Jörg Albrecht Thomas Arzt Patrick Barlow Sibylle Berg Thomas

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2014 / 15
Jörg Albrecht ▪ Thomas Arzt ▪ Patrick Barlow ▪ Sibylle Berg ▪ Thomas Birkmeir ▪
William F. Brown ▪ Davide Carnevali ▪ Martin Crimp ▪ John von Düffel ▪
Florian David Fitz ▪ Jon Fosse ▪ Thomas Freyer ▪ Erik Gedeon ▪ David Gieselmann ▪
Olga Grjasnowa ▪ Verena Güntner ▪ Brigitte und Niklaus Helbling ▪ Elfriede Jelinek ▪
Imre Kertész ▪ Jonas Hassen Khemiri ▪ Mely Kiyak ▪ Michael Köhlmeier ▪ Philipp Löhle ▪
Duncan Macmillan ▪ Corinne Maier ▪ Oliver Marschke ▪ Dorota Masłowska ▪
Thomas Melle ▪ Tuğsal Moğul ▪ Hannah Moscovitch ▪ Tina Müller ▪ Nolte Decar ▪
Lars Norén ▪ George Orwell ▪ Heiko Pinkowski ▪ René Pollesch ▪ Axel Ranisch ▪
Thilo Reffert ▪ Sven Regener ▪ Erich Maria Remarque ▪ Charlotte Roos ▪ Stephen Sachs ▪
Katharina Schmitt ▪ Raoul Schrott ▪ Robert Seethaler ▪ Günter Senkel ▪ Charlie Smalls ▪
Frédéric Sonntag ▪ Tim Staffel ▪ Simon Stephens ▪ Ulrike Syha ▪ Chris Thorpe ▪
Stefanie de Velasco ▪ Theresia Walser ▪ Oscar van Woensel ▪ Feridun Zaimoglu ▪ Juli Zeh
INHALT
Oliver Marschke, Der Fauxpas
16
15
Dorota Masłowska, Wie ich Hexe wurde
28
Julia Albrecht / Corinna Ponto, Patentöchter
39
Thomas Melle, 3000 Euro
37
Thomas Arzt, Johnny Breitwieser
12
Tuğsal Moğul, Begegnung
15
Thomas Arzt, Totes Gebirge
13
Tuğsal Moğul, Die Angehörigen
16
Patrick Barlow, Eine Weihnachtsgeschichte
27
Hannah Moscovitch, Kleines
21
Tina Müller / Corinne Maier, Klatschen
30
28
Nolte Decar, Das Tierreich
14
Thomas Birkmeir, Der Hund der Baskervilles
34
George Orwell / Duncan Macmillan / Robert Icke, 1984
25
William F. Brown / Charlie Smalls, The Wiz
27
Heiko Pinkowski / Axel Ranisch, Reuber
30
Davide Carnevali, Arabische Frau, das Meer betrachtend
20
Lars Norén, 3.31.93.
17
Martin Crimp, Im Tal
22
Thilo Reffert, Pinocchio
32
Sven Regener, Magical Mystery
39
9
Erich Maria Remarque, Der schwarze Obelisk
36
9
Stephen Sachs, Das Original
21
Jörg Albrecht, My love was a ghost. And your love, your love
was leaving this rotten town.
Sibylle Berg, Viel gut essen
Sibylle Berg, Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
2
John von Düffel, Das permanente Wanken und Schwanken
von eigentlich allem
John von Düffel, Die Wandlung der Susanne Dasseldorf
35
Katharina Schmitt, Der einbeinige Läufer
Florian David Fitz, vincent will meer
40
Raoul Schrott / Homer, Ilias
35
Jon Fosse, Meer
18
Robert Seethaler, Der Trafikant
38
Robert Seethaler, Ein ganzes Leben
38
33
Frédéric Sonntag, George Kaplan
20
Erik Gedeon, Ewig jung
26
Tim Staffel, Camp Cäsar
29
David Gieselmann, Die Oppelts haben ihr Haus verkauft
11
Simon Stephens, Blindlings
23
Olga Grjasnowa, Die juristische Unschärfe einer Ehe
37
Simon Stephens, Carmen Disruption
24
Verena Güntner, Es bringen
31
Ulrike Syha, Report
John von Düffel, Antigone / Die Bakchen (Pussy Riot)
Thomas Freyer, mein deutsches deutsches Land
Thomas Freyer, Froschkönig
7
6
5
Brigitte und Niklaus Helbling, Geld und Gott
7
Chris Thorpe, Möglicherweise gab es einen Zwischenfall
Elfriede Jelinek, Die Schutzbefohlenen
1
Stefanie de Velasco, Tigermilch
2
Theresia Walser, Herrinnen
3
36
Oscar van Woensel, Ödipus
19
18
Feridun Zaimoglu / Günter Senkel, Siegfried
10
Feridun Zaimoglu / Günter Senkel, Die zehn Gebote
11
Elfriede Jelinek, Das schweigende Mädchen
Imre Kertész, Liquidation
Jonas Hassen Khemiri, ≈ [ungefähr gleich]
Mely Kiyak, Aufstand
Michael Köhlmeier, Die Abenteuer des Joel Spazierer
Philipp Löhle, Jede Stadt braucht ihren Helden
Philipp Löhle, Peterchens Mondfahrt
6
38
8
Juli Zeh / Charlotte Roos, Mutti
Ur- und Erstaufführungen
34
Die neu erschienenen Rowohlt E-Books Theater sind seit Oktober 2014 erhältlich:
II www.rowohlt-theater.de
25
32
4
41
«Jelinek ist die politischste,
für die Katastrophen der
Gegenwart empfänglichste
Dramatikerin unserer Zeit.»
Süddeutsche Zeitung
ELFRIEDE JELINEK
Die Schutzbefohlenen
«Achtung, die Menschenwürde! Achtung, die
Menschenwürde kommt jetzt auch, da kommt
sie!, machen Sie ein Foto, schnell, bevor sie
­wieder weg ist!»
F
ast täglich schwemmt das Mittelmeer Flüchtlin­
ge aus Afrika an die Küsten Europas, fast täglich
müssen sich die westlichen Grundwerte Humanis­
mus, Demokratie und Menschenrechte an der rea­
len Praxis messen lassen.
Auf der Folie von Aischylos’ Drama Die Schutz­
flehenden hat Elfriede Jelinek mit Die Schutz­be­
fohlenen «der europäischen Tragödie einen Prosa­
text gewidmet, und vermutlich gibt es in der
Gegenwartsliteratur nichts
Vergleichbares. Das Werk
ist ein großes ästhetisches
Monument, eine himmel­
schreiende Klage von antiki­
scher Wucht und T
­ rauer …
In ­einem uferlosen Wortstrom sprechen die Toten
über die Lebenden, die Hungernden mit den Satten,
die Fremden mit den Heimischen. Ihre Stimmen
fallen sich ins Wort, am Ende versinken alle in ei­
nem grauen Meer aus Zynismus und Schuld … Die
Tragödie verläuft hier zwischen abstraktem Recht
und menschlichem Körper, zwischen den Asylge­
setzen und den ‹Unangekündigten› … An dieser
Todeslinie, sagt Jelinek dem Zuschauer, zeige sich
die Antike in der Moderne, das Unerträgliche un­
serer Gegenwart.» (Die Zeit)
«Indem Jelinek in ihrem Sprachgewebe immer
wieder Vexierbilder des Kapitalismus mit hu­
manistischen Idealen verknüpft, demaskiert sie
die Bigotterie eines Europas, das von Integration
spricht, aber Ausgrenzung aus ökonomischem Kal­
kül meint … Ein bestechend scharfes, polyphones
Oratorium, … (unter dem) ein Abgrund klafft, aus
dem kein göttliches Licht, sondern die schmerzli­
che Erkenntnis des Versagens dringt.» (Der Freitag)
«Gut, dass eine sich traut – und dem Theater so
viel moralischen Einspruch zutraut … Die Schutz­
befohlenen sind ein wichtiges, ein wütendes Stück.»
(Süddeutsche Zeitung)
Elfriede Jelinek
■■ Die Schutz­befohlenen
Besetzung variabel
U: 23.05.2014 Thalia
Theater Hamburg in Ko­
pro­duk­tion mit Theater
der Welt /
Nationaltheater
Mannheim (Regie:
Nicolas Stemann)
Weitere Inszenierungen
bisher: Theater Bremen
(Regie: Mirko Borscht),
Theater Freiburg
(Regie: Michael Simon),
Theater Oberhausen
(Regie: Peter Carp),
Burgtheater Wien
(Österreichische Erst­
aufführung, Regie:
Michael Thalheimer)
Abdruck in Theater
heute 07 / 2014
Die Schutzbefohlenen, Thalia Theater Hamburg
www.rowohlt-theater.de 1
Elfriede Jelinek
■■ Das schweigende
Mädchen
Besetzung variabel
Entstanden auf
Anregung der
Münchner Kammer­
spiele
ELFRIEDE JELINEK
Das schweigende
Mädchen
W
ir alle waren dabei, wir alle haben nichts
gesehen – wie jener V-Mann der rechten
Szene, der in Kassel ein Internetcafé verlässt, kurz
U: 27.09.2014
nachdem dessen türkischstämmiger Besitzer kalt­
Münchner Kammer­
blütig erschossen wurde. Mit diesem besonders
spiele (Regie: Johan
blinden Zeugen beginnt Elfriede Jelinek ihr Stück
Simons)
über den NSU-Prozess, der sich rasch zu einem
Tribunal biblischen Ausmaßes weitet.
In seinem Zentrum: eine Leerstelle, die
«Die Deutschen. Ihr Reich
Hauptangeklagte, die als letzte Über­
wird kein Ende ­haben, das ist
lebende eines Trio infernal zu den Ge­
bereits bewiesen, da dieses
schehnissen beharrlich schweigt. Von
Reich ja noch besteht und das
den anderen wird die junge Frau schon
Ende sicher auch, nur weiß ich
bald als Jungfrau wahrgenommen, die
nicht, wo und wann und wie
gleich zwei «Erlöser» in die Welt setz­
ich die beiden zusammente, um ihre Heimat vom Fremden zu
führen könnte, die Deutschen
befreien. Wütend, rat- und fassungslos
und das Ende, ich meine, sie
treten Engel und Propheten, Richter
hatten schon so viele Enden!»
und sogar Gott persönlich auf, um eine
Geschichte zu befragen, die nicht erst begann, als
drei Neonazis in den Untergrund abtauchten und
Sibylle Berg
danach zehn Menschen töteten. Ihre Wurzeln rei­
■■ Viel gut essen
chen weit in die Vergangenheit zurück und werden
wohl auch in Zukunft weiter wuchern.
Besetzung variabel,
mind. 1H
Auftragswerk für das
Schauspiel Köln
U: 18.10.2014
Schauspiel Köln
(Regie: Rafael Sanchez)
Das schweigende Mädchen verwandelt den laufen­
den NSU-Prozess zur Antithese religiöser Heils­
erzäh­lun­gen und zum Jüngsten Gericht unserer
Zeit. Nicht nur die Täter stehen vor ihm, sondern
ebenso Verfassungsschützer, die ihre Augen fest
verschlossen, Medien, die von «Dönermorden»
sprachen, und in letzter Instanz Deutschland, das
stillschweigend nicht wahrhaben wollte, dass die
Mörder aus seiner Mitte kamen.
Die Buchausgabe von Das schweigende Mädchen er­
scheint im Juni 2015, zusammen mit Jelineks Ulrike
Maria Stuart, als Rowohlt Paperback.
■ Im
September 2014 war am Deutschen Schau­
spielhaus Hamburg die ursprünglich bereits für
Januar geplante Uraufführung von Strahlende
Verfolger. (Regie: Karin Beier).
■ Rein
Gold, uraufgeführt im März 2014 an der
Staatsoper Unter den Linden, Berlin (Regie: Nico­
las Stemann), hatte im September 2014 am Hessi­
schen Staatstheater Wiesbaden erstmals als reiner
Sprechtext Premiere. Außerdem werden in der
aktuellen Saison zahlreiche weitere Jelinek-Stücke
nachgespielt, u. a. Winterreise am Thalia Theater
Hamburg (Regie: Anne Lenk) und am Landesthea­
ter Linz (Regie: Christian Wittmann), FaustIn and
out am Theater Bremen (Regie: Felix Rothenhäus­
ler) und an der Landesbühne Niedersachsen Nord,
Wilhelmshaven (Regie: Eva Lange), sowie Schatten am Badischen Staatstheater Karlsruhe (Regie:
Jan Philipp Gloger).
SIBYLLE BERG
Viel gut essen
»I guess there is no one to blame
We’re leaving ground
Will things ever be the same again?»
Europe, «The Final Countdown»
D
ie Nerven liegen blank: Homo-Ehe, Migra­
tion, Bio-Gemüse, Euro-Krise, Feminismus –
Reizthemen, die nicht nur die Stammtische und
Internetforen zum Erbeben bringen. Hier die Mah­
nungen der politisch Korrekten,
dort der Widerspruch der Reak­
tion: «Das wird man ja wohl noch
sagen dürfen.» In dieser Gemen­
gelage eines ständigen «Empört
euch!» monologisiert in Viel gut
essen ein moderner Jedermann,
während er aus feinsten Zutaten
für Frau und Sohn ein mehrgän­
giges Menü kocht (noch so eine
Zeiterscheinung). Weiß, hetero­
sexuell, gut bürgerlich, gesund
und in den besten Jahren, hat er
beruflich nicht ganz das Erwarte­
te erreicht, nicht ganz die erhoffte
Familie gegründet, und nun wird
auch noch sein Wohnviertel gen­
Und jetzt: die Welt! oder: Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen, Maxim Gorki Theater,
trifiziert und demnächst wahr­
Berlin
2 www.rowohlt-theater.de
«Beste deutschsprachige Dramatikerin 2014»
Kritikerumfrage von Theater heute
scheinlich unbezahlbar. Ein erschreckend norma­
ler «Verlierer» eben, dem qua Geburt jedoch das
Gewinnen fest versprochen war. Sibylle Berg lässt
ihn über den Zustand unserer Gesellschaft schimp­
fen, klagen, räsonieren, begleitet von einem Män­
nerchor, der «Volkes Stimme» spricht und dabei
zunehmend ungemütlich wird.
■ Sibylle
Bergs Und jetzt: die Welt! oder Es sagt
mir nichts, das sogenannte Draußen wurde in
der aktuellen Kritikerumfrage von Theater heute
zum besten deutschsprachigen Stück des Jahres
gewählt. Uraufgeführt am Maxim Gorki Theater,
Berlin (Regie: Sebastian Nübling), hatte es letzte
Saison außerdem am Landestheater Tübingen Pre­
miere (Regie: Sonja Streifinger).
Dem Theater hat «Sibylle Berg in Topform e­ inen
irren Wuchttext zugespielt … Die Suada einer
jungen Frau gegen die erodierenden weiblichen
‹role models›, gegen die politischen, erotischen,
konsumökonomischen, digitalen, künstlerischen,
was auch immer Glücksversprechen.» (Nachtkri­
tik) «Bergs Text zeichnet ein haarscharfes Bild von
­einer Generation zwischen den Stühlen … hin- und
hergerissen zwischen gesellschaftlicher Selbstopti­
mierung und innerer Selbstsuche, orientierungslos
und doch äußerlich abgeklärt.» (Stuttgarter Nach­
richten) «Berg rechnet ab mit einer Welt, in der
Hollywoodfilme zum Liebesideal geworden sind,
Freunde zu Sozialkontakten und Shoppen zur Bür­
gerpflicht – was für ein großartiger Bühnenstoff! …
Kraftvoll, brutal und verzweifelt.» (Süddeutsche
Zeitung)
■ Im
Frühjahr 2015 erscheint im Hanser Verlag
Sibylle Bergs neuer Roman Der Tag, als meine Frau
einen Mann fand.
■ Außerdem
hat Sibylle Berg mit Mein ziemlich
seltsamer Freund Walter erstmals ein «Stück für
junge Menschen» geschrieben – siehe hierzu S. 28.
THERESIA WALSER
Herrinnen
«Leben heißt: auf der Bühne stehen. Nur
­kapieren die meisten Leute einfach nicht, dass
Gott sie bloß als Statisten besetzt hat.»
A
uch Preise haben ihren Preis, das erfahren
fünf Frauen, die vom Staat für ihre «weib­
liche Lebensleistung» nominiert sind. Doch nur
eine kann gewinnen, und so beginnt kurz vor der
Verleihung ein Wettstreit, wer die größten Opfer
bringen musste. Ist es Rita, die sich ganz altmodisch
von der Sekretärin zur Chefin eines global agie­
renden Betonpumpen-Herstellers hochgeschuftet
hat? Ist es die Topmanagerin Tanja, für Rita eine
typische «Harvard-Consulting-Tusse», die aller­
dings trotz vier Kindern («drei selbst gepresst, eins
dazugekommen») ebenfalls eine Spitzenposition
bekleidet? Ist es die strenge Richterin Martha, de­
ren Familienplanung vorerst buchstäblich auf Eis
liegt und die am Karriereanfang allein war «mit vier
Herrentoiletten, sonst nichts»? Müsste Katie ausge­
zeichnet werden, die sozial engagierte Kindergärt­
nerin? Oder die Mathematikerin Brenda, die sich
als Transsexuelle erst zur Frau hat machen lassen?
Schon das Wort «weiblich» stößt bei allen fünf auf
Widerstand, weil es so nach «Geschlechtskrampf»
klingt. Dennoch fallen bald Vokabeln wie «Kampf­
stuten» und «penislose Jammerziegen» – bis klar
wird, dass man hier eigentlich fünf Schauspie­
ler/innen beim Proben eines Stücks zuschaut und
Theresia Walser
■■ Herrinnen
4D – 1H
Auftragswerk für
das Nationaltheater
Mannheim
U: 29.10.2014
National­theater
Mannheim
(Regie: Burkhard C.
Kosminski)
www.rowohlt-theater.de 3
«Die Leute interessieren sich nicht für Politik … Die Leute wollen in Ruhe gelassen werden.
Das können Sie mir glauben.»
Juli Zeh / Charlotte Roos
■■ Mutti
2D – 3H
Auftragswerk für das
Deutsche National­
theater Weimar
U: 22.05.2014
Deutsches National­
theater Weimar in
Koproduktion mit den
Ruhrfestspielen
Recklinghausen
(Regie: Hasko Weber)
der Begriff «Frauenrollen» eine weitere Dimension
bekommt.
Theresia Walser begibt sich mit Herrinnen auf das
verminte Schlachtfeld aktueller Gender-Debatten
und reflektiert so bitterböse wie liebevoll-ironisch,
was Mensch und was Mechanismus, was Zuschrei­
bung und was wahrhaft Eigenes ist.
■ Gemeinsam
mit Karl-Heinz Ott hat Theresia
Walser zuletzt das Freilichtstück Konstanz am
Meer – Ein Himmelstheater geschrieben, ent­
standen als Auftragswerk für das Theater Kons­
tanz und dort im Juni 2014 uraufgeführt (Regie:
Johannes von Matuschka): Das Konstanzer Konzil
wird hier «auf Wirtshausstubenformat zurechtge­
stutzt … Ein raffinierter dramaturgischer Kniff und
ein klares Statement gegen eine Geschichtsschrei­
bung, die sich allein auf die Macht fokussiert … Bei
Walser / Ott ist das Konzil ein köstlicher Hahnen­
kampf der Narzissten und Neurotiker, die um die
ersten Plätze rangeln, schachern und intrigieren.»
(Süddeutsche Zeitung) «Statt des Erlösers kommen
nur Teufe­leien, die alles geistreich in Zweifel ziehen,
was Gott, der Welt und Konstanzer Bürgern hei­
lig ist: katholische Eucharistie und European Song
Contest, EU-Gipfeldiplomatie und Fußball-WM.»
(Frankfurter Allgemeine Zeitung) «Das Stück ist
schnell und maliziös und auch der existenziellen
Absurdität Becketts nicht fern, es ist eine höchst
moderne Form des Historienspiels und hätte das
Zeug zu einem Konstanzer Jedermann.» (Die Zeit)
■ Theresia Walsers Ich bin wie ihr, ich liebe ­Äpfel
hat in der Saison 2014 / 15 Premiere am Keller­
theater Innsbruck (Regie: Manfred Schild), Oslo
Nye Centralteatret (Regie: Kim Bjarke), Renais­
sance-Theater Berlin (Regie: Tina Engel) sowie
in einer Tourneeproduktion der Konzertdirektion
Landgraf (Regie: Hans Hollmann).
4 www.rowohlt-theater.de
JULI ZEH / CHARLOT TE ROOS
Mutti
D
eutschland steht im WM-Finale, doch in der
Großen Koalition ist Krise. Also hat Vizekanz­
ler Sigmar seine Chefin Angela sowie Ursula und
Horst zur Gruppentherapie beordert. Unter An­
leitung eines professionellen Beraters soll «Mutti»
in einer Familienaufstellung endlich lernen, dass
sie nicht sämtliche Entscheidungen im Alleingang
treffen kann. Während die Nationalelf in Brasilien
um den Titel kämpft (von allen angespannt auf ih­
ren Smartphones verfolgt), kommt es daheim zum
verbalen Schlagabtausch, zu dem Meinungsum­
fragen live die wechselnden Beliebtheitswerte der
Anwesenden liefern. Besonders Angelas EuropaPolitik steht unter Beschuss – leidenschaftlicher
soll sie werden. Längst aber ist die Kanzlerin ihren
Gegnern ein paar Schritte voraus und verfolgt eine
ganz eigene Konter-Strategie.
«Juli Zeh hat für ihre politische Wut ein weite­
res Ventil gewählt: die Komödie. Zusammen mit
Charlotte Roos macht sie sich aus dem politischen
Stillstand einen literarischen Spaß … Merkels perfi­
den Aktionsminimalismus führt das Stück mit un­
terschwelliger Schärfe zum Showdown, politische
Leichen inklusive.» (Süddeutsche Zeitung)
«Mutti ist keine Kanzlerinnenvernichtung, auch
keine kabarettistische Politikerbeleidigung … Zeh
und Roos analysieren das System Mutti, das Kon­
zept eines ideologiefreien Pragmatismus … Es geht
ihnen nicht darum, menschliche Charaktere auf die
Bühne zu bringen, sondern Archetypen zu zeigen.»
(Die Welt)
«Juli Zeh und Charlotte Roos haben mit Mutti
einen Pfeil ins Herz der Finsternis geschossen …
Die Konstruktion der Fabel und der Figuren sind
makellos miteinander verzahnt, der Dialog stützt
Mutti, Deutsches Nationaltheater Weimar
sich immer wieder auf Wendungen der gegenwärtig
geläufigen Politikersprache – die, so ins Feld ge­
rückt, durchsichtig wird als Phrase … Mutti mar­
kiert einen Höhepunkt des politischen Theaters
unserer Tage.» (The Huffington Post)
■ Juli Zehs und Charlotte Roos’ Stück Yellow Line,
das im September 2013 deutschsprachige Erstauf­
führung am Deutschen Theater Berlin hatte (Regie:
Brit Bartkowiak), wurde bzw. wird in der aktuel­
len Saison nachgespielt am Konzert Theater Bern
(Schweizer Erstaufführung, Regie: Jan Stephan
Schmieding), Schauspielhaus Salzburg (Österrei­
chische Erstaufführung, Regie: Marion Rothaar),
Theater Drachengasse, Wien (Regie: Andrea H
­ ügli)
und am Pfalztheater Kaiserslautern (Regie: Jan
Steinbach).
ULRIKE SYHA
Report
«Ulrike Syha spielt so lange mit Realitäten,
bis alles Fiktion sein könnte.»
