Seminar „Außenwirtschaft“ im Sommersemester 2008 Thema 12

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I
UNIVERSITÄT
SIEGEN
Seminar „Außenwirtschaft“ im Sommersemester 2008
Thema 12
Steigende Skalenerträge, monopolistische Konkurrenz
und Außenhandel
Name, Vorname:
Matrikel-Nr.:
Telefonnummer:
E-mail:
Ort, Datum:
Siegen,
Themensteller:
Prof. Dr. Jan Franke-Viebach
Professur für Volkswirtschaftslehre,
insbesondere Außenwirtschaft
I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ II
Symbolverzeichnis............................................................................................. III
1. Einleitung ..................................................................................................... 1
2. Steigende Skalenerträge ............................................................................. 2
3. Die Marktform der monopolistischen Konkurrenz ........................................ 4
4. Das Modell von Krugman ............................................................................. 5
4.1
Überblick ............................................................................................... 5
4.2
Monopolitische Konkurrenz in einer geschlossenen Volkswirtschaft ..... 5
4.3
Monopolitische Konkurrenz und Außenhandel .................................... 12
5. Schlussbetrachtung ................................................................................... 15
Literaturverzeichnis .......................................................................................... 16
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Langfristiges Gleichgewicht der monopolistischen
llllllllllllllllllllllllllKonkurrenz .................................................................................. 10
Abbildung 2: Konsummöglichkeiten und Außenhandel .................................... 13
III
Symbolverzeichnis
Lagrangeparameter
fixer Arbeitsaufwand (real)
Arbeit
konstantes Arbeitsangebot
variabler Arbeitsaufwand (real)
Konsummenge
Konsumausgaben
Durchschnittskosten
Wertschätzungsparameter
Erlösfunktion 1(2)
Funktion
konstanter Faktor
Güterindex
Proportionalitätsfaktor
Kostenfunktion
Lagrangefunktion
Lohnsatz
Homogenitätsgrad
Anzahl verschiedenartiger produzierter Güter
Anzahl verschiedenartiger produzierter Güter im Ausland
Anzahl verschiedenartiger produzierter Güter im Inland
Anzahl verschiedenartiger produzierter Güter vor Aufnahme von
Außenhandel
Anzahl verschiedenartiger (potentiell) gewünschter Güter
Nachfragefunktion
Nachfragefunktion im langfristigen Gleichgewicht
Preis
Inputfaktor 1(2)
()
∗
()
!
!"(#)
$
$%
&
Nutzenfunktion
Nutzenniveau A(B)
Produktionsmenge
Produktionsmenge vor Aufnahme von Außenhandel
Output
1
1.
Einleitung
Wir leben in einer globalisierten Welt. Das Welthandelsvolumen von Fertigprodukten ist seit 1950 real um mehr als das 50fache gestiegen.1 Für
Deutschland, als viel zitierten „Exportweltmeister“ und größte Volkswirtschaft in
der Europäischen Union, hat der Außenhandel ebenfalls eine herausragende
Bedeutung. Im Jahr 2007 exportierte die Bundesrepublik Waren im Wert von
969 Mrd. Euro und erzielte dabei einen Außenhandelsüberschuss in Höhe von
196,5 Mrd. Euro.2
Die Ursachen und Wirkungen von Außenhandel gehören zu den ursprünglichsten Erklärungszielen der Volkswirtschaftslehre. Wirtschaftsubjekte werden
immer nur dann internationalen Handel betreiben und aufrechterhalten, wenn
sich dadurch Vorteile für sie ergeben.3 Woraus sich solche Vorteile entwickeln
wird in der reinen Außenhandelstheorie4 unterschiedlich erklärt. Bereits Adam
Smith (1723 - 1790) formuliert als Grund absolute Kostenvorteile, die auf
Spezialisierung beruhen.5 Später wird David Ricardo (1772 – 1823) in seinem
berühmten Beispiel von portugiesischem Wein und englischem Tuch zeigen,
dass es auf den komparativen Kostenvorteil ankommt.6 Mit diesem Prinzip lässt
sich begründen, warum zwei Länder Handel betreiben, obwohl ein Land alle
Güter absolut gesehen besser herstellen kann. Solche komparativen Kostenbzw. Preisvorteile beruhen auf unterschiedlichen Faktorausstattungen
(Heckscher-Ohlin-Theorem), Nachfragepräferenzen oder Technologien.7 Zusammengefasst wird der Außenhandel in der traditionellen Theorie also durch
unterschiedliche länderspezifische Charakteristika erklärt.8 Empirische Beobachtungen, wonach der Großteil des internationalen Handels zwischen Ländern
stattfindet, die weitgehend gleiche Voraussetzungen in Kapitalausstattung und
Produktivität haben,9 lassen sich so jedoch nicht erklären.10 Die klassischen
Ansätze begründen i. d. R. den sog. interindustriellen Handel. Für die jeweiligen
Länder existieren also typische, verschiedenartige Export- und Importgüter.
Diese Betrachtung verkennt, dass ein Viertel des internationalen Handels Güter
des gleichen Industriezweiges umfasst, die sowohl exportiert als auch importiert
1
Vgl. WTO (2007), S. 2.
Statistisches Bundesamt (2008), S. 2.
3
Vgl. Dieckheuer (2001), S. 47.
4
Die reine Außenhandelstheorie versucht die realwirtschaftlichen Grundlagen des Außenhandels zu
erfassen. Vgl. Rose/Sauernheimer (2006), S. 379.
5
Vgl. Smith (1776), Viertes Buch.
