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Die Geschichte des Staates Israel, der am 14.Mai 1948 seine Unabhängigkeit erklärte, begann
mit der zionistischen Bewegung, die von Theodor Herzl in Basel 1897 ins Leben gerufen
wurde. Das um die Jahrhundertwende proklamierte Ziel der Errichtung einer neuen jüdischen
Heimstatt, eines vornehmlich jüdischen Staates in Palästina, verbindet bis heute noch viele
wichtige Institutionen und politische sowie gesellschaftliche Gruppierungen, die im Zionismus
ihre Wurzeln haben.
7.1.
Die Zeit bis zur Unabhängigkeit
Anfang des
20.Jahrhunderts war der Anteil der jüdischen Bevölkerung in Palästina gering. Diese stieg
zwischen 1845 und 1914 von 12000 auf 85000 an. Der größte Teil der Bevölkerung Palästinas
bestand aus Arabisch sprechenden Muslimen und Christen. Die zionistische Bewegung wurde
überwiegend von in Europa und vor allem von in Nordamerika lebenden Juden materiell
unterstützt.
1917/18 hatte Großbritannien Palästina besetzt. Mit der so genannten Balfour-Deklaration vom
2.November 1917 des damaligen britischen Außenministers Arthur J.Balfour wurde den
jüdischen Siedlern und Einwanderern eine „nationale Heimstätte” zugesichert. In der Erklärung
hieß es: „Die Regierung Seiner Majestät begrüßt die Errichtung eines Staates für das jüdische
Volk in Palästina und wird ihr Möglichstes zur Unterstützung dieses Projekts tun. Bei der
Erreichung dieses Zieles sollen die zivilen und religiösen Rechte der bereits in Palästina
lebenden, nichtjüdischen Gemeinden nicht beeinträchtigt werden und auch die Rechte und der
politische Status der Juden in anderen Ländern soll durch die Staatsgründung nicht betroffen
sein.” Die Zionisten sahen darin eine Garantieerklärung und die Rechtsgrundlage für eine
jüdische Staatsgründung. 1920 ging zunächst aber erst einmal die britische Militärverwaltung
mit dem London übertragenen Völkerbund-Mandat in eine zivile Administration über, die unter
der Leitung eines englischen Hochkommissars stand.
7.1. 1.
Palästina unter britischem Mandat
Die Errichtung von
Siedlungen, landwirtschaftlichen und industriellen Unternehmen wurden zur Zeit des britischen
Mandats, das bis 1948 dauerte, kontinuierlich vorangetrieben. Die jüdische Gemeinschaft
wuchs in dieser Periode um das Zehnfache, insbesondere in den dreißiger Jahren, als eine
große Zahl von Juden aus Europa vor der Verfolgung durch die deutschen Nationalsozialisten
floh. Tel Aviv wurde zur größten jüdischen Stadt im Land, Dutzende anderer Städte und Dörfer
wurden gegründet, und Hunderte von Kibbuzim und Kooperativen entstanden.
Viele politische Parteien, die in Europa als Teil der zionistischen Bewegung gegründet worden
waren, etablierten sich in Palästina. Dazu gehörten Arbeiterparteien, orthodox-religiöse und
nationalistische Gruppierungen, deren Anführer aus Europa emigriert waren. Nach 1948
übernahmen diese politischen Führer Regierungsverantwortung im neuen jüdischen Staat.
Die jüdische Gemeinschaft (Jischuw) errichtete nach dem 1.Weltkrieg weitere demokratische
und repräsentative Institutionen: Dazu gehörte u.a. eine Abgeordnetenversammlung mit einem
Nationalrat, der die Tagesgeschäfte in Fragen der Erziehung, Gesundheit, sozialer und anderer
Belange regelte. In vielen Orten, so z.B. in der schnell anwachsenden Stadt Tel Aviv und in
vielen neu entstandenen Siedlungen, wurden lokale jüdische Verwaltungen eingerichtet. Die
Pflege der hebräischen Sprache und Kultur wurde intensiv gefördert, die Hebräische Universität
in Jerusalem gegründet. Das religiöse Leben der Juden wurde von einem Rabbinerrat geleitet,
der für Hochzeiten, Scheidungen und andere familiäre Angelegenheiten zuständig war. Die
Zionistische Weltorganisation und die Jüdische Palästinagesellschaft unterstützten die Jischuw
durch ausländische Fonds und vermittelten die Unterstützung westlicher Staaten.
7.1. 2.
Arabische und jüdische Aufstände
Die britischen Behörden
bildeten die Regierung für das Mandatsgebiet und waren für die Verteidigung und innere
Sicherheit des Landes, für die Einwanderung, das Post- und Transportwesen sowie für die
Hafenverwaltung verantwortlich. Die Mandatsverwaltung unterstand dem britischen
Hochkommissar.
