Potentialanalysen und Training von Ressourcen 1

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Hausarbeit im Rahmen des Seminars Potenziale und Risikofaktoren für Pädagogen
Sommersemester 2003
Prof. Dr. Bernhard Sieland
Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschule
2. Semester
Abgabedatum: 22.07.2003
+ Sehr klare Problem- und Aufgabendefinition für diese Arbeit
+ klare Bezüge zu verschiedenen Theorieansätzen in der Literatur
+ gründliche Recherche der eigenen Fragebogendaten und kritische Würdigung der
Ergebnisse
+ sehr gute Fokussierung auf ein zentrales Entwicklungsziel und dabei Varianten zu dem
entsprechenden Oberplan trainiert
Ich habe selten eine so theoretisch gut fundierte, praktisch durchgeführte und sprachlich
dargestellte Arbeit gelesen.
1 (sehr gut)
Herzlichen Glückwunsch!
BS
Potenzialanalysen und Training von
Ressourcen, um mögliche Belastungen im
Lehrerberuf zu verringern
0
Inhaltsverzeichnis .............................................................................................................. 0
Einleitung........................................................................................................................... 1
Bedeutung von Personalentwicklung für Pädagogen ............................................................
Belastungen und der Umgang mit ihnen ................................................................................... 3
Ressourcen ................................................................................................................................ 4
Ausbau von Ressourcen........................................................................................................ 4
Wechselseitige Beeinflussung .............................................................................................. 5
Kausalattribution .................................................................................................................. 6
Einfluss von der Bindung zum Beruf ........................................................................................ 6
Zusammenfassung der Bedeutung von Personalentwicklung ................................................... 7
Testverfahren ..................................................................................................................... 8
AVEM ........................................................................................................................................ 9
Beschreibung des Testverfahrens ......................................................................................... 9
Auswertung der eigenen Testergebnisse ............................................................................ 10
CCT- Interessenfragebogen .................................................................................................... 15
Beschreibung des Testverfahrens ....................................................................................... 15
Auswertung der eigenen Testergebnisse ............................................................................ 16
BEIL ............................................................................................................................................
Beschreibung des Testverfahrens ....................................................................................... 18
Auswertung der eigenen Testergebnisse ............................................................................ 18
Ich-Stärke als Entwicklungsziel ........................................................................................... 24
Persönliche Definition ........................................................................................................ 24
Subjektive Bedeutsamkeit.................................................................................................... 24
Vertikale Verhaltensanalyse – Oberplan und dessen Bedeutsamkeit ................................. 25
Warum war es für mich bisher positiv so zu reagieren und was für negative Auswirkungen
haben diese Verhaltensweisen heute .................................................................................. 26
Wo will ich hin .................................................................................................................... 26
Wie schaff ich das ............................................................................................................... 26
Ausgewählte Trainingssituationen ...................................................................................... 27
Essen zurückgeben .............................................................................................................. 27
Beschreibung der Situation ............................................................................................ 27
Ausführung des Trainings .............................................................................................. 28
Reden in der Vorlesung ...................................................................................................... 30
Beschreibung der Situation: ........................................................................................... 30
Ausführung des Trainings: ............................................................................................. 30
Trinkgeld............................................................................................................................. 31
Beschreibung der Situation: ........................................................................................... 31
Ausführung des Trainings: ............................................................................................. 31
Geld einfordern................................................................................................................... 33
Beschreibung der Situation ............................................................................................ 33
Ausführung des Trainings: ............................................................................................. 38
Gesamtauswertung und Ausblick auf die Zukunft ........................................................... 39
Anhang: ...............................................................................................................................
Literaturliste: .......................................................................................................................... 40
Testauswertungen ................................................................................................................... 42
AVEM ................................................................................................................................ 42
CCT-Interessenfragebogen ................................................................................................. 43
BEIL ................................................................................................................................... 43
Eigener Test.................................................................................................................... 43
Testsauswertungen der kritischen Freunde .................................................................... 44
Testauswertung von Merle ......................................................................................... 45
Testauswertung meines Bruders ................................................................................ 46
1
Einleitung
Wer an den Beruf des Lehrers denkt, verbindet jenen meist mit 6 Wochen
Sommerferien, halbtags arbeiten und auch sonst mehr frei als Arbeit. Warum lassen sich
also 96 % der Pflichtschullehrer frühpensionieren? (vgl. Sieland u. Tacke, 2000). Sind
alle Lehrer schlicht und einfach faul?
Dagegen spricht, dass ca. die Hälfte der Frühpensionäre schon in den ersten fünf Jahren
den Arzt wegen Erschöpfungszuständen aufsuchen. (vgl. Sieland 1)
Anscheinend gibt es eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem in der Öffentlichkeit
vorherrschenden Bild vom Lehrerberuf und den tatsächlichen Gegebenheiten.
Was sind das für Belastungen, die zu diesen Daten führen und was kann man als
Lehramtsstudierender tun, um den Anforderungen an den Lehrerberuf gerecht zu
werden?
In dieser Hausarbeit werden wir uns dieser Fragestellung in Bezug auf durch uns
persönlich veränderbare Belastungen widmen. Einleitend werden wir daher auf die
Bedeutung von Personalentwicklung mit dem Schwerpunkt Persönlichkeitsentwicklung
für Pädagogen eingehen. Dann werden wir ausgewählte Potenzialanalysen beschreiben
und darauf folgend auf einen Test konzentrieren. Anhand dessen Auswertung werden
wir ein Entwicklungsziel auswählen, es darstellen und einen Entwicklungsplan
verbunden mit einem Training erstellen und das Training auswerten. Abschließend
geben
wir
dann
einen
Ausblick
auf
die
Zukunft
bezüglich
unserer
Persönlichkeitsentwicklung.
Sehr gute Vorstrukturierung
Bedeutung von Personalentwicklung, mit dem
Schwerpunkt Persönlichkeitsentwicklung für
Pädagogen
Sind es bei allen Lehrern dieselben Belastungen, die zu den oben genannten Daten
führen, sind also die Anforderungen an den Lehrerberuf so hoch, dass es zwangsweise
zu Erschöpfungszuständen bei den Betroffenen kommen muss?
2
Wie lässt es sich dann erklären, dass es auch Lehrer gibt, die mit Freude ihren Beruf
ausfüllen ohne die erwähnten Erschöpfungszustände, auch bis ins hohe Alter? Sind dies
einfach nur begnadete Pädagogen oder gehen diese Menschen mit den hohen
Anforderungen nur anders um?
Um diese Frage zu klären und dabei Möglichkeiten für uns als Lehramtsstudierende zu
finden unsere eigenen potentiellen Belastungen zu verringern, werden wir im Folgenden
die Begriffe Stress und Belastung sowie eine allgemeine Theorie zur Stressentstehung
darstellen. Anschließend werden wir davon ausgehend erklären, welche Kräfte zu
Erfüllung von nicht nur Lehrerspezifischen Rollenaufgaben wichtig sind. Des Weiteren
werden wir uns in diesem Unterpunkt mit der Einstellung zum Beruf befassen, da diese
starken Einfluss auf die Zufriedenheit im Arbeitsleben hat.
Belastungen und der Umgang mit ihnen
Nicht jeder reagiert auf dieselbe Anforderung gleich. Während der eine die Situation als
nicht weiter beachtungswürdig erlebt, kann jemand anders schon beim Gedanken daran
diese Situation bewältigen zu müssen, in Angstschweiß ausbrechen.
Im Folgenden werden wir den Begriff Stress, im Sinne der Definition von Selye (1958
und 1976)„… mit Stress bezeichnet man Zustände der Beanspruchung, die aus
Prozessen der Auseinandersetzung mit belastenden Bedingungen … hervorgehen“ ,
verwenden.
Lazarus beschreibt die Entstehung von Stress in seinem Modell der „kognitiven
Stressbewältigung“
(vgl.
Situationsbewertungen.
Ist
Lazarus
die
(1966))
als
Klassengröße
Folge
von
beispielsweise
intra-psychischen
aufgrund
von
Kürzungsmaßnahmen extrem groß, gibt es mehrere Möglichkeiten wie der zuständige
Lehrer darauf reagieren kann. Möglich wäre, dass er dies als nicht beeinträchtigend
sieht
(primäre Bewertung irrelevant), während jemand anders dies als Belastung
empfindet, (primäre Bewertung stressreich), da er befürchtet der Aufgabe, jedem
gerecht zu werden, nicht gewachsen zu sein.
Dies zeigt, dass erlebte Belastungen und Stress subjektiver Art sind. (vgl. Sieland2 und
Sieland3).
3
Doch auch die Art und Weise wie man mit der nach der ersten Bewertung als Belastung
eingestuften Situation umgeht (Stressbewältigungsstrategie = coping) hat Auswirkungen
darauf, ob die Situation für den Betroffenen Stress darstellt oder nicht. (vgl. Lazarus,
1991)
Beispielsweise könnte man die als stressreich eingestufte Situation als Herausforderung
sehen und sich der Anforderung mit Freude und Ehrgeiz stellen.
Wenn der Betroffene aber der Meinung ist, dass solche Situationen ihn schon immer
überfordert haben und er daraus schließt, dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein,
entsteht Stress.
Ob aus einer möglichen Belastungssituation dann auch wirklich Stress entsteht, liegt
folglich auch darin, wie man die Anforderungen in Bezug auf die eigenen Ressourcen
bewertet (Ressourcen= alle Kräfte, die zur Erfüllung von Rollenaufgaben erforderlich
sind, vgl. Sieland 5).
Ressourcen
Ausbau von Ressourcen
Um für uns als Lehramtsstudierende schon frühzeitig zu erkennen, wie wir zusätzliche
Ressourcen entwickeln können, ist es erforderlich sie differenziert darzustellen.
Zu den Ressourcen zählt das eigene Können, die Kompetenzen. Diese unterteilen wir in
verschiedene Untergruppen:
Die fachlichen Kompetenzen, die im Lehrerberuf beispielsweise die Fachdidaktik und
Methodik und das fachwissenschaftliche Wissen darstellen.
Die sozialen Kompetenzen, die nach Döpfner (vgl. Pfingsten und Hinsch 2001)
Wie folgt dargestellt werden: „Die Verfügbarkeit und Anwendung von kognitiven,
emotionalen und motorischen Verhaltensweisen, die in bestimmten sozialen Situationen
zu einem langfristig günstigen Verhältnis von positiven und negativen Konsequenzen
für den Handelnden führen“. Wir verstehen eine Person also als „sozial kompetent“,
wenn sie über Fähigkeiten verfügt, akzeptable Kompromisse zwischen individuellen
Bedürfnissen einerseits und sozialer Anpassung andererseits (Gleichwertigkeit) zu
finden und zu verwirklichen (vgl. Pfingsten und Hinsch 2001). Dies setzt wiederum
4
Schlüsselqualifikationen
wie
Einfühlungsvermögen,
Offenheit,
Verantwortungsbewusstsein, Hilfsbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit voraus.
Und weiterhin die personalen Kompetenzen, die in unterschiedlicher Weise definiert
werden. Manche Autoren vertreten die Auffassung, dass sie sich im Wesentlichen aus
der Ich-Dimension und der Peronalen-Dimension zusammensetzen.
Die Ich-Dimension betrifft vor allem die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung und
Selbsterkenntnis,
zur
realistischen
Selbsteinschätzung,
zur
Selbstkritik
und
Selbststeuerung, sowie das Vertrauen in die eigene Person. Aber auch die Emotionale
Kompetenz positive Gefühle zu genießen und eigene Stimmungen zu beeinflussen!!!
Die Personale Dimension beinhaltet in dieser Unterscheidung u.a. Zuverlässigkeit,
Leistungs-
und
Lernbereitschaft,
Verantwortungsbewusstsein,
Streben
nach
Arbeitsqualität und Problemlösebewusstsein. Andere Autoren zählen z.B. die sozialen
Kompetenzen auch zu den emotionalen Kompetenzen, die wiederum zu den personalen
K. gezählt werden. Auch das Coping- und Attributionsverhalten (nach Weiner 1975),
auf das wir später noch näher eingehen werden, werden im Allgemeinen zu den
personalen Kompetenzen gezählt.
Von Bedeutung sind zudem die Rahmenbedingungen wie beispielsweise die
Klassengröße oder etwa die Arbeitszeit. Und auch Faktoren der Umwelt, wie das
soziale Stützsystem gehören zu den Ressourcen die eine Person besitzt.
Wechselseitige Beeinflussung
Die unterschiedlichen Ausprägungen der einzelnen Ressourcen beeinflussen sich auch
wechselseitig bezüglich der empfundenen Belastung und der Leistungsfähigkeit
(Performance).
Ist die Klassengröße beispielsweise aufgrund von Kürzungsmaßnahmen extrem groß
(Rahmenbedingungen) wird man nicht, so wie man es vielleicht für sich beansprucht
(Motivation), auf die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Schülers eingehen und sie
spezifisch fördern können, obwohl man fachlich, methodisch und didaktisch fit ist
(Fachliche Kompetenz). Wenn man jetzt aber den Anspruch hat, ein guter Lehrer zu
sein (Identifikation) und ist dies ein wichtiges Kriterium, um dem eigenen Anspruch
5
gerecht zu werden (subjektive Bedeutsamkeit der Situation), kann die Situation als
Belastung erlebet werden.
