KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN Brüssel, den 22.11.2006 KOM(2006) 714 endgültig MITTEILUNG DER KOMMISSION Die Wirtschaft der EU: Bilanz 2006 WIRTSCHAFTSPOLITISCHE PRIORITÄTEN ZUR STÄRKUNG DER EURO-ZONE {SEK(2006) 1490} DE DE MITTEILUNG DER KOMMISSION Die Wirtschaft der EU: Bilanz 2006 WIRTSCHAFTSPOLITISCHE PRIORITÄTEN ZUR STÄRKUNG DER EURO-ZONE Im Laufe der acht Jahre seit der Schaffung der Euro-Zone hat sich der Euro als starke, stabile Währung im Eurogebiet und auf den internationalen Märkten behauptet und ist so zu einer der Säulen des internationalen Währungssystems geworden. Er ist ein wichtiges Medium für globale Finanztransaktionen und hat den internationalen Kapitalmärkten ein neues Gesicht gegeben. Der Euro hat in der gesamten Währungsunion geringe Inflationserwartungen und wirtschaftliche Stabilität verankert. Außerdem hat er die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten von den heftigen Wechselkursschwankungen abgeschirmt, denen sie zuvor bei globalen Finanzmarktturbulenzen mitunter ausgesetzt waren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Euro-Zone bereits optimal funktioniert und die politische Tagesordnung damit abgearbeitet wäre. Das nach wie vor verhaltene Wachstum und die noch immer bestehenden Unterschiede bei Wachstum und Inflation werfen die Frage auf, ob die interne Anpassung in der Euro-Zone reibungslos funktioniert und ob die Mitgliedstaaten den Implikationen einer Währungsunion in ihrer Wirtschaftspolitik umfassend Rechnung tragen. Sollten aus den Unterschieden Spannungen ergeben, so könnten diese den Zusammenhalt in der Euro-Zone schwächen, die Politikkoordinierung erschweren und die Aufgaben der Geldpolitik komplizieren. Diese Herausforderungen müssen im Kontext eines intensiveren weltweiten Wettbewerbs, alternder Bevölkerungen und anhaltender globaler Ungleichgewichte gesehen werden. Um zuversichtlich in die Zukunft blicken zu können und nachhaltiges Wachstum zu gewährleisten, muss die Wirtschaftspolitik die ökonomischen Anreize richtig setzen, die Beobachtung gut fokussieren und die Wirtschaftverwaltung der Euro-Zone sehr effektiv gestalten. Die im Eurogebiet bestehenden Herausforderungen müssen auch in einen umfassenderen EUweiten Zusammenhang gestellt werden, damit die Wahrung der zentralen, sich deckenden Interessen der Mitgliedstaaten durch gezielte politische Anstrengungen der Partner in der Währungsunion gefördert und nicht beeinträchtigt wird. Synergien, zum Beispiel zwischen der reibungslosen Abstimmung innerhalb des Eurogebiets und den grundlegenden Prioritäten der Strategie von Lissabon sowie der Binnenmarkt- und Handelspolitik, können und sollten angestrebt werden. Die politischen Optionen müssen rasch ermittelt und benannt werden und in konkrete Maßnahmen münden. Das bedeutet auf den in der Jahreserklärung 2006 des Eurogebiets benannten Themen aufzubauen und deren analytische Grundlage zu verbreitern1. 1 DE "Jährliche Stellungnahme zum Euroraum", Mitteilung der Kommission - KOM(2006) 392 vom 12.7.2006. 2 DE Die zusammen mit dieser Mitteilung vorgelegte Bericht der EU-Wirtschaft für 20062 konzentriert sich auf die Fragen, die sich aus den Erfahrungen bei der Anpassung im Eurogebiet ergeben. Der Bericht beleuchtet in der Analyse dieser Erfahrungen potentielle Mängel im Funktionieren der Währungsunion und bildet damit eine Handlungsgrundlage zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit und Stabilität der EWWU in der Zukunft. Gemischte Erfahrungen in den ersten Jahren der Währungsunion Die Vorbereitung der Währungsunion in Europa wurde von der Diskussion über Kosten und Nutzen des Euro sowie die Voraussetzungen seines Erfolgs beherrscht. Bereits im Vorfeld der Einführung des Euro 1999 war eine wesentliche Frage, wie die teilnehmenden