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Politik des Welthandels (II)
Multilaterale Außenwirtschaftspolitik 2
Georg Koopmann
Universität Hamburg
Wintersemester 2009/10
Vorlesung
Außenwirtschaftspolitik
Modul 12
21. Januar 2010
WTO-Vorgaben für nationale/regionale Regierungen
1
2
WIRKUNGEN HANDELSPOLITISCHER MAßNAHMEN AUF
MENGEN, PREISE, WOHLFAHRT
REGELUNG DES EINSATZES HANDELSPOLITISCHER
INSTRUMENTE IN DER WTO
LITERATUR
4
36
42
1
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Kurzbeschreibung
Hier werden die wichtigsten handelspolitischen Instrumente (Importzölle,
Exportsubventionen, Importquoten, Export(selbst)beschränkungen und
Antidumpingmaßnahmen), bei denen die WTO den Handlungsspielraum der nationalen
bzw. regionalen Regierungen einschränkt, unter zwei Aspekten diskutiert:
•
Wirkungen derartiger Maßnahmen auf Mengen, Preise, Wohlfahrt;
•
Regelung der Maßnahmen in der WTO.
Die Analyse dieser Maßnahmen knüpft an ihre Behandlung in Modul 4 an und führt sie
weiter.
Eine zentrale Vorgabe der WTO für ihre Mitgliedsländer betrifft den Abschluss
bilateraler und regionaler Freihandelsabkommen. Dies leitet zum abschließenden Modul
13 - Bilateralismus und Regionalismus in der Außenwirtschaftspolitik – der Vorlesung
über.
Krugman&Obstfeld (2009) behandeln die ökonomischen Effekte der genannten
Maßnahmen in den Kapiteln 8 (Importzölle, Exportsubventionen, Importquoten,
Export(selbst)beschränkungen) und 6.5 (Dumping&Antidumping).
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WTO-Vorgaben für die
nationale/regionale Handelspolitik
• Hauptinstrumente:
(1) Importzölle
(2) Exportsubventionen
(3) Importquoten
(4) Export(selbst)beschränkungen
(5) Antidumpingmaßnahmen
• Wirkungen dieser Instrumente auf
Mengen, Preise, Wohlfahrt
• Regelung des Einsatzes dieser
Instrumente in der WTO
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Wirkungen handelspolitischer Maßnahmen auf Mengen, Preise,
Wohlfahrt
Das zentrale analytische Instrument ist das Angebots-/Nachfrage-Diagramm einer
offenen Volkswirtschaft.
Ableitung der Importnachfrage- und Exportangebotskurve in einer offenen Wirtschaft:
(1) Importnachfragekurve
Importnachfragekurve
Inlandsangebot
Preis
Preis
1
P*
2
P”
P”
3
P’
Importnachfrage
Inland,
INI
Inlandsnachfrage
Z’ Z”
4
C”
C’
Menge
P’
M”
M’
Importe
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Wohlfahrtswirkungen bei Bewegungen auf der Importnachfragekurve:
Wohlfahrtswirkungen der Importnachfrage
Inlandsangebot
Preis
Preis
Importpreiseffekt
1
E=B+D
Importmengeneffekt
P*
2
P”
P”
A
B
C
D
C
3
E
P’
P’
Importnachfrage
Inland,
INI
Inlandsnachfrage
Z’ Z”
C”
C’
Menge
M”
M’
Importe
Die Importnachfragekurve zeigt den Grenznutzen der Importe für das Inland an. Dabei
nimmt der Wohlfahrtszuwachs durch Importe mit wachsender Importmenge ab. Der
Import wird bis zu dem Punkt ausgeweitet, an dem der Grenznutzen gleich den
Grenzkosten des Imports ist. Letztere werden durch die jeweilige (Grenz) Preisgerade
repräsentiert.
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(2) Exportangebotskurve
Exportangebotskurve
Preis
Preis
Auslandsangebot
3
P”
P’
Exportangebot,
Ausland
EAA
2
P*
1
Auslandsnachfrage
C” C’
6
Z’ Z”
Menge
X’
X”
Exporte
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Wohlfahrtswirkungen bei Bewegungen auf der Exportangebotskurve:
Wohlfahrtswirkungen des Exportangebots
Preis
Preis
Exportpreiseffekt
Auslandsangebot
F=C+E (Exportmengeneffekt)
Export-
3 angebot
Ausland,
EAA
P”
P’
A
C
B
D
E
D
F
2
P*
1
Auslandsnachfrage
C” C’
Z’ Z”
Menge
X’
X”
Exporte
Die Exportangebotskurve zeigt den Grenznutzen der Exporte für das Ausland an. Dabei
nimmt der Wohlfahrtszuwachs durch Exporte mit wachsender Exportmenge ab, da die
Grenzkosten des Exports steigen. Die Exporte expandieren so lange, bis die
Grenzkosten dem (durch die jeweilige Preisgerade repräsentierten) Grenznutzen des
Exports entspricht.
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Der Weltmarktpreis bildet sich im Schnittpunkt von inländischer Importnachfragekurve
und ausländischer Exportangebotskurve:
Importnachfrage und Exportangebot
(Weltmarkt)
Euro
Importnachfragekurve
Exportangebotskurve
EA
PW
IN
Importe
Importe/Exporte
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Zusammenhang zwischen Weltmarkt und Inlandsmarkt für eine importierende
Volkswirtschaft:
Weltmarkt und Inlandsmarkt
Weltmarkt
Inlandsmarkt
Inlandsnachfragekurve
Inlandspreis, Euro
Euro
Inlandsangebotskurve
Ainl
Exportangebotskurve
EA
PW
Importnachfragekurve
Importe/Exporte
IN
Ninl
Importe
Importe
Z
C
Menge
Ähnliches ließe sich für eine exportierende Volkswirtschaft zeigen.
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Das „klassische“ handelspolitische Instrument nationaler/regionaler Regierungen auf
der Importseite ist der Importzoll.
Die folgende Graphik stellt die Preis- und Mengenwirkungen eines Importzolls im
Inland, im Ausland und auf dem Weltmarkt dar. Dabei ist angenommen, dass das
importierende Land ein großes Land ist, dessen Maßnahmen den Weltmarktpreis
beeinflussen bzw. das in der Lage ist, durch Importzollerhebung seine Terms of Trade
zu verbessern.
Preis- und Mengenwirkungen eines Importzolls
Preis
Preis
Preis
A
EA
2
Pz
A
1
Pw
Pz
3
N
Menge
Inlandsmarkt
IN
MZ
MW
Weltmarkt
N
Menge
Menge
Auslandsmarkt
Aufgrund der Zollerhebung steigt (fällt) der Preis im Inland (Ausland).