Folglich ist es für uns als zukünftige Lehrer nicht nur wichtig an der Uni unsere
fachlichen Kompetenzen auszubilden, wir sollten uns auch unsere Ressourcen bewusst
machen, um gezielt daran arbeiten zu können, um den Lehrerberuf genießen zu können
und um nicht daran zu Grunde zu gehen. Natürlich lassen sich die Rahmenbedingungen
im Gegensatz zu sozialen und vielen personalen Kompetenzen nur bedingt beeinflussen,
allerdings gibt es auch Möglichkeiten diese Belastungen zu reduzieren.
Denn wie durch dieses Beispiel aufgezeigt, sind nicht nur die Ressourcen von
entscheidender Bedeutung, sondern auch das Zusammenspiel von Motivation,
Anforderung und Kompetenz. Besteht eine Passungsdiskrepanz wie im obigen Beispiel
(Motivation ↔ Anforderung) kann das weitreichende Folgen, wie Unzufriedenheit,
Arbeitsunlust etc. haben.
Kausalattribution
Ein Aspekt, der ebenfalls diese Folgen verursachen kann, ist, ob man einen Erfolg
beziehungsweise Misserfolg durch eigene Leistung (internale Attribution) oder durch
äußere Faktoren (externale Attribution) erkläre. Werde man beispielsweise den eigenen
Anforderungen nicht gerecht und führt man dies auf eigene Unfähigkeit (internal stabile
Attribution bei Misserfolg, nach Weiner vgl. IE-SV-F) zurück, besteht die Gefahr, dass
nicht nur die Arbeitssituation als belastend empfunden wird, sondern man sich selbst als
unzureichend erlebt. Dies kann sich bei einer Identifikation mit dem Lehrerberuf leicht
zu einer dauerhaften Unzufriedenheit im Beruf entwickeln (vgl. Sieland 2).
Einfluss von der Bindung zum Beruf
Doch auch wenn erkannt wird, dass die Ursachen für das „Scheitern“ in den
Rahmenbedingungen liegen (externale Att.) kann es, wenn mir die Ergebnisse des
Handelns
(Unterricht)
sehr
wichtig
sind,
auch
zu
Schwierigkeiten
führen.
Beispielsweise kann man einen lernschwächeren Schüler aufgrund der Klassengröße
nicht so fördern, wie man es gerne möchte und er wird beim Übergang in eine
weiterführende Schulform möglicherweise in die Hauptschule eingestuft, obwohl er zu
6
mehr fähig gewesen wäre. Wenn das Ergebnis dann eine hohe subjektive Bedeutsamkeit
darstellt, kann dies leicht zu Frustration führen.
Man unterscheidet hier zwischen einer wertrationalen und instrumentell-rationalen
Bindung zur Tätigkeit (vgl. Sieland 4). Beide bergen Möglichkeiten und Gefahren:
Die wertrationale Bindung zeigt sich durch Identifikation mit der Arbeit an sich,
unabhängig von den Ergebnissen, wobei die Frustrationsgefahr bei Misserfolgen
niedriger ist. Allerdings besteht die Gefahr eines Ausbrennens durch Überengagement
im Dienste vermeintlich unverzichtbarer Werte.
Bei der instrumentell-zweckrationalen Bindung, wie im obigen Beispiel, ist der
Handelnde stark ergebnisorientiert (vgl. Sieland 4). Bei subjektiven Misserfolgen ist er
dadurch mehr belastet, wodurch die Gefahr besteht, dass zur Frustvermeidung die
innerliche Distanz zu den Anforderungen immer größer wird. Dies kann als möglicher
Bedingungsfaktor zur „Inneren Kündigung“ führen (vgl. Edgar Schmitz u.a.).
Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, fordern Burisch (1989) und Sieland (1991)
„flexible Ziele“ für Pädagogen „ohne Unbedingtheitscharakter“. Für unser Beispiel
könnte dies bedeuten, den handlungsleitenden Plan (vgl. Pfingsten und Hinsch(2001)
„fördere die Stärken und Schwächen jedes einzelnen “ dahingehend zu erweitern die
„Stärken und Schwächen jedes einzelnen zu fördern, soweit es in meinen Möglichkeiten
liegt ohne mich vom Erfolg abhängig zu machen“. (Lehrerleitbild) gut umgesetzt!
Bei erfolgreicher Umsetzung
könnte man eine geringere subjektive Belastung bei
gleichzeitiger Erfüllung der Anforderungen erreichen.
Doch auch dafür ist es erst einmal notwendig sich über die einzelnen Faktoren und
deren Zusammenspiel klar zu werden (Motivation → Lehrerleitbild → Identifikation
→Handlungsleitende Pläne, Anforderungen, Ressourcen →fachliche Kompetenzen
→
soziale
Kompetenzen
→
personale
Kompetenzen
→Umwelt
→Rahmenbedingungen)
Zusammenfassung der Bedeutung von Personalentwicklung
Dies scheint der wichtigste Punkt zu sein: Bewusstheit. Gut, dass Sie versuchen, eine
Kernaussage hervorzuheben!
7
Die Grundlage für Personalentwicklung, also den Lehrberuf genießen und mit Freude
ausfüllen zu können ist es, Belastungen so niedrig wie möglich zu halten und doch auch
den Anforderungen zu entsprechen (oder sich gegebenenfalls gegen den Beruf zu
entscheiden).
Kennen wir nicht alle genügend Lehrer aus unserer eigenen Schullaufbahn, die
aufgegeben haben, denen Schüler völlig egal waren, und auch Überengagierte, die sich
ein Bein ausgerissen haben, die aber ausgebrannt waren?
Wollen wir es genauso machen? Wollen wir es ganz anders machen? Was sind unsere
Ziele, warum sind wir hier? Auf jeden Fall hat jeder von uns bestimmte Ziele und
Erwartungen an den Lehrerberuf. Doch ist ständige Selbstreflexion, die eigene
Weiterentwicklung nur die Grundlage für die eigene Zufriedenheit im Lehrberuf? Oder
haben wir nicht unseren späteren Schülern gegenüber vielmehr die Pflicht dazu? Es geht
nicht nur um uns, wenn wir innerlich kündigen, wenn unsere Unterrichtsergebnisse uns
egal sind, oder wir völlig überfordert oder unzufrieden sind. Auch sollten wir uns damit
auseinandersetzen, ob wir diesen Anforderungen gerecht werden wollen. Doch kann
man von Anfang 20-jährigen so ein großes Maß an Bewusstheit und Eigenentwicklung
aus eigener Motivation heraus voraussetzen, oder hat die Universität da nicht ein Stück
Mitverantwortung? Reicht ein solches Seminar, auf dessen Grundlage diese Hausarbeit
entstanden ist aus, um solche wichtigen Entwicklungsimpulse zu einem lebenslangen
Lernprozess zu geben?
Mit einer klaren Aussage beantworten kann dies vermutlich keiner.
Ich erhoffe mir jedoch durch diese Hausarbeit mir meiner Potenziale und Schwächen
bewusster zu werden, um mit ihnen besser umgehen zu können und auch für die
Zukunft Möglichkeiten zu entdecken, die mir bei der Identifikation mit dem Lehrerberuf
und meiner eigenen Weiterentwicklung helfen können.
Testverfahren
Um sich selbst und seine individuellen sozialen Ressourcen besser einschätzen und
somit besser mit Stärken und Schwächen umgehen zu können, gibt es diverse
Selbsttestverfahren, die helfen können einen realistischen Einstieg in den Lehrerberuf
zu finden und seine Anforderungen gesundheitsförderlich zu bewältigen. Drei
8
Verfahren haben wir uns im Rahmen unserer Potenzialanalysen gewidmet und
durchgeführt.
AVEM
Beschreibung des Testverfahrens
Im Zentrum des Selbsttestverfahrens AVEM (Arbeitsbezogenes Verhaltens- und
Erlebensmuster) steht die Erfassung von Merkmalen des Arbeitsengagements, der
Widerstandsfähigkeit und der arbeitsbezogenen Emotionen, um einen besseren Zugang
zur Früherkennung möglicher Gefährdungen und somit ihrer Vorbeugung zu
gewährleisten.
Der Teilnehmer führt das Verfahren AVEM auf der Basis von elf für den Lehrerberuf
als wichtig erachteten Dimensionen durch, indem er auf einer Skala von „trifft voll und
ganz zu“ bis „trifft gar nicht zu“ insgesamt 66 Fragen beantwortet zu den Bereichen:
„Subjektive
Bedeutsamkeit
„Verausgabungsbereitschaft“,
der
Arbeit“,
„Perfektionsstreben“,
„Beruflicher
Ehrgeiz“,
„Distanzierungsfähigkeit“,
„Resignationstendenz (bei Misserfolgen)“, „Offensive Problembewältigung“, „Innere
Ruhe – Ausgeglichenheit“, „Erfolgserleben im Beruf“, „Lebenszufriedenheit“ und
„Erleben sozialer Unterstützung“. In der Auswertung erhält der Teilnehmer eine Tabelle
und eine Grafik, in denen seine Werte in Relation zueinander dargestellt sind.
Anhand der Grafik kann man die Ergebnisse nun bestimmten Bewältigungsmustern
zuordnen. Nun wird man verschiedenen Typen zugeordnet. Der Typ G (Gesundheit)
weist ein ausgeglichenes Verhältnis der jeweiligen Dimensionen auf (v.a. hoher
beruflicher
Ehrgeiz
vs.
hohe
Distanzierungsfähigkeit).
Er
hat
somit
ein
gesundheitsförderliches Verhältnis zur Arbeit. Der Typ S (Schonung) zeigt vor allem
wenig Engagement und zusätzlich eine hohe Distanzierungsfähigkeit, er setzt sich
folglich wenig für seinen Beruf ein und belastet sich nicht. Darüber hinaus existieren
zwei Risikomuster: Der Risikotyp A weist ein überhöhtes Engagement auf, verfügt
jedoch kaum über Distanzierungsfähigkeit, weshalb auch die Resignationstendenz bei
Misserfolgen sehr hoch ist. Der Risikotyp B hat ein geringes Engagement, jedoch im
Gegensatz zum Typ S nur eine eingeschränkte Distanzierungsfähigkeit, kaum
Widerstandsfähigkeit und neigt somit zum sogenannten „Burn-out“ .
9
Auswertung der eigenen Testergebnisse
Die Auswertung des Testes hat mich nicht sonderlich überrascht. Zum großen Teil
stimmt die Testauswertung mit meinem bisherigen Selbstbild überein. Doch auch wenn
der Test keine neuen Erkenntnisse bringt, scheint er mir hilfreich.
Arbeit an sich stellt keine hohe subjektive Bedeutsamkeit für mich dar, wie auch der
Test bestätigt (Stanine-Wert 3). Ich könnte auch ohne meine Arbeit ein glückliches
Leben führen. Trotzdem spielt die Art der Arbeit für mich eine entscheidende Rolle.
Zwei der Gründe, warum ich mich für den Lehrerberuf entschieden habe sind, dass ich
erstens unbedingt mit Menschen arbeiten möchte und zweitens, dass ich Menschen
voranbringen, sie in ihrer Entwicklung unterstützen, begleiten und fördern will. Ich
möchte das Gefühl haben, dass das was ich tue sinnvoll ist, wenn ich die längste Zeit
des Tages damit verbringen werde. Ich sehe den Lehrer, gerade in der heutigen Zeit, in
einer Position mit viel Verantwortung.
Eigil Pederson bestätigt den nachhaltigen
Einfluss von Grundschullehrern auf den späteren Erfolg im Lebensweg von Kindern
(vgl. Pederson (1978)). Ich weiß, dass ich in meiner täglichen Arbeit nicht damit
rechnen kann, dies immer zu erfahren, sondern dass ich vielmehr auch lernen muss mit
Misserfolgen umzugehen. Trotzdem bin ich mir sicher, dass ich den Lehrberuf mit viel
Freude ausführen werde.
Und dafür bin ich bereit viel zu tun. Auch wenn ich, wie oben erwähnt, ohne Arbeit
auskommen könnte, kann ich sobald ich mich für etwas entschieden habe einen
unwahrscheinlichen Ehrgeiz entwickeln. Auch dies bestätigt die Testauswertung.
(Stanine-Wert 9)
Wenn ich auf mein bisheriges Leben zurückschaue, dann habe ich das Gefühl, dass ich
für das Erreichen meiner Ziele nie sonderlich viel Kraft aufwenden musste, dass mir
alles „zugefallen“ ist. Sicherlich ist das nur ein subjektives Empfinden. Jeder, der
meinen Lebensweg näher kennt, beurteilt dies aus einer objektiven Perspektive heraus
ganz anders. Mein Leben lang war ich immer ein „Überflieger“, der nie etwas tun
musste, mir schien alles „zuzufliegen“. Der Nachteil dabei war, dass ich lange nicht
lernte was es heißt sich intensiv mit etwas auseinander zu setzen, außer mit mir selbst.
Ich überflog die Sachen immer nur, kratzte sie an, habe mich aber nie mit irgendetwas
über längere Zeit näher beschäftigt. Vieles langweilte mich. Das führte dazu, dass viele
meiner Potentiale, die mir immer bescheinigt wurden bis heute ungenutzt blieben. Ich
denke, daher kommt mein heutiger Ehrgeiz. Ich habe das Verlangen danach das, wofür
10
ich mich entschieden habe zu tun, richtig zu tun. Aus den Erfahrungen meines
bisherigen Lebens habe ich gelernt, dass wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dies
auch erreiche. Dies gibt mir unheimliche Kraft. Jetzt möchte ich anfangen meine
Potentiale umzusetzen.
