Übersichtsarbeit © Schattauer 2010 Gentechnisch modulierte Iodidanreicherung in malignen Tumoren U. Haberkorn1,2; V. Askoxylakis2,3; A. Markert1,2; A. Altmann1,2 1Abteilung Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg; 2Klinische Kooperationseinheit Nuklearmedizin, DKFZ Heidelberg; 3Abteilung Radio-Onkologie Universitätsklinikum Heidelberg Keywords Schlüsselwörter Gene transfer, sodium iodide symporter, thyroid peroxidase, tumour, therapy Gentransfer, Natrium-Iodid-Symporter, Schilddrüsenperoxidase, Tumor, Therapie Summary Zusammenfassung After the cloning of the gene encoding the sodium-iodide symporter several trials were made to develop a radioiodine treatment for multiple tumour entities based on NIS gene transfer. These studies revealed in vitro as well as in vivo a tremendous enhancement of iodide accumulation, which was followed by a rapid efflux. Therapy effects were observed in vitro by clonogenic assays and in vivo by growth inhibition of the treated tumours. However, the interpretation of these results were largely different. Problems of radioiodine therapy after NIS transfer are low efficiency of gene transfer and the short exposure time for the tumours caused by the rapid efflux. Trials to enhance therapeutic efficiency by co-transfer of the gene encoding thyroperoxidase failed due to the low enzyme activity. Die Klonierung des Gens für den NatriumIodid-Symporter führte zu Versuchen, mittels Transfer dieses Gens eine biotechnologisch unterstützte Radioiodtherapie bei einer Vielzahl von Tumoren zu erreichen. Diese ergaben in vitro und in vivo eine stark erhöhte Iodidanreicherung, die jedoch von einem schnellen Efflux gefolgt war. Therapieeffekte wurden in vitro mittels klonogenen Assays und in vivo über eine Hemmung des Tumorwachstums beobachtet. Bezüglich der Interpretation dieser Ergebnisse bestehen divergierende Ansichten. Probleme der Radioiodtherapie nach NIS-Transfer sind sicherlich die mangelhafte Effizienz des Gentransfers und die durch den schnellen Efflux kurze Expositionsdauer der Tumoren. Versuche, die Therapieeffizienz durch Kotransfer des Gens für die Schilddrüsenperoxidase zu steigern, scheiterten bisher an der geringen Enzymaktivität. Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Uwe Haberkorn Abt. Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg Tel. 062 21/–56 77 31 E-Mail: [email protected] Die Anreicherung von Iodid in der Schilddrüse hängt vorwiegend ● vom Iodidtransport ab und ● der katalytischen Aktivität der Schilddrüsenperoxidase (TPO). Papilläre und follikuläre Schilddrüsentumoren zeigen normale bis erniedrigte TPO-Spiegel, während bei anaplastischen Karzinomen fast keine Expression des Enzyms zu finden ist. Ferner ist bei Patienten Iodidenrichement in malignant tumours after gene transfer Nuklearmedizin 2010; 49 (Suppl 1): S21–S25 Eingegangen: 14. September 2010 angenommen in revidierter Form: 17. September 2010 Da virale Vektorsysteme nur eine niedrige Infektionseffizienz aufweisen, ist bei Strategien mit Transfer von Suizidgenen wie HSV-Thymidinkinase oder Cytosindeaminase mit eher moderaten Therapieeffekten zu rechnen. Die Anreicherung radioaktiver Isotope mit β-Emission nach Transfer beispielsweise des Iodidtransporters hätte den Vorteil, dass einige Speicherzentren im Tumor einen so genannten Kreuzfeuereffekt mit β-Teilchen erzeugen, der auch nicht infizierte Tumorzellen erfasst. Zur Vermeidung von Nebenwirkungen sollte sicher sein, dass die Expression des therapeutischen Gens möglichst spezifisch im Tumorgewebe erfolgt. Dies kann mit viralen Transfersystemen erreicht werden durch: ● lokoregionale Applikation der Viruspartikel, ● Verwendung von Viren mit Tropismus für spezifische