Mitteilungsblatt der Arbeitsgemeinschaft Herz InForm Hamburg · Ausgabe 2/2006 Aktuell Senatsempfang A nlässlich des 35jährigen Bestehens der AG Herz Kreislauf Hamburg -Herz InForm- hatte die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz Vorstand, Ehrenmitglieder, Mitarbeiter, Geschäftsfreunde, betreuende Herzgruppenärzte, Bewegungstherapeuten und weitere Freunde der Herzgruppen am 23. Juli 2006 ins Rathhaus zum Senatsempfang geladen. In seiner Rede würdigte der Staatsrat Wersich die ehren- und hauptamtliche Arbeit aller Mitwirkenden an der kardiologischen Rehabilitation Phase III (Herzgruppen). Insbesondere verwies er auf die richtungsweisende Entwicklung Anfang der 70er Jahre, als durch die Ärzte Krasemann, Donat, Jungmann, Bock, Ilker u.a. das „Hamburger Modell“ der Infarktnachsorgegruppen im Sportverein entwickelt wurde und zu einem bundesweiten Erfolgsmodell avancierte. In den Reden des Ehrenvorsitzenden, Herrn Prof. Krasemann und des derzeitigen Vorsitzenden, Herrn PD Dr. Nägele wurde noch einmal der Weg der vergangenen Jahre aufgezeigt und auf die immer noch hochaktuelle Form der Bewegungstherapie chronisch Herzkranker hingewiesen. HERZREISEN Aktuelle Reisen und Reisedaten entnehmen Sie bitte den folgenden Ausgaben der Impulse oder den Prospekten von Kreativ-Reisen. Prospekte und Auskünfte: Kreativ-Reisen, Tel. 05361 - 89 37-220 Herz InForm, Tel. 040/22 80 23 64 Die Elektrotherapie des Herzens, Resynchronisationssysteme, Defibrillatoren und Ereignisrekorder PD Dr. H. Nägele Die Elektrotherapie des Herzens mit implantierbaren Geräten wie Herzschrittmachern (SM), Defi und/oder Monitoringsystemen (Ereignisrekorder) ist neben der invasiven Koronargefäßbehandlung (Herzkatheter) und der ablativen Behandlung von Herzrhythmusstörungen ebenfalls via Herzkatheter zu einer der Erfolgsgeschichten der modernen Kardiologie geworden. Zu diesem Thema soll im folgenden eine Übersicht gegeben werden, die sowohl geschichtliche Aspekte als auch den heutigen Stand und Zukunftsausblicke beinhaltet. Die SM-Behandlung hat sich seit Erstimplantation eines SM vor 50 Jahren von einer rein lebenserhaltenden Maßnahme zu einer immer differenzierteren Therapieform entwickelt. Heute sind Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und Langzeitprognose die wichtigsten Zielaspekte. Um diese Anforderungen zu erfüllen, sollen die Systeme einen weitgehend physiologischen (normalen) Kreislaufzustand erhalten bzw. wieder herstellen. Medizingeschichte & Technik Die erste vollständige Einpflanzung eines SM wurde am 8. Oktober 1958 von dem Arzt Åke Senning und dem Ingenieur der Firma Siemens Elema, Rune Elmquist, in Stockholm bei dem Patienten Arne Larson durchgeführt. Das Gerät bestand aus zwei Transistoren, die in einer Kippschaltung arbeiteten, einer Quecksilberbatteriezelle und einer Spule zum externen Aufladen dieser Batterie. Die elektronischen Bauelemente wurden in einer Schuhcrèmedose mit Epoxydharz vergossen. Die benötigten Elektroden zum Weitergeben der Stimulationsenergie an das Herz waren fest mit dem Schrittmacher verbunden. Inzwischen wurden die Geräte stark miniaturisiert und digita- lisiert. Moderne SM haben die Größe einer Streichholzschachtel während implantierbare Defibrillatoren wegen der notwendigen Kondensatoren noch 3-4 fach größer sind. Heute werden ausschließlich Lithium-Batterien verwendet. Die ersten SM hatten Akkus, die nach wenigen Stunden Betrieb von außen aufgeladen werden mußten. Dann wurden QuecksilberoxidZink-Batterien verwendet, die bis zu 3 Jahren Dienst taten und schwierig abzudichten waren. Heutzutage finden ausschließlich Lithiumjodid-Batterien Verwendung. Herzschrittmacherbehandlung Störungen bei denen SM eingesetzt werden sind: zu langsamer Herzschlag (Bradykardie mit Herzfrequenzen unter 40 Schläge/min.) und Pausen