59 Über die oxydative Desaminierung von Aminosäuren. Von M. Neber (Basel). (Aus der Physiologisch-chemischen Anstalt der Universität Basel.) (Der Schriftleitung zugegangen am 2. April 1936.) Sowohl der Aufbau als der Abbau der Aminosäuren geht im Tierkörper über die Ketosäure als Zwischenstufe. In neuerer Zeit konnte dies H.A.Krebs 1 ) bestätigen. Er zeigte, daß der überlebende Organschnitt eine Eeihe von Aminosäuren durch oxydative Desaminierung in die entsprechenden Ketosäuren verwandelt, die er in mehreren Fällen als Dinitrophenylhydrazone isolierte. Daß auch für den Aufbau der Aminosäuren die Ketosäuren Zwischenstufen sind, konnte M. Neb er 2 ) am Beispiel des Alanins bestätigen. Der überlebende Leberschnitt ist in der Lage, Brenztraubensäure bei Gegenwart von Ammoniak in Alanin überzuführen. Die Oxysäuren kommen als Zwischenprodukte nicht in Frage. Sie müssen erst in die Ketosäuren übergeführt werden, um zur Aminosäuresynthese befähigt zu sein. Als Ort des Aminosäureabbaus wurde bis vor einigen Jahren die Leber betrachtet, bis Krebs in der bereits angeführten Arbeit die Niere als Aminosäuren stark oxydativ abbauendes Organ erkannte. Die Leber zeigte eine viel geringere Abbaufähigkeit. Infolge der Größe der Leber ist diese aber trotzdem schon aus diesem Grund als wichtiges Organ in dieser Hinsicht zu betrachten. Vergleicht man nun die oxydative Desaminierung von Alanin mit gleichen Gewichtsmengen von Leber und Niere, wie im Versuchsteil des näheren ausgeführt ist — Versuchsobjekte waren überlebende Organschnitte — so ergibt sich, daß der Abbau in der Leber und in der Niere durchaus von derselben Größenordnung ist, wie sich am Auftreten von Ammoniak in der Niere und Ammoniak bzw. Harnstoff in der Leber und auch aus dem Verschwinden von Aminosäure feststellen läßt. ') Diese Z. 217, 191 (1933); 218, 157 (1933); Biochemie. J. 29,1620 (1935). *) Diese Z. 234, 83 (1935). Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM 60 M. Neber, Nun existiert aber noch ein weiteres, Aminosäuren abbauendes Organ, die Darmschleimhaut. Behandelt man Aminosäuren mit Darmschleimhaut in Sauerstoffatmosphäre, so tritt auch hier, wenn auch weniger als in der Leber und Niere, Ammoniak auf und Aminosäure verschwindet. Auch hier handelt es sich um eine oxydative Desaminierung. In einigen Fällen wurden die entstandenen Ketosäuren als Dinitrophenylhydrazone identifiziert. Daß die Darm wand zur oxydativen Desaminierung befähigt ist, konnten E. S. L o n d o n u. Mitarb. *) bereits am Beispiel des Alanins durch ihre Versuche an angiostomierten Hunden zeigen, ja sie sprechen sogar die Darm wand als Hauptorgan des Aminosäureabbaus an. Am leichtesten waren die einfacheren Aminosäuren wie Alanin, Phenylalanin, Valin, «-Aminobuttersäure abzubauen. Nur die einfachste Aminosäure, Glykokoll, widersteht merkwürdigerweise diesem Abbau, was mit der besonderen Funktion dieser Aminosäure im Organismus zusammenhängen dürfte. Ahnliches gilt für die Leber und die Niere [vgl. dazu auch mehrere Arbeiten von Bernheim 2 ), Borsook 3 ) und Kisch*)]. All dies dürfte wohl den Schluß zulassen, daß es sich in der Leber, Niere und Darmschleimhaut um dasselbe Ferment handelt, auch im Hinblick auf das später noch zu besprechende Verhalten der optisch aktiven Komponenten der Aminosäuren. Ein Unterschied zwischen den drei Organen dürfte darin bestehen, daß der weitere Abbau der Ketosäuren in der Darmwand nicht stattzufinden scheint, zumindest