UNIVERSITÄT REGENSBURG Institut für Physikalische und Theoretische Chemie Prof. Dr. B. Dick PRAKTIKUM PHYSIKALISCHE CHEMIE (TEIL I c) (Spektroskopie) Versuche UV 1, UV 2 Absorption im Sichtbaren und UV 1.1 Grundlagen Im sichtbaren Spektralgebiet und im Gebiet des nahen UV findet man Absorptionen, die hauptsächlich Übergängen zwischen elektronischen Energiezuständen der Atome oder Moleküle entsprechen. So sind z. B. sämtliche Farben und viele photochemische Reaktionen mit Übergängen zwischen elektronischen Zuständen verbunden. Bei der Vielfalt der Moleküle und der Unterschiedlichkeit der Elektronenstrukturen haben sich verschiedene Modelle zur Beschreibung der elektronischen Eigenschaften bewährt. 0 http://www-dick.chemie.uni-regensburg.de/studium/praktikum1c.html 1 1.1.1 Organische Moleküle Bei organischen Molekülen resultieren die hier zur Diskussion stehenden elektronischen Molekülzustände vorwiegend aus den 2s- und 2p- Zuständen der Kohlenstoffatome. Die elektronische Wechselwirkung zwischen den Atomen des Moleküls läßt sich durch bindende σ-und π-Zustände sowie die zugehörigen antibindenden σ∗ -und π∗ -Zustände beschreiben. In Verbindungen mit Heteroatomen (wie N, O, S oder Halogenen) gibt es auch elektronische Zustände, die nicht an den Bindungen beteiligt sind und mit einem freien Elektronenpaar besetzt sind (nichtbindende Zustände, n–Zustände). Betrachtungen über die Stärke der Wechselwirkungen in den verschiedenen Zuständen ergeben ein einfaches, qualitativ gut verwendbares Energieniveauschema (s. Abb. 1.1) [1–4] . Abbildung 1.1: Vereinfachtes Energieniveauschema für organische Moleküle. n–Zustände treten nur in Molekülen auf, in denen sich Atome mit nichtbindenden Elektronen befinden. Die Angabe über die Besetzung bezieht sich auf den Grundzustand des Moleküls. Besetzungsumlagerungen führen zu angeregten Zuständen. Elektronische Übergänge können nur von besetzten zu nicht vollständig besetzten Zuständen stattfinden. Die im Grundzustand höchsten besetzten Molekülzustände heißen HOMO’s (highest occupied molecular orbitals), die niedrigsten nichtbesetzten Zustände heißen LUMO’s (lowest unoccupied molecular orbitals). Viele Moleküleigenschaften werden durch die HOMO’s und LUMO’s geprägt. Es können die folgenden Übergänge auftreten: 2 n → π∗ -Übergänge findet man nur, wenn freie Elektronenpaare vorhanden sind. Diese besetzen häufig die HOMO’s. Die Übergänge haben dann die geringste Übergangsenergie (s. Abb. 1.1). n → π∗ -Übergänge sind meistens sehr schwach (Grund: geringe Überlappung zwischen den n- und den π∗ -Orbitalen, s. Überlappungsregel, Abschnitt 1.1.3) Typische ε-Werte (ε = molarer dekadischer Extinktionskoeffizient) liegen zwischen 5 und 200 l · mol−1cm−1 (Tab. 1.1). Die energetischen Lagen sowie die Stärken der Absorptionsbanden von n → π∗ -Übergängen hängen relativ stark von der Polarität des Lösungsmittels ab. π → π∗ -Übergänge findet man bei allen Molekülen, bei denen π-Elektronen an der Bindung