über 3 Sekunden mit Beschwerden (Schwindel) oder Bewusstlosigkeit (LEMKE 2006). Diese here Überlebenschancen. Bei der Operation wird zusätzlich zu den Elektroden in der rechten Herzkammer und im Vorhof eine Elektrode in die Herzkranzvenen zur linken Herzkammer hin verlegt. Der Schrittmacher steuert also über 3 Elektroden die Reizbildung im Herzen. langsamen Störungen können Ihre Ursache haben in Erkrankungen des Sinusknotens (Sinusknotensyndrom) oder des nachfolgenden Reizleitungssystems (AV-Blockierungen). Die Stimulationsimpulse des SM ersetzen die fehlende Eigenaktivität der Herzzellen. Bei mangelndem Pulsfrequenzanstieg besteht auch die Möglichkeit der Anpassung der SM-Frequenz durch einen im Gerät vorhandenen Bio-Sensor, so dass, wenn der Körper eine schnellere Gangart des Herzens braucht, z.B. bei körperlicher Belastung, der SM seine Stimulationsfrequenz entsprechend steigert. SM sind mittlerweile sehr sichere und gut funktionierende Systeme, die die chronische Medikamentenbehandlung von langsamen Herzrhythmusstörungen praktisch völlig überflüssig gemacht haben. Das Durchschnittsalter bei der Erstimplantation beträgt derzeit 75 Jahre. Das Aggregat, im Volksmund oft fälschlicherweise als Batterie bezeichnet, besteht aus der Batterie und der Elektronik, beide sind in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht. Ein moderner SM hat eine Funktionsdauer zwischen 5 und 12 Jahren, im Durchschnitt 8 Jahre. Wenn die regelmäßigen Funktionskontrollen eine Batterieermüdung anzeigen, wird ein Aggregatwechsel durchgeführt. Ein solcher ist heute dank genormter Elektrodensteckverbinder sehr einfach geworden. Die Verbindung des Aggregats mit dem Herzen erfolgt über SM-Elektroden (Sonden). Bis zu drei Elektroden werden im Herzen verschraubt oder verankert (Vorhofelektrode, rechtsventrikuläre Elektrode, linksventrikuläre Koronarsinuselektrode über eine Herzkranzvene, siehe Abb.). sorgliche SM-Implantation ein Zu-langsam-werden des Pulses verhindert wird. Defibrillatorbehandlung Störungen, bei denen implantierbare Defi eingesetzt werden, sind: zu schneller Herzschlag mit Ausgangspunkt in den Herzkammern (Kammertachykardie, Kammerflattern, Kammerflimmern, überlebter plötzlicher Herztod), Herzfrequenzen über 200 Schläge / Minute mit oder ohne Beschwerden (Schwindel, Bewußtlosigkeit). Die aktuelle Entwicklung geht in die Richtung einer prophylaktischen (vorbeugenden) Einpflanzung, vor allem wenn die Pumpkraft des Herzens eingeschränkt ist (Auswurffraktion <35%). Eine große Studie hatte im Jahre 2005 die Überlegenheit einer solchen Strategie im Vergleich zur rein medikamentösen Behandlung gezeigt (BARDY 2005). Ein implantierbarer Kardioverter/Defi (ICD) ist ein Gerät, das wie ein SM implantiert wird. Es wurde ursprünglich entwickelt (Michel Mirowski, 1980), um den plötzlichen Herztod infolge Kammerflimmerns durch eine Schockabgabe mit hoher Energie (10 bis 40 Joule) abzuwenden. Zwischenzeitlich ist das Prinzip immer weiter verfeinert und funktionell erweitert worden. So kann inzwischen auch von einem automatischen implantierbaren Kardioverter/Defi (AICD) gesprochen werden. Die neuen Systeme besitzen näm- Nicht selten, nämlich dann wenn ein Patient sowohl zu langsamen als auch zu schnellen Herzrhythmusstörungen neigt, wird die medikamentöse Behandlung der schnellen Herzrhythmusstörungen erst dann möglich, wenn durch vor2 lich beide Funktionen: sowohl einerseits Schockabgabe (DCSchock) zur Unterbrechung von Kammerflimmern oder –flattern sowie zur Beendigung stabiler ventrikulärer Tachykardien, als auch andererseits die normale (antibradykarde) SM - Funktion. Die Anzahl der Defi - Implantationen ist weltweit rasant gestiegen. Behandlung der sogenannten Asynchronie durch elektrische Leitungsstörungen bei Herzschwäche (Herzinsuffizienz) Bei Pumpstörungen