Fakultät für Physik und Geowissenschaften Physikalisches Grundpraktikum O10a „Michelson-Interferometer“ Aufgaben 1. Justieren Sie ein Michelson-Interferometer und bestimmen Sie damit die Wellenlänge der emittierten Strahlung eines Helium-Neon-Lasers. 2. Messen Sie die Längenänderung eines piezoelektrischen Aktors (Piezoaktor) in Abhängigkeit von der angelegten elektrischen Spannung (Kennlinie). Es ist zu überprüfen Sie, ob Hysterese auftritt. Stellen Sie den Stellweg des Aktors in Abhängigkeit von der angelegten elektrischen Spannung graphisch dar. Ermitteln Sie die Empfindlichkeit des Piezoaktors und die Linearität der Kennlinie. 3. Ermitteln Sie die Brechzahl von Luft für Normbedingungen. Zusatzaufgabe: Ermitteln Sie den linearen Ausdehnungskoeffizienten eines Metallstabes unter Verwendung des Michelson-Interferometers. Literatur Physikalisches Praktikum, 13. Auflage, Hrsg. W. Schenk, F. Kremer, Optik, 2.0.1, 2.0.2, 2.4 Gerthsen Physik, D. Meschede, 22. Auflage, 10.1.13 Zubehör He-Ne-Laser, Komponenten mit Magnetfüßen zum Aufbau eines Michelson-Interferometers, Labornetzgerät, Piezoaktor mit Spiegel, ferromagnetischer Metallstab mit Spiegel, Elektromagnet, ergänzende Versuchskomponenten, evakuierbare Kammer, Hand-Vakuumpumpe Schwerpunkte der Vorbereitung - Konstruktive und destruktive Interferenz, Phasen- und Gangunterschiede - Kohärentes Licht, Kohärenzbedingung - Aufbau und Wirkungsweise eines Michelson-Interferometers, Strahlenverlauf, Berechnung des Gangunterschieds (der Phasendifferenz) - Erzeugung und Eigenschaften von Laserlicht, Grundprinzip des He-Ne-Lasers - Michelson-Moreley-Experiment, Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum - Brechzahl, Definition, Dispersion, Messung der Brechzahl mit dem Michelson-Interferometer - Piezoelektrischer Effekt - Thermische Ausdehnung 1 Simulationen/Animationen: http://www.ub.es/javaoptics/index-en.html#Applets (Michelson-Interferometer) http://galileoandeinstein.physics.virginia.edu/more_stuff/flashlets/mmexpt6.htm (Michelson-Moreley-Experiment In diesem Versuch kommen hochwertige, teure optische Geräte und Komponenten zum Einsatz! Beim Experimentieren mit dem LASER nie direkt oder indirekt (nach Reflexionen) in den Strahl sehen! Grundlagen Die Zeit-und Ortsabhängigkeit einer sich in positiver (negativer) z-Richtung ausbreitenden ebenen Welle kann durch ψ =ψ 0 exp [i(ωt m kz + ϕ )] (1) beschrieben werden, wobei ψ z.B. für eine Komponente des elektrischen Feldes stehen kann. Die Phase der Welle ist durch den Ausdruck (ωt m kz + ϕ ) gegeben, die Kreiswellenzahl durch k = 2π/λ, die Kreisfrequenz durch ω = 2π/T. ϕ bezeichnet den Nullphasenwinkel. Die Phasengeschwindigkeit der Welle, vph , im Vakuum gleich der Lichtgeschwindigkeit c0, folgt aus der Bedingung, dass die Phase (ωt m kz + ϕ ) konstant ist, zu dz / dt = v ph = ω / k . Interferenzen entstehen, wenn zwei (oder mehrere) Wellenzüge an einem Ort zusammentreffen. Bei der Superposition verstärken oder schwächen die Wellen einander je nach Phasenlage. Die wichtigste Voraussetzung für die Beobachtbarkeit von Interferenzen ist, dass die beiden zu überlagernden