx + f (x)g(x).
100
ANHANG B. ALLE SÄTZE IM ÜBERBLICK
Satz 8.13 (Integration durch Substitution) Sei f eine in [a, b] stetige Funktion, ϕ in [α, β] stetig differenzierbar mit ϕ([α, β]) = [a, b], insbesondere ϕ(α) = a,
ϕ(β) = b. Dann gilt
Z b
Z β
f (x) dx =
f (ϕ(t))ϕ0 (t) dt.
a
α
Wenn nur ϕ([α, β]) ⊂ [a, b], dann gilt
Z
Z
f (x) dxx=ϕ(t) = f (ϕ(t))ϕ0 (t) dt.
Ist ϕ zusätzlich streng monoton, so gilt
Z
Z
f (x) dx = f (ϕ(t))ϕ0 (t) dtt=ϕ−1 (x) .
Satz 9.1 (Taylor) Es sei I ein Intervall und f ∈ C n+1 (I). Für a, x ∈ I gilt
1
1
(9.1) f (x) = f (a)+f 0 (a)(x−a)+ f 00 (a)(x−a)2 +· · ·+ f (n) (a)(x−a)n +Rn (x; a)
2
n!
mit dem Restglied
1
Rn (x; a) =
n!
x
Z
(x − t)n f (n+1) (t) dt
(Integral-Darstellung)
a
oder
Rn (x; a) =
(x − a)n+1 (n+1)
f
(ξ) mit ξ ∈ (a, x)
(n + 1)!
(Lagrange-Darstellung).
P
Satz 9.2 Sei f (x) =
an (x − a)n in einer Umgebung des Entwicklungspunktes
konvergent. Dann stimmt das Taylorpolynom Tn (x, a) mit dem n-ten Abschnitt der
Potenzreihe überein, f (n) (a) = n! · an und
Tn (x, a) =
n
X
f (k) (a)
k=0
k!
(x − a)k .
Ist umgekehrt f ∈ C ∞ (I) und in der Taylorentwicklung von f gilt Rn (x − a) → 0
für alle x in einer Umgebung von a, so gilt:
f (x) =
∞
X
f (n) (a)
(x − a)n .
n!
n=0
Satz 10.1 Seien f, g in (a, b) (oder (b, a)) differenzierbar mit g 0 (x) 6= 0. Es liege
einer der Fälle vor
a) lim+ f (x) = lim+ g(x) = 0
x→a−
x→a−
b) lim g(x) = ±∞ oder −∞
x→a+
−
Dann gilt:
f (x)
f 0 (x)
= lim+ 0
x→a± g(x)
x→a− g (x)
lim
sofern der rechte Grenzwert in R ∪ {∞} ∪ {−∞} existiert, a kann auch +∞ oder
−∞ sein.
101
P∞
Satz 10.2 Die Potenzreihe n=0 an xn habe Konvergenzradius r > 0 und konvergiere für x = r (oder x = −r). Dann konvergiert die Reihe gleichmässig in [0, r],
insbesondere ist die Grenzfunktion von links stetig in r.
lim f (x) = f (r) =
x→r −
∞
X
an rn
n=0
Satz 10.3 Seien p, q komplexe Polynome mit grad q < grad p. Dann lässt sich
in der Form
k
q(z) X
=
p(z)
i=1
ai1
ai2
aiνi
+
+ ··· +
z − ξi
(z − ξi )2
(z − ξi )νi
q(z)
p(z)
schreiben,P
wobei ξ1 , . . . , ξk Nullstellen von p(z) der Vielfachheit ν1 , . . . , νk sind. (Es
gilt dann
νj = grad p).
Die Koeffizienten aij , j = 1, . . . , νi sind in C eindeutig bestimmt.
Satz 10.4 Seien p, q Polynome in den Variablen x beziehungsweise x, y beziehungsweise x, y, z und r = pq . Dann sind die folgenden Stammfunktionen elementare
Funktionen:
√
R
a) r(x, k ax + b dx
R q
b) r x k ax+b
dx
cx+d
c)
d)
R
r(eαx ) dx
R
r(sinh x, cosh x) dx
R
r(sin ax, cos ax) dx
√
R
e) r(x, ax2 + bx + c) dx
√
√
R
f ) r(x, ax + b, cx + d) dx
Anhang C
The Definitions
Definition 1.1 Wenn für zwei Mengen A und B gilt
Aus x ∈ B folgt x ∈ A,
so heisst B Teilmenge von A. Schreibweise: B ⊂ A (in manchen Büchern: B ⊆ A).