Das Handelsvolumen sinkt.
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Für den Fall, dass es sich bei dem importierenden Land um ein kleines Land handelt,
das keinen Einfluss auf den Weltmarktpreis bzw. auf seine Terms of Trade hat, ergeben
sich die folgenden Preis- und Mengenwirkungen:
Der Fall des kleinen Landes
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
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Die Wohlfahrtswirkungen eines Importzolls im Importland lassen sich – jetzt wieder für
ein großes Land – wie folgt darstellen:
Wohlfahrtswirkungen eines Importzolls
Preis
A
PZ
PW
P*Z
a
b
c
e
d
N
Menge
Import (bei Zoll)
Nettoeffekt im Inland:
Verlust an Konsumentenrente (a+b+c+d) ·/. Gewinn an
Produzentenrente (a) ·/. Zolleinnahmen (c+e)
= Produktionsverzerrung (b) + Konsumverzerrung (d) ·/. Terms-oftrade-Gewinn (e)
Nettoeffekt eines Importzolles auf die inländische Wohlfahrt
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
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Die Wohlfahrtswirkungen im Exportland sind eindeutig negativ: es exportiert weniger
und zu einem niedrigeren Preis; die damit verbundenen Einbußen für die ausländischen
Produzenten wiegen schwerer als die Gewinne der ausländischen Konsumenten infolge
niedrigerer Preise. Ebenso erleidet die Welt insgesamt eindeutig einen
Wohlfahrtsverlust.
In der folgenden Graphik sind die Wohlfahrtswirkungen einer Exportsubvention für das
exportierende Land dargestellt:
Wohlfahrtswirkungen einer Exportsubvention
Preis
PS
PW
P*S
a b
c
e
f
d A
g
N
Menge
Export (bei Subvention)
Nettoeffekt im Inland:
Verlust an Konsumentenrente (a+b) ·/. Gewinn an Produzentenrente
(a+b+c) + Ausgaben für Subventionierung (b+c+d+e+f+g)
= Konsumverzerrung (b) + Produktionsverzerrung (d) + Terms-of-tradeVerlust (e+f+g)
Vergleich Exportsubvention mit Importzollerhebung: Wegen des Terms of Trade-
Verlustes ist der (Netto-) Wohlfahrtseffekt in dem Land, das den Export subventioniert,
immer negativ, während der (Netto-) Wohlfahrtseffekt einer Importzollerhebung
angesichts des Terms of Trade-Gewinnes nicht eindeutig ist.1
1 Anders liegen die Verhältnisse bei einer Exportsteuer; in diesem Fall verbessern sich die Terms of
Trade des Exportlandes. Ein Beispiel wäre die im Jahre 2005 von China zeitweilig erhobene Steuer auf
bestimmte Textilexporte. Ein ähnliches Beispiel wäre das im Jahre 2006 in Argentinien verfügte
Exportverbot bzw. die nachfolgende Exportkontingentierung bei Rindfleisch. Die Folge war ein
Rückgang der Inlandspreise für Rindfleisch in Argentinien. Inwieweit zugleich ein Anstieg der
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Für das importierende Land ergibt sich ein positiver Wohlfahrtseffekt: Der Zuwachs an
Konsumentenrente – aufgrund sinkender Abnehmerpreise und steigender
Abnahmemenge– übertrifft den Rückgang der Produzentenrente (aufgrund niedrigerer
Absatzpreise und einer geringeren Absatzmenge).
Ein Beispiel für den kombinierten Einsatz von Importschutz und Exportstützung ist die
Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) begann im Jahre 1962 mit der doppelten
Zielsetzung, das Einkommen der Landwirte zu sichern und eine geregelte Versorgung
der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu gewährleisten. Zu diesem Zweck sollten die
Preise für Agrarprodukte hoch (und damit für die Landwirtschaft einträglich) und stabil
(und damit für die Bevölkerung kalkulierbar) sein. Das Hauptinstrument hierfür wurde
die inländische Preisstützung und damit das Einziehen eines Preisbodens in den
Inlandsmarkt. Dabei wird der Absatzpreis im Inland auf einem Niveau garantiert, das
über dem entsprechenden Weltmarktpreisniveau liegt. Dies geschieht, indem variable
Zollsätze (im GAP-Jargon „variable Abschöpfungen“) erhoben werden, die den
Weltmarktpreis auf den inländischen Garantiepreis hoch schleusen.
Exportpreise zu verzeichnen war, ist nicht bekannt (Vgl. Neue Zürcher Zeitung v. 29.5.2006:
„Kontrollierte Fleischexporte Argentiniens“).
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In der folgenden Graphik wird die Funktionsweise des Systems der variablen
Abschöpfungen verdeutlicht:
Europäische Agrarpolitik: Importschutz durch “variable Abschöpfungen”
Preis
Nachfrage
Inland
Angebot
Inland
Nachfrage
Inland
Preis
Angebot
Inland
paut
Z’
Preisboden
(Pw+Z, bzw.
Pw’+Z’)
Z
Preisboden
A
Pw’
C1
Pw
Pw
B
C2
Importe
(mit
“Boden”)
Z
Za
Ca C
Menge
Z
Za
Ca C
Menge
Importe (ohne Preisboden)
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Bei vielen Agrarprodukten hat das System der inländischen Preisstützung dazu geführt,
dass die inländische Produktion die inländische Nachfrage überstieg. In diesen Fällen
wurden die Überschussmengen/die Überproduktion von der Europäischen
Gemeinschaft zum Garantiepreis aufgekauft und mit Hilfe einer Exportsubvention (im
GAP-Jargon „Exportrestitution“) auf den Weltmarkt „geworfen“. Diese
Exportsubvention entsprach pro exportierter Einheit der Differenz zwischen Garantieund Weltmarktpreis. „Haushaltstechnisch“ gesehen wechselte die Europäische
Gemeinschaft dabei aus der Position eines „Zolleinnehmers“ (grünes Feld in der
folgenden Folie) in die Position eines „Subventionsgebers“ (rotgestricheltes Feld) über:
Wandlung der Europäischen Gemeinschaft vom
Importeur zum Exporteur von Agrarprodukten
Preis
PW = Weltmarktpreis
A
PINI = Inlandspreis bei Nettoimport
PINE
PA = Autarkiepreis
PA
PINE = Inlandspreis bei Nettoexport
PINI
= Zolleinnahmen
PW
= Subventionen
N
Export
Menge
Import
Die Exportrestitution in der Gemeinsamen Agrarpolitik ist zugleich ein klassischer Fall
von Dumping. Beim Dumping wird zwischen Kosten- und Preisdumping unterschieden
(s. auch weiter unten bei der Analyse von Antidumpingmaßnahmen). In der
Gemeinsamen Agrarpolitik ist beides gegeben: Die Verkaufspreise im Ausland liegen
unter den inländischen Erzeugungskosten (Kostendumping) und ebenfalls unter den
Verkaufspreisen im Inland (Preisdumping).
