4.7 Laplace-Transformation Ähnlich wie bei der Fourier-Transformation im Abschnitt 3.2 wollen wir für Funktionen f : R+ → R eine Transformation finden, die ebenfalls eine einfache Umkehrformel besitzen soll. Definition 4.7.1. Sei f : R+ → R eine stückweise stetige Funktion, gebe es reelle Zahlen A und C, sodass |f (x)| ≤ CeAx für x ≥ 1 gelte, und sei das Integral Z konvergent. Dann heißt 1 f (x) dx 0 L(f )(s) = ∞ Z f (t)e−st dt 0 Die Laplace-Transformierte von f . Diese ist für Re s > A definiert und dort eine holomorphe Funktion. Für die Korrespondenz zwischen der Funktion f und ihrer Transformierten verwenden wir das Symbol ◦−−−−−•. Die folgenden Regeln für die Transformation ergeben sich durch direktes Nachrechnen. F (t) ◦−−−−−• F (t), G(t), H(t) ◦−−−−−• 1 ◦−−−−−• LF (s) f (s), g(s), h(s) 1 s eαt ◦−−−−−• 1 s−α tn ◦−−−−−• n! sn+1 tn eαt ◦−−−−−• n! (s−α)n+1 sin αt ◦−−−−−• α s2 +α2 cos αt ◦−−−−−• s s2 +α2 e−αt sin βt ◦−−−−−• β (s+α)2 +β 2 79 e−αt cos βt ◦−−−−−• α > −1, tα ◦−−−−−• δ(t) ◦−−−−−• λ > 0, ( F (t − λ) 0 Rt 0 Γ(α+1) sα+1 1 F (k) (t) ◦−−−−−• sk f (s) − sk−1 F (0) − sk−2 F ′ (0) − · · · − F (k−1) (0) tk F (t) ◦−−−−−• (−1)k f (k) (s) für t ≥ λ sonst ◦−−−−−• e−λs f (s) e−αt F (t) ◦−−−−−• f (s + α) F (ρt) ◦−−−−−• F ∗ G(t) = s+α (s+α)2 +β 2 1 f ρ s ρ F (τ )G(t − τ ) dτ ◦−−−−−• f (s)g(s) F (t) t ◦−−−−−• R∞ F (τ ) dτ ◦−−−−−• Rt 0 1 2πi c+i∞ R F (s)est ds ◦−−−−−• s f (v) dv f (s) s F (s) c−i∞ Tabelle von wichtigen Laplace-Transformationen Die Regeln für die Transformation von Ableitungen zeigen, warum die Laplace-Transformation so wichtig ist: sie verwandelt die komplizierte Operation der Differentiation in Multiplikation mit s. Die letzte Zeile in der Tabelle gibt zumindest prinzipiell eine Umkehrformel als komplexes Kurvenintegral für die Laplace-Transformation. Beispiel 41. Gegeben sie die Differentialgleichung y ′′ + 4y ′ + 5y = cos(t), 80 y(0) = 1, y ′(0) = −1. Durch Anwendung der Laplace-Transformation geht diese Gleichung über in s2 L(y)(s) − sy(0) − y ′(0) + 4(sL(y)(s) − y(0)) + 5L(y)(s) = s2 s . +1 Diese Gleichung können wir nach L(y)(s) auflösen und erhalten L(y)(s) = s (s2 + 1)(s2 + 4s + 5) + s2 s+3 . + 4s + 5 Durch Partialbruchzerlegung ergibt sich L(y)(s) = 1 1 7 5 1 s s+2 1 + + + 2 2 2 8 (s + 1) 8 (s + 1) 8 (s + 2) + 1 8 (s + 2)2 + 1 daraus. Indem wir die Transformationen aus der Tabelle ablesen, erhalten wir y(t) = 1 7 5 1 sin(t) + cos(t) + e−2t cos(t) + e−2t sin(t). 8 8 8 8 E C R L Abbildung 4.10: Ein einfacher elektrischer Schaltkreis Beispiel 42. Nach dem Kirchhoffschen Gesetz fließt durch alle Teile der selbe Strom I(t). Dieser ist gleich der Ladungsänderung am Kondensator, also I= dQ . dt Die Spannungsabfälle an den einzelnen Bauteilen werden durch VC = Q , C VR = RI, VL = L dI dt beschrieben. Diese Spannungsabfälle müssen sich zur Eingangsspannung E(t) summieren. Daraus erhalten wir dI Q L + RI + = E(t). dt C 81 Indem wir diese Gleichung einmal differenzieren und I = L dQ dt einsetzen, erhalten wir dI I dE d2 I +R + = . 2 dt dt C dt Unter der Annahme I(0) = I ′ (0) = 0 und E(0) = 0 erhalten wir daraus durch LaplaceTransformation L(I)(s) Ls2 + Rs + C = sL(E)(s) oder L(I)(s) = Ls2 s L(E)(s). + Rs + C 82