2. Auftrag / Zielgruppe

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Betriebskonzept Bergschule Avrona
1. Organisation
Allgemeine Beschreibung
Die Bergschule Avrona ist ein in privater Trägerschaft geführtes Sonderschulheim. Sie wurde 1955 als Rudolf Steiner
Schule gegründet und ist heute vom Kanton Graubünden als regionales Kompetenzzentrum für Massnahmen der
Sonderschulung anerkannt und richtet sich nach den Bestimmungen des kantonalen Behindertengesetzes. Die
Mitarbeitenden orientieren sich in der schulischen und erzieherischen Begleitung an der Pädagogik und Heilpädagogik
Rudolf Steiners. Ziel dieser Auseinandersetzung ist es, die berufliche Arbeit durch zusätzliche Fragestellungen und
Gesichtspunkte zu erweitern und zu vertiefen. Die Bergschule ist konfessionell neutral.
In die Bergschule werden Kinder und Jugendliche beiderlei Geschlechts aufgenommen die sich in kritischen
Situationen ihrer Entwicklung befinden. Die Entwicklungsschwierigkeiten äussern sich meistens in schulischen
Lernblockaden (Lern- und/oder Verhaltensschwierigkeiten), tangieren darüber hinaus aber oft auch das familiäre oder
soziale Umfeld.
Lage
Die Bergschule befindet sich auf 1500 m im Weiler Avrona der Gemeinde Tarasp im Unterengadin. Ihre geografische
Lage in einer Waldlichtung am Rande des Nationalparkgebiets bietet den Kindern und Jugendlichen verschiedene
Lern-, Erfahrungs- und Arbeitsfelder in und mit der Natur. Diese vielfältigen lebenspraktischen und naturnahen
Erfahrungsmöglichkeiten ergänzen die schulischen und sozialen Lernfelder der Bergschule.
Trägerschaft
Rechtsträger der Institution ist die ‚Stiftung Bergschule Avrona’.
Betriebsführung
Die Bergschule wird als gegliederte Organisation durch eine Heimleitung geführt. Es wird Wert gelegt auf
prozessorientierte Führung, partizipative Zusammenarbeitsformen und flache Hierarchiestrukturen.
2. Auftrag / Zielgruppe
Zielsetzung und Zielgruppe
Das schulische und erzieherische Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche beiderlei Geschlechts die im
Rahmen der Volksschule nicht weiter angemessen gefördert werden können und die einen stationären pädagogischtherapeutischen Rahmen benötigen, bzw. deren soziale Umstände vorübergehend eine Platzierung in einer
stationären Einrichtung erforderlich machen. Besondere Kriterien sind Verhaltensauffälligkeiten, die sich in Lernund/oder Motivationsschwierigkeiten äussern, oft begleitet von irritiertem Realitätsbezug und einem divergierenden,
nicht dem Alter entsprechenden Entwicklungsstand. Die Bergschule bietet diesen Kindern und Jugendlichen für
kürzere oder längere Zeit ein Zuhause mit familienähnlichen Wohnstrukturen und einer gezielten schulischheilpädagogischen und sozialpädagogischen Förderung.
Durch den Aufenthalt in der Bergschule sollen die Kinder/Jugendlichen Gelegenheit erhalten eigene Schul- und/oder
Sozialisationsfähigkeiten verbessern zu können um die Reintegration in die Herkunftsumgebung, bzw. die Aufnahme
in eine geeignete berufliche Anschlusssituation zu erreichen.
Aufnahme finden Kinder und Jugendliche aus der deutschsprachigen Schweiz, hauptsächliches Einzugsgebiet ist der
Kanton Graubünden. Umgangssprache ist Deutsch.
