PALLIATIVE TUMORTHERAPIE

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PALLIATIVE TUMORTHERAPIE
Einführung
Wird ein Tumor so spät diagnostiziert, dass er nicht mehr operativ entfernt werden kann, oder kommt es nach einer Operation später zum Wiederauftreten des Tumorleidens (Rezidiv),
dann ist in der Regel - abgesehen von bisher seltenen Ausnahmen - keine 2. Operation unter kurativem, d. h. heilendem
Aspekt möglich.
Das Tumorleiden kann dann in der Regel aber noch "palliativ",
d. h. im Sinne einer Besserung und/oder Linderung beeinflusst
werden. In einzelnen, seltenen Fällen sind aber auch hier Heilungen möglich.
Das Ansprechen bzw. Nicht-Ansprechen auf eine palliative
Therapie erfolgt in folgender, international anerkannter Weise:
⇒
CR = komplette, völlige Rückbildung der Tumorläsionen
unter der Therapie in den bildgebenden Verfahren
⇒
PR = partielle Rückbildung der Tumore/Metastasen unter Therapie, um mehr als 50% der Ausgangsgröße
⇒
MR = Minor Response, Rückbildung des Tumors bzw.
der Metastasen um 25-50% der Ausgangsgröße
⇒
SD = stabiler Verlauf, der Tumor bzw. die Metastasen
bleiben in einem Bereich von +/- 25% des Ausgangsvolumens
⇒
PD = progressive Erkrankung mit Vergrößerung des
Tumors bzw. der Lebermetastasen über den Untersuchungszeitraum um mehr als 25%
46
Eine vergleichbare Bewertung ist auch für das Verhalten der
Tumormarker unter einer palliativen Therapie möglich, allerdings bisher nicht allgemein anerkannt.
Für die Zulassung des Zytostatikums Gemcitabine wurde dagegen im wesentlichen ein klinischer Parameter herangezogen. Die "Clinical Benefit Response" (BurrisIII et al, J Clin
Oncol 15, 2403-2413, 1997) wertet den Einfluss der Chemotherapie auf 3 Parameter: den Allgemeinzustand (hier Karnofsky Index, Besserung um ≥20%), den Schmerz (Senkung
des Schmerzmittelverbrauches um ≥50% sowie Abnahme der
Schmerzintensität um ≥50% auf der VAS Skala) und das Körpergewicht (Zunahme um ≥ 7%). Das Gemcitabine wurde auf
Grund einer guten Clinical Benefit Response bei 23,8 % der
Patienten (im Vergleich zu nur 4,8% unter 5FU nach dem
Mayo-Schema) trotz einer objektiven Ansprechrate von nur ca.
5% zugelassen.
In einer Analyse eigener Daten an 61 Patienten hatten wir
schon 1991 zeigen können, dass relevante Parameter der
Lebensqualität (Körpergewicht, Schmerz, Aktivitätsindex) –
ebenso wie die Tumormarker - häufiger durch eine Chemotherapie günstig beeinflusst werden als die Tumorgröße in den
bildgebenden Verfahren (18%(LQ) vs. 13%(MR und PR / Tumormarker) vs. 5%(MR und PR/Bildgebende Verfahren)
(Klapdor R. Eur J Clin Oncol 17, 1991, 153-166).
Für die palliative Tumortherapie stehen heute insbesondere
zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Die palliative Strahlentherapie und die palliative Chemotherapie, oder aber eine Kombination beider Verfahren.
Strahlentherapie
Krebszellen sollen ein weniger gut funktionierendes Reparatursystem als normale gesunde Zellen haben. Folglich können Schäden, die durch Bestrahlung angerichtet werden, von
Krebszellen schlechter als von normalen gesunden Zellen
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behoben werden. Durch eine Strahlentherapie kann dieser
Effekt mit dem Ziel einer vorwiegenden Schädigung des Tumors genutzt werden.
Der Effekt einer Strahlentherapie kann an verschiedenen ZielParametern gemessen werden: neben allgemeinen Parametern des Befindens und der Lebensqualität sind hier insbesondere die Schmerzlinderung über Angaben des Patienten (z. B. Schmerzskala) oder über Änderungen des
Schmerzmittelbedarfs zu nennen sowie das Verhalten der
Tumorgröße und des Tumorwachstums, gemessen über
bildgebende Verfahren und Tumormarker.
Voraussetzung für eine Strahlentherapie ist ein noch auf die
Bauchspeicheldrüse bzw. die unmittelbare Bauchspeicheldrüsenregion begrenztes Tumorleiden. Denn die umliegenden
Organe im Bauchraum können leicht durch höhere Bestrahlungsdosen geschädigt werden.
Indiziert kann die Strahlentherapie aber auch bei Metastasen
sein, die für den Patienten eine akute Gefährdung bedeuten,
wie Metastasen in der Wirbelsäule, im Becken-Extremitätenoder sehr selten auch einmal im Kopfbereich.
Die alleinige Strahlentherapie kann teilweise gut Schmerzen
lindern. Eine Verkleinerung des Primärtumors über eine vorübergehende Wachstumshemmung hinaus wird allerdings nur
selten erreicht.
Eine palliative Strahlentherapie wird in der Regel als kombinierte Radio- Chemotherapie mit 5-FU und/oder neuerdings
Gemcitabine oder cisPlatin empfohlen. Mit dieser Therapie soll
neben einer Schmerzlinderung eine Verlängerung der Überlebenszeit von ca. 4 auf ca. 9 Monate bei primär inoperablen,
noch nicht metastasierten Pankreaskarzinomen erreicht werden.
Die Möglichkeiten einer adjuvanten Radio-Chemotherapie,
d. h. einer Radio-Chemotherapie nach vermeintlich kurativer
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Tumorresektion sind zur Zeit nicht abschließend zu beantworten, ebenso wenig wie die Frage einer neoadjuvanten
Radio-Chemotherapie, d. h. einer präoperativen RadioChemotherapie mit dem Ziel, den Tumor zu verkleinern, um
ihn dann doch noch operativ entfernen zu können, Zur Zeit
laufen verschiedene Studien mit verschiedenen radiotherapeutischen Konzepten in Kombination mit simultan oder sequenziell applizierten Zytostatika wie 5-FU, Gemcitabine oder cisPlatin.
Auch der Einsatz der IntraOperativen RadioTherapie (IORT)
mit dem Ziel der Verbesserung der Ergebnisse einer alleinigen, vermeintlich kurativen Resektion, ist noch umstritten. Die
lokale Tumorkontrolle wird verbessert, d.h. das Wiederauftreten eines Tumorleidens am Ort der Pankreasoperation verzögert oder verhindert. Die Gesamtüberlebenszeit wird aber
zur Zeit bei den heute noch üblichen Behandlungsstrategien
nicht effektiv beeinflusst.
