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alkalische Phosphatase, setzt den Substrat-Mix NBT/BCIP (NitroblauTetrazoliumchlorid/5-Brom-4-Chlor-3-Indoxylphosphat) um. NBT, eine quartäre
Ammoniumverbindung, ist ein Di-Tetrazoliumsalz und Redoxfarbstoff. Bei
Substratumsetzung durch die AP entsteht über die Zwischenstufe eines roten
Monoformazanfarbstoffes ein blauer Di-Formazanfarbstoff. BCIP ist ein
artifizielles, chromogenes Substrat der AP. Bei der Substratumsetzung
hydrolysiert AP Indoxylphosphat zu Indoxyl und Phosphat. Das Indoxyl wird nun
vom O2 der Luft über Indigoweiß zu Indigoblau oxidiert.
Die Embryonen werden drei Mal in NTMT jeweils 10 Minuten bei RT unter
schütteln gewaschen. Darauf folgt die Inkubation des schon gebrauchsfertigen
NBT/BCIP-Mix, die Tubes mit den Embryonen werden im Dunkeln etwa 20
Minuten geschüttelt, der Reaktionsprozeß dann über eine Stunde beobachtet
(abgedeckt auf dem Schüttler). Wenn das Farbergebnis ausreichend ist (dauert
auch schon Mal etwas länger als eine Stunde), können die Embryonen zwei
Mal in NTMT jeweils 10 Minuten im Dunkeln unter Schütteln gewaschen
werden, bevor sie einen erneuten Waschgang mit PBT pH 5,5 10 Minuten lang
bei RT durchgehen. Entgegen der Anleitung im Skript werden die Embryonen
nicht extra mit PFA nachfixiert, sondern werden in einer Pufferlösung (PBS)
direkt fotografiert.
NTMT
2 ml 5M NaCl
5 ml 2M Tris/HCl pH 9,5
5 ml 1M MgCl
1 ml Tween 20
0,048 g Levamisol
88 ml H2O
NTB
BCIP
0,075 NBT/1 ml 70% Dimethylformamid
0,050 g BCIP/1 ml Dimethylformamid
Reaktions-Mix
6,75 µl NBT
5,25 µl BCIP
2 ml NTMT
1.1.1
(100mM)
(100mM)
(50mM)
(1%)
(2mM)
Ergebnisse
I. Sondengenerierung
Die Auftrennung der Sondenproben der Gruppe 2 befindet sich in den beiden
äußerst links gelegenen Taschen (siehe Abb. 1.5, mit Pfeilen markiert). Leider
scheint zum einen ganz links kein Marker aufgetragen worden zu sein (dafür
wohl in der 9. Tasche), außerdem ist die linke Sondenauftrennung nur sehr
schwach zu erkennen. In der rechten Tasche kann man aber gut die
Auftrennung zwischen der kürzeren Sonden-RNA (obere Bande) und der
längeren, bzw. schwereren template cDNA erkennen.
1
Abb.:2.1 Gelelektrophoretische Prüfung der Sondengenerierung
Sondenproben der Gr. 2 sind in den ersten beiden linken Taschen
II. WISH unbekannte Probe
Die Visualisierung des unbekannten Gens erfolgt durch Hybridisierung mit der
komplementären und markierten unbekannten Sonde. Ein Expressionsmuster
kann als farbiges Ergebnis im Mausembryo des Entwicklungsstadiums E13,5
am besten beobachtet werden. Dort findet man ein Farbereignis in den
Hirnbläschen, eine farbige Linie auf der Rückseite des Embryos, in den
Extremitäten, dem Schwanz, in der Schnauze und ganz leicht im Auge (siehe
Abb. 1.6-1.9).
Abb. 2.2 Mausembryo E13,5 Expression
Abb. 2.3 Mausembryo E13,5 Ausschnitt
unbekannte Sonde
Expressionsmuster unbekannte Sonde
Abb. 2.4 Mausembryo E13,5 Expression
Abb. 2.5 Mausembryo E13,5 Ausschnitt
unbekannte Sonde
Expressionsmuster unbekannte Sonde
III. WISH für das Gen twist
Bei dieser Hybridisierungsreaktion ist der Name des zu detektierenden Gens
bekannt. In diesem Fall Twist. Die unbekannte Parabel ist nun das
Expressionsmuster von Twist, dies gilt es mit der Hybridisierung einer
markierten komplementären Sonde rauszufinden.