Süddeutsche Zeitung
V
or der Wohnung lauert die Stadt, eine wu­
chernde Mega-Metropole, in der die unter­
schiedlichsten Zeiten und Nationalitäten, Lebens­
stile und Glaubensrichtungen aufeinanderprallen.
Nicht ohne Grund geht der Archäologe Ben Martin
kaum mehr aus dem Haus – der Lärm, die Gerü­
che und vor allem die Menschen überfordern ihn.
Lieber schreibt er seit Jahren an einem Buch und
gräbt in der Vergangenheit. Doch dann reißt ein
nächtlicher Anruf ihn aus seiner freiwilligen Iso­
lation: Eine wichtige alte Karte ist verschwunden,
und Ben wird gezwungen, sie zu suchen. Auf sei­
ner Irrfahrt durch den Moloch, begleitet von einem
mysteriösen Taxifahrer, stößt er auf eine Frauen­
leiche, du­bio­se Antiquitätenhändler, begegnet sei­
ner Ex-Frau, die in seinen Augen für die falschen
Leute arbeitet, trifft Poli­
zeibeamte und Gewerk­
schafts­funk­tio­näre, die ein
immer dichteres Netzwerk
spinnen, in dem Ben sich
mehr und mehr verfängt.
Ulrike Syha hat mit Report
einen handlungsgetriebenen Krimi für das Thea­
ter geschrieben, lakonisch wie Dashiell Hammett,
hard-boiled wie James E
­ llroy, doppelbödig wie
­David Peace. In Realzeit schickt sie ihren Helden
auf eine apokalyptische Reise, die immer wieder
auch voll böser Komik ist, und lässt ihn an einem
ungeahnten Ziel ankommen.
■ Zuletzt
wurde von Ulrike Syha Mao und ich am
Nationaltheater Mannheim uraufgeführt (Regie:
Ali M. Abdullah): «Ein paar deutsche Geschäfts­
leute sind in einem 5-Sterne-Retortenhotel in
irgendeiner zentralchinesischen Millionenstadt
gestrandet … alle übermüdet … alle extrem verun­
sichert, enttäuscht von den anderen, von sich selbst.
Und vom Leben. Bleischwer und bedeutsam könn­
te das werden. Aber Syha tänzelt in ihrem schon
beim Lesen höchst vergnüglichen Stück souverän
an der Klippe zu Klamotte und Melodram entlang:
leichtfüßig, locker … (mit) sehr, sehr witzigen
Dia­logen.» (Deutschlandfunk) «Zwischen den drei
Biographien (der Hauptpersonen) liegen hier viele
kleine Geschichten und Stationen, die ein ausführ­
liches Bild von unserer heutigen Welt zeichnen …
Mit klarem Blick beleuchtet Syha ihre Figuren und
demontiert deren selbst gebaute Käfige.» (Mann­
heimer ­Morgen)
Ulrike Syha
■■ Report
Besetzung variabel,
ca. 3D – 2H
Auftragswerk für das
Schauspiel Leipzig
U: 28.02.2015
Schauspiel Leipzig
(Regie: Michael Talke)
■ 2014
wurde Ulrike Syha der Robert Gernhardt
Preis verliehen.
■ Für
den Rowohlt Theater Verlag übersetzt sie
u. a. die Stücke von Martin Crimp (siehe S. 22) so­
wie Patrick Barlows Stück Eine Weihnachtsgeschich­
te (siehe S. 27).
www.rowohlt-theater.de 5
Katharina Schmitt
■■ Der einbeinige
Läufer
Besetzung variabel,
mind. 3 Darsteller/innen
Mely Kiyak
■■ Aufstand
1H
Auftragswerk für das
Badische Staatstheater
Karlsruhe in Ko­pro­duk­
tion mit dem Maxim
Gorki Theater, Berlin
U: 27.06.2014
Badisches Staats­
theater Karlsruhe
(Regie: András
Dömötör)
K ATHARINA SCHMIT T
Der einbeinige
Läufer
S
Mely Kiyak hat am Deutschen Literaturinstitut
Leipzig studiert und zahlreiche Bücher veröf­
fentlicht. Sie schreibt u. a. für die Frankfurter
Allgemeine Zeitung, die tageszeitung, die Frank­
furter Rundschau und
arbeitet seit Kurzem
auch als Kolumnistin
für ZEIT ONLINE
(«­Kiyaks Deutschstun­
de»); außerdem ist sie
Theaterkolumnistin
des Maxim Gorki
Thea­ters. Aufstand ist
ihr Debüt als Dramati­
kerin. Mely Kiyak lebt
in Berlin.
tellte Katharina Schmitts Stück SAM
das Verhältnis Spieler – Zuschauer
auf die Probe, handelt ihr neues Stück
Der einbeinige Läufer von der Beziehung zwischen
Zuschauer und Sportler, der im Rahmen des mo­
dernen Spektakels zur perfekten Projektionsfläche
wird. Schmitt setzt sich so erneut mit dem Phäno­
men der Übertragung auseinander, indem sie sich
ihm aus einer anderen Perspektive nähert.
Ein fettsüchtiger Zuschauer harrt vor dem Beginn
eines Autorennens unbeweglich auf der Tribüne
aus und beginnt ein Gespräch mit dem Fahrer, der
aber seinen Fan kaum beachtet, nur um sich selbst
kreist und sich chimärenhaft in nichts auflöst. Das
Auto selbst meldet sich zu Wort, um die Regeln des
Wettstreits zu verkünden. Der Rennfahrer geht in
Flammen auf, der Unfall wird sowohl vom Sportler
selbst als auch von Journalisten gnadenlos doku­
mentiert, und der Zuschauer drückt immer wie­
der die Replay-Taste. Die zwanghafte
Faszination der Figuren spiegelt sich
auch in ihrem akribischen Duktus
wider, der einen unwiderstehlichen
Sog entwickelt. Jede Bewegung, jede
Veränderung des Gegenübers und je­
der eigene Zustand werden minutiös
registriert, was möglicherweise mehr
über die Sprecher selbst aussagt als
über die Realität, die sie zu beschrei­
ben versuchen.
■ Katharina
Schmitt hat außerdem
Chris Thorpes Möglicherweise gab es
einen Zwischenfall ins Deutsche über­
tragen (siehe S. 25).
6 www.rowohlt-theater.de
MELY KIYAK
Aufstand
«Stell dir vor, es ist Revolution, und die falschen
Leute zetteln sie an.»
A
ls in Istanbul die Proteste gegen die türkische
Regierung immer lauter werden, hofft der Leh­
rer Bênav («Ohne Namen») noch auf eine grund­
legende gesellschaftliche Veränderung, die ihn
auch aus seiner eigenen Gespaltenheit befreit. Wäh­
rend er vormittags Staatsangestellter und somit Teil
des Establishments ist, arbeitet er nachmittags als
freier, subversiver Künstler; zugleich wurde er als
Kurde zeit seines Lebens ausgegrenzt. Mitten un­
ter den Demonstranten merkt Bênav jedoch, dass
hier – trotz vieler gemeinsamer Ziele – sehr un­
terschiedliche Interessen aufeinanderprallen: eine
Erfahrung, die ihm nur allzu vertraut ist und die
eine lange Vorgeschichte hat …
Mely Kiyak zeigt in Aufstand, wie Bequemlichkeit
auf Freiheitsdrang trifft und welche Widersprü­
che daraus entstehen. «Ein furioses Solo über den
Riss eines Volkes … Es passiert nicht viel – muss
es auch nicht. Diese 75 Minuten Theater sind das
fragile Spiel eines Mannes, der zwischen dem ko­
mödiantischen Charme des naiven Onkel Namo
von nebenan und dem tödlichen Ernst kurdischer
Vertreibungen oszilliert und sein Publikum damit
wie im Schraubstock einklemmt.» (Badische Neu­
este Nachrichten)
BRIGIT TE UND NIKL AUS
HELBLING
Brigitte und Niklaus
Helbling
■■ Geld und Gott
Geld und Gott
Superhelden-Komödie
nach Dante
Superhelden-Komödie nach Dante
2D – 3H
Uraufführung:
19.08.2010 Mass &
Fieber beim Zürcher
Theater Spektakel in
­einer Koproduktion mit
dem Ringlokschuppen
Mülheim (Regie:
Niklaus Helbling)
«Mass & Fieber ist Synonym für
intelligentes Poptheater.»
Neue Zürcher Zeitung
D
ante Alighieri, Bob Dylan, When Harry Met
Sally und Raymond Chandler sind nur ein
paar der Referenzpunkte von Brigitte und Ni­
klaus Helblings temporeichem Text, in dem sich
ein Stuntman im Superheldenkostüm vom Dach
eines Hotels in der Stadt Gotham stürzt und eine
Ereigniskette auslöst, die auf der Yacht «Purgato­
ria» kulminiert. Hier feiert der Magnat Otto Gott,
der über Gotham herrscht, mit den Mega-Reichen
eine mondäne Party, von der ihn der Anwalt Maxi­
milian, die Polizistin Josefine, der Koch Juan und
die Schauspielerin Betty entführen, um endlich das
Geheimnis eines Koffers voller Geld zu knacken,
dem alle Welt hinterherzujagen scheint …
Inspiriert von Screwball Comedys, Films noirs und
Superheldencomics, jongliert Geld und Gott mit
den Mythen unserer durchökonomisierten Zeit
und verhandelt das Diktat von Finanzmärkten,
Wachstum und Wahrscheinlichkeit – sowie unse­
re unzerstörbare, vielfach maskierte Hoffnung auf
Erlösung.
Die Autorin Brigitte Helbling und der Regisseur Ni­
klaus Helbling gehören zu den Gründungsmitglie­
dern des Schweizer Performance-Kollektivs Mass
& Fieber: «Diese Crew arbeitet an einer Form von
Theater, die nicht vereinfacht, sondern der Ambi­
valenz und Widersprüchlichkeit der Welt mit üp­
pigen Assoziationsangeboten, Vielfalt von Figuren
und Offenheit der Form begegnet.» (Thea­ter der
Zeit)
Mit Geld und Gott wird erstmals ein Mass &
Fieber-Stück nachgespielt; Premiere ist im April
2015 am Staatstheater Darmstadt (Regie: Steffen
Klewar).
■ Zurzeit sind Mass & Fieber OST (ein Ableger des
Kollektivs, koproduziert vom Theaterhaus Jena)
mit ihrem «Varieté in 17 Szenen» Der schwarze
Komet auf Tournee. Weitere Mass & Fieber-Texte,
die vom Rowohlt Theater Verlag vertreten werden,
sind u. a. Präriepriester, Krazy Kat, Autodrom
und Fall Out Girl.
THOM AS FREYER
mein deutsches
deutsches Land
«Es gibt keine neue Mordserie … Das ist w
­ ichtig.
Es gibt sie nicht. Die Maßnahmen, die wir
­damals beschlossen haben, greifen. Wir haben
unsere Arbeit gemacht. Und wir haben sie gut
gemacht.»
2
008: Drei Jugendliche spalten sich von der
organisierten rechtsradikalen Szene ab und
beginnen als Zelle im Untergrund, ihre Ziele mit
eigenen Aktionen durchzusetzen.
2014: Binnen kurzer Zeit werden zwei auslän­
dische Studenten umgebracht. Trotz deutlicher
Paralle­len raten Verfassungsschutz und BKA den
Polizeibeamten, keinen Zusammenhang zwischen
den Toten und erst recht keinen fremdenfeindli­
chen Hintergrund anzunehmen.
2020: In einer internen Untersuchung auf Regie­
rungsebene soll geklärt werden, ob man es tatsäch­
lich mit einer Mordserie zu tun hat, die mittlerweile
14 Opfer zählt, und welche Pannen es eventuell bei
den Ermittlungen gab – obwohl doch nach ähnli­
chen früheren Erfahrungen weitreichende Refor­
men der Sicherheitsorgane eingeleitet wurden.
Thomas Freyer
■■ mein deutsches
deutsches Land
Besetzung variabel,
ca. 2D – 4H
Auftragswerk für
das Staatsschauspiel
Dresden
U: 04.12.2014
Staatsschauspiel
Dresden (Regie:
Tilmann Köhler)
Waren die Terroristen des NSU wirklich Einzeltä­
ter? Sind unsere Warnsysteme endgültig aktiviert,
sodass Ähnliches nie mehr geschieht? Thomas
Freyer entwirft in mein deutsches deutsches Land
das Bild einer Zukunft, die wenig aus der Vergan­
genheit gelernt hat. Geschult an TV-Serien wie The
Wire oder Im Angesicht des Verbrechens, kommt er
www.rowohlt-theater.de 7
Wir sind keine Barbaren!, Konzert Theater Bern
Philipp Löhle
■■ Jede Stadt braucht
ihren Helden
2D – 2H
Auftragswerk für das
Deutsche Theater
Berlin
U: 08.05.2015
Deutsches Theater
Berlin (Regie: Daniela
Löffner)
einer komplexen Problematik mit einer komplexen
und überaus packenden Erzählweise bei: In kurzen,
schlaglichtartigen Szenen, die zeitlich hin- und her­
springen, begibt er sich ins Labyrinth der Zustän­
dig- und Verantwortlichkeiten und zeigt in einem
großen Panorama, wie Geschichte sich jederzeit
wiederholen kann.
■ Zuletzt
wurde am Staatsschauspiel Dresden
­Freyers Das halbe Meer uraufgeführt (Regie: Til­
mann Köhler): «Kaum weniger wird hier verhan­
delt als das Scheitern des Kommunismus … Freyer
erzählt von diesem Selbstmord des Ideals mit einer
Behäbigkeit, die nicht zur Nervosität des medienge­
schulten Rezipienten passt. Aber genau das verleiht
dem Stück seinen besonderen Ton, seine Eigenart
des trotzigen Denkens.» (Süddeutsche Zeitung)
«Als einer der wenigen starken Gegenwartsautoren
maßt sich Thomas Freyer nach wie vor die Ausein­
andersetzung mit Utopien an. Gesunde Naivität wie
schmerzhafte Tiefenbohrungen unter das Make-up
der Wirklichkeit scheinen gleichermaßen dazu bei­
zutragen.» (Theater der Zeit)
■ Aktuell
arbeitet Thomas Freyer für das Staats­
thea­ter Braunschweig an dem Jugendprojekt This
is for everyone, das im April 2015 Uraufführung
haben wird (Regie: Ulrike Hatzer).
■ Außerdem
hat er, nach Der gestiefelte Kater,
eine Neufassung des Grimm’schen Froschkönig
geschrieben – siehe hierzu S. 33.
PHILIPP LÖHLE
Jede Stadt braucht
ihren Helden
«Ich weiß zwar nicht, wer hier gegen wen
kämpft, aber Krieg kommt von kriegen,
und irgendjemand kriegt seiner Meinung
nach zu wenig.»
W
enn die Welt draußen immer unsicherer und
brutaler wird, darf man sich dann einfach
zu Hause einschließen? Muss man nicht der Unge­
rechtigkeit den Kampf ansagen? In Philipp Löhles
neuem Stück verlieren vier Figuren zunehmend
ihre Selbstbestimmtheit im Umgang mit einer Ge­
sellschaft, die mehr und mehr von einem gnadenlos
geführten Verteilungskampf geprägt ist. Jörg ver­
kauft Alarmanlagen und Türschlösser, doch viel
einträglicher sind die krummen Geschäfte mit die­
sen Sicherungssystemen. Er und sein Angestellter
Daniel müssen jedoch am eigenen Leib erfahren,
dass die Kollaboration mit Kriminellen lebensge­
fährlich ist. Nachdem Alma Zeugin eines brutalen
Überfalls auf ihren Chef Jörg wurde, beginnt sie,
sich in ihrer Wohnung zu verbarrikadieren. Daniels
Nachbarin Ella hingegen bestellt eine Alarmanla­
ge für ihre Kunstgalerie, hat damit aber ganz be­
sondere Pläne. Und immer wieder verbreiten sich
Nachrichten von kaltblütigen Verbrechen – und
plötzlich auch von einem Superhelden, der sich al­
ler Gewalt in den Weg zu stellen scheint.
■ Im
Februar 2014 wurde Löhles Wir sind ­keine
Barbaren! am Konzert Theater Bern uraufge­
8 www.rowohlt-theater.de
führt (Regie: Volker Hesse). «Es ist
schlau, es ist schnell, es ist komisch
und schmerzlich zugleich, weil man
ja widerwillig immer auch über den
Barbaren in sich selber lacht.» (Nacht­
kritik) «­Löhles ‹Heimatchor› würde in
jede Wohlstandsgesellschaft passen.
So exakt trifft er das Überlegenheits­
denken der Festung Europa im Kern.»
(Theater heute) Nachgespielt wurde
bzw. wird das Stück am National­theater
Mannheim (Deutsche Erstaufführung,
Regie: Dominic Friedel), Staatsschau­
spiel Dresden (Regie: Barbara Bürk),
Schauspielhaus Graz (Österreichische Erstauffüh­
rung, Regie: Christine Eder), neuen theater, Halle
(Regie: Ronny Jakubaschk), Theater Phönix, Linz
(Regie: Johannes Maile), Thea­ter der Keller, Köln,
und an der Komödie Winterhuder Fährhaus, Ham­
burg (Regie: N. N.).
■ Philipp
Löhles Stück Das Ding hatte im Okto­
ber 2014 seine englische Erstaufführung am New
Dio­rama Theatre, London (Regie: Tanja Pagnuco),
und wird außerdem nachgespielt am Staatstheater
Braunschweig (Regie: Mina Salehpour), am Deut­
schen Nationaltheater Weimar (Regie: Steffi Heiner
und Otto A. Thoß), an der Landesbühne Wilhelms­
haven (Regie: Carola Unser), am Theater Caram­
bolage, Bozen (Regie: Eva Niedermeiser) sowie am
Rheinischen Landestheater Neuss (Regie: N.N.).
■ Für
sein Stück Du (Normen) war Philipp Löhle
für den Mülheimer Dramatikerpreis 2014 nomi­
niert.
■ Im
November 2014 ist am Theater Baden-Ba­
den die Uraufführung seiner Neubearbeitung von
Peter­chens Mondfahrt – siehe S. 34.
JOHN VON DÜFFEL
Das permanente
Wanken und Schwanken
von eigentlich allem
«Du musst nur anfangen zu glauben, zu
schwimmen und zu glauben.»
J
ohn von Düffel hat drei Erzählungen aus sei­
nem Buch Wassererzählungen (DuMont Verlag)
zu einer Bühnenfassung verdichtet. Vier Figuren
stellen sich darin Veränderungen, die sie als ein­
schneidend empfinden mögen, aber die vor dem
Hintergrund des Wassers (im wahrsten Sinne des
Wortes, denn die Lebenswege kreuzen sich vor
einem großen Aquarium) ein fast beruhigendes
Gefühl beständigen Wandels entfalten. Ein Vater
muss während einer Kreuzfahrt lernen, dass seine
Tochter ihm entwächst. Als rein dekoratives Acces­
soire zieht eine Frau täglich ihre Bahnen im Pool
eines Stararchitekten. Als sie diese Aufgabe abtre­
ten möchte, ist sie entsetzt von den Skrupeln ihrer
möglichen Nachfolgerin. Eine Mutter trifft sich in
einem Zoo mit ihrem Liebhaber und muss mit ihm
Familien­planung betreiben, während ihr Ehemann
und ihre beiden Kinder längst keinen Halt mehr in
ihrem Leben darstellen.
«John von Düffel gelingt es, das Wasser zum eigent­
lichen Protagonisten zu machen – in seiner gan­
zen ambivalenten Bedeutung für den Menschen.»
(WDR3) «Sprachlich brillant … kurzweilig, tief­
sinnig und schön zu lesen.» (Hamburger Morgen­
post) «In seinen technischen Möglichkeiten ist von
Düffel variantenreich, ohne brillieren zu wollen.»
(Süddeutsche Zeitung)
Die Wandlung der
Susanne Dasseldorf
John von Düffel
■■ Das ­permanente
Wanken und
Schwanken von
­eigentlich allem
3D – 1H
U: 14.11.2014
Hans Otto Theater,
Potsdam (Regie:
Tobias Wellemeyer)
John von Düffel
■■ Die Wandlung der
Susanne Dasseldorf
nach dem gleich­
namigen Roman von
Joseph Breitbach
3D – 5H
Auftragswerk für das
Theater Koblenz
U: 20.09.2014
Theater Koblenz (Regie:
Markus Dietze)
«Haltung! Das sind wir dem Namen Dasseldorf
schuldig: Haltung, komme, was wolle!»
D
ie Familie Dasseldorf kann man sich als
mittelrheinische Buddenbrooks mit einem
Kästner’schen Fabian in ihren Reihen vorstellen:
Während der amerikanischen Besatzung Koblenz’
nach dem Ersten Weltkrieg muss sich die Fabrikan­
tendynastie mit den veränderten gesellschaftlichen
Bedingungen arrangieren. Am besten gelingt das
der resoluten und streitbaren Tochter Susanne. Sie
steht zwischen zwei Männern, dem kultivierten
amerikanischen Major Cather und dem athleti­
schen, ehrgeizigen Emporkömmling Peter Hecker,
die beide auf ihre Weise das Gegenteil von Susannes
traditionell bürgerlichem Selbstverständnis reprä­
www.rowohlt-theater.de 9
Feridun Zaimoglu /
Günter Senkel
■■ Siegfried
7D – 11H (Doppel­
besetzungen möglich)
Auftragswerk für das
Münchner Volkstheater
U: 19.03.2015
Münchner Volkstheater
(Regie: Christian Stückl)
sentieren. Zu ihrem Verbündeten und Vertrauten
wird der schwule Privatsekretär ihres Bruders, der
zunächst noch Rivale im Buhlen um den jungen
Hecker war.
Nach seinem Erscheinen 1932 war der Debütroman
des damals 29-jährigen Breitbach vor allem wegen
seiner expliziten Darstellung von Homosexualität
und Prostitution ein Skandal. Im Dritten Reich
wurde der Roman verboten und verbrannt, Breit­
bach ging ins Exil nach Frankreich. John von Düffel
verhilft dieser «Demaskierung einer Bürgerlichen»
(Deutschlandfunk) zu einem späten Comeback, in­
dem er nichts von den auch heute noch brisanten
Aspekten glättet oder ausspart. «Breitbach insze­
niert sein Zeit-, sein Jahrespanorama 1918 / 19 der
politischen und privaten ‹Verkettungen› glänzend
und schildert all die Manöver des Menschlichen
mit einfühlsam unwiderstehlicher Lust.» (Deutsch­
landfunk)
■ Außerdem
wurde im Juni 2014 am Hessischen
Staatstheater Wiesbaden John von Düffels Farce
Weltkrieg für alle uraufgeführt (Regie: Tobias
Materna), die in dieser Saison am Landestheater
Detmold nachgespielt wird (Regie: Swentja Krum­
scheidt): «Es wird viel geblödelt und gekalauert,
dies aber auf anregendem Niveau. Dass sich hinter
alledem eine ernste Botschaft verbirgt, wird spätes­
tens deutlich, nachdem man am Ende nur knapp
dem dritten Weltkrieg entgeht.» (Die Deutsche
Bühne) «Ein gutes Stück für eine Zeit, in der man
sich angesichts des Ukraine-Konflikts an den Kal­
ten Krieg erinnert fühlt.» (Frankfurter Rundschau)
■ Ebenfalls
neu von John von Düffel sind seine
Bearbeitungen von Antigone und Die Bakchen
(Pussy Riot) – siehe hierzu Seite 35.