Wellenzüge kohärent sind, d. h. eine feste Phasenbeziehung zueinander haben. Die Phasendifferenz beider Wellen ist unter Berücksichtigung unterschiedlicher Medien (1 und 2) gegeben durch ΔΦ = (k1 Δz1 + ϕ1 ) − (k2 Δz2 + ϕ2 ) , wobei Δz1 und Δz2 die durchlaufenen geometrischen Wegdifferenzen sind. Eliminieren sich, wie im vorliegenden Experiment, die paarweise auftretenden Phasensprünge infolge von Reflexionen am festen Ende, so ist die Ursache für die Phasendifferenz die Differenz der Größen kz bzw. nz. Letztere wird als optische Weglänge bezeichnet. (n: Brechzahl). Unter dem Gangunterschied versteht man die Differenz der optischen Weglängen Δ = n1 Δz1 − n2 Δz2 = (ΔΦ / 2π )λ0 , wobei λ0 die Vakuumwellenlänge bezeichnet. Überlagern sich zwei Wellen ψ1(z, t) und ψ2(z, t) mit dem Phasenunterschied ΔΦ , so beträgt die resultierende Intensität I = I1 + I2 + 2 I1I2 cos(ΔΦ) . Man erhält konstruktive Interferenz für ΔΦ = 2nπ und destruktive Interferenz für ΔΦ = (2n + 1)π . Bei den bisherigen Überlegungen lagen ideale, d. h. monochromatische sowie zeitlich und räumlich unbegrenzte Wellen zugrunde. Jedoch hat eine Welle, auch jede emittierte Spektrallinie, aufgrund ihrer endlichen Bandbreite Δf (bzw. spektralen Breite Δλ ) eine endliche Länge des Wellenzuges, die Kohärenzlänge Lk , bei entsprechend begrenzter Kohärenzzeit Δt = Lk/c0 . Die Unschärferelation für Wellen führt zu ΔkΔz ≈ 1 / 2 und Δf Δt ≈ 1 / (4π ) . Daher ist 2 Lk ≈ λ02 1 ≈ . 2Δk 4π Δλ (2) Die begrenzte Kohärenzlänge bestimmt die maximal möglichen Gangunterschiede in Interferenzapparaten. In vielen Geräten wird die Kohärenz der zur Überlagerung kommenden Teilwellen durch Aufspaltung des Primärstrahls mit Hilfe von halbdurchlässigen Spiegeln u.a. erzeugt. Dies gelingt jedoch bei ausgedehnten Lichtquellen (seitliche Ausdehnung a ) nur dann, wenn die Kohärenzbedingung erfüllt ist (θ: Öffnungswinkel des Strahls): (3) 2a sin(θ ) λ /2 . Laserlicht ist besonders kohärent mit Kohärenzlängen in der Größenordnung von 1 m. Es entsteht durch stimulierte Emission. Die angeregten Atome strahlen die durch den Spiegelabstand ausgewählte Frequenz phasengleich ab. Im He/Ne Gasgemisch wird eine Gasentladung gezündet und die Heliumatome werden durch Elektronenstöße angeregt. Die Anregung der Elektronen der NeonAtome in den maßgeblichen 3s Zustand erfolgt über Stöße mit den Helium-Atomen bei gleichzeitiger Energieübertragung (Stöße 2. Art). Im Standardbetrieb emittiert der He-Ne-LASER Licht mit einer Wellenlänge von λ = 632,8 nm. Abb. 1 He-Ne Energieschema Hinweise Das vom He-Ne-Laser ausgesandte parallele Lichtbündel wird über eine halbdurchlässige Platte (Abb. 2 b, bei unserem Aufbau wird ein Strahlteilerwürfel verwendet) in zwei Teilbündel etwa gleicher Intensität zerlegt. Ein Bündel wird an der Platte reflektiert, am Spiegel d wiederum reflektiert und gelangt nach Durchdringen der Platte zum Schirm h. Das zweite Bündel wird nach Durchdringen des Würfels b am beweglichen Spiegel c reflektiert und trifft nach Reflexion am Strahlteilerwürfel b ebenfalls auf den Schirm h. Dort sind Interferenzen gut sichtbar, wenn sich die Teilbündel überlagern, sich die getrennt durchlaufenen Wege nicht mehr als eine halbe Kohärenzlänge des verwendeten Laserlichtes unterscheiden und die Oberflächen der optischen Komponenten sehr eben sind. Zur besseren Beobachtung der Interferenzstreifen dient eine Aufweitungslinse (Kugellinse e). Bei optimaler Justierung kann man das in Abb. 3 dargestellte Interferenzbild beobachten. 