nicht in der isolierten Darmschleimhaut. Denn während mit überlebenden Leber- und Nieren schnitten keine oder nahezu keine Ketosäure aus der Versuchsflüssigkeit isoliert werden kann, da diese sofort weiter abgebaut wird und erst bei Vergiftung mit arseniger Säure diese nachgewiesen werden kann, tritt im Gegensatz dazu in der Darmschleimhaut sowohl mit als ohne arseniger Säure die gleiche oder nahezu die gleiche Menge Ketosäure auf. Nach den vorliegenden Versuchen dürfte als wichtigstes desaminierendes Organ die Leber gelten, dann folgt die Niere und schließlich die Darmschleimhaut. Wohl ist für Untersuchungen der oxydativen Desaminierung die Niere am geeignetsten, da sie im Durchschnitt am intensivsten abbaut und den oxydativen Abbau in reinerer Form zeigt als die Leber, bei der Komplikationen l ) Diese Z. 227, 223 (1934). *) J. of Biol. Chem. 106, 79 (1934); 107, 275 (1934); 109, 131 (1935). 3 4 ) J. of Biol. Chem. 110, 495 (1935). ) Biochem. Z. 280, 41 (1935). Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM Über die oxydative Desaminierung von Aminosäuren. ßj durch Harnstoffbildung usw. hinzukommen. Es ist bei Untersuchungen an überlebenden Leberschnitten nicht angängig, als Maß des Aminosäureabbaus die Ammoniakbildung zu messen, wie solches schon geschehen ist, sondern es ist unbedingt nötig, Ammoniak und Harnston0 mitsammen zu bestimmen, da das aus der Aminosäure entstandene Ammoniak sehr schnell in Harnstoff übergeführt wird und nur bei großen Mengen auftretenden Ammoniaks zum geringen Teil als solches noch vorhanden ist. Nur bei Vergiftung mit arseniger Säure wird kein Harnstoff gebildet. Der von Krebs erstmals angenommene stärkere Abbau der nichtnatürlichen Komponente einer Aminosäure gegenüber der natürlichen Komponente besteht zu Recht und wird bestätigt. Es ist dies aber keine Besonderheit der Niere, vielmehr gilt dasselbe ebenso für die Leber und die Darmschleimhaut, wie am Beispiel der beiden optischen Komponenten von Phenylalanin und Valin gezeigt wird. Diesen merkwürdigen Befund könnte man so erklären, daß der Organismus danach trachtet, die körperfremden Aminosäuren in körpereigene Stoffe überzuführen. Diese Annahme führt aber zu einem schwerwiegenden Einwand. Nach Fütterungsversuchen mit racemischen Aminosäuren (solche Untersuchungen sind vielfach beschrieben) scheidet sich mindestens zum Teil die nichtnatürliche Komponente im Harn aus. Es ergibt sich also ein großer Widerspruch zwischen Fütterungsversuchen und Versuchen an isolierten Organen. In diesem Zusammenhang haben Abderhalden und Tetzner 1 ) in neuester Zeit solche Fütterungsversuche mit racemischem. Alanin wiederholt und die nichtnatürliche Alaninkomponente im Harn aufgefunden. Die Aufklärung dieser Diskrepanz zwischen Fütterungsversuchen und Versuchen an isolierten Organen dürfte noch zu wichtigen Schlußfolgerungen führen. Es hat den Anschein, als ob bei der oxydativen Desaminierung von Aminosäuren an isolierten Organen Fermente in Tätigkeit sind, deren Aktivität im ganzen Organismus durch irgendwelchen Mechanismus, der in den Aminosäureauf- und -abbau eingreift, reguliert wird. Schließlich konnte auch ein geringer Abbau von nichtnatürlichem Histidin in der Niere festgestellt werden, nachdem alle Versuche zum Nachweis einer oxydativen Desaminierung von natürlichem Histidin (dieses wird nur durch die von Edlbacher in der Leber aufgefundenen Histidase in großen Mengen abgebaut) *) Diese Z. 232, 79 (1935). Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM 62 M. Neber, erfolglos waren,wie schonEdlbacherundNeber 1 ) zeigten. Jedenfalls ist damit eine Erklärungsmöglichkeit dafür gegeben, daß auch nichtnatürliches Histidin im Organismus Abbau erleiden kann. Auch Tryptophan wird in der Niere in geringem Maße oxydativ desaminiert. Der Abbau wurde sichergestellt durch den Nachweis des auftretenden Ammoniaks und durch die Farbreaktion auf Indolessigsäure. Damit ist ein Abbauweg und ein Abbauort erkannt, der vom Tryptophan zur Indolessigsäure führt (Heteroauxin), die ja bekanntlich von F. Kögl und Mitarbeitern2) aus dem Harn isoliert wurde. Beim Abbau von Alanin in der Leber tritt bei Vergiftung mit arseniger Säure weniger Ammoniak bzw. Harnstoff auf als in der nichtvergifteten Zelle. Damit steht in Übereinstimmung ein geringerer Aminosäureschwund. Der Aminosäureabbau wird also durch arsenige Säure teilweise gehemmt. Die Werte des auftretenden Ammoniak- bzw. Harnstoff-N und des verschwindenden Aminosäure-N stimmen aber bei Vergiftung besser überein als ohne Vergiftung, in welch letzterem Fall mehr Aminosäure zu verschwinden scheint, als Ammoniak bzw. Harnstoff auftritt. Es wird also scheinbar der aus Alanin stammende Ammoniak-N noch für eine andere Reaktion verbraucht. Die naheliegendste Annahme ist die, daß es sich hierbei um eine Purinsynthese handelt, wie eine solche von Schuler undßeindel 3 ) im Vogelorganismus vor kurzem bewiesen wurde. Die Purinsynthese müßte also durch arsenige Säure gehemmt werden. In der Niere tritt vielfach bei Vergiftung mit arseniger Säure sogar mehr Ammoniak auf als ohne Vergiftung. Die Ursache dafür ist noch unbekannt. Diese zuletzt erwähnten, zum Teil noch unklaren und undurchsichtigen Resultate konnten nicht weiter verfolgt werden, da die Arbeit aus äußeren Gründen abgebrochen werden mußte. Versuchsteil. Methodik. Die Versuche wurden im wesentlichen in der bereits früher beschriebenen Art (vgl. S. 59, Anm. 2) durchgeführt. Die neutralisierten Aminosäuren wurden in der entsprechenden Menge Bicarbonatpuffer gelöst, die betreffenden Organe zugegeben (Leber und Niere als Schnitte, Dünndarmschleimhaut als Ganzes) und in einer Sauerstoffatmosphäre mit 5 °/0 Kohlensäure 4 Stunden im Thermostaten bei 38° geschüttelt. Die für die As203Versuche angewandte As^Og-Konzentration war m/1000. Für die ersten Verl ) Diese Z. 224, 261 (1934). *) Diese Z. 228, 90 (1934). ) Diese Z. 234, 63 (1935); Klin. Wschr. 14, 1238 (1935). 8 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM Über die oxydative Desaminierung von Aminosäuren. 63 suche mit Dünndarmschleimhaut wurde der ganze, in kleine Stückchen geschnittene Dünndarm von Meerschweinchen, später nur mehr die Dünndarmschleimhaut allein verwendet. Der Dünndarm wurde aufgeschlitzt, gewaschen und die Dünndarmschleimhaut in üblicher Weise abgeschabt und als solche in die Versuchslösung gegeben. Versuchstiere waren in diesem Falle Katzen, die einen Tag gehungert hatten, um geleerten und reinen Darm zu bekommen. Für die anderen Versuche wurden Meerschweinchen verwendet. Zur Bestimmung des Ammoniaks wurde mit Trichloressigsäure enteiweißt (l ccm 30°/0ige Trichloressigsäure pro 10 ccm Versuchslösung) und in einem aliquoten Teil Ammoniak nach Folin bestimmt. Für die Harnstoffbestimmung wurde ein aliquoter Teil der von den Schnitten befreiten Lösung der Ureasespaltung unterworfen und das entstandene Ammoniak wiederum