Gewebe, ● Veränderung in der Virushülle oder ● Verwendung von Konstrukten mit gewebespezifischen Promotoren. Gentransfer des Natrium-Iodid-Symporters mit Schilddrüsenkarzinomen eine erniedrigte Expression des Natrium-Iodid-Symporters (hNIS) zu finden. Bei diesen Patienten waren höhere Tumorstadien durch mangelnde Expression von hNIS und TPO gekennzeichnet (1, 28). Der erste Schritt im komplexen Prozess der Iodidanreicherung ist der aktive Transport von Iodid- gleichzeitig mit Natriumionen in die Zelle, der über die Aktivität des Natrium-Iodid-Symporters erfolgt. Dies geschieht ● entgegen des elektrochemischen Gradienten, ● ist energieabhängig, ● gekoppelt an die Aktivität der Na+/K+-ATPase und ● wird stimuliert durch TSH. Schilddrüsenspezifische Gene wie hTPO oder hNIS könnten zur gentechnischen Modifikation von Tumoren eingesetzt werden mit dem Ziel, eine Iodspeicherung zu erreichen. Seit Klonierung der humanen bzw. murinen cDNA-Sequenzen widmeten sich viele präklinische Studien dem Ziel, durch hNIS-Transfer Nuklearmedizin 6a/2010 Downloaded from www.nuklearmedizin-online.de on 2017-11-02 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. S21 S22 U. Haberkorn et al.: Iodidanreicherung in Tumoren ● ● nicht iodspeichernde Schilddrüsenkarzinome einer Radioiodtherapie zugänglich zu machen oder das Spektrum der mit Radioiod therapierbaren Tumoren zu erweitern auf maligne Läsionen anderer Organe als der Schilddrüse. Als Vektoren dienten zumeist Viruspartikel, die das hNIS-Gen unter der Kontrolle gewebespezifischer Promotoren trugen. Obwohl in allen Studien eine hohe initiale Aufnahme in den genetisch modifizierten Tumoren beobachtet wurde (Faktor 35 bis über 200), gehen die Ansichten bzgl. Effizienz einer auf hNIS-Transfer basierten Radioiodtherapie auseinander. Dies liegt zum Teil an den Unterschieden im Design dieser Studien. In vitro wurde ein sehr schnelles Auswaschen von Iodid berichtet mit bis zu 80% Efflux nach 20 Minuten (5, 11, 12, 14, 17, 24, 31–33). Ein signifikanter Abfall wurde auch in vivo nach Applikation von Iodiddosen gesehen, die gewöhnlich in der klinischen Routine gegeben werden: 24 Stunden nach Tracer-Gabe wurden nur 0,4 ± 0,2 (1200 MBq/m2) bzw. 0,24 ± 0,02% (2400 MBq/m2) der injizierten Dosis pro Gramm in den hNIS-exprimierenden Tumoren (Hepatome, Prostatakarzinome) gemessen (11, 12). Bei Ratten mit Wildtyp und hNIS-exprimierenden Tumoren erreichte die Iodidaufnahme ihr Maximum ebenfalls nach einer Stunde, gefolgt von einem kontinuierlichen Auswaschen der Radioaktivität (11, 12, 14). Nakamoto et al. fanden ebenfalls weniger als 1% der injizierten Radioaktivität 24 h nach 131I-Gabe in gentechnisch modifizierten MCF7-Mammakarzinomen, obwohl initial ein sehr hoher Uptake gemessen wurde (24). Dies entspricht einer sehr kurzen biologischen Halbwertszeit von 7,5 h in den RattenProstatakarzinomen (12) bzw. 3,6 h in Mammakarzinomen (24). Im Gegensatz dazu zeigen differenzierte Schilddrüsenkarzinome eine biologische Halbwertszeit von 131I von etwas weniger als 10 d und normales Schilddrüsengewebe von ca. 60 d (2). Dennoch ergaben klonogene Assays in Zellkulturen eine relativ selektive Reduktion von NIS-exprimierenden Zellen bis zu 64% (3, 4, 22, 34,). In Experimenten mit kultivierten dreidimensionalen Spheroiden wurden auch Bystander-Effekte gesehen (4). In-vivo-Experimente mit stabil transfizierten humanen Prostatakarzinomzellen zeigten eine biologische Halbwertszeit von 45 h (34). Dies führte zu signifikanter Reduktion der Tumorgröße (84 ± 12%) nach einmaliger intraperitonealer Applikation einer 131I-Dosis von 111 MBq (34–36). Die Autoren zogen den (etwas voreiligen) Schluss, dass der Transfer des NIS-Gens zu therapeutisch