3 Die entstehenden Streifen sind umso breiter, je besser der Aufbau justiert ist. Ursache dafür ist die bei ungenauer Justierung entstehenden größeren Gangunterschiede zwischen den interferierenden Wellenzügen und die dadurch größere Anzahl von Interferenzstreifen im Interferenzbild. Ein sehr dichtes Streifenmuster ist aber nicht von Vorteil, da das Zählen der Hell-Dunkel-Wechsel der Streifen bezüglich einer Ablesemarke erschwert wird. Bei kontinuierlicher Änderung der optischen Weglänge laufen die Streifen langsam über den Schirm. Abb. 2 Michelson-Interferometer mit Feinstelltrieb Abb. 3 Interferenzbild Der Versuchsaufbau ist sehr empfindlich gegenüber Erschütterungen. Die optischen Komponenten werden deshalb auf einem massiven Sockel – Platte (a) in Abb. 2 – aufgebaut, die zur Entkopplung von Schwingungen der Tischplatte auf pneumatischen Dämpfungsfüßen gelagert ist. Die Grundplatte ist relativ klein, so dass die Anordnung und Justage der optischen Komponenten gut zu planen ist. Bei leicht verdunkeltem Raum werden die optischen Komponenten wie im Folgenden beschrieben aufgebaut und justiert: - Lochblende an der Öffnung des Lasers befestigen, Laser einschalten. - Justierfüße des Lasers so einstellen, dass der Strahl horizontal über der Grundplatte verläuft. - Alle Spiegel nacheinander an den Justierschrauben an den Spiegelrückseiten so einstellen, dass der Laserstrahl in die Nähe der Öffnung des Lasers zurückreflektiert wird. Die Qualität des Laserstrahls wird beeinträchtigt, wenn die an den Planspiegeln reflektierten Teilstrahlen genau in die Austrittsöffnung des Lasers zurückfallen. - Strahlteilerwürfel (b) entsprechend Abb. 2 so aufstellen, dass der reflektierte Teil etwa senkrecht abgelenkt wird. - Den festgestellten Spiegel (d) so in den Strahlengang stellen, dass der reflektierte Strahl den Würfel im gleichen Punkt trifft, wie der Laser. - Den beweglichen Spiegel (c) so postieren, dass der reflektierte Strahl den Würfel (b) in dem Punkt trifft, in dem der primäre Laserstrahl den Würfel (b) verlässt. - Den Schirm (h) entsprechend Abb. 2 postieren, aber noch ohne Kugellinse (e). Den beweglichen Spiegel (c) so drehen, dass einerseits die beiden Teilstrahlen auf dem Schirm zur Deckung kommen und andererseits die Punkte am Halbspiegel in Deckung bleiben. Neben den Hauptstrahlen treten als Folge von Vielfachreflexionen noch weitere Teilstrahlen mit geringerer Intensität auf, die später durch den Linsenhalter ausgeblendet werden können. - Die Kugellinse (e)wird so platziert, dass die sich nun überdeckenden Strahlen die Linsenöffnung 4 treffen, wobei gleichzeitig das entstehende Interferenzbild zu kontrollieren ist. Die Streifenbreite sollte im Sinne einer optimalen Messung weder zu breit noch zu schmal