Aufnahmeverfahren
Aufnahmen erfolgen nach intensiver Vorabklärung und nur bei begründeter Heimplatzierung; sie sind an folgende
Bedingungen geknüpft:
Aufnahmealter ab 11 Jahren bis 1 Jahr vor Erfüllung der obligatorischen Schulpflicht
Schulische Bildungsfähigkeit mit definiertem, sonderpädagogischem Förderbedarf
Fähigkeit und Bereitschaft zum Zusammenleben in einer Gemeinschaft
Vorliegen der Abklärung (Bericht mit Antrag) der Zuweisungsstelle (SpD, KJPD). Ohne Vorliegen dieser
gesicherten Rechtsgrundlage der Zuweisungsstelle, die gleichzeitig die Gewährleistung der Finanzierung durch
die einweisende Behörde (Kostengutsprache) sicherstellt, kann keine Aufnahme erfolgen.
Stehen freie Plätze zur Verfügung, können Aufnahmen jederzeit und kurzfristig erfolgen. Die ersten Wochen der
Aufenthaltszeit gelten als Schnupperzeit, die danach folgenden drei Monate als Probezeit.
Ausschlusskriterien
Schülerinnen und Schüler können nicht aufgenommen werden bei Suchtmittelabhängigkeit, akuter Selbst- oder
Fremdgefährdung, schweren psychischen Störungen, Delinquenz, Pflegebedürftigkeit oder mit körperlicher- oder
geistiger Behinderung.
Aufenthaltsdauer
Der Aufenthalt der Kinder/Jugendlichen in der Bergschule ist zeitlich begrenzt und wird deshalb als Übergangslösung
betrachtet. Sobald ein Übertritt / Austritt aus fachlicher Sicht erfolgversprechend scheint, wird die Reintegration unter
Nutzung aller professionellen Ressourcen in einem möglichst kurzen Zeitraum angestrebt. Jeder Austritt erfolgt nach
sorgfältiger Planung und Vorbereitung mit allen Beteiligten. Die einweisende Stelle wird laufend, sicher aber bei der
Standortbestimmung vor dem Austritt, in die Gespräche mit einbezogen.
3. Angebot
Platzzahl
In der Bergschule Avrona stehen insgesamt 24 betreute Plätze im Wohnheim zur Verfügung. Zusätzlich werden 4
Schulplätze für externe SchülerInnen angeboten.
Betriebszeiten
Die Betriebszeiten der Bergschule richten sich nach den Schul- und Ferienzeiten der öffentlichen Schulen der Region.
In der Regel ist jedes dritte Wochenende ein ‚Heimfahrwochenende’, welches die Kinder/Jugendlichen jeweils von
Freitagnachmittag bis Sonntagabend bei ihren Eltern verbringen. Die Kinder und Jugendlichen verbringen ihre
Schulferien wenn irgend möglich zu Hause. Bei besonderen familiären Situationen können die Mitarbeitenden bei der
Vermittlung von Ferienplätzen helfen (evtl. anfallende Kosten gehen zu Lasten der Eltern).
Bereiche:
Wohngruppen
Die Wohngruppen stellen den Ausprägungen der Jugendlichen ein differenziert angepasstes Betreuungsangebot zur
Verfügung und sind deshalb teilautonome Lebensgemeinschaften welche familienähnlich geführt werden. Sie bieten
den Bewohnern ein vorübergehendes Zuhause an und sind dennoch ganz individuell gestaltet, jede mit ganz eigenem
Charakter. Die Räumlichkeiten der Wohnbereiche ermöglichen den Kindern und Jugendlichen Geborgenheit und
Rückzugsmöglichkeit ebenso wie ein häusliches Zusammensein bei Spiel und Freizeit. Der Bergschule Avrona stehen
drei Wohngruppen zur Verfügung.
Da das gemeinsame Leben in einer Grossgruppe für viele verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche heute
ungewohnt und dadurch bei ihnen spannungsprovozierend wirken kann, verfügt die Bergschule Avrona über
Wohngruppen unterschiedlicher Grössen. Dadurch können die Mitarbeitenden der Bergschule differenziert auf
Einzelsituationen der betreuten Kinder eingehen und deren Integrationsprozess in eine familienähnliche Grossgruppe
nach individuellem Bedarf abgestuft führen. Die unterschiedlichen Gruppengrössen ermöglichen auch eine sorgfältige
Auftragserfüllung nach den Vorgaben des kantonalen Sonderschulkonzepts. Die Mitarbeitenden der Bergschule
können sich damit in der Betreuung der Kinder/Jugendlichen an deren tatsächlichem Bedarf orientieren um ihnen eine
adäquate Begleitung zu gewährleisten.