Wie im Falle der Chemotherapie ist aber zu bedenken, dass
nicht jede technisch durch ein Down-Staging (therapieinduzierte Verkleinerung eines Tumors) möglich gewordene
Resektion auch eine kurative Resektion zu sein braucht. Darüberhinaus erfasst die Strahlentherapie in der Regel nur die
unmittelbare Bauchspeicheldrüsenregion, sie beeinflusst aber
nicht das Wachstum von entfernteren Lymphknoten- oder Lebermetastasen. Ein Down-Staging des Primärtumors mit nachfolgender technischer Resektabilität braucht damit im Hinblick
auf die Gesamtüberlebenszeit bei den heutigen Therapiekonzepten nicht zu einer Besserung zu führen. Die Frage eines
Zweiteingriffes nach Downstaging sollte daher zur Zeit immer
noch im Einzelfall sehr gründlich überlegt werden.
Möglicherweise können in Zukunft die Ergebnisse der ja nur
einmalig für ein und denselben Bereich durchzuführenden
Strahlentherapie durch Nachfolge-Therapien mit geeigneten
Zytostatika/Zytostatikaschemata verbessert werden (siehe
auch unter „Chemotherapie“: Effizienz orientierte sequentielle Polychemotherapie oder multimodale Therapie).
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Chemotherapie
Häufiger als die Strahlentherapie oder die Kombination von
Strahlen- + Chemotherapie wird zur palliativen Behandlung die
Chemotherapie eingesetzt.
Für die Chemotherapie werden Medikamente eingesetzt, die
als "Zellgifte" (Zytostatika) vor allem auf sich teilende Zellen
wirken. Dadurch werden vor allem Tumorzellen geschädigt,
weil diese sich ständig vermehren. Angesichts dieses Wirkungsmechanismus können aber auch Zellen gesunder Gewebe, die sich relativ schnell vermehren, in Mitleidenschaft
gezogen werden und zu Beschwerden/Nebenwirkungen
führen. Hier sind insbesondere die Darmschleimhaut (Durchfälle), die Haarwurzeln (Haarausfall) oder die blutbildenden
Zellen des Knochenmarks, der Abfall der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), der Blutplättchen (Thrombozyten) und der
roten Blutkörperchen (Anämie) zu nennen. In der Regel werden diese Nebenwirkungen von den Patienten nicht bemerkt
oder sie sind gut durch diätetische und/oder medikamentöse
Maßnahmen beeinflussbar (s.u.) . In einigen Fällen kann es
aber auch zu schweren Komplikationen kommen (x) Alle diese
Begleiterscheinungen und Nebenwirkungen einer Chemotherapie klingen aber wieder ab, wenn keine Zytostatika mehr
verabreicht werden. In der Regel sind für Patienten mit Pankreaskarzinom Zytostatika mit starken Nebenwirkungen nicht
wirksamer als Zytostatika mit relativ wenigen oder sogar vernachlässigbaren Nebenwirkungen. Eine Herabsetzung der
Nebenwirkungen verbunden mit verbesserter Wirkung scheint
darüber hinaus durch eine Kombination von Zytostatika möglich zu sein.
Appliziert wird die Chemotherapie in der Regel über die Venen der Arme. Bei längerer Behandlung, evtl. auch bei gleich(x) Bezüglich selten oder sehr selten auftretender weiterer Nebenwirkungen
sei auf die den Medikamenten beiliegenden Begleitzettel der Hersteller verwiesen und das vor dem Beginn einer bzw.Chemotherapie zu führende ArztPatienten-Gespräch.
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zeitiger Ernährungstherapie ist es sinnvoll, spezielle Infusionssysteme zu nutzen. Am bekanntesten sind die Port-acath-Systeme, bei denen ein kleines Kunststoff- oder Metallreservoir operativ meist unterhalb des Schlüsselbeines unter
die Haut in das Unterhautfettgewebe eingesetzt wird, über das
Medikamente und Flüssigkeit über einen etwa 15cm langen
Katheter direkt in die obere Hohlvene gegeben werden können. Mit besonderen Anstechnadeln (z.B. Huber-Nadeln) können über derartige Systeme sowohl kurzzeitige als auch auch
ganztägige oder mehrtägige Infusionen oder ZytostatikaApplikationen ambulant durchgeführt werden.
Im Gegensatz zu den 80er Jahren führt heute eine Chemotherapie vielfach zu einer günstigen Beeinflussung des Tumorleidens eines Patienten mit Pankreaskarzinom:
Über eine Stabilisierung der Erkrankung, teilweise aber auch
über eine deutliche Tumorverkleinerung, über eine Verlängerung der Überlebenszeit und Besserung der Lebensqualität
bis hin zur vorübergehenden Schmerzfreiheit und Normalisierung des Körpergewichtes. Es gibt heute mehrere Zytostatika, die allein oder in Kombination zum Einsatz kommen
können. Am bekanntesten ist zur Zeit das Gemcitabine (Gemzar®) allein oder in Kombination z. B. mit einem Platin-Derivat
(Cisplatin® oder Oxaliplatin-Eloxantine®) oder Mitomycin C®,
oder das 5-Fluorouracil(5FU) in Verbindung mit Folinsäure
(FA), allein oder in Kombination mit z. B. Oxaliplatin oder auch
Irinotecan (Campto®). Oxaliplatin und Irinotecan sind allerdings bisher leider noch nicht für die Behandlung des Pankreaskarzinoms von den entsprechend verantwortlichen Gremien
zugelassen. Möglicherweise werden in Zukunft auch Zytostatika/Medikamente in Tablettenform für die Behandlung des
Pankreaskarzinoms Bedeutung erlangen, wie das Capecitabine (sozusagen "orales" 5-FU (Xeloda®)) oder das Erlotinib
(Tarceva® siehe auch unter "Target-Therapie"). Das Capecitabine ist bereits zur Behandlung des Dickdarmkarzinoms zugelassen, das Erlotinib zur Therapie des Pankreaskarzinoms.
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Zu beachten ist aber, dass für keine Therapie im voraus das
Ansprechen eines Tumors auf die Behandlung im Einzelfall
abgeschätzt werden kann. Andererseits ist es durchaus möglich, dass ein zweites oder drittes Therapieschema ebenfalls
wirksam bzw. unwirksam sein kann. Das heißt, es gibt z. B.
die Möglichkeit, dass das 1. Schema nicht wirkt, das 2. dagegen gut wirkt, das 3. vielleicht wieder nicht.
Es gilt damit den "kontrollierten Therapieversuch" und das
Konzept einer, wie wir es formulieren, Effizienz Orientierten
Sequentiellen Poly-Chemotherapie (EOSPC). Vieles spricht
dafür, dass bei Einsatz nur einer Chemotherapie die Überlebenszeit zur Zeit nur um 4-6 Monate verlängert werden kann.