sein. Sind die Streifen nicht sichtbar oder zu schmal, sollte noch einmal die Deckung der Punkte ohne Aufweitung durch die Kugellinse kontrolliert werden. Zur Vereinfachung der Messung werden die Mikrometerschraube und der mit ihr mechanisch verbundene Feinstelltrieb mit Hilfe eines Elektromotors gedreht. Die Spannungsversorgung des Motors erfolgt über einen Ausgang des Doppelspannungsnetzgerätes (1 V bis maximal 6 V). Die Mikrometerschraube, die durch den Motor und das nachfolgende Getriebe mit einer Untersetzung von 100:1 gedreht wird, verschiebt den Spiegel um definierte Längen, wobei der Drehsinn des Motors dem Drehsinn der Mikrometerschraube entspricht. Zur Messung soll die Mikrometerschraube gegen den Federdruck arbeiten, d. h., der Drehsinn des Motors muss durch die Polung der Motorspannung entsprechend eingestellt werden. Man beginnt mit der Messung erst, wenn die Streifenverschiebung gleichmäßig und ruckelfrei geschieht. Dann beginnt man mit der Zählung der an der Markierung des Schirms vobeilaufenden Interferenzstreifen für mindestens 10 Motorumdrehungen. Für die Berechnung der Wellenlänge λ wir die Gleichung λ =2 0,5 ⋅ 10−3 k (m) 100 z (4) verwendet. Dabei bezeichnet k die Anzahl der Motorumdrehungen, z die Anzahl der Streifenverschiebungen und der Skalierungsfaktor 0,5⋅10-3 entspricht der Wegänderung des Spiegels (c) bei einer Umdrehung der Mikrometerschraube. Die Zählung vorbeilaufender Interferenzstreifen und der Motorumdrehungen kann nach entsprechender Justage auch elektronisch erfolgen, wobei systematische Störungen (Abweichungen) ggf. zu berücksichtigen sind (s. Hinweise am Arbeitsplatz). Messungen mit dem Piezoaktor Man tauscht den verstellbaren Spiegel (c) mit der Mikrometerschraube gegen den Piezoaktor aus, an dessen Ende ein Planspiegel befestigt ist. Bei der Messung mit dem Piezoaktor ist auf die richtige Polung der Spannungsquelle zu achten. Der Piezoaktor ist zwar für positive Spannungen bis maximal +150 Volt ausgelegt, wird aber an den Pluspol eine negative Spannung größer als 15 Volt angelegt, führt das zur Zerstörung des Piezoaktors! Die Spannungsversorgung des Piezoaktors erfolgt über einen Ausgang des Doppelspannungsnetzgerätes in einem Bereich von 0 ... 40 V. Es sollen die Messwerte graphisch dargestellt (Längenänderung Δl in Abhängigkeit von der an den Piezoaktor angelegten Spannung Ua) und der Anstieg S der besten Geraden (Einheit μm/V) bestimmt werden. Wird ein geeignetes piezoelektrisches Material, z. B. Quarz oder Bariumtitanat (BaTiO3) einer mechanischen Zug- oder Druckspannung ausgesetzt, so entsteht an den Endflächen eine elektrische Spannung. Bringt man umgekehrt den Kristall in ein elektrisches Feld, so ändert er seine Länge, was dynamisch z. B. beim Schwingquarz und statisch z. B. beim Piezoaktor angewendet wird. Piezoaktoren werden auch zur elektrisch gesteuerten Positionierung der Spitze im Rastertunnelmikroskop oder zur Justierung von Interferometerspiegeln benutzt. Dabei können die kleinsten Schritte im nm-Bereich liegen. Im Allgemein tritt bei den Piezoaktoren Hysterese auf, d. h. man beobachtet bei großen Stellbereichen