Daher kommt auch meine überdurchschnittliche Verausgabungsbereitschaft (StanineWert 7). Wenn ich mich für etwas entschieden habe und es als wichtig für mich
bewerte, bin ich bereit einiges an Zeit, Kraft und Aufwand darin zu investieren. Ich
erkenne die Gefahr, die darin liegt, dass ich mehr Kraft in die Erfüllung meiner Ziele
stecke als ich habe.
Doch ich bin mir sicher, dass dies nur eine momentane Tendenz ist, die aber für meine
derzeitige Entwicklung äußerst wichtig ist. Langfristig werde ich sicherlich ein besseres
Gefühl dafür bekommen, was ich mir an zusätzlicher Arbeit zumuten kann, und was
meine Kräfte übersteigt.
Nach Aussage des AVEMS habe ich eine unterdurchschnittliche Neigung zu
Perfektionsstreben (Stanine-Wert 2).
Dies muss sicherlich ambivalent bewertet werden.
Wie
oben
aufgezeigt,
entwickle
ich
wenn
mir
etwas
wichtig
ist,
einen
unwahrscheinlichen Ehrgeiz. Genauso habe ich den Anspruch an mich, dass das
Ergebnis meiner Arbeit mich zufrieden stellt. Die meisten Leute die mich kennen,
hätten mir wahrscheinlich bezüglich meiner Anforderungen an mich selbst einen recht
hohen Wert an Perfektionsstreben zugeordnet. Doch dabei spielt meine eigene
Bewertung der Situation eine große Rolle. Beispielsweise Hausarbeiten, bei denen ich
den Lerneffekt als relativ gering betrachte und die der Dozent wahrscheinlich nie lesen
wird, gebe ich auch mal ohne Nachkorrektur ab. Ich kann auch notwendige
Anforderungen mit minimalistischem Aufwand bewältigen. Hier gilt es sicher
langfristig einen Mittelweg zu finden, so dass ich auch Anforderungen, die von außen
an mich herangetragen werden, die ich selbst als nicht sonderlich wichtig betrachte,
trotzdem gebührend bearbeite.
Meine Distanzierungsfähigkeit später im Beruf kann ich schlecht einschätzen. Es ist
gut, dass sie viele Testwerte ambivalent einschätzen und auch ihre Urteilsfähigkeit
problematisieren Der Test spricht mir bezüglich dessen, zwar einen recht hohen Wert zu
11
(Stanine-Wert 7), aber ich denke, dass ich in diesem Bereich zu wenige Erfahrungen
besitze, die sich auf die Lehrsituation umsetzen lassen. Wären die Kinder, und deren
Entwicklung mir nicht wichtig, hätte ich einen anderen Beruf gewählt. Ich kann nicht
abschätzen, wie sehr ich in meinem Privatleben abschalten kann, wenn ein Kind meiner
Klasse dauernd mit starken Blutergüssen in die Schule kommt und ich um seine
Familiensituation weiß.
Dies ist sicherlich ein extremes Beispiel, doch ich denke auch darauf müssen wir uns
einstellen.
Bezüglich meines Studiums hängt meine Distanzierungsfähigkeit stark davon ab, wie
sehr ich meinen eigenen Ansprüchen gerecht werde. Wenn ich mit der Bearbeitung
meiner „Aufgaben“ stark im Verzug bin, kann ich schlecht abschalten und denke die
ganze Zeit daran, was ich noch alles zu erledigen habe, auch wenn ich mit Freunden
zusammen bin. Während, wenn ich generell gut in der Zeit bin, ich keine Probleme
habe, mich zu entspannen, mit meinen Freunden die Zeit zu genießen.
Folglich hängt meine Distanzierungsfähigkeit sehr von meinem Ehrgeiz ab. Hier gilt es,
den Anspruch an mich selbst eventuell zu überprüfen, ob ich mir nicht vielleicht zu
hohe Ziele stecke.
Dasselbe gilt für die spätere Berufsausübung.
Bisher tendiere ich dazu Misserfolge internal variabel zu attribuiren (nach Weiner
1975). Schaffe ich etwas nicht, bin ich der Meinung, dass ich mich nur nicht genug
angestrengt habe. Daher besitze ich eine relativ geringe Resignationstendenz. Muss ich
einen Misserfolg verbuchen, strenge ich mich beim nächsten Versuch mehr an. Der Test
schreibt mir zwar einen durchschnittlichen Wert zur Resignationstendenz bei
Misserfolg zu (Wert zu (Stanine-Wert 4), das liegt aber daran, dass ich bisher noch
nicht lernen musste mit Misserfolg umzugehen. Bisher habe ich immer erreicht, was ich
wollte. Einer meiner Brüder beschreibt mich an dieser Stelle immer als „ein Steh-aufMännchen, was nicht klein zu kriegen ist“
Die Erkenntnis, alles Wünschenswerte zu erreichen gibt mir, wie oben beschrieben, eine
unwahrscheinliche Energie, doch werde ich für das spätere Berufsleben lernen müssen,
dass ich aus eigener Kraft nicht alles erreichen kann und dass ich nicht auf jede
Situation soviel Einfluss ausüben kann wie ich das vielleicht möchte.
12
Durch meine Familienstruktur habe ich erfahren wie es ist, wenn Probleme
totgeschwiegen werden, erst gar nicht formuliert werden, so dass man zu einer Lösung
kommen könnte. Gerade diese Erfahrung hat es mir möglich gemacht, zu erkennen wie
wichtig eine offensive Problembewältigung ist (Stanine-Wert 7). Trotz des Erkennens
der Wichtigkeit dieser Art mit Problemen umzugehen, beeinflusste
meine
Familienstruktur mein Handeln diesbezüglich lange Zeit. Bis in die späte Jugend hinein
ging ich Problemsituationen aus dem Weg anstatt sie zu klären, obwohl ich mir bewusst
war, dass dies die Problematik nur verschärfte.
Auch heute merke ich in für mich schwierigen Situationen, beispielsweise wenn ich mit
Familienstrukturen konfrontiert bin, noch die Tendenz mich zurückziehen zu wollen,
kann
aber
meist
aus
meinem
Erwachsenen-Ich
heraus
anders
handeln.
(Transaktionsanalyse nach Th. Harris und E. Berne).
Doch auch bezüglich meiner eigenen Person bemühe ich mich stets nötige
Entwicklungsfelder zu erkennen, um mich davon ausgehend weiterzuentwickeln anstatt
die Augen davor zu verschließen. Nicht nur in späteren Unterrichtssituationen und im
Lehrerkollegium wird mir diese Eigenschaft sicherlich nützlich sein.
Hierbei ist es für mich allerdings notwendig, dass ich auch lerne mich und meine
erbrachten Leistungen gebührend anzuerkennen. Diesem Thema werde ich aber im
Rahmen der KESS-Gruppe eine eigene Hausarbeit widmen.
Die Tendenz immer nach vorne auf noch zu bewältigende Entwicklungsfelder gerichtet
zu sein, beeinflusst auch meine innerer Ruhe (Stanine-Wert 5).Zwar besitze ich im
Großen und Ganzen schon ein großes Maß an Ausgeglichenheit, trotzdem bin ich mit
diesem Punkt noch nicht ganz zufrieden. Unerwartete Ereignisse und schwierige
Situationen werfen mich nicht so leicht aus der Bahn. Dafür stand ich in meinem
bisherigem Leben schon zu oft vor schier unlösbaren Situationen und dauerhaften
Belastungssituationen. Doch meine oben beschriebene Tendenz hindert mich oft daran,
den Moment gelassen zu erleben. Aber ich bin mir sicher, dass ich auch diesen Punkt in
den Griff bekommen werde.
Im Punkt Erfolgserleben im Beruf schreibt mir der Avem einen im Vergleich mit den
getesteten Lehrern überdurchschnittlichen Wert zu (Stanine-Wert 8).
13
Nach einer nicht unbedingt „normal“ verlaufenden Jugend „berappelte“ ich mich vor
einigen Jahren und begann mir neue Ziele zu stecken. Trotzdem ich sechs Tage die
Woche in der Gastronomie gearbeitet habe und zur Prüfungszeit eine schwere
Familiensituation bestand erreichte ich, womit niemand gerechnet hatte, mein Abitur
auf dem zweiten Bildungsweg. Jetzt studiere ich und erarbeite mir nach und nach die
grundlegenden
Qualifikationen,
wie
beispielsweise
Präsentationstechniken
und
Vorbereitung, Lernmethoden und Verfassung von Texten, die ich mir in der Schulzeit
hätte aneignen sollen.
Mit meinem beruflich bisher Erreichten bin ich voll und ganz zufrieden. Dabei handelt
es sich auch keinesfalls um eine eventuelle resignative Zufriedenheit (siehe
Testauswertung AVEM im Anhang). Anstatt meine Ziele zu niedrig anzusetzen, neige
ich viel mehr dazu mir soviel vorzunehmen. Aber auch darauf werde ich bei der
Auswertung des BEILS näher eingehen.
Meine Lebenszufriedenheit liegt im durchschnittlichen Bereich der AVEMAuswertung (Stanine-Wert 6). Ich habe viel erreicht, weiß wo ich stehe und was noch
zu tun ist. Mein Studium gehe ich mit viel Ehrgeiz an, finde aber trotzdem noch
genügend Zeit, das Studentenleben mit meinen Freunden zu genießen.
Im Bereich erleben sozialer Unterstützung ordnet mir der AVEM einen
unterdurchschnittlichen Wert zu (Stanine-Wert 1). Auch dieser Punkt muss sicherlich
differenziert betrachtet werden.
Der Test ist sehr auf das erleben sozialer Unterstützung im Bereich Familie und
Beziehung ausgelegt. Auf diesen Teilbereich gerichtet stimmt die Testauswertung voll
und ganz, was sich durch meine Familienverhältnisse erklären lässt.
Dadurch dass ich mit 13 Jahren bei meiner Familie ausgezogen bin, habe ich sehr früh
gelernt auf eigenen Beinen zu stehen und mir selbst Halt zu geben. In den letzten Jahren
habe ich mir einen Freundeskreis aufgebaut, der mich unwahrscheinlich stützt, mir
Feedback gibt und unabhängig von temporären Stimmungen und Entwicklungen auch
fortbesteht.
Daher kann ich sagen, dass ich nicht damit rechne, durch diesen Punkt
Beeinträchtigungen in meinem späteren Berufsleben zu erfahren.
14
Im Großen und Ganzen würde ich mich dem Typ „Gesunder Lehrer“ zuordnen.
Ich bin sehr engagiert, nehme meine Arbeit ernst, bin für meine Lebenszufriedenheit
aber nicht auf sie angewiesen. Dabei zeige ich eine hohe Belastbarkeit, bin in der Lage
meine Arbeitseinstellung zu überprüfen und mein Handeln dementsprechend
anzupassen. Auch wenn meine Verausgabungsbereitschaft stark überdurchschnittlich ist
(näheres in der Auswertung des BEILS), sehe ich daher nicht die Gefahr eines
Ausbrennens.
CCT- Interessenfragebogen
Beschreibung des Testverfahrens
Das „Career Counselling for Teachers“ (CCT) ist eine Organisation, die sich in
„Dienstleistung“ und „Forschung“ aufgliedert und sich an Schüler, Studenten,
Junglehrer und erfahrene Lehrer richtet, indem sie über den Beruf des Lehrers
informiert, berät und Anregungen bietet. Im Mittelpunkt steht jedoch die
Selbsterkundung. Hier können die genannten Gruppen Selbsttests zu ihren
Interessengebieten durchführen. Wir haben uns für den Interessenfragebogen für
StudentInnen entschieden, da hier überprüft werden kann ob der Lehrerberuf den
eigenen Interessen entspricht.
Bei diesem Test werden in einer Liste Aufgaben angeführt, die für den Lehrerberuf
charakteristisch sind. Der Testteilnehmer muss sich nun anhand einer Skala selbst
einschätzen und abwägen , ob er die jeweiligen Aufgaben vermutlich „sehr ungern“,
„ungern“, „weder gern noch ungern“, „gern“ oder „sehr gern“ ausführen würde. In der
Auswertung werden die Aufgaben dann in folgende Felder zusammengefasst:
„Unterricht gestalten“, „Soziale Beziehungen fördern“, „Auf spezifische Bedürfnisse
eingehen“, „Verhalten kontrollieren und beurteilen“, „Mit Eltern und KollegInnen
zusammenarbeiten“ und „Sich fortbilden“ . Anhand der eigenen Angaben wird zu der
Auswertung eine Vermutung abgegeben wie geeignet der Testteilnehmer aufgrund
seiner Interessen für den Lehrberuf erscheint.
15
Auswertung der eigenen Testergebnisse
Nach den Testergebnissen zu urteilen (im Anhang), habe ich große Freude daran soziale
Beziehungen zu fördern, bei meiner Unterrichtsgestaltung auch auf die speziellen
Bedürfnisse einzelner einzugehen und mich ausreichend fortzubilden. Auch werde ich
wohl gerne mit Eltern und Kollegen zusammenarbeiten.
