kompakt - Kaninchenzeitung

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Kaninchenkomp
KaninchenZeitungkompakt
Zeitung
Fachwissen RHD/RHDV-2 auf einen Blick
S
pätestens seit der großen
Krankheitswelle 2016 ist
RHDV-2, die neue Variante des
RHD-Virus, in aller Kaninchenzüchter Munde. Der eine weiß über die
tödliche Gefahr für K
­ aninchen mehr
Bescheid, der andere weniger. Und immer wieder gibt es ­Fragen, die angesichts der Fülle an Fakten nicht einmal
eben schnell beantwortet werden können. Zur RHD/RHDV-2-Problematik
legte nun das r­ enommierte Friedrich-
Loeffler-Institut (FLI) ein Informationsblatt mit den wichtigsten Fragen
rund um die Krankheit und den Umgang sowohl mit erkrankten Tieren als
auch vorbeugende Maßnahmen vor.
Dieser prägnante und gut verständliche Überblick mit Handlungs-, Impf-­
und Desinfektionsempfehlungen unter
dem Titel „FAQ – Hämorrhagische
Krankheit der Kaninchen (RHDV,
RHDV-2)“ sei in diesem Sonderdruck
„Kaninchenzeitung kompakt – Fach-
wissen RHD/RHDV-2 auf einen Blick“
dokumentiert. Verfasst wurde er von
Dr. Patricia König (Laborleiterin am
­Institut für Virusdiagnostik des FLI).
Es ist der aktuellste und wissen­
schaftlich fundierte Überblick zu RHD/
RHDV-2. Das FLI wacht in Deutschland
unter anderem über das Tierseu­
chengeschehen und beherbergt unter
­seinem Dach die Ständige Impfkommission für Veterinärmedizin, die entsprechende Impfempfehlungen erteilt.
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Karten zur Ausbruchsdiagnostik am FLI
2015: RHDV-2: 148; RHDV: 20; EBHSV: 1 (©FLI)
Stand 04.08.2016: RHDV-2: 275; RHDV: 16; EBHSV: 3 (©Nicole reimer, FLI)
(EBHSV: Virale Leberentzündung bei Hasen, die durch ein Calicvirus hervorgerufen wird; Anm. d. Red.)
Was ist die hämorrhagische Krankheit der Kaninchen?
Die hämorrhagische Krankheit der
Kaninchen, Rabbit Haemorrhagic
­
­Disease (RHD), ist seit den 1980er-­
Jahren bekannt und wird durch ein
­Calicivirus, das RHD-Virus (RHDV),
verursacht. Seit 2010 ist eine weitere
Variante, RHDV-2, bekannt.
Welche Krankheitssymptome t­ reten
auf?
Beide Varianten können zu plötzlichen
Todesfällen innerhalb von 12 bis
36 Stunden nach dem Auftreten von
­Fieber und untypischen Krankheits­an­
zeichen mit Apathie und Fress­unlust
führen. Diese Anzeichen können teilweise mit respiratorischen (Atemwegs-) und neurologischen Erkrankungen sowie Blutungsneigung verbunden
sein. Chronische Krankheitsverläufe
sind eher selten. RHDV-2 ist anhand der
Krankheitssymptome nicht von der
klassischen RHD zu unterscheiden. Die
Raten der Todesfälle variieren sehr
(20–100 %) und hängen unter anderem
stark vom Immunstatus, Alter und dem
Allgemeinzustand der Tiere ab.
Was unterscheidet die beiden VirusVarianten?
Auffällige Unterschiede sind Erkrankungen durch RHDV-2 bei sehr jun­
gen Tieren (unter zwei Wochen). Diese
können ebenfalls schwer erkranken,
­
es existiert im Gegensatz zur Infektion­
mit den klassischen Stämmen keine
Nestlingsimmunität bei Tieren, die jünger als 4–6 Wochen alt sind. Im ­Gegensatz zur klassischen RHD sind auch
Feldhasen für RHDV-2 empfänglich.
Wie wird RHD übertragen?
Die Viren werden in erster Linie durch
direkten Kontakt übertragen, eine
Ansteckung ist allerdings auch über
in­direkten Kontakt und über Gegen­
stän­
de möglich (Personen, Futter,
Gerätschaften, Transportkäfige, indirekte Kontakte auf Ausstellungen,
passive Übertragung durch Insekten
u.a.m.). Eine wichtige Rolle spielen
Kontakt zu Wildkaninchen und Grünfutter, das mit Ausscheidungen infi­
zierter Wildkaninchen verunreinigt ist.
Wie haltbar ist das Virus in der
Umwelt?
RHDV und RHDV-2 halten sich sehr
gut in der Umwelt. Bei höheren Temperaturen (bis 50° Celsius) und Trockenheit bleiben die Viren über län­
gere Zeit stabil, z. B. getrocknet bei
KaninchenZeitungkompakt
Wo können die Tiere untersucht werden und welche Kosten ent­stehen?