FERIDUN ZAIMOGLU /
GÜNTER SENKEL
Siegfried
V
Die Wandlung der Susanne Dasseldorf, Theater Koblenz
■ Im
Februar 2014 war am Hans Otto Theater,
Potsdam, die Uraufführung von John von Düffels
Kirschgarten – Die Rückkehr (Regie: Tobias Wel­
lemeyer): «Wie Tschechow interessiert John von
Düffel der Mensch in seinen Verhältnissen, ob er
agiert oder doch nur reagiert … Kirschgarten – Die
Rückkehr ist ein Lied über das hörbare Platzen von
Träumen, über Wiederkehr und Abschied, über
Vergeblichkeit und den Fluch Familie.» (Potsdamer
Neueste Nachrichten)
10 www.rowohlt-theater.de
on Ritterehre, höfischem Benehmen und ed­
ler Minne ist wenig zu finden in Feridun Zai­
moglus und Günter Senkels Neubearbeitung der
Siegfried-Sage. Dabei hält sich das Autorenteam
durchaus an die historische Vorlage, die ja auch
nicht gerade zimperlich mit Verrat, Vergewaltigung
und Mord umgeht. Doch so schonungslos wie hier
wurden die Protagonisten des größten deutschen
Heldenepos wohl noch nie ihrer Vorbildfunktion
entkleidet. Getrieben von Machtgier und Geltungs­
sucht, morden, vögeln und fressen sie sich ihrem
eigenen Untergang entgegen. Die Lichtgestalt Sieg­
fried ist ein tumber – aber sehr viriler – Muskel­
protz, sein Gegenstück Brunhild eine blutrünstige
Barbarin. Am Hof von Worms können die Burgun­
der zwar nicht mit so viel roher Kraft aufwarten,
dafür wird hier mit Leidenschaft gelauscht, ge­
klatscht und intrigiert – wehe dem, der sich dem
anderen anvertraut. Von jeder Patina befreit, zeigt
Zaimoglu / Senkels Neufassung des Mythos eine
von Rücksichtslosigkeit und Brutalität gezeichnete
Gesellschaft, in der Bauern bestenfalls als Drachen­
futter taugen, jeder König sein will, aber sich ums
Regieren keiner schert, und in der Loyalität nur so
lange zählt, wie sie zum eigenen Vorteil gereicht.
Die zehn Gebote
DAVID GIESELM ANN
E
Die Oppelts haben ihr
Haus verkauft
s ist Krieg. Auf beiden Seiten der Schützengrä­
ben werden Gottesdienste abgehalten, Gebete
gesprochen und Hymnen gesungen, um sich der
göttlichen Unterstützung für die eigene – natür­
lich gerechte – Sache zu vergewissern. Gleichzeitig
kämpft jeder mit allen Mitteln ums Überleben und
den eigenen Vorteil. Vor dem Hintergrund der Be­
lagerung Leningrads durch die Deutschen im Zwei­
ten Weltkrieg fragen Feridun Zaimoglu und Günter
Senkel nach dem Stellenwert fundamentaler mora­
lischer und christlicher Grundsätze in Zeiten von
Hunger und Gewalt. Was bedeuten Gebote wie «Du
sollst nicht töten», «Du sollst nicht ehebrechen»
oder «Du sollst deines Nächsten Hab und Gut nicht
begehren» noch, wenn um einen her­um alles aus­
ein­ander­fällt? Wenn es nicht einmal mehr Ratten zu
essen gibt und alte Frauen beim Pflaumenpflücken
erschossen werden, damit nicht der Feind von dem
Obst profitiert? Wechselnd zwischen der russischen
und der deutschen Perspektive, zwischen Kämpfern
und Daheimgebliebenen, entwerfen Zaimoglu und
Senkel eine beeindruckende, düstere Szenenfolge,
in der inmitten von Grausamkeit, Selbstsucht und
Gleichgültigkeit nur hin und wieder ein Funken
Fürsorge und Menschlichkeit zu entdecken ist.
erschien Feridun Zaimoglus Roman Isabel
(Kiepenheuer & Witsch), der von der Kritik als
Meisterwerk gefeiert wurde und auf der Longlist
des Deutschen Buchpreises stand. 2015 ist Zaimo­
glu Stadtschreiber in Mainz.
■ 2014
E
ine Gruppe von Sinnsuchern wird von der
«schrecklichen Finanzkrise» aus der Bahn ge­
worfen. Laura Ambrosia Gudmund ist ein Medi­
um, ihr Blick hat friedenstiftende Wirkung, und
sie kann in ihren Sitzungen die spirituellen Defi­
zite der Menschen sehen. Nur ökonomische Zu­
sammenhänge sieht sie dummerweise nicht. Wie
praktisch, dass ihr Sohn auf Basis ihrer Begabung
ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt hat und
sich gewissenhaft um die weltlichen Belange ihres
«Unternehmens» kümmert. Auch Pia hat ihr Leben
bisher gewinnorientiert gestaltet und ist deshalb
von ihrem Ex-Mann Tom nahtlos auf seinen er­
folgreicheren Zwillingsbruder Ted umgeschwenkt.
Doch plötzlich besinnt sich Pia auf ihr Seelenheil,
wirft alle bisherigen Pläne über Bord und zieht mit
Ted in das Nachbarhaus der Gudmunds. Schnell
wird klar, dass die Figuren, die sich um Laura Am­
brosia scharen, bei ihrer Suche nach einem höhe­
ren Bewusstsein restlos verloren sind. Und als Frau
Gudmund anfängt, sogar mit Kontinuumssprün­
gen zu hantieren, geht auch die letzte Hoffnung auf
Sinnhaftigkeit flöten.
Gieselmann jagt seine Figuren durch ein spiritu­
elles Verwirrspiel, das ihnen ganz recht geschieht.
«Das Publikum lacht über … eine Hatz durch im­
mer mehr Dimensionstüren, durch verschieden
ausgehende Zukünfte: Das vexierende Durchein­
ander des ersten Teils mündet in eine rasende Re­
vue.» (Nachtkritik) «Zur besonderen Komik gehö­
ren sprachlich ausgefeilte Dialoge, Wortwitz, Ironie
und Satire.» (Neue Westfälische Zeitung)
Feridun Zaimoglu /
Günter Senkel
■■ Die zehn Gebote
5D – 8H (Doppel­
besetzungen möglich)
Auftragswerk für das
Theater Kiel
U: 22.05.2015
Theater Kiel (Regie:
Daniel Karasek)
David Gieselmann
■■ Die Oppelts haben
ihr Haus verkauft
2D – 2H
Auftragswerk für das
Theater Bielefeld
U: 06.09.2014
Theater Bielefeld
(Regie: Christian
Schlüter)
www.rowohlt-theater.de 11
■ Am
19.12.2014 ist die Uraufführung von Da­
vid Gieselmanns Container Paris am Schauspiel
­Frankfurt (Regie: Christian Brey). «David Giesel­
manns intelligente Komödie über den explo­
sions­
artig ansteigenden Marktwert eines Nichts
beschreibt den alltäglichen Wahnsinn mit außer­
gewöhnlichem Aberwitz. Warum provoziert ein
neuer Trend, ein neuer Gedanke, ein neuer Held ein
solches Interesse, auch wenn buchstäblich nichts
dahintersteckt? … Was, wenn sich im Nachhin­
ein alles als ‹Blase› herausstellen sollte?» (Claudia
Lowin im Jahrbuch 2014 von Theater heute)
Thomas Arzt
■■ Johnny Breitwieser
3D – 4H
Auftragswerk für das
Schauspielhaus Wien
U: 28.11.2014
Schauspielhaus Wien
(Musik: Jherek Bischoff;
Regie: Alexander
Charim)
«Dieser Ob-Raum wird von unseren
Hoffnungen kreiert. Und wenn sich diese
Hoffnungen verschiedener Menschen in
ihm nicht sehr präzise überschneiden,
verschwindet seine Räumlichkeit. Das ist
wie in einem richtigen Raum. Einer will
vielleicht Musik hören. Eine andere Person
möchte für ihr Staatsexamen lernen. Und
schon haben wir den Salat.»
THOM AS ARZT
Johnny Breitwieser
«Johnny hasste Tränen / Und auch die Heuchelei.
Er hasste auch die Freiheit, / Denn niemals war
er frei.»
D
ie Dreigroschenoper trifft Cabaret trifft Liliom.
Johnny Breitwieser liegt eine reale Biografie
zugrunde: 1891 wird Johann Breitwieser in der
Wiener Vorstadt in miserable Verhältnisse gebo­
ren. Früh wird der Kleinkriminelle zum «Meidlin­
ger Einbrecherkönig», der den Reichen nimmt und
den Armen gibt. Mehrmals entkommt er scheinbar
mühelos aus polizeilichem Gewahrsam und ope­
riert erfolgreich aus dem Untergrund. 1919 wird
er von der Polizei erschossen und vom Volk zum
Märtyrer erkoren.
Thomas Arzt übersetzt die rasante Verbrechervita
in eine Ballade von der Rebellion gegen die Ver­­
elendung in politisch prekären Zeiten. Er stellt
Johnny sechs Figuren zur Seite, die verschiedene
Aspekte von ihm zum Vorschein bringen: den Ver­
führer, den Gangsterboss, den Volkshelden, den
Familienmenschen. Dieser Verbrecher spürt sehr
genau den bevorstehenden gesellschaft­
lichen Wandel und scheint gleichzeitig
von der Ausweglosigkeit seiner eigenen
Situation, von der Unfreiheit selbst
nach dem Ausbruch aus dem Gefängnis
überzeugt. Sein Handeln hat vor dem
Hintergrund der Vergeblichkeit etwas
Überhöhtes, Symbolisches, und sein
Scheitern wird zur modernen Parabel
vom Kampf gegen die Verhältnisse.
Für das Stück mit elf Liedern hat der
junge US-Pop-Komponist Jherek Bi­
schoff eine melancholisch-orchestrale
Musik komponiert, mit Streichquartett
und Percussion als Live-Elementen.
Die Oppelts haben ihr Haus verkauft, Theater Bielefeld
12 www.rowohlt-theater.de
dass zum Jahreswechsel der
große Komet einschlagen
und alles zerstören wird.
■■ Totes Gebirge
2D – 4H
In Totes Gebirge scheint die
Katastrophe, auch die per­
sönliche, der einzige Ausweg
aus einem System, dessen
ständige Optimierung wir
mit Selbstausbeutung und
Burn-out-Krisen bezahlen.
Arzt stellt dem die urwüch­
sige Kraft des Volkstheaters, der Zauberposse, des
Puppenspiels entgegen und schafft so auch formal
eine explosive Mischung aus Untergangssehnsucht
und Widerstandsgeist.
Totes Gebirge
«Natürlich ist hier nichts stabil. Aber das ist die
Normalität. Unsere Aufgabe ist es, aufzupassen, dass es uns nicht auffrisst.»
T
Thomas Arzt
otes Gebirge spielt in einer psychiatrischen
Anstalt. Aber anders als bei vielen PsychiatrieStücken verkörpern die Patienten hier kein anar­
chisches Gegenmodell zur normierten Mehrheits­
gesellschaft, sondern sind genauso krank wie die
Welt, vor der sie sich in die geschlossene Abteilung
geflüchtet haben. Die melancholische Chefärztin
hat längst eingesehen, dass ihre Therapie der Ein­
zelfälle vor dem Hintergrund
der gesellschaftlichen Miss­
stände nur Flickwerk blei­
ben kann. Aktuell machen
ihr drei Patienten Sorgen.
Der Neuzugang Raimund
scheint wie versteinert, Ne­
pomuk leidet nach Drogen­
missbrauch an einer Gehirn­
schädigung, und Emanuel,
seit Jahren arbeitslos, hat
sich längst aufgegeben. Der
Pfleger Anton ist als Einziger
optimistisch und bereitet für
den Silvesterabend ein Pup­
penspiel vor, während Nepo­
muk fest davon überzeugt ist,
■ Im
Oktober 2014 war die deutsche Erstauffüh­
rung von Thomas Arzts Grillenparz am Theater
Ingolstadt (Regie: Alexander Nerlich), und im Fe­
bruar 2015 ist die Schweizer Erstaufführung von
Alpenvorland am Theater St. Gallen (Regie: Eli­
sabeth Gabriel).
■ Außerdem
schreibt Thomas Arzt ein Kurzstück
für die Abschiedsproduktion von Michael Schot­
tenberg am Volkstheater Wien.
In den Westen, Nationaltheater Mannheim
www.rowohlt-theater.de 13
Helmut Kohl läuft durch Bonn, Theater Bonn
Nolte Decar
■■ Das Tierreich
Besetzung variabel
U: 03.10.2014
Schauspiel Leipzig
(Regie: Gordon
Kämmerer)
Weitere Inszenierungen
bisher: Staatstheater
Darmstadt (Regie:
Laura Linnenbaum),
Neue Bühne Senften­
berg (Regie: Friedrich
Rößinger), Grips
Theater, Berlin (Regie:
Philipp Harpain)
Abdruck in Theater der
Zeit 10 / 2014
NOLTE DECAR
Das Tierreich
«Hast du gehört, der Klaus Nöhler hat wohl
­richtige Brusthaare.»
«Mir doch egal.»
«Nee, ich mein ja auch nur.»
E
s ist Sommer in einer deutschen Kleinstadt, und
21 Jugendliche – sowie ein nicht ganz neben­
sächliches Chinchilla – brechen in die Ferien auf
wie in eine große Freiheit. Vor dem Hintergrund
der unaufgeregten Urlaubsstimmung entfaltet sich
ein Panorama des Erwachsenwerdens. In wechseln­
den Konstellationen und kurzen Szenen scheint
fast alles Platz zu finden, was das Leben zu bieten
hat: alltägliche Nebensächlichkeiten und philoso­
phische Grundsatzfragen, große Gefühle und ro­
mantische Verirrungen, Tagespolitik und deutsche
Geschichte. Als das Schicksal zuschlägt – hier in
Form eines Leopard-II-Panzers, der auf die Schule
fällt (!), und eines folgenschweren Autounfalls –
wird die Unbeschwertheit des Sommers auf die
Probe gestellt.
Durch den Wechsel zwischen gesprochenen Szenen­
anweisungen und pointierten Dialogen balancieren
Nolte Decar mit Leichtigkeit zwischen emotionaler
Tiefe und ironischer Distanz. Kein Problemstück
für Jugendliche, sondern eine lakonische und da­
bei nicht weniger tiefgründige Lebensbetrachtung
für jeden, der sich daran erinnert, wie sorglos die
Sommerferien niemals waren.
Das Tierreich war für den Preis des Heidelberger
Stückemarkts nominiert und wurde mit dem Brü­
der-Grimm-Preis des Landes Berlin ausgezeichnet.
«In flirrenden Szenen», so die Begründung der
Jury, zaubere das Stück Ferienstimmung herbei,
14 www.rowohlt-theater.de
die meisterlich verknüpft werde «mit den bitteren
Diskursen des Nicht-Geliebt-Werdens, aber auch
mit Themen wie Rüstungsexport und Arbeitslo­
sigkeit, ohne dabei die erzählerische Leichtigkeit
zu verlieren».
■ Im
Dezember 2013 wurde Helmut Kohl läuft
durch Bonn von Nolte Decar am Theater Bonn ur­
aufgeführt (Regie: Markus Heinzelmann). «Genau
genommen handelt es sich gar nicht so sehr um ein
Stück über den Altkanzler. Das kann das Fernsehen
allemal besser. Helmut Kohl läuft durch Bonn ist zu­
nächst und vor allem Literatur­satire. Und in dieser
Hinsicht ist der Text schamlos albern und ziemlich
gut.» (Süddeutsche Zeitung) «Ein leichter und ver­
spielter, dabei auch tiefgründiger und hellsichtiger
Text, der Heiner Müller und Helge Schneider zu­
sammendenkt.» (Nachtkritik) Am 24.01.2015 ist
die Uraufführung von Der Volkshai (Arbeitstitel)
von Nolte Decar am Theater Bonn (Regie: M
­ atthias
Rippert).
■ Außerdem
war im Juni 2014 die Uraufführung
von Michel Decars Stück Jenny Jannowitz bei den
Ruhrfestspielen Recklinghausen in Koproduktion
mit dem Staatstheater Braunschweig (Regie: Catja
Baumann). «Ein irrwitziges Stück, das die Realität
der modernen Arbeitswelt weiter und weiter zu­
spitzt, bis nichts mehr bleibt als der Wahnsinn einer
Beschleunigung um der Beschleunigung willen …
Mit einer ungeheuren Leichtigkeit fängt Michel De­
car den Geschwindigkeitswahn der globalisierten
Lebens- und Arbeitswelt ein.» (Nachtkritik) «Eine
atemlose Farce über den Wahnsinn der Flexibilität,
die beschreibt, was passiert, wenn wir unendlich
mobil sind, uns die Optionen erschlagen. Decar
erfasst in heiter-schnellen Sätzen und absurden
Zeitsprüngen auch formal sehr gut die Tragik heuti­
ger Bewusstseinszerfaserung.» (Deutschlandfunk)
«Ein kunstvoll komponiertes Textwerk.» (Deutsch­
landradio)
JÖRG ALBRECHT
My love was a ghost.
And your love, your
love was leaving this
rotten town.
«Wir werden diese Stadt auch dann noch vermarkten, wenn nichts von ihr übrig ist. Selbst
wenn alles weg ist: Das Image bleibt!»
G
espenster gehen um. In Theodor Fontanes
Effi Briest ist es ein einzelner untoter Chi­
nese, der Effi im Haus ihres Mannes heimsucht.
Über hundert Jahre später sind ganze Regionen zu
Geister­orten mutiert. Eine Gruppe von Stadtpla­
nern kämpft mit den Folgen der Post-Ökonomie,
die in Ost wie West Industriebrachen hinterlassen
hat, und will aus Ruinen wieder lebendige
Räume schaffen. Zugleich sucht hier David
Lynch Locations für eine Neuverfilmung
von Fontanes Roman, sodass sich das Zer­
brechen einer Zweierbeziehung immer
eng­maschiger mit dem Zerfall einer gan­
zen Welt verknüpft.
Für die Reihe «Überschreibungen» am
Schauspiel Leipzig hat Jörg Albrecht Fon­
tane «zum Motiv-Ursprung und roten
Faden seines Textes (gemacht). Über ihn
wandern Fragen von Vergessen und Blei­
ben ins Stück, zusammen mit dem Phäno­
men der schrumpfenden Städte, die mit verlassenen
Liebschaften verglichen werden … Vielschichtig
legen sich Diskursmaterial und Filmzitate über das
Spiel … Die Jahrhunderte zermalmen einander
derart, dass im 21. Jahrhundert nur post-urbane
Leere bleiben kann … Ein dichter, konzentrierter
Abend» (Theater heute).
■ Im August 2014 erschien im Wallstein Verlag Jörg
Albrechts neuer Roman Anarchie in Ruhrstadt,
den die Gruppen kainkollektiv, LIGNA, Invisible
Playground sowie Jörg Albrecht selbst für copy &
waste im September zum Ausgangspunkt nahmen
für das große Theaterprojekt 54. Stadt, koproduziert
vom Theater Oberhausen und dem Ringlokschup­
pen Mülheim. «Albrecht entwirft in seinem Ro­
man die Vision der 54. Stadt, die sich im Jahr 2015,
nachdem sich die nordrhein-westfälische Landes­
regierung aus dem Ruhrgebiet zurückgezogen hat,
als Zusammenschluss der
53 Städte gebildet hat. Ein
Komitee der Kreativen um
den Schriftsteller ­György
Albertz entwirft den Plan
der neuen Stadt, die zu
der Metropole des 21. Jahrhunderts werden soll.
29 Jahre später bricht dann alles wieder aus­ein­
ander … (In Oberhausen und Mülheim werden
daraus) sechseinhalb Stunden Theater, in denen die
Grenzen zwischen Gegenwart und Zukunft, Wirk­
lichkeit und Spiel, Ordnung und Anarchie immer
wieder neu gezogen werden.» (Nachtkritik)
TUĞSAL MOĞUL
Begegnung
W
alter Koslowski hat
nichts gegen Auslän­
der. Sein Gemüse kauft der
allein lebende Rentner meist
bei Ahmet, und seinen tür­
kischstämmigen Nachbarn
begegnet er stets höflich.
Dennoch fühlt sich Walter
etwas unwohl, als er nach
einem Beinahe-Schlaganfall
auf die junge Ärztin Fatima
Al-Sharif trifft. Er versteht
nicht ganz, wieso sie auf die
Frage, woher sie komme, kurz angebunden ant­
wortet: «Aus Marburg», und noch weniger, dass sie
auf sein Kompliment, sie spreche wirklich sehr gut
Deutsch, ziemlich gereizt reagiert. Aus einer alltäg­
lichen Anamnese wird ein so witziges wie ernstes
Streitgespräch über Herkunft und Zugehörigkeit,
persönliche Empfindlichkeiten und vor allem dar­
über, wie wir mehr sein können als nur tolerant.
Jörg Albrecht
■■ My love was a ghost.
And your love, your
love was leaving this
rotten town.
Besetzung variabel,
mind. 1D – 2H
Auftragswerk für das
Schauspiel Leipzig
U: 05.06.2014
Schauspiel Leipzig
(Regie: Steffen Klewar)
Tuğsal Moğul
■■ Begegnung
1D – 1H
Auftragswerk für das
Theater Pforzheim in
Koproduktion mit dem
Badischen Staats­
theater Karlsruhe
U: 22.12.2013
Theater Pforzheim in
Koproduktion mit dem
Badischen Staats­
theater Karlsruhe
(Regie: Tuğsal Moğul)
Begegnung wurde im Rahmen des Projekts «Fremd­
raumpflege» in Pforzheim und Karlsruhe in Pri­
vatwohnungen aufgeführt, und nicht zufällig trägt
Walter den Namen der Hauptfigur in Clint East­
woods Film Gran Torino: «Im winzigen ‹Theater­
raum› wird hier die vermeintlich weite Welt des
Kinos beschworen … Vorurteile und Rassismus,
Heldentum und Außenseiterdasein, Vereinsamung
und das Sich-nicht-erklären-können. Tuğsal Moğul
hat ein großartiges Theaterstück geschrieben …
www.rowohlt-theater.de 15
zu können. Hinzu kommt eine fein dosierte Komik,
die auf genauen Beobachtungen beruht und tiefe
Kenntnisse der Materie verrät.» (Münstersche Zei­
tung) «Nachdenkliche, sehenswerte 70 Minuten.»
(Westfälische Nach­richten)
■ Tuğsal
Moğuls Stück Die deutsche Ayşe, am
Theater Münster uraufgeführt, wurde beim NRWTheatertreffen 2014 mit dem Publikumspreis sowie
mit dem Preis der Jugendjury ausgezeichnet und
bisher am Theaterhaus Stuttgart nachgespielt (Re­
gie: Janet Stornowski).
■ Ebenfalls
Die Angehörigen, Theater im Pumpenhaus, Münster
Tuğsal Moğul
■■ Die Angehörigen
nach einer Idee von
Tuğsal Moğul
Texte von Carmen
Dalfogo, Bettina
Lamprecht, Tuğsal
Moğul, Dietmar Pröll
und Stefan Otteni
2D – 2H
Uraufführung:
12.06.2014 Theater
Operation im Theater
im Pumpenhaus,
Münster (Regie: Tuğsal
Moğul)
Oliver Marschke
■■ Der Fauxpas
1D – 2H
Die Dialoge offenbaren wie nebenbei zahlreiche
gesellschaftliche Tatsachen. Und an keiner Stelle
verfällt die Handlung in ein plattes Gut oder Böse
von Integrationsstreben hier und Fremdenfeind­
lichkeit dort.» (Pforzheimer Zeitung)
TUĞSAL MOĞUL
Die Angehörigen
«Immer wurde ich gefragt, wie es meinem Vater
und meiner kranken Mutter geht. Keiner traute
sich, mich zu fragen, wie es mir geht.»