beteiligt sind. Enthält das Molekül keine freien Elektronenpaare, dann sind die π → π∗ Übergänge diejenigen mit geringster Übergangsenergie (HOMO → LUMO). Die energetischen Lagen der Absorptionsbanden verschieben sich mit wachsender Konjugationslänge der Moleküle zu kleineren Übergangsenergien (s.Tab. 1.2). Erstrecken sich die Absorptionsbanden in den sichtbaren Spektralbereich, dann erscheinen die Moleküle farbig. Die ε-Werte liegen in dem weiten ε-Bereich von 101 bis 105 l · mol−1 cm−1 , (Tab. 1.1, Tab. 1.2, Tab. 1.3, Tab. 1.4 ) Im allgemeinen findet man pro Modell mehrere π → π∗ -Übergänge. n → σ∗ -Übergänge findet man bei gesättigten Molekülen mit Heteroatomen, die freie Elektronenpaare besitzen. Die Übergangsenergien liegen meistens über 40 000 cm−1 (250 nm), und die molaren dekadischen Extinktionskoeffizienten sind etwas höher als die der n → π∗ Übergänge. (Verbindungen dieses Typs werden wegen ihrer Polarität häufig als Lösungsmittel für spektroskopische Untersuchungen eingesetzt. Siehe Tab. 1.5). Tabelle 1.1: UV-Absorption einfacher chromophorer Gruppen (nach [2, 4, 5]). n → π∗ Übergänge (λmax , εmax ) zeigen eine relativ starke Lösungsmittelabhängigkeit. Chromophor C—H C—C —O— —S— N Übergang Beispiel σ → σ∗ σ → σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ CH4 H3 C—CH3 H2 O H3 C—OH H5 C2 —O—C2 H5 H3 C—SH H3 C—S—CH3 H5 C2 —S—S—C2 H5 NH3 H5 C2 —NH2 H5 C2 —NH—C2 H5 (H5 C2 )3 N 3 λmax [nm] 122 130 167 183 189 235 228 250 194 210 193 213 εmax [l/mol · cm] intensiv intensiv 1500 200 2000 180 620 380 5700 800 3000 6000 Tabelle 1.1: UV-Absorption einfacher chromophorer Gruppen (nach [2, 4, 5]). n → π∗ Übergänge (λmax , εmax ) zeigen eine relativ starke Lösungsmittelabhängigkeit. —Hal @ C C @ —C≡C— @ @ @ C n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ n→ σ∗ H3 C—CCl H3 C—Br H3 C—I CHI3 173 204 258 349 200 260 380 2170 π → π∗ π → π∗ H2 C=CH2 H5 C2 —CH=CH—C2 H5 165 185 16000 7940 π → π∗ π → π∗ n→ π∗ HC≡HC H—C≡C—C2 H5 H3 C—CH=O O 173 172 293 6000 2500 12 O C S C N— —N—N— —N=O —NO2 —O—N=O C=C—C=C C=C—C=O Benzene Naphtalene Anthracene π → π∗ H3 C C O CH3 187 950 n→ π∗ H3 C C S CH3 273 14 n→ π∗ H3 C C CH3 460 schwach π → π∗ n→ π∗ H3 C—CH=N—OH H3 C—CH=N—OH 190 279 8000 15 n→ π∗ n→ π∗ n→ π∗ π → π∗ n→ π∗ π → π∗ n→ π∗ π → π∗ n→ π∗ π → π∗ π → π∗ π → π∗ π → π∗ H3 C—N—N—CH3 (H3 C)3 C—NO (H3 C)3 C—NO H3 C—NO2 347 3000 665 210 278 219 357 220 350 220 260 310 380 15 100 20 10000 10 1120 56 20000 30 20000 200 200 10000 σ → σ∗ -Übergänge werden insbesondere bei gesättigten Kohlenwasserstoffen gefunden, wobei die Übergangsenergien vorwiegend im Vakuum-UV-Gebiet liegen (unter ≈ 190 nm). Diese Übergänge können nur mit speziellen Spektralphotometern (evakuierter Strahlengang) beobachtet werden. Die ε-Werte liegen in den gleichen Größenordnungen wie die der π → π∗ Übergänge (Tab. 1.1, Tab. 1.5). 