2
Das Expressionsmuster von Twist zeigt sich in den Extremitäten, der Schnauze,
dem Schwanz, den Somiten und im Bereich des späteren Ohres (siehe Abb.
1.10-1.13).
Abb. 2.6 Mausembryo E12,5 Expression von
Abb. 2.7 Mausembryo E12,5 Ausschnitt
Twist
Expressionsmuster Twist
Abb. 2.8 Mausembryo E13,5 Expression von
Abb. 2.9 Mausembryo E13,5 Ausschnitt
Twist
Expressionsmuster Twist, vordere linke
Extremität
1.1.2
Diskussion
Die Expression der unbekannten Sonde zeigt sich in den Hirnbläschen, eine
farbige Linie auf der Rückseite des Embryos, vermutlich das Neuralrohr, in den
Extremitäten, dem Schwanz, in der Schnauze und ganz leicht im Auge. Bei der
Anfärbung der Hirnbläschen und vorderen Extremität handelt es sich um eine
unspezifische Anfärbung, das kann mit der Zeit passieren. Das restliche
Expressionsmuster (zumindest im Neuralrohr, Gehirn, Schwanz, Somiten,
posteriorer Teil der Gliedmaßenknospe) passt zum Expressionsmuster des
Gens patched (Ptch).
Das Expressionsmuster von Twist soll sich in den anterioren Gliedmaßen
zeigen und den Somiten. Dies deckt sich mit dem Farbergebnis, das wir
erhalten (siehe Abb. 1.13). Das Twist Protein fungiert als Regulator der
mesodermalen Differenzierung und der Myogenese. Erwartet wird die stärkste
Expression in den Vorläufern somatischer Muskulatur.
1.2 Versuch III: Histologische Analyse
Um histologische Schnittpräparate herzu stellen gibt es verschiedene
Möglichkeiten.
Eine Möglichkeit ist der Parafinschnitt, bei dem das zu untersuchende Gewebe
in vier Schritten präpariert wird.
3
Die Fixierung durch PFA (Paraformaldehyd) macht das Gewebe haltbar und
verhindert autolytische Vorgänge, die das Gewebe zersetzen würden. Da
Paraffin ein Wachs ist und nicht wasserlöslich ist muss das Wasser im Gewebe
nach und nach durch eine aufsteigende Alkoholreihe mit Ethanol ersetzt wird.
Ethanol wird anschließen durch ein Intermedium wie z.B. Xylol ersetzt.
Erst jetzt ist die Einbettung des Gewebes in Paraffin (C22 Wachs) möglich.
Durch das Aushärten des Paraffins ist ein Parafinblock mit harter Konsistenz
entstanden. Mit Hilfe eines Rotations-Mikrotoms ist es nun möglich aus dem
Paraffinblock bis zu 5µm dicke Gewebeschnitten zu fertigen, die anschließend
auf einem Objektträger aufgetragen werden.
Um die histologischen Strukturen des Gewebes unter dem Lichtmikroskop
besser sehen zu können wird eine Hämatoxylinfärbung nach Bayer
vorgenommen.
Um eine Färbung zu ermöglichen, muss das Gewebe mit Xylol und einer
absteigenden Alkoholreihe mit Ethanol zuvor entparaffiniert werden, da der
Farbstoff nicht fettlöslich ist. Die Hämatoxilinlösung enthält den alkalischen
Farbstoff Hämalaun und den sauren Farbstoff Eosin. Hämalaun bindet an saure
Strukturen des Gewebes - die DNA, sodass der Zellkern blau gefärbt wird.
Eosin färbt basische zytoplasmatische Bestandteile der Zelle rötlich. Das
Ergebnis sind gefärbte histologische Präparate, die über Jahre haltbar sind.
