Verkalbungen: Hunde runter vom Futtertisch

Werbung
GESUNDHEIT
R I N D
Verkalbungen: Hunde
runter vom Futtertisch
Die Ursachen für Verkalben der Kühe sind vielschichtig.
Seit einigen Jahren aber rückt der Parasit Neospora caninum in den
Vordergrund. Es berichtet Tierärztin Dr. Marion Tischer, Berlin.
S
tellen Sie in Ihrem Betrieb vermehrt Verkalbungen fest? Treten auffallend viele Totgeburten auf? Oder sind
neugeborene Kälber oft lebensschwach?
Dann sollten Sie bei der Suche nach den
Ursachen auch an den Parasiten Neospora caninum denken. Er stellt in den USA,
in England und den Niederlanden bereits
die Hauptursache für erregerbedingte
Verkalbungen beim Rind dar.
Auch in Deutschland wird immer häufiger über Aborte berichtet, die mit Neospora caninum in Zusammenhang stehen
z. B. aus Niedersachsen und RheinlandPfalz. Untersuchungen an Kühen mit
Fruchtbarkeitsstörungen in Bayern und
Nordhessen konnten in 22 % bzw. 46 %
der Bestände Antikörper gegen Neospora caninum nachweisen.
So können Sie Ihre
Herde schützen
Aborte ab dem dritten
Trächtigkeitsmonat
Neospora caninum wurde erstmals
1988 beim Hund entdeckt. Seit Anfang
der neunziger Jahre ist der Parasit als
Aborterreger beim Rind bekannt. Infektionen mit diesem Erreger können beim
Rind Verkalbungen, Totgeburten, Nachgeburtsverhaltung und Milchleistungseinbrüche verursachen.
Verschiedene Untersuchungen haben
gezeigt, dass die Verkalbungen ab dem
dritten Trächtigkeitsmonat auftreten.
Die infizierten Kühe zeigen selbst allerdings keine Krankheitssymptome. Infizierte Kälber sind unversehrt, mumifiziert oder auch zersetzt. Neben seuchenhaften Verkalbungen können auch über
Jahre hinweg leicht erhöhte Verkalbungsraten im Vordergrund stehen.
Nicht selten bleibt die Infektion einer
Herde aber unerkannt, da viele im Mutterleib infizierte Kälber bis zur Kalbung
überleben und scheinbar gesund geboren
R 20 top agrar 3/2001
mit positivem Antiköpernachweis besteht ein erhöhtes Abortrisiko.
Ist die Verkalbungsrate hingegen über
Jahre nur mäßig erhöht, sollten besser alle zur Zucht vorgesehenen weiblichen
Tiere auf Antikörper untersucht werden.
Anhand des Ergebnisses kann der Tierarzt dann mit Hilfe statistischer Verfahren einen Bezug zwischen Aborten in der
Herde und dem Auftreten von Antikörpern herstellen.
Grundsätzlich gilt, dass der Nachweis
von Antikörpern bei einzelnen Tieren
für die Beurteilung von Bestandsproblemen nicht aussagekräftig ist. Vielmehr
muss immer auch ein Erregernachweis
aus Abortmaterial versucht werden. Dazu wird in Organen wie Gehirn, Herz und
Leber abortierter Föten mikroskopisch
nach Entwicklungsstadien des Erregers
gesucht. Eine Verdachtsdiagnose kann
dann durch weitere molekularbiologische und immunologische Verfahren bestätigt werden.
Hunde können infektionsfähige Entwicklungsstadien von Neospora caninum ausscheiden. Sie sollten sich deshalb nicht auf dem Futtertisch oder im Liegebereich der
Kühe aufhalten.
Foto: Heil
werden. Für sie besteht aber als Muttertier ein deutlich erhöhtes Abortrisiko.
Unter diesen Risikotieren sind Abortraten bis zu 60% festgestellt worden.
Die Infektionswege für Neospora caninum sind noch nicht restlos aufgeklärt.
Sicher ist aber der Übertragungsweg von
Kuh zu Kalb während der Trächtigkeit.
Etwa 90 % aller Kälber von infizierten
Kühe weisen im Blut Antikörper gegen
Neospora auf.
Bekannt ist ebenfalls, dass der Hund
in den Entwicklungszyklus von Neospora caninum einbezogen ist. Er scheidet
die infektionsfähigen Entwicklungsstadien des Parasiten mit dem Kot aus. Da-
mit wird verunreinigtes Kuhfutter zu einer möglichen Ansteckungsquelle. Wie
bedeutend dieser Übertragungsweg in
der Praxis jedoch ist, muss noch abgeklärt werden.
Erregernachweis für die
Diagnose wichtig
Führen Sie exakt Buch über jede
Verkalbung. Wenn innerhalb von sechs
Wochen plötzlich mehr als 15 Prozent
der tragenden Rinder verkalben, sollten Blutproben von jedem tragenden
Rind auf Antikörper gegen Neospora
untersucht werden. Denn für jedes Tier
Die Behandlung einer Infektion mit
Neospora caninum ist nicht möglich. Und
auch vorbeugende Impfungen der tragenden Rinder stehen nicht zur Verfügung. Für Problembetriebe besteht daher nur die Möglichkeit einer schrittweisen Bestandssanierung, die von einigen
Hygienemaßregeln begleitet werden
sollte:
■ Sanierung und Aufbau einer Neospora-freien Herde: Bei der Bestandssanierung werden Zukaufstiere auf Antikörper gegen den Blutparasiten untersucht.
Sinnvoll ist die Blutuntersuchung vor allem in Betrieben, die intensiv Embryotransfer betreiben. Empfängertiere sollten grundsätzlich frei von Antikörpern
gegen Neospora caninum sein. Nachteil
der Sanierung: Eine Neospora-freie Herde ist besonders empfänglich für jede
Neuinfektion mit dem Erreger.
■ Mögliche Infektionsquellen ausschließen: Noch ist unklar, welche genaue Rolle der Hofhund für die Infektion des Rindes spielt. Dennoch muss vorbeugend
darauf geachtet werden, dass Kuhfutter
nicht mit Hundekot verunreinigt wird.
■ Nachgeburten müssen sofort aus der
Abkalbebox entfernt werden, damit sie
nicht vom Hund aufgefressen werden.
Vor jeder Neubelegung ist die Abkalbebox zu reinigen, damit auch nachfolgend
eingestellte Kühe keine Reste der Nachgeburt aufnehmen.
■ Schließlich muss für eine intensive
Bekämpfung von Ratten und Mäusen gesorgt werden. Denn noch ist nicht ausgeschlossen, dass die Infektion von Neospora caninum auch von Schadnagern übertragen wird, die das Futter verunreinigen.
top agrar 3/2001
R 21
Herunterladen