4 Tabelle 1.2: Absorptionspeaklagen einiger Polyine und Polyene (nach [2, 6]): Hauptmaxima von konjugierten Polyinen Me(C ≡ C)n Me n λmax [nm] 2 3 4 207 234 5 260,5 6 284 εmax λmax [l/mol · cm] [nm] εmax [l/mol · cm] 135000 281000 250 306 354 160 120 105 352000 445000 394 - 120 - Tabelle 1.3: Absorptionspeaklagen einiger Polyine und Polyene (nach [2, 6]): Langwelligste Absorption in konjugierten all-trans-Polyenen R − (CH = CH)n − R R = CH3 1 R = C6 H5 2 λmax εmax λmax εmax n [nm] [l/mol · cm] [nm] [l/mol · cm] 1 2 174 227 24000 24000 306 334 24000 48000 3 275 30200 358 75000 4 310 76500 384 86000 5 342 122000 403 94000 6 380 146000 420 113000 1 aufgenommen in Petrolether bzw. Ether 2 aufgenommen in Benzol 5 Tabelle 1.4: UV-Absorptionen mono-substituierter Benzole C6 H5 − R (nach [2]). Bei den meisten Übergängen handeltes sich um π → π∗ - Übergänge. Substituenten langwelliger, intensiver langwelliger (verbotener) Solvens R Übergang Übergang λmax εmax −1 [nm] ε[l · mol cm−1 ] λmax εmax −1 [nm] ε[l · mol cm−1 ] −H 204 198 207 200 254 255 260 259 −CH3 −C2 H5 −CH(CH3)2 −F −Cl 7400 8000 9300 31600 204 Wasser 230 Cyclohexan 300 Ethanol 158 Ethanol 210 251 259 7400 264 250 1290 190 Hexan Ethanol Wasser −Br −J −OH −O− 210 207 211 235 7900 7000 6200 9400 261 257 270 287 192 700 1450 2600 Wasser Wasser Wasser Wasser −OCH3 −OC6 H5 217 255 6400 269 11000 272 278 1480 2000 1800 Wasser Wasser −NH2 −NH3+ −N(CH3 )2 −NO2 230 203 251 8600 280 7500 254 12900 293 269 1430 160 1590 7800 Wasser Wasser Alkohol Wasser −CH = CH2 −C ≡ CH −C ≡ N −CH = O 244 236 224 242 12000 12500 13000 14000 282 278 271 280 450 650 1000 1400 Ethanol Hexan Wasser Hexan −CO −CH3 243 330 13000 278 319 60 1100 50 Ethanol −COOH −COO− −SO3 H 230 224 213 11600 273 8700 268 7800 263 970 560 290 Wasser Wasser Ethanol 6 Tabelle 1.5: Absorption gesättigter Verbindungen (nach [4]). Verbindung λmax [nm] εmax [l · mol−1cm−1 ] Übergang CH4 CH3 −CH3 H2 O CH3 OH 125 135 167 183 7000 500 σ → σ∗ σ → σ∗ n → σ∗ n → σ∗ CH3 − O −CH3 CH3 NH2 CH3Cl CH3 185 213 173 258 - n → σ∗ n → σ∗ n → σ∗ n → σ∗ CH3 (CH2)5 SH 224 126 n → σ∗ σ → π∗ -Übergänge. Diese relativ schwachen hochenergetischen Übergänge liegen meistens unter den sehr starken π → π∗ -und σ → σ∗ -Übergängen verborgen. In Abb. 1.2 sind die Energiebereiche der oben diskutierten Elektronenübergänge in übersichtlicher Form zusammengestellt. Die Beschreibung der elektronischen Molekülzustände durch σ - ,π- und n–Zustände hat den Charakter einer Abschirmfeldnäherung. Jedes Elektron bewegt“ sich im Molekül unabhängig ” von den anderen (Einelektronennäherung). Es sind z.B. die expliziten Wechselwirkungen der Elektronen untereinander, die Spins der Elektronen sowie die Wechselwirkungen mit den Molekülschwingungen vernachlässigt. 