Wichtigste Aufgabe der Mandatsregierung war es, für einen Ausgleich der Interessen zwischen
den jüdischen Siedlern und der im Mandatsgebiet lebenden palästinensischen Bevölkerung zu
sorgen. Mit der Zunahme jüdischer Immigraten und dem Ausbau jüdischer Siedlungen nahm
auch die arabische Opposition gegen die britische Herrschaft und gegen die zionistische
Bewegung zu. Zwischen 1936 und 1939 kam es zu einem palästinensischen Aufstand, der von
britischen Truppen mit Unterstützung jüdischer Siedler niedergeschlagen wurde. Initiativen zur
Teilung des Landes wurden gleichermaßen von palästinensischer wie jüdischer Seite
abgelehnt.
In der Zeit des 2.Weltkrieges wurden etwa sechs Millionen Juden während des Holocausts
ermordet. In Folge dieses von Deutschen begangenen Massenmords in Europa wurde die
zionistische Forderung nach Selbstbestimmung immer verständlicher. Immer mehr Flüchtlinge
kamen ins Land, und um die Einwanderung nach Palästina zu erleichtern, stellte sich die
Jischuw offen gegen die britischen Mandatsbehörden, die die Einwanderungsmöglichkeiten
beschränken wollten. Es kam zum militanten zionistischen Widerstand und zu Terroraktionen
geheimer jüdischer Militärorganisationen. Auch die Vereinigten Staaten unterstützten
angesichts des Auswanderungsdrucks europäischer Juden infolge der nationalsozialistischen
Gräuel die Einwanderung nach Palästina.
7.2.
Die Unabhängigkeit
1947 wurde das britische Mandat nicht
verlängert. Die Vereinten Nationen billigten in ihrer ersten Sondersitzung am 29.November 1947
einen Plan, der die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat vorsah.
Jerusalem sollte zur internationalen Zone unter UN-Verwaltung werden, und der jüdische und
arabische Staat sollten durch eine Wirtschaftsunion verbunden werden. Der Teilungsplan
wurde mit einer Stimmenmehrheit von 33 zu 13 angenommen und von den Vereinigten Staaten
und der Sowjetunion unterstützt. Die Briten enthielten sich der Stimme.
Die jüdische Bevölkerung Palästinas stimmte dem Lösungsvorschlag zu, die arabische lehnte
die Teilung ab. Militante Palästinenser griffen jüdische Siedlungen an, nachdem die britischen
Truppen mit ihrem Abzug Anfang 1948 begonnen hatten. Die Briten weigerten sich zu
intervenieren; sie wollten das Land noch vor dem 1.August 1948 verlassen, dem Datum für den
Beginn der Teilung und das Ende des Mandats. Als deutlich wurde, dass die Briten das Land
bis zum 15.Mai verlassen würden, ließ am 14.Mai 1948, wenige Stunden vor Beendigung des
britischen Mandats, der Provisorische Staatsrat (ehemals Nationalrat) durch den Präsidenten
der Zionistischen Weltorganisation, David Ben Gurion, die Errichtung des jüdischen Staates in
Palästina mit dem Namen Medinat Israel (Staat Israel) verkünden. Der Staat sollte allen Juden
aus anderen Ländern der Welt offen stehen. Einen Tag später brach der Bürgerkrieg aus; die
Armeen Ägyptens, Transjordaniens (heute Jordanien), Syriens, des Libanon und des Irak
verbündeten sich mit den palästinensischen und anderen arabischen Untergrundkämpfern. Der
1.Arabisch-Israelische Krieg (auch Unabhängigkeitskrieg genannt) war der Beginn eines
internationalen Konflikts, der bis heute andauert (siehe Nahostkonflikt). Die Araber konnten die
Errichtung des jüdischen Staates weder militärisch noch politisch verhindern. Der Krieg wurde
durch vier am 20.Juli 1949 von der UNO vereinbarte Waffenstillstandserklärungen zwischen
Israel und Ägypten, dem Libanon, Jordanien und Syrien beendet. Die in den Erklärungen
festgelegten Grenzen blieben bis zum Sechstagekrieg 1967 bestehen.
7.3.