Darüber hinaus verfügt die Bergschule für akute Notsituationen, zum Deeskalieren angespannter Konstellationen und
für Kinder/Jugendliche mit schweren Verhaltensauffälligkeiten und erhöhtem pädagogischem Betreuungsbedarf über 4
Einzelzimmer die in Mitarbeiterwohnungen eingegliedert sind. Durch diese Einzelplatzierungen können sowohl
einzelne, einer Gruppendynamik nicht gewachsene Jugendliche geschützt, als auch sich brisant zuspitzende soziale
Situationen temporär aufgelöst oder Gruppenverhältnisse überstrapazierende Charaktere sozial aufgefangen und
sorgfältig integriert werden.
Das Team der SozialpädagogInnen jeder Wohngruppe besteht aus einer Gruppenleitung, SozialpädagogInnen mit und
solchen in Ausbildung, sowie einem Praktikanten/einer Praktikantin. Es ist verantwortlich für die Gestaltung des
gesamten Lebens auf der Wohngruppe (Tagesablauf, Freizeitgestaltung und Nachtbetreuung). Die
SozialpädagogInnen sind Vertrauenspersonen und PartnerInnen für den Austausch und das gemeinsame Erleben. Sie
versuchen, das Verhalten der Kinder/Jugendlichen zu spiegeln, mit ihnen gemeinsam neue Verhaltensmuster
aufzubauen und die Jugendlichen bei der Übernahme von Eigenverantwortung zu unterstützen.
Im kollektiven Heimalltag lernen und üben die Kinder/Jugendlichen Selbständigkeit, soziale Kompetenzen, Abläufe
praktischer Alltagsbewältigung sowie eine vielseitige und sinnvolle Freizeitgestaltung. Die gemeinsamen
Wochenenden werden zu Aktivitäten vielfältigster Art benutzt, bei deren Ausgestaltung sich die Kinder/Jugendlichen
aktiv einbringen und Mitverantwortung übernehmen können.
Schule
An der Bergschule Avrona werden die Schüler und Schülerinnen in 3 altersgemischten, schuljahres- und
niveauübergreifenden Lerngruppen unterrichtet, wobei die Gruppengrösse durchschnittlich 8 Kinder/Jugendliche
umfasst, aber variieren kann. Basis bildet der kantonale Lehrplan, wobei sich die Unterrichtsmethodik auf die
Erkenntnisse der Pädagogik Rudolf Steiners stützt und die individuellen Möglichkeiten der Kinder/Jugendlichen
berücksichtigt. Wir bieten Unterricht in den Niveaus Primar-, Real, Sekundarstufe sowie Kleinklasse an. Ziel ist es,
durch differenzierten und individuellen Unterricht wieder Lernmotivation aufzubauen, Lücken zu schliessen und
Anschlüsse an die Berufsbildung zu gewährleisten. Alle Kinder/Jugendlichen sollen durch Erfolgserlebnisse wieder
Freude am Lernen gewinnen können. Die Förderung der Sozial- und Fachkompetenz und die Unterstützung eigenen
Denkens und Handelns stehen deshalb im Vordergrund.
Der methodische Kern des Unterrichts ist auf sämtlichen Gebieten das Erfahrungslernen. Dabei spielen in allen
Fächern eine künstlerische Grundhaltung und der unmittelbare Lebensbezug eine zentrale Rolle. Einen Schwerpunkt
bilden dabei die künstlerischen und handwerklichen Fächer. Zusätzlich wird der schulische Unterricht durch die
Durchführung von Lehrausflügen, themenbezogenen Projektwochen, praktischen Arbeitseinsätzen, musischen und
sportlichen Unternehmungen, etc. erweitert.