nutzbaren Radioiod-Dosen im transfizierten Tumor führt und daher eine möglicherweise kurative Therapieoption für Prostatakarzinome darstellt. Mit dem Ziel, die NIS-Gentransfer basierte Radioiodtherape zu optimieren, untersuchten Smit et al. bei Mäusen die Effekte einer iodarmen Diät und Schilddrüsenablation auf die Iodkinetik (33). Die biologische Halbwertszeit von 131I in NISexprimierenden humanen follikulären Schilddrüsenkarzinomen erreichte ohne Schilddrüsenablation und unter normalen Ernährungsbedingungen nur 3,8 h. Ablation der Schilddrüse und iodarme Diät erhöhten dagegen die biologische Halbwertszeit auf 26,3 h. Möglicherweise kam das durch eine verminderte renale Clearance von 131I und Wegfall des Iod-Trappings durch die normale Schilddrüse zustande kam. Die subkutane Injektion von 74 MBq in Mäuse nach Schilddrüsenablation unter iodarmer Diät verzögerte die Tumorentwicklung nach Transplantation. Dennoch entwickelten vier von sieben Tie- Abb. 1 Szintigraphie einer Copenhagen-Ratte mit Wildtyp- bzw. NIS-exprimierendem ProstataAdenokarzinom eine Stunde nach i.v.-Gabe des Tracers: Anreicherung von 131I in Schilddrüse, Magen und gentechnisch modifiziertem Tumor am Hinterlauf ren neun Wochen nach der Therapie Tumore. Die geschätzte Tumordosis in diesen Tieren lag bei 32,2 Gy (33). Bei diesen Studien ist zu bedenken, dass sehr hohe Aktivitätsmengen eingesetzt wurden: In der Maus entsprechen 74 bzw. 111 MBq 11100 bzw. 16650 MBq/m2. Dieser Wert liegt deutlich über den in der klinischen Routine eingesetzten Aktivitätsmengen. Bei Ratten-Prostatakarzinomen führte eine Therapie mit 131I-Dosen, die den klinisch eingesetzten Dosen entsprechen (1200 MBq 131I/m2 und 2400 MBq 131I/m2) nur zu einer absorbierten Dosis von 3 Gy in den gentechnisch modifizierten Tumoren (12). Bei FRTL5-Zellen lag die effektive Halbwertszeit von 125I in den Tumoren bei 6 h mit einer errechneten Dosis von 4 Gy nach Gabe von 1 mCi 131I (30). Im Rattenhepatom mit einer Halbwertszeit von 131I in hNIS-exprimierenden Tumoren von 14.5 ± 4.8 Stunden und Gabe von 14,8 MBq 131I ergab sich eine absorbierte Dosis von 35 mGy (Wildtyp-Tumor) und 592 mGy (hNIS-exprimierender Tumor) (11). Da für die Eliminierung von Metastasen bei Schilddrüsenkarzinompatienten von einer absorbierten Dosis von 80 Gy auszugehen ist (23), ist ein therapeutischer Effekt unter diesen Umständen sehr unwahrscheinlich. Weiterhin fanden alle Experimente unter optimalen Bedingungen (d. h. mit 100% NIS-exprimierenden Tumorzellen) statt, die zudem erst nach der gentechnischen Manipulation als stabile Linien transplantiert wurden. Aufgrund der geringen Invivo-Transduktionseffizienz der verfügbaren viralen Vektoren würde daher die absorbierte Dosis in einer klinischen Studie deutlich niedriger liegen. Die publizierten Studien weisen noch weitere Unterschiede auf: Tracer-Gabe, Zeitintervall zwischen Transplantation und Therapie, Tier- und Tumor-Modelle. Daher können allein die Unterschiede in der 131I-Bioverteilung und den biochemischen Eigenschaften der Tumorzellen zu Unterschieden in der Iodidretention führen. Nuklearmedizin 6a/2010 © Schattauer 2010 Downloaded from www.nuklearmedizin-online.de on 2017-11-02 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. U. Haberkorn et al.: Iodidanreicherung in Tumoren Kotransfer der Gene für NIS und TPO Eine Verlängerung der Iodid-Retentionszeit sollte durch simultanen Transfer von NIS- und Thyroperoxidase-Gen erreicht werden (3, 17). Boland et al. beobachteten eine Organifizierung von Iodid in Zellen nach Koinfektion beider Gene allerdings in Anwesenheit von exogenem WasserstoffPeroxid (3). Die erreichten Werte waren aber zu niedrig, um einen signifikanten Anstieg