Die ersten Jahre des jüdischen Staates
Der Anteil der arabischen Bevölkerung im neuen Staat Israel verringerte sich durch den Krieg
von 1948 drastisch. Die Waffenstillstandserklärungen dehnten das Territorium unter
israelischer Kontrolle über die von der UNO festgelegten Teilungsgrenzen von
15500Quadratkilometer auf beinahe 20700Quadratkilometer aus. Der schmale Gazastreifen an
der ägyptisch-israelischen Grenze blieb unter ägyptischer Besatzung, und das Westjordanland
(West Bank) wurde von Jordanien annektiert. Von den mehr als 800000Arabern, die vor 1948 in
israelisch besetzten Gebieten lebten, blieben nur 170000 im Land. Die anderen flohen aus
Palästina und lebten seitdem in Flüchtlingslagern im Libanon, in Libyen, Jordanien und Syrien;
die Mehrzahl von ihnen jedoch im Gazastreifen. Der Provisorische Staatsrat Israels
organisierte die ersten Wahlen für die Knesset (Parlament) im Jahr 1949. Chaim Weizmann,
der prominenteste zionistische Führer aus der Vorkriegszeit, wurde zum ersten Präsidenten
des Landes gewählt.
7.3. 1.
Ministerpräsident Ben Gurion
Der erste Premierminister des
Landes, David Ben Gurion, Führer der Mapai (größte Arbeiterpartei), hatte die Jischuw während
der letzten Mandatstage geführt und bestimmte die Geschicke des Landes während des ersten
anderthalb Jahrzehnte. Die nationale Sicherheit stand im Vordergrund seiner Politik, und er
baute eine moderne Armee auf. Sowohl Männer als auch Frauen leisten Militärdienst, und die
Armee wurde zur zentralen Einrichtung einer nationalen Erziehung für viele tausend neue
Einwanderer und zur verbindenden Institution des neuen Staates. Private Militärkräfte, die von
verschiedenen politischen Bewegungen ausgerüstet worden waren, wurden in die israelische
Armee integriert.
7.3. 2.
Einwanderung
Unmittelbar nach der Erlangung der Unabhängigkeit
öffnete Israel seine Grenzen für die jüdischen Einwanderer aus aller Welt. Bis 1952 hatte sich
die Bevölkerung verdoppelt. Viele Immigranten waren Überlebende der Vernichtungslager
(Konzentrationslager), die während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland und
Osteuropa errichtet worden waren. Während der fünfziger Jahre kamen immer mehr Juden
aus den muslimischen Ländern des Mittleren Ostens und Nordafrikas nach Israel. Ende der
sechziger Jahre war der Anteil der Juden aus Asien und Afrika größer als die Zahl der
europäischen Juden. Innerhalb von drei Jahrzehnten verfünffachte sich die israelische
Bevölkerung, wobei zwei Drittel dieser Zunahme auf jüdische Einwanderung zurückgeht. Viele
Einwanderer waren ohne Ausbildung ins Land gekommen.
Das Land war ersten großen wirtschaftlichen Problemen ausgesetzt, da Israels Staatshaushalt
vor allem duch die enormen Verteidigungsausgaben belastet war. Die industrielle und
landwirtschaftliche Entwicklung wurde zwar vehement vorangetrieben, doch Anfang der
fünfziger Jahre stürzte die israelische Wirtschaft in eine Rezession und Währungskrise. Die
US-Regierung bot weit reichende Wirtschaftshilfe an, und Ben Gurion verhandelte mit der
Bundesrepublik Deutschland über Reparations- und Entschädigungszahlungen.
7.3. 3.
Suezkrise und Sinai-Feldzug
Die Versuche, die israelisch-
arabischen Waffenstillstandsvereinbarungen in Friedensverträge umzuwandeln, schlugen fehl.
Die Araber bestanden darauf, dass die Flüchtlinge das Recht auf Rückkehr in ihre Heimat
hatten, dass Jerusalem unter internationale Aufsicht gestellt werde und Israel verschiedene
territoriale Zugeständnisse machen solle, ehe Friedensverhandlungen denkbar seien. In Israel
befürchtete man, dass diese Forderungen die Sicherheit des Landes gefährden würden, und
man lehnte diese deshalb ab. Aktionen arabischer Guerillaverbände wurden von Israel mit
Vergeltungsschlägen beantwortet.
Als Ägypten 1956 israelischen Schiffen die Durchfahrt durch den Suezkanal verweigerte und
die Straße von Tiran (Israels Zugang zum Roten Meer) blockierte, wurde dies als ein Kriegsakt
interpretiert. Die Zwischenfälle an der ägyptischen Grenze häuften sich, die Suezkrise
eskalierte. Am 29.Oktober 1956 drangen israelische Truppen unter dem Kommando des
späteren Verteidigungs - und Außenministers Moshe Dayan über die Sinai-Halbinsel bis zum
Suezkanal vor. Damit hatte der 2.Arabisch-Israelische Krieg begonnen.