6
Vgl. Ricardo (1817), S. 154 - 193, zum Beispiel insbesondere 164 ff.
7
Vgl. Siebert/Lorz (2006), S. 37, S. 44.
8
Vgl. Bender (1994), S. 6.
9
Bspw. wird fast ein Drittel des Welthandelsvolumens zwischen den Ländern der Europäischen Union
generiert. Vgl. WTO (2007), S. 3. Insgesamt werden zwei Drittel des Welthandels von Industrienationen
bestritten. Vgl. Rübel (2004), S. 1.
10
Vgl. Marrewijk (2007), S. 202.
2
2
werden.11 Dieser Austausch wird als intraindustrieller (oder intersektoraler)
Handel bezeichnet.12
Diese Lücke wird von der sog. Neuen Außenhandelstheorie13 geschlossen. In
der vorliegenden Arbeit wird ein ursprünglich im Jahr 1979 von Paul R.
Krugman veröffentlichtes Modell dargestellt. Dieses zeigt, wie sich bei
steigenden Skalenerträgen, monopolistischer Konkurrenz und dem Konsumentenwunsch nach Produktdifferenzierung („love of variety“) Außenhandel
erklären lässt, obwohl die beteiligten Länder als völlig identisch angenommen
werden.14
Zur Einführung werden im zweiten Kapitel solche steigenden Skalenerträge
allgemein erläutert. Die klassischen Modelle basieren stets auf der Annahme
vollständiger Konkurrenz. Diese Annahme eines solchen vollkommenen
Marktes wird aufgegeben und durch die sog. monopolitische Konkurrenz
ersetzt. Eine kurze Darstellung dieser Marktform enthält Kapitel drei. Im vierten
Kapitel wird das Modell von Krugman ausführlich für den Autarkie- und
Freihandelsfall dargestellt. In der Schlussbetrachtung des fünften Kapitels folgt
eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse.
2.
Steigende Skalenerträge
Zum besseren Verständnis der späteren Analyse empfiehlt es sich, das
Phänomen steigender Skalenerträge zu erläutern: Skalenerträge sind ein
Begriff der Produktionstheorie und zeigen bestimmte Eigenschaften von Produktionsfunktionen an. Eine Produktionsfunktion beschreibt den produktionstechnischen Zusammenhang zwischen Input ( , ) und Output (&):15
[A]
& = ( , ) .
Man nennt sie homogen vom Grad , wenn für alle
[B]
, gilt:16
( , ) = ) × ( , ) .
Die gleichmäßige Erhöhung aller Faktoreinsätze durch Multiplikation mit kann
nun dazu führen, dass der Output linear ( = 1), unterproportional ( < 1) oder
überproportional ansteigt ( > 1). Man spricht dementsprechend von
11
Vgl. Krugman/Obstfeld (2006), S. 180.
Gerade für Länder mit hohem Pro-Kopf-Einkommen wächst der Stellenwert des intrasektoralen
Handels stetig. Quantifizierbar ist dies mit dem sog. Grubel-Lloyd-Index. Vgl. hierzu Siebert/Lorz (2006),
S. 93 - 94.
13
Vgl. Rübel (2004) S. 123, Rose/Sauernheimer (2006), S. 386.
14
Vgl. Krugman (1979), Krugman (1980).
15
Vgl. Woll (2003), S. 185.
16
Vgl. Schumann/Meyer/Ströbele (1999), S. 141.
12
3
konstanten, sinkenden oder steigenden Skalenerträgen.17 Einfacher ausgedrückt liegen also steigende Skalenerträge dann vor, wenn sich der Output
bspw. bei einer Verdopplung der Inputfaktoren mehr als verdoppelt. Ein
treffendes Beispiel dafür ist die Verdoppelung des Durchmessers einer Leitung;
der Materialeinsatz verdoppelt sich, die Menge der durchgeleiteten Flüssigkeit
wird sich jedoch mehr als verdoppeln.18 Zunehmende Skalenerträge führen i. d.
R. zu höheren Grenzproduktivitäten, so dass sich größere Produktionsmengen
mit sinkenden variablen und totalen Durchschnittskosten herstellen lassen.19
Steigende Skalenerträge haben einen konvexen Verlauf der gesamtwirtschaftlichen Transformationskurve zu Folge.20 Dadurch kann Aushandel
aufgrund von Spezialisierung erklärt werden.21 Ob und in welche Richtung sich
eine solche Spezialisierung entwickelt, hängt dabei von den unterschiedlichen
Präferenzen der Nachfrage ab. Es lässt sich also noch nicht schlüssig erklären,
dass es zwingend zu Außenhandel kommt.22
Zunehmende Skalenerträge können sowohl unternehmensintern (unternehmensbezogen) als auch unternehmensextern (branchenbezogen) auftreten.
Sie führen dabei zu unterschiedlichen Marktstrukturen: Interne Skalenerträgen
ermöglichen es dem einzelnen Unternehmen durch Ausweitung der
Produktionsmenge die Durchschnittskosten zu senken. Gründe für das
Vorhandensein interner Skalenerträge sind bspw. Lerneffekte in der Produktion,
sinkende Umrüstkosten oder ein verringerter Anteil des Verwaltungsaufwand.23
Solche internen Skalenerträge lassen ein Unternehmen nach immer größeren
Ausbringungsmengen streben. Größere Unternehmen haben einen Kostenvorteil gegenüber kleineren Unternehmen. Im Extremfall findet ein Verdrängungswettbewerb über den Preis statt, aus dem ein großes Unternehmen
als Monopolist24 hervorgeht.25 Interne Skalenerträge sind mit dem Prinzip des
vollständigen Wettbewerbs also nicht zu vereinbaren.26 In dem unten
beschrieben Modell von Krugman führen die verwendeten internen Skalenerträge zur Herausbildung der monopolistischen Konkurrenz.27
Externe Skalenerträge hängen hingegen nicht von der Größe des einzelnen
Anbieters, sondern von der Anzahl der in einem Sektor tätigen Unternehmen
17
Vgl. Schumann/Meyer/Ströbele (1999), S. 142 - 145, 149.