Bei Einsatz mehrerer Chemotherapien im Rahmen eines sequentiellen Therapiekonzeptes scheint aber eine deutliche
Verlängerung der Überlebenszeit durch Aneinanderfügen
mehrerer sogenannter progressionsfreier Intervalle möglich zu
sein. Hierfür spricht ein Vergleich unserer Ergebnisse mit denen einer Monotherapie mit Gemcitabine mit einer medianen
Überlebenszeit von nur 5-6 Monaten in den bisherigen Studien
und mit der Mehrzahl der in den letzten Jahren publizierten
wissenschaftlichen Studien, die überwiegend nur 1 Therapieschema festlegten, mit medianen Überlebenszeiten im Bereich
von 5-8 Monaten. (Vergl. auch R. Klapdor et al: Reflections on
strategies for palliative chemotherapy of advanced pancreatic
cancer. Anticancer Res 27,2007, im Druck).
Dieses Konzept einer sequentiellen Chemotherapie ist kürzlich
durch eine kontrollierte, prospektive randomisierte Studie bestätigt worden, in der eine Verlängerung der Überlebenszeit
durch eine Zweit-Linien-Therapie mit 5FU/FA+Oxaliplatin nach
Erst-Linien-Therapie mit Gemzar bestätigt werden konnte, im
Vergleich zu den Patienten mit alleiniger Gemzartherapie ohne
nachfolgende Zweit-Linien-Therapie (Oettle et al. Proc ASCO,
Abstract No: 4031, 2005). Eine weitere Studie konnte zeigen,
dass eine Zweit-Linien-Therapie mit Oxaliplatin+Irinotecan
52
Abstract No: 4031, 2005). Eine weitere Studie konnte zeigen,
dass eine Zweit-Linien-Therapie mit Oxaliplatin+Irinotecan
Effektive
Behandlungen
0
MO Tumoren
mediane ÜZ (n)
7 (4)
M1 Tumoren
mediane ÜZ (n)
3 (6)
1
11 (9)
2 noch lebend
7 (17)
>1
20 (18)
10 noch lebend
14 (15)
4 noch lebend
R. Klapdor et al, Anticancer Research 20:5201-5208, 2000
Mediane Überlebenszeit in Monaten nach Beginn der Chemotherapie von Patienten mit Pankreaskarzinomleiden ohne (M0)
und mit (M1) Lebermetastasen in Relation zu der Zahl effektiver Chemotherapien (vergl. auch: R. Klapdor et al. Anticancer
Research 23: 841-844, 2003). Mit der Zahl wirksamer Therapiesequenzen steigt die mediane Überlebenszeit deutlich an
(noch lebend = Patienten lebten noch zum Zeitpunkt der Auswertung der Ergebnisse; n = Zahl der Patienten in den einzelnen Gruppen).
nach vorangehender Gemcitabine-Therapie ebenfalls die
Überlebenszeit der Tumorpatienten um mehrere Monate verlängern konnte (Cantore et al: Oncology 67,93-97,2004).
Auch die Teilnahme von Patienten an klinischen Therapiestudien zur Erarbeitung der Wertigkeit neuer Zytostatika bzw.
neuer Zytostatika-Kombinationen ist durchaus mit dem Konzept einer Effizienz Orientierten Sequentiellen Poly Chemotherapie (EOSPC) eines Tumorpatienten vereinbar. Studien können aber im Rahmen derartiger EOSPC-Konzepte eines Pankreaskarzinom-Patienten nur ein Therapieangebot unter mehreren Therapieangeboten sein. Ein Ausschluss des EOSPCKonzeptes für einen an einer Studie teilnehmenden Patienten,
streng genommen dann, wenn die Überlebenszeit z. B. als der
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entscheidende Parameter für die Wirksamkeit einer neuen
Substanz oder Substanzkombination gewählt werden soll,
sollte heute abgelehnt werden.
Möglicherweise kann die Wirkung der Chemotherapie erhöht
werden, wenn Zytostatika direkt in die Gefäße appliziert werden, die die Geschwulst oder deren Metastasen mit Blut versorgen (sogenannte lokoregionale Chemotherapie). Mit einer Kombination von Gemzar + Mitomycin C, lokoregional gegeben, erreichten wir Tumorverkleinerungen um mehr als 50%
(PR) bei gut 30-35% der Patienten mit einem Tumorleiden,
das sich auf die Bauchspeicheldrüse und/oder die Leber erstreckt. Auch diese Chemotherapie kann heutzutage ambulant
durchgeführt werden. Ein stationärer Aufenthalt ist nicht erforderlich.
Die Frage, inwieweit die Möglichkeiten der Chemotherapie
durch Kombination mit sogenannten target-spezifischen
Substanzen verbessert werden können, wird zur Zeit in klinischen Studien erprobt. Kombinationen von Zytostatika mit
Antikörpern gegen den EGF-Rezeptor (Erbitux®) bzw. mit
einem Antikörper gegen VEGF (Avastin®) bzw. den VEGFRezeptor sind bisher – trotz überzeugender Ergebnisse z. B.
bei Dickdarm-karzinomen – für die Behandlung des Pankreaskarzinoms aber nicht zugelassen. Für die Kombination mit
Erlotinib, einem Tyrosinkinase-Inhibitor (Tarceva®), konnte
dagegen kürzlich eine signifikante Überlebensverlängerung,
wenn auch nur um wenige Wochen, erreicht werden, so dass
die Kombination Anfang Februar 2007 auch in Europa zur Behandlung des Pankreaskarzinoms zugelassen wurde. Tyrosinkinase-Inhibitoren sollen über eine Beeinflussung intrazellulärer Vorgänge, sog. Signaltransduktionswege, z. B. zu einer
EGF-Rezeptor-Blockade zu führen.
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Überlebenszeit
>20 Monate
Überlebenszeit
>3 Jahre
CA 19-9
5/2002
Laparotomy
GE + BDA
12000
Campto
Pa Ca
T3 M1 Ascites
10000
G+M-C (4x)
5FU / FA
8000
G-Mono
6000
4000
2000
0
Mai 02
Sep 02
Jan 03
Mai 03
Sep 03
Überlebenszeit
CA 19-9
10000
Jan 04
Mai 04
Sep 04
> 2 Jahre
7/2003
Pa Ca
T3 M1
1000
100
G+M
G-Mono
5FU / FA + Campto
10
Jul 03 Aug
03
Sep
03
Okt
03
Nov
03
Dez
03
Jan
04
Überlebenszeit
Feb
04
Mrz
04
Apr
04
Mai
04
Jun Jul 04 Aug
04
04
> 13 Monate
4 typische Krankheitsverläufe, die zeigen, dass eine Effizienz Orientierte Sequentielle PolyChemotherapie (EOSPC) zu einem wiederholten Ansprechen auf eine palliative Chemotherapie führen kann,
und damit auch zu einer Verlängerung der Überlebenszeit.
