Schauder _ Heimkinderschicksale Kind als Symptomträger eines gestörten Familiensystems 1. Verhaltensstörungen 1. Störungen im Leistungsverhalten - soziales Fehlverhalten & Leistungsschwierigkeiten bedingen sich gegenseitig Leistungsstörungen Nichtleistungsbezogene Störungen Verhaltensstörungen als Symptomkomplex Leistungsdefizite & - bei fast allen Heimkindern festzustellen Teilleistungsstörungen Störungen d. Sozialverhaltens -Lügen, Stehlen, Zündeln, - Kinder weisen Auffälligkeiten Leistungsdefiziten mit Leistungsrückstand Weglaufen hinsichtlich des schulischen - meist alle Fächer -Verbale & motorische Leistungen, als auch in Bezug auf - Lese- & Rechtschreibschwäche Aggressionen sich selbst oder den Nichtleistungsbereich - Durchschnittliche bzw. oft überdurchschnittliche anderen gegenüber intellektuelle Fähigkeiten -Nicht Gruppenfähig lassen ein Handlungsbedarf ist spätestens normales Miteinander nicht zu dann gegeben, wenn das -Massive Kontakt- & betroffene Kind selbst und / oder Beziehungsstörungen seine unmittelbare soziale Umgebung unter den Verhaltensauffälligkeiten zu leiden beginnt. Leistungsverweigerung - Zusammenhang zwischen schulischen Rückständen & Emotionale Entwicklung -verschiedene Formen von Angst Leistungsverweigerung (Schul- & Prüfungsangst) - Schuleschwänzen weitere relevante, situativ - Permanentes Stören im Unterricht bedingte, objektbezogene Ängste - Totale Hausaufgabenverweigerung ( Angst von den Eltern verlassen - Verweigerung der Teilnahme am Unterricht zu werden, Angst von anderen - Geistige & körperliche Abwesenheit ausgelacht zu werden - Ausagieren von Problemen während des Unterrichtes -Selbstwertproblematik Klasse wird zur „Bühne“ massiver & destruktiver Art (mangelnde Ich- Stärke) kein Unterricht mehr möglich -Grundstimmung: Frustration, Hilf- & Perspektivlosigkeit Stimmungsschwankungen, emotional- affektive Labilität, depressive Verstimmung Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- & - starke Konzentrationsstörungen & Antriebsstörungen Aufmerksamkeitsprobleme Psychophysiologische Symptome -Magen- Darmbeschwerden -Essstörungen (Bulimia nervosa, - Ablenkung bei jeder Gelegenheit Anorexia nervosa, Adipositas) - massive Merk- & Gedächtnisschwierigkeiten - Einnässen, Einkoten auffällige Antriebsschwäche häufig im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch -Schlafstörungen Motorische Störungen -motorische Unruhe & Hyperaktivität -motorische Symptome: Daumenlutschen, Nägelkauen, Kopfschaukeln, diversen Formen von Tics Sexualentwicklung -sexuelle Praktiken werden extremer und altersunangemessener Weise thematisiert /ausgeführt Ursachen kindlicher Verhaltensstörungen I. Gestörte Familienverhältnisse 1. Partnerschaftskonflikte - massive ungelöste Probleme - Partnerschaft durch Ambivalenz (Hass- Liebe) geprägt - elterliche Kommunikation vorwiegend konflikthaft bzw. gewalttätig „ Der Krieg der Eltern findet dabei auf dem Rücken der Kinder statt, welche zu „Spielbällen“ des elterlichen Ehekampfes werden. (S. 45) Folgen für Kinder: - tief greifende Verunsicherung, existentielle Ängste, hilflos ausgeliefert gegenüber der Situation aggressives, depressives Verhalten & erhebliche Beeinträchtigung in Entwicklungsbereichen 2. Elterliche Verhaltensmuster - werden im Sinne des Modell- Lernens übernommen lerntheoretischer Erklärungsansatz - gestörtes Sozialverhalten (aggressives Verhalten, Lügen) Störungen der emotionalen Entwicklung (Angst- & Selbstwertprobleme) 3. Erziehungsverhalten - aufgrund der elterlichen Meinungsverschiedenheiten nicht einheitliches Erziehungsverhalten - Eltern versuchen das Kind für sich einzunehmen und gegen den Partner auszuspielen - Verhalten d. Eltern wird oft als willkürlich wahrgenommen - permanente Spannungen zwischen den Eltern Herabsetzen der Frustrationstoleranz, inkonsequente Erziehung 4. Trennung oder Scheidung - Folge: juristische Festlegung einer Sorge- & Besuchsregelung beide Elternteile kämpfen mit allen Mitteln um ihr Kind - keine kindgerechte, objektive Aufklärung oder Aufarbeitung familiärer Probleme - Tabuisierung relevanter Probleme 5. Bedrohung - permanente Konflikte stellen für Kinder existenzielle Bedrohung dar - Kinder fühlen sich für die Trennung schuldig - Verzicht auf ein Elternteil - nicht präsenter Elternteil wird negativiert 6. Partnerersatz - gleichberechtigter Partnerersatz - Konfrontation mit emotionalen Ansprüchen, die das Kind nicht erfüllen kann 7. Loyalitätskonflikte - Liebe zum anderen Elternteil darf nicht offen eingestanden werden II. psychische Störungen der Eltern 1. Ängste & Depressionen - Vorliegen neurotischer Fehlentwicklungen bei den Eltern (Ängste) wirken sich massiv auf das innerfamiliäre Beziehungen aus - Übernahme elterlichen Problemverhaltens (unsicher, ängstlich, depressiv) 2. Psychosomatische Erkrankungen - Schlaf- & Essstörungen Beeinträchtigung der familiären Interaktion 3. Persönlichkeitsstörungen - insbesondere: Borderlinestörungen (primär missbrauchte & misshandelte Mütter) Kinder leiden unter emotionalen & affektiven Instabilität - dissoziale oder psychopathische Persönlichkeitsstörungen 4. Psychotische Erkrankungen III. Suchtprobleme der Eltern - Verstärkung von psychischen Störungen oder Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen - Realität wird von den Eltern oft verkannt & nach außen geleugnet - Entwicklung von Lebenskonzepten, in denen sie ihr Denken, Fühlen & Handeln in krankhafter Weise orientieren Konflikt für Kinder unlösbare Loyalitätskonflikte (innerfamiliäre & außerfamiliäre Normen & Regeln geraten in Konflikt) enormer psychischer Druck - Arbeitslosigkeit verstärkt den Kreislauf von Schuld-, Minderwertigkeits- & Versagensgefühlen, sozialer Isolation & sozialem Abstieg IV. sexueller Missbrauch „Von sexuellem Missbrauch Minderjähriger muss grundsätzlich gesprochen werden, wenn Erwachsene an bzw. mit Kindern Handlungen durchführen, die mit dem Ziel der eigenen sexuellen Erregung bzw. Befriedigung begangen werden.“ (S. 52) - man kann davon ausgehen, dass beinahe jedes Mädchen, das aufgrund seiner Verhaltensauffälligkeiten in einer pädagogischpsychologischen Einrichtung stationär behandelt wird, zuvor sexuell missbraucht wurde - Opfer tendieren dazu die Realität zu leugnen und der eigenen Wahrnehmung zu misstrauen V. Misshandlungen - körperliche Züchtigung (Schlagen, Ausdrücken von Zigaretten) - psychische Gewalt: Liebesentzug, Bestrafung durch Nichtbeachtung über längere Zeiträume 1. Hoffnung der Kinder 2. Überforderung der Eltern VI. Interaktion diverser Verursachungsfaktoren Ames & Bürger: Ursachen der unterschiedlichen Inanspruchnahme von Heimerziehung Bedarfsbeeinflussende Faktoren 1. Sozialstrukturelle Verhältnisse & Entwicklungen, die die Lebenslagen junger Menschen & ihrer Familien entscheidend beeinflussen - Untersuchungen belegen, dass die Wahrscheinlichkeit, Adressat von Heimerziehung zu werden, in