Beispielaufgabe Biologie, Grundkurs

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Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW
Qualitäts- und Unterstützungsagentur – Landesinstitut für Schule
BI GK Beispielaufgabe
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Abiturprüfung auf Basis der Kernlehrpläne
Beispielaufgabe
Biologie, Grundkurs
Vorbemerkung:
Mit dem Abiturjahrgang 2017 legen die ersten Schülerinnen und Schüler ihre Abiturprüfung ab, die in
der Gymnasialen Oberstufe nach den neuen kompetenzorientierten Lehrplänen (Inkraftsetzung
01.08.2014) unterrichtet wurden. Grundlage für die Anforderungen im Zentralabitur sind damit von 2017
an die Kompetenzerwartungen der neuen Lehrpläne sowie die fachlichen Vorgaben für das Zentralabitur des jeweiligen Prüfungsjahres.
Die neuen Lehrpläne weisen schriftliche und mündliche Überprüfungsformen zur Lernerfolgsüberprüfung
und Leistungsbewertung aus, aus denen sich auch bezogen auf das Zentralabitur je nach Fach unterschiedlich weit reichende Modifizierungen oder Ergänzungen der bisher üblichen Aufgabenstellungen
und -formate im Zentralabitur ergeben.
Die folgende Beispielaufgabe dient der Orientierung der Schulen und unterstützt die Vorbereitung der
Schülerinnen und Schüler auf die Abiturprüfung von 2017 an.
Fragen oder Hinweise zu den Aufgaben richten Sie bitte an [email protected].
MSW, Referat 521 / QUA-LiS, Arbeitsbereich 5
Nur für den Dienstgebrauch!
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Aufgabenstellung
Thema: Familiäre Alzheimer-Demenz (FAD)
1. Analysieren Sie begründet den Erbgang für die familiäre Form der Alzheimer-Demenz
(FAD) und geben Sie die Genotypen für alle im Stammbaum aufgeführten Personen an
(Material A).
(12 Punkte)
2. Leiten Sie anhand des in Tabelle 1 angegebenen Sequenzabschnitts für APP die möglichen
mRNA-Sequenzen für die untersuchten Personen ab und erklären Sie die Ursachen der familiären Alzheimer-Demenz (FAD) auf molekularer Ebene (Material B und Material D).
(18 Punkte)
3. Erläutern Sie die unterschiedlichen zellbiologischen Ursachen für die beiden bei Alzheimer-Demenz nachgewiesenen Formen von Trisomie 21 (Material C) und benennen Sie für
den Fall a den Mutationstyp. Erklären Sie, weshalb die Folgen bei diesen beiden Formen
der Trisomie 21 und bei familiärer Alzheimer-Demenz (FAD) dieselben sind (Materialien
A, B und C) und inwiefern Acetylcholinesterasehemmer die neurophysiologischen Prozesse beeinflussen.
(24 Punkte)
Zugelassene Hilfsmittel
Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung
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Material A: Vererbung der familiären Form der Alzheimer-Demenz (FAD)
Die Alzheimer-Demenz (AD) ist die häufigste Form der Altersdemenz: Durch den Verlust
von Gedächtnis und Intelligenz wird es den Betroffenen unmöglich, den Alltag allein zu bewältigen. Ursache der Alzheimer-Demenz ist der Funktionsverlust zahlreicher Nervenzellen
im Gehirn.
Für alle Formen der Alzheimer-Demenz ist eine genetische Vorbelastung bekannt, beim Ausbruch der Erkrankung wirken aber zahlreiche Faktoren zusammen.
Es gibt bisher keine auf die Ursachen der Krankheit gerichtete Therapie für AD. Eine Möglichkeit zur Linderung der Symptome für einige Patienten ist die Gabe von Acetylcholinesterase-Hemmstoffen.