1.1.2 Übergangsmetallkomplexe Elektronische Übergänge in Übergangsmetallkomplexen führen sehr oft zu charakteristischen Farben. Cr3+ -Zentren bewirken z.B. die rote Farbe des Rubin oder die grüne des Smaragd. Die entsprechenden Absorptionsbanden lassen sich im wesentlichen durch Übergänge zwischen den durch das elektrische Feld der Liganden aufgespalteten d–Zuständen erklären. Die theoretische Beschreibung erfolgt im Rahmen der Ligandenfeldtheorie [1, 7]. In vielen Übergangsmetallkomplexen findet man eine oktaedrische (Oh –Symmetrie) oder eine nahezu oktaedrische Koordination der Liganden um das Zentralion. Die d–Elektronenzustände, die im freien Ion fünffach entartet sind, spalten in der Oh –Symmetrie in einen dreifach und einen zweifach entarteten Zustand auf (s. Abb. 1.3) . Die Größe der Aufspaltung wird mit ∆ ≡ 10 Dq bezeichnet. Der Wert des Feldstärkeparameters Dq läßt sich experimentell bestimmen. Er hängt unter anderem stark von der Art der Liganden ab. Diese lassen sich nach wachsender Ligandenfeldstärke in der spektrochemischen Reihe ordnen (Tab. 1.6, Tab. 1.7). Es zeigt sich, daß die Einelektronen-Näherung, die zu dem in Abb. 1.3 dargestellten Ener- 7 Abbildung 1.2: Absorptionsbereiche der verschiedenen Elektronenübergangstypen (nach [4].) Tabelle 1.6: Spektrochemische Serie: Ordnung der Liganden nach steigender Ligandenfeldstärke ( Dq –Parameter). Je weiter rechts ein Ligand steht, desto stärker ist sein Ligandenfeld. Am Zentralion koordinierende Atome sind unterstrichen. I − < Br− < Cl − ≈ SCN − ≈ N3− < (C2 H5 O)2 PS2− < F − < (C2 H5 )2 NCS2− < − − < (NH2 )2CO < OH − < (COO)2− 2 ≈ H2 O < NCS < NH2CH2COO < < NCSHg+ ≈ NH3 ≈ C5 H5 N < NH2 ·CH2 ·CH2 · NH2 ≈ SO2− 3 < NH2 OH < − − − − < NO2 < H ≈ CH3 < CN 8 Abbildung 1.3: Aufspaltung der d–Elektronenzustände in einem oktaedrischen Feld. Den Zuständen des Komplexes werden die gruppentheoretischen Symbole eg bzw. t2g zugeordnet. Tabelle 1.7: Dq –Werte für einige Cr3+ -Komplexe [8], DMSO = OS(CH3)2 ; urea = − (NH2 )2CO; ox = (COO)2− 2 ; acac = (CH3 ·CO ·CH ·CH3 ) ; en = NH2 −CH2 − CH2 − NH2 Oktaedrische Komplexe Dq –Werte[cm−1 ] [CrCl6]3− [CrF6 ]3− [Cr(DMSO)6]3+ 1380 1490 1580 [Cr(urea)6]3+ [Cr(NO3 )6 ]3− [Cr(ox)3]3− 1620 1700 1740 [Cr(H2O)6 ]3+ [Cr(NCS)6]3− [Cr(acac)3]0 [Cr(NH3)6 ]3+ 1740 1770 1790 2160 [Cr(en)3]3+ [Cr(CN)6]3− 2190 2660 9 gieniveaudiagramm führt, im allgemeinen zu grob für eine quantitative Beschreibung der experimentellen Spektren ist. Die Ursache hierfür liegt insbesondere darin, daß dabei die Wechselwirkung der Elektronen untereinander nicht vollständig berücksichtigt ist. Aus quantenmechanischen Rechnungen unter Einschluß der Elektronenwechselwirkung erhält man das Orgeldiagramm für oktaedrische Chromkomplexe (s. Abb. 1.4) ([1, 7]). Abbildung 1.4: Berechnetes Energieniveauschema für oktaedrische Cr3+ -Komplexe (Orgeldiagramm) Aus dem Diagramm Abb. 1.4 kann man für Komplexe mit verschiedenen Liganden, sofern deren Dq –Werte bekannt sind, die Termenergien ablesen. Der Grundzustand liegt in der Abszisse. Als Beispiel ist die Konstruktion des Energieniveauschemas für [Cr(CN)6 ]3− dargestellt. Nach Tab. 1.7 gilt für diesen Komplex Dq = 2660 cm−1 . Die Schnittpunkte zwischen der Termkurvenschar und der vertikalen Linie durch den Abszissenwert Dq = 2660 cm−1 entsprechen den Termenergien des Komplexes [Cr(CN)6]3− . Nach quantenmechanischen Rechnungen hat der energetische Abstand zwischen dem Grundzustand 4 A2g und dem angeregten Zustand 4 T2g in oktaedrischen Cr3+ -Komplexen immer den Wert 10 Dq . 