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Ein weiterer typischer Krankheitsverlauf, der zeigt, dass eine Effizienz Orientierte Sequentielle PolyChemotherapie zu einem wiederholten Ansprechen auf palliative Chemotherapie führen kann, und
damit auch zu einer Verlängerung der Überlebenszeit. Dieser Verlauf
ist gleichzeitig ein Beispiel für eine effektive locoregionale Chemotherapie mit Gemcitabine + Mitomycin-C nach erneuter Progression
des Tumorleidens unter alleiniger, systemischer GemcitabineTherapie.
Angesichts dieser heute verbesserten Ergebnisse der palliativen Therapie der Tumore der Bauchspeicheldrüse werden
wieder verstärkt die Möglichkeiten einer sogenannten adjuvanten und auch neoadjuvanten Therapie diskutiert.
Man spricht von einer adjuvanten Therapie, wenn eine Strahlen- oder Chemotherapie im Anschluss an eine für den Chirurgen vollständige Tumorentfernung durchgeführt wird, um noch
verbliebene, für den Chirurgen nicht sichtbare Tumorzellen
oder Zellnester zu vernichten, bevor sie zu sichtbaren Metastasen heranwachsen können. Das Konzept einer adjuvanten
Therapie des Pankreaskarzinoms ist in den letzten Jahren
unterstützt worden durch 2 Studien, die einen günstigen
Einfluß einer adjuvanten Therapie mit 5-Fluouracil
56
(FU)/Folinsäure (FA(Neoptolemos et al. N Engl J Med 350,
1200-1210, 2004) bzw. mit Gemcitabine als Monotherapie
(Oettle et al. JAMA 297, 269-277, 2007) auf das rezidivfreie
Überleben und die Gesamtüberlebenszeit gezeigt haben.
Eine neoadjuvante Therapie setzt sich zum Ziel, zu große
und damit zunächst nicht resektable Tumore zu verkleinern, so
dass diese dann doch noch operiert werden können (Downstaging). Neoadjuvante Therapieansätze basieren bisher
meist auf einer kombinierten Radio-Chemotherapie. In einzelnen Fällen kann aber auch eine als palliativ angesetzte Chemo- oder Radio-Chemotherapie zu einer derartigen Verkleinerung eines Pankreaskarzinoms führen, so daß eine erfolgreiche Tumorresektion möglich wird – die palliativ begonnene
Therapie ist dann nachträglich als neodjuvante Therapie einzustufen.
Die Chemotherapie kann zu unterschiedlich starken Nebenwirkungen und Belastungen für den Patienten führen. Es
kann daher sein, dass Therapiezyklen zwischenzeitlich unterbrochen und mehr oder weniger lange Erholungszeiten zwischengeschaltet werden müssen. Diese Erholungszeiten dürfen aber nicht zu lang sein, damit sich der Tumor nicht "erholen" kann.
Über den Wechsel zwischen notwendigen Behandlungen und
Erholungszeiten wird vom Arzt anhand von Laborwerten und
bildgebenden Verfahren, seines klinischen Eindruckes, aber
insbesondere auch anhand der vom Patienten geschilderten/
geklagten Beschwerden entschieden. Es ist also sehr wichtig,
dass der Patient sich unter Chemotherapie selbst beobachtet
und dem Arzt Veränderungen mitteilt. Für den Betroffenen ist
es oft nicht möglich, zu entscheiden, ob Symptome, die während einer Behandlung auftreten, als Folge der Behandlung
bzw. als Folge einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes zu werten sind.
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Dies gilt auch für die Behandlung potentieller Nebenwirkungen
einer Tumortherapie. Verschiedenste Nebenwirkungen sind
grundsätzlich möglich. Verschiedenste Möglichkeiten stehen
zur Behandlung zur Verfügung, wie – neben zahlreichen
Hausmitteln – effektive Medikamente gegen Übelkeit und
Erbrechen, Antidiarrhoika (Anti-Durchfallmittel), Steroide zur
Appetitanregung, Stimmungsaufhellung und Behandlung von
entzündlichen oder immunologisch bedingten Nebenwirkungen (z.B. Pneumonitis), Antibiotika, Medikamente, die die Bildung von weißen und roten Blutkörperchen fördern (sog.
Wachstumsfaktoren), Medikamente zur Behandlung von
Schleimhautentzündungen im Mund- (Mucositis) und Lippenbereich (Cheilitis), Antidepressiva oder verschiedene Nahrungsergänzunsmittel bis hin zur vorübergehenden parenteralen Ernährung, ebenso wie Transfusionen von roten (Erythrozyten) oder weißen (Leukozyten) Blutkörperchen oder
von Blutplättchen (Thrombozyten).
Überhaupt kann die Bedeutung der Kooperation zwischen
dem behandelnden Arzt und dem über die Grundzüge seiner Diagnose und Behandlung informierten und sich
selbst und sein Umfeld vertrauensvoll aber auch kritisch
beobachtenden Patienten nicht oft genug betont werden.
Übrigens, gegenseitiges Vertrauen schließt nicht aus, dass ein
Patient seinen Arzt um Verständnis/Unterstützung bittet, wenn
er eine "zweite Meinung" einholen möchte. Angesichts der
Fülle an heutigen Informationsmöglichkeiten und Therapieansätzen/Therapiestudien sollte der behandelnde Arzt heute
seinem Patienten zubilligen, sich die Sicherheit für seine Entscheidungen einzuholen, die er bei sachlich/kritischer Überlegung für notwendig erachtet.
Da die Arbeit mit toxischen Medikamenten, wie Zytostatika, für
denjenigen, der täglich diesen Medikamenten ausgesetzt ist
bzw. mit diesen arbeitet, Risiken enthalten und auch gesund-
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heitsgefährdend sein kann, ist die Zubereitung einer individuellen Chemotherapie für einen individuellen Patienten
strengen Auflagen unterworfen. In der Regel wird heute die für
einen Patienten eingesetzte Chemotherapie zentral in hierfür
eingerichteten Apotheken (Apotheken mit onkologischem
Schwerpunkt) mit speziell ausgebildetem Personal zubereitet
und dann per Transport auf Anforderung an den behandelnden Arzt weitergegeben. Auch hier ist ausgebildetes geschultes Personal erforderlich, damit die Therapieanwendung für
die Mitarbeiter der Therapieeinheit und für den Patienten risikofrei ist. In der Apotheke erfolgt die Zubereitung an sogenannten Sicherheitswerkbänken, die durch ihre Konstruktion
in der Lage sind, Luftpartikel und Stäube nicht in den Atembereich des Personals gelangen zu lassen und gleichzeitig Produkt- und Personalschutz bieten.