Vgl. Varian (2007), S. 392.
19
Vgl. Rose/Sauernheimer (2006), S. 559, Dieckheuer (2001), S. 117.
20
Vgl. Dieckheuer (2001), S. 119., Schumann/Meyer/Ströbele (1999), S. 261.
21
Vgl. Rose/Sauernheimer (2006), S. 402 - 403, Dieckheuer (2001), S. 119 - 121.
22
Vgl. Rose/Sauernheimer (2006), S. 571.
23
Vgl. Rübel (2004), S. 124.
24
Der Monopolfall bei steigenden internen Skalenerträgen wird nicht betrachtet.
25
Vgl. Krugman/Obstfeld (2006), S. 163.
26
Vgl. Rose/Sauernheimer (2006) S. 559, Rübel (2004), S. 118 - 119.
27
Vgl. Krugman (1979), S. 469.
18
4
ab.28 Bei einer Marktvergrößerung stellen sich also bei allen Unternehmen
sinkende Grenz- und Durchschnittskosten ein, unabhängig ob die Produktion
des einzelnen Unternehmens ausgeweitet wird.29
3.
Die Marktform der monopolistischen Konkurrenz
Die monopolistische Konkurrenz30 ist dadurch gekennzeichnet, dass viele
Anbieter ähnliche, aber nicht gleiche, Produkte anbieten. Die Produkte sind für
den Konsumenten also inhomogen, es bestehen sachliche Präferenzen. Sie
wird daher auch als Polypol auf dem unvollkommenen Markt bezeichnet.31
Diese verschiedenen Produkte können zwar gegeneinander ausgetauscht
werden; sie sind aber keine perfekten Substitute. Formal betrachtet bedeutet
dies hohe aber endliche Kreuzpreiselastizitäten.32 Im Gegensatz zum Polypol
auf dem vollkommenen Markt besteht daher für den Anbieter ein
monopolistischer Absatzbereich, indem er einer relativ preisunelastischen
Nachfrage gegenübersteht. In einem Preis-Mengen-Diagramm bedeutet dies
einen steil fallenden Verlauf der Preisabsatzfunktion, weil eben eine relativ
große Preisänderung eine nur relativ kleine Mengenabnahme zu Folge hat. In
dieser speziellen Form wird sie als doppelt geknickte Preisabsatzfunktion
bezeichnet.33
Als gemeinsame Merkmale von monopolistischem Wettbewerb und
vollständiger Konkurrenz gilt der freie Marktzutritt und die Nichtberücksichtigung
der Reaktion anderer Anbieter auf die eigene Preissetzung.34 Später werden wir
sehen, dass der freie Marktzutritt eine Endogenisierung der Anzahl der Anbieter
durch eine Null-Gewinn-Bedingung ermöglicht.35 Die Nichtberücksichtigung der
Reaktionen anderer Marktteilnehmer blendet alle wie auch immer gearteten
spieltheore-tischen Ansätze aus.
28
Vgl. Dieckheuer (2001) S. 119.
Vgl. Rübel (2004), S. 124.
30
Synonymer Begriff: Monopolistischer Wettbewerb
31
Vgl. Mankiw (2004), S. 395.
32
Vgl. Pindyck/Rubinfeld (2006), S. 571.
33
Vgl. Wied-Nebbeling (1997), S. 122.
34
Vgl. Samuelson/Nordhaus (2007), S. 275.
35
Vgl. Bester (2004), S. 124.
29
5
4.
Das Modell von Krugman
4.1
Überblick
Im Jahr 1979 veröffentlichte Paul A. Krugman seinen Aufsatz „Increasing
Returns, Monopolitic Competition, and International Trade“. Die Besonderheit
seines Ansatzes ist die Herausstellung der Produktdifferenzierung.36 Sie geht,
wie weiter unter gezeigt wird, explizit in die Nutzenfunktion der Konsumenten
ein. Die Anbieter wiederum betreiben Produktdifferenzierung, um sich eine
monopolistische Marktnische zu schaffen. Beide Marktseiten bemühen sich also
um Produktvielfalt. Dem stehen jedoch die steigenden Skalenerträge
gegenüber. Diese veranlassen Unternehmen nämlich dazu, viele gleichartige
Güter zu geringen Kosten und damit Preisen herzustellen. Durch Kombination
dieser Aspekte kann die Anzahl der Produkte endogenisiert werden. In den
traditionellen Modellen war die Produktanzahl dagegen i. d. R. eine exogene
Größe. Nun hingegen wird also analytisch hergeleitet, wie viele Güter im
Gleichgewicht produziert und konsumiert werden und vor allem, wovon diese
Anzahl abhängig ist. Zunächst betrachten wir den Fall der geschlossenen
Volkswirtschaft, später die Effekte des Freihandels.
