Wir machen Menschen leistungsfähiger! Zeckenzeit: Ein interessanter Artikel aus der NZZ über die Borreliose Sollte sich denn in den nächsten Tage, der „flüssige Sonnenschein“ allmählich aus dem Staub machen werden wir hoffentlich alle wieder mehr Zeit in der Natur verbringen. Mit uns werden in Wald und Wiese auch die Zecken sein. Trotz verzögertem Sommerstart und viel regen haben die kleinen Blutsauger Hochsaison. Ich stelle fest, dass die Diskussionen über Zecken und die von Ihnen übertragenen Krankheiten in den letzten Jahren intensiver geführt werden. Meiner Meinung nach zu recht, denn die geographische Ausbreitung infizierter Zecken hat stark zugenommen. Nebst Zeckenspray bedeutet für mich das Wissen um die mit einem Zeckenstich verbundenen Risiken und die richtigen Verhaltensweise der beste Schutz. Diese Woche ist mir in der NZZ ein guter Artikel zu diesem Thema aufgefallen, der sich schwergewichtig mit der Borreliose auseinandersetzt. Aus aktuellem Anlass erlaube ich mir, Ihnen diesen Artikel als Newsletter weiterzuleiten. Ich wünsche Ihnen eine lehrreiche Lektüre und grüsse Sie herzlich, Ihre Coni Angst-Näf PS Bitte denken Sie daran, bei Fragen rund um die „Zeckenimpfung“ (Prävention gegen FrühsommerMeningoenzephalitis) oder Unsicherheiten nach einem Zeckenstich ihren Hausarzt zu konsultieren. Zecken rasch entfernen schützt vor Erkrankung - NZZ.ch, 03.07.2012 Seite 1 von 3 NZZ.CH WISSENSCHAFT Dienstag, 11:42 Borreliose Zecken rasch entfernen schützt vor Erkrankung Wissenschaft Dienstag, 11:42 Vollgesogene Zecke und normale Zecke.Bild: Imago Der aktuelle Beitrag in der Medizinserie der NZZ widmet sich der Borreliose. Die nicht immer einfach zu diagnostizierende bakterielle Erkrankung läuft unbehandelt in drei Stadien ab. Renato L. Galeazzi Trotz saisonaler Verspätung und regnerischem Wetter hat die Freiluftsaison längst begonnen – für die Zecken wie auch die Menschen, die durch Wald und Wiesen streifen. Es ist daher Zeit, über die Borreliose zu informieren. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass durch Zecken auch noch eine zweite, lang dauernde und schwer zu diagnostizierende Krankheiten übertragen wird, auf die hier nur am Rande eingegangen wird: die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Diese wird im Gegensatz zur Borreliose nicht durch Bakterien, sondern durch Viren verursacht. Weitere Unterschiede: Gegen FSME kann man sich impfen, dafür fehlt eine ursächliche Behandlung. Nach Zecken suchen Was bei Borreliose und FSME hingegen gleich ist, ist die Vorsorge: Wer sich häufig im Wald und an Waldrändern aufhält und auch das Unterholz aufsucht, sollte sich nach jedem Waldbesuch nach Zecken absuchen (lassen). Die bis drei Millimeter grossen und halb in der Haut versteckten «Tierchen» finden sich meist in der Nähe der Achselhöhlen, in der Leistengegend oder in der Kniekehle. Je schneller die Zecken entfernt werden, desto unwahrscheinlicher ist eine Ansteckung mit Krankheitserregern: Bei einer Verweildauer unter drei Tagen ist eine Infektion praktisch ausgeschlossen. Trotz dieser Vorsorgemöglichkeit erkranken in der Schweiz jährlich rund 10 000 Personen an Borreliose. Dies, obwohl die Krankheit bei weniger als einem Prozent der Gestochenen auftritt. http://www.nzz.ch/wissen/wissenschaft/zecken-rasch-entfernen-schuetzt-vor-erkranku... 06.07.2012 Zecken rasch entfernen schützt vor Erkrankung - NZZ.ch, 03.07.2012 Seite 2 von 3 Am besten entfernt man Zecken mit einer Pinzette oder mit zwei Fingern, geschützt durch Gummihandschuhe oder ein Papier. Der Parasit soll sanft angefasst und langsam in Richtung seiner Längsachse aus der Haut gezogen werden. Zurückgebliebene Mundteile können belassen werden; sie fallen später von selbst heraus. Eine Rötung um die Stichstelle (Fachleute reden von Zeckenstich, nicht von Zeckenbiss) ist harmlos und häufig. Sie muss aber beobachtet werden, denn die erste und häufigste Manifestation einer Borreliose geht ebenfalls mit einer bläulich-blassen Rötung einher. Diese breitet sich allerdings von der Stichstelle langsam (über Tage) ringförmig aus, weshalb von einem Erythema chronicum migrans (ECM) gesprochen wird. Damit einhergehen können grippeähnliche Symptome wie Glieder- und Kopfschmerzen, Müdigkeit, Fieber und Lymphknotenschwellungen. In diesem Stadium sind orale Antibiotika wie Amoxicillin oder Doxycyclin während dreier Wochen wirksam. Ausbreitung im Körper Ohne antibiotische Therapie können sich die Bakterien über Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich im Körper ausbreiten. Das harmloseste Zeichen einer solchen frühen Aussaat sind ECM an Stellen weit weg von der Stichstelle. Schwerwiegendere Symptome sind Nackensteifigkeit