A
ls Abschluss seiner Trilogie zu medizinischen
Themen stellt Tuğsal Moğul – nach den Ärz­
ten in Halbstarke Halbgötter und den Patienten in
Somnia – nun die Angehörigen von Kranken ins
Zentrum, denn auch für sie ändert sich urplötz­
lich das Leben. Im besten Fall sitzen sie am Bett
und sprechen Mut zu. Doch genauso oft müssen
sie hartnäckig für die richtige Behandlungsmetho­
de kämpfen und bisweilen weittragende Entschei­
dungen treffen. Ohne jedwede Erfahrung werden
sie selbst zu Pflegenden, kümmern sich liebevoll
oder verweigern eine Verantwortung, die ihnen
ungefragt aufgebürdet wurde, hin- und hergeris­
sen zwischen Überforderung und Schuldgefühlen,
Pflichtbewusstsein und der Angst vor der eigenen
Sterblichkeit.
«Moğul verarbeitet in Die Angehörigen wahre Be­
gebenheiten, die er in Interviews mit Betroffenen
recherchiert hat. Daraus ist eine Inszenierung ent­
standen, die sehr authentisch wirkt. Gleichzeitig
sorgen Mittel wie traditionelle Lieder oder Anspie­
lungen auf die klassische Tragödie für die nötige
Distanz, um mit dem Thema Tod rational umgehen
16 www.rowohlt-theater.de
für das Theater Münster schreibt
Moğul aktuell an seinem NSU-Projekt Auch Deutsche unter den Opfern (Arbeitstitel), dessen Ur­
aufführung im Januar 2015 sein wird.
OLIVER M ARSCHKE
Der Fauxpas
«Ich bin Friedenspreisträger,
du Blödmann!»
K
aterstimmung bei Jean Harnack. Der Vor­
zeigeintellektuelle hat sich am Abend zuvor
auf einer staatstragenden Spendengala einen Faux­
pas erlaubt, der in Zeiten der Political Correctness
seinen guten Ruf komplett zerstören könnte. Wenn
er sich bloß erinnern würde, was genau passiert
ist! Gerade ist sein bester Freund Florian einge­
troffen, um die Vorgänge zu rekonstruieren und
Schadensbegrenzung zu betreiben. Die Rettung
naht in Person der zupackenden Beate, die Flori­
an schon seit viel zu langer Zeit als Klientin sei­
ner Partnervermittlungsagentur kennt und die als
renommierte Psychiaterin bei Jean kurzerhand ein
Tourette-Syndrom diagnostiziert, um seinen ver­
balen Ausrutscher gesellschaftsfähig zu machen.
Aber ob sich damit die empörten Feuilletons beru­
higen lassen? Und will man das überhaupt? Denn
plötzlich findet Jean mehr Gehör als je zuvor, und
die Verlockung ist groß, nach Deutschland schafft
sich ab und Deutschland von Sinnen den nächsten
großen Beitrag zum wertkonservativen Befindlich­
keitszirkus zu liefern.
Oliver Marschke hat eine Komödie geschrieben
über die heilige Kuh der feuilletonistischen Wohl­
anständigkeit, über eine Männerfreundschaft vor
dem Hintergrund des drohenden Bedeutungsver­
lusts und über den kleinen Sarrazin in uns allen.
L ARS NORÉN
3.31.93.
E
in Echo von Lars Noréns großen Gesell­schafts­
pano­ra­men der 1990er, Klinik, Eine Art Hades
und Personenkreis 3.1 hallt durch 3.31.93. Doch
waren es damals die Ausgestoßenen, die Obdach­
losen, die Kranken, die ihre Stimmen erhoben, eint
die Figuren in Noréns jüngstem Stück kein sozia­
ler Nenner, keine Diagnose. Ihre Verluste und ihr
Schmerz sind privat und dennoch allgemeingültig:
25 Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die
versuchen, mit ihrem Leben zurande zu kommen,
und die oft genug daran scheitern. Da ist das junge
Paar, das sein Kind gleich nach der Geburt verloren
hat. Die Frau, die ihren gelähmten Mann pflegt und
eine kurze, schmerz- und schamerfüllte Beziehung
zu dessen Vater eingeht. Das ältere Paar, das seinen
erwachsenen Sohn wieder bei sich aufnimmt. Der
Mann, der auf den Zug wartet, vor den er sich wer­
fen will. Die Frau, deren Mann von der Arbeit nicht
nach Hause kommt … 25 Menschen, deren Ver­
bindungen zueinander sich nach und nach
erschließen, zusammengehalten in einer
prekären Balance der Sehnsucht und der
Hoffnung. Mit 3.31.93., dessen Urauffüh­
rung in Stockholm von der Kritik gefeiert
wurde, ist Lars Norén ein großer Wurf ge­
lungen, ein so trauriges wie zärtliches Ora­
torium der Vergeblichkeit und des Mutes.
die Sprache weht … Noréns Dystopie erfordert die
Bereitschaft, alle menschlichen Handlungsweisen
und Fluchtversuche, alle Voraussetzungen für un­
ser Handeln auf den Prüfstand zu stellen … Sein
neues Stück ist eine klare, poetische und manchmal
absurde Analyse der Condition humaine. Eine voll­
kommene Tragödie, aber zugleich der Versuch, in
der Sprache unserer Unzulänglichkeiten Hoffnung
zu finden.» (Svenska Dagbladet)
Lars Norén
■■ 3.31.93.
Deutsch von Maja Zade
Besetzung variabel
U: 23.08.2013
Stockholm Stads­
teatern (Regie: Sofia
Jupither)
■ Zuletzt
kam von Lars Norén am Schauspiel
Frankfurt Liebesspiel zur deutschsprachigen Erst­
auf­füh­rung (Regie: Alexander Frank). «Norén ver­
fügt über die schöne Fähigkeit, Alltagssätze in einen
kargen, streng durchkomponierten Text einzubau­
en … Sätze, die jeder kennt und die auf einmal bitter
wirken, wenn die Liebe kaputt ist.» (Süddeutsche
Zeitung) «Die erschreckende Vertrautheit dieser
Schicksale … lässt die Erkenntnis einsickern, wie
gefährlich nahe unser aller Alltag diesen Figuren
ist.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
In dieser Spielzeit hat außerdem Lars Noréns
Nachtwache an der Schaubühne am Lehniner
Platz, Berlin, in der Regie von Thomas Ostermeier
Premiere.
«Inspiriert von seinem Idol Beckett, pflegt
Norén auch eine Wahlverwandtschaft mit
den Stücken Jon Fosses, in dem Wunsch,
in der Reduktion eine karge, fast autisti­
sche Verletzlichkeit zu finden, die durch
3.31.93., Stockholm Stadsteatern
www.rowohlt-theater.de 17
Jon Fosse
■■ Meer
(Hav)
Deutsch von Hinrich
Schmidt-Henkel
JON FOSSE
Meer
«Es ist als ob ich auf­
wachen würde
und auf einmal ganz
­woanders wäre.»
2D – 4H
U: 22.05.2014
Bergen International
Festival in
Koproduktion mit
Bondeungdomslaget
Oslo und Hordaland
Theater
(Regie: Kai Johnsen)
Abdruck in Theater der
Zeit 09 / 2014
Jonas Hassen
Khemiri
■■ ≈ [ungefähr gleich]
(≈ [ungefär lika med])
Deutsch von Jana
Hallberg
Besetzung variabel,
mind. 2D – 2H
U: 23.10.2014 Dramaten,
Stockholm
18 www.rowohlt-theater.de
I
ch bin der Kapitän.» –
«Ich bin der Gitarren­
spieler.» Wie eine Beschwö­
rungsformel wiederholen
zwei Männer diese Sätze, als
müssten sie sich ihrer selbst
versichern. Der eine kommandiert ein Schiff, das es
womöglich gar nicht gibt; der andere macht Musik,
die niemand hört. Beide treiben sie auf ­einem Meer,
das so real wie unwirklich ist, allgegenwärtig und
abwesend zugleich, Ort und Nicht-Ort. Geisterhaft
erscheinen bald andere Gestalten, ein junges Paar,
ein älteres, vielleicht dasselbe zu verschiedenen
Zeiten, vielleicht nur Halluzinationen: Menschen,
die einander kennen oder zu kennen glauben, ob­
wohl sie sich nie begegnet sind. Ein unendlich wei­
ter Raum öffnet sich zwischen ihnen, in dem die
Sprache zum Rauschen der Wellen wird – gleichför­
mig und unwirsch, beruhigend und bedrohlich –
und das Sein, wie wir es kannten, allmählich mit
sich fortträgt.
«Es ist dieses Zwischenreich, dieser Raum, in dem
Menschen nur mehr wie Seelen hausen, … der
schmerzlich spürbar macht, um was es im Grunde
geht: darum, dass dieses große, jahrhundertealte
Projekt der Menschheit, miteinander zu leben, so
unglaublich schwierig ist. In Fosses Stücken wird
die ganze Brüchigkeit gewahr, die Zerrissenheit, die
Zuneigung mit Abneigung paart, Zärtlichkeit mit
Gewalt, Liebe mit Hass.» (Theater der Zeit)
«Erinnerungen und Emotionen kreuzen sich in
diesem Traumspiel, das Unbewusstes und Bewuss­
tes zu einem Vexierbild menschlicher Beziehungs­
konstellationen verwebt. Es ist, als erwachten auf
einmal alle Figuren aus Jon Fosses Stücken und
versammelten sich für die Dauer dieser Schifffahrt
durch imaginäre Leben. Körperlose Träger von
Sehnsucht – einer Sehnsucht nach jener Sphäre
des Unerhörten, die Fosse seit je erkundet … Wir
sehen, was in uns selbst vorgeht … Nie kam das
so klar zum Ausdruck wie hier, bei diesem unauf­
dringlich schwebenden Spiel, dessen pausendurch­
setzte Wortmusik das Ungesagte zur Sprache, zum
Sprechen bringt. Den ganzen Fosse enthält Meer.»
(Neue Zürcher Zeitung)
«Ein wunderbares Abschiedsstück … Wieder
setzt er ein: der Fosse-Effekt. Dieses Berührtsein
von etwas Tieferem, Grundangstmenschlichem.»
(Süddeutsche Zeitung)
Meer hat Jon Fosse nach eigenem Bekunden
sein letztes Originalstück für das Theater geschrie­
ben. 2016 erscheint im Rowohlt Verlag ein neues
Erzählwerk von ihm.
■ Mit
JONAS HASSEN KHEMIRI
≈ [ungefähr gleich]
«Ist doch irgendwie cool, dass manche sich
­trauen, es umgekehrt zu machen, und sich
außer­halb der Gesellschaft stellen.»
J
onas Hassen Khemiri fragt in seinem neuen
Stück nach den Auswirkungen wirtschaftlicher
Zusammenhänge auf unser Handeln. Inwiefern
verändern wir uns dadurch, dass wir in einer Ge­
genwart leben, die sich auf Kredit gründet? Ist es
möglich, das heutige System zu kritisieren, ohne
eine Alternative aufzuzeigen? Was geschieht mit
einer Welt, die auf Zahlen reduziert wird?
Wir verfolgen das Schicksal von fünf Figuren, die
den Anschluss an die ökonomische Entwicklung
eigentlich längst verloren haben, den Aufstieg in
eine höhere soziale Schicht werden sie jedenfalls –
entgegen ihrer Hoffnung – nie schaffen. Andrej
sucht verzweifelt eine erste Anstellung, Martina
hingegen ist mit ihrer Arbeit unzufrieden und
möchte am liebsten als Selbstversorgerin leben. Ihr
Freund Mani erforscht als erfolgloser Wirtschafts­
wissenschaftler die Möglichkeiten, den Markt auf
theoretische ­Weise herauszufordern. Freja und Pe­
ter sind im Grunde bereits aus der Gemeinschaft
ausgestoßen und reagieren darauf mit unterschied­
lichen Strategien von Rebellion bzw. Unterwerfung.
Kunstvoll und gewitzt verzahnt Khemiri die Erzähl­
stränge, findet für jede einzelne Episode einen ganz
eigenen Stil und ermöglicht es so, aus immer neuer
Perspektive auf die Zusammenhänge zu blicken.
■ Khemiris Ich rufe meine Brüder, das in der letz­
ten Spielzeit am Ballhaus Naunynstraße in Kopro­
duktion mit dem Landestheater Niederösterreich,
St. Pölten, erstaufgeführt wurde, hat in der aktuel­
len Saison Premiere am Thalia Theater Hamburg
(Regie: Anton Kurt Krause), Theater Peripherie,
Frankfurt (Regie: Ute Bansemir), Theater Bremen /
Moks (Regie: Babett Grube) sowie am Schauspiel
Essen (Regie: Katarzyna Maria Noga).
Invasion! wird in der aktuellen Spielzeit am
Schauspiel Köln (Regie: Pinar Karabulut) nachge­
spielt.
OSCAR VAN WOENSEL
Ödipus
W
Oscar van Woensel
■■ Ödipus
(Oedipus)
Deutsch von
Monika The
er sind wir? Und woher glauben wir das zu
wissen? Sind wir unsere Meinungen? Unsere
Besetzung variabel
Gefühle? Unsere Taten? Wer mag wen nicht, wenn
U: 08.03.2013
wir uns selbst nicht mögen? In Oscar van Woensels
Ro Theater / Rotter­
Ödipus rückt ein Chor den Zuschauern mit vielen
damse Schouwbourg
Fragen unangenehm dicht zuleibe, während gleich­
(Regie: Alize Zandwijk)
zeitig Sophokles’ Tragödie um die menschliche
Selbsterkenntnis sich fast kammerspielartig entfal­
DSE: 27.09.2014
Theater Bremen
tet. In einer schnörkellosen Alltagssprache bringt
(Regie: Frank Abt)
van Woensel uns die Figuren nahe und steuert da­
bei doch unerbittlich auf die letzte, entscheidende
Frage zu: Was bleibt von uns, wenn wir alles verlie­
ren, das uns ausmacht? Familie, Besitz, Gesundheit,
Verstand? Gibt es einen Kern unseres
Wesens, der dann noch überdauert?
«Du wirst sterben
Basierend auf Sophokles’ Tragödien
Kannst du das meistern?
König Ödipus und Ödipus auf Kolonos,
Diesen Gedanken
spannt der Text den weiten Bogen vom
Reg dich nicht auf
jungen König, der selbstgewiss und ah­
Du lebst jetzt
nungslos nach dem Mörder seines Vor­
Du stirbst später»
gängers sucht, zum alten, blinden Mann,
der mittellos im Exil seinen Tod erwar­
tet und sich dennoch allen
Avancen und Angeboten
verweigert – und findet in
der alten Geschichte von
Verlust und menschlicher
Hybris eine heute gerade­
zu revolutionär anmuten­
de These: Was, wenn der
Mensch nicht nur nicht
Herr seines Schicksals ist,
sondern erst das Schicksal
ihn zum Menschen macht?
Was, wenn das Lassen wich­
tiger ist als das Tun? Und
können wir nur wirklich le­
ben im Wissen um unseren
Tod?
Ich rufe meine Brüder, Ballhaus Naunynstraße, Berlin
www.rowohlt-theater.de 19
Frédéric Sonntag, geboren 1978, ist Autor, Schauspieler
und Regisseur. Er studierte am Conservatoire National
Supérieur Dramatique und gründete 2001 die Theater­
gruppe AsaNIsiMAsa. Unter anderem wurde er mit dem
Prix Godot des lycéens und
dem Prix ado du théâtre
contemporain (Académie
d’Amiens) ausgezeichnet.
Seine Stücke wurden vielfach
übersetzt und werden inter­
national nachgespielt.
Frédéric Sonntag
■■ George Kaplan
Deutsch von Jakob
Schumann
2D – 3H
U: 09.03.2013
Husets Teater
Kopenhagen
(Regie: Christopher
Berdal)
Abgedruckt in Scène 17
Davide Carnevali
■■ Arabische Frau, das
Meer betrachtend
(Ritratto di donna
­araba che quarda il
mare)
Deutsch von Sabine
Heymann
1D – 3H oder 2D – 2H
20 www.rowohlt-theater.de
FRÉDÉRIC SONNTAG
George Kaplan
«Wir haben ein Problem, und das müssen
wir nutzen: Dieses Problem wird in der
Bevölkerung eine gewisse emotionale Reaktion
auslösen, ein Gefühl, das in den Bürgern den
Wunsch nach genau den Maßnahmen weckt,
die wir gerne durchführen möchten.»
E
ine heillos zerstrittene Gruppe junger Unter­
grund-Künstler wird von einem Sonderein­
satzkommando gestellt. Ein Writers’ Room aus den
besten Autoren Hollywoods entwirft Szenarien für
einen Kriegseintritt. Die anonymen Drahtzieher
der Republik treffen sich wegen einer akuten Be­
drohung der inneren Sicherheit zu einer diskreten
Eilkonferenz. Ein Name fällt dabei immer wieder:
George Kaplan.
Was als Alias einer subversiven Kunstaktion
beginnt, entwickelt ein unvorhergesehenes Eigen­
leben. «George Kaplan» (nicht von ungefähr heißt
so auch der fiktive Protagonist in Alfred Hitchcocks
Der unsichtbare Dritte) wird zur Chiffre für die Ver­
bindung von Filmindustrie und Geopolitik, Netz­
aktivismus, Paranoia und Massenüberwachung.
Wer schreibt eigentlich die Planspiele, mit denen
das Militär seine Strategien probt? War Hitchcock
Teil einer internationalen Verschwörung? Gibt es
eine unsichtbare Regierung, und woher nimmt sie
ihre Informationen? Und, besonders verwirrend:
Was hat es mit dem Huhn auf sich, das sich in un­
geahnten Momenten in die sorgsam vorbereiteten
Szenarien drängt?
George Kaplan ist eine abgründige Komödie über
die Wechselwirkung von Macht und Fiktion, über
die Mythen, die unseren Blick auf die Welt bestim­
men, und die Unkontrollierbarkeit der Wirklich­
keit.
DAVIDE CARNEVALI
Arabische Frau,
das Meer betrachtend
«Ich gebe mir Mühe zu verstehen, was
Sie sagen, und das wenige, was ich verstehe,
gefällt mir nicht.»
D
er Titel deutet es bereits an – Davide Carne­
vali arrangiert seine Figuren wie auf einem
romantischen Gemälde, doch das pittoreske Pano­
rama ist trügerisch und entpuppt sich schnell als
hochbrisante Versuchsanordnung. In ihr brechen
sich Konflikte Bahn, die eine einfache Geschichte
nach dem Muster «boy meets girl» in eine fatale
Liebesgeschichte verwandeln.
Der Europäer, der vor Kurzem in der Stadt am Meer
eingetroffen ist, verfolgt nicht nur undurchsichtige
geschäftliche Pläne, sondern macht auch der jun­
gen Frau, die er am Strand getroffen hat, den Hof.
Von Anfang an ist ihre Beziehung von sprachlichen
und kulturellen Missverständnissen geprägt. Auch
wenn offen bleibt, wie weit sich der Mann beruf­
lich oder privat vorwagt, sind die Umgebung und
die Familie der jungen Frau alarmiert. Während
der jüngere Bruder der Frau vorgibt, den Fremden
warnen zu wollen, hat der ältere Bruder bereits
beschlossen, Vergeltung zu üben. In jeder Szene
scheint eine gänzlich andere Interpretation das
Voran­ge­gan­gene aus neuer Perspektive zu beleuch­
ten. Bis spätestens beim letzten Zusammentreffen
am Meer jegliche Romantik verloren ist.
Hannah Moscovitch studierte englische Lite­
ratur und ist Absolventin der National Theatre
School of Canada. Für ihre Stücke wurde sie
mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem
Susan Smith Blackburn
Prize und mehrfach
mit dem Dora Mavor
Moore Award. Das
Now Magazine wählte
sie 2010, 2011 und
2013 zu «Toronto’s
Best Playwright», CBC
Radio bezeichnete sie
als «the wunderkind of
Canadian theatre».
STEPHEN SACHS
Das Original
«Pollocks Arbeiten standen immer kurz vor der
Katastrophe. Am Abgrund. Jede Leinwand war
ein Sprung von der Klippe. Leben oder Tod.
Deshalb sind sie so elektrisierend, so erregend.
Berauschend.»
S
elbst in der tiefsten amerikanischen Provinz
hat sich herumgesprochen, wie einträglich die
Kapriolen des internationalen Kunst- und vor al­
lem Fälschermarktes sein können. Maude Gutman,
Mitte 50, ist überzeugt davon, dass das Gemälde
in ihrem Besitz ein Werk von Jackson Pollock ist.
Gefunden hat sie das «hässliche Ding» in der hin­
tersten Ecke eines Trödelladens und glaubt nun,
das große Los gezogen zu haben, denn in ihrem
Trailerpark sitzt Lionel Percy, Mitte 60, frisch an­
gereist aus New York. Er kommt im Auftrag einer
Stiftung, die in wenigen ausgewählten Fällen pro
Jahr eine Echtheitsprüfung vornimmt. Hier geht es
theoretisch immerhin um 50 Millionen Dollar. Ent­
sprechend aufgeregt wuselt Maude um ihren Gast
herum, der jedoch eher angewidert gelangweilt ist.
Er kann sich kaum vorstellen, dass ein wertvolles
Bild in den Besitz einer so geschmacklosen und der­
ben … ähm … Dame gekommen sein soll. Doch
spätestens als Maude enthüllt, dass sie bereits ein
millionenschweres Angebot von einem Geschäfts­
mann aus Indien hat, stehen das Gemälde und seine
Besitzerin in völlig anderem Licht da.
Nach der Uraufführung in den USA war die euro­
pä­ische Erstaufführung im Mai 2014 im Londoner
West End mit Kathleen Turner als Maude und Ian
McDiarmid als Lionel. «Stephen Sachs setzt sich
nicht nur mit dem Thema der künstlerischen, son­
dern auch der menschlichen Authentizität ausein­
ander … Sein Stück stellt Fragen, anstatt mit schnel­
len Antworten aufzuwarten.» (The Times) «Eine
Kollision unterschiedlicher kultureller und sozialer
Hintergründe, die weit über die Fragen des Kunst­
markts hinausgeht.» (The Guardian) «Das Original
bietet wunderbares Material für zwei ältere Schau­
spielerstars und lässt keine Wünsche offen.» (Time
Out London) «Sachs’ Stück verhandelt sowohl
tiefgehend psychologische als auch differenziert
intellektuelle Konflikte – eine selten perfekte Ver­
bindung von Gefühl und Verstand.» (L. A. Times)
HANNAH MOSCOVITCH
Kleines
A
aron erzählt von seiner schwer traumatisier­
ten Stiefschwester Claire, die seine Jugend zur
Hölle oder zumindest zu einem psychologischen
Eierlauf gemacht hat. Und während Aaron noch
spricht, erklingt auch Claires Stimme aus dem Dun­
kel, wie aus weit vergangener Ferne, und erzählt
eine grausame Liebesgeschichte, die noch rätselhaf­
ter scheint als Aarons Kindheitserinnerungen. Im­
mer wieder sehen wir Szenen zwischen Aaron und
Claire, die fast spielerisch, jedenfalls psychoanaly­
tisch abgeklärt, ihre Konflikte um Klavierstunden,
Haustiere und die Zuneigung der Eltern ausagie­
ren. Bis es zum großen Verrat zwischen den beiden
kommt, zum Bruch, der nicht mehr überbrückbar
ist. Und plötzlich wird auch deutlich, dass Claires
Erzählung von einer Ehe, die zwischen Vorstadt­
idylle und Unfreiwilligkeit sowie Gewalt oszilliert,
auch mit Aarons Geschichte eng verknüpft ist.