1.2.1
Materialien und Methoden
H2O
Xylol
Ethanol
PFA
Paraffinwachs (C22)
Hamatoxylinlösung
I. Schneiden
Für das Praktikum bekamen wir Mausembryonen E 14.5 sowie die Vorderläufe
der Mausembryonen E 16.5, die bereits im Parafinblock eingebettet waren.
Mit einer scharfen Klinge wird überstehendes Parafin vom Block entfernt. Der
Block wird anschließend in das Rotations-Mikrotom eingespannt, das
anschließend auf die gewünschte Dicke eingestellt wird. Mit dem
Rotationshebel wird durch eine Umdrehung eine Scheibe des Blocks
abgeschnitten. Die Gewebeschnitte werden mit einem Pinsel vorsichtig in ein
erwärmtes Wasserbad gelegt. Von dort können die Schnitte vorsichtig auf einen
Objektträger aufgetragen werden.
Um die Schnitte zu trocknen, werden sie bei ca. 90° C auf eine Heizplatte
gelegt.
II. Entparaffinieren
Nach dem Trocknen werden die Schritte wie folgt entparaffiniert.
Die Schnitte werden für 10 min in Xylol gelegt, dann für je 5 min in ein 100%
Ethanol-, 95% Ethanol -und 70% Ethanolbad gelegt. Anschließend wird der
Alkohol 3 mal 5 min mit Leitungswasser abgespült.
III. Hämatoxylinfärbung
4
Nachdem die Schnitte 5 min mit Hämatoxylin gefärbt werden, wird das
überschüssige Hämatoxylin 10 min mit Leitungswasser abgespült. Nun werden
die Schnitte mit 1%igem Eosin für 3-5 min gefärbt und anschließen wieder mit
Leitungswasser abgespült. Um die Färbung haltbar zu machen werden die
histologischen Schnitte für 5 min in 70% Ethanol, 95% Ethanol, 100% Ethanol
und Xylol gebadet. Bevor die Präparate vollständig getrocknet sind werden sie
mit DPX eingedeckt.
Die Präparate können nun unter dem Lichtmikroskop betrachtet und fotografiert
werden.
1.2.2
Ergebnisse
Die Parafinschnitte der Limbs sind gleichmäßig geschnitten und gefärbt. Sie
weisen kaum Artefakte oder Luftblasen auf. Die verschiedenen
Gewebestrukturen sind sichtbar und die verschiedenen Knorpel -und
Knochenanlagen sehr gut erkennbar.
Abb. 2.10 Mausembryo E 14,5 Gesamtübersicht
Abb. 2.11 Mausembryo E 14,5 Ausschnittsvergrößerung
5
Abb. 2.12 Maus limb E 16,5 Übersicht
Abb. 2.13 Maus limb E 16,5 Vergrößerung der
Finger und Handwurzelknochen
Abb. 2.14 Maus limb E 16,5 Diaphyse,
Abb. 2.15 Maus limb E 16,5 oben Ulna, unten
Vergrößerung des Knochenschaftes
Radius
Abb. 2.17 Maus limb E 16,5 Humerus mit
Abb. 2.16 Maus limb E 16,5 Fortschreiten der
Ellbogengelenk. Vergrößerung der
Diaphysenverknöcherung
1.2.3
Knorpelanlage
Diskussion
Die Hämatoxylinfärbung hat bei unseren Präparaten sehr gut funktioniert.
Lediglich die Haut wurde an einigen Stellen beim Schneiden durch das
Rotations - Mikrotom vom Arm abgelöst.
6
2 Huhn
2.1 Huhn als Modellorganismus – Allgemeine Einleitung
Vogelembryonen, so wie die der Gattung Huhn (bzw. Haushuhn, Gallus gallus
domesticus) ähneln in ihrer morphologischen Komplexität und dem generellen
Verlauf der embryonalen Entwicklung sehr den Säugetierembryonen. Allerdings
sind sie einfacher zu erhalten und zu beobachten. Viele Manipulationen und
Beobachtungen können schon allein durch die Öffnung des Eies ausgetragen
werden, der Embryo kann aber auch außerhalb des Eies erfolgreich kultiviert
werden. Dies ist nun sehr nützlich für die Durchführung mancher
mikrochirurgischer Eingriffe oder um herauszufinden, wie der Embryo auf
verschiedene Bestandteile von Kultivierungsmedien und anderer Chemikalien
reagiert. Trotz der erheblichen Unterschiede in den sehr frühen Stadien der
Entwicklung von Maus und Huhn, ähneln sich Gastrulation und auch spätere
Stadien, so dass die Verwendung des Huhns als Modellorganismus eine
sinnvolle Ergänzung zu den Objektstudien am Modell Maus darstellt.