Großbritannien und Frankreich schlossen sich den Kriegshandlungen gegen Ägypten an, da
der ägyptische Präsident Gamal Abd el-Nasser den Suezkanal verstaatlicht hatte. Nasser hatte
den Kanal übernommen, nachdem Großbritannien und Frankreich Angebote zur Finanzierung
des Baues des Assuan-Hochdamms zurückgezogen hatten. Israel errang einen schnellen Sieg
und eroberte den Gazastreifen und die Halbinsel Sinai in nur wenigen Tagen. Als die israelische
Armee die Ufer des Suezkanals erreicht hatte, begannen die Briten und Franzosen mit ihren
Angriffen. Die Kämpfe wurden nach ein paar Tagen (am 7.November 1956) durch UN-Truppen
beendet, die ausgesandt worden waren, um die Kampfhandlungen am Suezkanal zu
überwachen. Eine UN-Resolution forderte die drei Invasionsnationen auf, Ägypten und den
Gazastreifen zu verlassen. Nach dem Truppenrückzug aus Ägypten weigerte sich Israel jedoch
bis 1957, den Gazastreifen wieder freizugeben.
7.3. 4.
Die letzten Jahre von Ben Gurions Regierungszeit
Israel
modernisierte weiterhin seine Armee und legte großes Gewicht auf eine schlagkräftige
Luftwaffe, die mit den neuesten französischen Kampfflugzeugen ausgestattet wurde. Die
wirtschaftliche Situation verbesserte sich, und aufgrund eines neuen staatlichen
Wasserverteilungssystems konnte nun auch der Süden des Landes bes iedelt werden. Obwohl
die Einwanderungswelle ihren Höhepunkt bereits in den ersten vier Jahren überschritten hatte,
wuchs die Bevölkerung in den sechziger Jahren nach wie vor an; vor allem aus Marokko
kamen viele Einwanderer. Eines der größten Probleme des Landes stellte die wirtschaftliche
und soziale Integration der jüdischen Neuankömmlinge aus den islamischen Ländern dar. Das
soziale und ökonomische Gefälle zwischen ihnen und den ersten Siedlern aus Europa
verschärfte sich.
Die großen politischen Bewegungen wurden in dieser Periode durch Parteiensplitterung und neubildungen aufgelöst. Ben Gurion trat 1963 zurück; sein Nachfolger wurde Levi Eschkol.
1965 verließ der ehemalige Ministerpräsident die Mapai-Partei und beteiligte sich an der
Gründung einer oppositionellen Gruppe namens Rafi. Im selben Jahr vereinigte sich die Mapai
mit anderen Arbeiterparteien und bildete die Arbeiterpartei, die bis 1977 an der Regierung war.
Die beiden größten Oppositionsparteien, die Liberalen und die Herut, verbanden sich 1965; und
1973 bildeten die Oppositionsparteien den Likud-Block (Einheitsblock), der von Menachem
Begin angeführt wurde.
7.4.
Der Sechstagekrieg und seine Folgen
Nach dem
2.Arabisch-Israelischen Krieg verstärkten sich die Autonomiebestrebungen der Palästinenser.
Die Bildung eines vereinigten arabischen Oberbefehls über die Truppen an den Grenzen, die
Schließung der Straße von Tiran durch Ägypten und das Drängen Nassers auf Abzug der UNTruppen aus Ägypten 1967 führten dazu, dass die damalige israelische Ministerpräsidentin
Golda Meir am 5.Juni einen Präventivschlag gegen Ägypten, Jordanien und Syrien befahl.
Der so genannte Sechstagekrieg endete am 10.Juni mit einem entscheidenden Sieg für Israel:
Die israelische Luftwaffe versetzte den Gegnern einen vernichtenden Schlag, die Truppen
besetzten den Gazastreifen und die Halbinsel Sinai, Ostjerusalem und das Westjordanland
(West Bank) und die Golanhöhen. Diese besetzten Gebiete haben die vierfache Größe Israels,
in ihnen lebten etwa 1,5Millionen Araber.
7.4.1.
Besetzte Gebiete und arabischer Widerstand
Die
besetzten Gebiete wurden zum alles beherrschenden, zentralen innen- wie außenpolitischen
Thema in der israelischen Politik nach 1967. Die rechten Gruppierungen und orthodoxe
religiöse Parteien im Land widersetzten sich einem Rückzug aus dem Westjordanland und aus
dem Gazastreifen. Die Arbeiterpartei war in dieser Frage gespalten: Einige führende Politiker
sprachen sich für die Annexion der Gebiete aus, andere forderten den Rückzug, und wieder
andere wollten nur jene Gebiete besetzt halten, die für die israelische Sicherheit von Bedeutung
waren. Die Mehrheit der israelischen Bevölkerung unterstützte jedoch die Annexion
Ostjerusalems und sprach sich für eine Vereinigung mit den jüdischen Stadtvierteln aus. Die
von der Arbeiterpartei angeführte Regierung vereinigte einige Tage nach dem Krieg von 1967
formell, aber völkerrechtswidrig beide Teile der Stadt. Im Jahr 1980 verabschiedete die Knesset
ein Gesetz, das Jerusalem für alle Zeiten „zur ganzen und vereinigten” Hauptstadt Israels
erklärte.
