Prof. C. Greiner, Dr. H. van Hees Wintersemester 2013/2014 Übungen zur Theoretischen Physik 1 – Lösungen zu Blatt 6 Hausübungen (Abgabe: 13.12.2013) (H13) Schwingung auf einer Tautochrone (3 Punkte) (a) Wir benötigen zunächst die Geschwindigkeit des Massenpunktes. Anwenden der Kettenregel ergibt λ 1 + cos λ ˙ x~ = Rλ̇ ⇒ x~˙2 = 2R2 λ̇2 (1 + cos λ) = 4R2 λ̇2 cos2 . (1) sin λ 2 Die Gesamtenergie ist also λ λ λ E = 2mR2 λ̇2 cos2 + m g R(1 − cos λ) = 2mR2 λ̇2 cos2 + 2m g R sin2 . 2 2 2 (2) (b) Substituieren wir u = sin(λ/2), ergibt sich wegen u̇ = λ̇ λ cos 2 2 (3) schließlich die auf dem Aufgabenblatt angegebene Formel E = 8mR2 u̇ 2 + 2m g Ru 2 . (4) (c) Nach dem Energieerhaltungssatz ist dieser Ausdruck konstant. Die Zeitableitung ist also Ė = 16mR2 u̇ ü + 4m g Ru u̇ = 0. (5) In Standardform gebracht, liefert dies die Bewegungsgleichung ü + g u = 0. 4R (6) (d) Dies ist die Bewegungsgleichung für einen harmonischen Oszillator mit der Kreisfrequenz und Schwingungsdauer v È u 4R g 2π t ω= , T= = 2π . (7) 4R ω g (e) Für das Anfangswertproblem u(0) = u0 , u̇(0) = 0 lautet die Lösung (7) für u = sin(λ/2) u(t ) = u0 cos(ωt ). (8) Der Punkt x = y = 0 ist durch λ = 0 und also u = 0 gegeben. Unabhängig von der Amplitude u0 der Schwingung ist u(tan ) = 0 v uR π π T t ωtan = ⇒ tan = = =π . (9) 2 2ω 4 g (H14) Schwingung mit Reibung (4 Punkte) Die Bewegungsgleichung lautet: m ẍ = −k x − µ g m g ẋ = −k x − sign(ẋ)µ g m g . |ẋ| 10 8 Auslenkung x [Meter] 6 4 2 0 -2 -4 -6 -8 -10 0 π 2π Zeit ω t 3π 4π Wir müssen also die Lösung abschnittsweise konstruieren, je nach dem Vorzeichen der Geschwindigkeit ẋ. Die Lösung für die Anfangsbedingung ẋ(0) = 0 und 0 ≤ ωt ≤ π ist offensichtlich x(t ) = (x0 − ∆) cos(ωt ) + ∆, wobei v u tk ω= , m ∆= µg m g k = µg g ω2 (10) . (11) In der Tat ist für dieses Intervall 0 ≤ ωt ≤ π die Geschwindigkeit ẋ(t ) = −(x0 − ∆) sin(ωt ) ≤ 0 für 0 ≤ ωt ≤ π. (12) Für π ≤ ωt ≤ 2π ist die Geschwindigkeit positiv, und wir haben x(t ) = (x0 − 3∆) cos(ωt ) − ∆ für π ≤ ωt ≤ 2π. (13) Dabei haben wir den Faktor vor cos(ωt ) aus der Stetigkeit der Lösung bei ωt = π bestimmt. Da zu diesem Zeitpunkt die Geschwindigkeit ebenfalls stetig sein muß, gibt es keinen Beitrag ∝ sin(ωt ). Man kann nun mit dieser Argumentation fortfahren. Das Resultat für alle t lautet dann in kompakter Form n j ωt k o x(t ) = x0 − 2 + 1 ∆ cos(ωt ) + sign[sin(ωt )]∆. (14) π Dabei bedeutet die eckige Klammer um eine nicht negative reelle Zahl die sog. „Floor-Funktion“: bac ist die größte Zahl aus n ∈ N0 , für die n ≤ [a] gilt, d.h. es ist 0 für 0 ≤ a < 1, 1 für 1 ≤ a < 2, bac = (15) 2 für 2 ≤ a < 3, .. . Gl. (14) gilt, solange der Ausdruck in der geschweiften Klammer positiv ist, denn dann ist sign[sin(ωt )] = − sign(ẋ). Man sieht allerdings, daß die Amplitude der Schwingung linear mit der Zeit kleiner wird, was auf die Dämpfung durch die Reibung zurückzuführen ist. Die Masse bleibt stehen, wenn für ẋ = 0 die Federkraft kleiner wird als die Haftreibungskraft, d.h. also für k|x(ωt = l π)| < µ h m g , d.h. zu Zeiten ωt ≥ l π mit x − µ h g /ω 2 10 − 2 l≥ 0 = = 4. 