Fakultät für Physik und Geowissenschaften Physikalisches Grundpraktikum O10 „Michelson-Interferometer“ Aufgaben 1. Justieren Sie ein Michelson-Interferometer und ermitteln Sie damit die Wellenlänge des HeliumNeon-Lasers. 2. Messen Sie die Längenänderung eines piezoelektrischen Aktors (Piezoaktor) in Abhängigkeit von der angelegten elektrischen Spannung. Stellen Sie die Längenänderung in Abhängigkeit von der angelegten Spannung graphisch dar und ermitteln Sie die Empfindlichkeit des Sensors. 3. Messen Sie die Abhängigkeit der Änderung der Brechzahl Δn in Abhängigkeit vom Druck p für Luft. Stellen Sie Δn(p) graphisch dar und berechnen Sie die Brechzahl von Luft für Normbedingungen. 4. Bestimmen Sie die Änderung der Länge eines ferromagnetischen Stabes in Abhängigkeit von der Größe eines äußeren Magnetfeldes (Magnetostriktion) und stellen Sie den Zusammenhang graphisch dar. 5. Ermitteln Sie den linearen Ausdehnungskoeffizienten eines Metallstabes. Literatur Physikalisches Praktikum, 13. Auflage, Hrsg. W. Schenk, F. Kremer, Optik, 2.0.1, 2.0.2, 2.4 Gerthsen Physik, D. Meschede, 22. Auflage, 10.1.13 Zubehör He-Ne-Laser, Komponenten mit Magnetfüßen zum Aufbau eines Michelson-Interferometers, Labornetzgerät, Piezoaktor mit Spiegel, ferromagnetischer Metallstab mit Spiegel, Elektromagnet, ergänzende Versuchskomponenten, evakuierbare Kammer, Hand-Vakuumpumpe Schwerpunkte der Vorbereitung - Interferenz, Kohärenz, Kohärenzbedingung - Aufbau und Wirkungsweise des Michelson-Interferometers - Erzeugung und Eigenschaften von Laserlicht, He-Ne-Laser - Brechzahl, Definition, Messung mit Interferometer - Piezoelektrizität, Magnetostriktion, thermische Ausdehnung 1 In diesem Versuch kommen hochwertige, teure optische Geräte und Komponenten zum Einsatz! Beim Experimentieren mit dem LASER nie direkt oder indirekt (nach Reflexionen) in den Strahl sehen! Grundlagen Die Zeit-und Ortsabhängigkeit einer sich in positiver (negativer) z-Richtung ausbreitenden ebenen Welle kann durch ψ =ψ 0 exp [i(ωt m kz + ϕ )] (1) beschrieben werden, wobei ψ z.B. für eine Komponente des elektrischen Feldes stehen kann. Die Phase der Welle ist durch den Ausdruck (ωt m kz + ϕ ) gegeben, die Kreiswellenzahl durch k = 2π/λ, die Kreisfrequenz durch ω = 2π/T. ϕ bezeichnet den Nullphasenwinkel. Die Phasengeschwindigkeit der Welle, vph , im Vakuum gleich der Lichtgeschwindigkeit c0, folgt aus der Bedingung, dass die Phase (ωt m kz + ϕ ) konstant ist, zu dz / dt = v ph = ω / k . Interferenzen entstehen, wenn zwei (oder mehrere) Wellenzüge an einem Ort zusammentreffen. Bei der Superposition verstärken oder schwächen die Wellen einander je nach Phasenlage. Die wichtigste Voraussetzung für die Beobachtbarkeit von Interferenzen ist, dass die beiden zu überlagernden Wellenzüge kohärent sind, d. h. eine feste Phasenbeziehung zueinander haben. Die Phasendifferenz beider Wellen ist unter Berücksichtigung unterschiedlicher Medien (1 und 2) gegeben durch ΔΦ = (k1 Δz1 + ϕ1 ) − (k2 Δz2 + ϕ2 ) , wobei Δz1 und Δz2 die durchlaufenen geometrischen Wegdifferenzen sind. Eliminieren sich, wie im vorliegenden Experiment, die paarweise auftretenden Phasensprünge infolge von Reflexionen am festen Ende, so ist die Ursache für die Phasendifferenz die Differenz der Größen kz bzw. nz. Letztere wird als optische Weglänge bezeichnet. (n: Brechzahl). Unter dem Gangunterschied versteht man die Differenz der optischen Weglängen Δ = n1 Δz1 − n2 Δz2 = (ΔΦ / 2π )λ0 , wobei λ0 die Vakuumwellenlänge bezeichnet. Überlagern sich zwei Wellen ψ1(z, t) und ψ2(z, t) mit dem Phasenunterschied ΔΦ , so beträgt die resultierende Intensität I = I1 + I2 + 2 I1I2 cos(ΔΦ) . Man erhält konstruktive Interferenz für ΔΦ = 2nπ und destruktive Interferenz für ΔΦ = (2n + 1)π . Bei den bisherigen Überlegungen lagen ideale, d. h. monochromatische sowie zeitlich und räumlich unbegrenzte Wellen zugrunde. Jedoch hat eine Welle, auch jede emittierte Spektrallinie, aufgrund ihrer endlichen Bandbreite Δf (bzw. spektralen Breite Δλ ) eine endliche Länge des Wellenzuges, die Kohärenzlänge Lk , bei entsprechend begrenzter Kohärenzzeit Δt = Lk/c0 . Die Unschärferelation für Wellen führt zu ΔkΔz ≈ 1 / 2 und Δf Δt ≈ 1 / (4π ) . Daher ist Lk ≈ λ02 1 ≈ . 2Δk 4π Δλ (2) Die begrenzte Kohärenzlänge bestimmt die maximal möglichen Gangunterschiede in Interferenzapparaten. In vielen Geräten wird die Kohärenz der zur Überlagerung kommenden Teilwellen durch Aufspaltung des Primärstrahls mit Hilfe von halbdurchlässigen Spiegeln u.a. erzeugt. Dies gelingt jedoch bei 2 ausgedehnten Lichtquellen (seitliche Ausdehnung a ) nur dann, wenn die Kohärenzbedingung erfüllt ist (θ: Öffnungswinkel des Strahls): (3) 2a sin(θ ) λ /2 . Laserlicht ist besonders kohärent mit Kohärenzlängen in der Größenordnung von 1 m. Es entsteht durch stimulierte Emission. Die angeregten Atome strahlen die durch den Spiegelabstand ausgewählte Frequenz phasengleich ab. Im He/Ne Gasgemisch wird eine Gasentladung gezündet und die Heliumatome werden durch Elektronenstöße angeregt. Die Anregung der Elektronen der NeonAtome in den maßgeblichen 3s Zustand erfolgt über Stöße mit den Helium-Atomen bei gleichzeitiger Energieübertragung (Stöße 2. Art). Im Standardbetrieb emittiert der He-Ne-LASER Licht mit einer Wellenlänge von λ = 632,8 nm. Abb. 1 He-Ne Energieschema Hinweise Das vom He-Ne-Laser ausgesandte parallele Lichtbündel wird über eine halbdurchlässige Platte (Abb. 2 b, bei unserem Aufbau wird ein Strahlteilerwürfel verwendet) in zwei Teilbündel etwa gleicher Intensität zerlegt. Ein Bündel wird an der Platte reflektiert, am Spiegel d wiederum reflektiert und gelangt nach Durchdringen der Platte zum Schirm h. Das zweite Bündel wird nach Durchdringen des Würfels b am beweglichen Spiegel c reflektiert und trifft nach Reflexion am Strahlteilerwürfel b ebenfalls auf den Schirm h. Dort sind Interferenzen gut sichtbar, wenn sich die Teilbündel überlagern, sich die getrennt durchlaufenen Wege nicht mehr als eine halbe Kohärenzlänge des verwendeten Laserlichtes unterscheiden und die Oberflächen der optischen Komponenten sehr eben sind. Zur besseren Beobachtung der Interferenzstreifen dient eine Aufweitungslinse (Kugellinse e). Bei optimaler Justierung kann man das in Abb. 3 dargestellte Interferenzbild beobachten. Die entstehenden Streifen sind umso breiter, je besser der Aufbau justiert ist. Ursache dafür ist die bei ungenauer Justierung entstehenden größeren Gangunterschiede zwischen den interferierenden Wellenzügen und die dadurch größere Anzahl von Interferenzstreifen im Interferenzbild. Ein sehr dichtes Streifenmuster ist aber nicht von Vorteil, da das Zählen der Hell-Dunkel-Wechsel der Streifen bezüglich einer Ablesemarke erschwert wird. Bei kontinuierlicher Änderung der optischen Weglänge laufen die Streifen langsam über den Schirm. 