Bei 5 % der Alzheimer-Erkrankten treten die Demenz-Symptome schon vor dem 50. Lebensjahr auf. Hier liegt die familiäre (erbliche) Form der Alzheimer-Demenz (FAD) vor. Der folgende Stammbaum wurde für eine Familie mit FAD erstellt:
Abbildung 1: Stammbaum einer Familie mit familiärer Alzheimer-Demenz (FAD)
Material B: Molekulare Scheren im Kopf
Die Nervenzellen im Großhirn verlieren ihre Funktion, weil sich ein bestimmtes Peptid, das
β-Amyloid (abgekürzt: Aβ, A-Beta), mit sich selbst zu sogenannten Oligomeren verbindet
(siehe Abbildung 2). Während kleine Mengen von Aβ für die Funktionsfähigkeit der Synapsen gebraucht werden, verursachen Oligomere aus Aβ das vorzeitige Absterben vieler Nervenzellen im Großhirn.
Das Peptid Aβ besteht aus 42 Aminosäuren, es wird mit enzymatischen Scheren aus dem
Amyloid-Vorläufer-Protein APP (= amyloid precursor protein) herausgeschnitten. APP ist ein
großes Membranprotein aus 770 Aminosäuren; das APP-Gen ist auf Chromosom 21 lokalisiert.
Zwei Enzyme schneiden das Peptid Aβ aus dem Protein APP heraus. Das Enzym, das den
Schnitt zwischen Aminosäure 671 und 672 führt, ist die ß-Sekretase, ungefähr zwischen den
Aminosäure-Positionen 711 und 713 schneidet die γ-Sekretase. Werden zu schnell sehr große
Mengen des Peptids Aβ erzeugt, verbinden sich diese Aβ-Peptide zu Oligomeren (Aggregation), die die Funktion der Nervenzellen beeinflussen. Zahlreiche Oligomere bilden Plaques,
die sich interzellulär ablagern und im Mikroskop sichtbar sind.
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Abbildung 2: Entstehung des Peptids Aβ aus dem Protein APP und Bildung des Oligomers
Die Aminosäuresequenz von APP wurde bestimmt und mit der APP-Sequenz von Patienten
mit familiärer Alzheimer-Demenz verglichen:
Tabelle 1: Aminosäuresequenz des Proteins APP (Ausschnitt für Pos. 668 – 673) und
Sequenz von Personen mit familiärer Alzheimer-Demenz
Material C: Alzheimer-Demenz bei Trisomie 21
Fall a: Bei Menschen mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) gibt es drei Kopien des Chromosoms 21 in allen Körperzellen. Im Alter von 30 – 40 Jahren haben sich in ihrem Großhirn
zahlreiche Plaques angereichert, die denen von Alzheimer Patienten entsprechen. Gleichzeitig
treten schwere Symptome einer Demenz auf. Bei diesen Patienten wurden keine Veränderungen im Gen APP nachgewiesen.
Fall b: Bei diesen Alzheimer-Patienten enthalten zwar alle übrigen Körperzellen einen normalen diploiden Chromosomensatz, aber die Zellkerne aus zahlreichen Neuronen enthalten
das Chromosom 21 dreimal, es handelt sich dabei aber nicht um FAD. Das parallele Vorliegen beider Zelllinien nebeneinander wird als Mosaik bezeichnet. Das Gen APP weist auch
bei diesen Patienten keine Mutationen auf.
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Material D: Codesonne und Tabelle zum genetischen Code
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Unterlagen für die Lehrkraft
Abiturprüfung auf Basis der Kernlehrpläne
Beispielaufgabe
Biologie, Grundkurs
1.
Aufgabenart
Bearbeitung einer Aufgabe, die fachspezifisches Material enthält
2.
Aufgabenstellung
Thema: Familiäre Alzheimer-Demenz (FAD)
1. Analysieren Sie begründet den Erbgang für die familiäre Form der Alzheimer-Demenz (FAD)
und geben Sie die Genotypen für alle im Stammbaum aufgeführten Personen an (Material A).
(12 Punkte)
2. Leiten Sie anhand des in Tabelle 1 angegebenen Sequenzabschnitts für APP die möglichen
mRNA-Sequenzen für die untersuchten Personen ab und erklären Sie die Ursachen der familiären Alzheimer-Demenz (FAD) auf molekularer Ebene (Material B und Material D).