einen nichtlinearen und nicht eindeutigen Zusammenhang zwischen Längenänderung und der elektrischer Spannung, der stark von der 5 Vorgeschichte abhängen kann. Für die vereinfachte Bestimmung der Linearität wählt man sich zwei näherungsweise lineare Bereiche des Graphen der Kennlinie Δl=f(Ua) aus, in denen der Anstieg minimal (Smin) bzw. maximal (Smax) ist. Die Linearität kann dann nach Gl. (5) berechnet werden: S −S δ lin = max min (%) . (5) Sav Dabei ist Sav = Smax + Smin . 2 Messung der Brechzahl von Luft Man bringt die Messkammer bekannter Länge (d = 50 mm) so in den Strahlengang, dass die planparallelen Begrenzungsfenster von einem Teilbündel genau senkrecht durchsetzt werden. Zum Evakuieren der Kammer wird eine Hand-Vakuumpumpe mit Druckanzeige verwendet. Zwischen dem äußeren Luftdruck und einem Druck von etwa 100 hPa sind acht Messungen durchzuführen Dabei ermittelt man die Zahl z der durchlaufenden Interferenzstreifen in Abhängigkeit von der Änderung des Luftdrucks in der Kammer. Die Bestimmung der Brechzahl n bei aktuellem Luftdruck p = p(Luft) ergibt sich unter Verwendung folgender Gleichungen: Optische Weglänge sopt = ∫ n d sgeom (6) n Brechzahl, s Weglänge (optisch, geometrisch), sgeom = 2 d (Michelson-Interferometer) Zusammenhang zwischen Brechzahl n und Druck p eines Gases N n −1 ∝ A p RT n0 − 1 ∝ NA p0 R T0 (7a) (7b) T Temperatur, R molare Gaskonstante, NA Avogadro-Konstante, Index 0: Normbedingungen p 1 n − 1 ∝ (n0 − 1) (8) p0 1 + γ ΔT dn Δ n (n0 − 1) = = d p Δp p0 (1 + γ ΔT ) Δ n sgeom = Δ z λ , Δ z sgeom = λ Δn Δ z Δ z Δ n 2 d (n0 − 1) = = Δ p Δ n Δ p λ p0 (1 + γ ΔT ) (9) (10) (11) Es ist der Anstieg Δ z / Δ p graphisch zu bestimmen und nach Gl. (11) die Brechzahl n0 zu ermitteln. Für die Größtfehlerabschätzung und bei der Ergebnisangabe mit Messunsicherheit ist die Brechkraft β (nach Abbe) zu verwenden: 6 β = (n − 1) ⋅ 106 . (12) Lineare thermische Ausdehnung Die Messungen erfolgen analog zur 1. Aufgabe, wobei hier anstelle des mit der Mikrometerschraube verstellbaren Spiegels ein mit einem Heizdraht umwickelter Metallstab verwendet wird, wobei an einem Ende des Stabes ein Spiegel befestigt wird. Der Heizstrom wird dem Labornetzgerät entnommen, und die Temperatur des Stabes wird mit einem Digitalthermometer gemessen. Der Ausdehnungskoeffizient α des Stabes der Länge l0 kann unter der Annahme einer linearen Ausdehnung ( Δ l = l0 α Δ T ) mit der Gleichung α= λ Δz (13) 2 l0 Δ T ermittelt werden. Im Experiment werden die während der Abkühlung des Stabes an der Markierung vorbeilaufenden Interferenzstreifen gezählt und zur Auswertung z(T) graphisch dargestellt. Man bestimmt Δz/ΔT aus dem mittleren Anstieg des Graphen. Der Stab ist mit einer Heizleistung von etwa 15 W auf maximal 60 °C zu erwärmen. Anschließend wird ab ca. 45 °C die Abkühlung auf Zimmertemperatur gemessen. Piezoelektrizität Der piezoelektrische Effekt wurde 1880 von Pierre Curie entdeckt. Bei einigen Kristallen, wie z. B. Quarz oder Bariumtitanat, kann man durch mechanische Kräfte auf gegenüberliegende Seiten des Kristalls eine elektrische Spannung erzeugen. Druck auf diese Flächen bewirkt