Nur dem Punkt „Verhalten zu kontrollieren und zu beurteilen“ stehe ich distanziert
gegenüber. Dies muss sicher ambivalent bewertet werden. Schon während meiner
Tätigkeit im Kindergarten und im Hortbereich habe ich gelernt wie wichtig es für das
Funktionieren einer Gruppe ist, klare Regeln aufzustellen und auch deren Einhaltung
durchzusetzen. Daher weiß ich, dass ich später keine Probleme damit haben werde,
meine Erwartungshaltung den Schülern gegenüber eindeutig zu formulieren und auch
Grenzen zu setzen.
Auch um die Schüler fördern zu können ist eine stetige Kontrolle ihrer Leistung
äußerst wichtig. Nur so kann ich auf die spezifischen Bedürfnisse einzelner eingehen.
Doch meine eigenen Erfahrungen als Schüler, sowie die Auseinandersetzung mit der
Problematik der Leistungsbeurteilung im Rahmen einer anderen Hausarbeit haben mir
gezeigt, was für Auswirkungen unser System der Zensierung haben kann. Mir ist der
individuelle Fortschritt des Einzelnen wichtig, nicht ausschließlich der soziale
Vergleich. Auch die Ergebnisse von Untersuchungen, dass Notengebung meist weder
objektiv noch gerecht sind (vgl. Ziegenspeck 1999) zeigen mir, dass es eher förderlich
ist, wenn ich diesem Punkt distanziert gegenüberstehe. Dadurch werde ich
wahrscheinlich meine Bewertungen der Schüler stets genau überprüfen, was sicherlich
nicht von Nachteil ist. Auch ersehe ich es als wichtig, die Schüler immer mehr zu
Selbststeuerung und selbstverantwortlichem Handeln hinzuführen, anstatt diesem
Gesichtspunkt durch einen stark autoritären Unterrichtsstil entgegenzuwirken.
Auch die Auswertung dieses Testes stimmt mit meinem bisherigen Selbstbild überein.
Dabei kann ich zur Überprüfung auf eine realistische Selbsteinschätzung, meine
bisherigen Erfahrungen im Kindergarten, Hort, als Nachhilfelehrer, in der ambulanten
Krankenpflege sowie meine langjährige Tätigkeit in der Gastronomie zurückgreifen.
Nur im Punkt „Unterricht gestalten“ habe ich keine Praxiserfahrung. Im
Nachhilfeunterricht mache ich mir zwar auch Gedanken, wie ich einen Themenbereich
am besten vermitteln könnte, doch ist die Vermittlung an eine ganze Klasse noch etwas
16
anderes als für einen Einzelnen. Daher werde ich außerhalb meines ASP in diesem
Punkt versuchen, weiter Erfahrungen in Rahmen der verlässlichen Grundschule zu
sammeln. Mein angestrebter Nebenjob als Tutor im Bereich Mathematik wird diesem
sicherlich auch dienlich sein, auch wenn die Zielgruppe eine andere ist.
BEIL
Beschreibung des Testverfahrens
Das Berufseignungsinventar für das Lehramtstudium, kurz BEIL, von U. Rauin et al.
(1994) ist ein Testverfahren, das einen Beitrag zur Berufsfindung leisten soll, indem
Studierenden die Möglichkeit geboten wird ihren Berufswunsch noch einmal zu
überprüfen und auf potenzielle Schwierigkeiten aufmerksam macht, damit diese im
späteren Berufsleben nicht unerwartet auftreten. Das Verfahren beruht auf reiner
Selbsteinschätzung der persönlichen potenziellen Belastungen, der in diesem Test
aufgeführten 21 Anforderungen an den Beruf des Lehrers. Diese Anforderungen werden
wiederum in zwei Oberbereiche gegliedert:

Allgemeine Fähigkeiten, Einstellungen und Haltungen:
In diesem Bereich geht es um elf allgemeine, für das Berufsleben wichtige
Fähigkeiten, die für den Lehrerberuf als besonders bedeutend erscheinen, um
Frustration und negative Berufseinstellungen zu vermeiden.
(Kommunikationsbereitschaft
und
–fähigkeit;
Ich-Stärke;
Emotionale
Ausgeglichenheit; Intellektuelle Neugier; Selbstdisziplin; Geduld; Modellverhalten;
Stimme; Organisationstalent; Politische Unabhängigkeit; Physische und psychische
Belastbarkeit)

Besondere Anforderungen und Schwierigkeiten in verschiedenen Bereichen
Unter diesem Bereich sind zehn typische Problembereiche für das Berufsfeld des
Lehrers zusammengefasst, die dazu dienen zu hohe Erwartungen zu korrigieren, um
einen realistischen Berufseinstieg zu ermöglichen.
(Problemschüler; Eltern; Kollegium; Schulleitung; Schulhierarchie; Dienstort;
Berufsimage;
Anerkennung;
Unangenehme
Aufgaben;
Verdienst-
und
Aufstiegsmöglichkeiten)
Anhand der fünfstufigen Skala zur Selbsteinschätzung (von 1= „gar nicht“ bis 5=
„außerordentlich“) wird am Ende des Tests abgewogen, ob der Testteilnehmer eine
17
realistische oder eine unrealistische Vorstellung von den Belastungen und
Anforderungen im Lehrerberuf hat und eventuell den Berufswunsch noch einmal
überdenken sollte.
Ausgangspunkt zur Entwicklung des BEIL waren Befunde aus verschiedenen Studien
sowie psychologische Untersuchungen zur Lehrerpersönlichkeit.
Auswertung der eigenen Testergebnisse
Betrachtet man die Testergebnisse meiner Selbsteinschätzung (siehe Anhang) stellen
folgende Punkte wahrscheinlich eine recht große Belastung für mich dar: „Ichstärke“,
„Intellektuelle
Neugier“,
„der
Dienstort“
sowie
„der
Verdienst“
und
„die
Aufstiegsmöglichkeiten“. Während ich bei den Punkten „emotionale Ausgeglichenheit“,
„Schulleitung“, „Schulhierarchie“, „unangenehme Aufgaben“ sowie in „der physischen
und psychischen Belastbarkeit“ und „der Notwendigkeit des Beurteilens nach
Selbsteinschätzung“ wahrscheinlich weder sonderlich große noch geringe Belastungen
erwarte. Die Punkte „Kommunikationsbereitschaft“ und „Fähigkeit“, „Geduld“,
„Modellverhalten“, „Stimme“, „Organisationstalent“, „Politische Unabhängigkeit“,
„Problemschüler“, „Eltern“, „Kollegium“, „Berufsimage“ und „Annerkennung“ werden
mich laut Testauswertung wahrscheinlich nicht belasten.
Allerdings ersehe ich es als notwendig die Testergebnisse differenziert zu betrachten,
um eine realistische Einschätzung meiner potentiellen Belastungen zu gewährleisten,
da der Test nur auf reiner Selbsteinschätzung beruht. Die Tatsache, dass jeder Punkt
zum Einen nur abstrakt und zum Anderen nur einmal behandelt wird kann leicht zu
einem verfälschten Bild führen. Die standardisierten Antwortvorgaben und die darauf
folgende Auswertung können daher nur einen oberflächlichen, wenn auch strukturierten
Blick auf das eigene Selbstbild darstellen.
Im Folgenden werde ich daher meine Selbsteinschätzung der einzelnen Punkte
darstellen und begründen. Um mein Selbstbild kritisch zu überprüfen habe ich meine
eigenen Ergebnisse mit denen zweier, kritischer Freunde verglichen.
18
Hierfür habe ich einerseits einen meiner Brüder ausgewählt, der mich in den letzten
Jahren intensiv begleitet hat und somit sehr viel über meine Grundsubstanz, meine
Entwicklung und auch eventuelle Entwicklungsfelder weiß.
Zum Anderen habe ich eine sehr gute Freundin, Merle, gewählt, die mir wie niemand
anders nahe steht und mich in meinem alltäglichen Leben kennt.
Beim oberflächlichen Vergleich zeigt sich wie erwartet eine erhebliche Diskrepanz
zwischen den einzelnen Testergebnissen (siehe Anhang). Doch bei der Besprechung der
einzelnen Punkte hat sich gezeigt, dass mein Selbstbild sowie die beiden
Fremdeinschätzungen nicht so sehr voneinander abweichen, wie es auf den ersten Blick
scheint. Die Beurteilungsperspektive der Beiden und damit natürlich auch der Einblick
in mein Leben ist eine andere.
Mein über 20 Jahre älterer Bruder kennt mich mein Leben lang, aber nur aus der
Distanz. Seit Jahren ist er in vielen Punkten mein Ansprechpartner und ein Spiegel zur
Gedanken- und Gefühlsklärung.
Während Merle mich täglich erlebt, wie ich mit meiner Arbeit, meinem Studium und
zwischenmenschlichen Problemen umgehe.
Die Gespräche der Auswertungen haben mir wie erhofft geholfen mein Selbstbild
teilweise zu bestätigen, aber auch zu komplettieren und korrigieren.
Ich bin ein sehr offener Mensch, gehe gerne auf Menschen zu, besitze daher eine relativ
hoch ausgeprägte Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit.
Auch meine Arbeit im Kindergarten hat mir gezeigt, dass ich ebenfalls keine Probleme
habe, auf desinteressierte Eltern zuzugehen und mich mit ihnen auseinander zu setzen.
Dies wird mir sicherlich in meinem späteren Kollegium hilfreich sein.
Allerdings neige ich im privaten Bereich oft dazu, mit meinen Wunsch nach Offenheit,
mein Gegenüber zu überfordern. Hierbei gilt es, wie auch in vielen noch folgenden
Punkten, meine eigenen Ansprüche immer wieder zu überprüfen und sie dem praktisch
Möglichen anzupassen, um eine zu große Belastung meinerseits zu verhindern.
Mir selbst gegenüber neige ich dazu recht ungeduldig zu sein. Ich stelle hohe Ansprüche
an mich und möchte meine Ziele am besten ´schon gestern` verwirklicht haben.
Gegenüber Menschen, die mir nahe stehen neige ich manchmal dazu, diese Ansprüche
19
zu übertragen. Daher hat mir mein Bruder bezüglich dieses Wertes eher hohe
Belastungen zugeordnet.
Doch wenn ich es für sie Situation als wichtig erachte, Geduld zu zeigen, kann ich
auch unter hoher Stressbelastung, wie bei meiner Arbeit in der Gastronomie, Ruhe
bewahren und notwendige Sachverhalte auch wiederholt geduldig erklären, wenn es
notwendig ist. Daher sehe ich im Bezug auf den Punkt Geduld keine übermäßigen
Belastungen im Lehrberuf auf mich zukommen.
Im Punkte Modellverhalten habe ich keine großen Erfahrungswerte, außer meiner Zeit
im Kindergarten. Hier hat sich gezeigt, dass ich mit den Ansprüchen vieler junger
Mütter gut umgehen kann. Gegen Vorwürfe, die meine Person betreffen und bestimmte
Verhaltensweisen kritisieren, kann ich gut abwehren
Auch sonst denke ich, dass ich keine Probleme damit habe mit Verhaltenserwartungen
mir gegenüber umzugehen.
Auch im Bereich Stimme sehe ich keine Belastungen auf mich zukommen.
Der Punkt Berufsimage bereitet mir ebenfalls keine sonderlichen Schwierigkeiten, da
ich den Wert meiner Arbeit nicht über das Klischeebild anderer Leute, sondern über
meine eigene Leistung definiere.
Dasselbe gilt für den Bereich Annerkennung. Allerdings denke ich, dass gerade durch
meinen hohen Anspruch an mich selbst und an das, was ich durch meine Arbeit
bewirken möchte (siehe subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit in der AVEMAuswertung) und dem damit gleichzeitig unausweichlich verbundenen Misserfolg spielt
mein soziales Stützsystem und die damit verbundene Annerkennung eine bedeutsame
Rolle. Wobei hier die Anerkennung als positiver Faktor zur Bewältigung eventueller
Frustration dienen kann, gleichzeitig aber nicht das Ziel darstellt. Damit stellt nicht das
Fehlen dieser Anerkennung die potentielle Belastung dar, sondern vielmehr die
Hilflosigkeit die sich einstellt, wenn ich einigen Schülern nicht so helfen kann, wie ich
es vielleicht möchte. Trotzdem freue ich mich auf genau diese Aufgaben und
Herausforderungen, insbesondere Problemschülern neue Möglichkeiten zu eröffnen,
sie zu fordern, fördern und zu unterstützen. Auch hier kann ich auf meine Erfahrungen
im
Kindergarten
zurückgreifen.
Diese
20
haben
allerdings
auch
gezeigt,
wie
unwahrscheinlich wichtig es für mich ist, meine eigenen Ansprüche immer wieder zu
hinterfragen und sie an die Situation anzupassen ohne mich dabei von meinen
eigentlichen Werten zu entfernen und mich von meiner Arbeit zu distanzieren. Falls ich
dies nicht lernen sollte, muss ich die notwendige Konsequenz ziehen und mir einen
anderen Aufgabenbereich suchen. Nicht nur hierfür habe ich vor nach meinem ersten
Staatsexamen
noch
einen
weiterführenden
Studiengang
im
Bereich
Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Erwachsenenpädagogik und Beratung
abzuschließen.