nach Folin bestimmt. Diese Bestimmung ergibt die Menge entstandenen Ammoniak- plus Harnstoff-N. Aminostickstoff wurde nach van Slyke in der enteiweißten Lösung bestimmt. Bei den Darmschleimhautversuchen sind die van Slykewerte nur von bedingtem Wert, da die Leerkontrollen stark schwanken und im Verhältnis zum verschwundenen Aminostickstoff schon groß sind. Die in den Tabellen angegebenen Zahlen beziehen sich auf den Umsatz von je l g Organ in 10 ccm Bicarbonatpuffer. Die Leerwerte sind bereits mit berücksichtigt Für die Harnstoffbestimmung mit Urease bei Gegenwart von arseniger Säure mußte zunächst festgestellt werden, ob diese die Ureasespaltung stört. Dies war nicht der Fall. Beispiel: 4 ccm einer m/50-Harnstofflsg. der Ureasespaltung unterworfen, gefunden: 2,18mg Harnstoff-N; 4 ccm derselben Harnstofflösung bei Gegenwart von 0,1 ccm m/20-As203 der Ureasespaltung unterworfen, gefunden: 2,17 mg Harnstoff-N. Zur Isolierung der Ketosäuren als Dinitrophenylhydrazone wurde das mit Trichloressigsäure enteiweißte Filtrat mit einer bei Zimmertemperatur gesättigten Lösung von 2,4-Dinitrophenylhydrazin in 2n-HCl versetzt. Nach einigen Stunden Stehen im Eisschrank wurden die auskrystallisierten Hydrazone abfiltriert. Die Konzentration der verwendeten Aminosäurelösungen war meistens m/20, also ein großer Überschuß, wodurch optimales Spaltungsvermögen der Organe erzielt wurde. In den Fällen, wo in den Tabellen nur der Name der Aminosäuren angegeben ist, handelt es sich um die Kacemform. Die Kennzeichnung der optischen Formen geschah nach der jetzt üblichen Nomenklatur. Als gut abbaufähige Aminosäure wurde vor allem Alanin untersucht. Es entstehen beträchtliche Mengen Ammoniak bzw. Harnstoff (vgl. Tab. 1). In der Leber entsteht aus dem intermediär durch Desaminierung gebildeten Ammoniak Harnstoff, und nur bei Vergiftung mit m/1000-arseniger Säure tritt tatsächlich mehr oder weniger Ammoniak auf, da hierbei die Harnstoffbildung aus dem A m m o n i a k gestört ist. In der mit arseniger Säure vergifteten Zelle tritt aber nicht die ganze Menge Ammoniak auf, die der Menge Harnstoff in der unvergifteten Zelle entsprechen sollte. Es entsteht die Frage, ob es sich hier um einen geringeren Abbau der Aminosäuren oder um ein Verschwinden von Ammoniak handelt (vgl. später). In der Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM M. Neber, 64 Tabelle 1. Vergleich des Abbaus von Alanin in Leber und Niere (mit und ohne arseniger Säure). Abbau ohne As208 Abbau mit As203 geb. geb. geb. NH8-N Harnst. -N NH3-N geb. Harnst-N m/10- Alanin + Leberschnitte desgl. desgl. m/10-Alanin -f- Nierenschnitte desgl. desgl. 0,03 0,11 0,37 0,87 1,69 1,68 0,75 0,37 0,76 0,84 1,71 1,30 1,82 -0,10 0,02 0,00 m/20-Alanin + Leberschnitte m/20-Alanin + Nierenschnitte 0,00 0,65 1,35 0,31 1,71 -0,04 Niere entsteht direkt Ammoniak, dessen Menge in manchen Fällen wie in den gerade gebrachten Beispielen bei Gegenwart von arseniger Säure vielfach sogar noch stark erhöht wird. Jedenfalls zeigt sich beim Vergleich der Abbaufähigkeit von Leber und Niere, daß beide Organe größenordnungsmäßig gleich stark abbauen. Betrachtet man die günstigsten Bedingungen für die Ammoniak- bzw. Harnstoffbildung (Harnstoffbildung in der Leber ohne arsenige Säure, in der Niere Ammoniakbildung mit arseniger Säure), so verhalten sich beide Organe gleich. Weitere Beispiele in dieser Hinsicht ergeben sich aus den späteren Tabellen. Tabelle 2. Abbau einiger Aminosäuren mit Dünndarmschleimhaut. Entst. NH3-N Entst. NH3-N Glykokoll Alanin Phenylalanin . . . l(-)-Serin . . . . a-Aminobuttersäure 1(4·)- Glutaminsäure 0,00 0,60 0,26 0,14 1,21 0,00 Aminobuttersäure (4- 0,5 g Dünndarmschleimhaut) 25' geschüttelt bei 38° 4 Std. bei Zimmertemp. 