Biologie Vorlesung, 20.11: Der Zellkern, Proteinbiosynthese I. Aufbau des Zellkerns, Struktur der Chromosomen, Nucleolus. Transkription und Translation. Auf dieser modellhaften Darstellung des Zellkerns sieht man sehr deutlich, dass die Kernhuelle eine Doppelmembran ist. Die aeussere Membran der Kernhuelle geht in das Endoplasmatische Retikulum ueber. Auf der Innenseite liegt der Kernhuelle die sog. Kernlamina auf (vergl. Abb. 16-7). Durchbrochen wird die Kernhuelle von zahlreichen Kernporen, die Transportvorgaenge zwischen Kern und Cytoplasma ermoeglichen. So oder aehnlich koennte vor mehr als 1,5 Milliarden Jahren der Zellkern entstanden sein. Dass die Anheftung der DNA an einer Einstuelpung der Plasmamembran eine durchaus realistische Vorstellung ist, zeigen uns zahlreiche Bakterien: Bei diesen ist die DNA mit genau so einer, als Mesosom bezeichneten, Struktur assoziiert. Auf dieser DarstelKernhuelle kann Kernporen sehr gut nen. Die Kernlamina spielt eine wichtige Rolle bei der Aufloesung der Kernhuelle zu Beginn der Mitose. Durch die Phosphorylierung der Lamine loest sich zunaechst die Kernlamina auf, was zu einer Destabilisierung der Kernhuelle fuehrt. Letztere zerfaellt dann in kleine Fragmente und die Chromosomen werden ins Cytoplasma freigesetzt. In einer spaeteren lung der man die erken- Phase der Mitose werden die Lamine wieder dephosphoryliert, so dass sich die Kernlamina und die Kernhuelle neu bilden koennen. Nucleosomen sorgen dafuer, dass die DNA im Zellkern dichter gepackt wird. Ein Nucleosom besteht aus einer kaeseradaehnlichen Struktur aus 8 Histonmolekuelen und der ca. zweimal darum gewickelten DNA. Die regelmaessige Anordnung der Nucleosomen entlang der DNA-Molekuele erinnert bei elektronenmikroskopischer Darstellung an eine Perlenkette. Die Packungsdichte der DNA im Zellkern wird durch eine Zusammenlagerung der Nucleosomen zur sog. 30nm-Faser weiter erhoeht. Um die extrem dichte Packung eines "Metaphase-Chromosoms" zu erreichen, muessen auch die 30nmFasern noch weiter kondensiert werden. Nur auf diese Weise koennen die Chromosomen den bei der Mitose auftretenden Scherkraeften standhalten. Schematische Darstellung der Synthese der ribosomalen Untereinheiten im Nucleolus. Nucleus und Nucleolus sind nicht masstabsgetreu dargestellt. Die Proteinbiosynthese verlaeuft bei Eukaryoten in mehreren Schritten. Zunaechst wird an einem DNA-Abschnitt, der ein Gen umfasst, eine komplementaere RNA synthetisiert. Diesen Prozess bezeichnet man als Transkription, die dabei entstehende RNA als praemRNA. Diese prae-mRNA enthaelt codierende (Exons) und nicht-codierende Abschnitte (Introns). Die Introns werden durch sog. "Splicing" herausgeschnitten. Gleichzeitig erfolgen weitere Modifikationen an der RNA. Die dabei gebildete mRNA wird dann durch Kernporen ins Cytoplasma transportiert. Hier wird die in ihr enthaltene Information bei der Translation an Ribosomen in die Aminosaeuresequenz eines Proteins uebersetzt. Vor jedem eukaryotischen Gen befindet sich ein als Promotor bezeichneter DNA-Abschnitt. Bevor die Transkription eines Gens beginnen kann, muessen am Promotor zahlreiche Proteine - sog. Transkriptionsfaktoren und die fuer die Synthese der prae-mRNA zustaendige RNA-Polymerase II binden. Bei der Transkription faehrt die hellblau dargestellte RNA-Polymerase II an der DNA entlang und synthetisiert dabei die prae-mRNA. Hierbei wird immer mit dem 5'-Ende der RNA begonnen. Die DNA-Doppelhelix wird bei der Transkription kurzzeitig aufgespalten, so dass sich komplementaere Ribonucleotide am Matrizenstrang (vergl. Abb. 7-10) anlagern koennen. Bei Erreichen der sog. Terminationsregion wird die Transkription abgebrochen und die prae-mRNA loest sich