Meine grundlegenden Werte bilden auch die Substanz meiner politischen
Unabhängigkeit.
Trotzdem bin ich stets offen für andere Ansichten und bin auch gerne bereit meine
Meinungen immer wieder zu hinterfragen. Da ich davon ausgehe, dass meine Ansichten
bzw. auch mein Hintergrundwissen nie so absolut sein kann, dass eine Erweiterung
bzw.- Revidierung nicht mehr möglich ist.
Natürlich besteht durch meine grundlegende Offenheit und Neugier auch die Gefahr im
späteren Berufsleben indirekt beeinflusst zu werden, beispielsweise durch angebotene
Fortbildungen und Seminare. Meine tiefen Überzeugungen jedoch hindern mich daran,
Dinge bzw. Meinungen anzunehmen oder umzusetzen, die nicht im Einklang mit ihnen
stehen, so dass ich hier in letzter Konsequenz eher berufliche Rückschritte in Kauf
nehmen würde als gegen meine inneren Werte zu handeln.
Das mir der Test im Punkte Intellektuelle Neugier eine eher große Belastung
zugeordnet hat, liegt ausschließlich an meiner Stimmung zum Zeitpunkt der
Testausführung. Dies bestätigen auch die beiden anderen Auswertungen.
Mein Bruder vergleicht mich diesbezüglich mit einem kleinen Hundewelpen, der
neugierig die Welt erforscht und alles Wissen um sich herum „aufsaugt“. Den Vergleich
finde ich an dieser Stelle recht passend. Die Intellektuelle Neugier stellt sogar eine
meiner großen Stärken dar. Meine Neugier auf die Welt, das Leben und die
Möglichkeiten, die sich mir bieten.
Durch diese Grundsubstanz werde ich mich wahrscheinlich nie nur mit dem was ich
kann, wie ich unterrichte sowie mit oberflächlichen Antworten in Problemsituationen
begnügen.
21
Genauso wenig werde ich mich wahrscheinlich nie mit demotivierten Schulleitern,
bzw. einer hinderlichen Schulhierarchie und damit ungünstigen Arbeitsbedingungen,
die im Endeffekt zu Lasten der Schüler gehen, abfinden können. Und das möchte ich
auch gar nicht. Hier gilt es für mein späteres Berufsleben, mir eventuelle andere
Handlungsfelder aufzutun und auch zu lernen genau zu unterscheiden, wann es wichtig
und erforderlich ist mich gegen etwas aufzulehnen und wann es nicht zielführend für
mich ist.
Wie beschrieben fällt es mir schwer, mich mit Gegebenheiten abzufinden. In der
Vergangenheit neigte ich dazu vielen unangenehmen Aufgaben auszuweichen, oder
sie so umzustrukturieren, dass ich wieder Positives daraus ziehen konnte.
Dabei hängt meine persönliche Belastung bei der Bewältigung von unangenehmen
Aufgaben sehr von meiner Bedeutungszuschreibung der Situation ab. So werde ich
wahrscheinlich nie ein großer Freund von Schülerkorrekturen sein. Da ich mir aber, wie
in der Auswertung des CCT-Fragebogens beschrieben, über deren Wichtigkeit bewusst
bin, wird mir die Anforderung leichter fallen.
Auch nicht unbedingt eine freie Wahl des Dienstortes zu haben wird mir
wahrscheinlich Schwierigkeiten bereiten. Dies ist allerdings eine Tatsache, die sich nur
schwer verändern lässt, und die einzige Möglichkeit besteht darin die Situation mit
Gelassenheit zu nehmen.
Ich habe mir selbst bezüglich des Punktes Organisationstalent geringe Belastungen
zugeordnet. Wie mir auch von allen Seiten bestätigt wird, bin ich ein ausgezeichneter
Krisenmanager, was sich gerade bei meiner Arbeit in der Gastronomie zeigt.
Doch bezüglich längerfristiger Planungen im privaten Bereich neige ich dazu, die Dinge
auf mich zukommen zu lassen, wodurch oft unnötiger Stress entsteht.
Folglich besitze ich zwar Organisationstalent, bin aber nicht immer bereit es
einzusetzen. Ich bezweifele aber, dass ich diese Haltung so auch
im beruflichen
Kontext einnehme.
Auf den Punkt Emotionale Ausgeglichenheit, werde ich hier nicht mehr näher
eingehen, da ich dies schon im Rahmen der AVEM-Auswertung getan habe, und die
Fremdauswertungen auch keine abweichende Ergebnisse zeigen.
22
Aber im Bereich Selbstdisziplin gibt es erhebliche Abweichungen.
Während Merle mir in diesem Punkte eindeutig geringe Belastungen zugeordnet hat, ist
mein Bruder der Ansicht, dass mich darin große Belastungen erwarten, wobei meine
Testauswertungen genau dazwischen liegt.
Wie in der Auswertung des AVEMS beschrieben, habe ich in der Vergangenheit nie
sonderlich viel tun müssen um meine Ziele zu erreichen. Dadurch habe ich auch nie
gelernt kontinuierlich zu arbeiten, mich zum Erreichen von etwas zu disziplinieren.
Doch um den späteren Anforderungen gerecht werden zu können und unnötige
Belastungen zu vermeiden ist gerade ein strukturiertes Arbeiten von enormer
Bedeutung.
Sicherlich bedeutet daher Selbstdisziplin momentan eine erhöhte Belastung, doch
Grundzüge davon habe ich mir in den letzten beiden Semestern angeeignet und baue
diese Fähigkeit momentan erfolgreich aus. Auch erhoffe ich mir dadurch mein Studium
mehr genießen zu können,
indem ich die anstehenden Aufgaben mit weniger
Arbeitsaufwand bewältige, um dadurch die restliche Zeit mehr genießen zu können.
Auch im Punkte physische und psychische Belastbarkeit unterscheiden sich die
Testauswertungen.
Dabei stellt nicht meine eigentliche Belastbarkeit das Problem dar. Ich kann über lange
Zeit hinweg unter großen Druck effektiv arbeiten. Doch ich mute mir selbst oft zu viele
Belastungen zu und stecke mir meine Ziele zu hoch, so dass ich meinen eigenen
Anforderungen kaum gerecht werden kann.
Dies führt zu einer vergrößerten Belastung auch in vielen anderen Bereichen, die unter
anderen Umständen kein bzw. ein viel geringeres Problem für mich darstellen würden.
Aber aufgrund meiner hohen Anforderungen an mich selbst führt dies zu mehr Stress
und Unzufriedenheit als eigentlich notwendig. Dies ist auch der Grund dafür, dass die
Testauswertungen
meines
Bruders
mir
in
vielen
Punkten
eine
erhöhte
Belastungserwartung zuschreibt.
Aufgrund der Tatsache, dass mir die Testauswertungen meiner beiden kritischen
Freunde erst nach meiner Wahl des Entwicklungszieles „Ich-Stärke“ und deren
Trainingsumsetzung vorlagen, werde ich auf die Ergebnisse bezüglich dieses Punktes
erst im nächsten Punkt und in der Auswertung des Trainings eingehen.
23
Ich-Stärke als Entwicklungsziel
Persönliche Definition
Ich-Stärke ist für uns die Fähigkeit klar zu definieren und zu äußern, wo die eigenen
Interessen, Standpunkte und Ziele liegen, auch wenn jene denen von beispielsweise
Freunden, Bekannten oder, im späteren Berufsleben, Kollegen widersprechen. Es ist die
Fähigkeit auch unbequeme Forderungen zu stellen. Wichtig ist hierbei folglich, sich
nicht durch andere Meinungen und Wünsche von berechtigten Forderungen oder
Konzepten abbringen zu lassen – man muss schlichtweg auch einmal „Nein!“ sagen
können, selbst wenn sich daraus unangenehme Situationen ergeben könnten. Ich-Stärke
ist unseres Erachtens nach aber auch, dass man nicht ausschließlich auf seiner Meinung
und seinen Interessen beharrt, sondern stark genug ist, jene zu revidieren ohne gleich in
Selbstzweifel zu verfallen.
Im Lehrerberuf bedeutet Ich-Stärke für uns jedoch vor allem, mit unterschiedlichen
Erwartungen auf Eltern- und teilweise auch auf Kollegenseite umgehen zu können.
Hierfür muss man sich dessen bewusst sein, dass man nicht alle in Gänze erfüllen kann
und zudem in der Lage sein, dies gegebenenfalls zu vermitteln, indem man sich
teilweise deutlich abgrenzt. Besonders Schülern gegenüber ist es unserer Meinung nach
wichtig Selbstbewusstsein und Sicherheit im Bezug auf das eigene Handeln
auszustrahlen, um als Lehrer akzeptiert und respektiert zu werden.
Subjektive Bedeutsamkeit
Gerade der Punkt, eigene Wünsche klar zu formulieren und diese gegen eventuell
andere
Vorstellungen
meines
Gegenübers
durchzusetzen,
bereitet
mir
oft
Schwierigkeiten. Ich neige dazu die Interessen Anderer jeweils höher zu bewerten als
meine eigenen. Daher stelle ich mich meist zurück, um es dem Anderen Recht zu
machen.Ein Beispiel hierfür ist die Situation in einer Vorlesung, die ich sehr interessant
finde und folglich zuhören möchte und neben mir wird die ganze Zeit geredet. Selbst
24
wenn ich dann auch noch in das Gespräch eingebunden werde, fällt es mir teilweise
schwer, ganz klar zu sagen, dass ich der Vorlesung folgen möchte, anstatt mich über die
Ereignisse der vergangenen Tage zu unterhalten. Solche Situationen erlebe ich als starke
innere Belastung.
In offenen Konflikten reagiere ich oft mit Rückzug, erlebe die Situation als hätte ich
keine Wahl. Dabei muss klar unterschieden werden in welchem Kontext ich handle.
Meine Schwierigkeiten diesbezüglich bestehen hauptsächlich im privaten Bereich.
Anscheinend fällt es mir sehr viel leichter mich von den Erwartungen anderer
abzugrenzen, wenn ich im beruflichen Rahmen handle. wie auch das beschriebene
Beispiel beim Punkt „Modellverhalten“ in der BEIL-Auswertung zeigt.
Vertikale Verhaltensanalyse – Oberplan und dessen Bedeutsamkeit
Nach dem Schema der Vertikalen-Verhaltensanalyse, dass Planhierarchien „als
Grundlage für die Erlebens und Verhaltensauswahl einer Person“ (Sieland 6 sieht,
lassen sich viele meiner Schwierigkeiten in solchen konkreten Situationen auf meinen
handlungsleitenden Oberplan Vermeide Ablehnung in jedem Fall zurückführen, der
sich wiederum mit meinen frühkindlichen Erfahrungen im Elternhaus erklären lässt.
Davon ausgehend habe ich mich in der Vergangenheit stets darum bemüht von meiner
Umgebung geliebt zu werden. Dabei lässt sich zwischen diesen Plänen keine unbedingte
hierarchische Struktur erkennen. Sie stützen sich in ihrer gegenseitigen Erfüllung.
Weitere Strukturen, die nicht nur für den Bereich „Ich-Stärke“ von Bedeutung sind,
haben sich mir erst während bzw. nach der bewussten Trainingswoche erschlossen.
Dabei handelt es sich unter anderem um die internalisierte Überzeugung, dass Konflikte
schlecht sind und somit vermieden werden müssen. Auch auf Andere Rücksicht zu
nehmen, immer freundlich zu bleiben und die eigenen Interessen als unwichtiger als die
Anderer zu bewerten, spielen eine zentrale Rolle. Vor dem Training bin ich davon
ausgegangen, dass diese „Pläne“ als Unterpläne zu den beiden erstgenannten zu
betrachten sind, also als Reaktion auf meine frühkindlich erfahrene Ablehnung
zurückzuführen sind. Inzwischen ist mir allerdings bewusst geworden, dass dies
übernommene Werte meiner Mutter darstellen und somit getrennt betrachtet werden
müssen. Wobei natürlich die Internalisierung dieser Überzeugungen wiederum auch auf
25
den Wunsch nach Verstärkung zurückzuführen ist (vgl. Bandura, A. (1986) und Turiel
(1998)). Diese Bewusstheit spielt meiner Meinung nach für die Auflösung meiner
„unerwünschten Verhaltensweisen“ eine große Rolle.
Warum war es für mich bisher positiv so zu reagieren und was für
negative Auswirkungen haben diese Verhaltensweisen heute
Wie gerade erläutert gibt es vielerlei Situationen, in denen ich entweder anders handeln
möchte, dies aber zur Entsprechung meiner Oberpläne nicht tue, oder aber gegen großen
innerlichen Widerstand mich zwar wünschenswert zu verhalten, dies aber dann eine
große Belastung für mich darstellt, da ich dann gegen meine verinnerlichten
Moralvorstellungen handle. Ich erfahre dies als inneren Konflikt einerseits nach meinen
Oberplänen bzw. internalisierten Verhaltensstandards handeln zu wollen und
andererseits dem Wunsch die eigenen Interessen wahrzunehmen.
Diese Diskrepanz erlebte ich nicht immer so, da ich bevor mir klar wurde, wie und
warum ich in solchen Situationen handle, ich meine Befriedigung darüber erhielt,
meinen inneren Plänen zu entsprechen. So wertete ich mich beispielsweise lange als
„guten Menschen“ wenn ich mich zugunsten anderer zurückstellte.