Die Besetzungspolitik führte zu zahlreichen Aufständen der Palästinenser. Verschiedene
Guerillaorganisationen innerhalb der Palästinensischen Befreiungsbewegung (PLO) führten
Terroranschläge auf israelische Einrichtungen, auf Schulen, an Marktplätzen, Bushaltestellen
und Flughäfen aus. Bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München ermordeten
palästinensische Terroristen elf israelische Sportler. Die Terroranschläge gegen Israel im Inund Ausland führten zunächst zu einer breiten internationalen Ablehnung der PLO, die aber mit
den Jahren immer mehr Staaten für eine Unterstützung gewinnen konnte, bis hin zur
Anerkennung durch die Vereinten Nationen als einzige legitime Vertretung palästinensischer
Interessen.
7.5.
Der Jom-Kippur-Krieg und seine Folgen
1973 verbündeten sich Ägypten und Syrien zu einem Militärschlag gegen Israel, mit dem Ziel,
die 1967 verlorenen Gebiete wieder zu erlangen. Die arabischen Staaten wurden durch ihren
Verbündeten UdSSR unterstützt, viele arabische und asiatische Staaten erklärten sich mit den
Arabern solidarisch. Die reichen Ölstaaten Saudi-Arabien und Kuwait finanzierten die arabische
Armee und ermöglichten Ägypten und Syrien damit den Erwerb der neuesten sowjetischen
Waffen. Die Öl produzierenden Länder stellten ihre Erdölexporte in die Vereinigten Staaten und
nach Westeuropa ein, da diese Israel unterstützten.
Der Angriff der arabischen Verbündeten erfolgte am 6.Oktober 1973, dem jüdischen
Versöhnungsfest Jom Kippur. Die israelischen Streitkräfte konnten die Angreifer nach
dreiwöchigen Kämpfen abwehren, mussten aber große Verluste hinnehmen. Doch Israel hatte
sich wieder einmal behaupten können: Am 26.Oktober stimmte die israelische Regierung den
Waffenstillstandsvereinbarungen zu. Israel stand aber weiterhin unbeschränkten arabischen
Ressourcen gegenüber und war wirtschaftlich angeschlagen. Lediglich massive wirtschaftliche
und militärische Hilfe aus den USA konnte das Gleichgewicht in der Region noch halten, aber
auch die amerikanische Unterstützung konnte eine Wirtschaftskrise nicht aufhalten.
Im Bemühen, eine Friedensvereinbarung zu erreichen, entsandte US -Präsident Richard
M.Nixon seinen Außenminister Henry Kissinger mit dem Auftrag, zwischen Israel, Ägypten und
Syrien zu vermitteln. Ergebnis der Verhandlungen war, dass sich die israelischen Truppen
1974 vom Suezkanal bis zu den Sinaipässen und von den Gebieten östlich der Golanhöhen
zurückzogen.
Der Jom-Kippur-Krieg und seine Folgen hatte zu einer instabilen innenpolitischen Lage in Israel
geführt: Ministerpräsidentin Golda Meir und ihr Kabinett traten 1974 zurück; der ehemalige
Stabschef der Armee während des Sechstagekrieges, Itzhak Rabin, bildete eine neue
Regierung. Doch auch seine Politik konnte die Inflation und die Verschlechterung der
wirtschaftlichen Lage nicht aufhalten. Bei den Wahlen von 1977 verlor die Arbeiterpartei die
Mehrheit in der Knesset, und Menachem Begin wurde neuer Ministerpräsident. Er war der
Vorsitzende des rechten Likud-Blockes, dessen Mitglieder territoriale Konzessionen ablehnten.
7.6.
Die Regierung Begin
Auch Begins konservatives, unternehmerfreundliches Wirtschaftsprogramm konnte die Inflation
und weitere wirtschaftliche Einbußen, die durch die immensen Verteidigungsausgaben
entstanden waren, nicht stoppen. Begin gelang es jedoch als erstem israelischen Staatschef,
in Friedensverhandlungen mit den anderen arabischen Staaten einzutreten. Diese waren auf
eine überraschende Initiative des ägyptischen Präsidenten Anwar as -Sadat zustande
gekommen, der im November 1977 nach Jerusalem gereist war. Dort hatte er vor der Knesset
gesprochen und Begin zu Friedensgesprächen aufgefordert. Nach den Verhandlungen in
Camp David (Maryland), die auf Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter zustande
gekommen waren, konnte der ägyptisch-israelische Friedensvertrag am 26.März 1979 in
WashingtonD.C. unterzeichnet werden. Trotz des Friedensprozesses blieben viele Probleme
zwischen den beiden Ländern ungelöst, einschließlich der Frage der arabischen Autonomie in
den besetzten Gebieten im Westjordanland und im Gazastreifen.