Für die routinemäßige RHDV-Diagnostik sollten die Proben an die entsprechenden Untersuchungseinrichtungen der Länder oder an private
Diagnostiklabore gesendet werden.
­
Das FLI führt Untersuchungen auf
RHDV/RHDV-2 aus wissenschaftlichem Interesse nur in begründeten
Einzelfällen durch. Untersuchungen
zum Nachweis und zur Differenzierung von RHDV werden mit 25–35 €
zuzüglich Mehrwertsteuer veranschlagt. Die Kosten für umfangrei­
chere Untersuchungen sollten mit der
Untersuchungsstelle direkt abgesprochen werden. Nachfragen, wohin die
Proben zu schicken sind, sind an
den betreuenden Tierarzt/Tierärztin
zu richten, um kurze Transportwege
zu gewährleisten.
Können Kaninchen, die eine RHDVInfektion überlebt haben, auch auf
RHDV-2 untersucht werden?
Kommerziell erhältliche Antikörperteste können nicht zwischen Anti­
körpern gegen klassische RHDV und
RHDV-2 unterscheiden (Kreuzreaktionen). Bei ungeimpften Tieren kann­
eine Blutuntersuchung auf Antikörper
gegen RHDV erfolgen. Hatte das Tier
bereits Impfantikörper, ist der Test
­ohne den Vergleich mit einer frühen
Probe und einer späteren Probe, die
nach der vermuteten Exposition gewonnen wurde, nach dem aktuellen
Stand der Diagnostik kaum zu beur­teilen. Das sogenannte Serumpaar
liefert den Beweis für einen starken
Anstieg der Antikörperspiegel im
­
­Falle einer Infektion. Untersuchun­gen auf das Virus selbst sind am lebenden Tier nicht zuverlässig, die Ausscheidung erfolgt intermittierend,­
d. h. zeitweilig aussetzend und in unregelmäßigen Abständen wiederkehrend. Das FLI führt keine differenzierenden Antikörpernachweise durch.
Kann ein Kaninchen, das eine RHDV2-Infektion überstanden hat, das
­Virus weiterhin übertragen?
Nach bisherigen Erfahrungen kann
das Erbgut des Virus in überlebenden
Tieren teilweise über mehrere Wochen nachgewiesen werden. Ob Tiere
tatsächlich Dauerausscheider von
infektiösem Virus sein können, ist
­
­allerdings nicht experimentell nach-
gewiesen. Dies könnte nur in auf­
wändigen Tierversuchen geklärt werden, da RHDV/RHDV-2 nicht in Zell­
kulturen vermehrt werden kann.
Erfahrungs­
berichte zur Virusdynamik/Re-Infek­
tion in Kaninchenbeständen (Epidemiologie) unterstützen die Annahme, dass es tatsächlich
zur Infektion von neueingestallten
Tieren durch Dauerausscheider komANZEIGE
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Raumtemperatur mindestens über­
15 Wochen. In Kadavern hält sich das
Virus bei tiefen Temperaturen nachweislich sieben Monate.
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In Deutschland zugelassene RHDV-Impfstoffe
Handelsname
Zulassungsinhaber
Impfantigen
inakt. /leb.
Cunivak COMBO
IDT Biologika
RHD/Myxomatose
inakt./leb.
Cunivak RHD
IDT Biologika
RHD
inakt.
Dercunimix*
Merial
RHD/Myxomatose
inakt./leb.
ERAVAC
HIPRA
RHDV-2
inakt.
Filavac VHD KC+V
Filavie
RHDV/RHDV-2
inakt.
Lapimed RHD*
Merial
RHD
inakt.
Nobivac Myxo-RHD
Intervet International
RHD/Myxomatose
leb.
RIKA-VACC Duo
Ecuphar N.V.
RHD/Myxomatose
inakt./leb.
RIKA-VACC RHD
Ecuphar N.V.
RHD
inakt.
* Momentan sind keine Chargen dieser Impfstoffe in Deutschland auf dem Markt verfügbar.
Quelle: die folgenden Informationen sind den Internetseiten des PEI, der EMA sowie der Europäischen Kommission entnommen.
Welche Möglichkeiten zur Impfung
gibt es derzeit?
Derzeit sind in Deutschland Impfstoffe gegen die klassische RHD und
gegen RHDV-2 zugelassen. Obwohl
RHDV-2 sich flächendeckend in ganz
Deutschland ausgebreitet hat, darf
der Schutz gegen RHD nicht vernachlässigt werden, da die klassische RHD
mitnichten ausgerottet ist. Um einen
maximalen Impfschutz zu erhalten,
ist unbedingt den aktuellen Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo
vet) zu folgen. Diese sind im Internet
verfügbar(https://www.fli.de/de/
kommissionen/stiko-vet/empfehlungen/).
Warum überleben einige Tiere und
andere sterben, obwohl sie mit dem
gleichen Impfstoff geimpft sind?