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In der folgenden Graphik wird gezeigt, wie sich das Zusammenspiel von Importschutz
bzw. Protektion des Binnenmarktes und Exportstützung bzw. Dumping auf
Auslandsmärkten in der GAP auf den Weltmarktpreis für Agrarprodukte auswirkt:
Wirkungen der Europäischen Agrarpolitik auf den Weltmarktpreis
IN
(mit
Preis Protektion)
EA
(ohne Dumping)
EA
(mit Dumping)
PWF
PWF = Weltmarktpreis bei
Freihandel
PW P = Weltmarktpreis bei
Protektion des
Inlandsmarktes
PWD = Weltmarktpreis bei
Dumping im Ausland
PW P
PWD
PWPD
IN
(ohne
Protektion)
MP MF MPD MD
PW PD = Weltmarktpreis bei
Protektion und
Dumping
IN
= Importnachfrage
EA
= Exportangebot
Menge
Ohne Schutz des Inlandsmarktes und ohne Dumping läge der Weltmarktpreis bei PwF,
d.h. er läge dort, wo die Exportangebotskurve EA (ohne Dumping) und die
Importnachfragekurve IN (ohne Protektion) sich schneiden. Durch Protektion des
Inlandsmarktes verschiebt sich die Importnachfragekurve nach links, d.h. bei einem
gegebenen Preis wird weniger nachgefragt. Der Weltmarktpreis fällt auf PwP; die
international gehandelte Menge sinkt auf MP. Durch Dumping verschiebt sich die
Exportangebotskurve nach rechts, d.h. zu einem gegebenen Preis wird mehr angeboten.
Der Weltmarktpreis fällt auf PwD; die international gehandelte Menge erhöht sich auf
MD. Wenn beides zusammenkommt – Protektion und Dumping -, fällt der
Weltmarktpreis auf PwPD; die international gehandelte Menge steigt oder fällt; bei der
hier gewählten Steigung und Lage der Kurven erhöht sie sich auf MPD.
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In der folgenden Folie sind die wichtigsten Reformschritte in der Gemeinsamen
Agrarpolitik genannt:
Reform der Europäischen Agrarpolitik
• Reform von 1988: Eindämmung der
Überproduktion
• Reform von 1992: Einstieg in die
Entkopplung von Produktion und
Subvention
• Agenda 2000: Fortsetzung der
Entkopplung
• Reformen von 2003 und danach:
Weiterentwicklung der Entkopplung
Eine wirksame Reform der GAP muss bei ihrem zentralen Mechanismus - der internen
Preisstützung – ansetzen. Zunächst wurde jedoch in erster Linie das Symptom - die
Überschussproduktion – bekämpft: Es wurden Produktionsquoten verhängt bzw.
Höchstmengen zum garantierten Abnahmepreis festgelegt, zunächst bei Zucker (1968),
dann bei Milch (1986) und schließlich bei allen Haupterzeugnissen außer Rindfleisch
(1988). Es zeigte sich indes, dass die Überschussproduktion auf diese (administrative)
Weise nicht eingedämmt werden konnte.
Die erste GAP-Reform, die bei der Ursache des Problems - den überhöhten
Inlandspreisen und ihrer Abkopplung vom Weltmarktpreis - ansetzte, kam 1992. Die
Reform von 1992 markiert den Einstieg in die Entkopplung von Produktion und
Subvention. Fortan hing das Ausmaß der Agrarsubventionen nicht mehr allein von der
erzeugten Menge bzw. dem Flächenertrag, sondern auch von der für die Erzeugung
genutzten Fläche und damit der Flächengröße ab. Dadurch wurde es möglich, die
inländischen Stützpreise zu senken und die Subventionierung über den Preis
schrittweise durch Direktzahlungen an die Bauern zu ersetzen.
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Im Rahmen der Agenda 2000 (beschlossen auf dem Europäischen Rat 1999 in Berlin)
wurde der Entkopplungsprozess weiter vorangetrieben: die Stützpreise wurden weiter
abgesenkt und die hieraus resultierenden Einbußen durch zusätzliche Direktzahlungen
kompensiert. Darüber hinaus wurde vereinbart, die (realen) Budgetausgaben für die
Gemeinsame Agrarpolitik zu „kappen“, d.h. eine Obergrenze festzusetzen. Im Jahre
2002 wurde diese Obergrenze mit 43 Mrd. € pro Jahr bis zum Jahre 2013 quantifiziert;
die Agrarausgaben sollten auf diesem Niveau „eingefroren“ werden.
Auch die große GAP-Reform von 2003, deren Implementierung Anfang 2005 begonnen
hat, knüpft an das Reformwerk von 1992 an. Kernelemente dieser Reform sind:
•
Entkopplung („decoupling“): Einführung einer Betriebsprämie bzw. Flächenprämie
(„single payment“) für Landwirte in der EU, deren Höhe von der Produktion
unabhängig ist. Entscheidend ist die Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche.
Dabei ist die Art der Nutzung unerheblich. Es muss also nicht mehr wie noch im
alten (MacSharry-) System z.B. eine bestimmte Getreidesorte angebaut werden.
•
Kreuzverpflichtung („cross-compliance“): Die Zahlung der Einheitsprämie ist an die
Einhaltung bestimmter Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit,
Tiergesundheit und Tierschutz geknüpft und mit der Verpflichtung verbunden, das
Land in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erhalten.
•
Modulation und ländliche Entwicklung: Die Zahlungen für größere Betriebe werden
während acht Jahren schrittweise (leicht) gekürzt, und die auf diese Weise frei
werdenden Mittel in die „zweite Säule“ der GAP (Projekte zur Entwicklung des
ländlichen Raums) umgeschichtet.
Die Einheitsprämienregelung galt zunächst für die wichtigsten Sektoren wie Getreide,
Fleisch und Milch; seit 2006 sind auch Tabak, Olivenöl und Baumwolle einbezogen.
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In der folgenden Graphik werden die Wohlfahrtswirkungen der GAP dargestellt, die
sich im Falle einer vollständigen bzw. „reinen“ Entkopplung bei einem Produkt wie z.B.
Weizen in der Europäischen Union ergeben würden. Dabei ist angenommen, dass die
inländische Preisstützung bei diesem Produkt beseitigt und damit der Preisboden
weggezogen wird. Es ist außerdem angenommen, dass die Produzenten für den
hierdurch erlittenen Einkommensverlust in vollem Umfang entschädigt werden.