7.7.
Israel in den achtziger Jahren
Der Likud-Block mit Begin an der Spitze gewann die Wahlen im Juni 1981 nur knapp. Kurz
zuvor hatten israelische Bomber Nuklearanlagen in der Nähe von Bagdad (Irak) angegriffen.
Israel behauptete, der Irak produziere nukleare Waffen, um mit diesen Israel zu zerstören.
Auch die Annexion der Golanhöhen im darauf folgenden Dezember strapazierte die
Beziehungen Israels zu verbündeten Nationen. Trotz dieser Entwicklung und den
Komplikationen, die durch die Ermordung Anwar as-Sadats im Oktober 1981 entstanden
waren, zogen sich die Israelis schließlich planmäßig im April 1982 aus dem Sinai zurück. Zwei
Monate später begann Israel eine Invasion im Libanon mit dem Ziel, die Präsenz der PLO dort
zu beenden. Bis Mitte August, nach intensiven Gefechten in und um Beirut, stimmte die PLO
einem Rückzug ihrer Guerillaeinheiten aus der Stadt zu. Die israelischen Truppen blieben
jedoch im Südlibanon, und die Kosten des Krieges und der anschließenden Besetzung
beeinträchtigten erneut die israelische Wirtschaft.
Im August 1983 trat Begin zurück. Sein Nachfolger als Ministerpräsident und Führer des
Lidkud-Blocks wurde der bisherige Außenminister Yitzhak Shamir. Bei den Wahlen im Juli 1984
erreichte die Arbeiterpartei 44Sitze und der Likud-Block 41Sitze in der 120Mitglieder
umfassenden Knesset. Da keine der großen Parteien allein regierungsfähig war, bildeten die
Arbeiterpartei und der Likud-Block eine große Koalition, in der auch ein Wechsel im Amt des
Ministerpräsidenten nach zwei Jahren vorgesehen war. Zunächst hatte Shimon Peres, der
Vorsitzende der Arbeiterpartei, das Amt des Ministerpräsident inne; im Oktober 1986 übernahm
dann wieder Shamir das Amt.
7.8.
Intifada
1987 begannen erneut Unruhen und Aufstände in den
besetzten Gebieten, die so genannte Intifada, die die innere Sicherheit Israels gefährdeten. Der
gewalttätige Aufstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzungsmacht begann mit
Streiks und Demonstrationen, die zu regelrechten Straßenschlachten zwischen Zivilisten und
der israelischen Polizei eskalierten. Die überaus harte Reaktion der israelischen Regierung und
des Militärs wurde von der Weltöffentlichkeit, insbesondere von den Vereinigten Staaten und
der UNO, scharf kritisiert.
Die Koalition zwischen Likud und Arbeitspartei brach im März 1989 auseinander. Shamir leitete
das Übergangskabinett bis zur neuen Regierungsbildung im Juni 1990. Ende der achtziger,
Anfang der neunziger Jahre wanderten über 200000 sowjetische Juden in Israel ein. Diese
neue Zuwanderungswelle bedeutete eine weitere Belastung für die isrealische Wirtschaft.
Während des 2.Golfkrieges, in dem sich die Palästinenser offen auf die Seite des Irak stellten,
schlugen mehrere Raketen auf israelischem Gebiet ein. Dabei wurden im Großraum von Tel
Aviv 200Menschen verletzt und über 900Häuser zerstört. Im Gegensatz zu seiner bisherigen
Politik verzichtete Israel in diesem Fall auf Gegenschläge, da die USA Raketenabwehrsysteme
nach Israel schickten, um die Angriffe abzuwehren.
7.9.
Der Friedensprozess
Die ersten umfassenden, noch geheimen Friedenskonsultationen zwischen Israel und den
Palästinensern sowie den benachbarten arabischen Staaten begannen im Oktober 1991 (siehe
Oslo-Verträge), und leiteten einen umfassenden Friedensprozess ein. Nachdem der LikudBlock die Parlamentswahlen im Juni 1992 verloren hatte, bildete Itzhak Rabin, der neue
Vorsitzende der Arbeiterpartei, eine neue Regierung. 1993 kam es zu einem historischen
Friedensabkommen, das Ministerpräsident Rabin und PLO -Chef Jasir Arafat in Washington
unterzeichneten. Israel akzeptierte darin die palästinensische Selbstverwaltung zunächst im
Gazastreifen und in der Stadt Jericho im Westjordanland und später in anderen Gebieten
dieser Region, die nicht von Juden besiedelt sind. Anfang 1994 wurden die Verhandlungen über
die Selbstverwaltung vorübergehend abgebrochen, nachdem ein jüdischer Siedler
29Palästinenser in einer Moschee in Hebron ermordet hatte.