hohem Maße mit der Zugehörigkeit zu sozial benachteiligten Schichten korreliert. - überproportionaler Anteil verfügt über niedrige Bildung - viele arbeiten in unteren beruflichen Positionen oder keine bezahlte Arbeit - überwiegend untere Einkommensklassen oder Sozialhilfeempfänger - allein erziehende Frauen weit aus häufiger vertreten Sozialstrukturindikatoren - Arbeitslosenquote: - materielle Auswirkungen von Arbeitslosigkeit variieren mit deren Dauer & mit materieller Anfangslage - psychische & soziale Auswirkungen v. Arbeitslosigkeit abh. von psycho- sozialen Funktion d. Arbeit (S. 375) - schwerwiegende soziale Einschränkungen & psychische Belastung - Auswirkungen auf Familienleben: familiären Stress Streit ums Geld, Frustration: Verzicht auf gesellschaftliche Güter & Annehmlichkeiten, Aggressionen, Depressionen - Erschütterung innerfamiliärer Rollen- & Statusgefüge - Quote der Einelternfamilie: - gesellschaftsstrukturelle erzeugte und fortbestehender Widerspruch zwischen Anforderungen der Familienarbeit & Anforderungen des Arbeitsmarktes - Konsequenz: schlechte Stellung im Konkurrenzkampf am Arbeitsplatz Arbeitslosigkeit Anhängigkeit von Sozialhilfe - Quoten der Empfänger von Hilfen zum Lebensunterhalt: -Arbeitslose & Alleinerziehende = Hauptempfängergruppe von Sozialhilfe - Die Wohnsituation von Familien & die räumliche Konzentration sozialer Deprivation - Einkommensarmut Beeinträchtigung bei der Sicherung von ausreichendem Wohnraum - räumliche Enge Beschränkung von Handlungs- & Ruhemöglichkeiten - Leben in randständigen Milieus schwächt auf Seiten der Erwachsenen die emotionalen & motivationalen Ressourcen zur Bewältigung familiärer Aufgaben & Beeinträchtigung von Entwicklungsmöglichkeiten für Kinder 2. Wahrnehmungs-, Definitions- & Entscheidungsprozesse in den Jugendämtern - Bedarf der Heimerziehung ergibt sich meistens nicht aus einer direkten Nachfrage - Heimunterbringung steht of in enger Beziehung zu sozialen Kontrollreaktionen auf Formen abweichenden Verhaltens „Wirksam wird der Bedarf, der im Jugendamt als solcher definiert wird.“ (S. 376) - Funktion d. Prozesse: Filter für d. Jugendhilfebedarf, Prozesse beeinflussen Quantität & Qualität d. verfügbaren Gesamtangebots - Wahrnehmungsprozesse: - Voraussetzung: Kinder müssen ins Blickfeld d. Jugendamtes geraten - „Heimerziehung ist stets eine Reaktion auf Lebenssituationen und Verhaltensweisen von jungen Menschen, die häufig vor allem aus der Sicht von Vertretern öffentlicher Institutionen (Jugendamt, Schule, Polizei o.ä.)und keineswegs immer in Übereinstimmung mit der Sicht der Betroffenen- als beeinträchtigend, gefährdend und unterstützungsbedürftig definiert werden.“ (S. 376) - Handlungsleitende Orientierungen & Entscheidungsstrukturen: - meistens formulieren Adressaten Bedarf nicht klar Jugendamt trägt Entscheidung über Gewährung von Hilfen zur Erziehung - Sozialarbeit verfügt über große Chance „seine Sicht der Dinge“ durchzusetzen Definition von Bedarf zu HzE nach §34 - Organisation von Entscheidungsprozessen innerhalb der Verwaltung - Gestärkte Subjektstellung & Einstellungsänderungen der Adressaten: - Sozial- & finanzpolitische Implikationen: - Definitionsprozesse vollziehen sich im Kontext kommunalpolitischer Entscheidungen über Rahmensetzungen (Höhe d. Haushaltsansätze) - Verteilung vorhandener finanzieller Ressourcen - 3. Vielfalt, Quantität & Qualität des verfügbaren Angebotsspektrums der Jugendhilfe