Gentechnisch modulierte Iodidanreicherung in malignen Tumoren

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Übersichtsarbeit
© Schattauer 2010
Gentechnisch modulierte Iodidanreicherung in malignen Tumoren
U. Haberkorn1,2; V. Askoxylakis2,3; A. Markert1,2; A. Altmann1,2
1Abteilung
Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg; 2Klinische Kooperationseinheit Nuklearmedizin, DKFZ
Heidelberg; 3Abteilung Radio-Onkologie Universitätsklinikum Heidelberg
Keywords
Schlüsselwörter
Gene transfer, sodium iodide symporter,
thyroid peroxidase, tumour, therapy
Gentransfer, Natrium-Iodid-Symporter, Schilddrüsenperoxidase, Tumor, Therapie
Summary
Zusammenfassung
After the cloning of the gene encoding the sodium-iodide symporter several trials were
made to develop a radioiodine treatment for
multiple tumour entities based on NIS gene
transfer. These studies revealed in vitro as well
as in vivo a tremendous enhancement of iodide accumulation, which was followed by a
rapid efflux. Therapy effects were observed in
vitro by clonogenic assays and in vivo by
growth inhibition of the treated tumours.
However, the interpretation of these results
were largely different. Problems of radioiodine therapy after NIS transfer are low efficiency of gene transfer and the short exposure
time for the tumours caused by the rapid efflux. Trials to enhance therapeutic efficiency
by co-transfer of the gene encoding thyroperoxidase failed due to the low enzyme activity.
Die Klonierung des Gens für den NatriumIodid-Symporter führte zu Versuchen, mittels
Transfer dieses Gens eine biotechnologisch
unterstützte Radioiodtherapie bei einer Vielzahl von Tumoren zu erreichen. Diese ergaben
in vitro und in vivo eine stark erhöhte Iodidanreicherung, die jedoch von einem schnellen
Efflux gefolgt war. Therapieeffekte wurden in
vitro mittels klonogenen Assays und in vivo
über eine Hemmung des Tumorwachstums
beobachtet. Bezüglich der Interpretation dieser Ergebnisse bestehen divergierende Ansichten. Probleme der Radioiodtherapie nach
NIS-Transfer sind sicherlich die mangelhafte
Effizienz des Gentransfers und die durch den
schnellen Efflux kurze Expositionsdauer der
Tumoren. Versuche, die Therapieeffizienz
durch Kotransfer des Gens für die Schilddrüsenperoxidase zu steigern, scheiterten bisher
an der geringen Enzymaktivität.
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Uwe Haberkorn
Abt. Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg
Tel. 062 21/–56 77 31
E-Mail: [email protected]
Die Anreicherung von Iodid in der Schilddrüse hängt vorwiegend
● vom Iodidtransport ab und
● der katalytischen Aktivität der Schilddrüsenperoxidase (TPO).
Papilläre und follikuläre Schilddrüsentumoren zeigen normale bis erniedrigte
TPO-Spiegel, während bei anaplastischen
Karzinomen fast keine Expression des Enzyms zu finden ist. Ferner ist bei Patienten
Iodidenrichement in malignant tumours after
gene transfer
Nuklearmedizin 2010; 49 (Suppl 1): S21–S25
Eingegangen: 14. September 2010
angenommen in revidierter Form: 17. September 2010
Da virale Vektorsysteme nur eine niedrige
Infektionseffizienz aufweisen, ist bei Strategien mit Transfer von Suizidgenen wie
HSV-Thymidinkinase oder Cytosindeaminase mit eher moderaten Therapieeffekten
zu rechnen. Die Anreicherung radioaktiver
Isotope mit β-Emission nach Transfer beispielsweise des Iodidtransporters hätte den
Vorteil, dass einige Speicherzentren im Tumor einen so genannten Kreuzfeuereffekt
mit β-Teilchen erzeugen, der auch nicht infizierte Tumorzellen erfasst. Zur Vermeidung von Nebenwirkungen sollte sicher
sein, dass die Expression des therapeutischen Gens möglichst spezifisch im Tumorgewebe erfolgt. Dies kann mit viralen
Transfersystemen erreicht werden durch:
● lokoregionale Applikation der Viruspartikel,
● Verwendung von Viren mit Tropismus
für spezifische Gewebe,
● Veränderung in der Virushülle oder
● Verwendung
von Konstrukten mit
gewebespezifischen Promotoren.
