Supervision Aggression Depression Ich glaube oft, wenn ich am Abend ginge Hinunter auf die Strasse irgendwo Und ginge fort und fände irgendwann Die Sünde, die mich lockt und kehrte dann Am Morgen erst zu meinem Zimmer wieder. Es wär besser, glaub ich, als dass hier In meinem Bett ich liege, tatenlos, weil ich die Polster nicht zerbeissen darf weil ich nicht schreien will des Nachts und weil ich nicht zerbrechen will. Die Türe zu, ich schliess sie eisenfest, wirf was davor, was meine Kraft noch nicht bewegen kann! Was freut es dich, wenn ich im Bett mich bäume Wenn ich die Arme breite und sie leer Um meinen Körper fallen. – Schliess die Tür! Von wem stammt das Gedicht? (Dazu später) Geht es darin nun um Aggression oder Depression? Die Differenz ist entscheidend, weil wir je ein anderes therapeutisches Ziel anzustreben haben: 1. welche Diagnose ? Therapeutisches Ziel Darin ist die Falle enthalten Depression Aggression beleben entschleunigen Druck auszuüben Den Konflikt versanden zu lassen und Resignation zu nähren Aggression und Depression kann mit dem von der Konfliktforschung her beschrieben Situationen als heiss und kalt beschrieben werden: Heiße Konflikte: Die Konfliktparteien kämpfen übereifrig dafür, dass ihre Vorstellungen durchgesetzt werden. Sie glauben an ihre „heilige Sache“ und meinen, dass sie die gegnerische Seite mit Gewalt dazu bekehren müssen. Deshalb gibt es offene Angriffe. Wut und Ärger und andere Emotionen werden von den angreifenden wie von den angegriffenen Personen (oder Gruppen) gezeigt. Eigentlich haben die Angreifenden auch Lust auf die harten Begegnungen. Sie leben in einer euphorischen Stimmung und überschätzen sich und ihre Erfolgsaussichten. Kalte Konflikte: Der Streit findet nicht offen, sondern hauptsächlich verdeckt statt. Das meiste wird hinterrücks vorbereitet und ausgeführt. Direkte persönliche Konfrontationen werden tunlichst vermieden. Keine Seite zeigt ihre negativen Emotionen wie Aggression, Zorn, Hass offen, sondern verschanzt sich hinter vorgewendeten „sachlichen“ Positionen. Es geht weniger darum, die eigenen Ziele zu verwirklichen, sondern die Gegenpartei an der Durchsetzung ihrer Ziele zu behindern, zu blockieren. Sarkastische und zynische gegenseitige Abwertungen führen zum Erleben von Blockaden und lassen kalte Konflikte in Depressionen enden. 2. Supervision und Zeitfluss 1. durch die Rückschau gewinnen wir Zeit, ist für aggressive Situationen also hilfreich, aber verstärkt die depressiven Anteile 2. mit der Vorschau überspringen wir die Zeit bis zur nächsten Sitzung und antizipieren eigene Verhaltensweisen und solche der Klienten, hat auf depressive Systeme eine belebende Wirkung und kann den aggressiven die Eskalation vor Augen führen. 3. Eine nicht Zeit verschobene sondern Echtzeit Supervision kann bei Live-Supi (in diversen Settings: Einwegspiegel, Kopfhörer, alles in einem Raum, Video..) stattfinden aber auch, indem 4. die Spiegelphänomene beachtet werden: die Stimmung zwischen Beraterin und Klient kann sich auf die Beziehung Supervisorin-Berater übertragen. Diese gilt es zu entdecken und diagnostisch zu nutzen. Meine Erfahrung in diversen Test ergaben, dass Live-Supi um einiges näher beim Klienten ist und sein Wohl sucht, d.h. auch hilfreiche Interventionen sucht und Zeit verschobenen Supi weit mehr den Berater und sein Person im Blickwinkel hat. 3. Supervision Focus Schwerpunkt Berater Klient System Denkschulen der Supervision mit diesem Fokus Modell des „ContainerContained“ nach Bion Modell der Balintarbeit: HelferIn–PatientIn–Beziehung Modell der „systemisch“ orientierten Supervision Falle Der Klient wird aus den Augen verloren – gerade in Ausbildungs - SV ist das eine Gefahr, weil man ‚Fälle’ haben muss. Die Gefahr, dass der Supervisor der bessere Berater ist und sich in eine oralem Machtkampf mit dem Berater begibt Die Individualität und die biographischen Prägungen geraten ausser acht. Damit das systemische nahe am Menschen bleibt, ist die Individualpsychologie, die innere Psychodynamik zu integrieren. Das Modell von Foulkes hatte aus der Gruppendynamik das Spiegelphänomen als Hauptmethode und damit vor allem den Klienten im Blickwinkel. 