der Iodid-Retentionszeit zu gewährleisten. Dagegen fanden Huang et al. einen erhöhten 131I Uptake (um den Faktor 2,5) und eine erhöhte Retention (Faktor 3) sowie eine gesteigerte Apoptose in den Tumorzellen nach NIS-und TPO-Transfektion von nicht kleinzelligen Lungenkarzinomzellen (17). Dennoch kam es zu einem Efflux von 72% bereits in vitro während der ersten 30 Minuten. Dies lässt auf sehr niedrige katalytische Enzymaktivität in gentechnisch modifizierten Zellen schließen. An verschiedenen Tumormodellen (humanes anaplastisches Schilddrüsenkarzinom, Morris Hepatom der Ratte, papilläres Schilddrüsenkarzinom der Ratte) wurde untersucht, ob durch Transfer des hTPO-Gens, eine Iodspeicherung in undifferenzierten Schilddrüsenkarzinomen und anderen Tumoren induziert werden kann (13). Obwohl eine signifikante Expression des hTPO-Gens zustande kam, wurde kein gesteigerter 125I-Uptake in transgenen Zellen gemessen. Ferner war nur eine minimale enzymatische Aktivität der rekombinanten hTPO mit dem Guajakoloxidations-Assay zu erfassen. In den meisten In-vitro-Systemen wurde nach Transfer des hTPO-Gens die Expression mittels Immunhistologie, Immunoblotting oder Autoantikörper von Patienten mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse dokumentiert. Die Produktion eines katalytisch aktiven Enzyms wurde jedoch nicht erreicht – unabhängig vom Expressionssystem und verwendeten Zellen (10, 15, 18, 19). Die rekombinante TPO wird demnach entweder als funktionell inaktives Protein exprimiert oder das ursprünglich funktionelle Protein wird durch das nicht-optimale zelluläre Milieu inaktiviert. Abb. 2 131I-Efflux in vivo in Ratten mit Wildtyp- (●) bzw. NIS-exprimierendem Prostata-Adenokarzinom (●): Nach 24 Stunden ist die Iodspeicherung fast gleich. Funktion und Aktivität der hTPO werden möglicherweise beeinträchtigt durch Multimerisierung oder Faktoren wie Einbau einer Häm-Einheit, Glykosylierung, Lokalisation des Enzyms und Thyreoglobulingehalt der Zellen (8, 9, 25, 26, 37). Physiologisch liegt die humane TPO entweder als Multimer oder assoziiert mit einem anderen Membranprotein ähnlicher Größe vor, da in nicht reduzierenden Western-Blots eine immunreaktive Bande von 200 kDa beobachtet wurde. Ferner geht eine Glykosylierung des Proteins der enzymatischen Aktivität voraus und zumindest einige N-Glykane scheinen zur Konservierung der Tertiärstruktur und der katalytisch aktiven Form der TPO nötig zu sein. Alternativ könnte ein ineffizienter Einbau der Hämgruppe, die eine nicht kovalente Assoziation mit dem TPO-Apoprotein eingeht, für die niedrige spezifische Aktivität des rekombinanten TPO verantwortlich sein. Daher sollten künftig andere Modulationen der Iodidretention in Tumorzellen evaluiert werden. Effizienzsteigerung mittels Radioisotope Lithium kann den Efflux von Iodid aus der Schilddrüse reduzieren und wurde daher zur Steigerung der Effizienz der Radioiodtherapie bei Schilddrüsenkarzinom eingesetzt (20). Bei einer biologischen Halbwertszeit unter drei Tagen verlängerte Lithium die effektive Halbwertszeit um mehr als 50% (20). In FRTL-5-Rattenschilddrüsenzellen und in Primärkulturen von Schilddrüsenfollikeln des Schweins unterdrückte eine Konzentration von 2 mmol/l Lithium den TSH- und 8-Brom-cAMPinduzierten Iodid-Uptake, die Iod-Organifizierung und die De-novo-Biosynthese von Schilddrüsenhormonen (21, 39). Lithium wird gewöhnlich in der Schilddrüse angereichert und hemmt (7, 21, 29, 38, 39) den ● Uptake von Iodid, ● dessen Kopplung an Tyrosin, ● verändert die Struktur von Thyreoglobulin und ● hemmt die Sekretion der Schilddrüsenhormone. © Schattauer 2010 Nuklearmedizin 6a/2010 Downloaded from www.nuklearmedizin-online.de on 2017-11-02 