Wohlfahrtswirkungen einer
Entkopplung von Produktion und
Subvention in der EU
Preis
Stützkäufe vor
Entkopplung
A
PS
c
a
d
b
e
PW
N
Menge
Importe nach
Entkopplung
Nettoeffekt im Inland:
Gewinn an Konsumentenrente (a+b+e) ·/. Verlust an Produzentenrente
(a+b+c) + Einsparung des Staates durch vermiedene Stützkäufe (b+c+d+e)
= Gewinn an Konsumentenrente (a+b+e) ·/. Nettobudgeteffekt (a-d-e)
Das Wegziehen des Preisbodens bedeutet, dass der Inlandspreis von PS auf Pw und
damit vom Stützpreisniveau auf das Weltmarktpreisniveau fällt. Dies führt dazu, dass
die inländische Erzeugung – das Angebot - sinkt und der inländische Konsum – die
Nachfrage – steigt. Das Land wird vom Exporteur zum Importeur des Produktes, da die
Exportsubventionen entfallen und beim Weltmarktpreis die inländische Nachfrage das
inländische Angebot übersteigt.
Aufgrund dieser Entwicklungen bei Produktion, Konsum und internationalem Handel
steigt die Konsumentenrente um die Summe der Felder a, b und e; die Produzentenrente
sinkt um a+b+c; und der Staat spart Ausgaben in Höhe von b+c+d+e aufgrund
vermiedener Stützkäufe. Da der Staat den Verlust an Produzentenrente durch
Direktzahlungen annahmegemäß vollständig kompensiert, entspricht der gesamte
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Wohlfahrtseffekt dem Gewinn an Konsumentenrente abzgl. der Nettoausgaben des
Staates (d.h. der Differenz zwischen den Kompensationszahlungen an die Produzenten
und der Einsparung aufgrund vermiedener Stützkäufe). Dieser Effekt ist in jedem Fall
positiv. Er entspricht der Summe aus den Feldern b, d und 2*e.
Es zeigt sich also, dass die inländische Preisstützung ein sehr ineffizientes
handelspolitisches Instrument ist. Die Ursache liegt darin, dass der Marktmechanismus
unterbrochen wird. Bei vollständigem Ersatz der Preisstützung durch Direktzahlungen
wie z.B. die erwähnten Betriebsprämien bliebe der Marktmechanismus dagegen intakt.
Die inländischen Konsumenten würden besser gestellt, ohne dass die inländischen
Produzenten Einbußen erlitten. Das Ergebnis wäre also pareto-optimal.
Auch die ausländischen Handelspartner der EU würden per saldo profitieren: Die
Gewinne ausländischer Produzenten aufgrund höherer Preise wären größer als die mit
höheren Preisen verbundenen Verluste für ausländische Konsumenten.
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Weitere zentrale handelspolitische Instrumente - neben Importzöllen und
Exportsubventionen - sind Importquoten und Export(selbst)beschränkungen. In diesen
Fällen knüpft die Handelspolitik nicht am Preis, sondern an der gehandelten Menge an.
Die entscheidende Größe für die Bestimmung der Wohlfahrtswirkungen ist hier die
Quotenrente (d.h. der Knappheitsgewinn, der aufgrund der Differenz zwischen dem
„Grenzpreis“, den die ausländischen Exporteure erzielen bzw. normalerweise erzielen
würden, und dem „Inlandspreis“, den die inländischen Abnehmer/Konsumenten
bezahlen, entsteht). Die Quotenrente tritt an die Stelle der Zolleinnahmen, die bei einer
mengenmäßigen Handelsbeschränkung definitionsgemäß entfallen.
Wohlfahrtswirkungen einer Importquote
Preis
A
PQ
PW
P*Q
a
b
c
e
d
N
Menge
Import (bei Quote)
Nettoeffekt im Inland:
Verlust an Konsumentenrente (a+b+c+d) ·/. Gewinn an
Produzentenrente (a) ·/. Anteil an Quotenrente [q(c+e)]
= Produktionsverzerrung (b) + Konsumverzerrung (d) + Rententransfer
[(1-q)(c+e)] ·/. Terms-of-trade-Effekt (e)
Zwei Grenzfälle:
•
Die Quotenrente fällt in vollem Umfang dem Inland zu (q = 1). Dies wäre z.B. der
Fall, wenn die Einfuhrrechte vom Staat versteigert würden (Auktionsquoten). Die
Einnahmen aus der Auktion entsprächen dann den Zolleinnahmen bei einer
Zollerhebung.
•
Die Quotenrente fällt in vollem Umfang dem Ausland zu (q = 0). Dies wäre zum
Beispiel bei einer Export(selbst)beschränkung bzw. einem Freiwilligen
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Exportbeschränkungsabkommen (Voluntary Export Restraint Agreement) der Fall.
Dabei begrenzt das Ausland den Export auf die ausgehandelte Menge und der
Grenzpreis wird auf das Niveau des Inlandspreises angehoben.
Die folgende Graphik demonstriert die Wohlfahrtswirkungen einer Importquote am
Beispiel der US-Importquote für Zucker:
Das Beispiel der US-Importquote für Zucker
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
In diesem Fall fällt die Quotenrente vollständig im Ausland/bei den Exportländern an.
Effektiv liegt daher hier eine Export(selbst)beschränkung vor.
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In der folgenden Übersicht werden die (inländischen) Wohlfahrtswirkungen
handelspolitischer Instrumente auf der Import- und Exportseite synoptisch dargestellt:
Wohlfahrtswirkungen import- und exportseitiger
handelspolitischer Maßnahmen
Wohlfahrtskomponenten
24
Importzoll
Exportsubvention
Importquote
Exportbeschränkung
Produzentenrente
steigt
steigt
steigt
steigt
Konsumentenrente
sinkt
sinkt
sinkt
sinkt
Staatseinnahmen
steigen
sinken
nicht
eindeutig
unverändert
Wohlfahrt
insgesamt
nicht
eindeutig
(sinkt bei
kleinem
Land)
sinkt
nicht
eindeutig
(sinkt bei
kleinem
Land)
sinkt
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Die oben dargestellten Instrumente repräsentieren in gewisser Weise einen
handelspolitischen Dauerzustand. Es handelt sich um Schutz- und Stützmaßnahmen, die
langfristig angelegt sind. Man kann daher hier auch von „permanenter“ Protektion
sprechen. Hiervon zu unterscheiden ist die „Ad-hoc“-Protektion in Gestalt temporärer
Schutzmaßnahmen, deren Einsatz vom Eintreten bestimmter, wettbewerbsrelevanter
„Ereignisse“ abhängig ist. Dabei handelt es sich typischerweise um folgende drei
Ereignisarten:
1. Plötzlicher und starker Importanstieg.
2. Subventionsgewährung im Ausland.
3. Dumpingpraktiken ausländischer Unternehmen.
Die entsprechenden handelspolitischen Instrumente sind Schutzklausel-, Ausgleichsund Antidumpingmaßnahmen.