mit Hirnhautentzündung, Lähmungen einer oder beider Gesichtshälften, schmerzhafte Gefühlsstörungen und Muskelschwäche an den Armen oder Beinen. Ein Befall des Gehirns kann zu vielfältigen neurologischen Symptomen bis hin zum Koma führen. In dieser Situation muss zur Diagnosestellung die Konzentration der Antikörper gegen die Borrelien bestimmt werden – und zwar in der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) wie auch im Blutserum. Denn ein Befall des zentralen Nervensystems führt immer zur lokalen Produktion von Antikörpern und damit zu einer erhöhten Konzentration im Liquor. In diesem Stadium muss das Antibiotikum (Penizillin oder ein Cephalosporin) während zwei bis vier Wochen intravenös verabreicht werden. Auch Herz kann befallen sein Intravenös muss auch eine andere gefürchtete Manifestation der Borreliose behandelt werden: die Entzündung des Herzens (Karditis) mit «Herzblock». Dabei ist die elektrische Impulsübertragung im Herzen gestört. Ein «leichter» Block ist nur im EKG zu sehen, bei höhergradigen Blöcken wird der Puls so langsam, dass die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Patienten mit Karditis müssen telemetrisch überwacht werden und gehören ins Spital. Nur selten ist jedoch ein Herzschrittmacher nötig, da sich auch schwere Blöcke unter Antibiotikatherapie meist zurückbilden. Als drittes Stadium der Borreliose gilt die späte Aussaat der Bakterien im Körper. Dies kann erst Jahre nach der Infektion auftreten – auch dann, wenn zuvor keine Krankheitszeichen erkannt werden konnten. In diesem Stadium sind typischerweise die grösseren Gelenke entzündet (Arthritis). Wird die Diagnose mit Hilfe eines Antikörpernachweises im Blut gestellt, so sollte Doxycyclin als http://www.nzz.ch/wissen/wissenschaft/zecken-rasch-entfernen-schuetzt-vor-erkranku... 06.07.2012 Zecken rasch entfernen schützt vor Erkrankung - NZZ.ch, 03.07.2012 Seite 3 von 3 Tablette für mindestens vier Wochen gegeben werden. Selten einmal muss danach noch eine intravenöse Antibiotikatherapie angeschlossen werden. Antikörper weisen den Weg Im Spätstadium der Borreliose wird zudem eine äusserst seltene, nach korrekter antibiotischer Therapie kaum mehr auftretende neurologische Erkrankung beschrieben. Diese äussert sich in unspezifischen Symptomen, die von Kopfweh, Müdigkeit und Kribbeln bis zu diffusen Nervenschmerzen, Konzentrationsstörungen und kognitiven Einbussen reichen können. Sind bei diesen Patienten die Borrelien-Antikörper im Liquor erhöht, wird während zwei bis vier Wochen mit einem intravenösen Antibiotikum behandelt, was oft hilft. Die Antikörperbestimmung ist deshalb so wichtig, weil ähnliche Symptome auch bei anderen Krankheiten und psychosomatischen Leiden vorkommen. Dennoch werden den Patienten nicht selten von selbsternannten «Zeckenspezialisten» lang dauernde Antibiotika-Infusionen angeboten, ohne dass eine Lumbalpunktion zum Antikörpernachweis durchgeführt worden wäre. Das führt zu unnötigen «Kuren», die keinen Effekt haben können, wenn die Symptome nicht von einer Borreliose stammen. Suche nach anderen Krankheitsursachen Die beschriebenen Symptome können auch bei korrekter Behandlung noch über Monate bestehen bleiben; sie bilden sich danach aber zurück. Falls nicht, wird gelegentlich von «chronischer Borreliose» oder «Post-Borreliose» gesprochen, auch bei Patienten, die keine manifeste Borreliose hatten. Hier müssen unbedingt andere Krankheitsursachen gesucht werden – denn eine chronische Borreliose nach korrekter Antibiotikatherapie gibt es nach Ansicht vieler Mediziner nicht. Studien haben zudem gezeigt, dass bei diesen Patienten auch lang dauernde Antibiotikatherapien meist nichts bringen. In Europa wird im Spätstadium der Borreliose auch eine seltene Hautkrankheit beschrieben. Diese tritt vor allem an Händen und Füssen auf und äussert sich in einer bläulich verfärbten Schwellung und späteren Ausdünnung und Verhärtung der Haut. Auch hier scheint orales Doxycyclin zu helfen, obwohl es kaum Studien dazu gibt. Überhaupt verläuft in Europa die Borreliose nicht genau gleich wie in den USA, wo sie – seit einer Epidemie 1975 in der Nähe von Lyme, Connecticut – «Lyme Disease» genannt wird. Die verursachenden Bakterien, von denen es verschiedene, regional unterschiedlich verbreitete Unterarten gibt, wurden erst 1981 als Borrelien charakterisiert. Zu Ehren des Entdeckers Willy Burgdorfer, einem in die USA emigrierten Schweizer Bakteriologen, heissen sie Borrelia burgdorferi. Renato L. Galeazzi ist emeritierter Medizinprofessor; er war als Chefarzt am Kantonsspital St. Gallen tätig. http://www.nzz.ch/wissen/wissenschaft/zecken-rasch-entfernen-schuetzt-vor-erkranku... 06.07.2012