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. S23 S24 U. Haberkorn et al.: Iodidanreicherung in Tumoren Wenn daher eine durch Lithium gesteigerte Iodidanreicherung in der Schilddrüse von einer Interaktion mit der Kopplung von Iodid an Tyrosinreste oder einer Hemmung der Sekretion von Schilddrüsenhormonen abhängt, werden dennoch ein Organifizierungsprozesse benötigt, um eine ausreichende Konzentration im Tumor zu erreichen. Erste Experimente in unserem Labor zeigten leider keine signifikanten Effekte von Lithium bei hNIS-exprimierenden Hepatomzellen (5, 31). Eine weitere Option, die Therapieeffizienz zu steigern, liegt in der Verwendung von Isotopen mit höherer biologischer Wirkung. Dadachova et al. führten einen Vergleich von 188Re-Perrhenat mit 131I zur Behandlung von NIS-exprimierenden Mammakarzinomen durch (6). In diesem Modell zeigte 188Re-Perrhenat einen NIS-abhängigen Uptake in das transplantierte Mammakarzinom. Dosimetrische Berechnungen ergaben, dass 188Re-Perrhenat zu einer 4,5-fach höheren Dosis als 131I führte und daher zur Steigerung der therapeutischen Effizienz beitragen kann. Ferner wurde der Hoch-LET-Emitter Astatin-211 als Isotop mit höherer radiobiologischer Wirksamkeit vorgeschlagen (27). Erste Experimente in NIS-exprimierenden Zelllinien zeigten einen erhöhten Tracer-Uptake bis zu ● 350-fach für 123I, ● 340-fach für 99mTcO4– und ● 60-fach für 211At. Obwohl für diese Radioisotope ein schneller Efflux beobachtet wurde, kam es zu höheren absorbierten Dosen im Tumor bei 211At als bei 131I (27). Eine interessante Variante untersuchten Wendisch et al. Sie befassten sich mit der radiobiologischen Wirkung von 99mTc in Schilddrüsenzellen und fanden eine im Vergleich zu 131I erhöhte Radiotoxizität durch intrazelluläres 99mTc. Diese wurde mit der Emission von Auger- und Konversionselektronen mit geringer Reichweite und somit hoher LET erklärt. Inwieweit dieser Beobachtung therapeutische Relevanz zukommt, ist noch zu klären (40). Ein weiterer Ansatz liegt in der Kombination einer gentechnisch unterstützten Fazit Versuche zum Transfer der an der Iodspeicherung beteilgten Gene waren nur in einigen Zellkultur- bzw. tierexperimentellen Studien erfolgreich. Dies gelang unter Bedingungen (sehr hohe Iodiddosen, 100% transgene Zellen), die im klinischen Alltag nicht realisierbar sind. Auch wenn der Beleg für die klinische Tauglichkeit fehlt, könnte zumindest das NIS-Gen als In-vivo-Reportergen in Kombination mit spezifischen Promotoren zur Erfassung der Expression bestimmter Gene – wie am Beispiel des Glukosetransporters gezeigt (31) – oder im Kontext von bicistronischen Vektoren, die eine Koexpression zweier Gene erlauben, eingesetzt werden. Radioiodtherapie mit anderen Therapiemodalitäten. Hingorani et al. untersuchten in der Zellkultur und im Mausmodell die Effizienz einer Dreierkombination aus ● NIS-Transfer mit Radioiodtherapie, ● externer Strahlentherapie und ● Inhibitoren von DNA-Reparaturenzymen. Unter dieser Behandlung kam es zur Persistenz von DNA-Doppelstrangbrüchen bis zu 24 h und erhöhter Zytotoxizität im klonogenen Assay. Im In-vivo-Versuch blieben 90% der Tiere tumorfrei (16). Literatur 1. Arturi F, Russo D, Schlumberger M et al. Iodide symporter gene expression in human thyroid tumors. J Clin Endocrinol Metab 1998; 83: 2493–6249. 2. Berman M, Hoff E, Barandes M. Iodine kinetics in man: a model. J Clin Endocrinol Metab 1968; 28: 1–14. 3. Boland A, Ricard M, Opolon P et al. Adenovirusmediated transfer of the thyroid sodium/iodide symporter gene into tumors for a targeted radiotherapy. Cancer Res 2000; 60: 3484–3492. 