4 A2g ↔4 T2g , ist der niedrigste spin-erlaubte Übergang. Elektronische Übergänge zwischen den aus den d-Zuständen resultierenden Termen sind relativ schwach. Die ε-Werte liegen für Übergänge zwischen Termen mit gleichem Spin (spinerlaubte Übergänge z.B. Quartett-Quartett-Übergänge) in der Größenordnung von 100 l·mol−1cm−1 und für Übergänge zwischen Termen mit verschiedenem Spin (spin-verbotene Übergänge oder 10 Interkombinationsübergänge, z.B. Quartett–Dublett–Übergänge) 10 l · mol−1cm−1 unter (bei Cr3+ -Komplexen). 1.1.3 Auswahlregeln und Übergangsintensitäten für optische Übergänge Die Aussage, ein Übergang sei verboten“, bezieht sich meistens auf eine bestimmte Näherung. ” In der Natur führen jedoch verschiedene Einflüsse (wie Symmetrieerniedrigung, Spin-BahnKopplung, Beimischung anderer Elektronenzustände usw.) sehr oft dazu, daß die ”verbotenen” Übergänge dennoch beobachtet werden können, allerdings häufig nur mit sehr kleiner Intensität. Je mehr dieser ”Verbote” bestehen, desto kleiner ist der ε-Wert. Wichtige Regeln sind: Laporte-Verbot Besitzt das System ein Symmetriezentrum (Inversionszentrum), so bezeichnet man einen Elektronen-Zustand als gerade (g), wenn seine Wellenfunktion bei Spiegelung am Inversionszentrum ihr Vorzeichen nicht ändert (gerade Parität). Anderenfalls spricht man von einem ungeraden (u) Zustand (mit ungerader Parität). Nach Laporte sind Elektronen-Übergänge zwischen Zuständen gleicher Parität verboten. Beispiel: Atomare p-Funktionen haben u-Parität, d-Funktionen haben g-Parität. Nach Laporte sind p ↔ p-Übergänge und d ↔ d-Übergänge paritätsverboten; p ↔ d-Übergänge sind paritätserlaubt. Spin-Verbot Elektronen-Übergänge zwischen Zuständen mit verschiedenem Spin sind verboten (Interkombinationsverbot). Überlappungs-Regel Elektronenübergänge zwischen lokalisierten n-Zuständen (n- Elektronen sind im allgemeinen als Elektronenpaare an den Heteroatomen lokalisiert) und delokalisierten π∗ -Zuständen sind verboten [4]. Um den Begriff des Verbots“ eines Elektronenüberganges mit der relativ einfach meßbaren ” Größe ε in Beziehung zu setzen, ist in Abb. 1.5 ein hypothetisches Spektrum dargestellt. Es ist zu erkennen, daß sich die molaren dekadischen Extinktionskoeffizienten (für verschiedene Übergänge) über viele Zehnerpotenzen erstrecken können. 11 Abbildung 1.5: Hypothetisches Spektrum einer Substanz mit verschiedenen, unterschiedlich stark erlaubten Übergängen. Die logarithmische Ordinatenskala für den molaren dekadischen Extinktionskoeffizienten ε wurde gewählt, um das Spektrum in einem Bild darstellen zu können. 