des Herzens finden sich wegen Überdehnung und Vergrößerung des Herzmuskels in bis zu 50% der Fälle auch elektrische Leitungsstörungen. Dadurch arbeiten die beiden Herzkammern nicht mehr synchron. Seit ca. 10 Jahren etabliert sich zunehmend eine neue Behandlungsoption für solche Patienten: Die Stimulation mit speziellen Schrittmachersystemen (kardiale Resynchronisation). Durch solche Schrittmacher kann die Schlagabfolge in der rechten und linken Herzkammer wieder aufeinander abgestimmt werden, was zu einer deutlichen Verbesserung der Pumpleistung des Herzens führen kann. Im Jahr 2005 konnte in einer großen Studie die Überlegenheit solcher Systeme im Vergleich zur rein medikamentösen Behandlung gezeigt werden (CLELAND 2005). Patienten, die so behandelt wurden, hatten deutlich hö- Ein Defibrillator zur Cardialen Resynchronisationstherapie (CRT-D) ist ein spezielles Gerät für herzinsuffiziente Patienten, bei denen das Risiko für einen plötzlichen Herztod erhöht ist (siehe Defibrillator). Zukünftig werden vermehrt Systeme mit Schockfunktion implantiert, da die meisten Patienten mit Herzschwäche leider auch das Risiko eines plötzlichen Herztodes durch Kammerflimmern haben. Behandlung von Vorhofrhythmusstörungen In einigen Fällen werden Herzrhythmusstörungen des Vorhofs (Vorhofflimmern/Vorhofflattern) durch Pausen und/ oder Extraschläge begünstigt. Hier kann in ausgewählten Fällen eine Stimulationsbehandlung im Vorhof („präventives Pacing“) helfen. Ausgeklügelte Programme können diese Trigger unterdrücken und im Einzelfall zu Beschwerdebesserung führen. Es muss jedoch gesagt werden, dass die elektrische Überstimulationsbehandlung die in sie gesetzten Erwartungen nicht ganz erfüllt hat. Wahrscheinlich wird neben der medikamentösen Behandlung die Ablationsbehandlung (zB Pulmonalvenenisolation) eine größere Bedeutung in der Behandlung erhalten. Überwachung Einatz: Bei unklaren Symptomen (z.B. Synkopen), die durch Herzrhythmusstörungen ausgelöst sein könnten, die sich aber durch die üblichen Untersuchungen wie mehrfache Langzeit-EKG etc. nicht aufdecken lassen. Hier wird ein so genannter Ereignisrekorder ohne Elektroden unter die Haut eingepflanzt,der sowohl nach Aktivierung, als auch bei Überoder Unterschreiten gewisser Grenzen EKG über mehrere Stunden abspeichern kann. Damit kann eine genaue Diagnose gestellt werden und die Behandlung gezielt erfolgen. Sicherheitshinweise für Träger von implantierbaren Systemen In seltenen Ausnahmefällen können von einigen Geräten ausgehende elektromagnetische Felder vorübergehende Störungen eines Herzschrittmachers oder Defibrillators verursachen. Anzeichen für eine mögliche Störung können Schwindel, Herzklopfen oder ein unregelmäßiger Puls sein. Sobald der Träger das entsprechende Gerät ausgeschaltet oder sich von der Störquelle entfernt hat, arbeitet ein Herzschrittmacher wieder normal. Sicherheitshalber sollten Diebstahlsicherungsanlagen zügig durchquert werden und man sollte nicht in dem Bereich stehen bleiben. Auch sollten elektrische Geräte mindestens 15 bis 20 cm von einem Herzschrittmacher entfernt gehalten werden u. a. Haartrockner, Rasierapparate, Lötkolben, Mobilfunkgeräte, Funksprechgeräte, Bohrmaschinen, Tischsägen, Lautsprecheranlagen, Heizkissen, Fernsteuerungen, Magnete. Wobei mit Ausnahme größerer Magnete (z. B. in Magnetmatten gegen Rückenschmerzen) nur selten tatsächlich Störungen auftreten. Generell meiden sollten Herzschrittmacherträger die sogenannte Magnetröhre (MRT), da diese starke wechselnde Magnetfelder erzeugt. Dagegen sind Röntgenröhren (auch im Computertomografen) unbedenklich. Ausblick Die Medizintechnik entwickelt sich rasant. Neben einer Miniaturisierung der Elektrotherapiesysteme des Herzens geht die Entwicklung in Richtung sich selbst anpassender Elke Dahnke und