Verletzung der CP-Symmetrie Rosa Glöckner 07.01.2008 Zusammenfassung Neben der indirekten CP-Verletzung in der schwachen Wechselwirkung die schon 1964 im System der neutralen Kaonen nachgewiesen wurde erlaubt das Standardmodell der Teilchenphysik auch eine Direkte. In diesem Vortrag soll nun die Messung der Direkten CP-Verletzung mit dem Na48-Detektor am Cern vorgestellt werden. Diese Symmetrieverletzung ist eines von Sacharows Kriterien zur Erklärung der Materie-Antimatrie-Symmetrie im Universum. Motivation kontinuierlichen (z.B. Drehungen) und diskreten (z.B. Parität) Symmetrien unterscheiden. Für diskrete Symmetrieoperationen U gilt: U 2 = 1 mit Eigenwerten ±1. Da in einem physikalischen System der Hamiltonoperator nicht explizit bekannt ist kann eine Symmetrieerhaltung nicht einfach mit [U, H] = 0 überprüfen, sondern muss das Experiment entscheiden lassen. Im frühen Universum existierte ein heiÿes (1032 K), sich im Gleichgewicht bendendes Plasma aus Quarks, Antiquarks, Leptonen, Antileptonen und Photonen. Im Zuge der Expansion kühlt sich das Plasma ab und Teilchen und Antiteilchen beginnen sich zu vernichten. Sind alle Wechelwirkungen symmetrisch und Baryonenzahl sowie Leptonenzahl erhalten, so sollten Materie und Antimaterie vollständig zerstrahlen. Tatsächlich kann diese Stahlung (Kosmische Hintergrundstrahlung) im Universum nachgewiesen werden. Oensichtlich ist auÿerdem Materie vom Urknall übrig geblieben, aber es gibt keine experimentellen Hinweise auf das Vorhandensein von Antimaterie im Universum. Die groÿe Frage der Physik ist nun: Woher kommt diese Asymmetrie? A. Sacharow hat zur Erklärung drei Kriterien aufgestellt: • Es muss eine Baryonenzahl verletzende Wechselwirkung geben • Es muss eine Expansionsphase geben, in der kein thermodynamisches Gleichgewicht herrschte • Es muss eine Wechselwirkung geben, die die CP-Symmetrie verletzt. P- und C-Operator Der P-Operator (Paritätsoperator) bewirkt eine Raumumkehr. ~x → −~x. Ebenso dreht sich der Impuls um, der Drehimpuls bleibt aber gleich ~ = ~x ×~ ~ . Lange Zeit glaubL p → (−~x)×(−~ p) = L ten Physiker an die Erhaltung der Parität und erst 1956 wurde von Lee und Yang gezeigt, dass es keine theoretischen Hinweise auf eine Erhaltung der Parität in schwachen Wechselwirkung gibt. Ein Jahr später konnte Wu die Paritätsverletzung der schwachen Wechselwikrung im ÿZerfall experimentell nachweisen. In der starken und in der elektrischen Wechselwirkung bleibt die Parität erhalten. Die Teilchen-AntiteilchenKonjugation C ändert bei allen inneren Quantenzahlen das Vorzeichen. Spin, Impuls sowie Raumzeiteigenschaften wie Masse und Lebensdauer bleiben unverändert. Wie bei der Parität Symmetrien gibt es eine Verletzung der C-Symmetrie nur in Schon 1918 hat Emmy Noether herausgefunden, der schwachen Wechselwirkung. Die Verletzung dass zu jeder kontinuierlichen Symmetrie ei- von C und P lässt sich gut anhand von Neune Erhaltungsgröÿe gehört und umgekehrt. Die trinos zeigen (vgl. Abbildung 1). Experimentell Wichtigkeit von Symmetrien ergibt sich also aus konnte weder ein rechtshändiges Neutrino noch der Tatsache, dass sie helfen die richtigen Gei- ein linkshändiges Antineutrino gefunden werchungen zu nden. Man kann dabei zwischen den, was sofort den Symmetriebruch zeigt. 