(18 Punkte)
3. Erläutern Sie die unterschiedlichen zellbiologischen Ursachen für die beiden bei AlzheimerDemenz nachgewiesenen Formen von Trisomie 21 (Material C) und benennen Sie für den Fall
a den Mutationstyp. Erklären Sie, weshalb die Folgen bei diesen beiden Formen der Trisomie
21 und bei familiärer Alzheimer-Demenz (FAD) dieselben sind (Materialien A, B und C) und
inwiefern Acetylcholinesterasehemmer die neurophysiologischen Prozesse beeinflussen.
(24 Punkte)
3.
Materialgrundlage
• Abbildung 1: verändert nach Finckh, Grafik 2
• Abbildung 2: verändert nach Haass, Abb. 2 und Sangram, Fig. 4
• Tabelle 1: verändert nach Sangram, Fig. 4 und Perez, Fig. 1
• Conn, P. M., Hrsg. (2006). Handbook of Models for Human Aging. Academic Pr. Inc.
128 – 129
• Finckh, U. (2006). Genetische Faktoren bei Alzheimer-Demenz. Dt. Ärzteblatt. 103/15,
1010 – 1012
• Götz, J., Ittner, L. M. (2008). Animal models of Alzheimer’s disease and frontotemporal dementia. Nature Reviews Neuroscience 9, 532 – 544
• Goodsell, D. S. (2009). Molecule of the Month: beta-Secretase. RCSC Protein Data Bank
• Gonzalez de Zarate, E. C. (2006). Amyloid b-peptide-induced progressive neurodegeneration
in an APP-transgenic mouse model for Alzheimer’s disease. Diss. Bonn
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• Haass C. (2009). Alzheimer – Mechanismen und therapeutische Ansätze. Warum wir im Alter
dement werden. BiuZ. 39, 92 – 100
• Hillen, W., Berens, C. (2002). Tetracyclin-gesteuerte Genregulation: Vom bakteriellen Ursprung zum eukaryotischen Werkzeug. BIOspektrum 4, 355 – 358
• Perez, R. G., Squazzo S. L., Koo, E. H. (1996). Enhanced Release of Amyloid b-Protein from
Codon 670/671 “Swedish” Mutant b-Amyloid Precursor Protein Occurs in Both Secretory and
Endocytic Pathways, Journ. Biol. Chem. 271 (15) 9100 – 9107
• Sangram S., St. George-Hyslop (2002). γ-Secretase , Notch, Aβ and Alzheimer’s Disease:
Where do the Presenilins Fit in? Nature Reviews Neuroscience 3, 281 – 290
• Wirths, O., Bayer, T. A. (2009). Die modifizierte Amyloid-Hypothese der Alzheimer-Demenz
– intraneuronales Abeta induziert Neurodegeneration. Neuroforum 3, 76 – 83
4.
Bezüge zu den Vorgaben 2017
Genetik:
• Meiose und Rekombination
• Analyse von Familienstammbäumen
• Proteinbiosynthese
Neurobiologie:
• Aufbau und Funktion von Neuronen
− degenerative Erscheinungen bei der Alzheimer-Krankheit
• Neuronale Informationsverarbeitung und Grundlagen der Wahrnehmung
5.
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6.
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Vorgaben für die Bewertung der Schülerleistungen
Teilleistungen – Kriterien
a) inhaltliche Leistung
Teilaufgabe 1
Anforderungen
Der Prüfling
maximal
erreichbare
Punktzahl
1
analysiert begründet den Erbgang für die familiäre Form der Alzheimer-Demenz (FAD)
(Material A), z. B.:
• Die Anlage für FAD ist dominant, denn die Krankheit FAD tritt in jeder Generation auf;
es ist höchst unwahrscheinlich, dass die Personen 5 und 8 die Anlage tragen.
• Das dominante Gen für FAD liegt auf einem Autosom: Wenn es auf einem XChromosom läge, dürfte z.B. Person 4 nicht erkrankt bzw. müssten 2 und 5 krank sein.