Die Entwicklung des Hühnerembryos vom befruchteten Ei im Eileiter der
Mutterhenne bis zum geschlüpften Kücken dauert ungefähr 21 Tage. Nach der
Befruchtung im Eileiter vollziehen sich auch dort die ersten Teilungen bis zur
Ausbildung der Keimscheibe. Während der 20stündigen Eileiterpassage wird
das Ei von Albumin, den Schalenhäuten und der Eischale umringt. Nach der
Eiablage beginnt an der posterioren Marginalzone, einem verdickten Bereich
des Epiblasten (daraus entwickelt sich dann der Embryo) die Gastrulation,
gekennzeichnet durch die Entwicklung des Primitivstreifens (ein Vorbote der
Hauptkörperachse). Beim Hühnerembryo entwickelt sich der Streifen ab dem
Kollerschen Halbmond und formt eine Furche in der dorsalen
Epiblastenoberfläche. Die nach innen gerichtete Bewegung von Zellen in der
sich weiter nach vorne ausdehnenden Primitivrinne nennt man Ingression. Nach
innen wandernde Zellen bilden später das Mesenchym und das Endoderm,
während die Zellen an der Oberfläche des Epiblasten das Ektoderm ausbilden.
Die Formierung der Primitivrinne ist nach 16 Stunden beendet, am anterioren
Ende bildet sich der Hensensche Knoten, ein wichtiges Organisationszentrum
für die Embryonalentwicklung. Wenn die Ingression der Zellen beendet ist,
bildet sich der Primitivstreifen zurück, der Hensensche Knoten bewegt sich in
Richtung posteriores Ende des Embryos. Wenn sich der Knoten zurückgebildet
hat, bildet sich anterior davon das Notochord aus, zu diesem frühen Zeitpunkt
auch „Kopffortsatz“ genannt. Das Mesenchym beidseitig entlang der Mittellinie
beginnt sofort Somiten zu bilden. Das lateral gelegene Mesenchym bildet die
Organe, das Blutgefäßsystem und das Blut. Zu dem Zeitpunkt, wenn sich das
Notochord bildet, beginnt sich auch das Neuralrohr zu bilden, aus zwei Falten
die auf der dorsalen Mittellinie des neuralen Plattenektoderms fusionieren. Bei
der fortschreitenden Neurulation bildet sich die Kopffalte aus. Drei Tage nach
der Eiablage haben sich 40 Somiten gebildet, die Extremitäten beginnen sich zu
entwickeln, das Herz hat sich gebildet, Blutgefäßsystem und Blutinseln zur
Blutzellbildung haben sich im extraembryonalen Gewebe formiert. Die Gefäße
verbinden sich mit denen des Embryos um den Kreislauf zum Herzen zu
schließen. Das Amnion bildet die Flüssigkeit gefüllte Amnionhöhle als Schutz
vor mechanischer Beeinträchtigung, ein Chorion umgibt den Embryo, ein
Dottersack hat sich ausgebildet und durch einen Allantois werden
Ausscheidungsprodukte
abgegeben
und
Sauerstoffund
7
Kohlendioxidaustausch geregelt. Vor dem Schlüpfen bilden sich nun noch die
Augen aus den optischen Vesikeln, sowie das innere Ohr, der Embryo legt an
Größe zu, die Organogenese wird beendet, Flügel, Beine und Daunenfedern
bilden sich aus, bis schließlich das Küken schlüpft.
