Lehrstuhl für Multimediakommunikation und Signalverarbeitung Universität Erlangen–Nürnberg Prof. Dr.-Ing. W. Kellermann Schriftliche Prüfung im Fach Stochastische Prozesse 5. September 2005 5 Aufgaben Aufgabe 1 17 Punkte Gegeben sind die statistisch unabhängigen Zufallsvariablen X und Y . Die Zufallsvarible X ist Poisson-verteilt mit der Dichte fX (x) = e−2 ∞ X 2k k=0 k! · δ(x − k) und Y ist Rayleigh-verteilt mit der Varianz σY2 = 1 − π4 . 2 a) Geben Sie den linearen Mittelwert mX und die Varianz σX von X an. (2 Punkte) b) Geben Sie die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion fY (y) von Y an. (3 Punkte) c) Geben Sie die Verbunddichte fXY (x, y) und die Kovarianz CXY von X und Y an. (3 Punkte) d) Die Zufallsvariable Z wird nun definiert als Z = X + Y . Berechnen Sie den linearen Mittelwert mZ und die Varianz σZ2 von Z. (4 Punkte) e) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion fZ (z) von Z. Ist Z eine diskrete oder eine kontinuierliche Zufallsvariable? (5 Punkte) Aufgabe 2 16 Punkte Zuordnungsaufgabe: Gegeben sind 4 Definitionen von Zufallsvariablen, gekennzeichnet mit den römischen Zahlen I) bis IV), und 8 Verteilungen, gekennzeichnet mit den Buchstaben A) bis H). Anhand der Definitionen der Zufallsvariablen ist anzugeben, welche Wahrscheinlichkeitsverteilung die Zufallsvariable aufweist. Dabei sind zum Teil sinnvolle Näherungen anzuwenden. Ordnen Sie jeder Zufallsvariable eine der Verteilungen A) bis H) zu und geben Sie jeweils eine kurze Begründung. Verfahren Sie für jede Zufallsvariable nach folgendem Schema: römische Zahl - Buchstabe - kurze Begründung I) Bei einer Messreihe mit N Einzelmessungen sind die Abweichungen jeder Einzelmessung statistisch unabhängig und jeweils normalverteilt mit der Dichte N (0, 1). Die Zufallsvariable X1 ist als Summe der Quadrate der Abweichungen definiert. (4 Punkte) II) Die Zufallsvariable X2 ist als Durchschnittsalter der Zuschauer eines Fußballspieles (N = 44000 Zuschauer) definiert. Betrachten Sie dazu das Alter jedes Zuschauers jeweils als eine zwischen 10 und 70 Jahren gleichverteilte und zu allen anderen unabhängige Zufallsvariable. (4 Punkte) III) Eine Kreditkartengesellschaft mit N = 10.5 Millionen Kunden betreibt eine SperrHotline für verlorene Kreditkarten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Kunde bei der Sperr-Hotline in einem beliebigen Zeitintervall mit Länge 1 Minute anruft, beträgt für jeden Kunden p = 10−7 . Die Anrufe werden als statistisch unabhängig betrachtet. Die Zufallsvariable X3 ist als die Anzahl der Anrufe bei der Sperr-Hotline pro Minute definiert. (4 Punkte) IV) Bei einer komplexen Zufallsvariable Z = R + jI sind der Realteil R und der Imaginärteil I statistisch unabhängig und jeweils normalverteilt mit der Dichte N (0, 1). Die Zufallsvariable X4 ist als Betrag von Z definiert: X4 = |Z|. (4 Punkte) A) Normalverteilung B) Geometrische Verteilung C) Rayleigh-Verteilung D) Gleichverteilung E) Poissonverteilung F) Laplace-Verteilung G) χ2 -Verteilung H) Exponentialverteilung Aufgabe 3 30 Punkte Der Zufallsprozess Y (t) ist als Summe der beiden statistisch unabhängigen Zufallsprozesse X(t) und N(t) definiert Y (t) = X(t) + N(t) . X(t) ist gegeben durch X(t) = g(A, t) = t2 A , +1 wobei A eine reellwertige, Laplace-verteilte Zufallsvariable mit der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion fA (a) = e−2|a| ist. Der Zufallsprozess N(t) ist ein reellwertiger, mittelwertfreier weißer Gaußprozess mit der AKF RN N (t1 , t2 ) = 2 · δ(t1 − t2 ). a) Skizzieren Sie drei verschiedene Musterfunktionen von X(t) im