von der DNA und der RNA-Polymerase II. Eukaryotische Gene (unten) bestehen aus codierenden DNA-Abschnitten - sog. Exons und DNA-Abschnitten, die keine Information fuer die Proteinbiosynthese enthalten - sog. Introns. Bei der Synthese der prae-mRNA werden die Introns zunaechst mit transkribiert, anschliessend (beim Splicing) aber durch spezifische Enzyme herausgeschnitten (vergl. Abb. 6-21). Ein Gen liegt normalerweise nur auf einem DNA-Strang. Dieser Strang wird als Matrizenstrang bezeichnet (vergl. Abb. 6-8). Die Transkription des zum Matrizenstrang komplementaeren Strangs wuerde zu einer voellig anderen Basen-/Aminosaeuresequenz fuehren und damit zur Synthese eines unbrauchbaren Proteins. Wie man hier sehen kann, liegen aber auf beiden DNA-Straengen zahlreiche Gene, so dass fuer manche Gene der eine und fuer manche Gene der andere DNA-Strang der Matrizenstrang ist. Welcher Strang jeweils transkribiert wird, ist durch die Lage des Promotors festgelegt. Hier ist ein tRNA-Molekuel in verschiedenen Ansichten dargestellt. In (A) sieht man, dass am 3'-Ende (oben) immer eine bestimmte Aminosaeure angehaengt ist. Am unteren Ende erkennt man ein als Anticodon bezeichnetes Basentriplett. Dieses Anticodon ist komplementaer zu dem Codon auf der mRNA, das fuer die an die tRNA gebundene Aminosaeure codiert. Ein Ribosom hat drei Bindungsstellen fuer tRNA (D): Die A-Stelle (fuer Aminoacyl-tRNA), die P-Stelle (fuer Peptidyl-tRNA) und die E-Stelle (Exit). Fuer die Bedeutung dieser Bindungsstellen bei der Translation s. Abb. 6-65 Schematische Darstellung der Translation. Die entstehende Polypeptidkette besteht aus bisher 3 Aminosaeuren, die an eine sog. Peptidyl-tRNA gebunden sind. Diese Peptidyl-tRNA befindet sich an der P-Stelle des Ribosoms. Eine neue tRNA (4) bindet durch komplementaere Basenpaarung zwischen ihrem Anticodon und dem entsprechenden Codon der mRNA an die A-Stelle. Dann wird eine Peptidbindung zwischen den Aminosaeuren 3 und 4 geknuepft und die tRNA (4), an der jetzt die gesamte Polypeptidkette haengt, rutscht durch Verschiebung der kleinen ribosomalen Untereinheit (mitsamt der daran gebundenen mRNA) an die P-Stelle. Gleichzeitig wird die unmittelbar davor angekommene tRNA (3) an die E-Stelle verschoben, von der aus sie das Ribosom verlaesst. Mit dem Hinzukommen einer neuen tRNA (5) wiederholen sich die in Abb. 6-65 1 beschriebenen Schritte. Schematische Darstellung des Beginns der Translation. Sogenannte Initiator-tRNAs tragen die Aminosaeure Methionin und sind jeweils an eine kleine ribosomale Untereinheit gebunden. Wenn ein solcher Komplex aus Initiator-tRNA und kleiner ribosomaler Untereinheit auf eine mRNA trifft, dann bindet er diese am 5'-Ende. Es folgt eine Wanderung entlang der mRNA von 5' nach 3' bis zum ersten AUG (Start-Codon). Die InitiatortRNA bindet mit ihrem Anticodon an das Start-Codon. Nun wird das Ribosom durch Anlagerung einer grossen Untereinheit vervollstaendigt. Dabei bindet die Initiator-tRNA an die P-Stelle. Jetzt beginnt mit der Bindung der naechsten tRNA an die benachbarte A-Stelle der in Abbildung 6-65 beschriebene Prozess. Bei Erreichen eines Stop-Codons auf der mRNA wird die Translation beendet. Sobald das Stop-Codon an der A-Stelle angekommen ist, bindet dort ein sog. Release-Faktor namens eRF (eukaryotic release factor). Hierbei handelt es sich um ein Protein und nicht um eine tRNA. Dies fuehrt zum Abloesen der neusynthetisierten Polypeptidkette von der tRNA an der P-Stelle. Anschliessend loesen sich tRNA, mRNA und die beiden ribosomalen Untereinheiten voneinander. In der lebenden Zelle koennen mehrere Ribosomen gleichzeitig eine mRNA translatieren. Eine solche Struktur nennt man Polyribosom oder kurz Polysom.