Seite 1 Hundekot auf Rinderweiden Leider kommt es immer wieder zu mehr oder weniger drastischen Auseinandersetzungen zwischen Hundehaltern und Landwirten. Ursache dafür sind alte Kampagnen der Landesbauernverbände gegen Hundekot auf Weiden und Futterflächen und dabei vor allem die pauschale Behauptung, dass mit Hundekot verunreinigtes Futter Fehlgeburten bei Kühen auslöse. Seit fast zwei Jahrzehnten ist nämlich bekannt, dass Neospora caninum, ein einzelliger Parasit, Verkalbungen, Totgeburten oder die Geburt lebensschwacher Kälber auslösen kann, und Infektionen mit diesem Erreger gehören weltweit zu den am häufigsten nachgewiesenen infektiösen Abortursachen beim Rind. Hunde und Kojoten sind Endwirte von N. caninum. Sie scheiden, nachdem sie den Erreger aufgenommen haben, für einen kurzen Zeitraum (wenige Tage bis zu 3 Wochen) infektiöse Stadien des Erregers aus. Diese weisen eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Umwelteinflüsse auf und können wahrscheinlich Wochen bis Monate überleben. Eine von infizierten Hunden ausgehende Futter- bzw. Trinkwasserverunreinigung gilt als wichtige Quelle für Infektionen beim Rind. Neben dieser Form der Infektion spielt die Übertragung von einer Rindergeneration auf die nächste die entscheidende Rolle für die Verbreitung der Neosporen. Dieser Übertragungsweg ist so effizient, dass einmal infizierte Zuchtlinien über mehrere Generationen infiziert bleiben. Mehrere Untersuchungen in chronisch infizierten Herden zeigten, dass Zuchttiere, die sich im Mutterleib infiziert hatten, einem deutlich höheren Fehlgeburtsrisiko unterlagen. Für Hunde besteht grundsätzlich nur dann ein Infektionsrisiko, wenn sie rohes Fleisch möglicher Zwischenwirte (z.B. Rind) fressen. Auf diesem Weg infizierte Hunde scheiden dann die infektiösen Stadien des einzelligen Erregers aus. Eine vom Friedrich-Löffler-Institut durchgeführte Risikobewertung der Gefahren für die Rinderzucht, die von Hundekot auf Weiden ausgehen, zeigt, dass das reale Fehlgeburtsrisiko für Rinderherden, das durch Hunde auf Grünlandarealen entsteht, äußerst gering ist. In einem Simulationsmodell wurde ermittelt, dass ab einem regelmäßigen (das heißt wöchentlich 2 mal, jedoch mindestens einmal und höchstens fünfmal) Aufenthalt von mindestens 87 Hunden während der Weidesaison auf einem Grünlandareal (Weide, Mähweide) ein minimales Fehlgeburtsrisiko besteht. Bei 24000 Stuhluntersuchungen wurden bei 0,2% der Proben Neospora nachgewiesen. Wobei die Anzahl von Neospora in Hundekot zu gering ist, um eine Infektion auszulösen. Deshalb müssen mindestens 87 Hunde „aktiv" werden. Ein deutlich höheres Risiko geht dagegen von Hofhunden aus, da diese leichter Zugang zu möglicherweise infektiösem Material (z.B. Nachgeburten oder Totgeburten) haben. Die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung der Ausbreitung von N. caninum im Rinderbestand ist daher das Fernhalten von Hunden aus dem Stallbereich. Generell ist die Übertragung von der Kuh auf das Kalb zahlenmäßig und wirtschaftlich als wesentlich bedeutender anzunehmen als eine Infektion durch die Aufnahme von Hundekot. Ihre Kleintierklinik am Landratsamt Dr. H. Scholl, J. Fritz, Dr. S. Dahnken