„Permanente“ und „Ad-hoc“-Protektion
• Permanente Protektion
- Importzölle
- Exportsubventionen
- Importquoten
• „Ad-hoc“ - Protektion
- Schutzmaßnahmen bei „Importflut“
- Schutzmaßnahmen bei ausländischen
Subventionen
- Maßnahmen gegen Dumping
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Die folgenden Ausführungen sind auf staatliche Antidumpingmaßnahmen und ihren
Gegenstand - Dumpingstrategien privater Unternehmen - konzentriert.
Antidumpingmaßnahmen sind das handelspolitische Ad-hoc-Schutzinstrument der
ersten Wahl, wie aus der folgenden Graphik deutlich wird:
Ad-hoc-Protektion - Entwicklung seit 1995:
Antidumping - Schutzklausel - Antisubvention
400
350
300
250
Anti-dumping
200
Schutzklausel
150
Antisubventionen
100
50
0
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
Anm.: Anzahl eingeleiteter Untersuchungen. Bei Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen Angaben für 2008 vom ersten Halbjahr hochgerechnet
Quelle: Global Trade Protection Report 2008
Im Zuge der globalen Wirtschaftskrise haben Antidumpingmaßnahmen seit 2009 wieder
stark zugenommen.
26
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Preis- und Kosten-Dumping
• Preis-Dumping: Der Exportpreis liegt unter dem
Inlandspreis des Herstellers oder unter dem
Exportpreis auf Drittmärkten.
• Kosten-Dumping: Der Exportpreis liegt unter den
Produktionsstückkosten oder den Grenzkosten
der Produktion (einschl. einer „angemessenen“
Gewinnspanne).
Dumping liegt vor, wenn ausländische Unternehmen ihre Ware – z.B. auf dem
europäischen Markt - zu Preisen anbieten, die entweder unter den Preisen auf dem
Inlandsmarkt des Exporteurs oder unter den Preisen auf anderen Exportmärkten
(Preisdumping) oder unter den Produktionsstückkosten bzw. den Grenzkosten der
Produktion (einschl. einer „angemessenen“ Gewinnspanne) des Exporteurs
(Kostendumping) liegen. Beide Definitionen von Dumping sind auch in der
Antidumpingregelung der WTO enthalten.
Preisdumping ist Ausdruck internationaler Preisdifferenzierung, bei der ein ansonsten
gleiches Produkt im Ausland zu einem niedrigeren (Ab-Werk)-Preis als im Inland
angeboten wird. In seiner grundlegenden Studie über Dumping definiert Jacob Viner
(1923, S.3) Dumping dementsprechend als „price discrimination between national
markets“.
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Dumpingstrategien von Unternehmen
• Expansives
Dumping: Exportsteigerung
durch Preis- oder Kostendumping
• Zyklisches Dumping: Bessere
Kapazitätsauslastung durch preisinduzierte
Exportsteigerung
• Strategisches Dumping: Etablierung von
Marktmacht
im Ausland
• Räuberisches Dumping: Monopolisierung
ausländischer Märkte
Unternehmen, die im internationalen Handel zu Dumpingpreisen anbieten, können sich
dabei unterschiedlicher Strategien bedienen. Vier Hauptstrategien bzw. Kategorien des
Dumping sind zu unterscheiden:1
•
Expansives Dumping: Ziel der Unternehmen ist es in diesem Fall, durch Preis- oder
Kostendumping den Export zu steigern oder den Marktanteil im Ausland zu
erhöhen. Bei expansivem Preisdumping ist der im Vergleich zum Inlandspreis
niedrigere Exportpreis wegen einer höheren Preiselastizität der Nachfrage im
Ausland notwendig: Die ausländischen Käufer reagieren auf Preisänderungen
stärker als die inländischen Käufer. Ursachen dafür können weniger ausgeprägte
Käuferpräferenzen für das Produkt, eine größere Verfügbarkeit von
Substitutionsprodukten oder eine höhere Wettbewerbsintensität im Ausland als im
Inland sein. Bei expansivem Kostendumping nehmen die Exporteure kurzfristig
Verluste in Kauf, um z.B. Lerneffekte bzw. dynamische Skalenerträge zu erzielen,
die es erlauben, langfristig den Gewinn zu steigern („forward pricing).
•
Zyklisches Dumping: In diesem Fall ist es das Ziel der Unternehmen, vorhandene
Produktionskapazitäten in einer konjunkturellen Flaute besser auszulasten, indem
der Export durch niedrigere Preise angekurbelt wird. Dies kann Preis- oder
1 Die folgende Unterscheidung geht auf Robert Willig (1998, S. 61-66) zurück. Willig nennt als weitere
Kategorie noch Dumping durch staatseigene Unternehmen (state-trading dumping).
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Kostendumping beinhalten. Eine solche Strategie kann so lange lohnend sein, wie
der Absatzpreis nicht unter die Grenzkosten oder variablen Stückkosten fällt.
•
Strategisches Dumping: In diesem Fall erwächst den Exporteuren aus der Größe und
Abschottung ihres Heimatmarktes ein strategischer (Kosten-) Vorteil gegenüber
ausländischen Konkurrenten. Dieser Vorteil wird genutzt, indem die Unternehmen
den Exportpreis unter den Inlandspreis absenken und auf einem Niveau unterhalb
der gesamten (fixen plus variablen) Stückkosten festsetzen. Im Ausland kann dies
dazu führen, dass inländische Investoren abgeschreckt werden und die Käufer sich
der Marktmacht ausländischer Anbieter gegenüber sehen.
•
Räuberisches Dumping: In diesem Fall ist die Verdrängung ausländischer
Konkurrenten und damit die Monopolisierung ausländischer Märkte das Ziel der
Unternehmen. Das eingesetzte Mittel sind Preise, die vorübergehend unterhalb der
Grenzkosten oder variablen Stückkosten fixiert werden und daher zunächst Verluste
eintragen. Nachdem der Markt „bereinigt“ ist, werden die Preise jedoch auf
Monopolniveau erhöht, d.h. entsprechend dem Schnittpunkt von Grenzerlös- und
Grenzkostenkurve festgesetzt. Damit räuberisches Dumping sich lohnt, müssen die
Exporteure demnach in der Lage sein, den Wettbewerb im Ausland auszuschalten
sowie den Markteintritt neuer und Wiedereintritt verdrängter Konkurrenten zu
verhindern.