Stephen Sachs
■■ Das Original
(Bakersfield Mist)
Deutsch von
Karen Witthuhn
1D – 1H
U: 11.06.2011
Fountain Theatre,
Los Angeles
(Regie: Stephen Sachs)
Hannah Moscovitch
■■ Kleines
(Little One)
Deutsch von
Bastian Häfner
1D – 1H
U: 20.02.2013
Tarragon Theatre,
Toronto (Regie:
Natasha Mytnowych)
Hannah Moscovitch wirft mit ihrem Stück einen
Blick in die Abgründe von menschlicher Grau­
samkeit, Begehren und Liebe. Und trotz aller Dun­
kelheit gelingt ihr mit leichtem, präzisem Ton ein
atmosphärisch dichtes Kammerspiel.
www.rowohlt-theater.de 21
«Bester ausländischer Dramatiker 2014»
Kritikerumfrage von Theater heute
Martin Crimp
■■ Im Tal
(In the Valley)
Deutsch von
Ulrike Syha
1D oder 1H
Abdruck im
Jahrbuch 2014 von
Theater heute
M ARTIN CRIMP
Im Tal
«Bist du ganz sicher, dass du am Leben bist?
Und wenn ja, was lässt dich leben?»
G
ott erscheint wie ein Folteropfer aus Abu
Ghraib, die Welt, wie wir sie kannten, wurde
gelöscht, und nach dem verlorenen Paradies wan­
delt ein namenloses Ich durch ein grünes Tal. Auf
seinem Weg begegnet es einem sprechenden Schaf,
mit dem es über Kultur und Zivilisation plaudert –
Alles Weitere kennen Sie aus dem Kino, Deutsches Schauspielhaus Hamburg
22 www.rowohlt-theater.de
bis der nackte Überlebensinstinkt greift, was für das
Schaf böse endet.
In einem kurzen Monolog, der souverän wechselt
zwischen Pastorale und Apokalypse, Altem Testa­
ment und Hollywoodbildern, misst Martin Crimp
der Menschheit den Puls und kommt zu einem we­
nig ermutigenden Befund.
■ Martin
Crimps Alles Weitere kennen Sie aus
dem Kino, im November 2013 uraufgeführt am
Deutschen Schauspielhaus Hamburg (Regie: Katie
Mitchell), wurde in der aktuellen Kritikerumfrage
von Theater heute zum besten ausländischen Stück
des Jahres gewählt. «Mitchell und Crimp
interpretieren Euripides’ Antikendrama
Die Phönizierinnen auf brillante Weise neu.»
(Süddeutsche Zeitung) «Crimp verzichtet
weitgehend auf eine Aktualisierung … Ihn
interessiert mehr die Vermittlung zwischen
der Antike und der Gegenwart: was Schick­
sal oder Psychologie unter den Zeichen
genetischer Codes noch bedeuten können
und wie die antiken Mythen über archäo­
logische Funde, sprachliche Übersetzung,
mediale Versetzung ins Kino und Theater
uns überhaupt noch erreichen können.»
(Die Deutsche Bühne)
«Ich glaube nicht
an normales
Verhalten …
Normalität hat
man in diesem
Land erfunden,
damit man
eine ­gewisse
Ordnung
aufrecht­
erhalten kann.»
Aus «Blindlings»
■ Außerdem
war in der vergangenen Saison die
deutschsprachige Erstaufführung von Crimps In
der Republik des Glücks am Deutschen Theater
Berlin (Regie: Rafael Sanchez), gefolgt von Inszenie­
rungen am Thalia Theater Hamburg (Regie: Anne
Lenk) und Theater Ingolstadt (Regie: ­Christian von
Treskow). Das Stück wurde in Theater heute abge­
druckt und hat in der aktuellen Spielzeit Premiere
am Theater Osnabrück (Regie: Nick Hartnagel)
und Theater Gießen (Regie: Titus Georgi). «Bei
Crimp ist es, als sei die gesamte Welt hirnblind und
sinnesstumm geworden und feiere das als größte
denkbare Freiheit … Großartig.» (Nachtkritik)
«Mit derart subversivem Witz bekommt man das
‹Menschenrecht› auf chronischen Gewichtsverlust,
verminderte Zurechnungsfähigkeit … und Ein­
kaufssucht so schnell garantiert nicht wieder um
die Ohren gehauen!» (Der Tagesspiegel)
■ Übersetzt hat Martin Crimps Stücke Ulrike Syha,
deren Report im Februar 2015 am Schauspiel Leip­
zig uraufgeführt wird (siehe S. 5).
SIMON STEPHENS
Blindlings
E
s ist Besessenheit auf den ersten Blick, als Ca­
thy auf John trifft. Sie ist mit 17 bereits Mut­
ter, er bricht aus Spaß bei fremden Leuten ein. Sie
fasziniert seine kriminelle Energie, ihn ihre fast
kindliche Direktheit. Beide stürzen sich in eine
Amour fou, die sie aus ihren bisherigen Bindungen
katapultiert und am Rand der Gesellschaft zusam­
menschweißt. Doch dann erfährt Cathy, dass John
heimlich mit ihrer besten Freundin schläft. Aus
Rache begeht sie eine entsetzliche Tat, die auch ihr
eigenes Leben zerstört und die sie viele Jahre später,
nach der Entlassung aus dem Gefängnis, einholt.
Simon Stephens
■■ Blindlings
(Blindsided)
Deutsch von Barbara
Christ
3D – 2H
U: 28.01.2014
Royal Exchange
Theatre, Manchester
(Regie: Sarah
Frankcom)
«Blindlings ist ein Stück über Betrug, privaten wie
politischen … Stephens’ Dialoge sind beklemmend
und dramatisch aufgeladen, drängend und bedroh­
lich. Sie bringen Wahrheiten zur Sprache, die besser
ungesagt blieben.» (The Independent)
«Ein unbequemes, finsteres, hyperreales Stück,
auf das man nicht mit dem Verstand reagiert, son­
dern das einem unmittelbar in die Knochen fährt.
Stephens’ Figuren sind zweifellos irritierend und
genauso zweifellos lebendig. Vor den Kopf gestoßen
und nicht immer mit Sympathie, folgt man ihnen
und ihren sehr menschlichen Widersprüchen den­
noch gebannt.» (The Guardian)
«Stephens schreibt bewusst künstlich, und gerade
deshalb gelingt ihm eine überwältigende Intensi­
tät.» (The Times)
www.rowohlt-theater.de 23
«Wieder einmal zeigt Simon
Stephens ein präzise gezeichnetes
Studienbuch zur Krankheit ‹Kapi­
talismus› … Er verzichtet auf eine
dialogische Erzählhandlung und
kehrt zurück zum bekenntnishaften
Frontaltheater. Fünf große Beichten
verschlingen sich in einer Abfolge
von Monologen, die von der Ram­
pe in den Saal gesprochen werden.»
(Süddeutsche Zeitung)
«Carmen Disruption ist kälter, ge­
dämpfter und stärker nach innen
Carmen Disruption, Deutsches Schauspielhaus Hamburg
gewandt als bspw. das eruptive Three
Kingdoms … Der Text ist ein Be­
wusstseinsstrom, bei dem man sich
«Unsere Erinnerungen sind Hirngespinste. Wir erinnern uns an das, was unser
anfangs fragt, was einen die Luxus­
Wunschdenken für Wahrheit hält, auch wenn wir es besser wissen. Und wenn das
probleme der Figuren angehen. Zu­
der Fall ist, kann alles wahr sein. Wirklich alles.»
gleich jedoch sind die Geschichten
der fünf zutiefst berührend. Inmitten
der
Trostlosigkeit
finden sich Mitleid, Verständnis
Simon Stephens
SIMON STEPHENS
und
das
überwältigende
Gefühl, dass sich etwas
■■ Carmen Disruption
­ändern muss.» (The Guardian)
Deutsch von
Barbara Christ
3D – 2H
Auftragswerk für das
Deutsche Schau­spiel­
haus Hamburg
U: 15.03.2014
Deutsches Schauspiel­
haus Hamburg
(Regie: Sebastian
Nübling)
Abdruck in Theater
heute 05 / 2014
Carmen Disruption
C
armen ist ein junger Stricher, begehrt, narziss­
tisch, selbstbewusst, bis er von einem Freier
vergewaltigt wird. Micaela, eine Studentin, ver­
kraftet nur schwer die Trennung von ihrem Pro­
fessor, mit dem sie eine sexuelle Beziehung hatte –
allerdings hauptsächlich online. Escamillo kämpft
in der Arena globaler Finanzmärkte und hat sich
bei einer Risikoinvestition verspekuliert. Und die
Taxifahrerin Don José leistet Abbitte dafür, dass sie
vor Jahren ihre Familie verlassen hat, auch wenn sie
nun erstmals ihren erwachsenen Sohn wiedersieht.
Sie alle bewegen sich durch dieselbe namenlose
Großstadt, und irgendwann werden sich ihrer aller
Wege überraschend kreuzen. Vielleicht aber sind
sie alle nur Phantasmagorien im Kopf der Sängerin,
die weltweit und in wechselnden Inszenierungen
die Titelpartie von George Bizets Carmen singt und
kaum mehr zwischen ihrer Person und der Rolle
unterscheiden kann.
Simon Stephens übersetzt die emotionale Wucht
der Oper in heutige «virtual reality». Carmen Dis­
ruption markiert den Störfall in der Ekstase digi­
taler Kommunikation. Individuelle Leidenschaf­
ten, Trauer, Einsamkeit, Sehnsüchte und Träume
spiegeln sich in den glatten Benutzeroberflächen
technischer Geräte und werden auf den Betrachter
zurückgeworfen, der nicht mehr weiß, was Wirk­
lichkeit, was Halluzination ist.
24 www.rowohlt-theater.de
■ Simon Stephens’ Bühnenfassung von Mark
­Haddons Roman Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone kommt
mittlerweile auf über 20 Inszenierungen; in dieser
Saison hat das Stück Premiere am Saarländischen
Staatstheater Saarbrücken (Regie: Antje Thoms),
Oldenburgischen Staatstheater (Regie: Jana Milena
Polasek), Landestheater Linz (Regie: John F. Ku­
til), Theater Kanton Zürich (Regie: Barbara-David
Brüesch), Grips Theater, Berlin (Regie: Barbara
Hauck), Theater Baden-Baden (Regie: Boris Brand­
ner), Deutschen Schauspielhaus Hamburg (Regie:
Klaus Schumacher), Das Da Theater, Aachen (Regie:
Achim Bieler), Hans Otto Theater, Potsdam (Regie:
Stefan Otteni), Schauspiel Wuppertal (Regie: Eli­
as Perrig), Landestheater Niederbayern, Landshut
(Regie: Markus Bartl), Jungen Theater Bonn (Regie:
N. N.), Next Liberty, Graz (Regie: Josef Maria Kra­
sanovsky), sowie an der Württembergischen Lan­
desbühne, Esslingen (Regie: Simone Sterr).
■ Im
November 2013 war an der
Schaubühne am Lehniner Platz,
Berlin, die deutschsprachige Erst­
aufführung von Duncan Macmillans
Zweipersonenstück Atmen (Regie:
Katie Mitchell), bisher nachgespielt
am Prinz Regent Theater Bochum
(Regie: Michael Lippold), Theater
Erlangen
(Regie:
Max Claessen), Theater Ober­
«Die Menschen werden nicht revoltieren.
hausen (Regie: Bastian Kabuth) und am Schauspiel­
Sie sehen nicht lange genug von ihren
haus Graz (Österreichische Erstaufführung, Regie:
Bildschirmen hoch, um zu bemerken, was Sam Brown). «Kluges und nachhaltiges Theater.»
(Frankfurter Rundschau) «Macmillans zwischen
­wirklich geschieht.»
ernster Betroffenheit und feiner Ironie schwan­
kendes Konversationsstück belichtet so trefflich
wie mitfühlend amüsiert die von Zukunftsangst be­
schwerte Befindlichkeit der gerade hierzulande so
GEORGE ORWELL
sehr, um nicht zu sagen: so radikal Umweltbesorg­
ten.» (Die Welt) «Wie sich hier zwei nebeneinander
und doch fern voneinander an sich und dem ande­
ren abarbeiten, das besitzt eine schöne Präsenz und
Intensität … Duncan Macmillan lässt die Figuren
uncan Macmillan und Robert Icke ist mit übersprunghaft zwischen zärtlichen Bemühungen
ihrer neuen Bühnenfassung von 1984, die in und wildesten Aggressions- und Mordphantasien
England Triumphe feierte und zuletzt wochenlang wechseln.» (SWR2)
ausverkauft im Londoner West End lief, das schein­
bar Unmögliche gelungen: «Ein frischer, unverstell­ ■ Macmillans gemeinsam mit Katie Mitchell erar­
ter Blick auf ein fast zu vertrautes Werk.» (Metro) beitetes Projekt The Forbidden Zone hatte im Som­
Sie betrachten Orwells Dystopie, in der Winston mer 2014 als Koproduktion mit der Schaubühne am
Smith immer brutaler in die Fänge eines Überwa­ Lehniner Platz, Berlin, bei den Salzburger Festspie­
chungsstaats gerät, aus einer neuerlichen Zukunft, len Premiere; außerdem zeigt das Deutsche Schau­
dem Jahr 2050, und fragen, wie sehr man Fakten spielhaus Hamburg im Dezember 2014 seine mit
trauen darf und welchem Wechselspiel Wahrheit dem Royal Court Theater London koproduzierte
und Propaganda unterliegen: «Ein grandioser Lecture Performance 2071, ebenfalls in Katie Mit­
thea­tra­ler Ansatz, der Orwells toxisches Meister­ chells Regie.
werk kombiniert mit Elementen aus Terry Gilliams
Brazil und den Vororthöllen David Lynchs.» (Daily
Express) «Brillant springt das Stück immer wieder
in der Chronologie … Szenen wiederholen sich
CHRIS THORPE
wie in ­einem Loop, sodass wir mehr und mehr in
Winstons Kopf gesogen werden und die Erzäh­
lung selbst unzuverlässig wird.» (Financial Times)
«Eine atemberaubende Neuerfindung Orwells
und zugleich frappierend werktreu.» (The Times)
«Macmillan und Icke verwandeln Orwells Roman
in genuines Theater … In ihrer zeitgemäßen Be­
as macht uns zu Helden? Ist es die Augen­
arbeitung wirkt 1984 politischer denn je. Wie wir
blicksentscheidung, im richtigen Moment
seit Edward Snowden wissen, haben sich durch das das Richtige zu tun? Der Wille, gegen alle Wider­
Internet ganz neue Möglichkeiten der staatlichen stände für das zu kämpfen, woran man glaubt?
Kontrolle eröffnet.» (Sunday Express) «Orwells Und gibt nur der Erfolg dem Helden recht? Chris
Albtraum wird hier beängstigend lebendig.» (Daily Thorpes Text für drei Darsteller/innen schneidet
Telegraph) «Eine beinahe körperliche Erfahrung.» Momente der Entscheidung gegeneinander: Eine
(Time Out London)
ehemalige Befreiungskämpferin ordnet an, auf De­
monstranten zu schießen – zum Wohle der Repub­
1984
D
George Orwell
■■ 1984
In einer neuen
Bühnenfassung von
Robert Icke und
Duncan Macmillan
Deutsch von
Corinna Brocher
2D – 6H
U: 13.09.2013
Nottingham Playhouse
(Regie: Robert Icke und
Duncan Macmillan)
Chris Thorpe
■■ Möglicherweise
gab es einen
Zwischenfall
(There Has Possibly
Been An Incident)
Deutsch von
Katharina Schmitt
3 Darsteller/innen,
­davon mindestens 1D
U: 03.08.2013
Edinburgh Fringe
Festival in einer
Produktion des Royal
Exchange Theatre,
Manchester (Regie:
Sam Pritchard)
Eingeladen zum
Stückemarkt der
Berliner Festspiele 2014
Möglicherweise gab es
einen Zwischenfall
W
www.rowohlt-theater.de 25
Chris Thorpe ist
Autor und Perfor­
mer aus Manchester
und arbeitete auch
als Übersetzer und
als Musiker. Zuletzt
wurde seine SoloPerformance Confir­
mation beim Edin­
burgh Fringe Festival
2014 uraufgeführt
und dort mit dem
Fringe First Award
ausgezeichnet.
Erik Gedeon
■■ Ewig jung
Mitarbeit: Peter Jordan
3D – 4H
U: 10.01.2001
Thalia Theater
Hamburg (Regie:
Erik Gedeon)
lik natürlich. Ein Flugzeugpassagier versucht nach
einer Bruchlandung, einen verletzten Jungen zu
befreien, gibt dann aber auf – schließlich ist Hilfe
unterwegs. Und aus einer stummen, verängstigten
Masse heraus stellt sich ein einzelner Mann einer
Panzerkolonne entgegen, mit seinen Einkäufen
noch schwer beladen. Zwischen die Erzählsträn­
ge geflochten ist eine Gerichtsverhandlung: Ein
Attentäter hat Kinder erschossen, Mitglieder des
Europäischen Jugendparlaments, um ein Zeichen
gegen den Multikulturalismus zu setzen, der seiner
Meinung nach Europa zu zerstören droht.
«Sie haben alle immer nur das Notwendige ge­
tan, die Figuren, aus denen Chris Thorpe seine
höchst spannende Erzählperformance gebaut
hat … Die Struktur des Textes versucht einen je­
des Mal zum Komplizen zu gewinnen und trickst
mit den parallelen Mustern in der Konstruktion
des Richtigen und des Falschen.» (die tageszei­
tung) «In Thorpes bemerkenswertem Text sind
die Themen und Erzählstränge virtuos ineinander
verwoben … Kein bequemer Theaterabend, aber
durch und durch faszinierend.» (The Guardian)
Möglicherweise gab es einen Zwischenfall ist «an­
getrieben von einer Sehnsucht nach einem neuen
politischen Theater, das statt vorhersehbarer Ant­
worten kluge Fragen formuliert.» (Frankfurter All­
gemeine Sonntagszeitung)
«Ich wünsche mir, wir müssten uns nicht an­lügen. Ich wünsche
mir, wir müssten einander nicht vormachen, dass wir als junge Menschen unser Handeln auch nur ansatzweise akzeptabel
­gefunden hätten. Ich wünsche mir, wir müssten einander nicht
vormachen, dass wir der Sache treu geblieben sind.»
26 www.rowohlt-theater.de
ERIK GEDEON
Ewig jung
E
rik Gedeons Erfolgsstück, das unter anderem
seit 2001 als Thalia Vista Social Club am Thalia
Theater Hamburg gezeigt wird, liegt jetzt in einer
neuen Musikfassung vor, die komplett als Großes
Recht lizenziert wird.
Wir schreiben das Jahr 2050. Längst ist das Thea­
ter geschlossen und dient einer Handvoll greiser
Schauspieler als Altersresidenz. Mit «I Love Rock ’n’
Roll» und «Sex Bomb» setzen sich die nicht mehr
ganz so rüstigen Bühnenstars in G
­ edeons Song­
drama entschieden gegen den Verfall zur Wehr,
immer auf der Hut vor Schwester Angelika, die
ihren Schützlingen nur allzu gern die Stimmung
versaut. Aber auch die leisen Töne fehlen nicht:
Eine schönere Liebeserklärung als die Senioren­
version von «I Got You, Babe» hat die Welt noch
nicht gehört, und das vergebliche Ansingen gegen
die Einsamkeit in «All by Myself» würde auch ­einen
Stein zu Tränen rühren … Nur gut, dass man sich
spätestens bei «I Will Survive» wieder gefangen
hat und der Zukunft zuversichtlich entgegensieht.
Ewig Jung wird derzeit unter anderem am Theater
Krefeld Mönchengladbach, am Theater Bielefeld
und am neuen theater, Halle, gezeigt und geht
2015 in der Produktion des Berliner RenaissanceTheaters mit der Konzertdirektion Landgraf auf
­Tournee.
WILLIA M F. BROWN /
CHARLIE SM ALLS
PATRICK BARLOW
Eine Weihnachts­
geschichte
«Eine überbordend rasante Bühnenfassung
voller Witz, Wärme, Spielfreude und
Einfallsreichtum.» (New York Observer)
N
ach Der Messias und Die 39 Stufen hat Pa­
trick Barlow mit seiner Version von Charles
Dickens’ Klassiker erneut einen furiosen Theater­
spaß geschrieben: Fünf Darsteller/innen spielen
nicht nur Dutzende von Rollen, sondern auch das
gesamte Mobiliar in der Geschichte um den wi­
derwärtigen Wucherer Ebenezer Scrooge, den die
drei Geister der vergangenen, gegenwärtigen und
zukünftigen Weihnacht in einer einzigen Nacht
zu einem besseren Menschen machen. Zwischen
Weihnachtsliedern, Kostümwechseln und Zeitrei­
sen hat das Ensemble mit dieser Aufgabe alle Hän­
de voll zu tun, denn Besserung hat Scrooge drin­
gend nötig: «Barlow zeichnet einen uns vertrauten
Geizhals, ­einen verderbten Mann mit abstoßender
Verachtung für die Armen, der leider nur zu gut in
unsere heutige Zeit passt. So ein Mann verwandelt
sich nicht in ein reuiges Häuflein Elend, bloß weil
mitten in der Nacht ein paar übernatürliche Wesen
aufkreuzen und ihn durch Raum und Zeit hetzen,
um ihm seine Fehler aufzuzeigen.» (The New York
Times) Trotz moderner Einsprengsel folgt Barlow
(auch in den ernsten Tönen) getreulich Dickens’
Vorlage – und natürlich kann Scrooges hartes Herz
besonders dem kleinen Tiny Tim (hier von einer
Marionette gespielt) auf Dauer nicht widerstehen.
So kann zum feierlichen Finale das Fest der Liebe
endlich für alle beginnen – in froher Erwartung ei­
ner glücklicheren Zukunft.
Patrick Barlow
■■ Eine Weihnachts­
geschichte
The Wiz – Der Zauberer
von Oz
nach Charles Dickens
T
2D – 3H
he Wiz trat seinen Siegeszug an, als es 1975 am
Broadway herauskam und als Befreiungsschlag
für das Selbstverständnis der African-American
Community empfunden wurde. Der Song «Every­
body Rejoice» nach dem Tod der Bösen Hexe des
Westens mit Zeilen wie «We always knew that we’d
be free somehow» und «Can’t you feel a brand new
day?» hatte in diesem Zusammenhang einen ganz
besonderen Klang. Charlie Smalls hat für «The Su­
per Soul Musical», so der ursprüngliche Untertitel,
auch neben den bekannten Songs «Ease on Down
the Road», «If You Believe» und «Be a Lion» eine
durchgehend kraftvolle, eingängige Musik geschaf­
fen. Das Stück gewann sieben Tony-Awards, u. a.
für «Best Musical» und «Best Original Score». 1978
wurde The Wiz mit Diana Ross als Dorothy und
Michael Jackson als Vogelscheuche verfilmt. Am
Broadway erreichte das Musical über 1500 Vorstel­
lungen, mittlerweile wird es ohne besondere Auf­
lagen für die Besetzung weltweit gespielt.
