Universität des Saarlandes

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Prof. Dr. Ludger Santen
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Übungen zur Theoretischen Physik V
(Quantenmechanik+Statistische Physik II)
WS 2008/09, Blatt 2
­
ª
1. Aufgabe: Funktionalableitung
13 Punkte (6+4+3)
Wir betrachten ein Funktional F : f → F [f ] ∈ R/C, wobei f eine Funktion mit n Komponenten fi , i =
1, ..., n in Abhängigkeit von m Variablen xµ , µ = 0, ..., m−11 bezeichnet. Analog zu den Ableitungen einer
reel- oder komplexwertigen Funktion mit (endlichdimensionalen) vektorwertigem Argument v kann man
die Funktionalableitungen an einer Stelle f über eine Taylorsumme definieren. Bis zur zweiten Ordnung
erhält man damit die ersten beiden Ableitungen in “Richtung” g, dFf [g] und d2 Ff [g] über die Definition
F [f + ²g] =: F [f ] + dFf [g] ² + d2 Ff [g] ²2 + Rg (²)
(1)
vorausgesetzt, dass der Restterm Rg (²) = O(²3 ), was wir von nun an annehmen.
Im endlich-dimensionalen Fall kann man Ableitungen an einer Stelle v in Richtung w mit Hilfe partieller
Ableitungen ausdrücken:
dFv (w) =
X ∂F (v)
n
∂vn
d2 Fv (w) =
wn ,
X
wn0
n,n0
∂ 2 F (v)
wn
∂vn ∂vn0
(2)
Im Kontinuumslimes erhält man dann die partiellen Funktionalableitungen definiert durch
dFf [g] =:
n Z
X
i=1
dxm
δF [fi ]
g(x)
δfi (x)
d2 Ffi [g] =:
n Z
X
dxm dx0m g(x0 )
i=1
δ2 F
g(x)
δfi (x0 )δfi (x)
(3)
a) Seien φ(x) und θ(x) n-komponentige
Funktionen von m-dimensionalen Vektoren x. Das Funktional
R
S habe die Form S[φ] = dxm L({φi (x), ∂µ φi (x)}i,µ ). Berechnen Sie dSφ [θ] nach (1), indem Sie die
Funktion L an der Stelle φ(x) bzgl. θ(x) in erster Ordnung entwickeln. Zeigen Sie, dass sich die erste
partielle Funktionalableitung δS[φ]/δφi (x) nach den Definitionen (1) und (3) schreiben lässt als
m−1
X
δS[φ]
∂L
∂L
=
−
∂µ
δφi (x)
∂φi (x) µ=0 ∂(∂µ φi (x))
(4)
Nehmen Sie dazu wie gewöhnlich an, dass Randterme verschwinden.
2
δ S[φ]
b) Begründen Sie, warum für das Wirkungsfunktional aus a) die gemischten zweiten Ableitungen δφi (x)δφ
0
i (x )
für x0 6= x verschwinden. Entwickeln Sie S in zweiter Ordnung und zeigen Sie analog wie in a), dass die
zweite partielle Funktionalableitung sich (φ := φ(x)) als ein Operator in der Form
m−1
m−1
X
X
∂2L
∂2L
∂2L
δ2 S
∂
−
∂µ
∂µ0
=
+
2
µ
2
2
δφi
∂φi
∂φi ∂(∂µ φi )
∂(∂µ φi )∂(∂µ0 φi )
0
µ=0
(5)
µ,µ =0
schreiben lässt.
Achtung: Operatorschreibweise! jeder Operator wirkt (im Gegensatz zu (4)) auf alle Funktionen rechts
von ihm.
1 Die
Notation orientiert sich an der kovarianten Schreibweise, bei der die Zeitkoordinate t = x0 zum Index µ = 0 gehört.
1
c) Begründen Sie, dass S genau dann stationär an einer Stelle φ̃ ist, d.h. dSφ̃ ≡ 0, falls ∂S[φ̃]/∂ φ̃i (x) = 0
für alle i, x. Wie ergeben sich für klassische punktförmige Teilchen in einer Dimension aus (4) bzw. (5)
die bekannten Lagrange-Gleichungen 2. Art und die zweite Funktionalableitung
∂2L
∂2L
∂2L
δ2 S
=
+2
∂t − ∂t 2 ∂t
2
2
δx(t)
∂x
∂x ∂ ẋ
∂ ẋ
2. Aufgabe: Semiklassische Näherung
(6)
8 Punkte (5+3)
In der Regel sind die Abweichungen der für das Pfadintegral relevanten Trajektorien x(t) von der klassischen xkl (t) klein. Man kann dann eine Trajektorie schreiben als x(t) = xkl (t) + y(t) und die Wirkung
um den klassischen Pfad xkl Taylor-entwickeln um
¯
Z
δ 2 S ¯¯
0
0
y(t0 ) + O(y 3 )
S[x] = S[xkl ] + dt y(t )
(7)
δy(t0 )2 ¯y≡0
2
δ S
zu erhalten (dSxkl = 0). Hier ist δx(t)
2 die in Aufgabe 1 definierte 2. Funktionalableitung, welche aus (6)
bestimmt werden kann. Im folgenden sollen kubische Ordnungen vernachlässigt werden (semiklassische
Näherung).
Wir betrachten nun ein Teilchen im Potential
V (x) = cosh(x/x0 )
m = Teilchenmasse
(8)
Zeigen Sie, dass sich in semiklassischer Näherung der Propagator schreiben lässt als
U (x, x0 ; t) = eiS[xkl ]/} UHO (0, 0; t), wobei UHO (0, 0; t) der Propagator eines harmonischen Oszillators mit
einer effektiven Freqenz ωeff und Masse meff ist (siehe ÜB1). Wie genau sehen diese effektiven Parameter
in Abhängigkeit von der Teilchenmasse m und x0 aus?
b) Entwickeln Sie zusätzlich V (x) in 2. Ordnung und geben Sie damit konkret den vollen Propagator
U (x, x0 ; t) in semiklassischer Näherung an (die klassische Wirkung können Sie der Literatur entnehmen.
Quelle angeben!).
3. Aufgabe: Quantenmechanisches Punktteilchen als klassisches elastisches Band
5 Punkte
Die Energie eines eindimensionalen elastischen Bandes der Länge L lässt sich schreiben als
Z
L
H(u(x)) =
0
σ
dx (∂x u)2 ,
2
(9)
wobei u(x) die Auslenkung um die Ruhelage beschreibt und σ die Spannung ist. Die kinetische Energie wird vernachlässigt (langsame Schwingungen, realisiert für große L). Zeigen Sie, dass sich die klassische Zustandssumme (was ist hierbei die Summe über alle Zustände?) formal als Propagator eines
punktförmigen (nulldimensionalen) freien quantenmechanischen Teilchens schreiben lässt, wenn man die
Zeit als imaginäre Ortskoordinate −ix ansieht. Was ist in dieser Darstellung die “Teilchenmasse” und die
“Planckkonstante”?
Bemerkung: Dies ist ein Beispiel für die Äquivalenz eines d + 1-dimensionalen klassischen statistischen
Systems mit einem d dimensionalen Quantensystem. Man kann allgemein zu jedem Quantensystem ein
solches klassisches System durch Identifikation einer Raumkoordinate mit imaginärer Zeit finden.
2
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