Erlebnispädagogik
In der Erlebnispädagogik wird das Erlebnis zum erzieherischen Moment und die Pädagogen in der Situation zu
Begleitern. Ihre Aufgabe ist es dabei Situationen zu schaffen, zuzulassen, herbeizuführen, zu organisieren oder von
den Jugendlichen schaffen zu lassen, die nachhaltig wirkende Erlebnisse ermöglichen. Die wesentlichen
Grundelemente der Erlebnispädagogik aus sozialpädagogischer Sicht sind dabei:
Auseinandersetzung mit der Natur
Bezug zum eigenen Körper und zur eigenen Persönlichkeit
Förderung des Solidaritätsempfindens
Schaffen von Grenzsituationen
Verursachen von gruppendynamischen Prozessen
Durch das positive Erleben und Bewältigen abenteuerlicher Situationen wird für alle Beteiligten eine neue Situation
geschaffen: Das gemeinsame Erleben verschafft Möglichkeiten der direkten Beziehungsaufnahme seitens der
Pädagogen und das erfolgreiche Erleben und Bewältigen aussergewöhnlicher Ereignisse unterbricht beim
Kind/Jugendlichen die lange Kette negativer Erlebnisse. Freude, Selbstvertrauen und Stolz können wieder Platz
nehmen.
Im erlebnispädagogischen Handeln benützen die Mitarbeitenden der Bergschule vorwiegend Natursportarten als
Arbeitsinstrumente. Dies sind z.B. Trekking, Fahrrad-, Ski-, bzw. Snowboardtouren, Bergsteigen oder Schneebiwaks,
etc. Damit eine nachhaltig positive Wirkung erzielt werden kann, wird erlebnispädagogisches Handeln in der
Bergschule als Methode nicht einmalig, sondern linear und kontinuierlich angewandt und fortgesetzt.
Arbeit mit Tieren
Bei der Arbeit mit Tieren werden pädagogische und soziointegrative Einflussnahmen durch den Einsatz von Tieren auf
die Kinder oder Jugendlichen angegangen. Im Zentrum steht dabei die individuelle Förderung und der Aufbau einer
emotionalen Beziehung. Tiere können durch ihre wesenseigenen Qualitäten Menschen in therapeutischen Prozessen
vielfältig unterstützen und darin eine Rolle sozialer Katalysatoren übernehmen indem sie emotionale Werte durch
Kontaktaufnahme ermöglichen. Zudem wird bei der Tierpflege eine sinnvolle befriedigende Arbeit in einem
strukturierten Umfeld und im Rhythmus einer täglichen Notwendigkeit ausgeübt. Durch das Füttern und Pflegen der
Tiere, dem Reinigen der Ställe und Gehege etc. können die Kinder und Jugendlichen lernen, Aufgaben und
Verantwortungen zu übernehmen.
Der Umgang mit Tieren kann das Verhalten von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsschwierigkeiten z.T.
erheblich beeinflussen. Sie erfahren dabei in verschiedenen Bereichen positive Auswirkungen (emotional, sozial,
kognitiv und körperlich), insbesondere beim subjektiven Erleben oder dem Sozialverhalten. Ziele der Arbeit sind damit
u.a. das Vermitteln von Geduld, Ausdauer, Verantwortung, Rücksichtnahme auf Tiere und Pflanzen, Erfahrungen im
Umgang mit Nähe und Distanz, mit dem eigenen Körper und mit eigenen Emotionen und Wahrnehmungen. Die
Kinder/Jugendlichen sollen Selbständigkeit und Selbstverantwortung entwickeln und diese Fähigkeiten in andere
Lebensbereiche transferieren können.
Den Mitarbeitenden der Bergschule stehen dazu ein Stall (für Pferde, Esel oder Ziegen) mit Lagerraum für
Trockenfutter, Freigehege und Gehege für Kleintiere zur Verfügung. Der Tierbestand richtet sich nach der
Betriebsgrösse, der zur Verfügung stehenden Nutzflächen und den personellen Kapazitäten. Welche Tierarten
gehalten werden, ist jeweils gemäss ihrer Eignung zum pädagogischen Einsatz zu begründen.