4.2
Monopolitische Konkurrenz in einer geschlossenen Volkswirtschaft
Das Modell geht von einem einzigen Produktionsfaktor, Arbeit (), aus. Somit
scheidet eine klassische Ursache des Außenhandels - unterschiedliche
Faktoraustattungen - per se aus. Die steigenden Skalenerträge ergeben sich,
indem Arbeit sowohl als fixer als auch als variabler Faktor zu Einsatz kommt.37
Der Arbeitseinsatz in Abhängigkeit der produzierten Menge beträgt dann:
[1]
= + $ / = 1, 2, … .
steht für den fixen, für den variablen Arbeitsaufwand. kann also auch als
Kehrwert eines konstanten Grenzprodukts interpretiert werden. $ ist die
Produktionsmenge von Gut . Die Volkswirtschaft stellt eine Anzahl von Gütern her; sei relativ hoch, jedoch gering im Verhältnis zu einer potentiellen
Anzahl von Produkten.38 Da jedes Unternehmen genau ein Gut herstellt,
können wir auch als Anzahl der Unternehmen interpretieren.39 In dem Modell
36
Vgl. zum Folgenden Rose/Sauernheimer (2006), S. 563 - 572.
So formulieren auch Rose/Sauernheimer. Dies bedarf einer Anmerkung: Der Begriff des Skalenertrags
ist wie im zweiten Kapitel richtig beschreiben ein produktionstheoretischer Begriff. Es kommt also auf
eine bestimmte Input-Output-Relation, unabhängig der dabei entstehenden Kosten, an. Im Folgenden
werden steigende Skalenerträge jedoch mit sinkenden Durchschnittskosten gleichgesetzt, so z. B.
Marrewijk (2007), S. 211.
38
Vgl. Krugman (1979), S. 470.
39
Vgl. die modifizierte Version bei Krugman/Obstfeld (2006), S. 167 - 173.
37
6
sind alle Unternehmen symmetrisch, so dass sich bei gleichen Lohnkosten eine einheitliche Kostenfunktion ergibt:
[2]
= = + $ .
Der Fixkostenblock der linearen Produktionsfunktion erzeugt sinkende
Durchschnittskosten, weil er bei steigender Ausbringungsmenge auf immer
mehr Produkteinheiten umgelegt werden kann. Unter Annahme von Vollbeschäftigung ergibt die Summe der eingesetzten Arbeit über jedes Produkt
das gesamtwirtschaftliche Arbeitsangebot :
[3]
∑34 = .
Ausgehend von der Nutzenfunktion der Konsumenten soll die Nachfragekurve
entwickelt werden, der sich das einzelne Unternehmen gegenübersieht. Der
Konsumentennutzen ist von der konsumierten Menge eins Gutes und einem
Wertschätzungsparameter abhängig. Krugman verlangt in seiner Arbeit eine
Nutzenfunktion für den Nutzen des Gutes , 5( ), die allgemein die
Bedingungen
67
689
> 0 und
6; 7
689;
< 0 erfüllt.40 Dem Vorschlag von Rose/
Sauernheimer folgend, wird die spezielle Nutzenfunktion 5( ) = < mit
0 < < 1 verwendet. Wegen
67
689
= ∙ <> > 0 und
erfüllt diese Funktion die Bedingungen.41
6; 7
689;
= ∙ ( − 1) <> < 0
Der Gesamtnutzen der Konsumenten ergibt sich als Summe der Teilnutzen
über die Anzahl der nachgefragten Güter ():
[4]
<
! = ∑@
4 .
Er ist also von dieser Anzahl , von der je Gut konsumierten Menge und der
Wertschätzung jedes einzelnen Gutes abhängig. Da annahmegemäß alle
Güter die gleiche Wertschätzung genießen kann der Index bei der Wertschätzungskonstanten vernachlässigt werden. Wichtig ist die Unterscheidung
zwischen der Anzahl der Güterarten n (bzw. N) und der Konsummenge eines
bestimmten Gutes . Die Summe der Produkte von Preisen und Mengen ergeben die Konsumausgaben der Nachfrager:
[5]
40
= ∑@
4 .
Vgl. Krugman (1978), S. 470. Diese fundamentale Annahme eines positiven, aber abnehmenden
Grenznutzens geht auf Herman Heinrich Gossen zurück und wird als erstes Gossensches Gesetz
bezeichnet. Vgl. Gossen (1854), S. 4 - 5.
41
Wegen 0 < < 1 ist ( − 1) < 0 und damit ( − 1) <> < 0.
7
Die Konsumenten streben eine Maximierung ihres Nutzens an. Dabei sind die
Konsumausgaben gegeben. Dieses Optimierungsproblem lässt sich mit der
Lagrangemethode lösen.42 Wir entwickeln aus dem zu maximierenden Nutzen
[4] und der Nebenbedingung [5] die Lagrangefunktion:
[6]
<
@
= ∑@
4 − (∑4 − ) .
Aus den Ableitungen folgen die Bedingungen erster Ordnung:
[6a]
[6b]
AB
= ∙ <> − = 0 C ∙ <> = ,
AB
@
= −(∑@
4 − ) = 0 C ∑4 = .
A89
AD
Umstellen von [6a] nach ergibt
[6c]
D
= E< ∙ F
G
HIG
.
Eingesetzt in [6b] erhält man
[6d]
H
HIG
∑@
4 ∙
G
D HIG
E F
<
=.
G
Es bietet sich an, [6d] nach
erhält die Nachfragefunktion:
[7]
=
G
J9 HIG
H
HIG
∑K
9LG J9
D HIG
E F
<
umzustellen und in [6c] einzusetzen. Man
∙ .
