6. Externe und interne Skalenerträge, unvollkommener Wettbewerb, und Außenhandel • Komparative Vorteile führen zu interindustriellem Handel. Das Gut einer Industrie wird gegen das Gut aus einer anderen Industrie getauscht. • Intraindustrieller Handel: – Das Gut einer Industrie wird sowohl exportiert als auch importiert. D.h. Handelsströme zwischen relativ ähnlich ausgestatteten Ländern. – Ursache sind Größenvorteile und Produktdifferenzierung. 1 Skalenerträge: • Externe Skalenerträge: Die die Stückkosten eines Unternehmens nehmen mit der Größe der Branche ab. Die Unternehmen selbst produzieren unter konstanten oder abnehmenden Skalenerträgen, sie sind daher typischerweise klein und operieren in kompetitiven Märkten. • Interne Skalenerträge: Die Stückkosten eines Unternehmens nehmen mit seiner Größe ab, d.h. größere Unternehmen produzieren effizienter. Die großen Unternehmen dominieren den Markt und es kommt zu unvollständigem Wettbewerb. 2 Interne Skalenerträge, monopolistische Konkurrenz und intraindustrieller Handel: • Der einfachste Fall von internen Skalenerträgen: Konstante variable Kosten c und Fixkosten F : C (Q ) F (6.1) C(Q) = cQ+F bzw. AC = Q =c+ Q • Bei unvollständigem Wettbewerb kann ein Unternehmen nur dann mehr von ihrem Produkt absetzen, wenn es den Preis senkt. – geringe Anzahl von Marktteilnehmern und/oder – Produktdifferenzierung 3 Fig.6-1A: Grenzkosten und Durchschnittskosten 4 • Die radikalste Form unvollständigen Wettbewerbs ist das Monopol. • Lineare Nachfragefunktion: (6.2) Q=A - BP bzw. P = A− Q B • Gewinnmaximierende Menge bei Monopol: Grenzerträge = Grenzkosten • (6.3) MR = dPQ dP = P +Q dQ dQ = P− Q ⇒ P − MR B = Q B • Der Mark-up hängt von Q und B ab: – Der Grenzerlös sinkt mit Q, – Reaktion der Konsumenten auf eine Preiserhöhung. Je höher B, desto stärker die Reaktion. 5 Fig. 6-1B: Gewinnmaximierung bei Monopol 6 Der Spezialfall der monopolistischen Konkurrenz: • Zwei Annahmen umgehen das Problem der Interdependenz bei unvollständigem Wettbewerb (Oligopol). – Produktdifferenzierung: Wenn ein Unternehmen den Preis erhöht, wird es nicht alle Kunden verlieren. – Ein Unternehmen nimmt die Preise der anderen Unternehmen als gegeben an. • D.h. wir nehmen als Approximation an, jedes Unternehmen verhält sich in seinem Marktsegment als Monopolist. 7 • Nachfragefunktion: [ ] (6.4) Q = S 1 − b(P − P ) n mit S .... Marktgröße n .... Anzahl der Unternehmen P .... Durchschnittspreis der Konkurrenten • Symmetrischer Fall: die Nachfrage- und Kostenfunktionen aller Unternehmen sind identisch ⇒ Q=S/n. • Freier Markteintritt: Es werden solange Firmen in den Markt eintreten, solange sie ihre Stückkosten decken können. 8 Im Partielles Gleichgewicht wird n u. P = P bestimmt. Lösung in 3 Schritten: 1. Schritt (Symmetrie): (6.5) Q=S/n ⇒ AC = c + 2. Schritt: ( nF S ⇒ steigende CC-Kurve ) 1 n Q = S + bP − bSP Analog wie Monopol mit A=S/(1/n-BP) u. B=bS Q S /n 1 (6.6) MR = P − bS = P − bS = c ⇒ P = c + bn je mehr Unternehmen am Markt sind, desto kleiner wird der Mark-up ⇒ fallende PP-Kurve 9 3. Schritt: • Bestimmung von n und P im Schnittpunkt von CCund PP-Kurve • Markteintritt solange der Preis über den Durchschnittskosten liegt, bis schließlich P = AC: S F P =c+ (6.7) n = bF Sb • Je größer der Markt und je kleiner die Fixkosten, desto mehr Firmen werden in Markt eintreten. • Der Preis ist um so höher, je größer die Grenzkosten und die Fixkosten sind und je kleiner der Markt (weil dann c.p. weniger und kleinere Firmen eintreten werden). Gl Gl 10 Fig. 6-1: Bestimmung von n und P im Modell monopolistischer Konkurrenz und der Effekt einer Vergrößerung des Marktes 11 Intraindustrieller Handel: • Zwei Länder mit identischer Faktorausstattung, aber möglicherweise unterschiedlicher Größe. • Außenhandel ist durch die Schaffung eines größeren Marktes für beide Handelspartner motiviert. Die Anzahl der Produktvarianten (n) und der Umfang ihrer Produktion (Q) ist durch die Größe des Marktes (S) restringiert. Außenhandel lockert diese Restriktion für beide Handelspartner. 