Gentransfer des
Natrium-Iodid-Symporters
mit Schilddrüsenkarzinomen eine erniedrigte Expression des Natrium-Iodid-Symporters (hNIS) zu finden. Bei diesen Patienten waren höhere Tumorstadien durch
mangelnde Expression von hNIS und TPO
gekennzeichnet (1, 28).
Der erste Schritt im komplexen Prozess der
Iodidanreicherung ist der aktive Transport
von Iodid- gleichzeitig mit Natriumionen
in die Zelle, der über die Aktivität des Natrium-Iodid-Symporters erfolgt. Dies geschieht
● entgegen des elektrochemischen Gradienten,
● ist energieabhängig,
● gekoppelt
an die Aktivität der
Na+/K+-ATPase und
● wird stimuliert durch TSH.
Schilddrüsenspezifische Gene wie hTPO oder
hNIS könnten zur gentechnischen Modifikation von Tumoren eingesetzt werden mit dem
Ziel, eine Iodspeicherung zu erreichen.
Seit Klonierung der humanen bzw. murinen cDNA-Sequenzen widmeten sich viele
präklinische Studien dem Ziel, durch
hNIS-Transfer
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U. Haberkorn et al.: Iodidanreicherung in Tumoren
●
●
nicht iodspeichernde Schilddrüsenkarzinome einer Radioiodtherapie zugänglich zu machen oder
das Spektrum der mit Radioiod therapierbaren Tumoren zu erweitern auf
maligne Läsionen anderer Organe als
der Schilddrüse.
Als Vektoren dienten zumeist Viruspartikel, die das hNIS-Gen unter der Kontrolle
gewebespezifischer Promotoren trugen.
Obwohl in allen Studien eine hohe initiale
Aufnahme in den genetisch modifizierten
Tumoren beobachtet wurde (Faktor 35 bis
über 200), gehen die Ansichten bzgl. Effizienz einer auf hNIS-Transfer basierten Radioiodtherapie auseinander. Dies liegt zum
Teil an den Unterschieden im Design dieser
Studien.
In vitro wurde ein sehr schnelles Auswaschen von Iodid berichtet mit bis zu
80% Efflux nach 20 Minuten (5, 11, 12,
14, 17, 24, 31–33). Ein signifikanter Abfall
wurde auch in vivo nach Applikation von
Iodiddosen gesehen, die gewöhnlich in
der klinischen Routine gegeben werden:
24 Stunden nach Tracer-Gabe wurden
nur 0,4 ± 0,2 (1200 MBq/m2) bzw.
0,24 ± 0,02% (2400 MBq/m2) der injizierten Dosis pro Gramm in den hNIS-exprimierenden Tumoren (Hepatome, Prostatakarzinome) gemessen (11, 12). Bei Ratten mit Wildtyp und hNIS-exprimierenden Tumoren erreichte die Iodidaufnahme ihr Maximum ebenfalls nach
einer Stunde, gefolgt von einem kontinuierlichen Auswaschen der Radioaktivität
(11, 12, 14). Nakamoto et al. fanden ebenfalls weniger als 1% der injizierten Radioaktivität 24 h nach 131I-Gabe in gentechnisch modifizierten MCF7-Mammakarzinomen, obwohl initial ein sehr hoher
Uptake gemessen wurde (24). Dies entspricht einer sehr kurzen biologischen
Halbwertszeit von 7,5 h in den RattenProstatakarzinomen (12) bzw. 3,6 h in
Mammakarzinomen (24). Im Gegensatz
dazu zeigen differenzierte Schilddrüsenkarzinome eine biologische Halbwertszeit von 131I von etwas weniger als 10 d
und normales Schilddrüsengewebe von
ca. 60 d (2).
Dennoch ergaben klonogene Assays in
Zellkulturen eine relativ selektive Reduktion von NIS-exprimierenden Zellen bis zu
64% (3, 4, 22, 34,). In Experimenten mit
kultivierten dreidimensionalen Spheroiden wurden auch Bystander-Effekte gesehen (4). In-vivo-Experimente mit stabil
transfizierten humanen Prostatakarzinomzellen zeigten eine biologische Halbwertszeit von 45 h (34). Dies führte zu signifikanter Reduktion der Tumorgröße
(84 ± 12%) nach einmaliger intraperitonealer Applikation einer 131I-Dosis von
111 MBq (34–36). Die Autoren zogen den
(etwas voreiligen) Schluss, dass der Transfer des NIS-Gens zu therapeutisch nutzbaren Radioiod-Dosen im transfizierten Tumor führt und daher eine möglicherweise
kurative Therapieoption für Prostatakarzinome darstellt.
