Energieeffiziente Modernisierung der Industrie Die Sicherung der Rohstoffversorgung zu angemessenen Preisen ist eine der größten Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Durch Bevölkerungswachstum und Nachfrage nach Rohstoffen in den aufstrebenden Ländern Asiens zeichnen sich Engpässe in der Rohstoffversorgung ab. Engpässe sind in der Regel mit Preiserhöhungen verbunden. Damit verbunden sind auch die Aufwendungen für Herstellung von Erzeugnissen in der chemischen Industrie höher, falls es nicht gelingt, vorhandene Anlagen energetisch zu optimieren oder Neuanlagen mit einer hohen Effektivität herzustellen. Der Anteil der Energiekosten am hergestellten Produkt nimmt ständig zu. Deshalb ist es oberstes Gebot der Energieeffektivität, diesen Kosten eine hohe Aufmerksamkeit zu widmen. Deutschland ist arm an Energieressourcen wie Erdgas und Erdöl. Die Kohle hat nicht den Stellenwert, den sie aus meiner Sicht haben müsste und deshalb haben unsere Auftragsgeber ständig bei der Konzipierung neuer Anlagen auf eine hohe Energieeffizienz Wert gelegt. Für mich ist es nicht schwer einige Ausführungen, zur Verbesserung der Energieeffizienz in den Anlagen der chemischen Industrie zu machen, denn in der Ukraine ist in den letzten 20 Jahren kaum in diesen Industriezweig investiert worden. 1. Wir errichten z. Z. in der Ukraine eine Schwefelsäure-Anlage, die HERMES besichert von Deutschland finanziert wird. Die Schwefelsäure wird zur Herstellung von TiO2 benötigt. Der eingereichte Business-Plan ist in der ersten Runde durchgefallen, da wesentliche Fehler enthalten waren. Wir kamen bei der Betrachtung des Endproduktes, auch bei guten Willen, nicht auf eine erträgliche Rentabilität. Es wurde einfach etwas weggelassen - die Energiebetrachtung! Bei der Herstellung der H2SO4 handelt es sich um einen exothermen Prozess, wo im speziellen Beispiel 86 MW Energie freigesetzt werden, die wie folgt verarbeitet werden: Wir erzeugen Dampf 59 bar, 435°C Teilmenge 3,5 MW werden zum Antrieb eines Gebläses benötigt Teilmenge werden in einer Gegendruckdampfturbine in 15MW Elektroenergie umgewandelt 38,5 MW werden für Beheizung, Schwefelschmelze und Export zur Beheizung anderer Anlagen eingesetzt Die Zahlen einmal in anderer Reihenfolge: Für die äquivalente Energie auf Basis von Erdgas berechnet, benötigten wir 25.000Nm3 / h. Bei einem Erdgaspreis von 220 € / 1000m3 sind das jährlich 44 Mio. €, die wir durch das Anlagenkonzept und die Energieoptimierung relativ ersparen. Jetzt verstehen sie, warum in der 2. Runde der Business-Plan akzeptiert wurde. 2. Ein weiteres Beispiel ist die Energie-Optimierung eines Soda-Werkes. Ausgangsbasis: Kesselanlage zur Erzeugung von Dampf 30 bar. Dieser wird teilweise benötigt, teilweise wird auf 10 bar entspannt, weil das technologisch erforderlich ist. (Energievernichtung) Die Analyse dieses Prozesses ergibt, dass eine neue Kesselanlage mit höherer Effektivität, (eine nachgeschaltete Dampfturbine 6 MW) eine Verbesserung bringen würde. Wenn wir aber mit einer 15 MW Gastrubine beginnen und dann erst eine Kesselanlage zur Wärme installieren, dann werden wir energetisch so gut, dass wir 13 MW an das Netz abgeben können und wir erzeugen sowohl 30 bar als auch 10 bar Dampf über eine Dampfturbine. 2 Probleme muss man ansprechen: Genehmigung zur Einspeisung von Elektroenergie in das Netz Aufbringung der Investkosten Ergebnis: ca. 20% Einsparung an Erdgas, d. h. ca. 50 Mio. Nm3 – 11 Mio. € ca. 40 US $ / t Soda geringer Aufwand 13 MW Export Elektroenergie x 45,56€ / MW – 4,8 Mio. € Man kann sagen, es gibt viele Baustellen zur energetischen Optimierung – die erforderlichen Investmittel sind in der Regel nicht vorhanden. Für die Insider noch zur Kenntnis: Chlorelektrolyseanlagen: Quecksilber 98% Diaphragma 100% Membran 71% Elektroenergie 100.000t Anlage NaOH – 2400KWh / t NaOH Membran 90.000t Chlor 3400KWh / t Diaphragma 100.000 MW x 45,5€ - 4,5 Mio. € Eindampfanlagen: NaOH – 32% - 46% bei Verwendung von Fallfilmverdampfer sehen wir den Energieaufwand um 20t Dampf / t NaOH 100.000t NaOH x 20t Dampf – 2 Mio. t Dampf .- 1,6 Mio.€ / a Alles kann man nur im Zusammenhang mit den Investitionskosten betrachten – aber wir sprechen von Energieeffizienz, die auch ihren Preis hat. Ein rohstoffarmes Land sollte deshalb über unterstützende Maßnahmen nachdenken, damit dieser Weg beschritten werden kann. Die steigenden Energiekosten wirken von Jahr zu Jahr schwer bei der Erzeugung wettbewerbsfähiger Produkte. Im Umkehrschluss bedeutet das: je später ich beginne umso teurer wird die Maßnahme. Große Energieverbraucher sind Anlagen zur Herstellung von NH3 und MeOH. In den 80-Jahren haben wir Energieoptierung in Piesteritz betrieben – bei gleichem Erdgaseinsatz 20% Produktionssteigerung. Interessanterweise hat in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion keiner angebissen; die Energiepreise waren immer zu niedrig! Zum Schluss einige Bemerkungen zu einem von uns neu entwickelten Prozess, wo sie aus Synthesegas Benzin herstellen. Jedes Syn-gas oder MeOH kann als Ausgangsrohstoff benutzt werden. Ein synthetisches Benzin mit 93 Oktan – 4€! Ich denke darüber sollten wir das nächste Mal sprechen, da die Ukraine sicher einen hohen Bedarf für diesen Prozess hat und wir in der direkten Akquisition demnächst aktiv werden. Energieoptimierung ja – Vorraussetzungen für Investitionen sind zu schaffen. Aber dafür finden ja solche Beratungen hoffentlich statt!