Definition 1.2 Die leere Menge ∅ ist charakterisiert durch:
Es gilt x ∈
/ ∅ für alle nur möglichen Elemente x.
Definition 1.3 Sei A eine endliche Menge. Dann heisst die Anzahl der Elemente
von A, geschrieben |A|, die Kardinalität von A.
Definition 1.4 Die Menge P (A) = {B : B ⊂ A} heisst Potenzmenge von A.
Definition 2.1 Setze a0 := 1 und
an = a
| · a ·{z· · · · a}
(2.1)
n-mal
für alle a ∈ K
Definition 2.2 Für a, b ∈ K setze a < b ⇔ b − a ∈ P .
a ∈ P heißt a positiv“, −a ∈ P heißt a negativ“.
”
”
Eine Struktur, die K1 bis K9, A1, A2 erfüllt, heißt angeordneter Körper.
Definition 2.3 |a| := a falls a ≥ 0
|a| := −a falls a < 0
Es gilt: −|a| ≤ a ≤ |a| für alle a ∈ K.
Definition 2.4 M ⊂ K heißt nach oben beschränkt, wenn es ein s ∈ K gibt mit
x ≤ s für x ∈ M .
s heißt dann obere Schranke, s0 heißt kleinste obere Schranke, wenn s0 ≥ s für
alle oberen Schranken s und s0 selber obere Schranke ist.
Definition 2.5 Seien A, B Mengen, f : A → B eine Abbildung
f (A) = {b ∈ B : f (a) = b für ein a ∈ A}
f
−1
(C) = {a ∈ A : es gibt b ∈ C mit f (a) = b}
f heißt surjektiv, wenn f (A) = B. f heißt injektiv, wenn aus f (a) = f (a) folgt
a = a. f heißt bijektiv, wenn f surjektiv und injektiv ist. In diesem Fall haben wir
eine 1-1 Zuordnung der Elemente von A zu den Elementen von B.
102
103
Definition 2.6 Für n ∈ N heißt An = {m ∈ N : m < n} der n-te Abschnitt der
natürlichen Zahlen.
Definition 2.7 Eine Menge A heißt endlich, wenn es eine Bijektion eines An auf
A gibt. Wir schreiben dann Kardinalität von A = |A| = n.
A heißt abzählbar, wenn es eine Bijektion von N auf A gibt. Wenn A weder
endlich noch abzählbar ist, heißt A überabzählbar.
Definition 3.1 Eine Abbildung a : N → R heißt Zahlenfolge. Schreibe: an = a(n)
sowie a = (an )n∈N oder a = (an ).
steigend
≥
falls an+1
a für alle n ∈ N.
Eine Folge heißt monoton
fallend
≤ n
steigend
>
Eine Folge heißt streng monoton
falls an+1
für alle n ∈ N.
fallend
<
Eine Folge heißt beschränkt, falls es ein M ∈ R gibt mit
|an | ≤ M für alle n ∈ N
Eine Folge heißt konvergent gegen a ∈ R, wenn es zu jedem > 0 ein N ∈ N gibt,
das von abhängen darf, mit
|an − a| < für alle n ≥ N
Schreibweise: limn→∞ an = a ( Limes“)
”
oder an → a ( konvergent gegen“)
”
Definition 3.2 Sei > 0, a ∈ R. Dann heißt U (a) = {x ∈ R : a − < x < a + }
(offene) -Umgebung von a.
a−
a
a+
U (a) = {x : |a − x| < }
Definition 3.3 Sei (an )n∈N eine Folge, ϕ : N → N eine streng monoton steigende
Folge, insbesondere ϕ(n) ≥ n. Dann heißt die Zahlenfolge (aϕ(n) )n∈N Teilfolge von
a.
Anschaulich: Streiche beliebige Folgenglieder aus an heraus, aber lasse noch unendlich viele übrig.
Definition 3.4 Sei (an ) eine Folge. a ∈ R heißt Häufungswert ( Häufungspunkt),
wenn in jeder Umgebung von a unendlich viele Folgenglieder liegen, das heißt für
alle > 0 ist |an − a| < für unendlich viele n. (Aus Grenzwert folgt natürlich
sofort Häufungswert)
Definition 3.5 Wir schreiben lim an = ±∞, falls es zu jedem K > 0 ein N ∈ N
gibt mit
(
> K bei + ∞
an
< K bei − ∞
Solche Folgen heißen auch bestimmte Divergenz.