Die Nachfrage ist also vom Preis des Gutes, der Wertschätzung der
Konsumenten, von einem Preisindex aller Güter und der Konsumsumme (die
ohne Ersparnisbildung dem Einkommen entspricht) abhängig.43 Bei einer
großen Anzahl von Güterarten wird eine Änderung des Preises von Gut eine
zu vernachlässigende Wirkung auf den Preisindex aller Güter haben. Diese
Annahme passt zu dem Merkmal der monopolistischen Konkurrenz, wonach
das eigene Preissetzungsverhalten eines Unternehmens keinen Einfluss auf die
anderen Preise hat (vgl. S. 4). Daher können wir die Nachfragefunktion
vereinfacht als
42
43
Eine allgemeine Darstellung der Lagrangemethode findet sich z. B. bei Tietze (2006), S. 348 - 351.
Vgl. Marrewijk (2007), S. 208.
8
[7a]
G
= HIG
mit = MN// =
O
H
HIG
∑K
9LG J9
schreiben. Um ihren Verlauf zu bestimmen, bildet man die Ableitung und
resubstituiert die Konstante . Es ergibt sich
[7b]
689
6J9
=
<>
∙
89
J9
<0.
Wie zu erwarten ist die Nachfrage eine fallende Funktion in . Wie stark die
Reaktion der Nachfrage auf eine Preisänderung ist, zeigt die direkte Preiselastizität der Nachfrage. Sie lässt sich allgemein wie folgt definieren:44
[C]
P=
JQ%R<3S7T< Ä36<Q73U 6<Q
38VU<WQUS<3 X<3U<
JQ%R<3S7T< Ä36<Q73U 6<Y
ZQ<Y<Y
=
∆\
\
∆]
]
oder indinitesimal: P =
k\
\
k]
]
6l J
= 6J l .
Im betrachteten Modell erhält man die konstante Nachfrageelastizität
[7c]
68 J
8
J
η = 6J9 8 9 = <> ∙ J9 ∙ 8 9 = <> < 0 .
9
9
9
9
Nachdem nun die Nachfrageseite ausreichend betrachtet wurde, wenden wir
uns dem Angebot der Unternehmen zu: Unter der Bedingung, dass die Zahl
potentiell nachgefragter Produkt größer ist als die tatsächlich am Markt
verfügbare Produktanzahl , wird sich kein Unternehmen einem Wettbewerb
aussetzen. Es bevorzugt die Produktion eines sachlich anderen Gutes. Da die
Produktions- und Kostenfunktionen aller Güter identisch sind, führt die
Alleinstellung auf einem Markt stets zu einem höheren Gewinn als eine
Konkurrenzbeziehung. Der Anbieter verhält sich bei der Preissetzung wie ein
Monopolist und wählt den gewinnmaximalen Preis. Dieser wird erreicht, indem
er seine Grenzerlös mit den Grenzkosten gleichsetzt. Es handelt sich also um
einen industrieökonomischen Ansatz, wie er in der Neuen Außenhandelstheorie
häufig verwendet wird.45 Die Erlösfunktion ergibt sich durch Multiplikation der
Preise mit den Mengen. Die Ableitung erfolgt mit der Produktregel und zeigt den
Grenzerlös an:
[8a]
6n9
689
=
6oJ9 (89 )89 p
689
=
6J9
689
6J 8
∙ + ∙ 1 = E 68 9 J9 + 1F = .
9
9
Aus der Kostenfunktion [2] bilden wir
[8b]
44
45
6q9
6l9
= .
Vgl. Siebert/Lorz (2007), S. 61, Schuman/Meyer/Ströbele (1999), S. 66.
Vgl. Hagen (1997), S. 243.
9
Gleichsetzen ergibt
[9]
=
Tr
<
.
Der Produktindex ist entfallen, da alle Kosten- und Nachfragefunktionen
identisch sind. Ein gewinnmaximaler Preis ist positiv von den variablen Kosten,
dem Lohnsatz und negativ von der Wertschätzung des Gutes abhängig. Eine
hohe Wertschätzung entspricht einer (absolut) hohen Preiselastizität der
Nachfrage (vgl. [7c]).46 Der Anbieter kann seinen Preis also nicht zu hoch
ansetzen, weil ihm sonst eine relativ große Nachfragemenge entginge. Eine
realwirtschaftliche Betrachtung ist gegeben, wenn [9] durch den Lohnsatz dividiert wird:
[9a]
J
T
r
=<.
Auf der linken Seite steht nun der reale Preis (der Kehrwert ist der Reallohn).
Dieser wir von je einer realen Größe von Angebots- und Nachfrageseite
determiniert: Eine Erhöhung der realen Grenzkosten oder der Wertschätzung
des Gutes führt zu einem steigendem realen Preis. In Kapitel drei wurde als
wichtige Eigenschaft der monopolistischen Konkurrenz die Abwesenheit von
Markteintrittsbarrieren genannt. Wenn ein monopolistischer Anbieter ein Monopolgewinn erzielt, weil der Realpreis gemäß [9a] über seinen realen Durchschnittskosten liegt, werden Konkurrenten auf dem Markt auftreten. Dies
geschieht, bis sämtliche Preisaufschläge verloren gehen und alle Anbieter
einen Gewinn von Null generieren. In diesem Punkt entsprechen sich Erlös und
Kosten bzw. Preis und Durchschnittskosten. Aus [2] und [9] entwickeln wir
[10]
r
<
= l+ .