nämlich eine Ladungsverschiebung im Kristall. Entgegengesetzte Ladungen sammeln sich so an den gegenüberliegenden Kristallflächen. Das bekannteste Material mit Piezoeigenschaften ist Quarz (SiO2), bei dem jedes Si-Atom tetragonal von Sauerstoff-Atomen umgeben ist. Ein Quarzkristall hat ein hexagonales Gitter, das aus negativ geladenen Sauerstoff- und positiv geladenen Silizium-Ionen besteht. Eine in Richtung Grundfläche-Spitze (Kristallografische Richtung: [111]) wirkende Kraft verformt nun diese Tetraeder derart, dass die zusammengedrückten Tetraeder elektrisch polarisiert sind und auf den Oberflächen des Kristalls (in [111]-Richtung) eine Netto-Spannung auftritt. Im unbelasteten Zustand (oberes Bild) sind die Ionen so angeordnet, dass sich ihre Ladungen an den Oberflächen des Kristalls gerade gegenseitig ausgleichen. Presst man den Kristall in der x1-Richtung zusammen, so wird das vorher regelmäßige Sechseck gestaucht und die Ionenanordnung ist nicht mehr gleichmäßig. Insbesondere erkennt man im unteren Bild, dass an der oberen Oberfläche negative und an der unteren Oberfläche positive Ladungen überwiegen. Verbindet man diese beiden Oberflächen mit Elektroden, so lässt sich eine Spannung entnehmen. Die Stauchung ist im Bild übertrieben dargestellt. Tatsächlich wird ein solcher Kristall bei Druckbeanspruchung nur um einige Mikrometer gestaucht. Es entstehen dabei aber Piezospannungen in der Größenordnung von 1000 V. Technisch genutzte Materialien, die einen stärkeren Piezo-Effekt als Quarz zeigen, sind u. a. Bariumoxidverbindungen, z. B. Bariumtitanat (BaTiO3). Es gibt auch piezoelektrische Keramiken, sog. PZT-Keramiken (Blei-Zirconium-Titanat), die nur polykristallin vorkommen und vor der Verwendung polarisiert werden müssen. 7 Der Effekt lässt sich auch umkehren: Legt man an die Oberflächen eines geeignet präparierten Quarzkristalls eine Spannung, so verformt sich der Kristall. Der Verformungsgrad hängt dabei nicht von der Kristallschichtdicke sondern nur von der angelegten Spannung ab. Moderne Piezoelektrische Aktoren wandeln elektrische Energie direkt in mechanische Energie um und ermöglichen die Lösung vieler Positionierprobleme, bei denen es auf höchste Genauigkeit, Geschwindigkeit, Auflösung und oft auch Kraft ankommt. Der im Experiment verwendete Piezoaktor der Firma Physik Instrumente wird auch als Piezotranslator bezeichnet, der als hochauflösender Linearaktor für statische und dynamische Anwendungen vielfach eingesetzt wird. Diese Aktoren bieten eine Ansprechzeit im sub-ms Bereich sowie sub-nm Auflösung und bestehen aus einem reibungsfrei vorgespannten, monolithischen Piezokeramikstapel, der in ein Edelstahlgehäuse integriert ist. Durch die Technologie der Stapeltechnik (piezo stacks) ist es möglich geworden, Stellwege von einigen 10 µm für elektrische Spannungen in der Größenordnung von 100 V zu erreichen. Mechanischer Aufbau eines Stapeltranslators (Physik Instrumente (PI) GmbH & Co. KG) Hysteresekurven eines spannungsgesteuerten Piezoaktors bei verschiedenen Spitzenspannungen (Sinusbetrieb). Die Hysterese hängt von der tatsächlichen Positionsänderung, nicht