4. Carlin S, Cunningham SH, Boyd M et al. Experimental targeted radioiodide therapy following transfection of the sodium iodide symporter gene: effect on clonogenicity in both two-and three-dimensional models. Cancer Gene Ther 2000; 7: 1529–1536. 5. Chen L, Altmann A, Mier W et al. Radioiodine therapy of hepatoma using targeted transfer of the human sodium/iodide symporter gene. J Nucl Med 2006; 47: 854–862. 6. Dadachova E, Bouzahzah B, Zuckier LS, Pestell RG. Rhenium-188 as an alternative to iodine-131 for treatment of breast tumors expressing the sodium/ iodide symporter (NIS). Nucl Med Biol 2002; 29: 13–18. 7. Gershengorn MC, Izumi M, Robbins J. Use of lithium as an adjunct to radioiodine therapy of thyroid carcinoma. J Clin Endocrinol Metab 1976; 42: 105–111. 8. Giraud A, Franc JL, Long Y, Ruf J. Effects of deglycosylation of human thyroperoxidase on its enzymatic activity and immunoreactivity. J Endocrinol 1992; 132: 317–323. 9. Giraud A, Siffroi S, Lanet J, Franc JL. Binding and internalization of thyroglobulin: selectivity, pH dependence, and lack of tissue specificity. Endocrinology 1997; 138: 2325–2332. 10. Guo J, McLachlan SM, Hutchinson S, Rapoport B. The greater glycan content of recombinant human thyroid peroxidase of mammalian than of insect cell origin facilitates purification to homogeneity of enzymatically protein remaining soluble at high concentration. Endocrinology 1998; 139: 999–1005. 11. Haberkorn U, Henze M, Altmann A et al. Transfer of the human sodium iodide symporter gene enhances iodide uptake in hepatoma cells. J Nucl Med 2001; 42: 317–325. 12. Haberkorn U, Kinscherf R, Kissel M et al. Enhanced iodide transport after transfer of the human sodium iodide symporter gene is associated with lack of retention and low absorbed dose. Gene Ther 2003; 10: 774–780. 13. Haberkorn U, Altmann A, Jiang S et al. Iodide uptake in human anaplastic thyroid carcinoma cells after transfer of the human thyroid peroxidase gene. Eur J Nucl Med 2001; 28: 633–638. 14. Haberkorn U, Beuter P, Kübler W et al. Iodide kinetics and dosimetry in vivo after transfer of the human sodium iodide symporter gene in rat thyroid carcinoma cells. J Nucl Med 2004; 45: 827–833 15. Hidaka Y, Hayashi Y, Fisfalen ME et al. Expression of thyroid peroxidase in EBV-transformed B cell lines using adenovirus. Thyroid 1996; 6: 23–28. 16. Hingorani M, White CL, Zaidi S et al. Therapeutic effect of sodium iodide symporter gene therapy combined with external beam radiotherapy and targeted drugs that inhibit DNA repair. Mol Ther 2010; 18: 1599–1605. 17. Huang M, Batra RK, Kogai T et al. Ectopic expression of the thyroperoxidase gene augments radioiodide uptake and retention mediated by the sodium iodide symporter in non-small cell lung cancer. Cancer Gene Ther 2001; 8: 612–618. 18. Kaufman KD, Filetti S, Seto P, Rapoport B. Recombinant human thyroid peroxidase generated in eukaryotic cells: a source of specific antigen for the immunological assay of antimicrosomal antibodies in the sera of patients with autoimmune thyroid disease. J Clin Endocrinol Metab 1990; 70: 724–728. 19. Kimura S, Kotani T, Ohtaki S, Aoyama T. CDNA-directed expression of human thyroid peroxidase. FEBS letters 1989; 250: 377–380. 20. Koong S, Reynolds JC, Movius EG et al. Lithium as a potential adjuvant to 131I therapy of metastatic, well differentiated thyroid carcinoma. J Clin Endocrinol Metab 1999; 84: 912–916. Nuklearmedizin 6a/2010 © Schattauer 2010 Downloaded from www.nuklearmedizin-online.de on 2017-11-02 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. U. Haberkorn et al.: Iodidanreicherung in Tumoren 21. Lazarus JH. The effects of lithium therapy on thyroid and thyrotropin-releasing hormone. Thyroid 1998; 8: 909–913. 