kontrollierender Systeme. Schon seit einigen Jahren können die Reizschwellen am Herzen automatisch gemessen und der Strombedarf individuell angepasst werden. Aktuelle Geräte messen auch die vom Herzen stammenden Signale und können lange Abfolgen des Herzrhythmus abspeichern (dauerhaftes Langzeit-EKG). Weitere in Entwicklung befindliche Methoden messen den Flüssigkeitsgehalt des Körpers, die Pumpkraft des Herzens usw. Diese gespeicherten Daten können per Funk und Internet entweder permanent oder bei Über- oder Unterschreiten gewisser Grenzen an das überwachende Zentrum geschickt werden, so dass echte Ferndiagnosen möglich sind (Home-monitoring). Dies ist besonders wichtig für Flächenländer, wie zum Beispiel Australien. Eine Fernprogrammierung wird ebenfalls möglich sein. Die Geräte werden noch viele andere Parameter messen können: Körpertemperatur, Blutbestandteile etc. Perspektivisch werden Patienten mit implantierten Geräten Ihren Arzt nur dann aufsuchen müssen, wenn wirkliche Probleme vorliegen, wie Kabeldefekte etc. Eine Kosteneinsparung für die Kassen und eine Erleichterung für die steigende Anzahl der Patienten mit implantierbaren Elektrotherapiegeräten wird die Folge sein. Herzgruppenjubiläum M it einem großen Fest haben wir in der HausbruchNeugrabener Turnerschaft am 22.01.2006 das 30-jährige Bestehen unserer ersten und das 10-jährige Bestehen unserer zweiten Herzgruppe gefeiert. Hier wurde die langjährige, erfolgreiche Arbeit des Vereins durch Prof. Dr. Maetzel und Hauke Engelhardt gewürdigt. Die Betreuung der Samstagsgruppe, die am 06.12.1975 gegründet wurde, lag von Beginn an in den Händen unserer lebenslustigen Übungsleiterin Elke Dahnke. Ihr einfühlsames Training und ihr Hobby, mit uns die plattdeutsche Sprache zu sprechen und zu pflegen, bringt immer wieder viel Fröhlichkeit in jede Übungsstunde. Literatur Bardy GH., Lee KL, Mark DB, Poole JE, Packer DL, Boineau R, Domanski M, Troutman C, Anderson J et al. for the Sudden Cardiac Death in Heart Failure Trial (SCD-HeFT) Investigators. Amiodarone or an Implantable Cardioverter–Defibrillator for Congestive Heart FailureN Engl J Med 2005;352:225-37. Lemke B, Fischer W, Schulten HK. und die Arbeitsgruppe „Herzschrittmacher“ und „Arrhythmie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Richtlinien zur Herzschrittmachertherapie: Indikationen, Systemwahl, Nachsorge: http://www. dgk.org/Leitlinien/HerzschrittmacherTherapie.html (2006) Seit Januar 2004 hat Elke Dahnke eine weitere Herzgruppe übernommen. Mit viel Schwung und Musik lässt sie jeden Samstag für uns zum Erlebnis werden, sowohl für unseren Körper, als auch für unsere gute Laune. Jede Übungsstunde belebt sie mit immer neuen Einfällen, deshalb sind viele Teilnehmer schon seit vielen Jahren dabei. Elke Dahnkes ‚Lebensmotto’ – Man muß sich selbst mögen, Freude verbreiten und mindestens einmal am Tag lachen, dann kann jeder Tag schön werden – überzeugt uns immer wieder!!! Der älteste Teilnehmer, Herr Niemann, hat es immerhin schon auf 23 Jahre gebracht! Er empfahl allen Anwesenden, sich rechtzeitig sportlich zu betätigen, damit gar nicht erst der Ernstfall eintritt. Die Mitglieder der Herzgruppen HausbruchNeugrabener Turnerschaft Wir wünschen uns, dass Elke Dahnke noch lange mit so viel Freude und Elan die Gruppe betreut. IMPRESSUM Cleland JGF et al. for the Cardiac Resynchronization — Heart Failure (CARE-HF) Study Investigators. The Effect of Cardiac Resynchronization on Morbidity and Mortality in Heart Failure. N Engl J Med 2005; Volume 352:1539-1549 3 Herausgeber: Herz InForm/Arbeitsgemeinschaft Herz-Kreislauf Hamburg Humboldtstraße 56 · 22083 Hamburg · Tel. 040/22 80 23 64 Redaktion: Friedrich-Karl Maetzel (verantw.), Christiana Kanneberg Gestaltung: Meinhard Weidner, Delingsdorf Litho und Druck: Ebeling-Druck GmbH, Norderstedt