Im Mai 1994 zog Israel seine Truppen aus Jericho und den Städten und Flüchtlingslagern im
Gazastreifen zurück und stellte die Gebiete unter palästinensische Kontrolle. Im Juli 1994
unterzeichneten Premierminister Rabin und König Hussein von Jordanien eine
Friedensvereinbarung, mit der die seit 46Jahren bestehenden Spannungen zwischen beiden
Nationen gelöst wurden. Die Vereinbarung wurde im Weißen Haus in Anwesenheit von USPräsident Bill Clinton unterzeichnet und bildete die Grundlage zu einem umfassenden
Friedensvertrag. Der Friedensprozess wird sowohl von palästinensischen als auch von
rechtsgerichteten israelischen Gegnern der Friedenspolitik torpediert.
Am 4.November 1995 wurde Ministerpräsident Rabin in Tel Aviv bei einer
Friedensdemonstration von einem fanatischen israelischen Gegner der Aussöhnungspolitik
erschossen. Außenminister Shimon Peres übernahm daraufhin kommissarisch die
Amtsgeschäfte Rabins. Der Führer des konservativen Likud-Blocks, Benjamin Netanjahu,
wurde nach den Wahlen am 29.Mai 1996 neuer Premierminister. Zum ersten Mal wurde der
Ministerpräsident direkt gewählt: Netanjahu erhielt circa 50,5Prozent der Stimmen, der
Wahlverlierer Shimon Peres kam auf rund 49,5Prozent. Der Wahlsieger Netanjahu erklärte
nach seiner Wahl, dass er den Friedensprozess fortsetzen und alle internationalen Verträge
einhalten werde.
Entgegen seinen Ankündigungen praktizierte Netanjahu einen harten Kurs gegenüber den
Palästinensern: Im August 1996 hob er den Baustopp für jüdische Siedlungen in
Palästinensergebieten auf. Im September ließ er einen historischen Tunnel im muslimischen
Viertel von Jerusalem öffnen und verursachte damit Auseinandersetzungen, in deren Verlauf
60Menschen starben. Der zugesagte Abzug der israelischen Armee aus Hebron wurde immer
wieder hinausgezögert. Erst am 17.Januar 1997 zog sich die israelische Armee aus dem
größten Teil Hebrons zurück. Zuvor hatte das israelische Parlament das zwischen
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserchef Jasir Arafat nach tage- und
nächtelangen Verhandlungen getroffene Hebron-Abkommen mit einer deutlichen Mehrheit von
87 gegen 17Stimmen gebilligt. Sieben von 18Ministern aus Netanjahus Regierung stimmten
gegen die Vereinbarung mit den Palästinensern, in der Israel erstmals auf seinen Anspruch auf
ein zum Heiligen Land gerechnetes Gebiet verzichtet. 67Prozent der Bevölkerung Israels
stimmten dem Abkommen zu.
Der Abzug verlief weitgehend störungsfrei; das Gebäude, das zuvor die israelische
Militärverwaltung beheimatet hatte, wurde der palästinensischen Polizei übergeben. In dem
„H2” genannten jüdischen Teil Hebrons bleiben jedoch 2000 israelische Soldaten stationiert.
Sie sollen in gemeinsamen Patrouillen mit palästinensischen Polizisten die Sicherheit der etwa
400 jüdischen Siedler garantieren.
Immer wieder flammten Proteste von Palästinensern gegen die Siedlungspolitik Netanjahus
auf. Die Palästinenser protestierten u.a. gegen die Genehmigung einer neuen Siedlung im
traditionell von den Arabern dominierten Ostteil Jerusalems. Am 16.Juli 1997 stimmten auf
Initiative der arabischen Staaten 131Delegierte der UN-Vollversammlung für eine Resolution
gegen die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten und Ostjerusalem. Israel und
die USA stimmten gegen den Beschluss, zwölf weitere Staaten, darunter Deutschland als
Einziger von 15EU-Staaten, enthielten sich.