Definition 3.6 Sei (an ) beschränkt. Dann heißt a∗ = kleinster Häufungswert von
(an ) der Limes inferior von (an ),
lim inf an = a∗
h→∞
Der größte Häufungswert a∗ heißt Limes superior.
lim sup an = a∗
n→∞
104
ANHANG C. THE DEFINITIONS
Definition 3.7 Eine Folge (an ) heißt Cauchy-Folge, wenn es zu jedem > 0 ein
N ∈ N gibt mit
|an − am | < für alle n, m ≥ N.
Definition 4.1 Die Summe
∞
X
an = ap + ap+1 + . . .
k=p
heißt Reihe. Eine Reihe heißt konvergent, wenn die Folge der Partialsummen
sn =
n
X
ai ,
n≥p
i=p
konvergiert.
P∞
Definition 4.2 Die Summe n=0 an heißt alternierend, wenn an an+1 ≤ 0 für alle
n ∈ N, das heisst die Glieder wechseln also das Vorzeichen.
P
Definition 4.3 Eine Reihe heißt absolut konvergent, wenn
|an | konvergent ist.
P∞
P∞
Definition 4.4 ϕ : N → N sei bijektiv. P
Für die Reihe n=0 an heisst n=0 bn mit
bn = aϕ(n) eine Umordnung der Reihe
an .
Definition 4.5 Das Cauchy-Produkt der Reihen
Wahl einer speziellen Bijektion ϕ : N → N × N:
X
∞
i=0
mit dn =
Pn
i=0
P∞
i=0
ai ,
P∞
i=0 bi
besteht in der
X
X
∞
∞ X
n
∞
X
ai
bi =
dn
ai bn−i =:
i=0
n=0 i=0
n=0
ai bn−i .
Definition 5.1 Eine Funktion der Form
p(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + · · · + an xn =
n
X
ai xi ,
ai ∈ R
i=0
heisst Polynom. Wenn an 6= 0, so ist n der Grad des Polynoms, grad p = n. Setze
grad 0 = −1
Definition 5.2 Sei D ⊂ R. ξ heisst Häufungspunkt von D, wenn es eine Folge
(xn )n∈N gibt mit xn ∈ D\{ξ} und xn → ξ.
Definition 5.3 Sei f in U (ξ)\{ξ} definiert für ein > 0. Wir sagen: f konver”
giert gegen a für x gegen ξ“, wenn es zu jedem η > 0 ein δ > 0 gibt mit
|f (x) − a| < η für alle x ∈ U (ξ)\{ξ} mit |x − ξ| < δ.
Sei f in U (ξ) definiert. f heisst stetig in ξ, wenn es zu jedem η > 0 ein δ > 0 gibt
mit
|f (x) − f (ξ)| < η für alle x ∈ U (ξ) mit |x − ξ| < δ.
Definition 5.4 f heisst von rechts stetig in ξ ∈ D, wenn (nach Walter) die Menge
D+ = {x ∈ D : x ≥ ξ} ξ als Häufungspunkt hat und f |D+ in ξ stetig ist.
105
Definition 5.5 Sei f.Df → R, g : Dg → R mit f (Df ) ⊂ Dg . Dann ist die Komposition g ◦ f : Df → R definiert durch
g ◦ f (x) := g(f (x)).
Definition 5.6 Eine Menge D ⊂ R heisst folgenkompakt, wenn jede Folge in D
eine konvergente Teilfolge mit Grenzwert in D besitzt.
Definition 5.7 f : D → R heisst gleichmässig stetig, wenn es zu jedem > 0 ein
δ > 0 gibt, so dass für x, y ∈ D mit |x − y| < δ gilt: |f (x) − f (y)| < .
Definition 5.8 f : [a, ∞) → R. Wir schreiben limx→∞ f (x) = a, wenn es zu jedem
> 0 ein K ∈ R gibt mit |f (x) − a| < für alle x > K.
Analog: limx→−∞ f (x) = a.
Definition 5.9 f : D → R heisst monoton wachsend/fallend, wenn x < y ⇔
≤
f (x) ≥ f (y),
gilt.
<
∀x, y ∈ D. f heisst streng monoton, wenn entsprechend f (x) > f (y)
Definition 5.10 Sei J kompakt, f : J → R stetig, also auch gleichmässig stetig.
Für genügend kleines s > 0 setze
δ(s) = sup{|f (x) − f (y)| : x, y ∈ J|x − y| ≤ s}
Es gilt aufgrund der gleichmässigen Stetigkeit δ(s) → 0 für s → 0.
∀ > 0 ∃δ
sup
|f (x) − f (y)| ≤ x,y:|x−y|≤δ
δ(s) heisst der (kleinste) Stetigkeitsmodul von f .