«Zuckerlbunt, stürmisch, gepfeffert, liebenswert,
witzig und effektvoll eroberte sich The Wiz die Zu­
neigung des Publikums … Soul, Funk, Gospel und
Disco muten mitunter an, als habe der Wind auch
die Blues Brothers und Starsky & Hutch mit nach
Oz verweht.» (Oberösterreichische Nachrichten)
(A Christmas Carol)
Deutsch von
Ulrike Syha
U: 05.12.2012
Delaware Theatre
Company
(Regie: Joe Calarco)
■■ The Wiz – Der
Zauberer von Oz
Musical nach
L. Frank Baum
Buch von
William F. Brown
Musik und Liedtexte
von Charlie Smalls
Deutsch von
Roman Hinze
6D – 7H
Orchesterbesetzung:
Reed I (Picc, Fl, A.Sax),
Reed II (Picc, Fl, Klar,
A.Sax), Reed III (A.Fl,
Klar, T.Sax), Reed IV
(A.Fl, Ob, E.H [oder
Klar], Klar, Bar.Sax), Hr,
Trp I, II, III, Pos I, II, Schl,
I, II, Git, Vl, Vc, B
U: 21.10.1974
Morris A. Mechanic
Theatre, Baltimore
(Regie: Gilbert Moses)
DSE: 28.09.2013
Landestheater Linz
(Regie: Kim Duddy)
The Wiz – Der Zauberer von Oz, Landestheater Linz
www.rowohlt-theater.de 27
KINDER- UND JUGENDTHEATER
und mehr» der Menschen einiges an Schrecken ver­
liert. Wo eben noch ein windschiefes Hexenhaus
stand, kann morgen schon ein All-inclusive-Res­
sort die Billigtouristen anziehen, und das Traum­
reich hat längst seinen eigenen Hotdog-Grill. Ra­
sant, anarchisch und dabei mit klarer Haltung, ist
Wie ich Hexe wurde ein wildes Theaterfest für un­
erschrockene Kinder.
Dorota Masłowska
■■ Wie ich Hexe wurde
(Jak zostałam
wiedźmą)
DOROTA M ASŁOWSK A
Wie ich Hexe wurde
Deutsch von Olaf Kühl
Besetzung variabel
empfohlen ab 10 Jahre
U: 28.05.2014
Teatr Studio Warschau
(Regie: Agnieszka
Glinska)
Sibylle Berg
■■ Mein ziemlich
­seltsamer Freund
Walter
2D – 1H – 1 bis 2 weitere
Darsteller/innen
empfohlen ab 8 Jahre
Auftragswerk der
Kunststiftung NRW
­anlässlich ihres 25jährigen Bestehens
U: 09.11.2014
Consol Theater
Gelsenkirchen
(Regie: Andrea Kramer)
«Der gute Kinder-Häscher
geht auf Görenfang
nur mit dem Kinder-Kescher!»
B
ogusch wollte überhaupt nicht ins Theater,
und wenn, dann in ein Stück über den Hexer,
keinen Kinderkram mit einer Hexe. Jetzt sitzt er,
mit iPhone, Chips und Waffeln ruhiggestellt, miss­
mutig im Zuschauerraum, während neben ihm sei­
ne Mutter E-Mails in ihr Handy tippt.
Zur gleichen Zeit streift auf der Bühne eine hung­
rige Hexe durch die Nacht. Ihr Magen knurrt zum
Gespenster Erschrecken, aber statt leckerer Kin­
der sitzen hinter allen Fenstern bloß fernsehende,
Geld zählende Erwachsene. Ein einziges kleines
Mädchen wälzt sich noch halb wach in seinem Bett
herum. Schnell klettert die Hexe ins Kinderzimmer,
aber sofort schlägt ihr Güte-Detektor Alarm: Das
Kind ist viel zu nett und damit völlig unverdaulich.
Neutralisieren kann das Gift nur ein böser, chips­
fressender Junge.
Nichts leichter als das: Ein kleiner Zauber, zwei
Spritzer Gedankentausch-Spray, und schon jagt
das liebe Kind freiwillig seine eigene Beilage.
Doch das Zauberspray ist längst abgelaufen und
führt zu plötzlichen Persönlichkeits-Kreuzungen,
eine überaus böse Hexenkosmetik-Vertreterin hat
ebenfalls Appetit auf Kind, und unerwartet tauchen
auch noch die Mütter der Kinder auf …
In halsbrecherischer Geschwindigkeit vermengt
Dorota Masłowskas erstes Kinderstück Traum,
Theater und Wirklichkeit, rappt, reimt und rotzt
sich durch Alltagsfrust und Schauermärchen, bis
die blanke Gier der Hexe gegen das «Mehr, mehr
28 www.rowohlt-theater.de
SIBYLLE BERG
Mein ziemlich seltsamer
Freund Walter
«In einer öden kleinen Stadt,
vielleicht im Sommer – eher Winter,
ist Lisa gerade aufgewacht,
sie zieht sich an
und denkt sich: Frühstück?,
den Müll hat sie schon rausgebracht.
Nun schaut gut zu, was Lisa macht,
nach dieser dunklen
kalten Nacht,
denn sie ist gerade aufgewacht.»
L
isa ist acht, kann aus Altmetall Computer lö­
ten und verbringt ihre Abende damit, mithilfe
eines Astro-Programms den Weltraum nach extra­
terres­tri­schem Leben abzusuchen. Dafür hat sie
gute Gründe, denn das Leben, mit dem sie sich auf
der Erde herumschlagen muss, ist alles andere als
erfreulich: Seit ihre Eltern ihre Jobs verloren ha­
ben, bewegen sie sich nur noch vom Bett zum Sofa
und zurück; gemeinsame Mahlzeiten, Ausflüge und
Gespräche gehören der Vergangenheit an. In der
Schule sitzt Lisa allein und liest heimlich Bücher
über Physik, in der Pause bemüht sie sich, nicht
aufzufallen: ein willkommenes Opfer für Lehrer
und Kinder gleichermaßen.
Doch dann landet eines Abends tatsächlich ein
Raumschiff im Wald hinter Lisas Siedlung. Die
außerirdische Reisegruppe wirft zwar nur einen
KINDER- UND JUGENDTHEATER
kurzen, angewiderten Blick auf
die Erde, bevor sie wieder kehrt­
macht, aber bei ihrer überstürzten
Abreise bleibt einer von ihnen zu­
rück: Klakalnamanazdt, von Lisa
kurz Walter genannt. Auf Walters
Planet wird vor allem gekuschelt,
gespielt und sich umeinander
gekümmert; kein Wunder, dass
er Lisas Alltag höchst befremdlich findet. Kurzer­
hand macht er sich daran, in ihrem Leben aufzu­
räumen – bis Lisa auch ohne fremde Kräfte wieder
zurechtkommt.
Mein ziemlich seltsamer Freund Walter ist ein
Stück über Freundschaft und über kleine Schritte
in schwieriger Lage. Weit entfernt von verlogener
Selbstermächtigungsprosa, gibt Sibylle Berg ihrer
Heldin die Möglichkeit, längst nicht alles, aber doch
manches eigenständig zu verändern.
■ Habe
ich dir eigentlich schon erzählt, Sibylle
Bergs erster Text für Kinder, wurde seit seiner Ur­
aufführung 2007 am Deutschen Theater Göttingen
(Bühnenfassung: Andreas Erdmann, Regie: Katja
Fillmann) u. a. am Theater Aachen und an den
Mainzer Kammerspielen gezeigt und läuft aktuell
in der dritten Spielzeit als Klassenzimmerstück am
Deutschen Theater Berlin (Regie: Henning Bock).
Mehr zu Sibylle Berg siehe Seite 2.
«Das ist doch die Frage, oder?
Wie weit man geht, wenn man sich und alles,
woran man glaubt, bedroht sieht.»
TIM STAFFEL
Camp Cäsar
W
ie funktioniert eine demokratische Gesell­
schaft? Wie lassen sich Ideale wie Freiheit,
Gleichheit und Gerechtigkeit in die Tat umsetzen?
Ein Gruppe Jugendlicher verabredet sich in einem
Chatroom zu einem Experiment im «real life»: Fern­
ab ihrer gewohnten Umgebung, ohne Smartphones
und Internet wollen sie in einem verlassenen alten
Römer-Forum nochmals dort beginnen, wo einst
Julius Cäsar angefangen hat, und «eine Herrschaft
ohne Herrscher» ausprobieren. Doch schnell sorgt
die Aufteilung der Gemeinschaft in Volk, Senatoren
und gewählte Konsuln für Spannungen. Wer erhält
welche Rechte und Pflichten, wie werden Nah­
rungsmittel und Privatbesitz verteilt, was geschieht
mit Gegnern der frisch gegründeten Republik? Aus
hitzigen Debatten über die richtige Staatsform wird
bald ein handgreiflicher Kampf um Macht und Mit­
sprache, Dazugehörigkeit und Ausgrenzung, der in
eine Katastrophe führt.
Tim Staffel
■■ Camp Cäsar
Besetzung variabel,
ca. 17 Darsteller/innen
empfohlen ab 14 Jahre
Auftragswerk für das
junge theater basel in
Kooperation mit
Theater-Board Augusta
Raurica
U: 07.09.2014
junges theater basel
(Regie: Daniel Wahl)
Tim Staffel hat mit Camp Cäsar ein modernes
Lehrstück im besten Wortsinn geschrieben: eines,
in dem politische Prozesse nicht nur für die Zu­
schauer, sondern auch für die
Performer selbst zu einer un­
mittelbaren Erfahrung werden.
«Wie sich der kollektive Wahn
bis hin zum Mord entwickelt,
ist beängstigend real.» (Basel­
landschaftliche Zeitung) «Camp
Cäsar überzeugt nicht nur mit
Handlung und Atmosphäre,
sondern schafft es, das Konzept
der Demokratie an sich ernsthaft
infrage zu stellen … Ein mitrei­
ßendes und abwechslungsrei­
ches Stück.» (Basler Nachrich­
ten)
Camp Cäsar, junges theater basel
www.rowohlt-theater.de 29
Reuber, Szenenfoto aus dem Film
Heiko Pinkowski /
Axel Ranisch
■■ Reuber
nach dem gleich­
namigen Film von
Axel Ranisch, Heiko
Pinkowski, Peter
Trabner und Dennis
Pauls
2D – 3H
empfohlen ab 8 Jahre
Tina Müller /
Corinne Maier
■■ Klatschen
11 Darsteller/innen
empfohlen ab 16 Jahre
30 www.rowohlt-theater.de
HEIKO PINKOWSKI /
A XEL R ANISCH
Heiko Pinkowski studierte Bauingenieurswesen, Ger­
manistik und Philosophie und war als Schauspieler
u. a. am Theater Magdeburg, Theater Basel und am
Staatsschauspiel Berlin (Schillertheater) engagiert.
Axel Ranisch, geboren 1983 in Berlin, ist ausge­
bildeter Medienpädagoge und studierte von 2004 bis
2011 Regie an der HFF Potsdam Babelsberg.
Zusammen mit Anne Baeker und Dennis Pauls
gründeten Pinkowski und Ranisch 2011 die Produk­
tionsfirma Sehr gute Filme, deren erste Produktion
Dicke Mädchen (Regie: Ranisch, Drehbuch: Pinkow­
ski / Ranisch / Trabner) 2011 bei den Hofer Filmtagen
Premiere hatte und seitdem vielfach ausgezeichnet
wurde, darunter mit dem Preis für das beste Dreh­
buch beim Kinofest Lünen 2011, dem «Special Jury
Award for Bold Originality» beim Slamdance Film
Festival 2012 und mit dem Jurypreis der Lesbisch
Schwulen Filmtage Hamburg 2012.
Reuber
A
usgerechnet an Roberts Geburtstag gibt es
Krach. Seine geschiedenen Eltern streiten sich,
Onkel und Tante mischen sich auch noch ein, und
Robert will nur noch ins Bett. Immerhin geht sein
Vater nicht gleich wieder heim, sondern erzählt
Robert seine Lieblingsgeschichte: die Geschichte
von Robbie Reuber. Robbie nämlich hat ordentlich
Mist gebaut. Nur eine Sekunde hat er seine kleine
Schwester aus den Augen gelassen, da war sie schon
verschwunden. Weil er ohne sie nicht nach Hause
kann, rennt er in den Wald, wo allerhand zwielich­
tiges Gesindel sich herumtreibt. Dem sprechenden
Pilz mit dem Raucherhusten kann Robbie noch ent­
wischen, aber dem scheinbar so freundlichen Zau­
berer mit seinen herzlichen Hilfsversprechen ist er
nicht gewachsen. Ehe er sich’s versieht, hat Robbie
einen Vertrag mit viel zu viel Kleingedrucktem
unterzeichnet, der ihn erst so richtig in Schwierig­
keiten bringt – hat er doch dem Zauberer, ohne es
zu merken, seinen Körper und sein Familienleben
überschrieben. Da kann nur noch der sehr schlecht
gelaunte Räuber helfen, der gar nicht so böse ist,
wie er aussieht – und dann gibt es ja auch noch die
gute Fee, die Roberts Mutter merkwürdig ähnelt …
Reuber ist das Theaterstück nach dem gleichnami­
gen Film von Ranisch / Pinkowski / Trabner / Pauls,
der 2013 beim Filmfest München Premiere hatte
und beim Kinofest Lünen 2013 mit dem Kinder­
filmpreis «Rakete» ausgezeichnet wurde.
TINA MÜLLER /
CORINNE M AIER
Klatschen
F
rühsommer. Die Abiturprüfungen stehen an,
und die Schule verwandelt sich in einen sum­
menden Bienenstock voller Nervosität. Überall
finden sich kleine Grüppchen zusammen und dis­
kutieren hitzig: Wer schafft es bestimmt und wer
eher nicht? Warum hört die ewige Jahrgangsbeste
erst jetzt von diesem sogenannten «Aufbaukurs»,
in dem die anderen sich fürs Abi fitmachen (und
ist das nicht irgendwie geschummelt)? Diskrimi­
KINDER- UND JUGENDTHEATER
VERENA GÜNTNER
Es bringen*
niert der Deutschlehrer wirklich Ausländer, und
lohnt es sich jetzt noch, ihm trotzdem sympa­
thisch werden zu wollen? Ist auf den Abiball zu
gehen komplett uncool? Fliegt womöglich wegen
der krassen Geschichte mit der Kunstlehrerin noch
auf den letzten Metern jemand von der Schule?
Jeder ist sich selbst der Nächste, wenn es um Zu­
kunfts- und Karrieremöglichkeiten geht, und die
Anspannung stellt selbst alte Freundschaften auf
die Probe. Chancen werden ausgelotet und Konflik­
te geschürt. Leistungsdruck und Zukunftshoffnun­
gen, Verweigerung und Erwartung bestimmen die
Gespräche, während das Unausweichliche immer
näher rückt.
■ Im
November 2013 wurde am Theater Freiburg
Tina Müllers Auftragswerk Falk macht kein Abi
uraufgeführt (Regie: Sylvia Sobottka), das in dieser
Saison auch am Theater Lübeck gezeigt wird. Falk
macht kein Abi «erzählt mit rasanten Zeitsprüngen
und Perspektivwechseln die Biografie von einem,
der in seinem Anderssein keinen Platz findet im
normalen Schulsystem … Das Konzept ist raffi­
niert, setzt es doch am dramatischen Höhepunkt
ein und rollt die Sache von hinten auf.» (Badische
Zeitung)
Ebenfalls am Theater Freiburg ist im Juni 2015
die Uraufführung der Oper Die gute Stadt (Mu­
sik: Sinem Altan), für die Tina Müller das Libretto
geschrieben hat. Außerdem hat Müllers Türkisch
Gold in dieser Spielzeit Premiere am Hessischen
Staatstheater Wiesbaden (Regie: Carsten Kochan)
und am Landestheater Schwaben (Regie: Holger
Seitz).
L
uis ist 16 und kein schmächtiger Zauderer,
kein pickliger Pubertierender: Er ist ein Brin­
ger. Er ist der Trainer und er ist die Mannschaft,
das ist sein Motto, und er trainiert jeden Tag.
Gerade erst hat er die Höhenangst besiegt, nach
jahrelangem Üben auf dem Balkon seiner Sied­
lungswohnung – 15. Stock, nichts für Anfänger.
Bei den Mädchen gibt’s nichts mehr zu trainieren,
bei den Fickwetten, die er mit den Jungs seiner
Gang abschließt, gewinnt er fast immer. Luis hat
sein Leben also fest im Griff: Mit seiner Mutter
versteht er sich blind, sein bester Freund Milan ist
der Chef der Gang, und vom Saufritual am Wo­
chenende bis zur streng reglementierten Eröffnung
der Freibadsaison verläuft alles exakt nach Plan. Bis
­eines Tages aus Milan und Luis’ Mutter ein Paar
wird und Luis jede Kontrolle über sein Leben ver­
liert. Es bedarf der Entführung eines gar nicht so
minderbemittelten Sportlehrers, des Begräbnisses
eines alten Freundes und der Hilfe eines ziemlich
klapprigen Ponys, damit Luis wieder ins Gleichge­
wicht findet: «Die Angst vor der Höhe weicht aus
und macht Platz. Für was Neues, ich weiß noch
nicht was.»
«Einfühlsam, aber schonungslos direkt schildert
Güntner den Abstieg des 16-Jährigen, wie ihm
nach und nach alles entgleitet. Da, wo andere Dis­
tanz einnehmen und aus der Ferne berichten, geht
sie noch näher heran.» (Spiegel online) «Verena
Güntners Kunst, den Ton des 16-jährigen Luis und
seiner Freunde perfekt wiederzugeben und einige
großartige grammatische Herrlichkeiten hinzu­
zudramatisieren, ist beeindruckend.» (Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung) «Diesen Luis wird
man so schnell nicht vergessen.» (Frankfurter All­
gemeine Zeitung)
Verena Güntner
■■ Es bringen
Der Roman Es bringen
ist im Verlag
Kiepenheuer & Witsch
erschienen.
Kelag-Preis des
Ingeborg-BachmannWettbewerbs 2013
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor.
www.rowohlt-theater.de 31
KINDER- UND JUGENDTHEATER
Tigermilch, Comedia Theater Köln
Stefanie de Velasco
■■ Tigermilch
U: 18.10.2014
Staatsschauspiel
Hannover (Regie:
Babett Grube)
Der Roman Tigermilch
ist im Verlag
Kiepenheuer & Witsch
erschienen.
Weitere Inszenierungen
bisher: Comedia
Theater Köln (Regie:
Catharina Fillers),
Theater an der Parkaue,
Berlin (Regie: Joanna
Praml)
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor.
32 www.rowohlt-theater.de
STEFANIE DE VEL ASCO
Tigermilch*
N
ini und Jameelah leben in derselben Siedlung,
sie sind unzertrennlich und mit ihren 14 Jah­
ren eigentlich erwachsen, finden sie. Deswegen
kaufen sie sich Ringelstrümpfe, die sie bis zu den
Oberschenkeln hochziehen, wenn sie ganz cool und
pomade auf die Kurfürsten gehen, um für das Pro­
jekt Entjungferung zu üben. Sie mischen Milch, Ma­
riacron und Maracujasaft auf der Schultoilette und
streifen, die «Tigermilch» in der Hand, durch den
Sommer, der ihr letzter gemeinsamer sein könnte.
Nini und Jameelah erschaffen sich eine Welt mit
eige­nen Gesetzen, sie überziehen den Staub der
Straße mit Glamour, die Innigkeit ihrer Freund­
schaft ist Familienersatz. Sie halten sich für unver­
wundbar, solange sie zusammen sind. Doch dann
werden sie ungewollt Zeuge, wie der Konflikt in der
Familie ihres Freundes Amir eskaliert. Und alles
droht zu zerbrechen.
Stefanie de Velasco erzählt «in einem so schnellen
und toughen und weisen Tonfall, wie es ihn zuletzt
in Wolfgang Herrndorfs Tschick zu lesen gab» (Der
Spiegel). «De Velasco hat ein feines Buch über das
Erwachsenwerden geschrieben und über die An­
fänge der Erinnerung. Ein Buch über Freundschaft,
Liebe und über Träume, das zugleich in die Stadt
und in die rissigen Erfahrungswelten ihrer Bewoh­
ner eintaucht.» (Neue Zürcher Zeitung) «Tiger­
milch, die Geschichte aus der Zone zwischen Reali­
tät und Fiktion, ist nah an der realen städtischen
Gegenwart und ihren Problemen, ein gelungener
literarischer Wurf.» (Deutschlandradio) «De Velas­
co zeichnet ihre Figuren und das Schicksal, das sie
ereilt, mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit …
ein hinreißender wie lehrreicher Coming-of-AgeRoman.» (die tageszeitung)
THILO REFFERT
Pinocchio
D
ie angehende Fee Franca hat sich bei ihrer
Ausbildung nicht gerade durch Glanzleistun­
gen hervorgetan. Um die Feenabschlussprüfung
dennoch zu bestehen, hat sie nur eine Chance:
Sie muss einen Menschen glücklich machen. Der
arme Schreiner Geppetto kommt ihr da gerade
recht. Könnte er nicht dringend ein Kind gebrau­
chen, das ihm zur Seite steht? Franca zaubert nach
Leibeskräften, aber nichts passiert. Erst als sie ent­
täuscht Geppettos Hütte verlassen hat, beginnt eine
Holzpuppe in der Ecke, sich zu bewegen: Pinocchio
lebt! Viel Zeit aber haben Vater und Sohn nicht mit­
einander. Schon als er am nächsten Tag zur Schule
gehen soll, gerät Pinocchio auf Abwege, und ob­
wohl er sein Bestes tut, um wieder nach Hause zu
kommen, rutscht er von einem Schlamassel in den
nächsten. Wenigstens ist er nicht ganz allein: Ein
Holzwurm aus Geppettos Werkstatt begleitet ihn
(und stutzt bedarfsweise die langgelogene Nase),
und in der höchsten Not taucht auch Franca wie­
KINDER- UND JUGENDTHEATER
«Holzarm, Fleischarm, kein Arm, ganz egal.»
THOM AS FREYER
Froschkönig
«Ob Frosch oder Elefant. Egal. Du bist eine Prinzessin.
Und musst jedem im Land ein Vorbild sein. Geh.
Und halte dein Wort. Los. Dalli.»
der auf. Doch erst als Geppetto seine Hilfe dringend
braucht, erkennt Pinocchio, dass auch ein Junge aus
Holz seine Qualitäten hat.
■ Mit
seinem Stück Mein Jahr in Trallalabad war
Thilo Reffert für den Mülheimer Kinderstückepreis
2014 nominiert. Im Dezember 2013 am Landes­
theater Tübingen (Regie: Marion Schneider-Bast)
uraufgeführt, wird das Stück in dieser Saison am
Hans Otto Theater, Potsdam (Regie: Marita Erx­
leben), nachgespielt und hat am Next Liberty, Graz,
österreichische Erstaufführung (Regie: Danielle
Strahm).
«Mein Jahr in Trallalabad spielt munter mit den
Ängsten vor fremden Kulturen, aber auch mit den
Spielarten von Freundschaft, wenn’s mal wieder
drunter und drüber geht.» (Reutlinger Nachrich­
ten) «Das Fremde ist nicht in der Ferne, sondern in
unausgesprochenen Wünschen und Ängsten. Eine
kurzweilige und temporeiche Komödie mit erns­
tem Hintergrund für Kinder und Eltern.» (Schwä­
bisches Tagblatt)
■ Im
Juni 2014 wurde am Grips Theater, Berlin,
Refferts Bühnenfassung von Klaus Kordons 1848 –
Die Geschichte von Jette und Frieder uraufgeführt.
Im Little Tiger Verlag erschien im gleichen Jahr sein
Erzählungsband Goldgören. Zurzeit schreibt Reffert
an einem Auftragswerk für das Landestheater Tü­
bingen, Ronny von Welt, für das er das Stipendium
zum Deutschen Kindertheaterpreis 2014 erhielt;
die Uraufführung ist für April 2015 geplant.