Die Vertebratenextremität ist ein sehr komplexes Organ mit einem
asymmetrischen Arrangement der Anteile in allen drei Dimensionen. Die erste
ist die proximo-distale Achse (SchulterFinger, HüfteZehe). Die
Knochenanteile werden über die enchondrale Ossifikation gebildet (siehe
Kapitel 1.1). Die zweite Dimension ist die anterior- posteriore Achse
(Daumenkleiner Finger). Dabei markieren die kleinen Finger bzw. Zehen die
posteriore Seite, während der Daumen oder große Zeh das anteriore Ende
bildet. Die dritte und finale Achse ist die dorso-ventrale Achse. Dabei ist die
Handinnenfläche (ventral) leicht von der dorsalen Seite mit den Fingerknöcheln
zu unterscheiden.
Abb. 2.1 zeigt die skelettalen Anteile des Hühnerflügels
(Gilbert, Developmental Biology)
Bildung der proximo-distalen Achse der Extremität: das AER
Wenn mesenchymale Zellen die Zone erreichen, in der sich die Extremität
entwickeln soll, sekretieren sie Fibroblast growth factor 10 (Fgf10), welches die
darüber liegende ektodermale Schicht dazu anregt eine Struktur zu bilden, die
apical ectodermal ridge (AER) genannt wird. In einer positiven Rückkopplung
bildet das AER Fgf8, welches wiederum die mesenchymalen Zellen durch
stimulierte Mitose dazu anregt weiterhin Fgf10 zu bilden. Somit induziert das
eine Fgf das andere und umgekehrt. Das AER verläuft am distalen Rand der
Extremitätenknospe und entwickelt sich zu einem bedeutenden Signalzentrum
für die sich bildende Extremität. Durch das AER wir das Mesenchym, welches
daran grenzt in einem plastischen und proliferierenden Zustand gehalten, der
es ermöglicht, dass die Extremität linear auswachsen kann (proximo-distal).
Des weiteren werden durch das AER die Expression bestimmter Stoffe aufrecht
erhalten, welche für die anterior-posteriore Achse zuständig sind und zuletzt
kommt es zu einer Interaktion mit den Proteinen, die für das anterior-posteriore
und dorso-ventrale Auswachsen verantwortlich sind. Somit ergibt sich ein
festgelegter Differenzierungsplan für jede daran beteiligte Zelle. Das proximodistale Auswachsen und die Ausdifferenzierung der Extremitätenknospe
machen eine Interaktion des AER mit dem Mesenchym der Knospe, auch
Progresszone genannt, notwendig. Die Progresszone ermöglicht durch seine
proliferierende Aktivität das Auswachsen und somit die „Verlängerung“ der
Extremitätenknospe. Experimente zeigten die Wichtigkeit der Interaktion
zwischen AER und Progresszone (siehe Abb. 2.2)
8
Abb. 2.2 zeigt die Zusammenfassung der Effekte der AER auf das darunter liegende
Mesenchym (aus Gilbert, Developmental Biology)
Spezifizierung der anterior-posterioren Extremitätenachse: die ZPA
Im Huhn wird sehr früh, kurz bevor die Extremitätenknospe sichtbar wird, schon
dessen Achse spezifiziert. Viele Experimente deuten darauf hin, dass die
anterior-posteriore Achse spezifiziert wird durch einen schmalen Block
mesodermalen Gewebes nahe der posterioren Verbindung der jungen
Extremitätenknospe mit der Körperwand. Wird Gewebe dieser posterioren
Region in einem frühen Stadium entnommen und an vorderer Stelle in eine
andere Extremitätenknospe (limb bud) transplantiert, so verdoppelt sich die
Zahl der gebildeten Finger des sich entwickelnden Flügels spiegelbildlich. Zu
verdanken ist dieser Effekt der Aufrechterhaltung der Polarität, wobei die
Information ja nun aber aus vorderer, und der normalen hinteren Richtung
kommt. Die dafür verantwortliche Region des Mesoderms wurde demzufolge
zone of polarizing activity (ZPA) genannt.