6
2
gibt die Genotypen für alle im Stammbaum aufgeführten Personen an (Material A), z.B.:
• n rezessives Allel: keine Anlage für familiäre Alzheimer-Demenz
• N dominantes Allel: Anlage für familiäre Alzheimer-Demenz
6
3
erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (2)
Teilaufgabe 2
Anforderungen
Der Prüfling
1
leitet anhand des in Tabelle 1 angegebenen Sequenzabschnitts für APP die möglichen
mRNA-Sequenzen für die untersuchten Personen ab, z.B.:
Unter der Annahme, dass in den Tripletts 670 und 671 jeweils nur ein einziger Basenaustausch stattgefunden hat, ergeben sich folgende Möglichkeiten für die mRNA-Sequenz der
erkrankten Personen:
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maximal
erreichbare
Punktzahl
10
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2
3
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erklärt die Ursachen der familiären Alzheimer-Demenz (FAD) auf molekularer Ebene
(Material B und Material D), sinngemäß:
• Die Aminosäuren Asparagin (Asn) und Leucin (Leu) werden anstelle von Lysin (Lys)
und Methionin (Met) codiert (= doppelte Punktmutation (Genmutation) in der DNA).
• Dadurch verändert sich die Aminosäuresequenz des Proteins APP genau im Bereich der
Schnittstelle der β-Sekretase.
• Die β-Sekretase setzt das veränderte Substrat wahrscheinlich schneller um. Aβ wird im
Übermaß hergestellt.
erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (2)
8
Teilaufgabe 3
Anforderungen
1
2
3
4
5
6
Der Prüfling
erläutert die unterschiedlichen zellbiologischen Ursachen für die beiden bei AlzheimerDemenz nachgewiesenen Formen von Trisomie 21 (Material C), z. B.:
Down-Syndrom:
• Homologe Chromosomen bzw. Chromatiden werden in der 1. bzw. 2. Reifeteilung der
Meiose nicht voneinander getrennt und gelangen gemeinsam in die reife Keimzelle.
• Nach der Befruchtung enthält die Zygote und alle Körperzellen das Chromosom 21
dreimal.
Mosaik:
• Diese Form der Trisomie 21 entsteht erst während der frühen Entwicklung des Gehirns
durch Mitosefehler.
• Ist eine Vorläuferzelle von Neuronen davon betroffen, sind alle Tochterzellen trisom für
Chromosom 21.
benennt für den Fall a den Mutationstyp:
• Es handelt sich um eine Genommutation.
erklärt, weshalb die Folgen bei diesen beiden Formen der Trisomie 21 und bei der familiären Alzheimer-Demenz (FAD) dieselben sind (Materialien A, B und C), z. B.:
• Beim Down-Syndrom und bei der Mosaik-Form der Trisomie 21 liegen drei Kopien des
Gens APP auf Chromosom 21 in den Nervenzellen vor.
erklärt, weshalb die Folgen bei diesen beiden Formen der Trisomie 21 und bei der familiären Alzheimer-Demenz (FAD) dieselben sind (Materialien A, B und C), sinngemäß:
• Die Konzentration der mRNA für das Amyloid-Vorläufer-Protein APP ist erhöht.
• Deshalb werden auch größere Mengen APP hergestellt, folglich entstehen auch größere
Mengen Aβ.
erklärt, inwiefern Acetylcholinesterasehemmer die neurophysiologischen Prozesse beeinflussen, z. B:
• Acetylcholinesterase ist ein Enzym, das im synaptischen Spalt bei gesunden Nervenzellen Acetylcholin (Neurotransmitter) abbaut.
• Bei AD tritt auf Grund des Funktionsverlustes von Nervenzellen ein Mangel des Neurotransmitters Acetylcholin auf.
• Die Blockade des Abbaus erhöht den Acetylcholinspiegel im synaptischen Spalt und beeinflusst die Funktion der Erregungsleitung positiv.
erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (2)
Nur für den Dienstgebrauch!
maximal
erreichbare
Punktzahl
8
2
4
4
6
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b) Darstellungsleistung
Anforderungen
Der Prüfling
• führt seine Gedanken schlüssig, stringent und klar aus.
• strukturiert seine Darstellung sachgerecht.
• verwendet eine differenzierte und präzise Sprache.
• gestaltet seine Arbeit formal ansprechend.
Nur für den Dienstgebrauch!
maximal
erreichbare
Punktzahl
6
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