Mit dem Ziel, die NIS-Gentransfer basierte Radioiodtherape zu optimieren, untersuchten Smit et al. bei Mäusen die Effekte einer iodarmen Diät und Schilddrüsenablation auf die Iodkinetik (33). Die
biologische Halbwertszeit von 131I in NISexprimierenden humanen follikulären
Schilddrüsenkarzinomen erreichte ohne
Schilddrüsenablation und unter normalen
Ernährungsbedingungen nur 3,8 h. Ablation der Schilddrüse und iodarme Diät erhöhten dagegen die biologische Halbwertszeit auf 26,3 h. Möglicherweise kam
das durch eine verminderte renale Clearance von 131I und Wegfall des Iod-Trappings durch die normale Schilddrüse zustande kam. Die subkutane Injektion von
74 MBq in Mäuse nach Schilddrüsenablation unter iodarmer Diät verzögerte die
Tumorentwicklung nach Transplantation.
Dennoch entwickelten vier von sieben Tie-
Abb. 1 Szintigraphie einer Copenhagen-Ratte
mit Wildtyp- bzw. NIS-exprimierendem ProstataAdenokarzinom eine Stunde nach i.v.-Gabe des
Tracers: Anreicherung von 131I in Schilddrüse,
Magen und gentechnisch modifiziertem Tumor
am Hinterlauf
ren neun Wochen nach der Therapie Tumore. Die geschätzte Tumordosis in diesen
Tieren lag bei 32,2 Gy (33).
Bei diesen Studien ist zu bedenken, dass
sehr hohe Aktivitätsmengen eingesetzt
wurden: In der Maus entsprechen 74 bzw.
111 MBq 11100 bzw. 16650 MBq/m2.
Dieser Wert liegt deutlich über den in der
klinischen Routine eingesetzten Aktivitätsmengen. Bei Ratten-Prostatakarzinomen
führte eine Therapie mit 131I-Dosen, die
den klinisch eingesetzten Dosen entsprechen (1200 MBq 131I/m2 und 2400 MBq
131I/m2) nur zu einer absorbierten Dosis
von 3 Gy in den gentechnisch modifizierten
Tumoren (12). Bei FRTL5-Zellen lag die effektive Halbwertszeit von 125I in den Tumoren bei 6 h mit einer errechneten Dosis von
4 Gy nach Gabe von 1 mCi 131I (30). Im Rattenhepatom mit einer Halbwertszeit von
131I in hNIS-exprimierenden Tumoren von
14.5 ± 4.8 Stunden und Gabe von 14,8 MBq
131I ergab sich eine absorbierte Dosis von 35
mGy (Wildtyp-Tumor) und 592 mGy
(hNIS-exprimierender Tumor) (11).
Da für die Eliminierung von Metastasen bei
Schilddrüsenkarzinompatienten von einer
absorbierten Dosis von 80 Gy auszugehen
ist (23), ist ein therapeutischer Effekt unter
diesen Umständen sehr unwahrscheinlich.
Weiterhin fanden alle Experimente unter
optimalen Bedingungen (d. h. mit 100%
NIS-exprimierenden Tumorzellen) statt,
die zudem erst nach der gentechnischen
Manipulation als stabile Linien transplantiert wurden. Aufgrund der geringen Invivo-Transduktionseffizienz der verfügbaren viralen Vektoren würde daher die absorbierte Dosis in einer klinischen Studie
deutlich niedriger liegen.
Die publizierten Studien weisen noch
weitere Unterschiede auf: Tracer-Gabe,
Zeitintervall zwischen Transplantation und
Therapie, Tier- und Tumor-Modelle. Daher
können allein die Unterschiede in der
131I-Bioverteilung und den biochemischen
Eigenschaften der Tumorzellen zu Unterschieden in der Iodidretention führen.