4. Supervision im Dreieck Nun zum Gedicht am Anfang: es stammt von Anna Freud. Ihr Vater hatte ihr verboten, ihren Verlobten zu heiraten. Der Familien-Tyrann verbrachte einerseits monatelange Ferien mit seiner Schwägerin und liess seinen Frau mit den Kindern allein, (die Schwägerin, die neben dem Schlafzimmer von Freuds wohnte, durch eine klein Tür verbunden) und anderseits seine Tochter nicht selbstständig und erwachsen werden liess. Sie beugte sich dem Diktat des Vaters und baute dann dafür mit einer Amerikanerin eine lebenslange Partnerschaft auf. Dieser Sigmund Freud definierte den sog. Oedipuskomplex, als er über sein Kindheit nachdachte, und das Muster entdeckte, dass er im Alter von 4-6 Jahren an seine Mutter gefesselt war und den Vater innerlich verstiess und abwertete. Der Ödipuskomplex besagt kurz gesagt folgendes: Zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr entfaltet der Ödipuskomplex seine größte Dynamik: Das Kind hegt Todeswünsche gegenüber dem gleichgeschlechtlichen Rivalen und begehrt die Person des entgegengesetzten Geschlechts sexuell. Nun scheint es also, wenn man die Familie Freud betrachtet, dass mit der Entdeckung des Oedipus noch keinerlei Veränderung der innerpsychischen Ausstossungs- und Lebensverhinderungsdynamik erfolgt, eine Analyse, das Erkennen von früheren Mustern, einen nicht die Augen öffnet für deren Fortsetzung mit etwas anderen Personen. Interessant für die supervisorische Arbeit ist das entstehende "trianguläre Übertragungsmuster", wenn zerstrittene Teams zum Supervisor kommen. Die zerstrittenen oder in der Beziehung hilflosen Supervisanden suchen einen Dritten, eben den Supervisor, der ihnen hilft die Beziehung zu verbessern. Dabei ist jeder Berater - egal ob Therapeut, Organisationsberater oder Supervisor - aufgrund seiner eigenen biographischen Dreieckserfahrung ständig mehr oder weniger prädestiniert, die "Abwehrstruktur des in 'Zweiecke' zerfallenden Dreiecks mitzuagieren" (Bauriedl 1994, S.226). Der Dritte ist Retter oder er stört die Diade. Praktisch heißt das, daß er sich einer Partei einfühlend unterstützend zuwendet, weil er die Hilfebotschaften des Gebrauchtwerdens kennt. Dabei geht ihm aber die andere Seite der Medaille verloren: Nämlich die Ausstoßung aus der Beziehung, weil man als nicht hilfreich und wertlos erlebt werden muß, um die intrapsychische Ambivalenz nicht zu gefährden. Gefühle oder Wünsche, die stark angstmachend sind, werden abgespalten oder beim Partner bekämpft. Das ganze etwas einfacher dargestellt mit dem Binären Code der Transaktionsanalyse von OK – nicht OK: Supervisand sieht darum sieht er den Wirkung auf Klienten sich Supervisor als nOK OK, der rettet Das Helfersyndrom wird verdoppelt, der Klient bleibt in der Rolle des Hilflosen OK nOK, der stört Bündnis Berater-Klient, Supervision wirkungslos Wie kann eine SupervisorIn Selbstwertgefühl und Strategie so mitgeben, dass nicht eine Triade entsteht, die das depressive Ohnmachtsgefälle oder die aggressive Abwertungsspirale verstärkt. Fazit von 1.