Exkurs (s. auch Krugman&Obstfeld 2009, Kapitel 6.5):
Unternehmerische Dumpingstrategien sind im Kontext der modernen
Außenhandelstheorie zu sehen, die im Unterschied zur traditionellen
Außenhandelstheorie (Ricardo&Heckscher-Ohlin-Samuelson) von unvollkommener
Konkurrenz auf den Märkten ausgeht.
Unvollkommene Konkurrenz ist eine zwingende Folge der Existenz von Skalenerträgen
(„economies of scale“) in der Produktion und hat ihrerseits bedeutende Folgen für den
internationalen Handel. Die auffälligste Folge ist, dass Unternehmen für Exportgüter
nicht notwendigerweise den gleichen Preis wie für im Inland abgesetzte Produkte
verlangen. Die häufigste Form einer solchen internationalen Preisdiskriminierung ist das
Dumping. Dabei berechnet ein Unternehmen für exportierte Güter einen niedrigeren
Preis als wenn es die gleichen Produkte im Inland verkauft.
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Dumping
Dumping ist ein umstrittenes Thema der
Handelspolitik und gilt meistens als
unlautere Praxis.
– Beispiel: Im April 2002 galten in den USA für
265 Importgüter aus 40 verschiedenen
Ländern Anti-Dumping-Zölle.
Dumping kann nur unter zwei
Voraussetzungen stattfinden:
• die Existenz von Branchen mit
unvollständigem Wettbewerb
• segmentierte Märkte
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind,
kann ein monopolistisches Unternehmen im
Dumping eine gewinnträchtige Option
sehen.
Quelle: Krugman&Obstfeld (2009)
Zwei Bedingungen sind notwendig, damit Dumping eintritt:
1. Preissetzungsspielraum für (ausländische) Unternehmen, d.h. unvollkommene
Konkurrenz.
2. Begrenzter Arbitragespielraum für (ausländische) Abnehmer, d.h. segmentierte
Märkte (auf Grund natürlicher und politischer Handelsschranken).
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In der folgenden Graphik ist ein Fall des expansiven Dumping dargestellt. Die Ursache
für das Dumping liegt in unterschiedlichen Preiselastizitäten zwischen Export- und
Inlandsmarkt: Die Preiselastizität der Nachfrage liegt auf dem Exportmarkt deutlich
höher als auf dem Inlandsmarkt.
Dumping
Quelle: Krugman&Obstfeld 2009
31
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Ökonomische Effekte von Dumping
• Expansives und zyklisches
Dumping sind gesamtwirtschaftlich
eher unschädlich.
• Strategisches Dumping kann
schädlich sein.
• Räuberisches Dumping ist
schädlich.
Die ökonomischen Wirkungen der vier beschriebenen Dumpingstrategien sind durchaus
unterschiedlich:
Gesamtwirtschaftlich bzw. volkswirtschaftlich oder weltwirtschaftlich gesehen sind
expansives und zyklisches Dumping normalerweise unschädlich bzw. vorteilhaft: Im
Ausfuhrland steigt die Produzentenrente, im Einfuhrland wird der Nutzengewinn für die
Käufer des Produktes i.d.R. den Verlust an Produzentenrente übertreffen, den die
heimische Industrie erleidet. Bei strategischem Dumping ist es dagegen möglich, dass
das Exportland sich auf Kosten des Importlandes bereichert und zugleich
weltwirtschaftlich ein (Wohlfahrts-) Verlust eintritt. Dies wäre der Fall, wenn der
Nachteil für das Importland stärker zu Buche schlüge als der Vorteil für das Exportland.
Bei räuberischem Dumping ist der negative gesamtwirtschaftliche Effekt eindeutig: Das
Importland verliert stärker als das Exportland gewinnt; die globale Wohlfahrt sinkt.
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Kriterien für Antidumpingmaßnahmen
• Dumping-Marge: Relation Exportpreis zu
Inlandspreis oder zu Stückkosten
• Ausmaß der Schädigung der heimischen
Industrie: Gewinn-, Absatz- oder
Beschäftigungseinbußen
• Kausalität zwischen Dumping und
Schädigung
• EU spezial: Gemeinschaftsinteresse
Kriterien für Antidumpingmaßnahmen:
Maßgeblich für die Verhängung von Antidumpingmaßnahmen sind (1) das Ausmaß des
Dumping, d.h. die Relation zwischen Export- und Inlandspreis bzw. Exportpreis und
Stückkosten; (2) das Ausmaß der Schädigung heimischer Industrien, etwa in der Form
von Gewinn-, Absatz- oder Beschäftigungseinbußen, und (3) die Kausalität zwischen
Dumping und Schädigung. Demgegenüber sind die Wirkungen der Dumpingpraktiken
auf Konsumenten und Anwender-/Nutzer-Industrien, auf den Wettbewerb und auf die
Volkswirtschaft insgesamt bei der Antidumpingpolitik zweitrangig bis irrelevant. Aus
ökonomischer Sicht sind jedoch die gesamtwirtschaftlichen Implikationen
internationaler Dumpingpraktiken entscheidend.
In der Europäischen Union ist gemäß der Grundverordnung zum Schutz gegen
Dumpingeinfuhren aus Drittländern1 auch das „Gemeinschaftsinteresse“ ein Kriterium
in der Antidumpingpolitik. Demnach würden Antidumpingmaßnahmen nicht ergriffen,
„wenn die Behörden auf der Grundlage aller vorgelegten Informationen eindeutig zu
dem Ergebnis kommen können, dass die Anwendung dieser Maßnahmen nicht im
Interesse der Gemeinschaft liegt.“2 Lt. Grundverordnung schließt das
Gemeinschaftsinteresse dabei neben den Interessen der von Antidumpingmaßnahmen
1 Vgl. Amtsblatt der EG L 56 v. 6.3.1996, S. 1ff.
2 Art. 21 Abs. 1 der Grundverordnung zum Schutz gegen Dumpingeinfuhren aus Drittländern.
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begünstigten Hersteller explizit auch die Interessen der Konsumenten und Anwender/Nutzer-Industrien ein. Zum Gemeinschaftsinteresse gehört implizit auch die
Gewährleistung eines „wirksamen Wettbewerbs“ auf dem Gemeinschaftsmarkt.
Allerdings wird den Interessen der schutzsuchenden Branche in der Grundverordnung
Vorrang eingeräumt. In der Realität hat sich zudem das Konzept des
Gemeinschaftsinteresses eher als Leerformel ohne Wirkung erwiesen.