Definition 5.11 Seien fn : D → R, n ∈ N.
(fn ) konvergiert punktweise gegen f : D → R, falls limn→∞ fn (x) = f (x) ∀x ∈
D.
(fn ) konvergiert gleichmässig, wenn es zu jedem > 0 ein N ∈ N gibt mit
|fn (x) − f (x)| < für alle n ≥ N , für alle x ∈ D.
Definition 6.1 Eine Funktion der Form
p(z) = a0 + a1 z + · · · + an z n ,
ak ∈ C
heisst komplexes Polynom. Wie im Reellen setze grad p = n falls an 6= 0. Jedes
relle Polynom (das heisst ak ∈ R) ist auch ein komplexes Polynom.
Definition 6.2
B (α) = {z : |z − α| < } ⊂ C
heisst -Umgebung von α.
Bε(α)
ε
α
Eine Folge (zn ), zn ∈ C konvergiert genau dann gegen α ∈ C, wenn in jeder
-Umgebung von α fast alle Folgenglieder liegen.
Definition 6.3 Sei D ⊂ C, f : D → C. f heisst in ξ ∈ D stetig, wenn für alle
Folgen (zn ) mit zn ∈ D, zn → ξ gilt: f (zn ) → f (ξ).
106
ANHANG C. THE DEFINITIONS
Definition 6.4 Seien ak ∈ C, k ∈ N. Dann heisst
∞
X
ak z k
k=0
eine (komplexe) Potenzreihe.
P
Falls ak ∈ R so sprechen wir von einer reellen Potenzreihe
ak xk , x ∈ R. Eine
relle Potenzreihe ist immer auch eine komplexe.
Definition 6.5 Die eindeutig bestimmte, stetige, streng monoton wachsende Umkehrfunktion der e-Funktion heisst Logarithmus.
ln n : (0, ∞) ↔ R
Definition 6.6 Sei a > 0. Erkläre die allgemeine Potenz durch
ak = ex ln a ,
x ∈ R.
Dies stimmt für x ∈ Q mit der alten Definition überein.
Definition 7.1 Es sei I = [a, b] mit a < b ein kompaktes Intervall und a = x0 <
x1 < · · · < xn−1 < xn = b.
z = (x0 , x1 , . . . , xn ) heisst Zerlegung von I. |z| = max |Ik | heisst Feinheitsk=1,...,n
mass der Zerlegung, wobei Ik = [xk−1 , xk ] und |Ik | = xk −xk−1 . z heisst äquidistant,
falls |Ij | = |Ik |, das heisst Ik = b−a
n
Sei f beschränkt, mk = inf f (Ik ) und Mk = sup f (Ik ). Dann heisst
n
X
s(z) = s(z, f ) =
|Ik |mk Untersumme und
k=1
n
X
S(z) = S(z, f ) =
|Ik |Mk Obersumme.
k=1
Definition 7.2
J∗ = J∗ (f ) = sup s(Z)
(Unterintegral)
Z
J ∗ = J ∗ (f ) = inf S(Z)
Z
(Oberintegral)
wobei das sup beziehungsweise inf über alle Zerlegungen gebildet wird. Wegen Lemma 7.2 gilt:
J∗ ≤ J ∗
Die Funktion f heisst integrierbar, wenn J∗ = J ∗ . In diesem Fall schreibe
Z b
Z
J∗ (f ) = J ∗ (f ) =:
f (x) dx =: f (x) dx
a
I
Definition 7.3 Sei D ⊂ R. Eine Funktion ϕ : D → R heisst lipschitzstetig, wenn
|ϕ(x) − ϕ(y)| ≤ L|x − y|
L heisst dann Lipschitzkonstante.
Definition 7.4 R(I) = {f : I → R : f beschränkt und über I integrierbar}
107
Definition 7.5 Falls f ∈ R([a, b]), setze
Z a
Z
f (x) dx := −
b
b
f (x) dx
a
(Das Integral bekommt sozusagen eine Orientierung)
Definition 7.6 Sei f ∈ R([a, b]) und u ∈ [a, b].
Z x
F (x) :=
f (x) dx
u
heisst (eine) Stammfunktion von f .
Definition 8.1 Sei f eine Funktion.
m=
f (x) − f (ξ)
Gegenkathete
∆f
=
=
= tan α
∆x
x−ξ
Ankathete
heisst Differenzenquotient. Er gibt die Steigung der Sekanten durch A, B an.