4 Std. bei 38° geschüttelt 0,07 0,12 0,45 Die Tabelle zeigt, daß die einfacheren Aminosäuren, mit Ausnahme von Grlykokoll am leichtesten abgebaut werden. Arginin, Ornithin, Histidin, Tryptophan und Prolin zeigen keinen oder nur verschwindend geringen Abbau. Sowohl mit verriebener Dünndarmschleimhaut als auch bei Vergiftung mit arseniger Säure erfolgt Abbau, in Stickstoffatmosphäre nicht. Das Enzym wirkt also oxydativ desaminierend (vgl. Tab. 3). Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM 65 Über die oxydative Desaminierung von Aminosäuren. Tabelle 3. Abbau von Alanin mit Dünndarmschleimhaut unter verschiedenen Bedingungen. (Zugesetzter NH2-N 6,86 mg etwa m/20-Alanin.) VerWiederEntst. gefundener schwundener NH8-N ,,Alanin -f- Dünndarmschleimhaut in 02 Alanin 4· verriebene DünndarmSchleimhaut in 02 Alanin 4- Dünndarmschleimhaut in N2 Alanin 4- Dünndarmschleimhaut bei Gegenwart von As208 in 02 . . . 0,62 6,16 0,70 086 -0,04 5 94 6,82 0,92 0,04 0,55 5,93 0,93 Tabelle 4. Abbau einiger Aminosäuren in Dünndarm Schleimhaut mit und ohne As203. Entst. NH.-N Phenylalanin . . . l(-)-Serin . . . . Aminobuttersäure . Valin Isolierte m{ Hydrazon ohne As208 mit As208 ohne As208 mit As208 0,26 0,12 0,94 0,19 0,21 0,09 0,98 0.19 8,7 3.8 9,7 4.7 Durch die Gegenwart von arseniger Säure wird die Ammoniakbildung nicht verändert. Im Gegensatz zur Leber und Niere läßt sich mit der Dünndarmschleimhaut bereits ohne Vergiftung mit arseniger Säure die Ketosäure isolieren, deren Menge durch Vergiftung des Organs nicht wesentlich erhöht wird. (Die Ketosäuren wurden aus den verdünnten Lösungen unter denselben Bedingungen isoliert.) Tabelle 5. Identifizierung einiger durch Desaminierung in der Darmschleimhaut gewonnenen Ketosäuren als Dinitrophenylhydrazone (aus 10 ccm m/20-Aminosäure mit 2 g Dünndarmschleimhaut). Isolierte mg Hydrazon Schmelzpunkt Zum Vergleich des Hydrazons Schmelzpunkt mit Dünndarm- des Hydrazons Schleimhaut mit Niere gewonnen gewonnen Phenylalanin . . . . 185 188 Valin . . . 7 1Q^ m (rn\\\ 199 Aminobuttersäure . . 29,2 199 U Alanin 213 21.0 214 h *) Die entsprechenden Hydrazone aus Dünndarmschleimhaut und Niere ergaben bei Anstellung der Mischschmelzpunktsprobe keine Depression. Hoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. CCXL. 5 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM M. Neber, 66 Tabelle 6. Vergleich des Alaninabbaus von Leber, Niere und Dünndarmschleimhaut. (Organe derselben Katze, zugegebener NHj-N 7,1 mg etwa m/20-Alanin.) Entstandener NH.-N Wiedergefundener NH2-N ohne As208 mit As208 ohne As2Og Alanin + Leberschnitte Alanin + Nieren schnitte Alanin + Dünndarmschleimhaut mit As203 0,65 1,46 1,77 1,77 5,1 4,8 0.52 0.52 etwa 6,2 etwa 6.1 Tabelle 7. Abbau optisch aktiver Aminosäuren in der Niere. Entstandener NH3-N Verschwundener NH2-N ohne As208 mit Asa08 ohne As208 mit As203 0,26 1,38 0,00 0,15 0,30 0,88 0,06 0,68 0,57 1,27 0,04 0,20 0,39 0,83 0,10 0,81 1(— )-Phenylalanin . d ( + )-Phenylalanin . l(+)-Valin . . . . d(-)-Valin . . . . Die Tabelle bestätigt den stärkeren Abbau der in der Natur nicht auftretenden d-Komponente gegenüber dem Abbau der natürlichen 1-Komponente einer Aminosäure. Tabelle 8. Abbau optisch aktiver Aminosäuren in Leber und Dünndarmschleimhaut. (Organe derselben Katze. Doppelbestimmungen.) 