Verbraucherinteressen und Anwender-/Nutzer-Interessen haben in kaum einem Fall den
Ausgang eines Antidumpingverfahrens wesentlich beeinflusst. Wettbewerbspolitische
Überlegungen sind nur in unsystematischer Weise in Antidumpinguntersuchungen der
EU eingeflossen. Vorwürfe von Seiten der Nachfrager, die Hersteller nützten
Antidumpingmaßnahmen dazu, wettbewerbswidrige Praktiken abzusichern, fanden bei
der Europäischen Kommission geringe Resonanz, solange kein Wettbewerbsverfahren
anhängig war (Großmann und Koopmann et al. 1998, S. 200-204).
Wirkungen von Antidumpingmaßnahmen
• Geringe Inzidenz von strategischem und
räuberischem Dumping
• Antidumpingpolitik führt häufig zu
- Preiserhöhungen für Verbraucher und
Anwender-/Nutzerindustrien und zur
- Minderung der Intensität des Wettbewerbs auf
dem heimischen Markt.
Empirische Analysen von Antidumpingmaßnahmen zeigen, dass nur bei einer sehr
geringen Anzahl der untersuchten Fälle strategisches oder räuberisches Dumping vorlag
und damit negative gesamtwirtschaftliche Auswirkungen zu befürchten waren. Negative
Effekte wurden umgekehrt vor allem durch die Antidumpingpolitik verursacht, die in
der großen Mehrzahl gegen das „falsche“ Objekt gerichtet war. Die negativen
Auswirkungen äußerten sich hauptsächlich in überhöhten Preisen für Konsumenten und
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Anwender-/Nutzerindustrien und einer Reduzierung des Wettbewerbs (Großmann und
Koopmann et al. 1998, S. 127-139).
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Regelung des Einsatzes handelspolitischer Instrumente in der
WTO
Die nächste Folie enthält eine Übersicht über das Regelwerk der WTO, in die sich die
verschiedenen handelspolitischen Instrumente einordnen lassen:
Grundregeln, Spezialregeln, Ausnahmen
• Grundregeln
- Nichtdiskriminierung
(Meistbegünstigung und
Inlandsbehandlung) und Reziprozität
- Transparenz, Verbot nichttarifärer
Handelsschranken, Zollbindung
• Spezialregeln
Schutzklausel
Subventionen und
Ausgleichsmaßnahmen
Dumping und Antidumping
WTO-Vorgaben für den Einsatz diverser handelspolitischer Instrumente:
•
Importzölle:
- Zollabbau: Gegenstand multilateraler Handelsrunden (s. Graphik „Multilateraler
Zollabbau“).
- Zollbindung:
Festlegung von Zollobergrenzen, die nur in besonderen Fällen und nur gegen
Kompensation - d.h. eine Zollerhöhung bei einem Produkt muss durch eine
Zollsenkung bei anderen Produkten ausgeglichen werden – überschritten werden
dürfen;
zentrales Thema in der Uruguay-Runde unter dem GATT.
- Schutzzölle:
zulässig bei starkem und unvorhergesehenem Importanstieg und dadurch
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verursachter „Schädigung“ heimischer Branchen;
bedingt auch selektiv/gezielt gegenüber bestimmten Handelspartnern einsetzbar.
geregelt im Abkommen über Schutzmaßnahmen (s. Übersicht „Das Gefüge der
WTO-Abkommen“).
•
Subventionen:
- Inlandssubventionen: „Ampel-Regelung“, d.h. verbotene („rot“), vergeltungsfähige
(„gelb“) und erlaubte („grün“) Subventionen1);
- Exportsubventionen: im Industriesektor grundsätzlich verboten;
Ausnahmeregelung für Agrarprodukte;
- geregelt im Abkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen (s.
Übersicht „Das Gefüge der WTO-Abkommen“).
•
•
Importquoten: grundsätzlich verboten (Artikel XI GATT).
Export(selbst)beschränkungen:
- seit der Uruguay-Runde grundsätzlich verboten;
- geregelt im Abkommen über Schutzmaßnahmen (s. Übersicht „Das Gefüge der
WTO-Abkommen“
•
Antidumpingmaßnahmen
- Vorgaben bzgl. der
Bestimmung der Dumpingmarge,
„Schädigung“ heimischer Industriezweige, und
Kausalität zwischen Dumping und Schädigung:
- geregelt im Abkommen über Antidumping (s. Übersicht „Das Gefüge der
WTO-Abkommen“.
1 Die „Grün“-Option ist allerdings inzwischen ausgelaufen bzw. nicht verlängert worden, d.h. alle
Subventionen sind nunmehr im Prinzip anfechtbar.
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Multilateraler Zollabbau
Zollsatz in %
40
40%
Gründung des GATT
Genf 1947
30
Annecy 1949
30%
Torquay 1950-51
25%
Genf 1956
23%
20
Dillon-Runde
1960-62
Kennedy-Runde
Tokio-Runde
1964-67
1973-79
15%
10
10%
6,4%
0
1947 49 51
56
62
67
Uruguay-Runde
1986-93
3,8%
79
93
Quelle: Senti (2000).
Das Gefüge der WTO-Abkommen
Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation
g Multilaterale Abkommen über den Warenhandel
g Vereinbarung über
• Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) 1994
Regeln und Verfahren
zur Beilegung von
Streitigkeiten
g Mechanismus zur
Überprüfung der
Handelspolitik
• Abkommen über die Landwirtschaft
• Abkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und
pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen
• Abkommen über Textilwaren und Bekleidung (bis 31.12.2004)
• Abkommen über technische Handelshemmnisse
• Abkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen
• Abkommen über Antidumping
• Abkommen über Zollwertermittlung
• Abkommen über Kontrollen vor dem Versand
• Abkommen über Ursprungsregeln
• Abkommen über Einfuhrlizenzverfahren
• Abkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen
• Abkommen über Schutzmaßnahmen
g Allgemeines Abkommen über den Handel mit
Dienstleistungen (GATS)
g Abkommen über handelsbezogene Aspekte der
Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs-Abkommen)
38
g Plurilaterale
Handelsabkommen
• Abkommen über das
öffentliche Beschaffungswesen
• Abkommen über den Handel
mit Zivilluftfahrzeugen
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Das Beispiel der Europäischen Agrarpolitik
Das Beispiel der Europäischen Agrarpolitik
•
Impuls für Agrarreform 1992 durch die
Uruguay-Runde des GATT
Externer Druck: Cairns Group der großen Agrarexportländer.
Interner Druck: Exportinteresse der europäischen Industrie.