12 1.2 Aufbau des Spektralphotometers Ein Schema des optischen Aufbaus des Spektralphotometers (UV 200 bzw. 210 von Shimadzu) zeigt die Abb. 1.6. Mit dem Umklappspiegel M1 kann das Licht der Wolfram-FadenLampe W (Spektralbereich: ca. 350 nm - 850 nm) oder das der Deuterium-Lampe D2 (Spektralbereich: ca. 200 nm–350 nm) gewählt werden. Die Filter F1 bis F5 , dienen zur Blockierung höherer Ordnungen (Gittermonochromator!) und zur Streulichtverminderung. Der Wechsel der Filter erfolgt automatisch durch mechanische Kopplung mit dem Wellenlängenvorschub, und zwar passend zum jeweiligen Spektralbereich. Das Licht gelangt durch den Eintrittsspalt S1 in den Monochromator, wird mit den Spiegeln M2 und M3 auf das Gitter G geführt und dort spektral zerlegt reflektiert. Abbildung 1.6: Schematischer Aufbau eines Zweistrahl-Spektralphotometers zur Messung der Absorption im UV- bzw. im sichtbaren Spektralgebiet. Über die Spiegel M4 und M5 verläßt je nach Gittereinstellung das gewünschte monochromatische Licht den Monochromator durch den Austrittsspalt S2 . Anschließend wird mit Hilfe der Spiegelanordnung M6 , M8 und M10 und der sich drehenden Spiegelsektorscheibe M7 der Lichtstrahl so zerlegt, daß er abwechselnd entweder über den Spiegel M8 auf die Referenzküvette oder über den Spiegel M10 auf die Probenküvette geführt wird. Hinter den Küvetten wird das Licht durch eine entsprechende Spiegelanordnung (M9 , M12 , M13 und M11 ) wieder so zusammengeführt, daß immer abwechselnd Licht entweder aus dem Referenzstrahlengang oder aus dem Probenstrahlengang den Detektor (Photomultiplier Pm ) trifft. Die beiden rotierenden Spiegelsektorscheiben M7 und M12 müssen mit hoher Präzision mit genau der gleichen Umdrehungszahl und genau korreliert miteinander laufen. Bei der elektronischen Verarbeitung der vom Multiplier gelieferten Ströme werden die beiden Signale aus dem Proben- bzw. Referenzstrahlengang getrennt verstärkt. Je nach Einstellung des Gerätes wird dann auf elektronischem Wege das Verhältnis der beiden Signale (Transmission) oder der negative dekadische Logarithmus dieses Verhältnisses (Extinktion) gebildet und anschließend auf dem Schreiber ausgegeben. 13 1.3 Lösungsmittel Nimmt man Absorptionsspektren von Substanzen im gelösten Zustand auf, ist vom Lösungsmittel zu fordern, daß es im zu untersuchenden Spektralgebiet nicht absorbiert. Die Kenntnis der Absorption von Lösungsmitteln ist also eine Voraussetzung zur erfolgreichen Registrierung von Spektren. Von einigen gebräuchlichen Lösungsmitteln ist in der folgenden Tabelle die Durchlässigkeitsgrenze im UV angegeben; das ist die Wellenlänge, bis zu der das Lösungsmittel (vom Sichtbaren aus) eingesetzt werden kann. Die angegebenen Grenzen gelten für Lösungsmittel, die für die UV-Spektroskopie speziell gereinigt sind (siehe z.B. Tab. 1.5). Tabelle 1.8: UV-Durchlässigkeitsgrenzen für verschiedene Lösungsmittel Petrolether Tetrachlorkohlenstoff 257 nm Ligroin n-Hexan n-Heptan Schwefelkohlenstoff Methanol Äthanol 340 nm Diäthylether Tetrahydrofuran 200 nm 274 nm 195nm n-Octan Cyclohexan 200 nm Decalin 210 nm Dioxan 240 nm Benzol 270 nm Wasser 185 nm Methylenchlorid 240 nm Chloroform 1.4 Experimentelle Hinweise 1. Das Spektralphotometer muß zu Beginn einer Meßreihe entsprechend der ausliegenden Kalibriervorschrift justiert werden. 