Arbeitstraining und Berufsvorbereitung
Um zu klaren Berufsvorstellungen und damit verbunden wieder zu vermehrter Lernmotivation zu gelangen, ist das
Arbeitstraining ein wesentlicher Bestandteil der von der Bergschule angebotenen Berufsvorbereitung. Dabei besteht
für die Jugendlichen das Angebot, während zwei Wochen pro Semester unter der Begleitung eines Arbeitsagogen in
verschiedene realitätsnahe Arbeitsbereiche eingeführt zu werden. Neben dem Üben von Grundfertigkeiten steht vor
allem die Arbeitshaltung im Zentrum. Pünktlichkeit, Ausdauer, Ordnungssinn, Arbeitsqualität, Motivation und fachliches
Geschick werden deshalb gemeinsam reflektiert und ausgewertet. Hinzu kommen Arbeitsnachmittage und direkte
Einblicke in die Arbeitswelt durch Schnuppern oder Praktika in Betrieben der Umgebung oder der Herkunftsregion der
Jugendlichen. Es können auch - je nach Gruppenzusammensetzung oder individueller Initiative - kurz- oder
längerfristige Projekte mit Arbeitscharakter (im Sinne von Schülerfirmen, etc.) durchgeführt werden. Durch diese
Einsätze werden positive Verhaltensmuster eingeübt und gestärkt, Fehlverhalten kann diskutiert und angegangen
werden.
Den Jugendlichen wird im schulischen und ausserschulischen Bereich Hilfestellung angeboten bei der Berufswahl, der
Suche nach Lehrstellen, dem Schreiben von Bewerbungen und dem Einüben von Vorstellungsgesprächen. Diese
Arbeit wird zusätzlich unterstützt durch Berufsberatung, Ämter und Eltern.
Nachbetreuung
Die Bergschule Avrona begleitet die Re-Integration von Schülerinnen und Schülern denen dieser Schritt zugetraut
werden kann. Diese Nachbetreuung ist zeitlich auf ein halbes Jahr begrenzt und wird in enger Zusammenarbeit mit
den zuständigen Schulpsychologischen Diensten durchgeführt.
4. Arbeitsprinzipien
Pädagogische Grundlagen
Grundlage der pädagogischen Arbeit sind die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Heilpädagogik. Die Mitarbeitenden
sind bestrebt ihre Aufgabe durch Gesichtspunkte der anthroposophischen Pädagogik und Heilpädagogik zu erweitern.
Der Unterricht ist lerndifferenziert angelegt. Das bedeutet, dass bei thematisch gleichen altersgemässen Inhalten für
einzelne Schüler unterschiedliche Lernziele angestrebt werden. So kann binnendifferenziert auf unterschiedliche
Lernniveaus eingegangen werden und dabei das gemeinsame Erleben am gleichen Lerngegenstand für die Klasse
erhalten bleiben. Die Lehrpersonen reflektieren ihren Unterricht gemeinsam und entwickeln ihre Unterrichtsformen
kontinuierlich weiter. Entsprechend überprüfen die Mitarbeitenden des Internatsbereiches ihre Beziehungsgestaltung
zu den Kindern und Jugendlichen laufend durch gegenseitige Hospitationen und gemeinsame Intervisionsgespräche.
In Förderplänen werden regelmässig unter Einbezug der Erziehungsberechtigten für jedes Kind/Jugendlichen die
aktuell angestrebten persönlichen Entwicklungs- und Lernziele festgehalten und deren Erreichung ausgewertet.
Bezugspersonensystem
Alle Kinder/Jugendlichen werden durch eine für sie zuständige erwachsene Bezugsperson (Sozialpädagoge/in)
betreut. Diese ist hauptverantwortlich für alle pädagogischen Prozesse ihres Bezugskindes/-jugendlichen. Sie führt die
Elternkontakte, lädt zu Standortgesprächen ein und führt diese, erstellt die Förderplanungen und schreibt die Berichte.
