FAKULTÄT FÜR MATHEMATIK Prof. Dr. Patrizio Neff Christian Thiel 19.11.2013 Lösungsvorschlag zu den Präsenzaufgaben der 6. Übung Präsenzaufgabe 1: Gegeben seien eine beliebige Menge D und Funktionen f, g : D → R. Wir definieren sup f := sup{f (x) ; x ∈ D} sowie inf f := inf{f (x) ; x ∈ D} (Supremum und Infimum von g analog). Dazu sei c < 0. Zeigen Sie: a) inf f + inf g ≤ inf(f + g) ≤ sup(f + g) ≤ sup f + sup g. b) sup(c · f ) = c · inf f , falls f nach unten beschränkt ist. Lösung: a) Nach Definition ist sup f eine obere Schranke der Menge {f (x) ; x ∈ D}. Insbesondere ist f (x) ≤ sup f und analog g(x) ≤ sup g für alle x ∈ D. Daraus folgt direkt f (x) + g(x) ≤ sup f + sup g für alle x ∈ D, also ist sup f + sup g eine obere Schranke der Menge {f (x) + g(x) ; x ∈ D}. Das Supremum ist gerade die kleinste obere Schranke, also ist sup f + sup g ≥ sup{f (x) + g(x) ; x ∈ D} = sup(f + g) . Analog dazu gilt nach Definition f (x) ≥ inf f und g(x) ≥ inf g für alle x ∈ D. Daraus folgt wiederum f (x)+g(x) ≥ inf f +inf g für alle x ∈ D, also ist inf f +inf g eine untere Schranke der Menge {f (x)+g(x) ; x ∈ D}. Insbesondere ist inf f + inf g ≤ inf{f (x) + g(x) ; x ∈ D} = inf(f + g) . Es bleibt nur die Ungleichung inf(f + g) ≤ sup(f + g) zu zeigen. Diese gilt offensichtlich wegen inf(f + g) = inf{f (x) + g(x) ; x ∈ D} ≤ sup{f (x) + g(x) ; x ∈ D} = sup(f + g) . b) Sei x ∈ D beliebig. Wegen f (x) ≥ inf f und c < 0 gilt dann c · f (x) ≤ c · inf f . Also ist c · inf f eine obere Schranke von {c · f (x) ; x ∈ D}. Es bleibt also zu zeigen, dass c · inf f die kleinste obere Schranke von {c · f (x) ; x ∈ D} ist. Sei dazu ε > 0 ε vorgegeben. Wegen c < 0 ist dann auch −c > 0. Da inf f die größte untere Schranke aller {f (x) ; x ∈ D} ist, können wir zu jeder Zahl s größer als inf f ein y ∈ {f (x) ; x ∈ D} finden, sodass y ≥ s nicht mehr gilt, zu ε inf f + −c existiert somit ein y ∈ {f (x) ; x ∈ D} mit y < inf f + ε . −c Finden wir nun zu jeder kleineren Zahl als c · inf f , also zu jedem ε > 0 und somit c · inf f − ε < c · inf f ein ỹ ∈ {c · f (x) ; x ∈ D}, sodass ỹ > c · inf f − ε gilt, so ist c · inf f das Supremum aller {c · f (x) ; x ∈ D} und somit von c · f . Wir formen um: y < inf f + ε −c ⇔ cy > c · inf f − ε und sehen sofort, mit ỹ := c · y haben wir ein solches Element aus {c · f (x) ; c ∈ D} gefunden. Präsenzaufgabe 2: Für jedes n ∈ N sei In = [an , bn ] ⊆ R ein nichtleeres Intervall und es gelte ∀ n ∈ N : In+1 ⊆ In , sowie bn − an < 2−n . Zeigen Sie: Es existiert genau ein x ∈ R mit x ∈ \ In . n∈N 1 Reichen auch die Forderungen bn − an < 1 n oder bn − an < cn , c ∈ R? Lösung: Damit [an+1 , bn+1 ] ⊆ [an , bn ] 6= ∅ für alle n ∈ N gilt, muss an+1 ≥ an und bn+1 ≤ bn und an ≤ bn für alle n ∈ N gelten. Induktiv folgt a1 ≤ an ≤ bn ≤ b1 für alle n ∈ N. Also ist (an ) durch b1 nach oben beschränkt und monoton wachsend, (bn ) durch a1 noch unten beschränkt und monoton fallend. Da die Menge der an nach oben beschränkt ist, existiert das Supremum, so sei s := sup{an ; n ∈ N} . Zunächst zeigen wir, dass s für alle n ∈ N in In liegt, also \ In . s∈ n∈N Angenommen, dies ist nicht so, dann müsste es ein n0 ∈ N mit s 6∈ In0 , also s < an0 oder s > bn0 geben. s < an0 führt auf einen Widerspruch, da s obere Schranke aller an ist. s > bn0 führt ebenso auf einen Widerspruch: Für alle k, l ∈ N mit k ≤ l gilt nach Konstruktion der Intervalle ak ≤ al ≤ bl . Für alle k, l ∈ N mit k > l gilt nach Konstruktion der Intervalle ak ≤ bk ≤ bl . Somit gilt für alle k ∈ N: ak ≤ bn0 und auch bn0 ist eine obere Schranke aller an , also s = sup an ≤ bn0 , in Widerspruch zu s > bn0 . Nun zeigen wir, dass für \jedes ε > 0 die Zahl sowohl die Zahl s − ε, als auch die Zahl s + ε nicht mehr in allen In liegen, also die Menge In genau aus einem Element besteht, somit n∈N \ In = {s} . n∈N Wir können, da s Supremum aller an ist, ein n1 ∈ N so finden, dass s − an1 < ε gilt, somit ist s − ε < an1 , also s − ε 6∈ In1 . Wir können, da 2n > 1ε für hinreichend große n gilt, ein n2 ∈ N so finden, dass 2−n2 < ε gilt. Dann ist bn2 ≤ an + 2−n2 ≤ s + 2−n < s + ε, somit ist s + ε > bn , also s + ε 6∈ In2 . In der Mathematik werden solche Beweise der Form „Es gibt genau ein . . . “ häufig mit Existenz und Eindeutigkeit geführt. Dies wollenTwir alternativ zum obigen Beweis auch hier nochmal durchführen, wobei der T Anfang bis s := sup{an ; n ∈ N} ∈ n∈N In bis hierhin gleich bleibt; wir haben die Existenz eines Elementes in n∈N In bewiesen. Für die Eindeutigkeit gehen wir folgendermaßen vor: Wir gehen von zwei Zahlen x, y mit x 6= y, o.B.d.A. sogar T x < y, mit x, y ∈ n∈N In aus und leiten daraus einen Widerspruch her: Wir wählen ñ ∈ N so, dass 2−ñ < y − x gilt, dazu ist x, y ∈ Iñ = [añ , bñ ] , also x + 2−ñ < y ≤ bñ < añ + 2−ñ und damit x < añ , also x 6∈ Iñ , im Widerspruch zu x ∈ T n∈N In . Präsenzaufgabe 3: Untersuchen Sie die folgenden Funktionen auf Surjektivität, Injektivität und Bijektivität: a) f : R × R≥0 → R, f (x, y) = x · y , b) g : R → R, g(x) = x3 , c) h : N × N → N, h(n, m) = ggT(n, m) . 2 Lösung: a) Es ist f (x, 1) = x, für z ∈ R wähle x = z und y = 1 und es gilt f (x, y) = z, f ist surjektiv. Aber f (2, 1) = 2 = f (1, 2) und (2, 1) 6= (1, 2), somit ist f nicht injektiv und erstrecht nicht bijektiv. b) Wir zeigen zuerst, dass die Funktion injektiv ist. Seien dazu x, y ∈ R mit x 6= y. Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass x < y ist. Wir zeigen, dass dann auch x3 < y 3 gilt, indem wir folgende Fälle unterscheiden: 1. Für 0 ≤ x < y ist x3 = xxx < xxy < xyy < yyy = y 3 . 2. Für x < 0 < y ist x3 < 0 < y 3 . 3. Für x < y ≤ 0 ist 0 ≤ −y < −x, nach 1. gilt also (−x)3 > (−y)3 und damit x3 = −(−x)3 < −(−y)3 = y 3 . In allen Fällen ist also x < y und damit insbesondere x 6= y. Die Funktion ist also injektiv. Wir kommen nun zu der Frage, ob die Funktion g : R → R, x 7→ x3 surjektiv ist. Obwohl die Funktion eine sehr einfache Gestalt hat ist dies nicht einfach: Die Surjektivität der Funktion x 7→ x3 ist offensichtlich äquivalent zur Existenz von dritten Wurzeln, also dazu, dass zu jedem y ∈ R ein x ∈ R mit x3 = y existiert. Dies zu beweisen ist mit den bisher zur Verfügung stehenden Mitteln sehr schwierig. Sollten Sie dennoch versuchen wollen einen Beweis anzugeben, kann Ihnen Hausaufgabe 2 helfen; dort wird die Approximation beliebiger Wurzeln durch rationale Zahlen betrachtet. Präsenzaufgabe 2 liefert dann eine Möglichkeit, diese Approximation zu nutzen, um die Existenz von Wurzeln zu beweisen. c) Es ist h(1, 1) = ggT(1, 1) = 1 = ggT(1, 2) = h(1, 2), aber (1, 1) 6= (1, 2); h ist nicht injektiv. Sei n ∈ N beliebig aus der Zielmenge, dann ist h(n, n) = n, so ist h surjektiv. 3