22. Mandell RB, Mandell LZ, Link CJ. Radioisotope concentrator gene therapy using the sodium/iodide symporter gene. Cancer Res 1999; 59: 661–668. 23. Maxon HR, Thomas SR, Herzberg VS et al. Relation between effective radiation dose and outcome of radioiodine therapy for thyroid cancer. N Engl J Med 1983; 309: 937–941. 24. Nakamoto Y, Saga T, Misaki T et al. Establishment and characterization of a breast cancer cell line expressing Na+/I– symporters for radioiodide concentrator gene therapy. J Nucl Med 2000; 41: 1898–1904. 25. Ohtaki S, Nakagawa H, Nakamura M, Kotani T. Thyroid peroxidase: experimental and clinical integration. Endocrine J 1996; 43: 1–14. 26. Ohtaki S, Kotani T, Nakamura Y. Characterization of human thyroid peroxidase purified by monoclonal antibody-assisted chromatography. J Clin Endocrinol Metab 1986; 63: 570–576. 27. Petrich T, Helmeke HJ, Meyer GJ et al. Establishment of radioactive astatine and iodine uptake in cancer cell lines expressing the human sodium iodide symporter. Eur J Nucl Med 2002; 29: 842–854. 28. Ryu KY, Senokozlieff ME, Smanik PA et al. Development of reverse transcription-competitive polymerase chain reaction method to quantitate the expression levels of human sodium iodide symporter. Thyroid 1999; 9: 405–409. 29. Sedvall G, Jonsson B, Petterson U, Levin K. Effects of lithium salts on plasma protein bound iodine and uptake of 131I in thyroid gland of man and rat. Life Sci 1968; 7: 1257–1264. 30. Shimura H, Haraguchi K, Miyazaki A et al. Iodide uptake and experimental 131J therapy in transplanted undifferentiated thyroid cancer cells expressing the Na+/I– symporter gene. Endocrinology 1997; 138: 4493–4496. 31. Sieger S, Jiang S, Schönsiegel F et al. Tumour specific activation of the sodium/iodide symporter gene under control of the glucose transporter gene 1 promoter (GTI-1.3). Eur J Nucl Med 2003; 30: 748–756. 32. Smit JW, Shroder van der Elst JP, Karperien M et al. Reestablishment of in vitro and in vivo iodide uptake by transfection of the human sodium iodide symporter (hNIS) in a hNIS defective human thyroid carcinoma cell line. Thyroid 2000; 10: 939–943. 33. Smit JWA, Shroder van der Elst JP, Karperien M et al. Iodide kinetics and experimental 131I therapy in a xenotransplanted human sodium-iodide symporter-transfected human follicular thyroid carcinoma cell line. J Clin Endocrinol Metab 2002; 87: 1247–1253. 34. Spitzweg C O’Connor MK, Bergert ER et al. Treatment of prostate cancer by radioiodine therapy after tissue-specific expression of the sodium iodide symporter. Cancer Res 2000; 60: 6526–6530. 35. Spitzweg C, Zhang S, Bergert ER et al. Prostate-specific antigen (PSA) promoter-driven androgen-inducible expression of sodium iodide symporter in prostate cancer cell lines. Cancer Res 1999; 59: 2136–2141. 36. Spitzweg C, Dietz AB, O’Connor MK et al. In vivo sodium iodide symporter gene therapy of prostate cancer. Gene Ther 2001; 8: 1524–1531. 37. Taurog A, Dorris ML, Yokoyama N, Slaughter C. Purification and characterization of a large , tryptic fragment of human thyroid peroxidase with high catalytic activity. Arch Biochem Biophys 1990; 278: 333–341. 38. Temple R, Berman M, Robbins J, Wolff J. The use of lithium in the treatment of thyrotoxicosis. J Clin Invest 1972; 51: 2746–2756. 39. Urabe M, Hershman JM, Pang XP et al.. Effect of lithium on function and growth of thyroid cells in vitro. Endocrinology 1991; 129: 807–814. 40. Wendisch M, Freudenberg R, Drechsel J et al. 99mTc reduces clonogenic survival after intracellular uptake in NIS positive cells in vitro more than 131I. Nuklearmedizin 2010; 49: 154–160. © Schattauer 2010 Nuklearmedizin 6a/2010 Downloaded from www.nuklearmedizin-online.de on 2017-11-02 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. S25