Welche Faktoren schützen das
Kaninchen möglicherweise, und
­
welche wirken sich nachteilig aus?
Dieses Phänomen ist nicht RHD-­
spezifisch, sondern wird durchaus
auch bei anderen aggressiven Infek­
tionskrankheiten beobachtet. Eine
übergreifende und genaue Erklärung
dafür gibt es nicht, hierfür sind die
­immunologischen Faktoren zu komplex. Generelle Faktoren bei Infek­
tionen sind z. B. Alter (etwa bei der
klassischen RHD die juvenile Resistenz der Jungtiere) sowie Rasseabhängigkeit und Geschlechtsabhängigkeit. Auf Seiten der Infektionser­
reger beeinflusst die unterschiedliche
„Aggressivität“ (Pathogenität) unterschiedlicher Stämme/Isolate den Erkrankungsverlauf; ebenso kann die
Erregerdosis das Krankheitsbild beeinflussen. Eine wichtige Rolle spielen zudem individuelle Parameter­
wie allgemeiner Gesundheits- und
­rnährungszustand, Stress, VorerE
krankungen und Folgeerkrankungen.
Jedes Individuum kann unterschiedlich auf eine Impfung reagieren.
Was ist nach einem Ausbruch der
Krankheit in einer Kaninchenhaltung zu beachten?
Nach einem Ausbruch sollten Gegenstände, die mit erkrankten Tieren in
Kontakt gekommen sind (z. B. Kleidungsstücke und Schuhsohlen, Gehege, Käfige), gründlich gereinigt und
mit geeignetem Desinfektionsmittel
exakt nach jeweiliger Anweisung desinfiziert werden. Das Mittel muss gegen unbehüllte Viren wirksam ­sein.
Eine Auflistung geeigneter Präparate
Dr. Patricia König
Dr. Patricia König ist promovierte Veterinärmedizinerin und Fachtierärztin für Virologie. Sie w
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bereits als praktische Tierärztin und in verschiedenen Bereichen der Virologie, Virussicherheit
und -inaktivierung am Robert-Koch-Institut
­tätig, ehe sie sich 1998 als wissenschaftliche
Angestellte am Friedrich-Loeffler-Institut auf
Vakzineentwicklung und Effizienztestung spe­
zialisierte. Seit 2005 leitet sie (stellv.) das Nationale Referenzlabor (NRL) für BHV 1 (Bovines Herpesvirus 1), seit 2006 das NRL für Infektiöse Anämie der Einhufer und­
seit 2010 das NRL für Equine Virale Arteritis. Seit 2015 hat Fr. Dr. König­
die ­Prüfleitung der RHDV-Diagnostik inne.
Foto: Friedrich-Loeffler-Institut
men kann. Sicher ist, dass dieser positive Status der überlebenden Tiere
schwankt, d. h. die Untersuchungen
zwischenzeitlich negativ ausfallen
können. Daher ist der Nachweis
einer Dauerausscheidung bzw. einer
sicheren Virusfreiheit kaum sicher­
zu führen.
Stand der Recherche: April 2017
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veröffentlicht die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG;
http://www.desinfektion-dvg.de). Außenanlagen sollen einige Wochen­
leer stehen, das Gras sollte unbedingt
kurzgehalten werden. Die Haltbarkeit des Virus in der Umwelt beträgt
bis zu dreieinhalb Monate, wird aber
durch gründliche Reinigungsmaßnahmen reduziert. Eine Verschleppung des V
­ irus über Personen, Gegenstände, Grünfutter, aber auch über
Fliegen und Aasfresser ist möglich.
Neue Tiere sollten frühestens 8–
12 Wochen nach der Abschlussdesinfektion wieder eingestallt werden.­
Es kann nur dringend empfohlen
­werden, sofern die Haltungsmöglichkeiten es zu­lassen, die Tiere zunächst
separat zu halten, sie zu immunisieren und eine Woche, nachdem der ma-
ximale Impfschutz (nach Herstellerangaben) erreicht ist, mit den Tieren
zu vergesellschaften, die eine RHDV/
RHDV-2-Infektion überstanden haben. Dabei sollten die Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo vet)
beachtet werden (https://www.fli.de/de/
kommissionen/stiko-vet/empfehlungen/).
in Abhängigkeit von der regionalen
Seuchenlage gegebenenfalls auf die
Teilnahme zu verzichten.
Dr. Patricia König
Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit
Sollten Tierschauen mit Kaninchen
abgesagt werden?
Generell sollten Tiere, die zu einer
Ausstellung zugelassen werden, nach
den Impfungsempfehlungen der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKoVet) gegen RHDV
und RHDV-2 geimpft sein (https://
www.fli.de/de/kommissionen/stikovet/empfehlungen/). Ansonsten sollte
man an das Verantwortungsbewusstsein der Tierhalter appellieren,
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RHDV-2
Myxomatose
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