Staaten sich auf Schocks und unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit unter Rahmenbedingungen einstellen würden, die von geringer Arbeitnehmermobilität, unvollständiger Integration der Waren- und Dienstleistungsmärkte und der Wahrung einzelstaatlicher Haushaltsautonomie geprägt sind. Damals sagten viele voraus, dass die europäische Währungsunion nicht funktionieren und ein kurzes Leben haben würde. Diese pessimistischen Prognosen haben sich nicht bewahrheitet. Der Euro hat sich rasch als starke und stabile Währung etabliert. Insgesamt haben die Volkswirtschaften der Euro-Zone auf globale Verwerfungen wie den Anstieg der Ölpreise auf mehr als das Doppelte und die Auswirkungen internationaler Finanzmarktturbulenzen erstaunlich robust reagiert. Im historischen Vergleich blieb auch die Inflationsrate bemerkenswert niedrig und stabil, was auch in der sehr geringen Wirkung von Energiepreissteigerungen auf Inflation und Löhne zum Ausdruck kommt. Dies wiederum erlaubte den Mitgliedern der Euro-Zone den Genuss der günstigsten Finanzierungsbedingungen aller Zeiten und zwar in einem Umfeld zunehmender wirtschaftlicher Integration, hervorgerufen durch die verstärkende Wirkung der EWWU und des Binnenmarkts. Ungeachtet dieser Erfolge haben sich die einzelnen Volkswirtschaften in der Euro-Zone nicht immer so schnell und reibungslos an länderspezifische Entwicklungen angepasst, wie es wünschenswert gewesen wäre. In einer Währungsunion findet Anpassung üblicherweise durch Wachstums- und Inflationsunterschiede statt. Aber in den ersten Jahren des Euro hat eine eher langsame Anpassung in manchen Fällen lang anhaltende Inflationsdifferenzen und große Leistungsbilanzungleichgewichte zur Folge gehabt. Auch manche Wachstumsdifferenzen, die größer ausgefallen sind als nach dem Potenzialwachstum zu vermuten gewesen wäre, sind darauf zurückzuführen. Eine effizientere Anpassung hätte Volkswirtschaften, deren Wachstum sich nach Wettbewerbsverlusten verlangsamte, schneller wieder auf den mittelfristigen Wachstumspfad zurückgeführt. Und Perioden hoher nationaler Inflationsraten (relativ zum Durchschnitt der Euro-Zone) hätten ebenfalls nicht so lange gedauert. Ganz allgemein lässt sich feststellen, dass der Euro noch nicht in der Lage war, hohes Wirtschaftswachstum und hohe Beschäftigung über einen längeren Zeitraum zu erreichen. Man könnte versucht sein, derartige Anpassungsschwierigkeiten vollständig auf den Umstand zurückzuführen, dass einige Mitglieder der Euro-Zone erst verspätet Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung und Durchführung struktureller Reformen ergriffen haben. Dies hat 2 DE 2006 EU Economy Review, "Adjustment dynamics in the euro area: experiences and challenges", European Economy, Directorate General for Economic and Financial Affairs, http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/european_economy/2006/the_eu_economy_review20 06_en.htm 3 DE zweifellos eine wichtige Rolle gespielt, aber für Politiker und alle in der Wirtschaft Tätigen war der Anpassungsprozess in der Währungsunion auch eine neue Erfahrung, die sie vor Herausforderungen stellte, die nicht in vollem Umfang vorhergesehen worden waren. So leisteten zum Beispiel Entwicklungen auf den Finanzmärkten Ungleichgewichten mehr Vorschub und beeinflussten Konsum- und Investitionsverhalten stärker als erwartet. Außerdem entstanden aus dem Zusammenwirken wirtschaftlicher Entwicklungen untereinander und mit politischen Initiativen Folgen, die sich häufig gegenseitig verstärkten. An Hand der nachfolgenden Elemente können die längerfristigen Unterschiede in Wirtschaftswachstum und Inflation sowie die Leistungsbilanzungleichgewichte in der EuroZone besser verständlich werden: Entwicklungen in der Vorbereitungsphase der Währungsunion können in