1 CP durch eine Linearkombination von K 0 und K 0 bilden: ´ 1 ³ |K1 i = √ |K 0 i + |K 0 i , CP |K1 i = +|K1 i 2 ´ 1 ³ 0 |K2 i = √ |K i − |K 0 i , CP |K2 i = −|K2 i 2 Für den uns interessierenden Zerfall in Zweiund Drei-Pion-Zustände gilt: CP |ππi = +|ππi und CP |πππi = −|πππi. Durch Vergleich des Zwei-Pion-Zustandes mit dem K2 Zustand sieht man sofort: K2 9 2π , falls CP erhalten ist. Für K2 -Zustand erwartet man eine wesentlich gröÿere Lebensdauer als für den K1 -Zustand, da für einen Zweikörperzerfall ein gröÿeres Phasenraumvolumen zur Verfügung steht. Mit der Entdeckung des Zerfalls des langlebigen Kaons in zwei Pionen musste das Modell modiziert werden. Die physikalisch beobachtbaren neutralen Kaonen können nicht mit den als Eigenzustände von CP denierten Zuständen K2 und K1 übereinstimmen, sondern ergeben sich aus einer Mischung dieser Eigenzustände: das langlebiege Kaon |KL i = √ 1 2 (|K2 i + ²|K1 i) und das Abbildung 1: Wirkung von C und P auf das Neutrino Kaonen Kaon bezeichnet ein Teilchen aus einer Gruppe von vier Mesonen, die 1948 in der Höhenstrahlung entdeckt wurden. Kaonen sind die leich- 1+|²| Abbildung 2: Kaonen kurzlebige Kaon |KS i = √ 1 1+|²|2 (|K1 i + ²|K2 i), −3 mit |²| ≈ 2, 28 · 10 . Der beobachtete Zerfall des langlebigen Kaons in zwei Pionen wird somit durch einen kleinen beigemischten Anteil an K1 hervorgerufen, das seinerseits CP-Erhaltend in zwei Pionen zerfällt. Dies nennt man Indirekte CP-Verletzung. testen Mesonen mit einem s-Quark. Da Strangeness in der starken Wechselwirkung eine Erhaltungsgröÿe ist, kann das Kaon also nur über die schwache Wechselwirkung zerfallen. Daher eignet sich dieses Teilchen für die Suche nach einer CP-Verletzung in der schwachen Wechselwirkung. Die Erzeugung der Kaonen jedoch ist ein Prozess der starken Wechselwirkung: Theoretische Erklärung Um diesen experimentellen Befund theoretisch zu erklären, hat Wolfenstein zunächst vorgeschlap + n → Λ + K0 + p gen eine neue Superschwache Kraft einzufüh+ 0 ren, die für die CP-Verletzung verantworlich sein p+p→p+K +K +n soll. Die schwache Wechselwirkung währe dann Die Erzeugung von Kaonen kann also durch Pro- weiterhin CP-Invariant. Eine Erklärung im Rahtonenbeschuss realisiert werden. Mögliche Zer- men des Standardmodells wurde durch Cabibfälle des neutralen Kaons sind: K 0 → π 0 π 0 , bo, Kobayashi und Maskawa gegeben. Eine uniK 0 → π + π − , K 0 → π 0 π 0 π 0 ,K 0 → π + π − π 0 . täre CKM-Matrix transformiert die MasseneiInteressanter Weise zerfällt das K 0 in genau die genzustände der Quarks in Eigenzustände der gleichen Endprodukte. Damit sind K 0 und K 0 schwachen Wechselwirkung. Diese Transformadurch einen virtuellen Übergang miteinander ver- tion lässt sich auf drei Mischungswinkel und eiknüpft, und können sich ineinander umwandeln. ne Phase reduzieren. Für die Erklärung der CPVerletzung muss nun diese Phase ungleich Null Indirekte CP-Verletzung Um eine mögliche CP-Verletzung im System der oder π sein. Neutralen Kaonen nden zu können muss man Direkte CP-Verletzung die Eigenzustände von CP kennen. K 0 und K 0 Im Standardmodell ist nun auch die Möglichkeit sind keine Eigenzustände des CP, da C das Teil- des direkten Zerfalls des K2 in zwei Pionen entchen in sein Antiteilchen überführt CP |K 0 i = halten, was man als Direkte CP-Verletzung be−|K 0 i. Allerdings lassen sich Eigenzustände von zeichnet. Die Stärke der direkten CP-Verletzung 2 ³ ´ A2 wird durch ²0 = √12 Im A ei(δ2 −δ0 ) deniert, 0 wobei δ2 −δ0 die Phasendierenz der Zerfallsamplituden A0 und A2 in die Zwei-Pion-Endzustände mit Isospin I=0 und I=2 ist. Im Experiment gemessen werden die Zerfallsraten, sodass man das Doppelverhältniss berechnen kann: ³ 0´ 0 0 + − ² L →π π )/Γ(KL →π π ) R = Γ(K ≈ 1 − 6 · Re 0 0 + − Γ(KS →π π )/Γ(KS →π π ) ² . Der Vorteil dieses Doppelverhältnisses ist, dass sich systematische Fehler wegkürzen. Experimentell möchte man nun Re(²0 /²) bestimmen. Na48 Experiment Für die experimentelle Bestimmung der direkten CP-Verletzung müssen die Zerfälle KS,L → 2π 0 und KS,L → π + π − gemessen werden. Dabei ist zu beachten, dass neutrale Pionen instantan in Photonen zerfallen. Um die Fehler möglichst gering zu halten und zeitliche Schwankungen in der Detektorezienz ausschlieÿen zu können, werden die Zerfallsmoden gleichzeitig im selben Zerfallsvolumen gemessen, d.h. man nutzt gleichzeitig produzierte KL - und KS - Strahlen. Zudem sind die Stahlen annähernd parallel, damit die Zerfallsprodukte den Detektor in ähnlicher Weise ausleuchten. Um eine hohe Statistik zu erreichen braucht man einen Intensieven Teilchenstrahl. Dieser Protonenstrahl trit Abbildung 3: Strahlengang dann mit einer Energie von 400GeV auf das KL Target. Teile der Protonen iegen weiter und treen auf das KS -Target. Um die KL - und KS Zerfälle unterscheiden zu können wird ein sogenannter Tagger in den KS -Strahlengang der Protonen gestellt. Der Tagger hat nun die Aufgabe die Protonen zeitlich zu markieren, sodass ein Ereigniss eindeutig einem KL - oder KS -Zerfall zugeordnet werden kann. Der Detektor hat die Aufgabe die Zerfallsprodukte der Kaonen zu identizieren. Er besteht aus einem Magnetspektrometer zur Impulsmessung geladener Zerfallsprodukte, einem Flüssig-Krypton-Kalorimeter zur Energiemessung neutraler Teilchen und einem Hadronen-Kalorimeter zur Energiemessung von 3 Abbildung 4: Na48 Detektor Hadronen. Mithilfe dieses Experimentes konnte die Direkte CP-Verletzung mit Re(²0 /²) = (14, 7 ± 2, 2) · 10−4 nachgewiesen werden. Es ist somit die von Sacharow geforderte direkte Verletzung der CP-Symmetrie gefunden worden. Allerdings reicht die Stärke der Verletzung nicht aus, um die gröÿe der Antisymmetrie zwischen Materie und Antimaterie zu erklären. CPT-Theorem Es gibt noch eine weitere wichtige diskrete Symmetrie, die Zeitumkehr T: t → −t. Bei Anwendung von T ändert der Impuls aufgrund der Zeitableitung seine Richtung, die Kraft aber bleibt gleich. Das CPT-Theorem besagt nun, dass die Physik unter der kombinierten Anwendung von C,P,T invariant ist. Es gilt als eine der fundamentalen Grundlagen der Teilchenphysik, da aus dem CPT- Theorem die Gleichheit von Masse, Lebensdauer und Betrag der elektrischen Ladung und magnetischen Momente von Teilchen und Antiteilchen resultieren. Im Rahmen der heute erreichbaren Genauigkeit ist das CPT-Theorem experimentell bestätigt, aber es gibt Theorien (manche Stringtheorien oder Quantengravitationstheorien) die eine Verletzung von CPT vorhersagen. Die Konsequenz einer Verletzung von CPT ist die Verletzung der Lorentzinvarianz. Quellen • K.Kleinknecht: Uncovering CP violation(2003), Springer Verlag • A. Winhart: Messung der direkten CP-Verletzung im System der neutralen Kaonen mit dem NA48Detektor(2003), Shaker Verlag • H. Frauenfelder, E.M. Henley: Teilchen und Kerne(1999), Oldenbourg-Verlag