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Kotransfer der Gene
für NIS und TPO
Eine Verlängerung der Iodid-Retentionszeit sollte durch simultanen Transfer von
NIS- und Thyroperoxidase-Gen erreicht
werden (3, 17). Boland et al. beobachteten
eine Organifizierung von Iodid in Zellen
nach Koinfektion beider Gene allerdings in
Anwesenheit von exogenem WasserstoffPeroxid (3). Die erreichten Werte waren
aber zu niedrig, um einen signifikanten Anstieg der Iodid-Retentionszeit zu gewährleisten. Dagegen fanden Huang et al. einen
erhöhten 131I Uptake (um den Faktor 2,5)
und eine erhöhte Retention (Faktor 3) sowie eine gesteigerte Apoptose in den Tumorzellen nach NIS-und TPO-Transfektion von nicht kleinzelligen Lungenkarzinomzellen (17). Dennoch kam es zu einem
Efflux von 72% bereits in vitro während der
ersten 30 Minuten. Dies lässt auf sehr niedrige katalytische Enzymaktivität in gentechnisch modifizierten Zellen schließen.
An verschiedenen Tumormodellen (humanes anaplastisches Schilddrüsenkarzinom,
Morris Hepatom der Ratte, papilläres Schilddrüsenkarzinom der Ratte) wurde untersucht, ob durch Transfer des hTPO-Gens, eine Iodspeicherung in undifferenzierten
Schilddrüsenkarzinomen und anderen Tumoren induziert werden kann (13). Obwohl
eine signifikante Expression des hTPO-Gens
zustande kam, wurde kein gesteigerter
125I-Uptake in transgenen Zellen gemessen.
Ferner war nur eine minimale enzymatische
Aktivität der rekombinanten hTPO mit dem
Guajakoloxidations-Assay zu erfassen.
In den meisten In-vitro-Systemen wurde nach Transfer des hTPO-Gens die
Expression mittels Immunhistologie,
Immunoblotting oder Autoantikörper von
Patienten mit Autoimmunerkrankungen
der Schilddrüse dokumentiert. Die Produktion eines katalytisch aktiven Enzyms
wurde jedoch nicht erreicht – unabhängig
vom Expressionssystem und verwendeten
Zellen (10, 15, 18, 19).
Die rekombinante TPO wird demnach entweder als funktionell inaktives Protein
exprimiert oder das ursprünglich funktionelle Protein wird durch das nicht-optimale
zelluläre Milieu inaktiviert.
Abb. 2
131I-Efflux
in vivo in Ratten mit Wildtyp- (●) bzw. NIS-exprimierendem Prostata-Adenokarzinom (●): Nach 24 Stunden ist die Iodspeicherung fast gleich.
Funktion und Aktivität der hTPO werden
möglicherweise beeinträchtigt durch Multimerisierung oder Faktoren wie Einbau einer Häm-Einheit, Glykosylierung, Lokalisation des Enzyms und Thyreoglobulingehalt der Zellen (8, 9, 25, 26, 37). Physiologisch liegt die humane TPO entweder als
Multimer oder assoziiert mit einem anderen Membranprotein ähnlicher Größe vor,
da in nicht reduzierenden Western-Blots
eine immunreaktive Bande von 200 kDa
beobachtet wurde. Ferner geht eine Glykosylierung des Proteins der enzymatischen
Aktivität voraus und zumindest einige
N-Glykane scheinen zur Konservierung
der Tertiärstruktur und der katalytisch aktiven Form der TPO nötig zu sein. Alternativ könnte ein ineffizienter Einbau der
Hämgruppe, die eine nicht kovalente Assoziation mit dem TPO-Apoprotein eingeht,
für die niedrige spezifische Aktivität des
rekombinanten TPO verantwortlich sein.
Daher sollten künftig andere Modulationen der Iodidretention in Tumorzellen
evaluiert werden.
Effizienzsteigerung mittels
Radioisotope
Lithium kann den Efflux von Iodid aus der
Schilddrüse reduzieren und wurde daher
zur Steigerung der Effizienz der Radioiodtherapie bei Schilddrüsenkarzinom eingesetzt (20). Bei einer biologischen Halbwertszeit unter drei Tagen verlängerte Lithium die effektive Halbwertszeit um mehr
als 50% (20). In FRTL-5-Rattenschilddrüsenzellen und in Primärkulturen von
Schilddrüsenfollikeln des Schweins unterdrückte eine Konzentration von 2 mmol/l
Lithium den TSH- und 8-Brom-cAMPinduzierten Iodid-Uptake, die Iod-Organifizierung und die De-novo-Biosynthese
von Schilddrüsenhormonen (21, 39).
