Feststellung des Todes bei Embryonen und Föten Die Forschung mit und an menschlichen Embryonen und Föten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Seit einigen Jahren ist es möglich, aus menschlichen Blastozysten Stammzellen in vitro zu kultivieren. Ebenfalls werden Föten nach Schwangerschaftsabbruch bereits seit Jahren in der Forschung, für z.B. Parkinson Therapien, verwendet. Zunehmend wichtig werden auch intrauterine Diagnostik und therapeutische Eingriffe am Föten. In der Schweiz soll die Forschung am Menschen von der Kernverschmelzung von Ei- und Samenzelle bis zu Forschung an menschlichen Leichen in einem Gesetz umfassend geregelt werden. Bereits geregelt ist die Verwendung von überzähligen Embryonen (Stammzellforschungsgesetz, seit 1.3.05 in Kraft) und die Verwendung von Föten zu Transplantationszwecken (Transplantationsgesetz, wird am 1.1.2007 in Kraft treten). Im Zusammenhang mit diesen neuen Gesetzgebungen wurde die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW vom Bundesamt für Gesundheit BAG angefragt, ob sie sich der Frage, ob und wie der Tod bei Embryonen und Föten festgestellt werden kann, annehmen kann. International existieren zu dieser Thematik zumindest in den konsultierten Ländern (D, F, GB) noch keine Richtlinien, sodass dieses Dokument eine Pionierarbeit darstellt. Dieses Positionspapier beschränkt sich auf die Kernfrage, die Todesdefinition. Ethische und weitere Aspekte bezüglich Forschung an Embryonen und Föten sowie deren moralischer Status werden umfassend von der Nationalen Ethikkommission für Humanmedizin NEK bearbeitet. Die von der SAMW im Mai 2005 eingesetzte Arbeitsgruppe umfasste folgende Mitglieder: Prof. Hans- Ulrich Bucher, Chefarzt Neonatologie, Zürich, Leitung Prof. Martin Birkhäuser, Abteilungsleiter gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Bern Prof. Patrick Hohlfeld, Chefarzt Geburtshilfe, Lausanne Dr. Margrit Leuthold, Generalsekretärin SAMW, Basel dipl. biochem. M.A. Tatjana Weidmann- Hügle, Dialog Ethik, Zürich Todesdefinition bei menschlichen Embryonen und Föten: Die Entwicklungsstadien des Menschen von der Zeugung (Kernverschmelzung von Ei- und Samenzelle) bis zur Geburt werden in Bezug auf die Definition des Todes in drei Phasen aufgeteilt: 1. Präimplantationsphase: Kernverschmelzung bis Implantation in Gebärmutter (d 0 bis ca. d 6) 1 2. Organogenese bis zum sonografischen Nachweis des schlagenden Herzens: ca. d 6 bis Embryonalwoche 5 (entspricht 7 SSW) 3. Späte Embryonal- / Fötalphase: ab 7 SSW bis Geburt 1. Präimplantationsphase Die Todesfeststellung ist auf In vitro- Embryonen beschränkt, da auf den durch natürliche Zeugung entstandene in- vivo Präimplantationsembryo nicht zugegriffen werden kann. Ein Kriterium, den Tod festzustellen, ist eine fehlende Zellteilung während einer Beobachtungszeit von 24-48 Stunden. Da sich ein Absterben des Embryos in der Präimplantationsphase aber aus sehr unterschiedlichen Veränderungen des Embryos folgern lässt – nicht allein aus dem Ausbleiben der erwarteten Zellteilung – kann es keine einheitliche Todesdefinition geben. 2. Organogenese Nach Implantation des Embryos im Blastozystenstadium in die Gebärmutter beginnt die Organogenese. Bis der sonografische Nachweis des schlagenden Herzens erbracht werden kann, also bis zur ca. 7. Schwangerschaftswoche, kann in dieser Phase mit nicht - invasiven Methoden nicht festgestellt werden, ob ein Embryo lebend oder tot ist. Eine Definition des Todes ist also während dieser Zeitspanne nicht möglich. 3. Späte Embryonal- und Fötalphase Ab der 7 SSW kann der Herzschlag mit Ultraschall nachgewiesen werden. Als Todesdefinition gilt während dieser Entwicklungsperiode, also von der 7. SSW an bis zur Geburt, die fehlende Herzaktion. Todesfeststellung: Diese wird während einer Ultraschalluntersuchung visuell festgestellt. Ist während mindestens 3 Minuten kein Herzschlag im Ultraschall sichtbar, wird der Embryo / Fötus als tot deklariert. Diese Todesfeststellung gilt sowohl für intrauterine als auch extrauterine Embryonen / Föten. Nach Aussetzen der Herzaktivität können bei extrauterinen Embryonen / Föten gelegentlich noch reflektorische Bewegungen auftreten. Dies sind jedoch keine relevanten Kriterien, um die Todesfeststellung in Frage zu stellen. 03.08.05 Leu Es muss an dieser Stelle allerdings erwähnt werden, dass hinsichtlich Forschungsvorhaben Präimplantationsembryonen lebend sein müssen, da an toten Embryonen keine sinnvolle Forschung durchgeführt werden kann. 1