Intervall t ∈ [−2; 2]. (3 Punkte) b) Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion fX (x, t) des Zufallsprozesses X(t). (4 Punkte) c) Berechnen Sie den linearen Mittelwert mX (t) und die Autokorrelationsfunktion RXX (t1 , t2 ) von X(t). (6 Punkte) d) Ist X(t) schwach stationär? Ist X(t) streng stationär? Ist X(t) durch die obigen Angaben vollständig beschrieben? Geben Sie jeweils eine kurze Begründung an. (4 Punkte) e) Ist N(t) schwach stationär? Ist N(t) streng stationär? Geben Sie wieder jeweils eine kurze Begründung an. (3 Punkte) f) Wir betrachten den Zufallsprozess N(t) zu den zwei Zeitpunkten t1 und t2 = t1 + 1 und definieren die Zufallsvariablen N1 = N(t1 ) und N2 = N(t2 ) = N(t1 + 1). Geben Sie die Verbunddichte fN1 N2 (n1 , n2 ) dieser beiden Zufallsvariablen an. (5 Punkte) g) Berechnen Sie die Kreuzkorrelationsfunktion RXY (t1 , t2 ) und die Autokorrelationsfunktion RY Y (t1 , t2 ) (5 Punkte) Aufgabe 4 20 Punkte Die Lebensdauer von Glühlampen lässt sich durch eine exponentialverteilte Zufallsvariable T mit der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion fT (t) = fT |A (t|a) = 1 a e−1/a t ǫ(t) mit a > 0 beschreiben. Zur Schätzung des determinierten aber unbekannten Parameters a der Dichte liegt uns der Beobachtungsvektor T = [T1 , T2 , . . . , TN ] vor. Dieser Beobachtungsvektor ist ein Vektor von statistisch unabhängigen, identisch exponentialverteilten Beobachtungen (Zufallsvariablen) Ti mit den Dichten fTi (ti ) = fTi |A (ti |a) = a1 e−1/a ti ǫ(ti ). a) Geben Sie die bedingte Dichte fT|A (t|a) (Likelihood-Funktion) des Beobachtungsvektors T bei gegebenem Parameter A = a an. (2 Punkte) b) Bestimmen Sie den Maximum-Likelihood Schätzer ÂM L für den Parameter a, wenn der Beobachtungsvektor T vorliegt. (7 Punkte) Hinweis: Wenn Sie Teilaufgabe b) nicht gelöst haben, können Sie für die nachfolgenden Teilaufgaben den Schätzer: ÂM L N 1 X Ti = N i=1 verwenden. c) Ist der Schätzer erwartungstreu, ist er konsistent? Begründen Sie Ihre Antwort jeweils durch kurzen rechnerischen Nachweis.∗ ) (5 Punkte) d) Aus einer Stichprobe von N = 500 Glühlampen wurde mit Hilfe des ML-Schätzers aus Teilaufgabe b) ein Schätzwert âM L = 221 ermittelt. Berechnen Sie ein Konfidenzintervall für den Parameter a.∗ ) Das Konfidenzmaß beträgt γ = 0.99. Da die Zahl der Beobachtungen (N = 500) sehr groß ist, kann der Schätzwert ÂM L aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes als normalverteilt betrachtet werden. (6 Punkte) ∗ ) Hinweis: Hierzu können Sie nach geeigneter Substitution Ergebnisse aus der Vorlesung bei Angabe der Gleichungsnummer direkt verwenden. Aufgabe 5 X(t) 17 Punkte g(t) U(t) V (t) h(t) Y (t) Z(t) N(t) Gegeben ist die obige Anordnung linearer, zeitinvarianter Systeme mit den reellwertigen Impulsantworten g(t) und h(t). Die zugehörigen Übertragungsfunktionen sind G(jω) und H(jω). Die reellwertigen, stationären Zufallsprozesse X(t) und N(t) sind mittelwertfrei und statistisch unabhängig. Die Leistungsdichtespektren von X(t) und N(t) sind gegeben durch ( 4, für |ω| ≤ ω , 0 ω SXX (jω) = 4 rect = 2ω0 0, sonst SN N (jω) = 1 . 1 + ω2 Ferner ist die Übertragungsfunktion G(jω) = 1 + jω gegeben. a) Bestimmen Sie die Autokorrelationsfunktion RXX (τ ) von X(t). (3 Punkte) b) Bestimmen Sie das Leistungsdichtespektrum SU U (jω) von U(t). (3 Punkte) 2 c) Bestimmen Sie die Varianzen σX und σU2 von X(t) und U(t). (4 Punkte) d) Bestimmen Sie die Übertragungsfunktion H(jω) für ein nichtkausales Wiener-Filter in Abhängigkeit von SXX (jω), SN N (jω) und G(jω), so dass E{Z 2 (t)} minimal wird. (7 Punkte)