Abb. 2.3 Schema der Transplantation einer ZPA in das anteriore limb bud Mesoderm. Daraus
resultiert eine spiegelbildliche Verdopplung der normal gebildeten Finger (Gilbert,
Developmental Biology)
Molekular gesehen wurde 1993 durch in situ Hybridisierung eine spezifische
Expression von sonic hedgehog (shh) in der ZPA nachgewiesen (Riddle et al,
1993). Shh ist ein Vertebraten-Homologon eines hedgehog Gens, das in
Drosophila entdeckt wurde. Weiterhin wurde bewiesen, dass die Sekretion des
Shh Proteins ausreicht um die polarisierende Aktivität der ZPA zu erklären. Es
existiert eine positive Rückkopplungsschleife zwischen der ZPA und der AER:
9
das Shh Signal der ZPA moduliert das Konzentrationslevel von Fgf4 in der
posterioren Kante, während Fgf4 selbst die Expression von Shh aufrecht erhält.
Zusätzlich spielen Signale von Bone morphogenic Proteins (BMPs) eine
entscheidende und komplexe Rolle in der limb bud Spitze, denn ein minimales
BMP Level wird zur Aufrechterhaltung der Progresszone benötigt, aber bei zu
hoher Konzentration bildet sich die apikale Kante zurück. Demzufolge ist auch
hier ein Rückkopplungsmechanismus nötig, und zwar in Form von Shh, welches
die Expression von Genen des Proteins Gremlin induziert. Gremlin wiederum
blockt BMP Aktivität und demzufolge auch die Signale der apikalen Kante.
Die Fingeridentitäten sind verschieden abhängig von Shh, bezogen auf die Zeit
und die Konzentration. Der am weitesten posterior positionierte Finger 5 enthält
Zellen, die sehr lange Shh exprimieren, außerdem werden sie auch sehr lange
einer selbst herbeigeführten andauernden Shh_Konzentration ausgesetzt.
Finger 4 ist auch Shh abhängig, aber die Expressionszeit ist kürzer als bei
Finger 5. In Finger 3 sekretieren nicht alle Zellen Shh und diese exprimieren
Shh über einen kürzeren Zeitraum im Vergleich zu Finger 4. Außerdem sind sie
von der Shh-Diffusion durch die ZPA abhängig. Finger 2 ist gänzlich abhängig
von einer Shh-Diffusion, während Finger 1 vollständig unabhängig von Shh
seine Spezifizierung erlangt.
2.2 Versuch I: Entfernen der ZPA (Zone of Polarizing Activity)
In diesem Versuch geht es um die Auswirkung auf die Determinierung der
anterior-posterioren Achse der sich entwickelnden vorderen Gliedmaße, wenn
die ZPA bei Hühnerembryonen im Hamburger-Hamilton Stage 20-21mit einer
Wolfram-Nadel entfernt wird. Zu diesem frühen Zeitpunkt (HH-Stadium 20-21)
soll die ZPA Entfernung zum Verlust der posterioren Fingeridentität führen.