2. Die Schreiberanzeige muß entsprechend der Anzeige des Spektralphotometers (z.B. Extinktionswerte) bei maximaler Transmission (keine Probe) und minimaler Transmission (mit dem Shutterblock unterbrochener Strahlengang) kalibriert werden. 3. Beim Verlassen des sichtbaren Spektralbereichs in Richtung zum UV-Bereich muß bei ca. 350 nm von der Wolframfadenlampe auf die D2 -Lampe umgestellt werden. Dazu müssen der Schreiber und das Spektralphotometer angehalten werden. 4. Die Referenzküvette wird immer mit dem Lösungsmittel gefüllt, in dem die zu vermessende Substanz gelöst wurde. 5. Die nicht mehr benötigten Lösungen werden in die dafür vorgesehenen Abfallkanister geschüttet. 14 6. Eine einwandfreie Absorptionsmessung ist nur möglich, wenn auf peinliche Sauberkeit der Küvetten geachtet wird. Die Küvetten dürfen nicht an den optischen Flächen berührt werden! Die Reinigung der Küvetten erfolgt mit destilliertem Wasser und anschließend mit Aceton. Gegebenenfalls können auch die jeweiligen Lösungsmittel verwendet werden. 1 cm– und 2 cm–Küvetten werden in der Zentrifuge getrocknet. Ausnahme: Die 1mm-Küvetten dürfen nicht in der Zentrifuge getrocknet werden! Bruchgefahr! Verwenden Sie zum Trocknen den Fön. Zerbrochene Küvetten müssen vom dafür verantwortlichen Studenten ersetzt werden. 7. Protokollführung Die gesamte Protokollführung erfolgt auf dem Schreiberpapier. Es müssen neben den vermessenen Substanzen, Lösungsmitteln und Küvettendicken sämtliche veränderbaren Gerätefunktionen notiert werden. Die Spektren sind in der Reihenfolge der Aufnahme durchzunumerieren. 1.5 Aufgabenstellungen 1.5.1 Das Lambert-Beersche Gesetz lautet: T = I/I0 = 10−ε·c·d E = ε·c·d T = Transmission, E = Extinktion, ε = dekadischer molarer Extinktionskoeffizient [l·mol−1 cm−1 ] , c = Konzentration des absorbierenden Stoffes [mol/l], d = Dicke der absorbierenden Schicht [cm]. Überprüfen Sie die Gültigkeit dieses Gesetzes für zwei Systeme: K2 CrO4 -Lösung Variieren Sie 1. die Konzentration [mol/l] in den Schritten c1 = 4·10−4 , c2 = 2, 5·10−4 , c3 = 1·10−4 , c4 = 2, 5 · 10−5 bei konstanter Schichtdicke d = 1 cm, 2. die Schichtdicke in den Schritten d1 = 0, 1 cm, d2 = 1 cm, d3 = 2 cm bei konstanter Konzentration c = 2 · 10−4 mol/l. Tragen Sie die gemessenen Extinktionswerte E für das langwellige Extinktionsmaximum nach Gleichung E = ε · c · d als Funktion des Produktes (c · d) auf (2 Meßkurven, graphische Fehlerbetrachtung). Hinweis: Lösungsmittel 5 · 10−3 n NaOH 15 (NH4 )FeIII(SO4 )2 (A)/(NH4)SCN (B)-Lösung Vermessen Sie die Lösungen mit folgenden (NH4 )FeIII (SO4 )2 · 12H2 O-Konzentrationen: c = 10−2 , 5 · 10−3, 4 · 10−3, 3 · 10−3, 2 · 10−3 und 10−3 mol/l. Tragen Sie den Wert des langwelligen Extinktionsmaximums über der Konzentration auf. Hinweise: 1. Lösungsmittel 0, 2 n H2 SO4 2. Das Konzentrationsverhältnis (A:B) der Stammlösung beträgt 1:4. 