3 Abb. 2 Michelson-Interferometer mit Feinstelltrieb Abb. 3 Interferenzbild Der Versuchsaufbau ist sehr empfindlich gegenüber Erschütterungen. Die optischen Komponenten werden deshalb auf einem massiven Sockel – Platte (a) in Abb. 2 – aufgebaut, die zur Entkopplung von Schwingungen der Tischplatte auf pneumatischen Dämpfungsfüßen gelagert ist. Die Grundplatte ist relativ klein, so dass die Anordnung und Justage der optischen Komponenten gut zu planen ist. Bei leicht verdunkeltem Raum werden die optischen Komponenten wie im Folgenden beschrieben aufgebaut und justiert: - Lochblende an der Öffnung des Lasers befestigen, Laser einschalten. - Justierfüße des Lasers so einstellen, dass der Strahl horizontal über der Grundplatte verläuft. - Alle Spiegel nacheinander an den Justierschrauben an den Spiegelrückseiten so einstellen, dass der Laserstrahl in die Nähe der Öffnung des Lasers zurückreflektiert wird. Die Qualität des Laserstrahls wird beeinträchtigt, wenn die an den Planspiegeln reflektierten Teilstrahlen genau in die Austrittsöffnung des Lasers zurückfallen. - Strahlteilerwürfel (b) entsprechend Abb. 2 so aufstellen, dass der reflektierte Teil etwa senkrecht abgelenkt wird. - Den festgestellten Spiegel (d) so in den Strahlengang stellen, dass der reflektierte Strahl den Würfel im gleichen Punkt trifft, wie der Laser. - Den beweglichen Spiegel (c) so postieren, dass der reflektierte Strahl den Würfel (b) in dem Punkt trifft, in dem der primäre Laserstrahl den Würfel (b) verlässt. - Den Schirm (h) entsprechend Abb. 2 postieren, aber noch ohne Kugellinse (e). Den beweglichen Spiegel (c) so drehen, dass einerseits die beiden Teilstrahlen auf dem Schirm zur Deckung kommen und andererseits die Punkte am Halbspiegel in Deckung bleiben. Neben den Hauptstrahlen treten als Folge von Vielfachreflexionen noch weitere Teilstrahlen mit geringerer Intensität auf, die später durch den Linsenhalter ausgeblendet werden können. - Die Kugellinse (e)wird so platziert, dass die sich nun überdeckenden Strahlen die Linsenöffnung treffen, wobei gleichzeitig das entstehende Interferenzbild zu kontrollieren ist. Die Streifenbreite sollte im Sinne einer optimalen Messung weder zu breit noch zu schmal sein. Sind die Streifen nicht sichtbar oder zu schmal, sollte noch einmal die Deckung der Punkte ohne Aufweitung durch die Kugellinse kontrolliert werden. 4 Zur Vereinfachung der Messung werden die Mikrometerschraube und der mit ihr mechanisch verbundene Feinstelltrieb mit Hilfe eines Elektromotors gedreht. Die Spannungsversorgung des Motors erfolgt über einen Ausgang des Doppelspannungsnetzgerätes (1 V bis maximal 6 V). Die Mikrometerschraube, die durch den Motor und das nachfolgende Getriebe mit einer Untersetzung von 100:1 gedreht wird, verschiebt den Spiegel um definierte Längen, wobei der Drehsinn des Motors dem Drehsinn der Mikrometerschraube entspricht. Zur Messung soll die Mikrometerschraube gegen den Federdruck arbeiten, d. h., der Drehsinn des Motors muss durch die Polung der Motorspannung entsprechend eingestellt werden. Man beginnt mit der Messung erst, wenn die Streifenverschiebung gleichmäßig und ruckelfrei geschieht. Dann beginnt man mit der Zählung der an der Markierung des Schirms vobeilaufenden Interferenzstreifen für mindestens 10 Motorumdrehungen. Für die Berechnung der Wellenlänge λ wir die Gleichung λ =2 0,5 ⋅ 10 −3 k (m) 100 z (4) verwendet. Dabei bezeichnet k die Anzahl der Motorumdrehungen, z die Anzahl der Streifenverschiebungen und der Skalierungsfaktor 0,5⋅10-3 entspricht der Wegänderung des Spiegels (c) bei einer Umdrehung der Mikrometerschraube. Die Zählung vorbeilaufender Interferenzstreifen und der Motorumdrehungen kann nach entsprechender Justage auch elektronisch erfolgen, wobei systematische Störungen (Abweichungen) ggf. zu berücksichtigen sind (s. Hinweise am Arbeitsplatz). Messungen mit dem Piezoaktor Man tauscht den verstellbaren Spiegel (c) mit der Mikrometerschraube gegen den Piezoaktor aus, an dessen Ende ein Planspiegel befestigt ist. Bei der Messung mit dem Piezoaktor ist auf die richtige Polung der Spannungsquelle zu achten. Der Piezoaktor ist zwar für positive Spannungen bis maximal +150 Volt ausgelegt, wird aber an den Pluspol eine negative Spannung größer als 15 Volt angelegt, führt das zur Zerstörung des Piezoaktors! Die Spannungsversorgung des Piezoaktors erfolgt über einen Ausgang des Doppelspannungsnetzgerätes in einem Bereich von 0 ... 