Zusammenhang gestellt werden mit anhaltenden Ungleichgewichten und Verschiebungen in den realen effektiven Wechselkursen in den ersten Jahren der Wirtschafts- und Währungsunion. In einigen Mitgliedstaaten waren dies etwa stark fallende Zinssätze vor der Euro-Einführung und eine Lockerung der Kreditbeschränkungen für Haushalte infolge des verbesserten Zugangs zu Krediten im stärker integrierten Finanzmarkt. Ferner hatte die Wiedervereinigung Deutschlands einen relativ großen Effekt auf die relative Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Euro-Zone. Daneben vollzogen sich zusätzlich zu den Auswirkungen von Migration und Tourismus länderspezifische Entwicklungen bei der Produktivität im Handel und im Sektor der nicht handelbaren Güter. Ein wichtiger Faktor in einzelnen Volkswirtschaften der Euro-Zone war der Umstand, dass wirtschaftliche Entwicklungen Wechselwirkungen hervorriefen, die in manchen Fällen dazu beitrugen, das Ausmaß und die Dauerhaftigkeit von Leistungsbilanzungleichgewichten zu verstärken. Als Beispiel hierfür ist vor allem die starke und anhaltende Verlagerung von Ressourcen in den Sektor nicht handelbarer Güter, namentlich Immobilieninvestitionen, zu nennen, die durch die kombinierte Wirkung sinkender Risikoprämien, lockerer Kreditvergabe, Migration, Tourismus und demografischer Entwicklungen gefördert wurde. In manchen Fällen wirkten nationalstaatliche Politiken in ihrem Zusammenspiel mit den Marktkräften erschwerend für eine reibungslose Anpassung. So traten beispielsweise in den Niederlanden zu Beginn dieses Jahrzehnts prozyklische Wirkungen im Arbeits- und Finanzmarkt sowie, wie man im Nachhinein weiß, in der Fiskalpolitik auf. Diese Faktoren trugen zum Entstehen eines „Boom-and-Bust“-Zyklus bei, was für einen Staat, der sich seit circa 30 Jahren in einer De-facto-Währungsunion befand, ein überraschendes Ereignis war. Eine allgemeine Erfahrung des Eurogebiets war die Schwierigkeit der Bewertung der fundamentalen Haushaltsdaten während der länderspezifischen Anpassungszyklen, was zugleich die Risiken in der Gestaltung der Haushaltspolitik in "guten Zeiten" verdeutlichte. Löhne und Preise haben in einigen Fällen zu langsam auf Veränderungen der konjunkturellen Bedingungen in den Ländern reagiert, insbesondere in Phasen der Konjunkturabschwächung. Dieser Mangel an Flexibilität bestand trotz ausgeprägter Lohnzurückhaltung, die dazu beitrug, die strukturelle Arbeitslosigkeit in gewissem Maße abzubauen. Ein weiterer Faktor war geringes Produktivitätswachstum, infolge dessen die reale Entwertung besonders stark auf den Löhnen lastete. Der Spielraum für grenzüberschreitende Übertragungseffekte innerhalb der Euro-Zone ist erheblich. So beeinflusst beispielsweise ein in mehreren Volkswirtschaften auftretender Boom auf dem privaten Wohnungsmarkt sowohl die Nachfrage nach handelbaren Gütern als auch DE 4 DE die Zinssätze in anderen Mitgliedstaaten der Euro-Zone. Entwicklungen im Haushaltsbereich und bei den Löhnen beeinflussen durch ihre Interaktion während der Anpassung über die Nachfrage und den Wettbewerbskanal ebenfalls andere Volkswirtschaften in der Währungsunion. Durch Übertragungseffekte aus der Weltwirtschaft auf Staaten in der Euro-Zone können ebenfalls Anpassungsherausforderungen innerhalb der Währungsunion entstehen. Infolge ihrer unterschiedlichen geographischen und sektoralen Spezialisierung sind die Mitgliedstaaten von Entwicklungen im Welthandel, den internationalen Preisen und Exportmärkten, und dem Außenwert des Euro relativ zu den Währungen ihrer Haupthandelspartner unterschiedlich stark betroffen. Diese Gesichtspunkte sind im Hinblick auf die signifikanten globalen Ungleichgewichte von besonderer Bedeutung. Und schließlich haben die Erfahrungen mit nomineller und realer Konvergenz erheblich