Man sieht, dass auch in dieser Beziehung nur noch reale Größen auftreten. Sowohl , also auch sind konstant (bzw. werden als konstant angenommen),
so dass die Anpassung der Durchschnittskosten nur über die Menge $ erfolgen
kann. Dabei führen höhere (geringere) Mengen aufgrund der steigenden
Skalenerträge zu geringeren (höheren) Durchschnittskosten. Durch Umstellen
ergibt sich die Menge $, die im langfristigen Gleichgewicht produziert wird:
[11]
<
$ = r ∙ >< .
Bei Eintritt anderer Marktteilnehmer wird sich die produzierte Menge verringern,
weil Kaufkraft der Nachfrager für andere Produkte verwendet wird. Eine
Preissenkung als Reaktion auf sinkende Nachfrage ist dagegen im Modell
46
Unter Umständen wirkt das auf den ersten Blick unlogisch. Es rührt jedoch daher, dass alle Produkte,
also auch die Substitute, diese hohe Wertschätzung genießen.
10
ausgeschlossen. Die Gleichgewichtsmenge wird durch die Fixkosten , die
Grenzkosten und Wertschätzung des Gutes determiniert. Bei hoher
Nachfrageelastizität muss der Preis niedrig sein, dies kann nur durch hohe
Stückzahlen erreicht werden. Die Kosten wirken - je nach Kostencharakter unterschiedlich auf die Mengen: Hohe Fixkosten werden erst bei großen
Ausbringungsmengen kompensiert, hohe variable Kosten lassen die
Ausbringungsmenge sinken. Abbildung 1 stellt die beschriebene Entwicklung
zum langfristigen Gleichgewicht dar:
P
E1´
E2´
C
D
NF*
A*
NF
lb
e
A
B
DK
K´
x
K
E
E1
K
E2
la
x
Abbildung 1: Langfristiges Gleichgewicht der monopolistischen Konkurrenz
(eig. Darst., kombiniert aus Rose/Sauernheimer (2006), S. 567 und Krugman (1979), S. 473)
Wir beginnen im unteren Teil der Grafik; hier ist die lineare Kostenkurve mit
dem Achsenabschnitt der Fixkosten (la) und dem Steigungsmaß der variablen
Kosten (lb) abgebildet. Die Erlösfunktion E1 beschreibt die Situation des
monopolistischen Anbieters vor Markteintritt von Konkurrenten. Eine Tangente
an diese Kurve, die parallel zur Kostenfunktion verläuft, erfüllt die Bedingung
Grenzkosten (K´) = Grenzerlös (E1´), wie man durch Hochloten einer Gerade im
oberen Teil erkennt. Um den Preis dieser gewinnmaximalen Menge zu
11
bestimmen, folgen wir der vertikalen Linie, bis sie die Nachfragekurve NF in
Punkt A schneidet. Der Preis erfüllt hier die Bedingung [9]. Die Strecke AB stellt
nun den Preisaufschlag auf die Durchschnittskosten dar. Multipliziert mit der
Menge ergibt sich ein Gewinn in Höhe der Fläche ABCD. Wie bereits
beschrieben, locken diese Gewinnmöglichkeiten andere Anbieter an. Die
Erlösfunktion jedes einzelnen Unternehmens schrumpft zusammen, bis sie eine
Tangente an die Kostenkurve des Unternehmens bilden (E2 an K).47
Hochgelotet erhalten wir den Schnittpunkt A* mit der neuen, nach links
verschobener Nachfragekurve (NF*). An diesem Punkt, dem ChamberlinGleichgewicht, entsprechen sich Preis und Durchschnittskosten, so dass jedes
einzelne Unternehmen keinen Gewinn (mehr) macht.48
Das langfristige Gleichgewicht für jedes Produkt ist nun bestimmt. Die Anzahl
der verschiedenen Produkte (oder Unternehmen) jedoch nicht. Für jedes
Produkt entstehen die gleichen realen Arbeitskosten. Daher ergibt sich das
konstante Volkseinkommen aus [2] und [3] als:
[12]
= ∙ ( + $) .
Diese Beziehung zeigt anschaulich, vor welcher Wahl die Wirtschaftsubjekte
der geschlossenen Volkswirtschaft stehen: Sie können sich zwischen einer
großen Anzahl von Gütern oder großen Produktionsmengen je Gut
entscheiden. Für Ersteres sprechen die Präferenzen der Nachfrager, für das
Zweite die stei-genden Skalenerträge (bzw. sinkenden Durchschnittskosten).
Um noch deut-licher zu analysieren, von welchen Faktoren (allein) die Anzahl
der Güterarten einer Volkswirtschaft abhängt, ist es möglich, für $ die
langfristige Gleich-gewichtsmenge [10] einzusetzen; dies führt zu
[13]
"
= (1 − ) .
Es sind nur noch drei Größen, die die Produktanzahl bestimmen: Die Größe
des Arbeitsangebots und damit der Volkswirtschaft, die realen Fixkosten der
Produktion und die Wertschätzung der Konsumenten. Eine größere Volkswirtschaft und geringere fixe Kosten lassen die Produktvielfalt steigen. Dies ist
intuitiv nachvollziehbar. Die Erklärung warum eine hohe Wertschätzung für
Güter ( → 1) eine geringe Produktvielfalt bedeutet, führt über den Preis: Bei
hoher Wertschätzung herrscht eine hohe Nachfrageelastizität, die zu geringeren
Preisen führt. Solche Preise können aber nur bei geringen Durchschnittskosten
und damit hohen Stückzahlen erreicht werden. Hohe Stückzahlen stehen aber
eben im Gegensatz zu hoher Produktvielfalt.
