Presse-Information / Serie „Inklusion. Jetzt!“ – Teil 3 Kinder mit Handicap: Frühe Förderung beschleunigt Inklusion Umsetzung UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland: Eltern und Familien früh beraten / Kinder mit Behinderung frühestmöglich fördern Wiesbaden, 2.. Dezember 2013. Seit gut 30 Jahren unterstützen Frühförderund Frühberatungsstellen Kinder mit Behinderung dabei, ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Seit jeher trägt Frühförderung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bei. Heute stellen veränderte Rahmenbedingungen Beratungsstellen vor neue Herausforderungen. Seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention bahnt sich ein Begriff zusehends den Weg in die breite Öffentlichkeit: Inklusion. „Wir sind nicht behindert, wir werden behindert“, lautet ein geflügeltes Wort. Was heißt das? Es bedeutet, dass Menschen mit Beeinträchtigung häufig mehr können, als ihnen Nicht-Behinderte zutrauen. „Jeder Mensch, auch der mit Beeinträchtigung, verfügt über Stärken und Fähigkeiten. Wenn wir diese fördern und jedes Individuum in seinem Können unterstützen, wird eine gleichberechtigte Teilhabe eher gelingen“, ist sich Marion Wack-Frankenbach, Leiterin der Frühförder- und Frühberatungsstelle der Wiesbadener IFB-Stiftung sicher. „Setzt die Beratung der Eltern und die Förderung der Kinder frühestmöglich ein, können sich Kinder besser entwickeln und haben als Erwachsene eher die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben.“ Als Leiterin der IFB-Frühförderstelle tauscht sich Wack-Frankenbach regelmäßig mit in Arbeitskreisen organisierten Praktikerinnen und Praktikern der Frühförderung und der Heilpädagogischen Fachberatung der Frühförderstellen in Südhessen aus. Trägerübergreifend sprechen die Frühförderer über gesellschaftsrelevante Themen, diskutieren aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen ihrer Disziplin und haben dabei doch nur eines im Blick: das Wohl der Kinder, deren Lebenssituation sie verbessern wollen. Frühförderung verbessert Lebensbedingungen von Kindern und Eltern „Frühförderung setzt ein, wenn in den Untersuchungen eines Kindes U1 bis U9 eine Beeinträchtigung erkannt wurde, die eine normale körperliche, kognitive, sprachliche, emotionale und beziehungsweise oder soziale Entwicklung auf lange Sicht gefährdet oder verzögert“, erläutert Silke Morini, Geschäftsführerin der Gemeinnützigen Känguru GmbH. Känguru ist der Bereich IFB-Stiftung, der in Wiesbaden und Leipzig Kinder mit Behinderung und ihre Familien betreut. In der Regel ist es der Kinderarzt, der eine solche Beeinträchtigung feststellt und die Eltern an entsprechende Stellen verweist. Mediziner, Psychologen, Pädagogen, Logopäden, Physiotherapeuten, Motopäden, Heilpädagogische Fachberatung – je nach Beeinträchtigungen arbeiten ganz unterschiedliche Fachleute interdisziplinär zusammen, um dem betroffenen Kind aber auch den Eltern und dem nahen Lebensumfeld zu helfen. Die Kosten übernimmt in der Regel der örtliche Sozialhilfeträger, unabhängig der familiären Vermögensverhältnisse. Gesellschaftlicher Wandel verändert frühe Förderung Im November 2012 haben insgesamt 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der verschiedenen Frühförder- und Frühberatungsstellen aus Wiesbaden, Frankfurt, Darmstadt, Hanau und Umgebung über „Frühförderung und Heilpädagogische Fachberatung im Spannungsfeld gesellschaftlicher Veränderungen“ beraten. Was auf den ersten Blick sperrig wirkt, hat einen aktuellen Hintergrund, wie Wack-Frankenbach erklärt: „Die Aufgaben der Frühförderung sind in den vergangenen Jahren weitestgehend dieselben geblieben. Aber die Rahmenbedingungen für unsere Arbeit haben sich vor allem durch den gesellschaftlichen Wandel stark verändert.“ So fällt es in der heutigen Leistungsgesellschaft vielen Menschen schwer, alle an sie herangetragenen Erwartungen zu erfüllen. Arbeitgeber beispielsweise verlangen von ihren Mitarbeitern ein hohes Maß an Flexibilität, Erreichbarkeit, Mobilität und Anpassungsbereitschaft. „Auf private Lebensumstände nehmen Chefs heute wenig Rücksicht.