12 • Jedes Land kann sich auf die Produktion einer kleineren Anzahl von Produktvarianten spezialisieren, und diese in größerem Umfang erzeugen. • Durch den Import der anderen Produktvarianten aus dem Ausland wird gleichzeitig die verfügbare Anzahl der Produktvarianten erhöht. • Das heißt: Bei Außenhandel können in beiden Ländern mehr Produktvarianten zu niedrigeren Durchschnittskosten konsumiert werden. • Gedankenexperiment: Ein größerer Markt (S) verschiebt die CC-Kurve nach unten, die PP-Kurve im bleibt unverändert. Es sind mehr Unternehmen aktiv und der Preis ist kleiner 13 Tabelle 6-1: Intraindustrieller Handel und die Vorteile eines integrierten Marktes Autarkie Außenhandel Integrierter Markt Anzahl der verkauften Autos (S) 900.000 1.600.000 2.500.000 Anzahl der Firmen (n) 6 8 10 Umsatz je Firma (S/n) 150.000 200.000 250.000 Preis (P=c+1/bn) 10.000 8.750 8000 Annahmen: b= 1/30.000, F=750 Mio.$, c=5000$, SH = 900.000 Autos, SF =1.600.000 Autos Inland Ausland 14 15 • Keine genaue formale Darstellung das Modells. • Wir stellen uns im Heckscher-Ohlin Modell des vorhergehenden Abschnitts vor, dass der Textilsektor unter steigenden Skalenerträgen und monopolistischer Konkurrenz operiert, während im Nahrungsmittelsektor perfekter Wettbewerb herrscht. • Aufgrund der Skalenerträge wird bei Außenhandel kein Land alle Produktvarianten des Textilsektors selbst produzieren, sehr wohl aber alle konsumieren. 16 • Obwohl das Inland einen komparativen Vorteil in der Textilproduktion hat, wird es auch einige Produktvarianten importieren. • Die Komponente des Außenhandels mit simultanen Exporten und Importen innerhalb einer Industrie wird als intraindustrieller Handel bezeichnet. • Man kann zeigen, daß das Inland unter den getroffenen Annahmen trotzdem Nettoexporteuer von Textilien und Importeur von Nahrungsmittel ist (interindustrieller Handel). 17 Fig. 6-2: Die schematische Darstellung des inter- und intraindustriellen Handels 18 • Die Struktur des intraindustriellen Handels ist unbestimmt (welches Land produziert und exportiert welche Produktvariante?). • Die relative Bedeutung von intra- und interindustriellem Handel hängt von den Unterschieden zwischen den Handelspartnern ab. Es lässt sich zeigen: Wenn die Länder hinsichtlich ihrer Ausstattung und ihrer Größe sehr ähnlich sind, dann dominiert der intraindustrielle Handel. • Intraindustrieller Handel geniert zusätzliche Handelsgewinne. • Die Verteilungseffekte durch den intraindustriellen Handel sind gering. 19 Dumping: • Dumping liegt vor, wenn Unternehmen auf ihrem Exportmarkt einen niedrigeren Preis verlangen als auf ihrem Heimmarkt. • Dumping wird als unfaire Wettbewerbspraktik eingestuft. Den betroffenen Importländern ist es im Rahmen der WTO (bzw. des GATT) erlaubt z.B. Ausgleichszölle einzuheben (anti-dumping duties). • In den USA ist Dumping verboten und führt automatisch zu Retorsionszöllen. Auch in er EU sind AntiDumping Verfahren etabliert. 20 Dumping is defined as the situation in which a product is sold in a market at less than its 'normal' value, which is regarded as either being 'the comparable price ... when destined for consumption in the exporting country, or, in the absence of such a domestic price is less than either the highest comparable price (of the) product for export to any third country.... or, the cost of production of the product in the country of origin plus a reasonable addition of selling costs and profit' (GATT, 1986, Article VI). The importing country can levy an anti-dumping duty no grater than the margin of dumping on the exports of the firm. Alternatively, if the difference is due to a government subsidy, a countervailing duty may be imposed to off-set it.' 21 Dumping ist nur unter zwei Bedingungen möglich: 1. Es muß unvollständiger Wettbewerb herrschen, so dass die Unternehmen den Preis in zumindest einem Markt (Inlands- oder Auslandsmarkt) beeinflussen können. 2. Inlands- und Auslandsmarkt müssen segmentiert sein und unterschiedliche Nachfrageelastizitäten besitzen, so dass Inländer aus dem Ausland nicht reimportieren können und umgekehrt. 22 Fig. 6-3: Dumping 23 • In jedem Markt die Grenzerlöse = Grenzkosten (5.9) MRDOM = MC(QMONOPOLY) (5.10) MRFOR = PFOR =MC(QMONOPOLY) ⇒ MRDOM = MRFOR • QMONOPOLY=QDOM+QFOR; QFOR=Exporte • PDOM liegt über dem Auslandspreis PFOR, wenn im Ausland die Nachfrage sehr viel elastischer auf Preisänderungen als im Inland reagiert. • Generell: In dem Markt mit der niedrigeren Preiselastizität wird der höhere Preis gesetzt. 