- 4. für eine wirkungsvolle Supervision Vorwiegend sind die sechs relevanten Merkmale "Positive Zusammenarbeit“, "Sicherheit im therapeutischen Vorgehen“, "Zufriedenheit mit der Therapie“, "Fortschritte innerhalb der Therapie“, "Fortschritte außerhalb der Therapie“ und "Qualität der therapeutischen Beziehung“ in der Supervision anzusprechen. Denn die Gefahr besteht, den Berater allzu sehr in den Fokus zu rücken, und dadurch die Triade mit ihren blinden Flecken zu verstärken, den depressiven oder aggressiven Anteil zu verstärken, statt zu erkennen. Durch Live-Supervision wird der Klientenfokus vermehrt in jenen Blickwinkel gerückt, der ihm gebührt. Zudem hat die Wirkungsforschung ergeben, dass die ersten Therapiestunden typischerweise den Gesamtverlauf der Beurteilung der Prozessqualität determinieren. Die Entscheidung über die Zufriedenheit mit der Therapie und die Einschätzung der Beziehungsqualität fällt auf der Basis der Erfahrungen der ersten Behandlungsstunden und kann danach offensichtlich nur noch schwer modifiziert werden. Supervision setzt folglich häufig zu einem Zeitpunkt ein, in dem nur noch wenig Veränderung der Prozessqualität möglich ist. Die Supervision des Erstgesprächs live oder nach dem Erstgespräch können den beraterischen Prozess wirkungsvoller beeinflussen, als Supervision zu einem späteren Zeitpunkt. 5. Supervision eines speziell aggressiven Systems: Mobbing In der Supervision von Gemobbten können grob drei aufeinander aufbauende, allerdings auch wechselseitig aufeinander bezogene Phasen unterschieden werden. 1. Akute Phase 2. Reflexionsphase 3. Existentielle Phase In der akuten Phase, die den Großteil der Sitzungen beanspruchen kann, geht es vor allem um die Bearbeitung der aktuellen Problematik. Es geht den Gemobbten um die Entwicklung von Gesprächs- und Verhaltenstechniken, die im Umgang mit dem Mobber eingesetzt werden können, um rechtliche Hinweise, um Erklärungen für das Verhalten der Mobber, um Selbstvorwürfe und insbesondere um emotionale Unterstützung. Vom Mobbing Betroffene interessieren sich in dieser Phase kaum für eine Analyse institutioneller Zusammenhänge, die zum Mobbing geführt haben oder für eine intensive Selbstreflexion. Sie sind häufig noch nicht in der Lage, die eigene Situation als Ganzes zu überschauen. Ihr Focus ist eingegrenzt. Sie reagieren nur auf die einzelnen Mobbinghandlungen, meistens emotional mit Wut, Hass, Verzweiflung, Angst, so dass sie eine Person benötigen, die vorübergehend als Ersatz für die eigene fehlende Rationalität fungiert. Das Erleben von Hilflosigkeit bzw. Ohnmacht lähmt die Betroffenen oft so stark, dass sie in einen „psychischen Paralysierungszustand“ fallen, in dem sie weitgehend entscheidungsunfähig sind und Hilfe brauchen, ihre Gedanken zu ordnen. Gemobbten geht es darum, einen Verbündeten zu finden, der sich ganz auf ihre Seite stellt. Das primäre Ziel der Supervision in der Reflexionsphase besteht darin, den vom Mobbing Betroffenen dazu anzuregen, die eigene Situation systematisch zu hinterfragen, um den vorherrschenden negativen Fokus zu verändern. Systemisches Fragen, die Externalisierung des Problems, Reframing, etc., narrative Vorgehensweisen sind hervorragende nichtinstruktive Interventionen, um die Reflexionsfähigkeit des Gemobbten zu unterstützen und um gegebenenfalls mit ihm auch schon praktikable Lösungen zu entwickeln. Des Weiteren geht es in dieser Phase schwerpunktmäßig um die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen internen psychischen Strukturen (Übertragungsphänomene, Biographiearbeit, Persönlichkeitsstrukturanalyse, Denkmuster), welche unter Umständen den Ausbruch des Mobbing unterstützt haben könnten. Werden eigene Anteile erkannt, die den Ausbruch des Mobbing mit ausgelöst und auch dessen weiteren Verlauf unterstützt haben, ergibt sich hier eine zumindest theoretische Möglichkeit, das Mobbing zu beenden, indem eine neue Gesprächsbasis zum Mobber hergestellt werden kann. Supervidierende können in die existentialistische Phase eintreten, wenn die vom Mobbing Betroffenen derart in ihrem psychischen Gleichgewicht erschüttert sind, dass ihnen eine prinzipielle Rückkehr in bisher funktionierende Denk-, Fühl- und Verhaltensmuster nicht mehr als möglich erscheint. Erst dann ist die Bereitschaft der Gemobbten vorhanden, sich existentiellen Fragestellungen zu öffnen und adäquat mit Hilfe der Supervidierenden zu verbalisieren.