Im Einzelfall können sogenannte "geschlossene Systeme"
eine Alternative zur Herstellung auch außerhalb derartiger
Einrichtungen erlauben. Hier besteht während des Misch- und
Herstellungsvorganges zwischen dem kontaminierten Innenraum der Spritzen, Flaschen, Infusionssysteme, und der Umgebung keine betriebsmäßig offene Verbindung. Erst nach
Herstellung einer Verbindung zum Patienten mittels eines
Fortleitungssystems darf das geschlossene System in Richtung Anwendungsteil geöffnet werden. Ein derartiges dokumentiertes geschlossenes System für die Handhabung von
toxischen Medikamenten ist das PhaSeal®-System.
Mit dem "Protektor", "Injektor", einem "Infusionsadapter" und
einem "Konnektor" kann den im vorangehenden Absatz genannten Forderungen genüge getan werden und eine sichere,
kontaminationsfreie Zubereitung von Zytostatikalösungen auch
außerhalb von Zytostatikawerkbänken mit nachfolgender Infusion bei dem Patienten erreicht werden.
59
Zubereitung von Zytostatika in Apotheken mit onkologischem
Schwerpunkt
Die wesentlichen Komponenten des PhaSeal®-Systems, eines vollständig geschlossenen Systems zur Zubereitung und
zum Anhängen einer Zytostatika-Infusion/Injektion
60
61
62
Lokoregionale Chemotherapie
Von einer sog. "lokoregionalen" Therapie sprechen wir, wenn
eine Chemotherapie nicht in die Armvene oder über einen Port
in die obere Hohlvene gegeben wird, sondern in die Arterie,
die die erkrankte Tumorregion mit Blut versorgt. Im Bereich
der Gastroenterologie ist am bekanntesten die lokoregionale
Chemotherapie von Lebermetastasen von Dickdarmtumoren
über einen Katheter, der entweder angiografisch in die die
Leber versorgende Arterie, die Arteria hepatica, gelegt wird
oder operativ. Unter Verwendung von Folinsäure (FA)+5 Fluorouracil (5FU) ist die Chemotherapie auf die Lebermetastasen deutlich wirksamer als bei einer systemische
intrave-nöse (i.v.) Gabe.
Auch zur Behandlung des Pankreaskarzinomleidens bzw. seiner Lebermetastasen gibt es verschiedene Berichte über eine
lokoregionale Therapie. Wir selbst verwenden eine Therapie
mit einer Kombination von Gemcitabine+Mitomycin-C, ein
Schema, das auch intravenös gegeben werden kann. Für diese Form der Therapie des Pankreaskarzinoms gibt es bisher
keine prospektiven randomisierten Studien, wohl aber prospektive Studien. Diese zeigen partielle Remissionsraten
(Rückbildung der Tumore um mehr als 50 % der Ausgangsgröße) von 30-40%, zusätzlich bei weiteren 20% der Patienten
ein Kleinerwerden um 25-50% der Ausgangsgröße (MR) für
den Primärtumor bzw. die Lebermetastasen, sowie stabile
Verläufe (SD), d. h. einen vorübergehenden Stopp des Tumorwachstums (+/- 25% der Ausgangsgröße) in noch einmal
ca. 20% der Patienten. Diese Applikation hat sich damit bisher
als wirkungsvolle Behandlung des Pankreaskarzinoms bei
gegebener Indikation erwiesen. Diese Kombinationstherapie
kann auch dann noch wirksam sein, wenn Gemcitabine als
Monotherapie keine Wirkung gezeigt hatte oder keine mehr
zeigte.
Diese lokoregionale Therapie mit Gemcitabine + Mitomycin-C
kann heute ambulant durchgeführt werden. Nach Legen eines
63
arteriellen Katheters von der Leiste aus (wie bei einem Herzkatheter) in die die Bauchspeicheldrüse und die Leber versorgenden Arterien (Truncus coeliacus oder a. hepatica commu-
Tumorantwort auf lokoregionale Chemotherapie mit Gemcitabine + Mitomycin-C bei 40 Patienten mit fortgeschrittenem
Pankreaskarzinom (M0 / M1).
nis oder sogar rechter oder linker Ast der arteria hepatica) werden die beiden Medikamente intraarteriell mit einem entsprechenden Pumpensystem infundiert. Nach
Beendigung der Chemotherapie wird der Katheter gezogen und die Punktionsstelle entweder durch einen
Druckverband, wie bei einem Herzkatheter, über bis zu
24 Stunden komprimiert oder mit einer speziellen Nahttechnik (Perclose®) verschlossen. Im Falle eines Druckverbandes muss der Patient noch 4 Stunden nach Anlegen des Druckverbandes strikt liegen, dann kann er mit
dem Druckverband wieder aufstehen und die Behandlungseinheit verlassen. Nach Naht der Punktionsstelle
64
mit dem Perclose®-System kann der Patient bereits nach
1 Stunde die Räumlichkeiten wieder verlassen.
Röntgenologische Kontrolle der Katheterlage vor Beginn einer
lokoregionalen Chemotherapie eines Pankreaskarzinomleidens: Oben: die Katheterspitze liegt im truncus coeliacus
(Patient mit einem in die Leber metastasierten, lokal fortgeschrittenen Pankreaskarzinom). Unten: Die Katheterspitze
liegt in der a. hepatica communis Resektion des Pankreaskopftumors)
65
Die Nebenwirkungen der lokoregionalen Therapie mit diesem
Schema entsprechen denen der intravenösen Gabe, abgesehen von seltenen lokalen Komplikationen, die natürlich auch
in einem vorangehenden Arzt-Patienten-Gespräch angesprochen werden müssen.
Eine lokoregionale Therapie kann auch als sog. Chemoembolisation durchgeführt werden. Das Zytostatikum wird in
kleine Kügelchen (Microsphären) eingeschlossen. Diese werden über den Katheter, der selektiv oder supraselektiv in die
a. hepatica bzw. deren Aufzweigungen zum Tumor gelegt
wird, appliziert. Die kleinen Kügelchen bleiben in den Kapillaren hängen, unterbrechen damit vorübergehend die Blutzufuhr der Tumore und setzen gleichzeitig das Zytostatikum in
den Tumorgefäßen frei.
Neuerdings wird auch versucht, über Microsphären eine radioaktive Substanz mit sehr kurzer Reichweite in die tumorversorgenden Gefäße zu bringen, z. B. den ß-Strahler
90
Yttrium (Selektive interne Radio-Therapy (SIRT)), um Lebermetastasen lokal zu bestrahlen ("perkutane transarterielle
90
Yttrium-Brachytherapie").