2.2.1
Materialien und Methoden
Hühnerembryonen HH Stage 20-21 im SPS-Ei (frei von bestimmten Viren)
70 % EtOH
Pinzette
PBS (mit Penicillin/Streptomycin)
Präparierlöffel
4% PFA
PBS
Wolfram-Nadel
Alcian grün Farblösung: für 100 ml: 0,1% Alcian Green
70 ml 95% Ethanol
1 ml konz. HCl
EtOH (70%, 85%, 95% und 100%)
1% KOH
Zu aller erst müssen die Eier vorsichtig mit einem in 70 %igem EtOH getränkten
Tuch abgewischt werden, um jegliche spätere Kontamination mit Bakterien zu
vermeiden, welche den nach der Manipulation zugänglichen und nicht mehr
durch seine komplette Schale geschützten Embryo töten könnten. Nun muss
der Hühnerembryo im Ei
lokalisiert werden, damit dort
die Schale
aufgebrochen und die Vitellinmembran für die spätere Manipulation entfernt
10
werden kann. Mit der flexiblen Leuchte des Mikroskops kann, wenn die
Kaltlichtquelle an die Schale des Eis gehalten wird, der Embryo als dunklere
Erscheinung mit einem Bleistift markiert werden. Somit kann auch geprüft
werden, ob sich der Embryo im richtigen Stadium der Entwicklung befindet. Des
weiteren kann so festgestellt werden, ob der Embryo zusammen mit dem Dotter
frei im Ei rotieren kann, also nirgendwo an der Schale festklebt, was beim
Öffnen dann zum Tod des Embryos führen kann, wenn lebenswichtige
Blutgefäße zerrissen werden. Vor dem Aufbrechen der Schale kann, wenn die
Lichtquelle an einen Pol des Eies gehalten wird, ausgemacht werden wo sich
die Luftblase befindet. Dort wird (an der dickeren Unterseite des Eies) mit einer
Nadel ein kleines Loch eingebohrt, damit die Luft, die sich zwischen den beiden
Eimembranen befindet, abgelassen werden kann, somit kann man den Embryo
vor dem Öffnen des Eies (Windowing) absinken lassen. Nun wird an der
markierten Stelle per Nadel ein Loch in die Schale gebohrt, welches dann mit
der Pinzette zu einem Fenster vergrößert werden kann, so dass der ganze
Embryo sichtbar wird. Nun wird vorsichtig mit der Pinzette bereits oben
erwähnte Vitellinmembran entfernt, damit die Manipulation vollzogen werden
kann. Dazu benutzt man eine Wolfram-Nadel. Man positioniert sich das Ei auf
einem Plastiknest unter dem Mikroskop so, dass der komplette Embryo unter
der Vergrößerung gut sichtbar ist. Wie man sich den Embryo zu Entfernung der
ZPA unter dem Mikroskop ausrichtet ist jedem selbst überlassen, hier hat sich
eine parallele Ausrichtung bewährt, bei der nun mit der Wolfram-Nadel versucht
werden soll, den posterioren Teil der Gliedmaßenknospe auf einer Seite des
Embryos zu entfernen. Dafür stehen (zusammen mit dem nachfolgenden
Versuch) 19 Eier zur Verfügung. Abwechselnd wir von den beiden Teilnehmern
der Gruppe versucht die ZPA zu entfernen oder die Manipulation des nächsten
Versuches durchzuführen. Nach erfolgreicher Manipulation müssen ein paar
Tropfen PBS mit 1% Pen/Strep auf den Embryo getropft werden um ihn vor
bakteriellem Befall und resultierendem vorzeitigen Sterben zu bewahren. Nun
werden die Fenster in der Eierschale mit einem Streifen Klebeband
verschlossen und in einem Inkubator bei 38°C zur Weiterentwicklung der
Embryonen erst einmal belassen. Nach der Manipulation werden die
Hühnerembryonen am 9.5 Tag ihrer Entwicklung geerntet. Mit Hilfe eines
Präparierlöffels werden sie aus dem Ei heraus geholt. Nun werden die
Embryonen mit Alcian grün angefärbt (färbt die Knorpelanlagen). Dazu werden
die Embryonen etwa drei Stunden in 4% PFA bei RT fixiert und anschließend
drei Mal mit PBS gewaschen um das PFA zu entfernen. Bei sanftem Schütteln
werden die Embryonen für etwa vier Stunden in der Alcian grün Farblösung
getränkt. Darauf folgt das dreimalige Waschen mit 70 % EtOH, dieser Schritt
kann mehrere Stunden oder auch über Nacht vollzogen werden. Nun werden
die Embryonen in einer aufsteigenden Alkoholreihe (85%, 95% und schließlich
100% EtOH) jeweils mehrere Stunden belassen. Dieser Schritt kann auch über
Nacht vollzogen werden. Nach einem Waschschritt mit 1% KOH, welcher der
Aufklärung des Gewebes dient, folgt schließlich die Einbettung in einer 100%
EtOH-Lösung und anschließende fotografische Auswertung.
2.2.2
Ergebnisse
Neun der 19 Eier stehen für diesen Versuch der ZPA Entfernung zur Verfügung.