1 ( — )-Phenylalanin d ( + )-Phenylalanin l(+)-Valin . . . . d(-)-Valin. . . . Entst. NH8-N in Dünndarmschleimhaut Entst. 8in Leber 0,04 0,13 0,01 0,28 -0,02 0,00 0,00 0,05 0,06 0,12 0,20 0,00 0,00 0,00 0,03 Entst. NHS-N + Harnstoff-N in Leber 0,00 0,36 -0,03 0,90 -0,03 0,42 -0,05 1,08 Tabelle 9. Abbau optisch aktiver Aminosäuren in Dünndarmschleimhaut mit und ohne arseniger Säure. Entstandener NH3-N 1(— )-Phenylalanin . . . . d(-f-)-Phenylalanin . . . . d(-)-Valin ohne As208 mit As208 0,13 0,28 0,16 0,11 0,28 0,12 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM 67 Über die oxydative Desaminierung von Aminosäuren. Auch in Leber und Dünndarmschleimhaut wird die nicht natürliche Komponente stärker abgebaut. Die nahezu verschwindende Desaminierung der natürlichen Komponenten steht in Übereinstimmung mit der von anderen Autoren beobachteten geringen oder verschwindenden Atmungs^ Steigerung (vgl. Tab. 8). Durch die Gegenwart von arseniger Säure wird der Abbau im Dünndarm nicht beeinflußt. Früher wurde erwähnt, daß beim Abbau von Alanin in der Leber bei Gegenwart von arseniger Säure (Harnstoffbildung verhindert) weniger NH8-N als ohne Vergiftung NH3- plus Harnstoff-N auftritt. Diese Frage wird im folgenden untersucht. Beispiel: NH8 + Harnstoff-N TWTT JNJtlj— JN ohne mit AsA As208 mit ohne Asj08 AssOe Alanin + Leberschnitte 1,61 Leberschnitte allein 0,76 Gefundener NH8-N J0,85 aus Alanin 0,83 0,36 0,47 3,01 1,10 Noch vorhandener NHj-N aus Alanin jl,91 Zugesetzter NHS-N 3,56 Abgebauter NH4-N 1,65 4,06 0,88 3,18 3,56 0,38 In dieser Weise wurde der Abbau von Alanin in der Leber mit und ohne arseniger Säure in mehreren Versuchen an verschiedenen Tieren durchgeführt. Das Ergebnis zeigt die nächste Tabelle. Tabelle 10. Abbau von Alanin mit Leberschnitten mit und ohne arseniger Säure. * 1 5 2 1 3 6 Entst. NH8-N -1- Harn- Abgegebener NH -N 2 Differenz Differenz stoff-N (4-2) (3—1) ohne As808 mit AsjOj ohne As208 mit A 8g Og Versuche mit Meerschweinchenlebern. 1 2 3 4 5 6 7 0,85 0,81 0,92 0,99 0,61 0,70 0,63 0,47 0,45 0,36 0,56 0,50 0,30 0,40 1,70 0,35 Versuche mit Katzenlebern. 1,05 2,26 0,90 0,95 1,62 0,97 1,65 1,55 1,44 0,96 1,03 1,01 1,37 0,38 0,50 0,75 0,50 0,41 0,27 0,44 0,80 0,74 0,52 -0,03 0,42 0,31 0,74 0,56 0,27 5* -0,09 0,05 0,39 -0,06 -0,09 -0,03 0,04 •0,15 0,02 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM 68 M. Neber, Die Zahlen einer Horizontalreihe gehören immer zum selben Versuch mit der Leber desselben Tieres. Die Tabelle zeigt zunächst, daß tatsächlich die Ammoniak- bzw. Harnstoff-N-Bildung bei Gegenwart von arseniger Säure immer geringer ist als in den Versuchen ohne arsenige Säure. Damit geht parallel ein geringeres Verschwinden von Aminostickstoff bei Gegenwart von arseniger Säure. Letztere hemmt also zum Teil den Abbau der Aminosäure. Vergleicht man aber die Zahlen des auftretenden Ammoniak-f· Harnstoff-N und abgebauten Amino-N miteinander, so sieht man, daß diese Zahlen bei den Versuchen mit den vergifteten Schnitten weitgehend übereinstimmen (vgl. Vertikalreihe 6), daß also, mit anderen Worten, der verschwundene Amino-N vollkommen als NH8-N (Harnstoffbildung verhindert) wiedergefunden wird. Dagegen stimmen die entsprechenden Zahlen bei den Versuchen mit den unvergifteten Schnitten nicht gut überein. Vielmehr wird bei