variiert, was zum Teil unterschiedliche nationale Politikansätze widerspiegelte. Während der nominalen Konvergenz haben einige Volkswirtschaften, beispielsweise Spanien, eingesparte Zinszahlungen zur dauerhaften Verbesserung der Haushaltssituation genutzt, während andere, wie zum Beispiel Italien, diese Gelegenheit nicht vollständig nutzten. Daneben führten im Prozess der realen Konvergenz politische Faktoren und Marktmechanismen zu unterschiedlichen Ergebnissen. In Portugal kam zu dem konjunkturellen Druck während eines kräftigen Booms eine expansive Fiskalpolitik hinzu, die den budgetäre Handlungsspielraum und die Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaft im nachfolgenden Abschwung begrenzte. Gleichzeitig erfolgte - bei geringer Produktivitätsleistung - eine erhebliche Verschiebung von Ressourcen in den Sektor nicht handelbarer Güter, wodurch keine ausreichende Grundlage für eine nachhaltige Erholung geschaffen wurde. Dies stand in scharfem Gegensatz zu den positiven Erfahrungen, die in einer vergleichbaren Phase der realen Konvergenz in Irland verzeichnet wurden. Handlungsbedarf um ein reibungsloses Funktionieren der Euro-Zone zu sichern Aus der oben vorgenommenen Auswertung der Erfahrungen ergeben sich eine Reihe möglicher Erkenntnisse für die Politik, die zur Förderung eines künftig zunehmend reibungslosen Funktionierens der Währungsunion beitragen können. Zunächst müssen die nationalstaatlichen Haushaltspolitiken umsichtig gestaltet werden, um negative Übertragungseffekte zu minimieren. Angesichts des hohen Ausmaßes an Interdependenz in der Reaktion der Volkswirtschaften der Euro-Zone auf Schocks oder in deren Bemühen um die Erhöhung des Wachstumspotenzials stellen auch Strukturpolitiken ein gemeinsames Anliegen dar. Zudem müssen die Herausforderungen für die Mitgliedstaaten in einer internationalen Perspektive gesehen werden. Nachfolgend werden fünf spezifische politische Überlegungen ausgeführt, an die sich Vorschläge für weitere Verbesserungsmöglichkeiten im Rahmen der Prioritäten der Kommission für die nächste Zeit anschließen: Die Haushaltspolitik muss noch umsichtiger betrieben werden. Dies erfordert eine sorgfältige Analyse der Haushaltslage, eine bessere Berechnung der fundamentalen Haushaltsdaten unter Berücksichtigung eines breiteren Spektrums von Indikatoren und eine stärkere Konzentration auf die Zusammensetzung des Wachstums und die Anpassung der realen Wechselkurse in der Euro-Zone. Dies sollte die Möglichkeit schaffen, die wirtschaftlich guten Zeiten umfassend für eine Verbesserung der Haushaltspositionen zu nutzen. Diese Empfehlungen entsprechen dem überarbeiteten Stabilitäts- und Wachstumspakt, DE 5 DE der einen solideren Rahmen für die Orientierung der einzelstaatlichen Politik der Mitgliedstaaten während des gesamten Zyklus bietet und den Belangen der langfristigen Nachhaltigkeit Rechnung trägt. Die Märkte für Güter und Dienstleistungen müssen flexibler werden und die öffentlichen Haushalte aktive Anpassung stärker unterstützen. Die Erfahrung in den ersten Jahren nach Einführung des Euro mit der Anpassung an Schocks ruft nach einer größeren Flexibilität der Preise nach unten. Bei starren Preisen stößt eine Anpassung der Nominallöhne auf stärkeren Widerstand, weil diese dann mit höheren realen Kaufkraftverlusten verbunden wäre, und die Kosten der Anpassung in Form von Auswirkungen auf Produktion und Beschäftigung daher höher sind. Eine schleppende Neuaufteilung von Ressourcen zwischen Unternehmen und Sektoren kann die Anpassung ebenfalls schmerzhafter machen. Die Gewährleistung offener und wettbewerbsfähiger Märkte für Produkte und Dienstleistungen fördert deshalb nicht nur das mittelfristige Wachstumspotenzial, sondern ist auch ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Strategie zur Verringerung der Wohlfahrtskosten zyklischer Anpassungsprozesse. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch eine Überprüfung der Steuer- und Ausgabenpolitik – auf EU, nationalstaatlicher und lokaler Ebene - notwendig sein. Die Integration der Finanzmärkte muss beschleunigt werden. EU-weit wurden bereits wichtige Fortschritte erzielt, doch muss noch mehr getan werden, um das volle Potenzial und den maximalen Nutzen aus den Finanzmärkten in der Euro-Zone zu ziehen. Eine größere Finanzmarktintegration kann die Wirkung wirtschaftlicher Störungen auf Einkommen und nationale Kreditmärkte glätten. Diesbezüglich sind von einer vollständigen Durchführung des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen und laufenden Maßnahmen zur Förderung der Integration der Finanzmärkte bedeutende Ergebnisse zu erwarten. Die Implikationen der Währungsunion müssen sich im Lohnsetzungsverhalten niederschlagen. Da die Verantwortung für gut abgestimmte Lohnabschlüsse zunehmend den Sozialpartnern zufällt, muss sichergestellt werden, dass die Implikationen und Konsequenzen verschiedener Handlungsoptionen den am Lohnfindungsprozess Beteiligten bewusst sind. Damit sollte in erster Linie besser beurteilt werden können, ob die derzeitigen und absehbaren Lohn- und Preisentwicklungen mit Blick auf die Anpassungserfordernisse unproblematisch sind. Dies sollte auch dazu beitragen, signifikantes Überschießen der realen effektiven Wechselkurse in der Euro-Zone zu vermeiden. Die globale Dimension muss berücksichtigt werden. Der internationalen Dimension muss auf systematischere Weise Rechnung getragen werden. Die unterschiedlichen Auswirkungen globaler Entwicklungen auf einzelne Staaten – ebenso wie der Einfluss des Euro und der Euro-Zone auf die anderen Akteure in der Weltwirtschaft durch Handels-, Finanz- und Politikkanäle - müssen bei der Beurteilung der Politikausrichtung sowohl auf Ebene der EuroZone wie auch auf der der Einzelstaaten ins Kalkül gezogen werden. Zudem können die Handelsagenda der EU und die Vertiefung des Binnenmarktes bei der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft des Eurogebiets auf Weltmärkten helfen. Der Weg zu einer stärkeren Euro-Zone Die Währungsunion hat ihren Mitgliedern großen Gewinn gebracht, aber sie muss noch vertieft und vollendet werden - und diese Priorität erscheint im heutigen internationalen Umfeld umso zwingender. Die unterschiedlichen Wirtschaftsentwicklungen in der Euro-Zone in der jüngeren Vergangenheit spiegelten in einem gewissen Maß anfängliche Entwicklungen wider, denen die Mitgliedstaaten in der Vorbereitungsphase zur Schaffung der DE 6 DE Währungsunion in 1999 ausgesetzt waren. Die Zukunft wird allerdings wohl neue Herausforderungen in Form bedeutender Veränderungen auf globalen Märkten mit sich bringen – sei es in Form intensiveren Wettbewerbs, langsameren Exportmarktwachstums oder von Verschiebungen auf Finanzmärkten. Einige der Mitgliedstaaten der Euro-Zone könnten dabei erhöhtem Anpassungsdruck ausgesetzt sein. Es ist von essentieller Bedeutung sicherzustellen, dass die Wirtschaft der Euro-Zone insgesamt gesehen auf künftige Störungen mit Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft reagiert. Sie muss sich in der Tat zu kräftigem und nachhaltigem Wirtschaftswachstum auch in einem internationalem Umfeld in der Lage sein, in dem sich einige andere Antriebskräfte der Weltwirtschaft möglicherweise abschwächen Das kann dazu beitragen, internationale Märkte offen zu halten und kräftig zu wachsen, und so entscheidend den Wohlstand der europäischen Bürger zu erhöhen. Politik und Institutionen der Euro-Zone müssen sich nun, da wir uns dem 10-jährigen Bestehen des Euro nähern, dieser Aufgabe gewachsen zeigen. Strukturreformen beschleunigen und Integration fördern Eine erste