Die Bezugspersonen pflegen in der Regel eine intensive Zusammenarbeit mit den Eltern. Auch in Alltagsfragen trägt
die Bezugsperson die vermittelnde Rolle in der Eltern - Kind - Beziehung.
Zusammenarbeit mit den Eltern
Die Eltern der Schüler und Schülerinnen sind für die Mitarbeitenden, insbesondere die Bezugspersonen, wichtige
Ansprechpartner, weshalb sie in engem Kontakt mit ihnen stehen und die pädagogischen Bemühungen mit ihnen
laufend koordinieren. Regelmässig stattfindende Gespräche (in der Regel wöchentlich telefonisch, 2 x jährlich am
‚runden Tisch’) dienen dem Informationsaustausch und der Planung der individuellen Förderung des
Kindes/Jugendlichen. Das individuell-familiäre Wertesystem wird dabei respektiert und ist Leitschnur für unsere Arbeit
mit den Kindern/Jugendlichen und ihren Familien.
Der Eintritt eines Kindes in ein Schulinternat bedeutet immer ein einschneidendes Erlebnis für alle Beteiligten. Eine
solche Platzierung soll dem Kind/Jugendlichen und seinen Angehörigen deshalb auch die Chance bieten, neue Wege
des Zusammenseins und einen veränderten Umgang miteinander zu pflegen. Die Mitarbeitenden der Bergschule
Avrona verstehen deshalb die Aspekte Beratung und Begleitung als wesentliche Bestandteile ihrer Berufsarbeit.
In der Elternarbeit wird deutlich, dass die Mitarbeitenden der Bergschule die elterlichen Funktionen nicht ersetzen,
sondern deren Bemühungen ergänzen und unterstützen. Die Verantwortlichkeit der Eltern ist im pädagogischen Alltag
der Bergschule Avrona konsequent (z.B. durch regelmässige Kontakte) eingebunden.
Zusammenarbeit mit den zuweisenden Stellen
Die Mitarbeitenden der Bergschule streben eine klare und transparente Zusammenarbeit mit den Sozialdiensten an.
Deshalb pflegen sie regelmässig persönlichen und/oder telefonischen Kontakt mit den verschiedenen sozialen Stellen.
Die einweisenden Stellen (SpD, KJPD,) je nachdem auch die Sozialstellen werden zu den Standortbestimmungen
eingeladen und/oder über die getroffenen Vereinbarungen oder Beschlüsse informiert.
Schularzt / med. therap. Fachpersonal
Das Team der Bergschule wird in der pädagogischen Arbeit durch den Schularzt medizinisch unterstützt. Er besucht
die Institution regelmässig und berät die Mitarbeitenden in medizinisch-pädagogischen Fachfragen. Wenn das
Einverständnis der Erziehungsberechtigten vorliegt, untersucht er die Kinder/Jugendlichen und verordnet ggf.
Therapien.
Zur Unterstützung der pädagogischen Arbeit und der individuellen Entwicklung der Kinder/Jugendlichen bietet die
Bergschule durch Fachpersonal erteilten, therapeutischen Einzelunterricht an (Heileurhythmie, Maltherapie und andere
Therapieformen). Medizinische Therapien müssen vom Arzt/Schularzt verordnet sein und werden durch die
Krankenkassen abgerechnet.
Sucht- und Gewaltprävention
Die Bergschule versteht sich aus ihrem Selbstverständnis als ‚suchtmittelfreie Zone’, der Konsum von Tabak, Alkohol
oder illegalen Drogen ist in der Institution verboten und wird geahndet, bzw. zieht unmittelbare Konsequenzen nach
sich. Die Mitarbeitenden der Bergschule thematisieren mit den Schülerinnen und Schülern die Thematik der Sucht und
Suchtmittel (legale und illegale Drogen) regelmässig. Der Konsum illegaler Drogen zieht auf jeden Fall Konsequenzen,
im Wiederholungsfalle den Ausschluss nach sich.