von der nominalen Auslenkung ab. (Physik Instrumente (PI) GmbH & Co. KG) 8 Addendum: Zur Theorie der Brechzahl in Gasen Die Brechzahl eines Mediums ist gegeben durch c (A1) n= 0 , c wobei c0 die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und c die Lichtgeschwindigkeit im betrachteten Stoff bedeuten. Nach der Maxwellschen Theorie des Lichts als elektromagnetische Welle folgt für die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Lichtwellen im Vakuum aus den Maxwellschen Gleichungen 1 . (A2) c= ε 0 μ0 wobei ε0 die elektrische und μ0 die magnetische Feldkonstante sind. Für die Ausbreitungsgeschwindigkeit in einem Dielektrikum ohne Absorption mit der relativen Dielelektrizitätszahl εr und einer relativen Permeabilität μr folgt aus denselben Gleichungen 1 . (A3) c= ε r ε 0 μr μ 0 Ein Vergleich der zweiten mit der dritten Gleichung gibt für Stoffe mit μr ≈ 1 (Ausschluss der c Ferromagnetika) (A4) c= 0 . εr Der Vergleich mit der ersten Gleichung führt auf die als Maxwellsche Relation bezeichnete Gleichung n = ε r1/2 . (A5) Für manche Stoffe ist εr in einem weiten Frequenzbereich zwischen dem Radiowellengebiet und dem sichtbaren Spektralbereich nahezu frequenzunabhängig. Diese Aussage kann experimentell überprüft werden, indem man z. B. n für sichtbares Licht und εr für Radio- oder Mikrowellenfrequenzen misst. Medium n0 (λ = 580 nm) Luft CO2 Index 0: Normbedingungen 1,00029 1,00045 ε r1/ 2 (ν = 1 MHz) 1,000295 1,000473 Für Luft ist n in einem sehr großen Frequenzbereich nahezu konstant. Bei CO2 gibt es schon merkliche Abweichungen, die sich dadurch erklären, dass n bzw. εr nur dann von der Frequenz unabhängig sind, wenn die betrachteten Lichtfrequenzen weit weg sind von den Eigenfrequenzen der Atome bzw. Moleküle des Dielektrikums, was bei Luft offensichtlich besser erfüllt ist als bei CO2. Eigenfrequenzen werden berücksichtigt, indem man die Atome bzw. Moleküle als ungedämpfte harmonische Oszillatoren mit verschiedenen Eigenfrequenzen behandelt. In Frequenzbereichen außerhalb der Absorptionsübergänge erhält man die Beziehung nach Clausius und Mosotti N ρ ε −1 1 = αP A , (A6) ε + 2 3ε 0 M wobei αP die Polarisierbarkeit, ρ die Dichte, M die Molmasse und NA die Avogadro-Konstante sind. Die Clausius-Mosotti-Beziehung wird oft auch als Korrelation zwischen Brechzahl und Polarisierbarkeit (Lorentz-Lorenzsche Formel) n2 − 1 1 = N αP 2 n + 2 3ε 0 (A7) 9 geschrieben, wobei N = (NA ρ / M) die Teilchendichte ist. Für Gase bei nicht zu hohem Druck ist n ≈ 1, so dass man in Gl. (2) die Näherungen n2 - 1 = (n + 1)(n - 1) ≈ 2(n - 1) und n2 + 2 ≈ 3 anwenden kann. ρ p T Daraus folgt die Relation n − 1 ∝ N bei konstantem αP. Für ideale Gase gilt ρ ∝ N , 2 = 2 1 . Damit ρ1 p1 T2 ergibt sich die Beziehung n0 − 1 = ( np ,T − 1 ) p T p0 = ( np ,T − 1) 0 (1 + γ ϑ ) , T0 p p (A8) mit der man die druck- und temperaturabhängige Brechzahl np,T auf Normbedingungen (p0 = 1013,25 hPa, T0 =1/γ = 273,15 K, T T − T0 + T0 ΔT = = + 1 = 1 + γ ΔT = 1 + γ ϑ ,ϑ=ΔT=T-T0) umrechnen kann. Der T0 T0 T0 Wert von n0 ist dann nur noch von der Stoffart und der Frequenz des Lichts (Dispersion) abhängig. 10