Priorität besteht in der Beschleunigung des Tempos der Strukturreformen. Die gegenwärtige Wirtschaftserholung bietet, zusammen mit der neuen Verwaltung der Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung, eine einzigartige Gelegenheit die notwendigen Strukturreformen kraftvoll zu verfolgen3. Diese können das Wachstumspotenzial mittelfristig verbessern und, ganz wichtig, die Effizienz mit der die Wirtschaften der Mitgliedstaaten auf Schocks reagieren kräftig erhöhen. Die Marktmechanismen werden gestärkt, und höheres Produktivitätswachstum kann die Anpassung erleichtern und dabei sind die Ziele am wichtigsten, die Ausgaben für Entwicklung und Forschung aus drei Prozent des Bruttoinlandprodukts zu erhöhen und Innovationen zu fördern. Strukturreformen tragen auch dazu bei, den längerfristigen Herausforderungen der Alterung der Bevölkerung und globaler wirtschaftlicher Veränderungen zu begegnen. Deshalb kommen im Eurogebiet der Wachstums- und Beschäftigungsstrategie, der Binnenmarktpolitik sowie der Handelspolitik spezielle Bedeutung zu. Eine vollständigere und weniger ungleichmäßige Integration von Märkten kann signifikante Wohlfahrtssteigerungen und einen gleichmäßigeren Anpassungsprozess herbeiführen. Die Nutzung des vollen Potenzials der Finanzmärkte zur Risikostreuung und Glättung von Einkommensschwankungen zählt ebenfalls zu den Prioritäten. Die Mitgliedstaaten der Euro-Zone müssen jene Strukturmaßnahmen identifizieren, einschließlich derer, die die zur Zeit noch sehr niedrige Arbeitnehmermobilität erhöhen, die die höchste Relevanz für die Stärkung des Wachstums und der Anpassungsfähigkeit aufweisen, was letztlich von Vorteil für das gesamte Eurogebiet ist. Bereits zuvor wurde in diesem Zusammenhang auf die Priorität verwiesen, dass die Akteure im Lohnsetzungsprozess den Kontext des Eurogebietes vollständig internalisieren und damit reibungslose Anpassungen der Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen. Weitere Stärkung fiskalischer Positionen und Verbesserung der Qualität der nationalen Haushalte Auch die Fiskalpolitik kann einen stärkeren Beitrag zu effizienter Anpassung und nachhaltigem Wachstum leisten. Die Erfahrung in den frühen Jahren des Euro unterstreicht 3 DE Der Wettbewerbsbericht 2006 der Europäischen Kommission dokumentiert Bereiche, in denen zusätzliche Anstrengungen nötig sein können. Siehe diesbezüglich die Mitteilung der Kommission "Wirtschaftliche Reformen und Wettbewerbsfähigkeit: Kernaussagen des Europäischen Wettbewerbsberichts 2006" - KOM(2006) 697 vom 14.11.2006. 7 DE die Notwendigkeit, dass die Politik „gute Zeiten“ besser nutzt und mittelfristige Anpassung gemäß des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakts sichert. Im Rahmen des reformierten Pakts sollte die Budgetpolitik zunehmend auf die Qualität der öffentlichen Finanzen abstellen, insbesondere hinsichtlich der Steuerstruktur und der Ausgabenpolitik. Die Mitgliedstaaten haben zugestimmt, die nächste Ausgabe der nationalen und regionalen Programme mit Unterstützung der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds zur Implementation der LissabonStrategie zu nutzen und damit die Qualität der öffentlichen Ausgaben zu erhöhen. Verstärkte Koordination innerhalb und außerhalb der Euro-Zone Die obigen Herausforderungen sollten primär als nationale Politikprioritäten angesehen werden. In einem umfassenderen Sinn stellen sie aber auch eine Herausforderung für die Verwaltung der Euro-Zone dar. Der Euro hat viel größere Interdependenz mit sich gebracht, nicht zuletzt durch Geschwindigkeit und Ausmaß der Finanzströme. Den Organen der EU sowie der Euro-Gruppe kommt also zweifellos eine wichtige Rolle dabei zu, Fortschritte über Landesgrenzen, politische Konzepte und Wirtschaftssektoren hinweg zu koordinieren. In dieser