diesen Versuchen mehr Aminosäure abgebaut, als Ammoniak- -t- Harnstoff-N auftritt (vgl. Vertikalreihe 5). Mit anderen Worten muß hier noch NH3-N für eine andere Keaktion verbraucht werden. Durch das Mitreagieren von Ammoniak- bzw. Harnstoff-N bei der van Slykebestimmung kann dieser eben erwähnte Befund nicht verfälscht werden, da ja bei Gegenwart von arseniger Säure die Harnstoffbildung verhindert ist und der Stickstoff also als NH3-N vorliegt, der bei der van Slykebestimmung bekanntlich schneller mitreagiert, als der Harnstoff-N. Die Menge gefundenen Aminostickstoffs ist bei den Versuchen ohne arsenige Säure (Vertikalreihe 3) also eher noch zu niedrig als zu hoch gegenüber den Versuchen mit arseniger Säure. Leberschnitte allein geben an die Lösung bei den Versuchen ohne arsenige Säure im Durchschnitt etwas mehr Ammoniak -t- Harnstoff ab als in den Versuchen mit arseniger Säure Ammoniak. Vielleicht gelten ähnliche Verhältnisse, wie sie eben für die Leber besprochen wurden, auch für die Niere, besonders in den Fällen, wo durch arsenige Säure starke Erhöhung der Ammoniakbildung stattfindet. Dafür liegt aber zu wenig Zahlenmaterial vor. Tabelle 11. Abbau von d-Histidin der Niere (m/20-Aminosäure). NHg 1 ( — )-Histidin df-H-Histidin -N*) 1. Tier 2. Tier 0,31 0.55 0 13 0.27 *) Leerwerte nicht abgezogen. Gegenüber dem Abbau von l (—)-Histidin in der Leber durch Histidase ist der Abbau von d (H-)-Histidin in der Niere minimal. Abbau von Tryptophan in der Niere. Beim Abbau von Tryptophan in der Niere unter den üblichen Bedingungen werden pro lOccm m/20-Tryptophan 0,20—0,30mg NH3-N erhalten. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM Über die oxydative Desaminierung von Aminosäuren. 69 Die von den Schnitten abfiltrierte Lösung (als solche oder mit Trichloressigsäure enteiweißt) gibt die Farbreaktion auf Indolessigsäure: Versetzen der Lösung mit einigen Tropfen HN03 (konz.) und 2—3 Tropfen 2°/0iger KN02: schöne, kirschrote Färbung, die beim Ausschütteln in Essigester geht. Durch Zusatz von NaOH Entfärbung der Essigesterlösung, beim Ansäuern wieder Rotfärbung. Versetzen der Lösung in verdünnter HC1 mit einigen Tropfen stark verdünnter FeCl3-Lösung: Die Lösung wird beim Erwärmen noch vordem Kochen violett (Blaurot). Die entsprechenden Leerkontrollen, Tryptophanlösung allein, Bicarbonatpuffer allein mit Nierenschnitten geschüttelt, geben keine Farbreaktionen. Ob es sich hier um die Indolessigsäure selbst oder um die Indolbrenztraubensäure handelt, ist nicht entschieden, da Indolbrenztraubensäure durch die verwendeten Reagentien in die Indolessigsäure eventuell übergehen könnte. Zusammenfassung. 1. Als wichtigstes Aminosäuren oxydativ abbauendes Organ fungiert die Leber, dann folgt die Niere und schließlich die Dannschleimhaut, wobei es sich in allen diesen Organen um dasselbe Ferment handelt. Außer Glykokoll sind am leichtesten die einfacheren Aminosäuren abzubauen. 2. Im Gegensatz zu Fütterungsversuchen bauen alle drei Organe im isolierten Zustand die nichtnatürliche Komponente einer Aminosäure rascher ab als die natürliche. 3. Auch Tryptophan und d(+)-Histidin werden in der Niere in geringem Maße abgebaut. 4. Beim Abbau von Alanin in der Leber verschwindet ein geringer Teil des auftretenden Ammoniaks und ist weder als solches noch als Harnstoff wiederzufinden. Es wird vermutet, daß es sich um eine Purinsynthese handelt. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 8:59 PM