Target-Therapie
Die großen Fortschritte auf dem Gebiet der Immunologie und
Molekularbiologie haben in den letzen Jahren zu einer Vielzahl von antineoplastischen Substanzen geführt, die sich von
den konventionellen Zytostatika unterscheiden. Im Gegensatz
zu den konventionellen Zytostatika versuchen diese neuen
Therapieansätze zelluläre Vorgänge, die bei der malignen
Entartung einer Zelle eine Rolle spielen, zu modulieren, wie
z.B. die Zellproliferation, das Zellüberleben, die Zelldifferenzierung etc. Diese neuen Substanzen haben meist klar definierte
molekulare Angriffspunkte und werden daher unter dem Be66
griff der "Target-Therapien" zusammengefasst.
Diese Therapien zeigen vielfach geringere Nebenwirkungen
als die konventiellen Zytostatika. Sie wirken aber auch nicht
so sehr zytotoxisch, sondern mehr zytostatisch, d. h. sie führen eher zu einer Verlangsamung oder Hemmung des Tumorwachstums als zu einer Tumorverkleinerung.
Substanzen, die gegenwärtig erprobt werden, hemmen z.B.
Wachstumsfaktoren (z. B. Antikörper gegen den
EGF(epidermal growth factor)-Rezeptor), die Angiogenese
bzw. die Vascularisation, d. h. die Gefäßneubildung und Gefäßvorsorgung (z. B. Antikörper gegen VEGF(vascular endothelial growth factor)) oder sie hemmen z.B. das infiltrative Wachstum und die Metastasenbildung (MatrixMetalloproteinasen (MMP)), oder die Signaltransduktion in
die/der Zelle über den VEGF-R oder den EGF-R (z. B. sog.
Thyrosinkinasehemmer), oder sie hemmen z. B. die VEGF-R
Synthese über einen Abbau der mRNS.
Antikörper gegen Wachstumsfaktoren sind inzwischen zugelassen z. B. zur Therapie von Mammakarzinomen, Kolonkarzinomen. Thyrosinkinase-Inhibitoren sind z. B. zugelassen zur
Behandlung des Lungenkarzinoms.
Beim Pankreaskarzinom wird zur Zeit die Wirkung von Antikörpern gegen Wachstumsfaktoren (EGF-R) bzw. VEGF in
Studien untersucht. Thyrosinkinase – Inhibitoren (Erlotinib,
Tarceva®)) sollen dagegen die Überlebenszeit des Pankreaskarzinom-Patienten signifikant, wenn auch bisher nur um einige Wochen, verlängern. Erlotinib ist in den USA bereits seit
einigen Monaten in Kombination mit dem Zytostatikum Gemcitabine zur Behandlung des Pankreaskarzinoms zugelassen. In
Europa ist die Zulassung dieser Kombination Gemzar+Erlonitib Anfang Februar 2007 erfolgt. Erlotinib wird als
Tablette eingenommen. Es inhibiert die Tyrosinkinase des
EGF-Rezeptors (HER1), der beim Pankreaskarzinom häufig
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überexprimiert ist. Da epidermale Wachstumsfaktoren auch für
die Haut und Schleimhäute von Bedeutung sind, kann es im
Rahmen dieser Therapie zu unterschiedlichen Hautveränderungen kommen, die nach Ende der Behandlung wieder abklingen. Nach den bisherigen Erfahrungen soll die antitumorale Wirkung des Erlotinib positiv mit der Intensität der Hautveränderungen korrelieren, die darüber hinaus meist gut symptomatisch behandelt werden können.
Es ist davon auszugehen, dass die Substanzklasse der Thyrosinkinase-Inhibitoren ein hohes therapeutisches Potential hat.
Allerdings sind Monotherapien durch die Komplexität der zellulären Vorgänge limitiert. Kombinationen verschiedener dieser
Substanzen untereinander bzw. mit konventioneller Chemotherapie können die Ergebnisse möglicherweise verbessern.
In die Gruppe der Target-Therapien gehören ebenfalls Substanzen, die die Signaltransduktion über RAS/RF/MAPK modulieren, wie Farnesyltransferasehemmer, oder Hemmer
anderer Signaltransduktionmechanismen wie Rapamycin.
Ebenfalls gehören in diese Gruppe sogenannten AntisenseOligonukleotide, die die Bildung von Proteinen, die für das
Wachstum der Zellen notwendig sind, verhindern sollen.
Immuntherapie
Das körpereigene Immunsystem erlaubt es den Menschen,
sich nachhaltig gegen immer wieder neue Angriffe durch Mikroorganismen, Fremdstoffe oder maligne Zellen zu schützen.
Darüber hinaus kann das körpereigene Immunsystem Angriffe
auf körpereigene Substanzen und Strukturen durch eigentlich
"gut gemeinte", aber dann über das erforderliche Maß hinausgehende und damit den Organismus dann auch schädigende
Reaktionen (Überreaktion) schützen.
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Das sogenannte unspezifische Immunsystem umfasst Mechanismen, die von einer Vielzahl von Störfaktoren, weitgehend unabhängig von deren spezieller Struktur, aktiviert werden. Auf humoraler Ebene sind hier das Komplementsystem,
antimikrobielle Enzymsysteme, pektinähnliche Substanzen
oder unspezifische Mediatoren wie Interleukine und/ oder Interferone zu nennen, auf zellulärer Ebene die phagozytierenden Blutzellen wie Granulozyten, also zelluläre Elemente, die gleichzeitig auch einen wesentlichen Bestandteil
des ausführenden Armes des spezifischen Immunsystems
darstellen.
In den Bereich der unspezifischen Stimulation der Immunabwehr fallen z. B. unspezifische Stimulanzien wie tierische
Organextrakte, Extrakte aus Pflanzen (z.B. Mistel), Bakterien,
wie z. B. der Tuberkuloseimpfstoff BCG, oder aber synthetisch
hergestellte Stoffe oder Zytokine, wie Interferone, Interleukine
oder TNF Alpha. Das Problem für die pflanzlichen und tierischen Extrakte ist, dass sie in der Regel eine Vielzahl unterschiedlicher Inhaltsstoffe beinhalten. Das Netzwerk des Immunsystems könnte daher an sehr unterschiedlichen Stellen
beeinflusst werden. Dies erklärt die Versuche, über Extrakte
die immunmodulierende Funktion übersichtlicher zu gestalten,
wie z. B. über die Charakterisierung von Lektinen aus Mistelextrakten.