Hinsicht sollten die auf nationaler und europäischer Ebene verfügbaren Instrumente zur Koordinierung noch mehr Bedeutung haben für die Förderung des effizienten Funktionierens der Euro-Zone. Die Koordinierung der Haushaltspolitik im Rahmen des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakts muss verstärkt werden und in der Wachstums- und Beschäftigungsstrategie muss die Dimension der Euro-Zone gebührend betont werden. Die vom Rat im Juli 2005 angenommenen integrierten Richtlinien für Wachstum und Beschäftigung spiegeln diese klare Ausrichtung auf eine erweiterte Koordinierung von makroökonomischer Politik und Strukturpolitik wider, insbesondere durch die sich auf das Eurogebiet konzentrierende Richtlinie. Eine klarere, zu einer gemeinsamen Stimme führende Vertretung der Euro-Zone nach außen kann einen wichtigen Beitrag leisten zur Unterstützung der Interessen von EU und Euro-Zone. Die Erweiterung der Euro-Zone fördern Ein besseres Funktionieren der Euro-Zone nützt den Euro-Mitgliedstaaten und der gesamten EU. Für Mitgliedstaaten, die der Währungsunion noch nicht angehören, bietet der Euro ein erhebliches Potenzial als Anker der Politik. Gleichzeitig ist es nötig, dass Politiker die Lehren ziehen, die sich aus den Erfahrungen der heutigen Euro-Mitglieder für die Bewegung zum Euro ergeben. Das wird es den sich auf den Beitritt zur Euro-Zone vorbereitenden Staaten erlauben, den vollen Nutzen aus dem Leben mit der Gemeinschaftswährung zu ziehen. Auf dieser Grundlage kann die Einführung des Euro helfen, Handel und Wirtschaftswachstum zu stimulieren und diese Volkswirtschaften vor Turbulenzen an internationalen Märkten zu schützen – ein in Zeiten hoher globaler Liquidität und niedriger Risikoprämien nicht immer gewürdigter Vorteil. Näher an die Bürger herankommen Selbst eine fachgerechte Steuerung der Wirtschafts- und Währungsunion durch Politiker wird allerdings nicht hinreichend sein, wenn die Botschaft nicht beim Bürger ankommt. Die Bürger haben tatsächlich in vielfacher Weise von der Währungsunion profitiert, sei es durch stabile Preise, durch günstigere und leichter erhältliche Kredite, durch eine weiter fortschreitende Integration und durch Schutz vor Turbulenzen auf internationalen Märkten. Meinungsumfragen zeigen, dass die Bürger den praktischen Nutzen des Euro zwar kennen, die daraus erwachsenden gesamtwirtschaftlichen Vorteile jedoch weniger klar erfassen. Viele Bürger spüren, dass die Mitgliedstaaten ihre Politiken enger koordinieren könnten. Es gibt DE 8 DE daher Spielraum, den Bürgern zu beweisen, dass die Mitgliedschaft in der Währungsunion einen Pfad bietet zu großen und dauerhaften Steigerungen des Lebensstandards sowie der wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität. *** Im Rückblick auf die ersten Jahre der Währungsunion wird deutlich, dass ein solider makroökonomischer Rahmen erfolgreich genutzt wird. Nun ist die Frage zu beantworten, wie gut die Politiken umgesetzt sind; wie stark Strukturreformen den Anpassungsprozess unterstützen; und wie die Verwaltung der Euro-Zone entscheidend konsolidiert werden kann. Diese Mitteilung hat Prioritäten hervorgehoben, um das reibungslose Funktionieren einer erweiterten Euro-Zone zu sichern und ihren Beitrag zur Weltwirtschaft zu verstärken. Die Verwirklichung dieses Ziels erfordert vertiefte Politikkoordination und verbesserte Lenkung, insbesondere durch die Wachstums- und Beschäftigungsstrategie und im Rahmen der EuroGruppe. Den erforderlichen politischen Konsens herbeizuführen wird eine Herausforderung sein. Aber dies ist essentiell, wenn die europäischen Bürger in vollem Umfang Nutzen aus der Wirtschafts- und Währungsunion ziehen sollen und wenn der Weg zum zehnjährigen Bestehen der Euro-Zone über einen Pfad anhaltenden Wachstums führen soll. DE 9 DE