“ Die Angst vor Arbeitsplatzverlust, sozialem Abstieg oder gar Armut sei in vielen Familien spürbar, weiß WackFrankenbach aus ihrer Arbeit. Auch die Zunahme an Patchworkfamilien, Einelternteilfamilien und Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind, mache sich in ihrer Arbeit bemerkbar. „Vielen Menschen fällt es heute schwer, alle Termine unter einen Hut zu bekommen. In Terminkalenderfamilien, wie wir sie nennen, herrscht häufig eine gestresste Grundstimmung. Oftmals fehlt die Zeit, sich auf langfristige Bindungen einzulassen und stabile Beziehungen zu pflegen.“ Wo es früher die Großfamilie und ein stabiles Umfeld gab, existieren heute vor allem funktionale Netzwerke und Zweckgemeinschaften. Vor allem für die kindliche Entwicklung sei dies problematisch, so die Leiterin der IFB-Frühförderstelle, denn wer als Kind nicht gelernt hat, Bindungen einzugehen, dem fällt dies als Erwachsenem umso schwerer. „Sichere Bindung gilt als wesentlicher Schutzfaktor für die kindliche Entwicklung. Wo sie fehlt, ist die normale Entwicklung gefährdet.“ Frühförderung: Sinne entwickeln, Umwelt erfahren Marion Wack-Frankenbach kennt die Angst von Eltern, ihr Kind könnte als „behindert“ abgestempelt werden. „Bei Frühförderung denken heute viele Eltern an Ballet, Turnen, Mathematiknachhilfe oder Chinesischunterricht für Dreijährige. Das ist aber nicht die Frühförderung, die wir machen, das ist nicht die Frühförderung, die Kinder mit Behinderung brauchen“, so die Sozialpädagogin, die seit über 25 in der Frühförderung arbeitet und diese mit der IFB maßgeblich in Wiesbaden vorangetrieben hat. „Eine gute Förderung der Entwicklungsbereiche Bewegung, Sprache, Wahrnehmung, Denken, Emotion und Sozialverhalten ist grundlegend für die Chancen unserer Kinder“, sagt Wack-Frankenbach. „Fühlen, tasten, schmecken, riechen, hören, sehen – wir helfen Kindern dabei, ihre Umwelt zu erleben und zu erfahren, indem wir ihre Sinne anregen.“ Eine entspannte Atmosphäre, frei von Druck und Anforderungen, sei dabei Grundvoraussetzung. Inklusion durch frühe Förderung „Wenn Inklusion gelingen soll“, so Silke Morini, „dann müssen Eltern so aufgefangen werden, dass sie die Beeinträchtigung ihres Kindes akzeptieren und Hilfe ohne Scham annehmen können. Dazu müssen wir die Angebote von Frühförder- und Frühberatungsstellen bekannter machen.“ Das vorrangige Ziel der frühen Förderung ist, dass sich Kinder möglichst gut und gesund entwickeln. Das hat auf den ersten Blick keinen direkten Bezug zu Inklusion. Wenn aber Kinder in ihren Stärken und Fähigkeiten gefördert werden, zu selbstbewussten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbstständigen Persönlichkeiten heranwachsen, finden sie sich auch besser zurecht in einer Welt, in der nicht mehr zwischen behindert und nicht behindert unterschieden wird. In einer Welt, in der Menschen mit und ohne Behinderung dieselben Rechte und Pflichten haben und selbstverständlich miteinander leben, arbeiten und umgehen. Das nächste gemeinsame Arbeitskreistreffen der Praktikerinnen und Praktiker der Frühförderung und der Heilpädagogischen Fachberatung in Südhessen ist am 21.11.2013. --------------------------------------------Foto: Inklusion bedeutet das selbstverständliche Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensbereichen. Kinder mit Behinderung wollen das tun, was alle Kinder gerne machen – spielen, die Welt entdecken und mit Gleichaltrigen etwas erleben. --------------------------------------------Kontakt für Interessierte: Marion Wack-Frankenbach Einrichtungsleitung Frühförder-und Frühberatungsstelle Ehrengartstraße 15 65201 Wiesbaden Telefon: 0611 23855621 Telefax: 0611 23855624 E-Mail: [email protected] --------------------------------------------Kontakt für Medien: IFB-Stiftung Heidrun Göhl Geschäftsleiterin Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit Bahnstraße 9a 65205 Wiesbaden Telefon: 0611 40809943 Telefax: 0611 40809929 Mobil: 0162 2904906 E-Mail: [email protected]