E
ine Prinzessin, eine goldene Kugel, ein Frosch –
alles wie gehabt, könnte man meinen. Aber wie
schon in Thomas Freyers viel gespieltem Gestie­
felten Kater haben die bekannten Märchenfiguren
auch in seinem Froschkönig ihren eigenen Kopf:
Nur weil man einem Frosch etwas versprochen
hat, heißt das noch lange nicht, dass er einen her­
umkommandieren darf, auch dann nicht, wenn er
plötzlich ein Mensch geworden ist. Prinzessinnen
lassen sich hier nicht einfach von einem Prinzen in
ein neues Leben entführen, Könige haben Schwie­
rigkeiten bei der Kindererziehung (und sind nicht
ganz so vorbildlich, wie sie tun), und treue Diener
entwickeln zärtliche Gefühle, ohne dabei den Kopf
zu verlieren. Frei von Disney-Kitsch und Prinzes­
sinnenromantik nimmt Freyer seine Figuren ernst
und lässt sie auf vertrauten Pfaden neue, eigene
Wege gehen. Und wenn auch Prinz und Prinzes­
sin selbstverständlich glücklich zueinander finden,
sieht doch das Happy End ein klein wenig anders
aus als gewohnt …
Freyers letzte Märchenbearbeitung Der
gestiefelte Kater lief seit der Uraufführung 2010
am Landestheater Eisenach (Regie: Rainer Fiedler)
am Theater Heilbronn (Regie: Alejandro Quinta­
na), Theater Vorpommern (Regie: Marcus Staiger),
Theater Osnabrück (Regie: Andrea Udl), Pfalz­
theater Kaiserslautern (Regie: Natascha Kalmbach)
und an der Württembergischen Landesbühne, Ess­
lingen (Regie: Edith Ehrhardt). Im November 2014
hat sie Premiere an der Neuen Bühne Senftenberg
(Regie: Anita Iselin).
Thilo Reffert
■■ Pinocchio
nach Carlo Collodi
Fassung für Puppen­
theater oder mind.
5 Darsteller/innen
empfohlen ab 6 Jahre
Auftragswerk für das
Theater Koblenz
U: 22.11.2014
Theater Koblenz
(Regie: Astrid
Griesbach)
Ursendung der
Hörspiel­fassung:
25.12.2014
Deutschlandradio
(Regie: Götz Naleppa)
■ Thomas
Thomas Freyer
■■ Froschkönig
frei nach den
Brüdern Grimm
2D – 3H
empfohlen ab 8 Jahre
Mehr zu Thomas Freyer siehe Seite 7.
www.rowohlt-theater.de 33
KINDER- UND JUGENDTHEATER
THOM AS BIRK MEIR
Der Hund der
Baskervilles
Philipp Löhle
■■ Peterchens
Mondfahrt
nach Gerdt von
Bassewitz
2D – 3H
empfohlen ab 6 Jahre
U: 02.11.2014
Theater Baden-Baden
(Regie: Philipp Löhle)
Thomas Birkmeir
■■ Der Hund der
Baskervilles
nach Sir Arthur Conan
Doyle
2H und Puppen
oder 2D – 5H
empfohlen ab 12 Jahre
U: 14.01.2014
Theater der Jugend,
Wien (Regie: Michael
Schachermaier)
PHILIPP LÖHLE
Peterchens Mondfahrt
«Ui ui ui. Oje, oje.»
S
eit 1921 verzaubert Gerdt von Bassewitzs poe­
ti­sche Abenteuergeschichte vom Herrn Sumse­
mann, der mithilfe von Peter und Anneliese sein
fehlendes Bein wiederbekommt, ganze Generatio­
nen von Kindern. Philipp Löhle macht daraus eine
temporeiche und phantasievolle Jagd durch den
nächtlichen Himmel. Die Nachtfee und ihr Vetter
üben für ihr Bankett mit Eismax, Frau Holle und Co.
und erinnern dabei verdächtig an Dinner for One.
Der Soldat, der die Mondkanone bewacht, macht
einen ziemlich preußisch-korrekten Eindruck. Und
der Mondmann ist ein wahrlich gefräßiger Geselle.
Herr Sumsemann schlägt mehr als einmal panisch
die Hände über dem Kopf zusammen, aber Peter
und Anneliese lassen sich von alldem nicht schre­
cken und landen schließlich wieder wohlbehalten
in ihren Betten.
Philipp Löhles erste Theatererfahrung war der Be­
such einer Produktion von Peterchens Mondfahrt
am Theater Baden-Baden. Nun inszeniert er dort
seine eigene Fassung.
Weitere Stücke von Philipp Löhle siehe S. 8.
«Geehrter Holmes! Stopp.
Habe alles im Griff. Stopp.
Puzzle setzt sich langsam
zusammen. Stopp. Hat aber
wesentlich mehr Teile, als ich
dachte. Stopp.»
Der Hund der Baskervilles, Theater der Jugend, Wien
34 www.rowohlt-theater.de
E
ine riesenhafte Bestie treibt in den Sümpfen
Dartmoors ihr Unwesen, ein leuchtender Geis­
terhund, der die Männer der Familie Baskerville
in den Tod hetzt. Natürlich glaubt niemand einen
solchen Unsinn – aber warum liegt dann die Lei­
che von Sir Charles Baskerville mit angstverzerr­
tem Gesicht im Moor? Und warum benehmen sich
ausnahmslos alle so überaus verdächtig, wenn man
doch nur auf vernünftige Weise einen Mord auf­
klären möchte? Der arme Watson, Holmes treuer,
stets gedemütigter Begleiter, hat es nicht leicht, hat
Holmes ihm doch überschwänglich sein vollstes
Vertrauen ausgesprochen und ihn allein in die tiefs­
te Provinz geschickt, um der ganzen Sache auf den
Grund zu gehen. Aber zwischen dem unheimlichen
Dienstbotenpaar, dem jovialen Erben und, nicht zu
vergessen, der überaus schönen Beryl Stapleton, die
mit ihrem Bruder im Moor angeblich einen Natur­
führer verfasst, ist Watson heillos überfordert. Zu
allem Überfluss treibt auch noch der entflohene
Dartmoor-Schlitzer sich in der Gegend herum, der
Holmes blutige Rache geschworen hat. So greift
Watson nach dem letzten Strohhalm und erklärt
kurzerhand den Kutscher zum Mörder, bis Sherlock
Holmes ihm in genialer Verkleidung beispringt und
die verwickelten Fäden entwirrt.
«Thomas Birkmeir hat … den berühmten Roman
sehr klug und witzig für die Bühne adaptiert.»
(Kurier) «Nach zwei spannungsgeladenen Stunden
wird das Rätsel gelöst sein: in Birkmeirs exzellen­
ter Bearbeitung von Ar­
thur Conan Doyles klas­
sischem Kriminalroman
sogar mit einer überra­
schenden Schlusspointe,
die das althergebrachte
Gut-versus-Böse-Schema
listig relativiert … Ein un­
terhaltsamer, vom ersten
bis zum letzten Moment
begeisternder Theater­
abend.» (Wiener Zeitung)
KLASSIKER
Ödipus Stadt, Theater St. Gallen
JOHN VON DÜFFEL
■ Nach Ödipus Stadt und Orest hat John
von Düffel zwei weitere Bearbeitungen
antiker Stoffe geschrieben. Antigone, das
Aischylos’ Sieben gegen Theben, Euripides’
Die Phönizierinnen und Sophokles’ Anti­
gone ineinanderblendet, hat im November
2014 am Theater Heilbronn Premiere.
Die Bakchen (Pussy Riot) nach Euripi­
des wird erstmals im April 2015 am Theater
Ulm gezeigt.
■■ Antigone
nach Sophokles,
Euripides und Aischylos
Bearbeitung: John
von Düffel
Interlinear-Über­
setzung: Gregor
Schreiner
Ilias, Konzert Theater Bern
■ Orest, basierend auf drei Stücken von Sophokles,
Aischylos und Euripides und im September 2013
am Residenztheater München erstaufgeführt (Re­
gie: David Bösch), wurde in der aktuellen Saison am
Prinz Regent Theater Bochum nachgespielt (Regie:
Sibylle Broll-Pape).
Ödipus Stadt, das im August 2012 am Deut­
schen Theater Berlin Premiere hatte und seither auf
zahlreichen internationalen Festivals gastierte (Re­
gie: Stephan Kimmig), hatte im Mai 2014 Schweizer
Erstaufführung am Theater St. Gallen (Regie: Katja
Langenbach): «Vier griechische Tragödien hat John
von Düffel konzentriert zur düsteren Chronik eines
fluchbeladenen Geschlechts – Sprachduktus und
weitgehend die Versform wahrend, doch die weit­
läufig geschilderten Handlungsstränge verknap­
pend … Der Schrecken hat viele Töne in dieser In­
szenierung, welche die Texte genau aushorcht und
mit allen Sinnen erfahrbar macht … Gespenstisch
und doch beängstigend gegenwärtig.» (Südkurier)
«Ein Abend, spannend wie ein Krimi, der jede
Familien-Politserie übertrifft.» (St. Galler Tagblatt)
In dieser Saison wird Ödipus Stadt nachgespielt
am neuen theater, Halle (Regie: Wolfgang Engel),
Staatstheater Nürnberg (Regie: Klaus Kusenberg)
und am Theater Lübeck (Regie: Pit Holzwarth).
3D – 6H
EA: 22.11.2014
Theater Heilbronn
(Regie: Johanna Schall)
R AOUL SCHROT T
■ Raoul
Schrotts sprachgewaltige Neudichtung
von Homers Ilias, die im Oktober 2011 in der Regie
von Volker Lösch am Staatstheater Stuttgart urauf­
geführt wurde und danach auch die Basis für Mat­
thias Hartmanns Projekt Das Trojanische Pferd am
Wiener Burgtheater war, hatte im September 2014
Schweizer Erstaufführung am Konzert Theater
Bern (Regie: Volker Hesse): «Hesse erleichtert das
Verständnis (des komplexen Stoffs), indem er die
moderne Homer-Übersetzung von Raoul Schrott
verwendet.» (Bündner Tagblatt) «3000 Jahre alt ist
der gewaltige Text und in der Nachdichtung des
österreichischen Autors Raoul Schrott wunderbar
zeitgemäß und unverkrampft.» (Tages-Anzeiger)
Im Oktober 2014 hatte die Ilias von Homer /
Schrott außerdem Premiere am Oldenburgischen
Staatstheater (Regie: Tim Tonndorf).
■ Außerdem
vertritt der Rowohlt Theater Verlag
die Theaterrechte an Raoul Schrotts «grandioser
Neuübersetzung des Gilgamesh-Epos» (Frank­
furter Rundschau), uraufgeführt im März 2002 am
Burgtheater Wien (Regie: Theu Boermans), sowie
an seiner Neuübersetzung von Euripides’ Alkestis,
deren Erstaufführung im November 2009 am Baye­
rischen Staatsschauspiel (Residenztheater) Mün­
chen war (Regie: Dieter Dorn).
■■ Die Bakchen
(Pussy Riot)
nach Euripides
Bearbeitung: John
von Düffel
Interlinear-Über­
setzung: Gregor
Schreiner
3D – 4H
EA: 16.04.2015
Theater Ulm
(Regie: Andreas von
Studnitz)
Mehr zu John von
Düffel siehe S. 9
Homer
■■ Ilias
Übertragen von
Raoul Schrott
Besetzung variabel
www.rowohlt-theater.de 35
STOFFRECHTE · BEARBEITUNGEN
ERICH M ARIA
REM ARQUE
Der schwarze
Obelisk*
D
Erich Maria
Remarque
■■ Der schwarze
Obelisk
U der Fassung von
Carsten Golbeck:
31.01.2015 Theater
Osnabrück (Regie:
Marco Štorman)
Der Roman Der
­schwarze Obelisk ist im
Verlag Kiepenheuer &
Witsch erschienen.
Imre Kertész
■■ Liquidation
(Felszámolás)
Deutsch von
Laszlo Kornitzer und
Ingrid Krüger
Bühnenfassung von
Stephanie Mohr und
Michael Billenkamp
1D – 2H
DSE: 14.11.2014
Schauspiel Frankfurt
(Regie: Stephanie
Mohr)
Der Roman Liquidation
ist im Rowohlt Verlag
erschienen.
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor.
36 www.rowohlt-theater.de
as Inflationsjahr 1923. Es
ist die Zeit der Spekulan­
ten und Schieber, der kleinen Front, Thalia Theater Hamburg
Beamten und großen Kaufleu­
te, der verarmten Rentner und
Kriegsversehrten, einer Gesellschaft in mo­
ralischer Auflösung. Eine ganze Generation
hat auf bittere Weise gelernt zu überleben
– aber nicht, sich im Leben zurechtzufin­
den. Wie Ludwig, der im Krieg wie so viele
andere seine Jugend verlor und nicht weiß,
wo er hingehört. Auf der Suche nach Liebe
und einem Platz im Leben begegnet er der
schönen, aber schizophrenen Isabelle.
■ Im
März 2014 war die Premiere von
Front nach Erich Maria Remarques Roman
Im Westen nichts Neues (Regie: Luk Perceval)
am Thalia Theater Hamburg in Koproduktion
mit dem NT Gent. Die «vielschichtig collagierte
Bühnen-Installation» (Theater heute) ist seitdem
auf Tournee in vielen Städten Europas zu sehen.
«Eine Kriegs­
bericht­
erstattung der düstersprachmusikalischen Art, … die den Krieg beklemmend,
berührend, mitunter auch bombastisch beschwört:
In Stimmgewittern.» (Süddeutsche Zeitung) «Was
wir erfahren, erfahren wir aus den Zeugnissen der
Gefallenen … Die Toten haben das Wort, und über
ihre Stimmen lagert sich der Klang des Krieges, ein
Ton wie aus Erz.» (Die Zeit) «Ein Klagegesang über
den Krieg … Am stärksten ist Percevals Abend da,
wo er sich ganz auf den Text konzentriert.» (Der
Spiegel)
Weitere Inszenierungen von Im Westen nichts Neues
hatten oder haben Premiere u. a. am Jungen Theater
Göttingen (Regie: Nico Dietrich und Tobias Sosin­
ka), Staatsschauspiel Hannover (Regie: Lars-Ole
Walburg), Staatstheater Braunschweig (Regie: Ni­
colai Sykosch), Schlosstheater Celle (Regie: N.N.),
Badischen Staatstheater Karlsruhe (Regie: Ulrike
Stöck) und Schauspielhaus Bochum (Regie: Hen­
ner Kallmeyer).
IMRE KERTÉSZ
Liquidation
S
pätnachts auf einer Sil­
vesterfeier im kommu­
nistischen Ungarn spielt
man Lagerpoker – statt
Geld, das keiner hat, setzt
jeder Spieler den Namen
des Lagers, in dem er in­
haftiert war. Der Schriftsteller B. steigt vorzeitig
aus: Sein Trumpf ist unschlagbar, ist er doch 1944
in Auschwitz geboren. Gegen jede Wahrscheinlich­
keit entkommt er dem Tod im Nationalsozialismus,
die folgende Diktatur überlebt er aus einem trotzi­
gen inneren Widerstand heraus: Selbstmord unter
diesen Umständen wäre Desertion. 1990 jedoch,
nach der Wende, als es nichts mehr gibt, wogegen
es sich zu überleben lohnt, bringt er sich um. In
seinem Nachlass stößt sein Freund und Lektor
Keserü auf ein Theaterstück, Liquidation, das mit
unheimlicher Genauigkeit vorhersieht, wie seinen
Freunden in der ­neuen, scheinbaren Freiheit Sinn
und Zusammenhalt verlorengehen. Was Keserü
nicht findet, obwohl er verzweifelt danach sucht,
ist das Manuskript von B.s großem nachgelassenen
Roman, das Werk, von dem er hofft, dass es ihm er­
lauben wird weiterzuleben. Überzeugt davon, dass
B. das Manuskript seiner Ex-Frau Judit übergeben
hat, bedrängt er sie heftig – und zerstört damit das
kleine private Glück, das sie sich trotz B.s Negation
des Lebens endlich erkämpft hatte.
«Liquidation ist eine erzählerische Selbstentfesse­
lung, in der Kertész seine Dialektik vom Untergang
und Überleben der traumatischen Wirklichkeit in
der Literatur spielerischer und befreiter als je zuvor
entfaltet.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
STOFFRECHTE · BEARBEITUNGEN
gungen, die unsere hochgerüstete Konsumgesell­
schaft ihren Mitgliedern zufügt … Es kann Melle
nicht hoch genug angerechnet werden, dass er hier
weder im Namen eines mitfühlenden Sozialrealis­
mus schreibt noch in einem Ton, der die Kaputtheit
der Figuren zelebriert und darauf mächtig stolz ist.»
(Die Zeit)
Thomas Melle
■■ 3000 Euro
U: 08.05.2015
Theater Bremen
(Regie: Anne Sophie
Domenz)
Der Roman 3000 Euro
ist im Rowohlt Berlin
Verlag erschienen.
OLGA GR JASNOWA
THOM AS MELLE
3000 Euro*
A
nton war mal ein Über­
flieger, Arbeiterkind mit Einserabitur, hoff­
nungsvoller Jurastudent. Bis die anderen sich
auf Prüfungen und Karriere konzentrierten und
er einfach weiterfeierte. Jetzt haust er in einem
Wohnheim inmitten ungeöffneter Mahnungen
und wartet auf seinen Gerichtstermin. Es geht um
3000 Euro Schulden, für andere ein Klacks, für ihn,
der Flaschen sammelt und dem das Geld, wenn er
welches hat, nur so durch die Finger rinnt, eine un­
erreichbare Summe.
3000 Euro fehlen auch Denise: So viel hatte man
ihr versprochen für den Pornodreh, nur ein paar
kurze Videos im Internet, auf die sie sich einge­
lassen hatte, um den Dispo zu tilgen, aus dem ihr
Kassiererinnengehalt sie nicht ziehen kann. Und
vielleicht, um einmal von der Reise nach New York
nicht mehr nur träumen zu müssen, einmal raus­
zukommen aus dem ewigen Gerenne zwischen Job
und der sechsjährigen Tochter Linda. Aber das
Geld kommt nicht, und in den Blicken der Männer
an ihrer Kasse sucht und fürchtet Denise das auf­
flackernde Wiedererkennen. Nur bei Anton nicht,
der regelmäßig seine Pfandbons bei ihr einlöst. Fast
gegen ihren Willen nähern Denise und Anton sich
einander an. Dann verliert Anton seinen Prozess,
und auf Denises Konto geht endlich ihr Geld ein …
3000 Euro ist «ein die zeitgenössische Allgegenwart
sozialer Unsicherheit zum poetischen Prinzip er­
hebendes Kunstwerk, das zugleich aufrüttelt und
niederschmettert … Ein großer, ja ein preiswürdi­
ger Roman im Sound einer ganzen Generation.»
(Neues Deutschland) «Melles neuer Roman ist ein
brutales Buch. Eines, das von der Ungeborgenheit
des modernen Individuums erzählt, von Erniedri­
Die juristische
Unschärfe einer
Ehe*
L
eyla wollte immer nur eins: Tan­
zen. Doch nach einem Unfall
muss sie das Bolschoi-Theater in
Moskau verlassen. Altay ist Psychia­
ter. Nachdem sich seine große Liebe
umgebracht hat, lässt er keinen Mann mehr an sich
heran. Altay und Leyla führen eine Scheinehe, um
ihre Familien ruhigzustellen. Als die beiden mit
Mitte zwanzig in Berlin von vorne anfangen, tritt
die ebenso junge Jonoun in ihr Leben. «Grjasnowa
entfaltet in ihrem lakonischen Stil eine unerbittli­
che Dreiecksgeschichte» (Hamburger Abendblatt),
in deren Verlauf die Figuren auf eine Reise in über­
raschende Gefilde aufbrechen.
Nominiert für den
Deutschen Buchpreis
2014
Olga Grjasnowa
■■ Die juristische
Unschärfe einer Ehe
Der Roman Die juristische Unschärfe einer
Ehe ist im Hanser
Verlag erschienen.
«In einer Mischung aus Tragikomödie, Road-Novel
und Elegie treibt Grjasnowa ihre Versuchsanord­
nung in ein größeres Format. Die juristische Un­
schärfe einer Ehe ist ein kraftvoll überdrehter, hoch
aktueller Roman. Formbewusst wirft er ernstzu­
nehmende Fragen auf: Wie kann man sein Leben
gestalten, wenn man nirgends zu Hause ist – nicht
einmal im eigenen Körper? Und woran soll man
sich orientieren, wenn selbst die Religion nur noch
ein Vorwand für Gewalttätigkeiten ist?» (Süd­
deutsche Zeitung) «Grjasnowa erzählt prägnant,
sinnlich-anschaulich und mit Verve. Der Reigen
fügt sich wie von selbst zum Generationenporträt.
In Altays und Leylas kaukasischem Kreidekreis ist
letzten Endes nur Platz für zwei – oder drei. Wie
schön: Vater, Mutter, Kind als postheteronormative
Musterfamilie.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
■ Die
Uraufführung von Olga Grjasnowas Roman
Der Russe ist einer, der Birken liebt war in der
Fassung von Yael Ronen und Irina Szodruch im
November 2013 am Maxim Gorki Theater, Ber­
lin (Regie: Yael Ronen). «Ronen lässt Klischees
und Identitätskonstruktionen ineinander crashen,
mit sichtlicher Lust am lauten Aufprall. Und zwar
* Diese Titel liegen nicht
als Textbuch vor.
www.rowohlt-theater.de 37
STOFFRECHTE · BEARBEITUNGEN
Robert Seethaler, geboren
in Wien, ist Schriftsteller,
Drehbuchautor und Schau­
spieler. Für seine Werke
wurde er u. a. mit dem Tank­
red-Dorst-Drehbuchpreis,
dem Debütpreis des Bud­
denbrookhauses und dem
Staatsstipendium der öster­
reichischen Bundesregierung
ausgezeichnet.
so lange, bis auch das letzte Stereo­
typ sorgfältig in seine unbrauchbaren
Einzelteile zerlegt wurde.» (Der Tages­
spiegel) «Der Russe ist einer, der Birken
liebt als lässig und genau dif­
ferenzierendes Erzähltheater
mit richtigen Menschen − und
ohne Angst vor dem Klischee.»
(Berliner Zeitung)
ROBERT SEETHALER
Michael Köhlmeier
Joel Spazierer
Robert Seethaler
■■ Der Trafikant
Der Roman Der
Trafikant ist im
Verlag Kein & Aber
­erschienen.
Robert Seethaler
■■ Ein ganzes Leben
Der Roman Ein ganzes
Leben ist im Hanser
Verlag erschienen.
* Diese Titel liegen nicht
als Textbuch vor.
38 www.rowohlt-theater.de
Der Trafikant*
Die Abenteuer des
Joel Spazierer*
R
«Das hier ist ein Schelmenroman, alles ist
­möglich, alles ist erfunden und wahr zugleich.»
■■ Die Abenteuer des
Der Roman Die
Abenteuer des Joel
Spazierer ist im Hanser
Verlag erschienen.
MICHAEL KÖHLMEIER
Die Welt
I
ch besaß nie den Ehrgeiz, ein guter Mensch zu
werden.» Joel Spazierer, geboren 1949 in Buda­
pest, wächst bei seinen Großeltern auf und ist vier
Jahre alt, als sie von Stalins Schergen abgeholt wer­
den. Fünf Tage und vier Nächte verbringt er allein
in der Wohnung, es fehlt ihm an nichts, er ist zufrie­
den. Eher zufällig findet ihn seine Mutter, die noch
Studentin ist. Joel lernt nie, was gut und böse ist.
Sein Aussehen, sein Charme, seine Freundlichkeit
öffnen ihm jedes Herz. Er lügt, stiehlt und mor­
det, ändert seinen Namen und seine Identität und
betreibt seine kriminelle Karriere in vielen euro­
päi­schen Ländern. Die Geschichte, die er uns ganz
unschuldig erzählt, ist ein Roman über die Nacht­
seiten unserer Gesellschaft, wie es noch keinen gab.