Etwa vier Tage lang werden die manipulierten Embryonen bei 38°C im
Inkubator zur Weiterentwicklung belassen. Nachfolgende Tabelle gibt Auskunft
über das Schicksal jedes dieser Eier.
11
EiNr.
2
5
6
7
9
13
14
15
19
Ergebnis
tot
positiv
negativ
unbefruchtet
negativ
untergegangen
untergegangen
untergegangen
Herz getroffen
negativ
nein
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Abb. 2.4 Ergebnistabelle der ZPA-Entfernung
Nur bei dem Hühnerembryo in Ei Nr. 2 ist die ZPA Entfernung an der rechten
Extremitätenknospe erfolgreich verlaufen und der Embryo überlebte lange
genug, dass ein Ergebnis der ZPA Entfernung gewonnen werden konnte. Zu
sehen ist, dass eigentlich nur noch ein Teil des Humerus (Stylopod) zu
erkennen ist. Alle anderen Anteile der ausgewachsenen Extremität, wie Ulna
und Radius (Zeugopod) oder die Handwurzel- und Fingerknochen (Autopod)
sind nicht mehr zu erkennen. Bei der nicht manipulierten linken Seite ist gut zu
erkennen, dass alle drei Extremitätenanteile (Stylopod, Zeugopod und Autopod)
der Flügelentwicklung gut zu erkennen sind (siehe Abb. 2.5 und 2.6).
Abb. 2.5 zeigt Ausschnitt Hühnerembryo
Abb. 2.6 zeigt Ausschnitt Hühnerembryo Nr. 2.
Nr.2, HH Stage 20-21 zum Zeitpunkt der
HH Stage 20-21 zum Zeitpunkt der
Manipulation. Zu sehen ist die erfolgreich
Manipulation. Zu sehen ist die nicht
verlaufene ZPA Entfernung (inklusive AER)
manipulierte linke normal entwickelte
an der rechten Extremitätenknospe
Flügelextremität.
2.2.3
Diskussion
In wieweit ein Ei von neun Eiern mit erfolgreicher ZPA Entfernung ein guter
Schnitt ist sei dahin gestellt. Vermutlich mangelnde Erfahrung und Praxis im
Bereich der Hühnerembryonenmanipulation ist hier ausschlaggebend.
Trotzdem ist die ZPA Entfernung an dem Embryo aus Ei Nr. 2 geglückt. Dass
nur noch ein Teil des Oberarms übrig geblieben ist, lässt darauf schließen, dass
neben der ZPA auch die komplette AER, die für das Auswachsen der Extremität
verantwortlich ist, mit entfernt wurde. Somit können sich die mesenchymalen
Zellen in der Progresszone nicht mehr teilen (Fgf 8 fällt weg, keine positive
Rückkopplung) und es werden keine weiter distal gelegenen Strukturen mehr
12
gebildet. Wäre nur die ZPA entfernt worden, hätte man zumindest noch
anteriore Fingerstrahlidentität erkennen müssen.
Abb. 2.7 zeigt das Ausmaß der Extremitätenverkürzung in Korrelation zu dem Zeitpunkt der
Entfernung der AER (aus Wolpert, Principles of Development)
2.3 Versuch II:RCAS- GFP-Injektion
Ziel der GFP-Virusinjektion ist ein Kontrollexperiment. Es soll mit Hilfe von GFP
unter dem Fluoreszenzmikroskop gezeigt werden, ob eine richtige einseitige
Injektion in den anterioren limb bud möglich ist, und nicht dass nur der ganze
Embryo infiziert wird. Andere Teilnehmer des Praktikums infizieren
Hühnerembryonen per Injektion mit RCAS-Ihh, welches Auswirkung auf die
Flügelentwicklung und demzufolge den Phänotyp hat (Injektion von Ihh in den
anterioren Teil des limb buds).
RCAS
bedeutet
Replication-Competent-ASLV-longterminal-repeat-with-asplice-acceptor. Im Allgemeinen ist hier ein reproduktionskompetenter
Vogelretrovirus gemeint, der eine reverse Transkriptase zur Umschreibung
seiner RNA in DNA im Wirtsorganismus enthält. Daraus resultiert der Einbau
13
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