40 V. Messen Sie die Hysterese des Piezoaktors für ansteigende und abfallende Spannungen. Stellen Sie die Messwerte graphisch dar und bestimmen Sie den Anstieg des Graphen (Einheit μm/V). Messung der Brechzahl von Luft Man bringt die Druckkammer bekannter Länge so in den Strahlengang, dass die planparallelen Begrenzungsfenster von einem Teilbündel genau senkrecht durchsetzt werden. Zum Evakuieren der Kammer wird eine Hand-Vakuumpumpe mit Druckanzeige verwendet. Zwischen dem äußeren Luftdruck und einem Druck von etwa 100 mbar sind acht Messungen durchzuführen Dabei ermittelt man die Zahl z der durchlaufenden Interferenzstreifen in Abhängigkeit vom Luftdruck in der Kammer. Für die Ermittlung der Brechzahl n bei aktuellem Luftdruck p = p(Luft) folgt unter Verwendung der Gleichungen sopt = ∫ n dsgeom , n Brechzahl, s Weglänge (optisch, geometrisch), Länge der Vakuumkammer: d = 50 mm sgeom = 2 d (Michelson-Interferometer) 5 n(p) − n(p = 0) = Δn p , n(p = 0) = 1 (Brechzahl im Vakuum), Δp n(p) = 1 + Δn = Δ sopt sgeom Δz λ p Δ p sgeom = Δ zλ sgeom (5) mit p = p(Luft). Der Anstieg Δz/Δp ist graphisch zu bestimmen. Messungen zur Magnetostriktion in einem ferromagnetischen Metallstab Zur Untersuchung der Magnetostriktion wird ein ferromagnetischer Stab bekannter Länge l verwendet, wobei sich an einem Ende ein Planspiegel befindet. Dieser wird an die Stelle des Spiegels (c) gebracht. Um den Stab ist eine Magnetspule geeignet anzubringen, deren Magnetfeld die Längenänderung Δl des Stabes bewirken soll. Die Messungen sollen für Magnetisierungsströme in einem Bereich I = 0...2,5 A durchgeführt werden. Um eine zu starke Spulenerwärmung zu vermeiden, sind die Messungen bei hohen Strömen zügig auszuführen. Für die Ermittlung des Vorzeichens der Längenänderung (Dehnung oder Kontraktion) wird der Stab mit einem Fön langsam erwärmt. Wandern die Interferenzstreifen bei steigender Temperatur in die gleiche Richtung wie bei Erhöhung des Stromes, existiert eine positive Längenänderung (Dehnung), andernfalls eine Kontraktion. Stellen Sie ε = Δl/l = f(B) graphisch dar, wobei B die mit einem Teslameter gemessene magnetische Flussdichte ist. Um reproduzierbare Werte zu erhalten, ist es günstig, den zu untersuchenden Stab vor der Messung im magnetischen Wechselfeld einer Spule zu entmagnetisieren. Messung der linearen thermischen Ausdehnung Es wird ein Metallrohr verwendet, in dem sich eine Heizfolie befindet. An einem Ende des Stabes kann ein Spiegel befestigt werden. Der Heizstrom ist einem Labornetzgerät zu entnehmen und die Temperatur des Stabes wird mit einem integrierten Thermosensor gemessen. Der Ausdehnungskoeffizient α des Stabes der bekannten Länge l kann unter der Annahme einer linearen Ausdehnung mit der Gleichung α= λ Δz 2l ΔT (6) ermittelt werden. Der Stab ist mit einer Heizleistung von etwa 15 W auf maximal 60°C zu erwärmen. Anschließend wird ab ca. 45 °C die Abkühlung bis in die Nähe der Zimmertemperatur gemessen. Im Experiment werden die während der Abkühlung des Stabes an der Markierung vorbeilaufenden Interferenzstreifen gezählt und zur Auswertung die Abhängigkeit z(T) graphisch dargestellt. Man bestimmt Δz/ΔT aus dem mittleren Anstieg des Graphen. Die Länge l ist mit einem Messschieber zu bestimmen. 6