Generell wird in der Bergschule eine gewaltfreie Atmosphäre angestrebt. Ziel ist ein wertschätzender, respektierender
Umgang aller Bewohner und Mitarbeitenden untereinander. Auf physische, psychische und verbale Gewalt wird von
den Mitarbeitenden sofort reagiert und deeskalierend gewirkt. Gewaltfreie Konfliktbewältigung und
Beziehungsgestaltung ist für alle Beteiligten ein permanentes Übungsfeld.
Fachberatung, Intervision, Coaching, Fortbildung
Bei der Komplexität der Problemstellungen, welche die Kinder und Jugendlichen mitbringen, sind Fachberatung,
Coaching oder Supervision für das Personal Voraussetzungen guter beruflicher Arbeit. Damit das Fachpersonal
situativ fachliche Unterstützung beantragen kann, hat die Bergschule diese Unterstützung institutionalisiert. Die zu
behandelnden Themen und Ziele werden zuvor zwischen der Heimleitung und der/dem/den Beantragenden vereinbart.
Wöchentliche Teamsitzungen und individuelle Arbeitsverbindungen bieten die Möglichkeit der Intervision.
Alle Mitarbeitenden bilden sich im Sinne einer dauernden Qualitätsentwicklung verpflichtend und regelmässig durch
interne und externe Fortbildungen kontinuierlich fachlich weiter.
Qualitätsentwicklung
Die Bergschule versteht sich als lernende Organisation. Damit die Mitarbeitenden laufend die Qualität ihrer Leistungen
überprüfen und verbessern können, hat die Bergschule in ihren Strukturen eine systematische Qualitätsentwicklung
integriert. Sie orientiert sich dabei an den Mitteln und Wegen des Verfahrens ‚Wege zur Qualität’.
5. Aufenthaltsgestaltung
Die Aufenthaltsdauer richtet sich nach Indikation, Auftrag und Aufenthaltsverlauf der einzelnen Kinder und
Jugendlichen. In den Standortgesprächen wird die Indikation ihrer Heimplatzierung regelmässig überprüft.
Organisation des Alltags
Die Alltagsgestaltung richtet sich nach den Bedürfnissen, dem Alter und den individuellen Voraussetzungen der
Kinder/Jugendlichen und den Möglichkeiten der Bergschule. Das Kind/der Jugendliche wird in einen überschaubaren
Alltag eingebunden. Die Kinder/Jugendlichen beteiligen sich an der Erledigung der hauswirtschaftlichen Pflichten und
üben damit alltagspraktische Fähigkeiten.
Standortgespräche / Förderplanung
Die Mitarbeitenden der Bergschule arbeiten mit Förderplanungen und Zielvereinbarungen. Dazu lädt die
Bezugsperson des Kindes/Jugendlichen die Eltern/gesetzliche Vertretung, das Kind/den Jugendlichen und deren
Vertretung der zuweisenden Stelle in der Regel 2 x jährlich zu einem Standortgespräch ein. In diesem Gespräch
werden gemeinsam individuelle Ziele und hilfreiche Bedingungen zur Auseinandersetzung mit kritischen Situationen
und Ereignissen erarbeitet und festgelegt. Der Verlauf der Förderplanung wird in der Schülerakte ersichtlich. Zuständig
für alle Prozesse im Zusammenhang der Förderplanung ist die Bezugsperson.
Freizeitgestaltung
Die Wohngruppen bieten den Kindern/Jugendlichen regelmässig strukturierte freizeitpädagogische Angebote an, diese
können auch wohngruppenübergreifend sein. Gestaltete Freizeit ist eine wichtige Möglichkeit eigene Ziele und
Interessen zu entwickeln. Sportliche Betätigung findet deshalb hier ebenso ihren Platz wie Spiele oder das
künstlerische Üben. Die Hilfestellungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollen dabei zu Eigenaktivität anregen und
helfen Entschlüsse zu verwirklichen. Es wird tendenziell unterstützt, dass sich die Schüler und Schülereinnen nach
aussen orientieren. Deshalb werden auch Angebote von regionalen Vereinen wahrgenommen und/oder in der Nähe
gelegene Infrastrukturen genutzt.