«Köhlmeier ist das Kunststück gelungen, das Psy­
chogramm eines wahrhaft bösen Buben zu zeich­
nen, der trotzdem sympathisch ist. Zum anderen
entwirft er mit leichter Hand einen Abriss europäi­
scher Geschichte der vergangenen 60 Jahre.» (Süd­
deutsche Zeitung) «Wie kommt man darauf, sich
so ein liebenswertes Monster auszudenken? Wir
bangen und hoffen, Spazierer möge es noch einmal
schaffen, entkommen, überleben. Auch wenn er da­
für noch einen Mord begehen muss.» (Frankfurter
Allgemeine Zeitung)
obert Seethaler erzählt die Geschichte von
Franz, Freud und Anezka im Wien der 1930er
Jahre. Der 17-jährige Franz Huchel verlässt 1937
sein Heimatdorf, um in Wien als Lehrling in ­einem
Tabak- und Zeitungsgeschäft sein Glück zu suchen.
Dort begegnet er dem Stammkunden Sigmund
Freud und ist sofort fasziniert von dessen Aus­
strahlung. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine
ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden
unterschiedlichen Männern. Als sich Franz in die
Varietétänzerin Anezka verliebt und in eine tiefe
Verunsicherung stürzt, sucht er Rat bei Professor
Freud. Dabei stellt sich jedoch heraus, dass dem
berühmten Psychoanalytiker das weibliche Ge­
schlecht ein ebenso großes Rätsel ist wie Franz.
Ohnmächtig sind beide auch angesichts der sich
dramatisch zuspitzenden politisch-gesellschaftli­
chen Verhältnisse …
«Ein Buch über Freundschaft in schwerer Zeit
und darüber, wie man Mensch bleibt, auch wenn
der Abschaum regiert. Ein großartiger Roman.»
(WDR) «Seethaler hat eine wunderbare, mit viel
Leichtigkeit und Witz erzählte Adoleszenzge­
schichte geschaffen – dahinter ist aber immer das
dunkle Donnergrollen der schweren Zeit hörbar,
die sich in Wien ankündigt.» (kulturtipp)
Ein ganzes Leben*
A
ls Andreas Egger in das Tal kommt, in dem er
sein Leben verbringen wird, ist er vier Jahre alt,
ungefähr – so genau weiß das keiner. Er wächst zu
einem gestandenen Hilfsknecht heran und schließt
sich als junger Mann einem Arbeitstrupp an, der
eine der ersten Bergbahnen baut und mit der Elek­
trizität auch das Licht und den Lärm in das Tal
STOFFRECHTE · BEARBEITUNGEN
bringt. Dann kommt der Tag, an dem Egger zum
ersten Mal vor Marie steht, der Liebe seines Lebens,
die er jedoch wieder verlieren wird. Erst viele Jah­
re später, als Egger seinen letzten Weg antritt, ist
sie noch einmal bei ihm. Und er, über den die Zeit
längst hinweggegangen ist, blickt mit Staunen auf
die Jahre, die hinter ihm liegen.
«Ein ganzes Leben auf nur 150 Seiten, die jeden in
den Bann ziehen, weil sie das Schwerste, auch den
Tod, mit melancholischer Leichtigkeit erzählen.»
(ZDF, das blaue sofa) «So distanziert und ruhig
Seethalers Sprache auch daherkommt, so plastisch,
anschaulich und sinnlich erfasst sie die Welt.» (die
tageszeitung)
JULIA ALBRECHT /
CORINNA PONTO
Patentöchter
3
0. Juli 1977: Jürgen Ponto empfängt Susanne
Albrecht, die Tochter seines Jugendfreun­
des Hans-Christian Albrecht, in seinem Haus
in Oberursel. Ihre Begleiter Brigitte Mohnhaupt
und Christian Klar schießen auf Ponto. Co­
rinna, seine Tochter, ist zu diesem Zeitpunkt
20 Jahre alt, Julia, Susannes Schwester, 13 Jahre.
30 Jahre nach dem Mord nimmt Julia Albrecht – die
Patentochter Jürgen Pontos – Kontakt auf zu Corin­
na Ponto – der Patentochter von Hans-Christian
Albrecht. Ein Briefwechsel entspinnt sich, eine
erste Begegnung findet statt. Im Mittelpunkt ih­
res daraus hervorgegangenen Buches stehen die
Geschichte der RAF und der Umgang damit, die
Fragen nach Schuld und den Hintergründen der
Täterschaft, nach den Möglichkeiten von Aufarbei­
tung und Versöhnung. Und beide Frauen tauschen
sich darüber aus, wie man mit den eigenen Kindern
über diesen Teil der deutschen Geschichte spricht,
der auch Teil der Geschichte ihrer Familien ist.
Mirko Böttcher hat aus Patentöchter eine «Theater­
fassung gemacht, die dieses denkwürdige Verhält­
nis von Opferangehörigen und Täterangehörigen
untersucht» (Nachtkritik). «Ein sehr berührender,
intimer Dialog … (dessen) Wirksamkeit darin
besteht, dass eben nicht aufklärerisch dokumen­
tiert wird, sondern Nachgeborene schildern, aus­
drücken, wie sie emotional mit dem historischen
Geschehen umgehen und wie die Geschichte mit
ihnen umgeht.» (Theater der Zeit)
SVEN REGENER
Magical Mystery*
«Magical Mystery Tour? War die nicht von den
Beatles? Und ist das damals nicht irgendwie in
die Hose gegangen?»
A
ls Karl Schmidt, Opfer eines depressiven
Nervenzusammenbruchs am Tag der Mauer­
öffnung, nach Jahren der Versenkung von alten
Kumpels zufällig in Hamburg als Bewohner einer
drogentherapeutischen Einrichtung wiedergefun­
den wird, ist das der Anfang einer seltsamen Zu­
sammenarbeit: Die alten Freunde, mittlerweile zu
Ruhm und Reichtum gelangt, wollen mit ihrem
Techno-Label auf einer DJ-Tour durch Deutsch­
land den Rave der 90er Jahre mit dem Hippie­
geist der 60er versöhnen und brauchen dazu
­einen Fahrer, der immer nüchtern bleiben muss.
Das kommt Karl Schmidt gerade recht, denn der
hat keine Lust mehr, sich in einer Parallelwelt aus
Drogen-WG, Hilfshausmeisterjob und gruppendy­
namischen Wochenendausflügen zu verschanzen.
Und so beginnt eine Reise durch ein Land und eine
Zeit im Umbruch, unternommen von einer Hand­
voll Techno-Freaks, betreut von einem psychisch
labilen Ex-Künstler, für den dies der Weg zurück
in ein unabhängiges Leben sein soll.
«Wie Karl Schmidt durch diesen hedonistischen
Hindernisparcours gelangt, das ist große Satire …
(ein) herrlich nüchterner Schelmenroman über das
Mittelalter der Popmusik.» (Süddeutsche Zeitung)
«Regener ist auf der Höhe seiner Unterhaltungs­
kunst … seine Dialoge sind brillant, umwerfend
komisch.» (Deutschlandradio) «Regener versteht
sich in der hohen Kunst der Unterhaltung. Und
er kann Dialoge wie kaum jemand in Deutschland
schreiben.» (Der Tagesspiegel) «Noch nie war er so
in seinem Element wie in Magical Mystery.» (die
tageszeitung)
Julia Albrecht /
Corinna Ponto
■■ Patentöchter
Bühnenfassung:
Mirko Böttcher
2D
U: 07.11.2013
Theater unterm Dach,
Berlin, in Koproduktion
mit dem Schlosstheater
Celle (Regie: Mirko
Böttcher)
Das Buch Patentöchter.
Im Schatten der RAF –
ein Dialog ist im Verlag
Kiepenheuer & Witsch
erschienen.
Sven Regener
■■ Magical Mystery
oder: Die Rückkehr des
Karl Schmidt
U: 03.05.2015
Altonaer Theater,
Hamburg
(Regie: Mona
Kraushaar)
Der Roman Magical
Mystery ist im Galiani
Verlag erschienen.
* Dieser Titel liegt nicht
als Textbuch vor.
www.rowohlt-theater.de 39
STOFFRECHTE · BEARBEITUNGEN
Florian David Fitz
■■ vincent will meer
2D – 3H
U: 22.03.2014
Hessisches Staats­
theater Wiesbaden
(Regie: Dirk
Schirdewahn)
FLORIAN DAVID FITZ
vincent will meer
E
Florian David Fitz ist Drehbuchautor,
Schauspieler und Regisseur. vincent
will meer war sein erstes Drehbuch. Bei
der Komödie Jesus liebt mich nach dem
gleichnamigen Roman von David Sa­
fier, die 2012 in die Kinos kam, schrieb Flo­
rian David Fitz ebenfalls das Drehbuch und
spielte die männliche Hauptrolle, führte aber
auch zum ersten Mal Regie.
s war der letzte Wunsch von Vincents Mutter:
noch einmal ans Meer. Deshalb ist Vincent
jetzt fest entschlossen, zumindest ihre Asche an
die italienische Küste zu bringen. Zuerst einmal
muss er aber aus der psychiatrischen Klinik raus,
in die ihn sein Vater verfrachtet hat. Der ist näm­
lich aufstrebender Lokalpolitiker mitten im Wahl­
kampf, und ein erwachsener Sohn mit TouretteSyndrom ist das Letzte, was er gebrauchen kann.
Zusammen mit der magersüchtigen Marie und dem
zwangsneurotischen Alex klaut Vincent das Auto
der Ärztin Dr. Rose und macht sich auf die Reise –
verfolgt von Dr. Rose, die sich um ihre Patienten
sorgt, und von Vincents Vater, der seine Karriere
gefährdet sieht. Doch der Aufbruch ins Ungewis­
se birgt große Herausforderungen: Alex fürchtet
sich vor Bakterien, Marie vor Nahrung, und beide
fürchten den Kontrollverlust. So entstehen Mo­
mente von großer Zartheit und absurder Komik,
aber auch existenzieller Not. Keiner der drei ist es
gewohnt, auf sich selbst gestellt zu sein, und wäh­
rend Vincent und Alex massiv in Streit geraten,
wird Maries Nahrungsverweigerung
lebensbedrohlich.
Florian David Fitz’ Drehbuch wurde
mit ihm in der Titelrolle mit großem
Erfolg verfilmt und unter anderem
mit dem Bayerischen Filmpreis für das
beste Drehbuch ausgezeichnet sowie
mit dem Jupiter Award als bester Film.
«Die Ausgangslage klingt nach Tra­
gödie und Sozialdrama. Und doch ist
Florian David Fitz eine subtile Komö­
die gelungen.» (Frankfurter Allgemei­
ne Zeitung)
vincent will meer, Hessisches Staatstheater Wiesbaden
40 www.rowohlt-theater.de
UR- UND ERSTAUFFÜHRUNGEN
Spielzeit 2014 / 15
Uraufführungen:
Jörg Albrecht
■■ ANARCHIE IN
RUHRSTADT*
John von Düffel
■■ ANTIGONE
nach Sophokles, Euripides
und Aischylos
Theater Heilbronn
22.11.2014
Regie: Johanna Schall
John von Düffel
■■ DIE BAKCHEN (PUSSY
RIOT)
Theater Oberhausen
in Koproduktion mit
Ringlokschuppen Mülheim
12.09.2014
Regie: Steffen Klewar
nach Euripides
Theater Ulm
16.04.2015
Regie: Andreas von
Studnitz
Thomas Arzt
Thomas Freyer
■■ JOHNNY BREITWIESER
Schauspielhaus Wien
28.11.2014
Musik: Jherek Bischoff;
Regie: Alexander Charim
Sibylle Berg
■■ VIEL GUT ESSEN
Schauspiel Köln
18.10.2014
Regie: Rafael Sanchez
Sibylle Berg
■■ MEIN ZIEMLICH
SELTSAMER FREUND
WALTER
Kunststiftung NRW /
Consol Theater, Gelsen­
kirchen
09.11.2014
Regie: Andrea Kramer
■■ MEIN DEUTSCHES
DEUTSCHES LAND
Staatsschauspiel Dresden
04.12.2014
Regie: Tilmann Köhler
Thomas Freyer
■■ THIS IS FOR EVERYONE
(Arbeitstitel)*
Staatstheater
Braunschweig
24.04.2015
Regie: Ulrike Hatzer
David Gieselmann
■■ DIE OPPELTS HABEN
IHR HAUS VERKAUFT
Theater Bielefeld
06.09.2014
Regie: Christian Schlüter
David Gieselmann
ICH HAB BLOSS
ZUCKER*
■■ CONTAINER PARIS
Schauspiel Frankfurt
19.12.2014
Regie: Christian Brey
Theaterei Herrlingen
17.04.2015
Regie: N. N.
■■ DAS GEMEINDEKIND
Renate Bergmann
■■ ICH BIN NICHT SÜSS,
John von Düffel
■■ DIE WANDLUNG DER
SUSANNE DASSELDORF
nach dem gleichnamigen
Roman von Joseph
Breitbach
Theater Koblenz
20.09.2014
Regie: Markus Dietze
John von Düffel
■■ DAS PERMANENTE
WANKEN UND
SCHWANKEN VON
EIGENTLICH ALLEM
nach John von Düffels
«Wassererzählungen»
Hans Otto Theater,
Potsdam
14.11.2014
Regie: Tobias Wellemeyer
Anne Habermehl
(Arbeitstitel)*
Schauspielhaus Wien
05.03.2015
Musik: Gerald Resch;
Regie: Rudolf Frey
Händl Klaus
■■ WILDE (Mann mit
traurigen Augen)
Schwetzinger SWR
Festspiele
22.05.2015
Musik: Hèctor Parra;
Regie: Calixto Bieito
Wolfgang Herrndorf
■■ BILDER DEINER
GROSSEN LIEBE*
Bühnenfassung von
Robert Koall
Staatsschauspiel Dresden
01.03.2015
Regie: Jan Gehler
Elfriede Jelinek
■■ STRAHLENDE
VERFOLGER.
Deutsches Schauspielhaus
Hamburg
20.09.2014
Regie: Karin Beier
Tina Müller
■■ DIE GUTE STADT*
Theater Freiburg
13.06.2015
Musik: Sinem Altan;
Regie: Thalia Kellmeyer
Laura Naumann
Thilo Reffert
■■ RONNY VON WELT
Landestheater Tübingen
18.04.2015
Regie: Michael Miensopust
Sven Regener
WUNSCHKONZERT
(Arbeitstitel)*
■■ MAGICAL MYSTERY*
Altonaer Theater
03.05.2015
Regie: Mona Kraushaar
Münchner Kammerspiele
27.09.2014
Regie: Johan Simons
Theater Bielefeld
07.02.2015
Regie: Ivna Žic
■■ DER SCHWARZE
Siegfried Lenz
Nolte Decar
Elfriede Jelinek
■■ DAS SCHWEIGENDE
MÄDCHEN
■■ DEUTSCHSTUNDE
a.gon Theaterproduktion
04.11.2014
Regie: Stefan Zimmer­
mann
Philipp Löhle
■■ PETERCHENS
MONDFAHRT
nach Gerdt von Bassewitz
Theater Baden-Baden
02.11.2014
Regie: Philipp Löhle
Philipp Löhle
■■ NUR DAS GUTE, NICHT
DAS SCHLECHTE
(Arbeitstitel)*
Hessisches Staatstheater
Wiesbaden
12.04.2015
Regie: Jan Philipp Gloger
Philipp Löhle
■■ JEDE STADT BRAUCHT
IHREN HELDEN
Deutsches Theater Berlin
08.05.2015
Regie: Daniela Löffner
Joachim Lottmann
■■ ENDLICH KOKAIN*
Theater Bremen
25.04.2015
Regie: Pedro Martins Beja
Thomas Melle
■■ 3000 EURO*
Theater Bremen
08.05.2015
Regie: Anne Sophie
Domenz
Tuğsal Moğul
■■ AUCH DEUTSCHE
UNTER DEN OPFERN
(Arbeitstitel)*
Theater Münster
17.01.2015
Regie: Tuğsal Moğul
■■ GLOBAL
■■ DAS TIERREICH
Schauspiel Leipzig
03.10.2014
Regie: Gordon Kämmerer
Nolte Decar
■■ DER VOLKSHAI
(Arbeitstitel)*
Theater Bonn
24.01.2015
Regie: Matthias Rippert
René Pollesch
■■ HOUSE FOR SALE*
Volksbühne Berlin
10.09.2014
Regie: René Pollesch
René Pollesch
■■ DU WEISST EINFACH
NICHT, WAS DIE ARBEIT
IST*
Staatstheater Stuttgart
04.10.2014
Regie: René Pollesch
René Pollesch
■■ ROCCO DARSOW*
Deutsches Schauspielhaus
Hamburg
12.12.2014
Regie: René Pollesch
René Pollesch
■■ NOCH OHNE TITEL*
Volksbühne am RosaLuxemburg-Platz, Berlin
11.03.2015
Musik: Dirk von Lowtzow;
Regie: René Pollesch
René Pollesch
■■ LOVE / NO LOVE*
Schauspielhaus Zürich
Mai 2015
Regie: René Pollesch
Thilo Reffert
■■ PINOCCHIO
nach Carlo Collodi
Theater Koblenz
22.11.2014
Regie: Astrid Griesbach
Erich Maria Remarque
OBELISK*
Bühnenfassung von
Carsten Golbeck
Theater Osnabrück
31.01.2015
Regie: Marco Štorman
Oliver Schmaering
■■ WIR*
Theater Rampe, Stuttgart
29.04.2015
Regie: Christina Paulhofer
Semiya Simsek
■■ SCHMERZLICHE
HEIMAT*
Theater Hof in
­Kopro­duk­tion mit
dem Westfälischen
Landestheater
03.10.2014
Regie: Christian Scholze
Tim Staffel
■■ CAMP CÄSAR
junges theater basel
07.09.2014
Regie: Daniel Wahl
Ulrike Syha
■■ REPORT
Schauspiel Leipzig
28.02.2015
Regie: Michael Talke
Stefanie de Velasco
■■ TIGERMILCH*
Schauspiel Hannover
18.10.2014
Regie: Babett Grube
David Wagner
■■ LEBEN*
Theater Basel
20.05.2015
Regie: N. N.
Theresia Walser
■■ HERRINNEN
Nationaltheater
Mannheim
29.10.2014
Regie: Burkhard C.
Kosminski
Die mit * markierten Titel liegen nicht oder noch nicht als Textbuch vor.
www.rowohlt-theater.de 41
UR- UND ERSTAUFFÜHRUNGEN
Feridun Zaimoglu /
Günter Senkel
■■ SIEGFRIED
Münchner Volkstheater
19.03.2015
Regie: Christian Stückl
Feridun Zaimoglu /
Günter Senkel
■■ DIE ZEHN GEBOTE
Theater Kiel
22.05.2015
Regie: Daniel Karasek
Erstaufführungen:
Paul Auster
■■ WINTERJOURNAL*
Theater Bielefeld
07.11.2014
Regie: Christian Schlüter
Jeff Baron
■■ MISCHPOKE
Neues Schauspiel
Ensemble, München
05.12.2014
Regie: Michael Stacheder
Adam Cass
■■ ICH LIEBE DICH, MANN
Uckermärkische Bühnen
Schwedt
25.02.2015
Regie: N. N.
Philippe Claudel
■■ RED DU MIR VON LIEBE!
Theater Basel
12.10.2014
Regie: Ulrich Lampen
42 www.rowohlt-theater.de
Anna Jablonskaja
■■ FAMILIENSZENEN
Landestheater
Niederösterreich, St. Pölten
14.03.2015
Regie: Sarantos
Zervoulakos
Imre Kertész
■■ LIQUIDATION
Bühnenfassung von
Stephanie Mohr und
Michael Billenkamp
Schauspiel Frankfurt
14.11.2014
Regie: Stephanie Mohr
Finegan Kruckemeyer
■■ EINE LACHT, EINE
WEINT, EINE BLEIBT
Theaterhaus Frankfurt
28.09.2014
Regie: Rob Vriens
Rodman Philbrick
■■ FREAK*
Theater der Jugend, Wien
21.04.2015
Regie: Sandra Cervik
Lars von Trier
■■ ANTICHRIST
Theater Lübeck
23.01.2015
Regie: Carina Riedl
Oscar van Woensel
■■ ÖDIPUS
Theater Bremen
27.09.2014
Regie: Frank Abt
Die mit * markierten Titel
liegen nicht oder noch
nicht als Textbuch vor.
Impressum:
Bildnachweise:
Matthias Horn (Cover: Szenenfoto aus
Herein! Herein! Ich atme euch ein! von
René Pollesch, Schauspielhaus Zürich)
Karin Rocholl (S. 1 oben)
Klaus Lefebvre (S. 1 unten)
Thomas Aurin (S. 2)
Katja Hoffmann (S. 3 links)
Ekko von Schwichow (S. 3 rechts)
David Finck (S. 4 links)
Martin Klimas (S. 4 rechts)
Kerstin Schomburg (S. 5 links)
Christian Kleiner (S. 5 rechts)
Ute Langkafel Maifoto (S. 6 oben)
Nicole Gräter (S. 6 unten)
Matthias Horn (S. 7)
Fernando Perez Re (S. 8 links)
Annette Boutelier (S. 8 rechts)
Katja von Düffel (S. 9)
Matthias Baus (S. 10)
Freese / drama-berlin.de (S. 11 links)
Philipp Ottendörfer (S. 12)
Nina Grünberger (S. 13 oben)
Christian Kleiner (S. 13 unten)
Thilo Beu (S. 14 links)
Reinhard Werner (S. 14 rechts)
Beowulf Sheehan (S. 15 oben)
Achim Hehn (S. 15 unten)
Theater Operation (S. 16)
Martin Skoog (S. 17 oben)
Petra Hellberg (S. 17 unten)
picture alliance (S. 18)
Leif Hansen (S. 19 oben links)
Eline Hensen (S. 19 oben rechts)
Ute Langkafel Maifoto (S. 19 unten)
Laura Malmivaara (S. 20 links)
Katrin Ribbe (S. 22 oben)
Stephan Cummiskey (S. 22 unten)
Katrin Ribbe (S. 23)
David Baltzer (S. 24)
Barbara Palffy (S. 27 unten)
Ekko von Schwichow (S. 28 links)
Katja Hoffmann (S. 28 rechts)
Uwe Heinrich (S. 29 unten)
Dennis Pauls (S. 30)
Kay Meyer (S. 31 links)
Stefan Klüter (S. 31 rechts)
Meyer Originals (S. 32 links)
Joachim Gern (S. 32 rechts)
Dirk Richard Heidinger (S. 33 links)
Matthias Horn (S. 33 rechts)
Fernando Perez Re (S. 34 links)
Rita Newman (S. 34 rechts u. unten)
Theater St. Gallen, Tine Edel (S. 35 links)
Katja von Düffel (S. 35 oben)
Peter-Andreas Hassiepen (S. 35 rechts)
Philipp Zinniker (S. 35 unten)
Erich Maria Remarque-Friedenszentrum
Osnabrück (S. 36 oben links)
Armin Smailovic (S. 36 oben rechts)
Isolde Ohlbaum (S. 36 unten)
Karsten Thielker (S. 37 links)
René Fietzek (S. 37 rechts)
Peter-Andreas Hassiepen (S. 38 links)
Annette Pohnert (S. 38 rechts)
Charlotte Goltermann (S. 39)
Nadja Klier (S. 40 oben)
Lena Obst (S. 40 unten)
Alle weiteren Abbildungen sind über
das Archiv des Rowohlt Theater Verlags
nachweisbar oder konnten nicht ermittelt
werden.
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Leitung:
Nils Tabert
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Lektorat:
Maren Zindel
([email protected])
Bastian Häfner
([email protected])
Aufführungsverträge:
Tanja Müller
([email protected])
Assistenz:
Kathrina Gruyters
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Redaktion: Kathrina Gruyters, Bastian Häfner,
Nils Tabert, Maren Zindel
Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg
Druck: Bartels Druck, Lüneburg
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