Die Bewusstmachung dieser Strukturen führte zeitweise zu einem Dilemma. Einerseits
erlebte ich solche Situationen als Belastung, wenn ich meinen inneren Plänen nicht
entsprach, andererseits konnte ich aus der Erfüllung der Pläne auch keine Befriedigung
mehr erzielen.
Wo will ich hin
Mein Entwicklungsziel ist es genau diese Belastungen zu verringern und mir so ein
flexibleres Verhaltensrepartoir zu schaffen. Ich möchte erreichen, dass ich die Wahl
habe ob ich mich und meine Interessen zugunsten anderer zurückstelle, in bestimmten
Situationen freundlich bleibe oder ganz bestimmt Grenzen setze. Sehr realistische
Zielsetzung
Wie schaff ich das
26
Da ich mir, wie oben beschrieben, erst nach dem Training über diese inneren Konflikte
bestimmter Bedingungsfaktoren bewusst wurde, werde ich im Folgenden aus meiner
Sicht zum Zeitpunkt des Trainings berichten.
Um unser Fähigkeitsselbstkonzept dahingehend zu erweitern, dass wir in der Lage sind
„Ich-stark“ zu handeln, haben wir uns entschieden ausgewählte Situationen zu
trainieren, in denen es uns üblicherweise schwer fällt wünschenswert zu handeln. Um
uns gegenseitig zu unterstützen aber auch zu kontrollieren, haben wir einen Teil dieses
Trainings gemeinsam durchgeführt.
Es geht darum, erste Selbstwirksamkeitserfahrung in diesem Bereich zu sammeln, so
dass wir davon ausgehend diese Fähigkeit weiterentwickeln können.
Ein weiteres Ziel ist, die Belastung die sich bei Umsetzung des Trainings einstellt,
auszuhalten und uns dabei zu beobachten.
Dabei haben wir das gemeinsame Training auf eine Woche beschränkt um eine
Erfolgskontrolle zu gewährleisten, während wir natürlich die ganzen letzten Monate
über in verschiedenen Situationen weiter unsere Ich-Stärke trainierten, diese hier aber
nicht einzeln ausführen, da das Schema der Trainings immer wieder dem selben Muster
entspricht.
Nach dem Schema der vertikalen Verhaltensanalyse erweiterte ich meinen, bis dahin als
bedeutsamsten bewerteten, Oberplan vermeide Ablehnung in jedem Fall und versuche
immer geliebt zu werden zu vermeide Ablehnung, aber nimm auch deine eigenen
Interessen wahr.
Die Trainingssituationen sollen eine Mischung aus 2 Punkten darstellen: Wahrnehmung
eigener Interessen und mich bewusst unbeliebt machen.
Ausgewählte Trainingssituationen
Essen zurückgeben
Beschreibung der Situation
Eine Situation die mir schwer fällt und die ich zum Training ausgewählt habe, ist Essen
im Restaurant zurückgehen zu lassen, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist.
27
Wie auch bei sämtlichen anderen Situationen kollidiert dies mit einem meiner
Oberpläne. Da ich immer sehr darauf bedacht bin „von jedem geliebt zu werden“ habe
ich bisher meine eigenen Interessen zugunsten dieses Planes zurückgestellt. Aber auch
die Tendenz die Interessen Anderer gegenüber meinen als wichtiger zu bewerten spielt
in diesem Fall eine Rolle.
Es geht also darum, meine eigenen Interessen nicht abzuwerten und die Möglichkeit zu
haben sie durchzusetzen, trotz
der damit verbundenen Gefahr „nicht geliebt zu
werden“. Natürlich stellt das eine unbequeme Forderung dar und bedeutet für den
Anderen Mehrarbeit. Meine negative Selbstverbalisation sieht dabei so aus, dass ich
„nicht als pingelig dastehen“ möchte und der andere sich nicht meinetwegen schlecht
fühlen soll, was auf den oben genannten Plan zurückzuführen ist.
Für das Training haben wir beschlossen, das Essen zurückgehen zu lassen, obwohl
eigentlich alles in Ordnung ist. Zum Einen erschwert das die Situation, zum Anderen
erhoffen wir uns daraus ein noch flexibleres Verhaltens-Repertoire. Geht es doch auch
darum, dass wenn es zielführend ist, man auch aus nicht offen erfindlichen Gründen
unbequeme Forderungen stellen muss.
Ein weiterer Punkt ist, dass es die Umsetzung extrem erleichtert, da wir nicht warten
müssen, bis wir in eine Situation geraten, in der wir es durch unsere innere Bewertung
als gerechtfertigt sehen auf unser Interesse zu bestehen (da ich ja dazu neige das
Interesse anderer Leute gegenüber meinem höher zu bewerten)
Der Plan sieht vor mich nicht für meine Forderung zu entschuldigen, aber dabei
freundlich zu bleiben, wenn es jedoch angebracht ist, auch meinen Ärger auszudrücken.
Ausführung des Trainings
Obwohl ich mit einem mulmigen Gefühl zu dem Treffen ging freute ich mich auf die
Umsetzung dieses Trainings-Punktes. Dass es Jule, meiner Trainingspartnerin, ebenso
ging schaffte ein Gefühl von Verbundenheit, auch das Gefühl dass nicht nur mir diese
Situation schwer fiel beruhigte mich. Dadurch dass Jule noch viel nervöser war als ich
nahm ich eine Rolle ein, die sie bestärken und mehr Handlungssicherheit geben sollte,
was mich selbst wiederum stärkte.
Wir beschlossen, unseren ursprünglichen Plan, beide unser Essen zurückgehen zu
lassen, aufzugeben und entschieden uns, dass ich stattdessen jede Menge Extrawünsche
28
zu meinem Essen verlangen würde, was die Schwierigkeit für mich noch erhöhen sollte,
da ich ein paar Tage zuvor bei einem Tag an der Ostsee aufgrund wirklicher
Unzulänglichkeiten mein Essen zurückgegeben hatte. Folglich bestellte ich zuerst ein
Glas Leitungswasser mit Eis und Zitrone, eine aus eigener Erfahrung wissend nicht
unbedingt gern gesehene Bestellung. Dies verdeutlichte mir die Kellnerin auch gleich,
erklärte sich aber bereit eine Ausnahme zu machen.
Die Tatsache, dass ich selbst seit Jahren in der Lüneburger Gastronomie beschäftigt bin,
die meisten Lüneburger Bedienungen sich auch kennen, verschärfte die Situation für
mich zunehmend. Während wir auf die Aufnahmen der Essensbestellung warteten
verstärkte sich meine negative Selbstverbalisation. „was wird die von mir denken,
gerade ich als Kellner sollte doch verstehen was für eine Belastung in Stresssituationen
solche Extra-Wünsche sind, das kann ich nicht machen, sie wird mich verachten, ich
schaff dass nicht, hab´ so was noch nie geschafft, hier kann ich nie wieder herkommen.“
Doch dann machte ich mir bewusst, dass es genau darum geht dieses Spannungsfeld
auszuhalten und zu beobachten, trotzdem wieder herzukommen und darauf zu achten,
was in mir passiert.
Von meiner negativen Selbstverbalisation weggehend wurde ich enthusiastisch, nahezu
freudig und bestellte dann eine Schachtel Zigaretten, was zwar bestimmt aber freundlich
abgelehnt
wurde.
Stattdessen
bat
de
Bedienung
an
mir
Geld
für
den
Zigarettenautomaten zu wechseln und erklärte mir wo dieser sei. Nicht schlecht, dachte
ich, die Art. Wie oben schon erläutert, fallen mir solche Situationen im beruflichen
Kontext auch sehr viel leichter. Schließlich orderten wir Essen. Für mich sollte es Reis,
statt Nudeln geben, da die Fettucine bestimmt matschig wären, der Salat sollte auf
einem Extrateller serviert werden,
zudem ließ mir dann erklären, wie der Salat
zusammengesetzt war, verlangte dass die Karotten, die zu dem Gericht gehörten,
weggelassen werden müssten und der Salat auf keinen Fall angemacht sein dürfte und
das Dressing bitte getrennt gereicht werden sollte.
Dies sagte ich bestimmt aber höflich, spürte dabei einen inneren Konflikt, dass ich das
nicht verlange könne und stellte jedoch fest, dass es mir sogar Freude bereitete.
Als mein Essen schließlich getrennt von Jules serviert wurde, die Küche vergaß Reis
statt den Fettucine zu reichen, entschloss ich mich kurzerhand das Essen doch
zurückgehen zu lassen. Dies erschwerte allerdings die Situation für Jule.
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Insgesamt hat sich natürlich gezeigt, dass meine Dramaturgie im Kopf sich erheblich
von der tatsächlichen Reaktion unterschied. Als Jule dann auch noch ihr Essen
zurückgehen ließ, wurde uns sogar noch ein Getränk auf Kosten des Hauses geliefert.
Dabei bin ich mir nicht sicher, ob die Freundlichkeit der Kellnerin die Situation
erleichterte, da mir „Ablehnung“ wie beschrieben schwer fällt, oder ob die
rücksichtvolle Art unser Vorhaben für mich erschwerte, da ich aufgrund von
Unfreundlichkeit selber keine Rücksicht mehr hätte nehmen „müssen“, mir das
einfordern meiner Wünsche folglich leichter gefallen wäre.
Trotzdem war ich überrascht, dass mir die Umsetzung erheblich leichter viel, als
gedacht, auch wenn ich dabei durchgehend, zwar nicht in dem Maße wie vermutet,
innerlich angespannt war.
Reden in der Vorlesung
Beschreibung der Situation:
Wie oben beschrieben, stellt es eine Belastung für mich dar, wenn mich das Thema
einer Vorlesung interessiert und ich ihr gerne folgen möchte, Kommilitonen um Ruhe
zu bitten.
Früher war ich derjenige der sich über Leute die solch Forderungen stellen aufgeregt
hat. Dies hat sicherlich Einfluss auf meine heutige Bewertung der Situation. Daher geht
es nicht nur darum, meine eigenen Interessen klar zu formulieren und durchzusetzen,
sondern mir auch meiner eigenen Bewertung bewusst zu sein. Der Plan sieht vor
freundlich zu bleiben und wenn notwendig auch bestimmt auf meine Forderung zu
bestehen.
Ausführung des Trainings:
Wie erwartet ergab sich die beschriebene Situation schnell. Nachdem ich mich
entschieden hatte meine eigenen Interessen der Vorlesung folgen zu wollen und höher
als die Interessen der Anderen einzustufen, hatte ich keine Probleme mehr meine
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Forderung zu formulieren. Dadurch dass meine Kommilitonen recht positiv reagiert
haben, meine Bitte verstanden und auf sie eingegangen sind, ergab sich auch hier nicht
die Situation, in der ich mit Ablehnung umgehen musste. Wobei sich wieder einmal
gezeigt hat, dass die Angst vor einer möglichen Reaktion im Endeffekt mehr Stress und
Erregung für mich bedeutet als die tatsächliche Reaktion.
Wobei die Tatsache, dass ich schon mit der Erwartungshaltung in die Situation
gegangen bin, dass ich in dieser Vorlesung um Ruhe bitten werde und sie damit als
Testfeld betrachtet habe, sicherlich auch einen großen Teil dazu beigetragen hat, dass
das wünschenswerte Handeln mit solch Leichtigkeit erfolgte, da ich quasi dadurch
meine Interessen nicht mit denen der Anderen abwägen musste.
Trinkgeld
Beschreibung der Situation:
Der nächste Trainingspunkt ist kein oder nur angemessenes Trinkgeld zu geben. In der
Vergangenheit neigte ich dazu übermäßig zu tippen. Das hat sicherlich mehrere Gründe.
Ich erlebe die Situation als Möglichkeit meinem Oberplan zu entsprechen, und mich
beliebt zu machen. Ein anderer Aspekt dabei ist, dass ich selber seit vielen Jahren in der
Gastronomie beschäftigt bin und weiß, wie sich Trinkgeld auf die Arbeitsmotivation
auswirken kann. Dies führt aber soweit, das ich auch übermäßig Trinkgeld gebe
(mindestens 10% bei Beträgen bis 30€), wenn es nicht angebracht ist. Die Situation
erlebe ich als Belastung, da ich nicht unbedingt das Gefühl habe eine Wahlmöglichkeit
zu haben. Ich empfinde es, als wäre ich meinem Oberplan ausgeliefert. Diese
Wahlmöglichkeit gilt es zu trainieren. Es geht also wieder darum, das Recht auf eigene
Interessen wahrzunehmen.
Ausführung des Trainings:
Um die beim letzten Punkt genannte Erleichterung zu vermeiden habe ich diesen
Trainingspunkt in unterschiedliche Abschnitte gestaffelt.
Dafür habe ich gewartet, bis ich von selbst in Situationen gekommen bin, in denen ich
übermäßiges Trinkgeld für nicht angebracht hielt. Auch hier fiel es mir leicht meine
Neubewertung der Situation in erfolgreiches Handeln umzusetzen, wobei ich ebenfalls
31
noch den inneren Wunsch verspürte nach meinem Oberplan zu handeln, es sich aber
gezeigt hat, dass eine Erfüllung nicht unbedingt notwendig ist. Trotzdem erlebte ich die
Situation noch als Belastung, doch durch meine Bewusstmachung in einem viel
geringerem Maße.