2µ g g /ω 2 2 Insgesamt ist also x(t ) = ¨ x0 − 2 ωt π + 1 ∆ cos(ωt ) + sign[sin(ωt )]∆ 0 für 0 ≤ ωt ≤ 4π, für t > 4π. (16) Man kann die Energiedissipation durch die Reibung über die Energiebilanz sehen. Beispielsweise verliert die Masse zwischen den Zeiten 0 ≤ ωt ≤ π die Energie 1 1 1 2 1 k x0 − k[x(ωt = π)]2 = k x02 − k(x0 − 2µ g g /ω 2 )2 = 2µ g m g (x0 − µ g g /ω 2 ) , 2 2 2 2 was exakt die Arbeit ist, die die Reibungskraft an dem Massepunkt verrichtet: Z − ωt =π ωt =0 dx µ g m g = 2µ g m g (x0 − µ g g /ω 2 ) . (H15) Alternativer Zugang zur Resonanzkatastrophe (3 Punkte) Die Bewegungsgleichung für den gedämpften harmonischen Oszillator ẍ + 2γ ẋ + ω 2 x = f0 cos αt (17) x(t ) = e −γ t [Acos(Ωt ) + B sin(Ωt )] + f0 [Ācos(αt ) + B̄ sin(αt )] , (18) besitzt die allgemeine Lösung wobei Ω= p Ā = − B̄ = ω2 − γ 2 α −ω 2 (19) 2 (α2 − ω 2 )2 + 4γ 2 α2 2γ α (α2 − ω 2 )2 + 4γ 2 α2 . , (20) (21) Für α = ω haben wir Ā = 0 und B̄ = 1/(2γ ω). A und B sind Integrationskonstanten der homogenen Differentialgleichung, die durch die Anfangsbedingungen x(t = 0) = x0 und ẋ(t = 0) = v0 zu bestimmen sind. Wir erhalten (wieder für den Fall α = ω) A = x0 und B = (v0 +γ x0 )/Ω− f0 /(2γ Ω). Die Lösung des Anfangswertproblems für diesen Fall lautet also f0 sin(ωt ) exp(−γ t ) sin(Ωt ) x(t ) = − 2γ ω Ω (22) h i x0 γ + v0 + exp(−γ t ) x0 cos(Ωt ) + sin(Ωt ) . Ω Um den ungedämpften Fall zu erhalten, müssen wir den Limes γ → 0 bilden. Dabei gilt wegen (19) Ω → ω, und wegen der Stetigkeit der Exponential- und trigonometrischen Funktionen gilt für den Term in der zweiten Zeile h i x γ + v0 v lim exp(−γ t ) x0 cos(Ωt ) + 0 sin(Ωt ) = x0 cos(ωt ) + 0 sin(ωt ). (23) γ →0 Ω ω Um den Limes für den Term in der ersten Zeile zu berechnen, entwickeln wir den Ausdruck in der eckigen Klammer nach einer Potenzreihe in γ . Dabei genügt die Entwicklung bis zur ersten Ordnung. Allgemein gilt nach dem Taylorschen Lehrsatz f (γ ) = f (0) + γ f 0 (0) + O (γ 2 ). Mit f (γ ) = sin(ωt ) exp(−γ t ) sin(Ωt ) − ω Ω (24) (25) folgt f (0) = 0, t sin(ωt ) dΩ d sin(Ωt ) t sin(ωt ) f (0) = + = . ω dγ dΩ Ω ω γ =0 0 (26) Setzen wir mit diesem Ergebnis die Taylor-Entwicklung (24) von(25) ein und das Resultat in die obere Zeile von (22), erhalten wir schließlich für den gesuchten Limes γ → 0 x(t ) = f0 t sin(ωt ) v + x0 cos(ωt ) + 0 sin(ωt ). 2ω ω (27) Dies ist aber in der Tat identisch zu der direkten Lösung des Problems (vgl. Lösung zu Aufgabe (P21)).