47
48
Vgl. Krugman (1979), S. 472.
Vgl. Chamberlin (1969), S. 91.
12
Wie genau sich die Anzahl der verschieden Produkte auf den Gesamtnutzen
aller Wirtschaftssubjekt auswirkt, lässt sich wie folgt zeigen: Aus [4] ergibt sich
durch den gleichen Konsum jedes einzelnen Gutes der Gesamtnutzen
[14]
! = ∙ <.
Da sich und $ im Gleichgewicht entsprechen,49 kann man aus [12] durch
Gleichsetzen der linken Seite von [9a] und der rechten Seiten von [10]
[15]
= ∙ ∙
url
l
∙ $ = $
erhalten. Umstellen nach $ und Einsetzen in [14] liefert das gleichgewichtige
Nutzenniveau
[16]
T" <
T" <
! = E3JF = >< E J F .
Mit höherem Realeinkommen und größerer Produktvielfalt steigt der gesamtwirtschaftliche Nutzen. Bei fixem Realeinkommen muss eine Erhöhung von gemäß [15] mit einem Rückgang der Produktionsmenge $ erkauft werden. Dies
wirft die Frage auf, ob sich die Konsumenten nun für ein höheres oder für
höhere $ bzw. entscheiden. Eine Vergrößerung von würde den Nutzen mit
dem Exponent 1, eine Vergrößerung von nur um den Exponent < 1 erhöhen. Die Konsumenten favorisieren eine höhere Produktvielfalt, diese lässt
sich aber nicht realisieren. Mehr Produkte führen zu geringeren Stückzahlen
und dies zu Durchschnittskosten, die über den Preisen liegen. Die Produktdifferenzierung wird also durch die hohen Fixkosten beschränkt. Eine grafische
Darstellung und die Wirkung des Außenhandels werden im nächsten Kapitel
gezeigt.
4.3
Monopolitische Konkurrenz und Außenhandel
Am Ende des letzten Kapitels schlossen wir mit der Überlegung, dass die
Konsumenten ihre Konsumwünsche (Relation [14]) nur unter der Bedingung der
Konsummöglichkeiten (Relation [15]) realisieren können. Grafisch bedeutet dies
einen Schnittpunkt der beiden Kurven. Abbildung 2 illustriert die Situation. Die
Steigungen der Kurven erhalten wir als
[14a]
[15a]
49
63
6l
63
6l
3
= − l ,
v
= −w .
Krugman modelliert ursprünglich anders. c ist dort der Pro-Kopf-Konsum, so dass diese Relation dort
nicht gilt. Für die Ergebnisse ist der Unterschied aber unwesentlich.
13
Die Konsummöglichkeiten sind durch das Realeinkommen beschränkt. Die
gleichseitige Hyperbel [15] bildet die umgekehrt proportionale Beziehung
zwischen Güterarten und Stückzahlen ab. Eine Konsumwunschkurve [14]
beschreibt alle Kombinationen von und $, bei der das Nutzenniveau !
erreicht wird. Sie kann somit als eine Indifferenzkurve interpretiert werden. Ihr
Anstiegsmaß ist die Grenzrate der Substitution von Güterarten in
Güterstückzahlen und ist von der Nachfrageelastizität abhängig. An der
Winkelhalbierenden (hier gilt = $) entspricht ihre Steigung − und ist damit
kleiner als eins. Dies bedeutet, dass die Konsumenten lieber auf eine
Mengeneinheit eines Gutes als auf eine Güterart verzichten möchten. Durch die
Bedingung [15] kann bei Autarkie jedoch nur das Gleichgewicht A mit der
Menge $% und der Anzahl der Güter erreicht werden.
n
45°
2 no
B
A
no
UB
UA
[14]
[15)]
0,5 xo
xo
x, c
Abbildung 2: Konsummöglichkeiten und Außenhandel (Rose/Sauernheimer (2006) S. 569)
Fraglich ist nun, wie sich Außenhandel auf die beschriebene Situation auswirkt.
Dies wird im Folgenden analysiert: Zunächst nehmen wir an, dass im Ausland50
eine genau symmetrische Situation herrscht. Sowohl die Produktionsbedingungen (, ) als auch die Präferenzen der Konsumenten () sind
identisch. Damit gleichen sich ebenfalls die Preise, so dass terms-of-trade
Effekte ausgeschlossen sind. Die traditionellen Gründe für Außenhandel sind
damit erschlagen. Wichtig ist jedoch die Anmerkung, dass nicht paarweise
gleiche Güter in jedem Land hergestellt werden, sondern insgesamt 2
verschiedenartige Güter (i. S. monopolistischer Konkurrenz, s.o.). Das Inland
produziert weiterhin verschiedene Produktarten, daher kann das Real50
Wir unterscheiden zwischen Inland und Ausland, wobei Ausland als der Rest der Welt interpretiert
werden kann.
14
einkommen gemäß [15] nicht steigen. Durch den Außenhandel kommt es also
insbesondere nicht zu Wohlfahrtssteigerung im Sinne eines Einkommenszuwachses. Die Lage der Konsummöglichkeitenkurve verändert sich dementsprechend nicht. Der Produktionspunkt der Volkswirtschaft bleibt in A. Der
Konsumpunkt wandert jedoch Richtung B. Die Konsumenten erreichen folglich
ein insgesamt höheres Nutzenniveau UB. Dieser Nutzenzuwachs wird dabei
allein durch die Diversifikation erreicht. Gleichung [14] ließe sich als
[14a] ! = ( + ) ∙ <
schreiben. Mit als Anzahl inländischer und als Anzahl ausländischer
Produktarten.51 So ist sofort ersichtlich, dass der Nutzen durch die neuen
ausländischen Produktarten steigt. Im Punkt B wird von den inländischen
Konsumenten die Menge
$
%
nachgefragt, die Unternehmen produzieren
jedoch die doppelte Menge $ . Es entsteht allerdings kein Angebotsüberschuss,
weil die andere Hälfte der Erzeugnisse von ausländischen Konsumenten
nachgefragt wird. Im Ausland stellt sich die Situation genau umgekehrt dar.