Im Gegensatz zu den tierischen Organextrakten oder pflanzlichen Extrakten, für die in klinischen Studien bisher keine
nachhaltige antitumorale Wirksamkeit nachgewiesen werden
konnte, haben Zytokine bereits Eingang in die Klinik gefunden. Z. B. werden Interferone (IFN) mittlerweile für ein breites
Spektrum von Erkrankungen, wie Non-Hodgkin-Lymphome,
chronische myelogische Leukämie, Melanome oder Nierenzellkarzinome sowie die H-Zell-Leukämie eingesetzt. Interleukin 2 (IL2) findet seinen Einsatz in rekombinanter Form beim
metastasierten Nierenzellkarzinom. Tumornekrosefaktor Alpha (TNFa) zeigt zwar eine gute antitumorale Wirkung, ist
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aufgrund seiner systemischen Toxizität aber nur lokal anwendbar.
Im Gegensatz zu diesem angeborenen unspezifischen Immunsystem entwickelt sich die spezifische Immunantwort gezielt
gegen den individuellen Eindringling bzw. den Störfaktor. Nach
Erkennung eines Störfaktors (meist Proteine, Glykoproteine
und/oder Lipide als Antigene) als fremd wird in der Regel über
Lymphozyten, die dieses "Antigen" aufnehmen und dann präsentieren (APZ = antigenpräsentierende Zellen), ein komplexes Spiel mit unterschiedlichsten Kontrollmechanismen und
Gegenreaktionen über Antikörper produzierende B-Lymphozyten (humoraler Weg) sowie antigenspezifische T-Lymphozyten (zelluläre Immunantwort) versucht, den Störfaktor zu
eluminieren. Sog. antigenspezifische Effektormechanismen
werden insbesondere durch antigenpräsentierende Zellen
(APZ, B-Lymphozyten, T-Lymphozyten und NK-Zellen) stimuliert. Diese Zellen bilden miteinander durch direkten Kontakt
sowie mit Hilfe von Adhäsionsmolekülen oder Botenstoffen,
wie Zytokinen, ein komplexes Informationswerk. Zusätzlich zur
Bindung an das betreffende Antigen benötigt der T-Lymphozyt
in der Regel aber auch gleichzeitige zusätzliche Signale in
Form von co-stimulierenden Molekülen oder aktivierenden
Zytokinen.
Es sind zahlreiche Möglichkeiten beschrieben, um mit außerhalb des Patienten gewonnenen Antikörpern gegen Tumorstrukturen immunkompetente Zellen an den Tumor heranzutragen, um die Tumorzellen dadurch zu vernichten, oder um
im Körper des Betroffenen humorale und/oder zelluläre Abwehrmechanismen gegen die Tumorzellen zu aktivieren oder
zu induzieren.
Bekannte Vertreter der ersten Gruppe sind sogenannte monoklonale Antikörper (z. B. 171A, BW494), die experimentell seit Entdeckung der Hybridomtechnologie hergestellt
werden können. Sie bringen die im Körper des Betroffenen
vorhandenen immunkompetenten Zellen zum Tumor, um die
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Tumorzellen im Wachstum zu stoppen oder zu vernichten.
Bisherige Ansätze haben aber bei Patienten mit Pankreaskarzinomen in der Regel die ursprünglichen Erwartungen nicht
erfüllen können.
Bekannter Vertreter der zweiten Gruppe ist die Herstellung
von Tumorvakzinen, die, in der Regel subkutan appliziert, die
Immunabwehrmechanismen zielgerichtet gegen den Tumor
des Betroffenen stimulieren sollen. Auch diese Therapie ist
aber bisher für Patienten mit Pankreaskarzinomen experimentell, ebenso wie die verschiedenen Ansätze einer Therapie mit
sogenannten dendritischen Zellen.
Im Gegensatz zu den bisher genannten Antikörpern haben
monokolonale Antikörper, die gegen spezifische, für das Leben und Wachstum der Tumorzellen notwendige Strukturen im
molekularen Bereich gerichtet sind, bereits Eingang in die
Klinik gefunden (Target-Therapie). Sie schädigen durch Blockierung/Ausschaltung dieser Strukturen die Tumorzellen. Hier
sind zu nennen der Antikörper Rituximab (MabThera®) zur
Behandlung follikulärer Lymphome in fortgeschrittenen Stadien, die gegen eine Chemotherapie resistent sind oder einen
Rückfall erhalten haben, oder der Antikörper Trastuzumab
(Herzeptin®) als sogenannter humanisierter Antikörper für die
Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms, oder der
Antikörper Alemtuzumab (MabCampath®) in der Behandlung
der chronischen B-Lymphozytenleukämie.
Kürzlich konnten auch Antikörper gegen EGF(Epidermal
Growth Faktor)-Rezeptoren (Cetuximab, Erbitux®) und Antikörper gegen den VEG (Vascular Endothelial Growth) Faktor (Bevacizumab, Avastin®) in die Behandlung des colorektalen Karzinoms eingeführt werden. Hier stellen sie seit
ihrer Einführung 2004 bzw. 2005 effektive und zugelassene
Therapieansätze dar.
In diese Richtung gehen auch die neueren Ansätze zur Behandlung des Pankreaskarzinoms mit Antikörpern: sie
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setzen darauf, das Wachstum von Karzinomen durch Antikörper gegen Wachstumsfaktoren wie z. B. Epidemal Growth
Faktoren (EGF) oder gegen die Gefäßversorgung der Tumore
(Vascular Endothelial Growth Faktoren (VEGF)) zu hemmen. Bekanntlich können Pankreaskarzinome eine verstärkte
Expression dieser Wachstumsfaktoren zeigen, die z.B. die
Invasion und Metastasierung von Tumorzellen fördern.
Möglicherweise stehen künftig auch Antikörper für die Therapie des malignen Ascites (Bauchwassersucht) zur Verfügung.
Mit dem sog. trifunktionellen Antikörper Catumaxomab konnte
in einer als Zulassungsstudie geführten Phase II/III Studie der
Abstand entlastender Ascitespunktionen signifikant verläntert
werden.
Für die breite Anwendung zur Therapie des Pankreaskarzinoms sind diese Antikörper aber bisher noch nicht zugelassen.
Hierfür werden noch weitere Studien gefordert.
Zahlreiche weitere Wachstumsfaktoren, die z.B. die Invasion
und Metastasierung von Tumorzellen fördern, sind inzwischen
ebenfalls bekannt (HGF, NGF, TGF-beta S). Ihre potentielle
klinische Relevanz bzw. die Möglichkeiten und Auswirkungen
ihrer Beeinflussung/Hemmung werden zur Zeit untersucht.
Inwieweit dem Einsatz von Mistelpräparaten, sei es über eine
direkte Zellschädigung, über die Stimulierung von Immunmechanismen oder durch Bildung von Antikörpern eine Wirksamkeit zugeschrieben werden kann, ist insbesondere für das
Pankreaskarzinom nicht erwiesen - einmal abgesehen von
einer möglichen günstigen psychologischen oder allgemein
motivierenden Beeinflussung eines Tumorpatienten.