Im Juli 1997 war es auch wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen
Palästinensern und den israelischen Sicherheitskräften in Hebron gekommen. Die Unruhen
hatten sich an einem antiislamischen Plakat entzündet, das von radikalen jüdischen
Siedlerkreisen in Umlauf gebracht wurde und das den Propheten Mohammed als ein den Koran
schreibendes Schwein darstellte. Während Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu von
einer Inszenierung durch die palästinensischen Autonomiebehörden sprach, wies eine aus
Norwegern bestehende internationale Beobachtergruppe die Schuld an den Unruhen der
israelischen Seite zu.
Zugleich wurden aber auch die Friedensbemühungen fortgesetzt: Es kam zu verschiedenen
Treffen zwischen der israelischen und der palästinensischen Seite sowie zwischen
israelischen und ägyptischen Regierungsvertretern. Ungelöst blieben nach wie vor u.a. die
künftige Nutzung des Hafens und Flughafens von Gaza und die Frage eines sicheren Korridors
für Palästinenser zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland. Inzwischen war es
auch zu ersten (geheimen) israelisch-syrischen Kontakten gekommen: Syrien signalisiert
damit die Bereitschaft, die abgebrochenen Friedensverhandlungen mit Israel wieder
aufzunehmen.
Am 30.Juli kamen bei einem Bombenanschlag in Jerusalem neben den beiden
Selbstmordattentätern der Terrorgruppe Hamas 13Zivilpersonen ums Leben. Israel reagierte
mit einer Sperre über die Palästinensergebiete.
Die amerikanische Außenministerin Madeleine Albright war am 9.September 1997 zu einer
einwöchigen Friedensmission in den Nahen Osten gereist. Erste Station ihrer Vermittlungstour
zur Wiederbelebung des inzwischen völlig zum Erliegen gekommenen Friedensprozesses
zwischen Israel und den Palästinensern war Tel Aviv. Weitere Ziele ihrer Reise waren das
Westjordanland, Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Syrien und der Libanon. Die US -Regierung
machte beide Seiten – Israelis und Palästinenser – für den schleppenden Fortgang des
Friedensprozesses verantwortlich.
Von der Hamas beauftragte Selbstmordattentäter töteten am 4.September bei einem weiteren
Bombenanschlag in Jerusalem mehr als 20Menschen, Hunderte wurden verletzt. Auf die
Vorwürfe seitens der Israeli, die Palästinenser täten zu wenig für die Sicherheit ihrer jüdischen
Nachbarn, sicherte Palästinenserführer Jasir Arafat ein scharfes Vorgehen seiner Behörden
gegen islamische Extremistengruppen wie die Hamas zu.
Mit 63Stimmen wählten die Abgeordneten des israelischen Parlaments, der Knesset, Ezer
Weizman am 4.Mä rz 1998 für fünf weitere Jahre zum Staatspräsidenten. Der 73-jährige
Weizman, ehemaliger Fliegeroffizier und ein Neffe des ersten israelischen Präsidenten, war
früher selbst Mitglied des Likud-Blockes. Gemeinsam mit Menachem Begin und Anwar asSadat wirkte Weizman am Abkommen von Camp David im Jahr 1978 mit. Nach der Annektion
der Golanhöhen 1981 brach er mit Begin, verließ den Likud und trat später in die Arbeiterpartei
ein. Weizmans Hauptanliegen ist die rasche Aussöhnung mit den Palästinensern und den
arabischen Nachbarstaaten Israels. Der Friedensprozess im Nahen Osten war zum Zeitpunkt
des 50-jährigen Jahrestags der Staatsgründung Israels (14.Mai 1998) wieder in eine schwierige
Phase gekommen.
Am 23.Oktober 1998 schlossen Israel und die Palästinensische Befreiungsorganisation in Wye
bei Washington ein Friedensabkommen. Der Vertrag wurde nach neuntägigen Gesprächen
unterzeichnet und machte den Weg frei für eine endgültige Übereinkunft über den zukünftigen
Status der Palästinensergebiete. Kernpunkte des Vertrags sind die definitive Einwilligung
Israels, sich aus weiteren 13Prozent des Westjordanlandes zurückzuziehen, sowie die
Zusicherung der Palästinenser, in den von ihnen kontrollierten Gebieten für mehr Sicherheit zu
sorgen.
Am 20.November 1998 begann Israel, weitere Teile seiner Truppen aus dem Westjordanland
abzuziehen. Gleichzeitig entließ Israel 250palästinensische Häftlinge. Der Beginn des Abzugs
wurde von den Palästinensern gefeiert, von Seiten radikaler jüdischer Siedler hingegen scharf
kritisiert. Nach Unruhen stoppte die israelische Regierung den Abzug wieder und knüpfte eine
Weiterführung u.a. an die Bedingung, dass die Führung der Palästinenser von der Ausrufung
eines eigenen Staates absehe.
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