Lithium wird gewöhnlich in der Schilddrüse angereichert und hemmt (7, 21, 29,
38, 39) den
● Uptake von Iodid,
● dessen Kopplung an Tyrosin,
● verändert die Struktur von Thyreoglobulin und
● hemmt die Sekretion der Schilddrüsenhormone.
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Wenn daher eine durch Lithium gesteigerte Iodidanreicherung in der Schilddrüse von einer Interaktion mit der
Kopplung von Iodid an Tyrosinreste oder
einer Hemmung der Sekretion von
Schilddrüsenhormonen abhängt, werden
dennoch ein Organifizierungsprozesse
benötigt, um eine ausreichende Konzentration im Tumor zu erreichen. Erste Experimente in unserem Labor zeigten leider keine signifikanten Effekte von Lithium bei hNIS-exprimierenden Hepatomzellen (5, 31).
Eine weitere Option, die Therapieeffizienz zu steigern, liegt in der Verwendung von Isotopen mit höherer biologischer Wirkung. Dadachova et al. führten
einen Vergleich von 188Re-Perrhenat mit
131I zur Behandlung von NIS-exprimierenden Mammakarzinomen durch (6).
In diesem Modell zeigte 188Re-Perrhenat
einen NIS-abhängigen Uptake in das
transplantierte Mammakarzinom. Dosimetrische Berechnungen ergaben, dass
188Re-Perrhenat zu einer 4,5-fach höheren Dosis als 131I führte und daher zur
Steigerung der therapeutischen Effizienz
beitragen kann.
Ferner wurde der Hoch-LET-Emitter
Astatin-211 als Isotop mit höherer radiobiologischer Wirksamkeit vorgeschlagen
(27). Erste Experimente in NIS-exprimierenden Zelllinien zeigten einen erhöhten
Tracer-Uptake bis zu
● 350-fach für 123I,
● 340-fach für 99mTcO4– und
● 60-fach für 211At.
Obwohl für diese Radioisotope ein schneller Efflux beobachtet wurde, kam es zu höheren absorbierten Dosen im Tumor bei
211At als bei 131I (27).
Eine interessante Variante untersuchten
Wendisch et al. Sie befassten sich mit der
radiobiologischen Wirkung von 99mTc in
Schilddrüsenzellen und fanden eine im
Vergleich zu 131I erhöhte Radiotoxizität
durch intrazelluläres 99mTc. Diese wurde
mit der Emission von Auger- und Konversionselektronen mit geringer Reichweite
und somit hoher LET erklärt. Inwieweit
dieser Beobachtung therapeutische Relevanz zukommt, ist noch zu klären (40).
Ein weiterer Ansatz liegt in der Kombination einer gentechnisch unterstützten
Fazit
Versuche zum Transfer der an der Iodspeicherung beteilgten Gene waren nur in einigen Zellkultur- bzw. tierexperimentellen Studien erfolgreich. Dies gelang unter Bedingungen (sehr hohe Iodiddosen, 100% transgene Zellen), die im klinischen Alltag nicht
realisierbar sind.
Auch wenn der Beleg für die klinische
Tauglichkeit fehlt, könnte zumindest das
NIS-Gen als In-vivo-Reportergen in Kombination mit spezifischen Promotoren zur Erfassung der Expression bestimmter Gene –
wie am Beispiel des Glukosetransporters gezeigt (31) – oder im Kontext von bicistronischen Vektoren, die eine Koexpression
zweier Gene erlauben, eingesetzt werden.
Radioiodtherapie mit anderen Therapiemodalitäten. Hingorani et al. untersuchten
in der Zellkultur und im Mausmodell die
Effizienz einer Dreierkombination aus
● NIS-Transfer mit Radioiodtherapie,
● externer Strahlentherapie und
● Inhibitoren von DNA-Reparaturenzymen.
Unter dieser Behandlung kam es zur Persistenz von DNA-Doppelstrangbrüchen bis
zu 24 h und erhöhter Zytotoxizität im
klonogenen Assay. Im In-vivo-Versuch
blieben 90% der Tiere tumorfrei (16).
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© Schattauer 2010
Nuklearmedizin 6a/2010
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