Regeln
Die Schülerinnen und Schüler werden bei ihrem Eintritt mit den gültigen Hausordnungen und Regeln der Bergschule
(Schul- und Heimbereich) vertraut gemacht. Disziplinarmassnahmen sollen vorhersehbar und nachvollziehbar sein.
Bei gröberen Verstössen gegen Abmachungen werden die Eltern informiert und in die Massnahmen einbezogen.
Mitsprachemöglichkeit
Die Kinder/Jugendlichen werden über alle sie betreffenden Entscheide informiert. Sie haben in allen Belangen, die sie
individuell oder kollektiv betreffen ein Anhörungsrecht und ihrem Alter entsprechende Mitsprachemöglichkeiten.
Austritt
Der Austritt erfolgt, sobald aus fachlicher Sicht eine Reintegration positiv beurteilt werden kann, spätestens bei
Abschluss der obligatorischen Schulzeit, in Ausnahmefällen nach dem 10. Schuljahr.
Ausschluss
Grundsätzlich gilt der Ausschluss als letzte Handlungsmöglichkeit, wenn alle anderen gemeinsamen Wege innerhalb
der Institution ausgeschöpft sind. Gründe dazu können Selbstgefährdung, Bedrohung anderer Bewohner oder
Drogenkonsum sein. Ist die weitere Beschulung und Betreuung in der Bergschule akut in Frage gestellt, wird unter
Beizug der einweisenden Stelle gemeinsam mit den Beteiligten eine neue Lösung gesucht.
6. Ressourcen
Finanzierung
Die Stiftung Bergschule Avrona ist vom Kanton Graubünden als Kompetenzzentrum für Sonderschulung anerkannt.
Die finanzielle Abgeltung ihrer Dienstleistungen ist mit dem Kanton durch eine Leistungsvereinbarung geregelt. Die
Kosten für Kinder, deren Wohnsitz ausserhalb des Kantons Graubünden liegt, werden gemäss den Bestimmungen der
interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen (IVSE) den Herkunftskantonen in Rechnung gestellt.
Gemeinden und Eltern leisten die in der Verordnung festgelegten Beiträge.
Zweckgebundene Beiträge der öffentlichen Hand und freiwillige Beiträge Dritter (Gaben, Schenkungen, Legate,
Sponsorenbeiträge und Fundraising) ermöglichen es der Institution spezifische pädagogische Projekte durchführen zu
können.
Personelle Ressourcen
Die personellen Ressourcen richten sich nach dem mit dem AVS vereinbarten Stellenplan. Der Einsatz wird von der
Leitung auf Grund der Stellenbeschreibungen und -notwendigkeiten geplant. Die Mitarbeitenden arbeiten mit
qualifizierenden Berufsabschlüssen in den Bereichen Schulische Heilpädagogik, Sozialpädagogik, Heimleitung,
Arbeitsagogik oder der internen Dienste. Daneben bietet die Bergschule Praktikumsplätze und Zivildienststellen im
Bereich Sozialpädagogik an.
Infrastruktur
Die Bergschule ist eingebettet in die hochalpine Umgebung des Unterengadins mit deren vielfältigen
Freizeitmöglichkeiten. Sie verfügt über ein grosszügiges Areal mit diversen Gebäuden, welche die Schule, die
Wohngruppen, die Verwaltung und die internen Dienste beherbergt. Auf dem Areal gibt es eine breite Infrastruktur,
einen grossen Schulgarten, Waldzonen, einen kleinen See, einen Sport- und Fussballplatz, einen Stall und
verschiedene Werkstätten.
Zusammenarbeit
Alle Arbeitsprozesse in der Bergschule sind um die Bedürfnisse der Kinder/Jugendlichen herum organisiert und richten
sich nach deren Funktionalität im pädagogischen Auftrag.
27.08.09 rk
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