3. Für die Konzentrationen c = 10−2 und 5 · 10−3 mol/l müssen 1 mm-Küvetten und für c = 10−3 mol/l eine 2 cm–Küvette verwendet werden. Für die übrigen Konzentrationen werden 1 cm–Küvetten verwendet. 1.5.2 Lösungsspektren organischer Moleküle Nehmen Sie die Absorptionsspektren von folgenden Substanzen auf (Konzentrationen in mol/l): Benzol (7 · 10−3 ), Benzaldehyd (5 · 10−2 und 1 · 10−4 ), p-Xylol (2 · 10−3 ), 1,4-Diphenyl-1,3Butadien (2 · 10−5) , Aceton (1 · 10−1). Hinweis: 1. Küvettendicke 1 cm 2. Lösungsmittel: Hexan 3. Die Spektren sind bis 200 nm(=50 b 000 cm−1) aufzunehmen. 1.5.3 Lösungsspektrum eines Cr3+ -Komplexes Nehmen Sie das Absorptionsspektrum eines oktaedrischen Cr3+ -Komplexes auf. (Die Konzentration ist auf dem Meßkolben angegeben.) 1.6 Auswertung Die Auswertung soll nach dem ausgeteilten Auswertungsschema erfolgen. 1. Diskutieren Sie, ob das Lambert-Beersche Gesetz für beide Lösungen (gem. 1.5.1) gilt. Falls das nicht der Fall ist, geben Sie eine Begründung an. Anderenfalls bestimmen Sie jeweils aus der Steigung der Meßkurve den ε-Wert des entsprechenden Überganges. Geben Sie Ihr Ergebnis mit Meßfehler an. 2. Bestimmen Sie für alle Absorptionsübergänge der organischen Substanzen die energetischen Lagen der Absorptionsübergänge und die ε-Werte der Maxima. Ordnen Sie die Absorptionsbanden dem Einelektronen-Obergangstyp (n → π∗ , π → π∗ , σ → σ∗ usw.) zu. 16 3. Um welches Ligandensystem handelt es sich bei dem vermessenen Cr3+ -Komplex? Beachten Sie dazu die Tabelle mit den Dq –Werten (Tab. 1.7). Klassifizieren Sie ferner alle auftretenden Übergänge gruppentheoretisch unter Verwendung des Orgeldiagramms (Abb. 1.4). Bestimmen Sie die zugehörigen ε–Werte. 17 Tabelle 1.9: Auswerteschema I — Spektren organischer Moleküle Substanz λmax [nm] exp. νmax [cm−1 ] exp. εmax [l/mol cm] exp. λ [nm] Lit. ε [l/mol · cm] Lit. Zuordnung der Übergänge zwischen den Einelektronen-MOs Begründungen / Bemerkungen 18 Tabelle 1.10: Auswerteschema II — Lösungsspektrum eines Cr3+ – Komplexes λmax [nm] νmax [cm−1 ] 19 Dq-Wert: Ligandsystem: εmax [l/mol cm] ∆ν1/2 εmax Zuordnung Begründung / Bemerkungen Literaturverzeichnis [1] G. Gliemann: Vorlesung Physikalische Chemie II“ (Kerne, Atome, Moleküle — Spek” troskopische Methoden), S. 145 ff. [2] M. Hesse, H. Meier, B. Zeeh: Spektroskopische Methoden in der organischen Che” mie“, G. Thieme Verlag, Stuttgart 1984. [3] R. Demuth, F. Kober: Grundlagen der Spektroskopie“, Diesterweg Salle, Verlag Sau” erländer 1977, S. 65 ff. [4] H. G. O. Becker: Einführung in die Photochemie“, G. Thieme Verlag, Stuttgart 1983, ” Kap. 1 und 2. [5] N. J. Turro: Modern Molecular Photochemistry“, The Benjamin/Cummings Publ. Co., ” Menlo Park, California 1978. [6] D. H. Williams, I. Fleming: Spektroskopische Methoden in der organischen Chemie“, ” G. Thieme Verlag, Stuttgart 1971. [7] H. L. 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