Als nächsten Schritt bin ich mit dem Vorsatz überhaupt kein Trinkgeld zu geben, egal
ob es angebracht ist oder nicht, in die Situation gegangen.
Hier hat sich gezeigt, dass trotz der Erleichterung mein innerer Konflikt viel größer war,
die Situation damit eine größere Belastung darstellte, da ich gegen meine innere
Überzeugung, dass es richtig ist, die Leistung der Bedienung durch Trinkgeld zu
würdigen, gehandelt habe.
Folglich scheint die Übereinstimmung meines Handelns mit aus eigener Erfahrung
gewonnen inneren Überzeugungen eine größere Rolle für mein Erleben zu spielen als
inzwischen
vom
Kopf
her
aufgehobene
Verhaltensstandards und Pläne.
32
frühkindlich
internalisierten
Geld einfordern
Beschreibung der Situation
Die folgende Situation und deren Klärung erfolgte unabhängig des geplanten Trainings.
Da sie aber sehr gut in den Rahmen dieser Arbeit passt und sie gleichzeitig für mich
sehr schwierig und bedeutend für meine Entwicklung war, habe ich mich entschieden
sie hier aufzunehmen. Um mein emotionales Erleben in dieser Situation zu
verdeutlichen habe ich bewusst auf meine bisherige Art der Situationsbeschreibung
verzichtet und stattdessen eine Beschreibung von sozial inkompetenten Verhalten
meinerseits beigelegt, die im Rahmen des Seminars „Soziale Kompetenz in Erziehung
Alltag und Beratung“ im SS03 entstanden ist.
„Ich lebe seit kurzer Zeit mit meinem Bruder zusammen. Die ersten
Monate des Zusammenlebens waren für mich dadurch geprägt, dass
mein Bruder in finanziellen Schwierigkeiten war und ist, so dass ich
den Hauptanteil der zu bezahlenden Rechnungen tragen musste. Dies
tat ich auch gern. Des Weiteren verschaffte ich mir mit seiner
Zustimmung einen Überblick über seine finanzielle Situation, um
seine Überschuldung in den Griff zu bekommen. Ich konnte
kurzfristig fest angelegtes Geld freilegen, so dass die dringendsten
Rechnungen bezahlt werden konnten. Doch allerdings stellte sich bei
näherer Betrachtung seiner Fix-Kosten heraus, dass er innerhalb der
nächsten 6-10 Monate an genau dem Punkt angelangt sein würde,
wie jetzt. Folglich mussten seine Kosten gesenkt werden. Um diese
Einsicht zu erreichen, und ihm daraufhin Lösungsvorschläge
darzulegen, bat ich ihn, zwei Aufstellungen zu machen. Zum Einen
eine Zusammenstellung darüber, wie viel Geld er benötigt um seinen
momentanen Lebensstandard zu halten und diese dann einer
Aufstellung seiner monatlichen Fix-Kosten gegenüberzustellen.
Dies tat er bis heute nicht. Währenddessen verzögerte sich die
Überweisung der Miete beträchtlich, wir bekamen Ärger mit dem
Vermieter, ich musste weiterhin auflaufende Rechnungen bezahlen,
so dass seine Schulden der letzten zwei Monate bei mir nunmehr
1600 €
betragen. Dies ist für mich eine Menge Geld und ich
33
verbrachte meine kompletten Semesterferien damit, es mir zu
verdienen, hatte ich persönlich durch den Umzug doch auch enorme
Kosten (Kaution, Doppelmiete etc.), so dass ich nicht in der Lage
war einen Teil des Geldes zurückzulegen, um im Semester weniger
arbeiten zu müssen. So leidet mein Studium unter der aktuellen
Doppelbelastung.
Während der letzen Wochen, in denen ich ihn immer wieder bat die
Aufstellungen zu machen, vergrößerte sich mein Ärger meinem
Bruder gegenüber zunehmend. Doch dies zeigte ich ihm nicht. Ich
war der Meinung er stehe mir dem Lehrgang, den er zu dieser Zeit
besuchte, sehr unter Stress und ich sollte ihm doch Zeit geben, bis
der Lehrgang zu Ende sei. Als er zu Ende war dachte ich, lass ihm
ein paar Tage einigermaßen geregelte Arbeitszeit (mein Bruder ist
Berufssoldat), dann wiederum lass ihm ein paar Tage frei. Ich konnte
mich doch auch in seine Situation hereinversetzen. Genau wie ich
lange Zeit, reagiert er in Problemsituationen eher mit Verdrängung.
Beispielweise setzt er sich 18 Stunden am Tag vor den Computer, als
sich der Sache anzunehmen. Habe ich deshalb ein Recht sauer auf
ihn zu sein?
Kannte ich es doch, in solchen Situationen so zu
reagieren. Außerdem war seine finanzielle Situation ja seine Sache.
Als ich irgendwann letzte Woche nach der Uni nach Hause kam,
erzählte er mir stolz, er habe ein Schnäppchen gemacht und drei
gebraucht Computerspiele für zusammen 75 € erstanden. Ich merkte
wie ich innerlich in die Luft ging und total sauer reagierte, doch war
ich mir nicht sicher warum. Ich war mir schon wie die ganze Zeit
vorher meiner Emotionen nicht sicher. War mir nicht sicher ob meine
emotionale Reaktion gerechtfertigt sei, oder nicht. Also reagierte ich
nach außen nicht. In den Folgetagen merkte ich, wie ich mich
meinem Bruder gegenüber immer mehr distanzierte und bei
Kleinigkeiten innerlich in die Luft ging, die gar nichts mit der Sache
zu tun hatten, bei denen ich auch „wirklich“ keineswegs berechtigt
gewesen wäre sauer zu sein, beziehungsweise so zu reagieren. Dies
versuchte ich zu unterdrücken, da ich ja wusste, dass ich völlig
überreagierte. Ich wusste zwar, warum ich so reagierte, doch war
34
ich nicht in der Lage die Sache zu klären. Jetzt mir mein Ärger zwar
bewusst, doch hatte ich ein Recht darauf?
Ich fühlte mich ungerecht behandelt und nicht ernst genommen und
trotzdem verpasste ich ihm zu zeigen, wie ich unter der momentanen
finanziellen Situation leide, da ich ihm nicht indirekt Vorwürfe
machen wollte.“
Hier spielen also mehrere Faktoren, die mein Handeln beeinflussen eine Rolle, auf die
ich jetzt nicht mehr näher eingehen werde, da ich denke, dass sie eindeutig aus dem
Text ersichtlich sind. Erwähnen möchte ich nur, dass gerade die Situation, dass ich seit
langer Zeit versuche mich von genau den Verhaltensweisen, die er hier an den Tag
gelegt hat, versuche zu lösen, dies auch erfolgreich schaffe. Diese Art Konfrontation mit
dieser Familienstruktur führte bei mir zu dem Drang, solch ein Vermeidungsverhalten,
wie beschrieben, bei mir aufzulösen. Dieses Vermeidungsverhalten führt aber dazu,
dass sich meine Angst vor der bevorstehenden Situation und der Drang sie zu
vermeiden nur verstärkt, da das Abklingen meiner Erregung ja durch die Vermeidung
erfolgt. Auch seine Verhaltensweise nachempfinden zu können und der Wunsch ihm
beiseite zu stehen hat zu einer extremen Handlungsunsicherheit meinerseits geführt.
Für die Klärung der Situation hatte ich mir vorgenommen, meine Emotionen ohne
übertriebene Vorwürfe zu formulieren, zu erklären und auch zu verdeutlichen, dass ich
ihn finanziell nicht mehr weiter unterstützen möchte, dies auch nicht kann und ihm auch
die Gründe hierfür darlege. Ein weiterer Punkt war die Aufstellung seiner monatlichen
Kosten einzufordern, wenn er weiter meine Hilfe haben wolle, um ihm darauf
ausgehend Möglichkeiten aufzuzeigen, wie er seine finanzielle Situation verbessern
könnte, so dass auch ich in absehbarer Zeit einen Teil meines Geldes erhalten würde.
Falls er meine Hilfe ablehnen würde ohne dabei selbst die Situation in Angriff zu
nehmen, wollte ich eine monatliche Rate zur Tilgung fordern, obwohl ich wusste, dass
ihm diese Zahlung kaum möglich sein wird.
Ausführung des Trainings:
35
Ich wartete längere Zeit darauf die richtige Situation zu erwischen, in der wir beide
einigermaßen entspannt sein sollten und ich es als passend empfinden sollte, mich mit
ihm hinzusetzen und über die Problematik zu reden, ganz ohne anderweitige
Stressfaktoren beiderseits. Da dies aber durch unsere Belastungssituation kaum möglich
war entschloss ich mich kurzfristig, dass ich nicht weiter auf eine günstige Situation
warten kann.
Ich bat ihn also um ein Gespräch, wobei ich merkte dass sich mein Stresslevel drastisch
erhöhte.
Während ich ihm erklärte wie es mir ging, verspürte ich einerseits den Wunsch meinen
Emotionen freien Lauf zu lassen, andererseits wehrte ich mich innerlich auch dagegen.
Was mich überraschte war, wie wenig er wusste, dass ich unter dieser Situation leide.
Wie sollte er auch, habe ich es doch vermieden ihm dies zu zeigen, da ich annahm dass
er selbst schon genug unter seiner finanziellen Situation leidet, sondern auch sonst sehr
unter Stress steht. Trotzdem bin ich davon ausgegangen, dass er von meiner Belastung
ebenso wusste und sie nachvollziehen kann. Dies ist wiederum typisch für unseren
früheren Umgang mit Gefühlen in der Familie. Wobei er seinerseits davon ausging und
auch forderte, dass ich doch wissen müsste, warum er sich so verhält und darauf
ausgehend auch Verständnis dafür haben müsste. Ich erklärte ihm, dass mir gerade
aufgrund meines Verständnisses für die Situation und seine Verhaltensweisen dieses
Gespräch so schwer fällt und ich deshalb so lange gezögert hatte. Trotzdem änderte es
nichts daran, dass es nicht so weiterginge. Durch meine innerliche Erregung fiel es mir
schwer dies ruhig zu erklären.
Jetzt erhoffte ich mir, dass er die Situation in einem anderen Licht sieht und daraufhin
bereit ist meiner Bitte zu entsprechen, die Aufstellung zu machen, da ich nicht bereit
war, ihm Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, ohne dass er selbst etwas dafür tut.
Außerdem ging ich davon aus, er müsse erst selbst erkennen, dass er aufgrund seiner
monatlichen FIX-Kosten in kürzester Zeit wieder zahlungsunfähig sein würde, er so die
Notwendigkeit
eines
Handelns
selbst
erkennt,
auch
wenn
ihm
die
Lösungsmöglichkeiten nicht bequem wären. Dazu erklärte er sich auch bereit und
versprach mir die Aufstellung die nächsten Tage zu erledigen.
Dies tat er nicht, so dass ich nach 2 Wochen, mehrmaligem Erinnern und weiterer
Bezahlung einzelner Rechnungen von ihm einen monatlichen Betrag von 100€ forderte
und ihm auch erklärte, dass ich keine weiteren Rechnungen zahlen würde und auch
seinen Anteil der Telefonrechnung erstmalig für diesen Monat einforderte. Dies nahm er
36
ohne sich von seinem Computer abzuwenden mit dem Kommentar, er hätte diesen
Monat nur einen Teil seines Gehaltes aufgrund von einer Einstufung in die falsche
Steuerklasse erhalten, hin.
Aufgrund meiner inneren Anspannung übersah ich, was er mir durch seine Aussage
mitteilen wollte.
Zum nächsten Monatsanfang war kein Geld auf meinem Konto. Als ich ihn einige Tage
später darauf ansprach war er der festen Überzeugung, er hätte mir gesagt, dass es ihm
momentan nicht möglich ist mir die 100€ monatlich zu überweisen. Besonders geärgert
hat mich, dass er mir, als er merkte, dass er wieder nur das halbe Gehalt überwiesen
bekommen hat, mich nicht darauf ansprach. Mich nicht gefragt hat, ob ich die
auflaufende Rechnung bezahlen kann.
Ohne Probleme konnte ich ihm dies verdeutlichen und meinen Ärger mitteilen, was mir
vor des Trainings noch so schwer gefallen ist. Auch mit seinem Vorwurf, deshalb
müssten wir uns doch nicht gleich streiten, konnte ich gut umgehen (siehe Vertikale
Verhaltensanalyse → Bewertung von Konflikten). Genauso konnte ich ihm aus meiner
Sichtweise
den
Unterschied
verdeutlichen,
was
es
für
mich
heißt,
seine
Verhaltensweisen einerseits zu verstehen, sie aber nur in einem gewissen Maße
akzeptieren zu können.
Gesamtauswertung und Ausblick auf die Zukunft
Gerade diese letzte Situation hat mir deutlich gezeigt, dass ich in der Lage bin alte
Verhaltensweisen aufzugeben und meine Fähigkeiten zu erweitern, auch wenn es nicht
immer leicht ist. Aber gerade erst die Schwierigkeit der Situation und damit der
verbundene Leidensdruck haben dazu geführt, die Situation nicht mehr zu vermeiden.