24 Dumping kann auch strategisch motiviert sein: • Firmen setzen über eine gewisse Zeit ihre Preise am Exportmarkt bewußt sehr tief an, damit sie andere Markteilnehmer aus dem Exportmarkt drängen (predatory dumping). • Aus industrieökonomischer Sicht ist es sehr fraglich ob diese Strategie erfolgreich sein kann. Schließlich muss das Unternehmen das erworbene Monopol aufrechterhalten und es ist kaum anzunehmen, dass später keine Unternehmen mehr in den Markt eintreten wollen. 25 Reciprocal Dumping: • Strategisch motivitiert • Eine weitere Erklärung für intraindustriellen Handel Modell-Hintergrund: • zwei segmentiere Märkte (Inland und Ausland), ein homogenes Gut. • zwei Firmen (eine im Inland, eine im Ausland) • identische konstante Grenzkosten, aber Transportkosten bei den Exporten. 26 Monopolist: • Wird das Angebot im Inland knapp halten und • einen Teil seiner Produktion im Ausland zu einem geringeren Preis (netto Transportkosten) absetzen (durch seinen Markteintritt entsteht im Ausland ein Oligopol). • Damit kann er seinen Gewinn erhöhen ohne auf den Inlandsmarkt den Preis senken zu müssen. Insgesamt kann das eine profitable Strategie sein. 27 Duopol: • Wenn beide Unternehmen so agieren: Situation des reziproken Dumpings (Preis netto Transportkosten am Auslandsmarkt geringer). • In beiden Märkten gibt es ein Oligopol, d.h. Handel mit dem gleichen Produkt in beide Richtungen. • Strategisch begründeter intraindustrieller Handel. • Wohlfahrtswirkungen unklar: Der Verschwendung von Ressourcen aufgrund von Transportkosten stehen Pro-competitive Gains from Trade gegenüber (weil ein Monopol durch ein Oligopol ersetzt wird). 28 Die Ökonomen sind generell skeptisch, ob Antidumping-Maßnahmen gerechtfertigt sind: • Anti-Dumping Maßnahmen sind eher als Handelshemmnisse zu beurteilen. • Speziell ist Preisdiskriminierung auch in anderen Märkten als legitime Firmenstrategie zu beobachten (Preisdiskonte für bestimmte Gruppen bei der Bahn, Fluggesellschaften, etc.). • Empirisch: Wie gut lassen sich 'faire' Preise überhaupt berechnen. 29 Externe Skalenerträge - Cluster: Marshall nennt drei Gründe für das Entstehen von Clustern bzw. für externe Skalenerträge: 1. Bessere Spezialisierung bei den Vorleistungsanbietern. 2. Arbeitsmarktpool für spezialisierte Fachkräfte. 3. Knowledge-Spillovers. ⇒ Bei externe Skalenerträgen ist eine geographisch konzentrierte Industrie effizienter als eine Industrie gleicher Größe, die auf mehrere Regionen aufgeteilt ist. ⇒ Economic Geography (Krugman, 1991) 30 Anwendung auf die Außenhandelstheorie: • In jedem Land existiert ein Cluster, d.h. externe Skalenerträge in einer Industrie. • Bei vollständigem Wettbewerb implizieren die externen Skalenerträge eine fallende Angebotskurve. • Starker Einfluss auf die Spezialisierung eines Landes, Festigung der aus historischen Gründen entstandenen Industriestruktur. • Ein Startvorteil sichert das Fortbestehen einer Industrie auch bei Kostennachteilen. 31 Fig 6-4: Externe Skalenerträge und Spezialisierung 32 • Die Wohlfahrtseffekte des Handels sind nicht eindeutig. • Sie können aber für ein Land quantitativ sehr viel höher liegen als in den bisher analysierten Modellen. • Es ist unklar, ob sich das 'richtige Land' auf das Gut mit externen Skalenerträgen spezialisiert. • Ein Land kann auch verlieren: Motiv für Protektion. Praktisch ist die Identifikation von Industrien mit hohen externen Skalenerträgen sehr schwierig. • Die Welt als ganzes gewinnt durch die Konzentration der Produktion und die Spezialisierung. 33 Fig 6.5: Externe Skalenerträge und Verluste durch den Außenhandel 34 Dynamische Skalenerträge: • Die Akkumulation von Wissen generiert Lerneffekte. • Die Stückosten der Unternehmen einer Industrie sind um so kleiner, je mehr in der Vergangenheit produziert wurde bzw. je höher der kumulierte Output. • Lernkurve oder dynamischen, steigenden Skalenerträgen. • Die frühe Spezialisierung kann Startvorteile bringen, welche die Spezialisierungsstruktur eines Landes determinieren. • Infant industry protection 35 Fig. 6-6: Lernkurve und externe Skalenerträge 36