An dieser Stelle sei noch einmal hervorgehoben, dass das
Fehlen eines Nachweises eines günstigen Effektes einer Misteltherapie nicht so sehr darauf beruht, dass die Schulmedizin
primär ablehnend dieser Therapieform gegenüber steht. Diese
Ablehnung beruht vielmehr darauf, das es bisher keine kon72
trollierten prospektiven, wissenschaftlich nachvollziehbaren
Studien für das Pankreaskarzinom und die anderen MagenDarm-Tumore gibt.
Dies liegt nun aber nicht nur daran, dass die Schulmedizin
nicht bereit ist, derartige Studien durchzuführen. Vielmehr waren die Hersteller von Mistel-Präparaten bisher überwiegend
nicht bereit, für derartige Studien die Präparationen kostenlos
zur Verfügung zu stellen, wie es für jeden Hersteller von Zytostatika eine Selbstverständlichkeit ist, wenn dieser ein vermeintlich wirksames Zytostatikum klinisch vor einer eventuellen Einführung erproben lassen will.
Gleiches gilt für andere Zusatztherapien oder Alternativtherapien, wie eine Behandlung mit Organotherapeutika
(Thymusextrakte, Faktor AF2), mit orthomolekularen oder eumetabolischen Präparationen (Vitamine, Spurenelemente,
Mineralien), mit Enzympräparaten wie Wobe-Mugos E® oder
Wobenzym N® oder mit z. B. Präparaten aus Mikroorganismen, wie OKT 432, Jomol ®.
Palliative-chirurgische/endoskopische Therapie
Ist ein Pankreastumor zum Zeitpunkt der Diagnostik nicht
mehr zu entfernen, so drohen über kurz oder lang lokale Komplikationen, wenn das Tumorleiden nicht oder nicht mehr unter
Kontrolle gebracht werden kann. Der Gallengang, der Magenausgang oder der Zwölffingerdarm können durch die Geschwulst eingeengt werden. Die Folgen sind eine Behinderung des Gallenabflusses mit Gelbsucht (Skleren- oder
Hautikterus) bzw. Übelkeit und zunehmendes Erbrechen, da
die Nahrungsaufnahme über den Magen-Darm-Trakt behindert
wird bzw. schließlich nicht mehr möglich ist.
Gelbsucht bzw. Übelkeit und Erbrechen als Folge einer Behinderung der Magenentleerung oder des Dünndarmtransportes
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sind auch nach einer Wipple-Operation möglich, wenn es zu
einem lokalen Rezidiv kommt, das in die Magen- und/oder
Darmwand einwächst oder die Anastomose zwischen Gallengang und Dünndarm einengt bzw. verschließt.
Bis vor einigen Jahren waren diese Komplikationen eines Tumorleidens die Indikation für eine sogenannte palliative Operation. Ziel war es, eine neue Verbindung zwischen dem Gallengang und dem Dünndarm (sogenannte biliodigestive Anastomose) oder eine neue Verbindung zwischen dem Restmagen und dem Dünndarm (sogenannte Gastro-Enterostomie) zu schaffen. Derartige Operationen werden in Einzelfällen auch dann erforderlich, wenn es bei einem Tumorpatienten, so wie bei einem Gesunden, zu einem rezidivierenden
Geschwürsleiden kommt oder wenn Komplikationen einer begleitenden, vielleicht chronischen Pankreatitis zu entsprechenden Symptomen führten.
Heute sind diese palliativen Operationen vielfach durch nichtoperative Eingriffe verdrängt. Über ein Endoskop kann heute
zum Beispiel bei einem primär nicht-operierten Tumor ein
Kunststoff oder Metall-Röhrchen (Stent) über den Magenausgang und den Zwölffingerdarm in den Gallengang vorgeschoben werden. Durch diesen 'Tunnel' kann dann die Galle
wieder abfließen.
Derartige 'Stents' müssen gelegentlich gewechselt werden,
können aber den Patienten von seinen Schmerzen und Beschwerden über viele Monate bis Jahre befreien. Vielfach wird
empfohlen, einen Gallengangs-Stent alle 3 Monate vorbeugend zu wechseln. Anderenfalls wird bei Komplikationen gewechselt, d.h. bei Abflussbehinderung bzw. Verstopfung, die
sich klinisch meist durch Oberauchbeschwerden und Temperaturerhöhungen als Folge einer nachfolgenden Gallenwegsentzündung (Cholangitis) bemerkbar machen.
Über das Endoskop kann heute auch eine tumorbedingte Einengung des Magenausgangs oder des Zwölffingerdarms
durch einen derartigen 'Stent' (d. h. im Sinne einer Tunnelung)
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behoben werden, ebenso wie eine Einengung des Dickdarms
durch ein Übergreifen des Tumors.
Bei den Patienten, bei denen eine Anastomose zwischen Gallengang und Dünndarm nach einer Kausch-Whipple-Operation
zu eng wird, ist meistens die Anastomosenregion mit einem
Endoskop nicht mehr erreichbar. Hier muss der gestaute Gallengang durch die Haut (transkutan) und durch die Leber
(transhepatisch) punktiert werden (PTCD, sog. perkutane
transhepatische Gallengangsdrainage). In vielen Fällen
kann ein Katheter in den Gallengang eingelegt und auch in die
Dünndarmschlinge über die eingeengte (stenosierte) Anastomose vorgeschoben werden. Die Galle kann dann nach außen
(externe Drainage) und/oder nach innen in den Darm (interne Drainage) abfließen. Häufig ist es auch möglich, die Verbindung nach außen wieder zu entfernen, so dass letztlich ein
Stent wie nach endoskopischer Einlage resultiert (internalisierte Drainage).
Bei hochgradiger Einengung des Magenausganges kann auch
ein dünner Ernährungsschlauch durch die Nase und den Magen in den Dünndarm gelegt werden (transnasale Sonde),
um eine Ernährung über den Darm zu garantieren. Sollte auch
dies nicht möglich sein, kann heute eine Ernährung auf Dauer
auch über Venen (parenterale Ernährung) durchgeführt werden. Dabei werden dem Patienten über spezielle Infusionssysteme (z. B. Port-System) Nährflüssigkeiten verabreicht,
die ihm nach einer mehr oder weniger langen Aufbauphase
die Wiederaufnahme seines Lebens zu Hause erlauben können.
Nur selten wird man bei Pankreaskarzinompatienten eine
Sonde perkutan endoskopisch in den Magen legen (PEG
(perkutane endoskopische Gastrostomie) oder endoskopisch oder operativ in den Dünndarm (Katheter-Jejunostomie), da die Komplikationsrate bei fortgeschrittenen
Pankreaskarzinomen im Vergleich zu einer kontinuierlichen
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i. v. Ernähung über einen Port zu hoch und ein längerfristiger
Erfolg zu unsicher ist.
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