Auch sonst haben mir das beschriebene Training und viele weitere Gelegenheiten in
denen ich inzwischen die Situationen als Lernmöglichkeiten betrachtete, gezeigt, dass
ich sehr wohl in der Lage bin, „ich-stark“ zu handeln ich mich in diesem Punkt bisher
unterschätzt hatte. Auch durch die Testauswertung mit meinem Bruder, sowie in der
darauf folgenden Auseinandersetzung mit mir selbst, ist mir bewusst geworden, dass es
vielerlei Situationen gibt, in denen ich es nicht für notwendig erachte meinen
37
beschriebenen Oberplänen zu folgen. Dies zeigt sich beispielsweise in Situationen in
denen ich meinem stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn folge, ohne dabei auf für mich
negative Konsequenzen zu achten. Auch mein enormes Durchsetzungsvermögen habe
ich bisher unterschätzt.
Dass diese Fähigkeiten aber sehr von meiner Bedeutungszuschreibung der Situation
abhängen und ich damit eine Verhaltenswahlmöglichkeit habe, ist eine für mich weitere
bedeutsame Erkenntnis. Dies ist sicherlich auch der Grund, warum mir ich-starkes
Handeln im beruflichen Kontext leichter fällt als im privaten. Dadurch, dass ich der
Ansicht bin meine Handlungen seien für den jeweiligen Kontext zielführend, fällt meine
Situationsbewertung auch dementsprechend aus.
Auf diese Wahlmöglichkeit, ob ich meinen Planen bzw. internalisierten Standards durch
mein Handeln folge oder nicht, haben aber wiederum mehrere Faktoren Einfluss. Je
bewusster, wacher und entspannter ich bin, desto leichter und mit weniger Belastung
verbunden sind Situationen der beschriebenen Art.
Was bei dem bisher absolvierten Training ein wenig zu kurz gekommen ist, ist 1. mit
Konflikten umzugehen und mich 2. Ablehnung auszusetzen und damit verbunden mich
bewusst unbeliebt zu machen. Dies ist also der nächste Schritt. Auch um meine
Fähigkeit dahingehend zu sichern, auch unter hohem Stress und einer damit
verbundenen Unbewusstheit ich-stark zu handeln, ist weiteres Training erforderlich.
Doch durch meine positiven Erfahrungen in den letzten Monaten sehe ich meine
Entwicklung diesbezüglich positiv.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich mir durch diese Hausarbeit meiner
Ressourcen bewusster geworden bin, wobei die Potentialanalysen und die intensive
Auseinandersetzung mit den einzelnen Punkten durch ihren strukturierten Aufbau eine
enorme Hilfe darstellten.
Dabei hat sich gezeigt, wie auch im ersten Teil theoretisch dargelegt, dass eine ständige
Überprüfung meiner Ziele gerade aufgrund meiner hohen Ansprüche unabdingbar ist,
um nicht irgendwann einmal zu den frühpensionierten Lehrern zu gehören.
Des Weiteren habe ich gelernt, wie unwahrscheinlich wichtig es für mich ist, auch
meine Stärken zu würdigen, anstatt immer nur auf die noch zu bewältigenden
Entwicklungsfelder gerichtet zu sein.
38
Neben meinem weiteren Training bezüglich der Ich-Stärke stellt dies ein bedeutendes
Entwicklungsziel für mich dar, da es nicht nur meine Belastungen im Lehrberuf
reduziert, sondern auch die Grundlage für Gelassenheit und meine allgemeine
Lebenszufriedenheit ist.
39
Anhang:
Literaturliste:
Bandura, A. (1986)
Social foundations of thought and action: A social cognitive theory. Englewood Cliffs,
NJ: Prentice Hall
Burisch, M. (1989)
Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren Erschöpfung, Berlin, Heidelberg
Edgar Schmitz u.a.
Edgar Schmitz, Bärbel Geyler, Peter Jehle (2002) Gütekriterien und Strukturanalyse zur
inneren Kündigung
In: Zeitschrift für Personalforschung 16.1, 39-61
IE-SV-F
Der IE-SV-F ist ein Fragebogen, mit dem die kognitive Verarbeitung von Erfolgs- und
Misserfolgssituationen erfasst werden kann, auf Grundlage der Attributionstheorie von
Weiner 1975
Aus: http://www.gsk-training.de/iesvf.htm
Lazarus (1966)
Psychological stress and coping process (1966) New York, McGraw-Hill
In: W. D. Fröhlich Wörterbuch Psychologie, DTV 24. Auflage
Lazarus (1991)
Emotion and adaption, New York Oxford University Press (1991)
In: W. D. Fröhlich, Wörterbuch Psychologie, DTV 24. Auflage
Pederson (1978)
Pederson, E., Faucher, T.A.& Eaton, W.W. (1978)
A new perspective on the effects of first grade teachers on children’s subsequent adult
status
In: Harvard Educational Review, 48, S.1-31
Pfingsten und Hinsch 2001
In Gruppentraining sozialer Kompetenzen, Weinheim: Beltz PVU
Saarni, C. (1999)
In Development of emotional competence, New York: Guilford Press
Selye (1958 und 1976)
Stress beherrscht unser Leben. (1958)Düsseldorf: Econ
The stress of life. New York: McGraw-Hill
In: W. D. Fröhlich Wörterbuch Psychologie, DTV 24. Auflage
Sieland u. Tacke, M. (2000)
Abschlußbericht zum Forschungsprojekt „Ansätze zu Förderung der Gesundheit und
Leistungsfähigkeit dienstälterer Lehrkräfte in Niedersachsen
Institut für Psychologie der Universität Niedersachsen
Sieland 1
Was ist am Lehrerberuf wirklich belastend?
40
in Grundschule 3/2001 Braunschweig, Westermann S.26 – 39
Sieland 2
Das Personal ist unser Kapital, Lebenslanges Lernen für Pädagog/Innen als
diagnosegeleitete Personalentwicklung
In Ressourcen, Potentiale und Risikofaktoren für Pädagog/Innen SS 2003
Universität Lüneburg SS 2003
Sieland 3
Das Problem der Eignung in der Aus- und Fortbildung von Pädagogen
In: H.Ansen; Th Gabriel, St.Müller-Teusler u. M.Winkler (Hrsg.) Heimerziehung
Neuwied: Luchterhand
Sieland 4
Leitbild: Rollendistanz und innere Kündigung
In Ressourcen, Potentiale und Risikofaktoren für Pädagog/Innen SS 2003
Universität Lüneburg SS 2003
Sieland 5
Warum Selbst-Diagnosen für Pädagogen
In Ressourcen, Potentiale und Risikofaktoren für Pädagog/Innen
Universität Lüneburg SS 2003
Sieland 6
Reader aus dem Seminar „Soziale Kompetenz in Erziehung, Alltag und Beratung“
Universität Lüneburg, Sommersemester 2003
Sieland (1991)
Arbeitsmotivation zwischen Innerer Kündigung und Ausbrennen.
In: T.Fleischer, M.Greuer-Werner & H.Heyse(Hrsg.), Berichte aus der
Schulpsychologie und Bildungsberatung (S.136-157). Bonn: Deutscher PsychologenVerlag
Turiel, E. (1998)
The development of morality.
In: Damon, W. (Vol. Ed.) & Eisenberg, N. (Vol. Ed.), S. 863-932
Ziegenspeck (1999)
In: Handbuch Zeugnis und Zensur in der Schule
Julius-Klinkhardt-Verlag, Bad Heilbronn OBB (1999)
41
Testauswertungen
AVEM
42
CCT-Interessenfragebogen
sehr
ungern
ungern
weder gern
sehr
noch
gern
gern
ungern
Unterricht gestalten
Soziale Beziehungen fördern
Auf spezifische Bedürfnisse eingehen
Verhalten kontrollieren und beurteilen
Mit Eltern und KollegInnen
zusammenarbeiten
Sich fortbilden
BEIL
Eigener Test
Geringe
Belastung
Bereich:
Kommunikationsbereitschaft und fähigkeit:
Große
Belastung
X
Ichstärke:
X
Emotionale Ausgeglichenheit:
Intellektuelle Neugier:
X
Selbstdisziplin:
Geduld:
X
Modellverhalten:
X
43
Stimme:
X
Organisationstalent:
X
Politische Unabhängigkeit:
X
Physische und psychische Belastbarkeit:
Problemschülerinnen und Problemschüler:
X
Eltern:
X
Kollegium:
X
Schulleitung:
Schulhierarchie:
Dienstort:
X
Berufsimage:
X
Anerkennung:
X
Unangenehme Aufgaben:
Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten:
Notwendigkeit des Beurteilens:
Testsauswertungen der kritischen Freunde
44
X
Testauswertung eines klritischen Freundes
Auswertung - Beil vom 12.07.2003
Übersicht über die Teilergebnisse
Geringe
Belastung
Bereich:
Große
Belastung
Kommunikationsbereitschaft und fähigkeit:
X
Ichstärke:
X
Emotionale Ausgeglichenheit:
Intellektuelle Neugier:
X
Selbstdisziplin:
X
Geduld:
X
Modellverhalten:
Stimme:
X
Organisationstalent:
Politische Unabhängigkeit:
X
Physische und psychische Belastbarkeit:
Problemschülerinnen und
Problemschüler:
Eltern:
X
45
Kollegium:
Schulleitung:
X
Schulhierarchie:
X
Dienstort:
Berufsimage:
X
Anerkennung:
X
Unangenehme Aufgaben:
X
Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten:
X
Notwendigkeit des Beurteilens:
X
Klicken Sie bitte auf die "X" um tiefergehende Informationen zu erhalten.
Testauswertung meines Bruders
Auswertung - Beil vom 10.06.2003
46
Übersicht über die Teilergebnisse
Geringe
Belastung
Bereich:
Kommunikationsbereitschaft und fähigkeit:
Große
Belastung
X
Ichstärke:
X
Emotionale Ausgeglichenheit:
Intellektuelle Neugier:
X
Selbstdisziplin:
X
Geduld:
X
Modellverhalten:
Stimme:
X
Organisationstalent:
X
Politische Unabhängigkeit:
X
Physische und psychische Belastbarkeit:
X
Problemschülerinnen und
Problemschüler:
X
Eltern:
X
Kollegium:
47
Schulleitung:
X
Schulhierarchie:
Dienstort:
X
Berufsimage:
Anerkennung:
Unangenehme Aufgaben:
X
Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten:
Notwendigkeit des Beurteilens:
X
Klicken Sie bitte auf die "X" um tiefergehende Informationen zu erhalten.
48
Bewertung durch kritischen Freund
Kriterium
Deckblatt vollständig Name, Studiengang,
Thema und die dahinter stehende Frage
bzw. das Problem klar und ausreichend
erläutert
Gliederung logisch zum Thema passend,
mit Seitenangabe
Einleitung, die den roten Faden und die
eigenen Ziele deutlich macht?
Roter Faden verständlich im gesamten
Text eingehalten
Zwischenzusammenfassungen und
Überleitungen zu neuen Kapiteln
Theoretische Grundlagen mit deutlicher
Verbindung zu allen weiteren
Ausführungen!
Klare Begriffsdefinitionen von
Alltagsbegriffen unterschieden
Praktische pädagogische Beispiele
Verständliche Sprache
Zensur und schriftliche Begründung
1, vollständig, übersichtlich
2, Thema kurz prägnant erklärt,
allgemeine komplexe Ziele erschließen
sich aber erst beim lesen
2, Gliederung ausführlich, übersichtlich,
Bedeutung der einzelnen Punkte
erschliessen sich erst beim lesen
1, Komplexität erschließt sich allerdings
erst beim lesen
2, Roter Fader sehr gut eingehalten,
logisch strukturierter Aufbau,
Überleitungen zwischen den einzelnen
Punkten nicht immer, aber hier auch nicht
immer notwendig
2, Theoretische Grundlagen ausführlich
und auch ohne Vorwissen verständlich,
Verbindungen erschließen sich bei
Vorkenntnis oder intensiver
Auseinandersetzung mit der Arbeit,
aufgrund der Länge der Arbeit
2, Unterscheidung bei Relevanten
Begriffen wie Stress
1, sehr gute praktische Beispiele zu
Theoretischen Grundlagen, bei
Potentialanalysen nicht jeden einzelnen
Punkt auf späteren Lehrerberuf bezogen,
hätte bei dieser intensiven
Auseinandersetzung aber auch den
Rahmen gesprengt, Schwerpunkt für das
Ziel der Arbeit richtig gewählt
2, Sprache verständlich trotz vieler
verschachtelter Sätze
1, allerdings in Formulierung nicht immer
eindeutig distanziert, sondern als
Vergleich angegeben
1
1
1, durchgängig eingehalten
2
1, Intensive, kritische und realistische
Auseinandersetzung mit sich selbst,
eigener Selbstwirksamkeit und den nicht
nur berufsspezifisch folgenden
Konsequenzen, Note 1 da Schwerpunkt
nicht auf rein wissenschaftlicher
Auseinandersetzung sondern auf eigener
Persönlichkeitsentwicklung
Quellennachweise im Text eindeutig
angegeben?
Tabellen und Abbildungen verständlich?
Wie viele Literaturangaben
Neue Rechtschreibung
Zeichensetzung und Grammatik OK
Stärken der Arbeit in einem Satz
49
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