•
Ergebnis der multilateralen Agrarverhandlungen:
- Umwandlung der „variablen Abschöpfungen“ in feste Zölle
(Tarifizierung).
- Reduzierung der internen Agrarsubventionen.
- Reduzierung der Exportsubventionen im Agrarsektor.
•
Impuls für Agrarreform 2003 durch die
Doha-Runde in der WTO:
insbesondere Verpflichtung der EU zu einem vollständigen Abbau der
Exportsubventionen
•
Impuls für Reform der EU-Marktordnung für Zucker durch die
multilaterale Streitschlichtung
Der Impuls zu der grundlegenden Reform der Europäischen Agrarpolitik im Jahre 1992
kam von den multilateralen Liberalisierungsverhandlungen im Rahmen der Uruguay-
Runde des GATT. Es war die erste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die das
Problem an der Wurzel anging und die Preisstützung im Inland bzw. die Abkopplung
der inländischen Agrarpreise von den Weltmarktpreisen ins Visier nahm. Wie weiter
oben schon erwähnt, wurde mit der Reform von 1992 vor allem die Entkopplung von
Produktion und Subvention in Gang gesetzt.
Ein Hauptziel der Uruguay-Runde (1986-1994) war die Revision protektionistischer
bzw. interventionistischer Agrarpolitik. Treibende Kraft bei der Liberalisierung war die
Cairns Group der Agrarexportländer (so bezeichnet nach dem Gründungsort der Gruppe
in Australien). Die Europäische Gemeinschaft widersetzte sich jedoch hartnäckig einem
substantiellen Abbau des Agrarschutzes und der Agrarförderung und brachte damit zum
Jahresende 1990, als die multilateralen Verhandlungen eigentlich schon hätten
abgeschlossen sein sollen, die Uruguay-Runde an den Rand des Scheiterns:
„This crisis threatened the whole future of the world trading system – an outcome
that most EU exporters could not accept (over 80 per cent of EU exports involve
industrial goods). EU governments began to face very serious pressure from their
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own industrialists and export-oriented service sectors. In the end, this pressure was
sufficient to force a reform of the CAP that was substantial enough to allow a
Uruguay Round agreement that was acceptable to the Cairns Group. The reform
package, which was called the MacSharry reforms after the EU Farm Commissioner
responsible for it, was adopted in mid-1992. The Uruguay Round deal was struck 18
months later“ (Baldwin/Wyplosz 2004: 231).
Die MacSharry-Reformen machten den Weg zu einem multilateralen
Verhandlungsergebnis in der Uruguay-Runde frei, das seinerseits bedeutende
Auswirkungen auf die Gemeinsame Agrarpolitik hatte:
•
Die variablen Importabgaben und mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen mussten
in feste Zölle umgewandelt (Tarifizierung) und zugleich gesenkt werden.
•
Die interne Subventionierung der Landwirtschaft musste reduziert werden.
•
Ähnliches galt für die Exportsubventionen.
Auch die GAP-Reform von 2003 steht im Kontext multilateraler
Liberalisierungsverhandlungen. Ein wesentlicher Impuls für die Reform ging von der
Doha-Runde in der (1995 gegründeten) WTO aus. So erklärte die damalige EUAgrarkommissarin (Mariann Fischer Boel), dass die Reform die Chancen für einen
erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde erhöhe.1 Durch den Abbau
handelsverzerrender Subventionen in der EU sollten vor allem die Entwicklungsländer
für eine aktive Beteiligung an den multilateralen Liberalisierungsverhandlungen im
Rahmen der Doha-Runde gewonnen werden. Im Sommer 2004 erklärte sich die EU
insbesondere bereit, die Exportsubventionen im Agrarsektor vollständig abzubauen. Im
Gegenzug wird von (weiter fortgeschrittenen) Entwicklungsländern erwartet, dass sie
ihrerseits im Industriesektor Zölle abbauen.2
Die WTO hat auch wesentlich dazu beigetragen, dass die EU eine Liberalisierung ihres
hochgradig protektionistischen Protektions- und Handelsregimes im Zuckersektor in die
Wege geleitet hat. Dieser Sektor war von der Reform im Juni 2003 ausgenommen
worden.
Der Preis für Zucker auf dem EU-Markt liegt bei mehr als dem Dreifachen des
Weltmarktpreises. Dieser den Produzenten garantierte Preis wird durch
entsprechende Einfuhrzölle abgesichert und heizt die Inlandserzeugung in einem
Maße an, das die Nachfrage nach Zucker in der EU weit übersteigt. Die
Überschussmengen werden exportiert, obgleich sie international nicht
wettbewerbsfähig sind, indem für jeden Euro verkauften Zuckers 3 Euro und 30 Cent
1 Vgl. Neue Zürcher Zeitung v. 27.12.2004: „Paradigmawechsel in der EU-Agrarpolitik“.
2 Vgl. Financial Times v. 17.6.2005: „Mandelson gives pledge on cuts to agricultural export subsidies“.
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Subvention gezahlt wird (Oxfam International 2004, S. 12). Auf diese Weise ist die
EU zum zweitgrößten Zuckerexporteur in der Welt aufgestiegen, nach Brasilien und
vor Thailand, Australien und Kuba.
Australien, Brasilien und Thailand haben einige Aspekte des WTO-Zuckerregimes im
Streitschlichtungsverfahren der WTO erfolgreich angefochten.
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LITERATUR
Baldwin, Richard E and Charles Wyplosz (2004)
The Economics of European Integration, London etc.: McGraw-Hill.
Großmann, Harald, Georg Koopmann, Christine Borrmann, Konstanze Kinne und Elke
Kottmann (1998)
Handel und Wettbewerb – Auswirkungen von Wettbewerbsbeschränkungen zwischen
Unternehmen auf die internationale Arbeitsteilung, Baden-Baden: Nomos
Verlagsgesellschaft.
Krugman, Paul R. und Maurice Obstfeld (2009)
Internationale Wirtschaft, Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 8. Auflage,
München usw.: Pearson Studium.
Oxfam International (2004)
Dumping on the World. How EU Sugar Policies Hurt Poor Countries, Oxfam
Briefing Paper 61, Oxford, March.
Senti, Richard (2000)
WTO. System und Funktionsweise der Welthandelsordnung, Zürich: Schulthess.
Viner, Jacob (1923)
Dumping: A Problem in International Trade, Reprint 1966, New York.
Willig, Robert D. (1998)
Economic Effects of Antidumping Policy, in: Robert Z. Lawrence (ed.), Brookings
Trade Forum 1998, Washington, D.C.: Brookings Institution Press, pp. 57-79.
42
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