Die Produktdifferenzierung führt also bei gleichem Realeinkommen, gleichen
Kosten und gleichen Preisen zu einem höheren Nutzen. Es muss dabei noch
nicht einmal zu einer Spezialisierung kommen.52 Die reine Diversifikation erhöht
den Wohlstand beider Volkswirtschaften. Somit lässt sich der Handel in
gleichartigen Produkten erklären.
Ein kleines Beispiel soll das Gezeigte anschaulich zusammenfassen:
Der deutsche Angestellte A arbeitet beim deutschen Pkw-Hersteller VW. Mit
den klassischen Außenhandelstheorien ist es nicht erklärbar, warum A einen
RENAULT CLIO aus Frankreich kauft und das Unternehmen VW jährlich
hunderte VW POLO nach Frankreich exportiert. Das Verhalten des A lässt sich
mit unterschiedlichem Geschmack leicht erklären. Aber auch die quantitative
Wirkung im Bezug auf die Nutzenfunktion [4] ist simpel: Ein zweiter CLIO wird A
einen kleineren Nutzen spenden als der Erste (abnehmbarer Grenznutzen;
< 1). Auch intuitiv nachvollziehbar ist, dass ein VW und ein RENAULT einen
höheren Nutzen spenden als zwei RENAULT (additive Verknüpfung in [4]).
Sicherlich ist das Unternehmen VW in der Lage ein Auto zu bauen was exakt
dem RENAULT CLIO entspricht (identische Produktionsbedingungen (Produktionsfaktoren, Kosten, Know-How, etc.)). Es könnte somit die Nachfragewünsche des A selbst befriedigen. Allerdings hindern die hohen Fixkosten,
51
Vgl. Krugman (1979), S. 476. Rose/Sauernheimer nehmen diese Trennung in in- und ausländische
Güter nicht vor.
52
In weiterführenden Modellen wird der Ansatz von Krugman mit dem industrieökonomischen Modell
von Salop (1979) kombiniert. Als Ergebnis ergeben sich sowohl mehr Produktvarianten als auch sinkende
Preise. Vgl. Krugman/Obstfeld (2006), S. 173 - 175.
15
insbesondere Forschungs- und Entwicklungskosten, das Unternehmen daran.
Denn die hohen Preise für kleine Stückzahlen ließen sich auf dem Markt nicht
durchsetzen. Die Wohlfahrtssteigerung des A besteht im Freihandel in der
Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Modellen. Im Autarkiefall könnte
er nur VW fahren. Da VW nach Aufnahme von Außenhandel, die in Deutschland nicht mehr nachgefragten POLO nach Frankreich exportiert, verschlechtert
sich die Lage des Unternehmens VW nicht. A erhält somit weiterhin sein
sicheres, gleich hohes Einkommen. Seine Situation kann also nur besser sein
als zuvor.
5.
Schlussbetrachtung
Das Modell von Krugman zeigt anschaulich, wie es durch die Kombination von
steigenden Skalenerträgen, monopolistischer Konkurrenz und dem Wunsch
nach Produktdifferenzierung zu Außenhandel und Außenhandelsgewinnen
kommt („trade and gains from trade“).53 Die Besonderheit dabei ist, dass die
Handel betreibenden Länder und die Nachfragepräferenzen als vollkommen
identisch angenommen werden.
Der sich hieraus entwickelnde Handel ist intraindustrieller Art und erzeugt
zusätzliche Außenhandelsgewinne, die über die Gewinne des komparativen
Kostenvorteils hinaus gehen.54 Diese Gewinne spiegeln sich im Nutzenzuwachs
der Konsumenten wider. Ohne dass ihr Einkommen geschmälert wird, sind sie
in der Lage, ein differenzierteres Güterbündel zu erwerben.
Obwohl Freihandel allgemein das Einkommen der Gesamtheit der
Bevölkerungen hebt, lassen sich oftmals negative Verteilungswirkungen für
bestimmte Bevölkerungsgruppen feststellen. Diese Effekte ergeben sich dabei
i. d. R. durch Verwerfungen in den relativen Preisen. Beruht der Hauptanteil der
Außenhandelsgewinne jedoch auf intraindustriellem Handel sind solche
negativen Verteilungseffekte ausgeschlossen, und der Außenhandel kann für
jedermann vorteilhaft sein. Daher kann man diese Form des Außenhandels
problemlos politisch unterstützen.55
Im Rahmen dieser kurzen Arbeit wurde bewusst auf eine Modellkritik verzichtet.
Mögliche Anhaltspunkte wären die sehr speziellen Annahmen über die Kostenund Nutzenfunktionen, die extreme Preisstarrheit oder die Vernachlässigung
von Transaktionskosten.56
53
Vgl. Krugman (1979), S. 469.
Vgl. Krugman (2006), S. 182.
55
Vgl. Krugman (2006), S. 182 - 183.
56
Vgl. Rose/Sauernheimer (2006), S. 572.
54
16
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