Definition 8.2 Sei f in einer Umgebung von ξ definiert. f heisst in ξ differenzierbar, wenn der Grenzwert
f 0 (ξ) = lim
x→ξ
f (x) − f (ξ)
f (ξ + h) − f (ξ)
= lim
h→0
x−ξ
h
existiert. f 0 (ξ) heisst dann Ableitung von f in ξ.
Definition 8.3 Definiere die einseitigen Ableitungen
f (ξ + h) − f (ξ)
h
h→0
f
(ξ
+
h)
− f (ξ)
0
f−
(ξ) = lim
h
h→0−
0
f+
(ξ) = lim+
rechtsseitige Ableitung
linksseitige Ableitung
Definition 8.4 Sei I ein beliebiges Intervall.
C m (I) = {f : I → R : f ist m-mal differenzierbar mit stetigen Ableitungen
(1)
f , . . . , f (m) }
insbesondere C(I) = C 0 (I) = stetige Funktionen auf I.
Definition 8.5 Die Funktion f sei integrierbar. Jede Funktion F mit F 0 = f heisst
Stammfunktion von f .
R
Hierfür schreibt man oft F (x) = f (x) dx und bezeichnet dies als unbestimmtes
Integral.
Definition 9.1 (Landausche Symbole) Die Funktionen f und g seien in einer
Umgebung des Punktes ξ definiert. Wir schreiben
f (x) = O(g(x)), x → ξ
(x) wenn fg(x)
≤ M , wobei M eine Konstante, in einer Umgebung von ξ ist und
f (x) = o(g(x)), x → ξ
falls limx→ξ
f (x)
g(x)
= 0 gilt.
108
ANHANG C. THE DEFINITIONS
Definition 9.2 Eine Funktion f ∈ C ∞ (I) heisst reell-analytisch, wenn die TaylorReihe um jeden Entwicklungspunkt a ∈ I einen positiven Konvergenzradius hat.
Definition 10.1 Sei f auf [a, ∞) definiert und auf [a, c] für alle c > a integrierbar.
Wenn (das uneigentliche Integral)
Z c
Z ∞
f (x) dx := lim
f (x) dx
a
c→∞
a
existiert,R so heisst f auf [a, ∞) integrierbar oder das Integral konvergiert“. Wenn
”
a
limx→∞ c f (x) dx bestimmt divergiert, so heisst auch das uneigentliche Integral
bestimmt divergent.
Anhang D
Open Publication License
Draft v1.0, 8 June 1999
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109
110
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In addition to the requirements of this license, it is requested from and strongly
recommended of redistributors that:
a) If you are distributing Open Publication works on hardcopy or CD-ROM, you
provide email notification to the authors of your intent to redistribute at least
thirty days before your manuscript or media freeze, to give the authors time to
provide updated documents. This notification should describe modifications,
if any, made to the document.
b) All substantive modifications (including deletions) be either clearly marked
up in the document or else described in an attachment to the document.
c) Finally, while it is not mandatory under this license, it is considered good
form to offer a free copy of any hardcopy and CD-ROM expression of an
Open Publication-licensed work to its author(s).
VI. LICENSE OPTIONS
The author(s) and/or publisher of an Open Publication-licensed document may elect
certain options by appending language to the reference to or copy of the license.
These options are considered part of the license instance and must be included with
the license (or its incorporation by reference) in derived works.
A. To prohibit distribution of substantively modified versions without the explicit permission of the author(s). “Substantive modification” is defined as a change
to the semantic content of the document, and excludes mere changes in format or
typographical corrections.
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To accomplish this, add the phrase ‘Distribution of substantively modified versions of this document is prohibited without the explicit permission of the copyright
holder.’ to the license reference or copy.
B. To prohibit any publication of this work or derivative works in whole or in
part in standard (paper) book form for commercial purposes is prohibited unless
prior permission is obtained from the copyright holder.
To accomplish this, add the phrase ’Distribution of the work or derivative of
the work in any standard (paper) book form is prohibited unless prior permission
is obtained from the copyright holder.’ to the license reference or copy.
OPEN PUBLICATION POLICY APPENDIX:
(This is not considered part of the license.)
Open Publication works are available in source format via the Open Publication
home page at http://works.opencontent.org/.
Open Publication authors who want to include their own license on Open Publication works may do so, as long as their terms are not more restrictive than the
Open Publication license.
If you have questions about the Open Publication License, please contact David
Wileya , and/or the Open Publication Authors’ List at [email protected], via
email.
To subscribe to the Open Publication Authors’ List:
Send E-mail to [email protected] with the word “subscribe” in the
body.
To post to the Open Publication Authors’ List:
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To unsubscribe from the Open Publication Authors’ List:
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the body.
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