Langfassung „Osteoporose bei Kindern & Jugendlichen“ Osteoporose - eine „Kinderkrankheit“? Österreichs Kinder- und Jugendfachärzte plädieren für eine verstärkte Osteoporose-Prävention im Kindes- und Jugendalter In jungen Jahren Knochen stärken „Osteoporose: Typisches Frauen-über-40-Problem“ – So lautet die landläufige Meinung. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen jedoch: Die Wurzeln für Osteoporose liegen in der Kindheit. Die Prävention muss deshalb bereits im Kindes- und Jugendalter beginnen. Österreichs Kinder- und Jugendfachärzte machen nun darauf aufmerksam, dass die Knochenmineralisation während der Kindheit der Schlüssel zur Knochengesundheit im Erwachsenenalter ist. Maßnahmen, die nach der Wachstumsphase gesetzt werden, können den Knochenabbau lediglich verzögern. „Wir wollen Eltern, Lehrern und auch Politikern bewusst machen, dass die senile Osteoporose eine pädiatrische Erkrankung ist und rechtzeitig gesetzte Maßnahmen, wirkungsvolle Ergebnisse zeigen“, erklärt Univ.Prof. Dr. Ingomar Mutz, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. Das Knochen-Konto: Aufbauen in der Jugend – Profitieren im Alter „Man kann den menschlichen Knochen mit einem Konto vergleichen, auf das man in der Kindheit und Jugend vorwiegend einzahlt und von dem man im Alter verstärkt abhebt. Wird auf dem Konto zuwenig angespart, dann werden die Knochenreserven früher aufgebraucht und Osteoporose bzw. Knochenbrüche treten auf“, 2 weiß Univ.-Prof. Dr. Karl Zwiauer, Vorsitzender der Ernährungskommission der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. Besonders die Wachstumsphase rund um das 18. Lebensjahr (+/- 2 Jahre) ist für die Knochengesundheit äußerst entscheidend: In dieser Zeit vermehrt sich die Knochenmasse um insgesamt ein Viertel. 90% der sogenannten „Peak Bone Mass“ (genetisch determinierte maximale Knochenmasse) werden erreicht. Diese ist stark von genetischen Faktoren, wie Körperbau und – zusammensetzung, Größe und Gewicht abhängig. Ganz entscheidenden Einfluss hat ein gesunder Lebensstil - die Ernährung und sportliche Aktivität. „Kalziumreiche, abwechslungsreiche Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität, Sport und Spiele in der Kindheit und Jugendzeit können die Knochenmasse und –dichte positiv beeinflussen. Das Risiko einer Osteoporose-Erkrankung im Erwachsenenalter kann damit deutlich gesenkt werden“, erläutert Univ.-Prof. Zwiauer. Kalzium, der Knochen-King Die Kalziumaufnahme steht in unmittelbarer Beziehung mit der Knochenmineralisierung und Knochendichte des Skeletts. Jedoch sind heute Fast Food und Cola-Getränke – Synonyme eines Lifestyles, der aus Amerika zu uns kam – ständige Begleiter der Kinder und Jugendlichen. Mit dem zunehmenden Konsum von Limonaden sinkt automatisch der Milchkonsum (USA 1970 - 1997: kohlensäurehältige Limonaden +118%, Milchkonsum: -53%). Gleichzeitig stehen in dieser Altersgruppe frisches Gemüse und Obst bzw. Fisch zu selten auf dem Speiseplan. Gerade aber für das Knochenwachstum ist eine ausreichende Kalziumzufuhr enorm wichtig. 3 Mit ein wenig Hintergrundwissen kann man auch die Kalziumaufnahme im Körper selbst optimieren: Der empfohlene Tagesbedarf an Kalzium beträgt für Jugendliche ca. 1.200 mg und für Erwachsene ca. 1.000 mg. Eiweißreiche, fette und sehr salzige Nahrung erhöhen den Tagesbedarf an Kalzium auf das Doppelte (1 Gramm Kochsalz „raubt“ 26 mg Kalzium), während bei normaler Eiweißzufuhr und salzarmer Nahrung die Kalziumbilanz schon mit 450 mg täglich ausgeglichen ist. Lebensmittel mit Oxalsäure (z.B. Schokolade) vermindern Grundbedarf an Kalzium ebenfalls steigt. die Kalziumaufnahme, Cola-Getränke und der andere phospathältige Limonaden bewirken hohe Kalziumverluste. Um diesen „Kalzium-Killern“ entgegen zu wirken, wird zu einer ausgewogenen Ernährung mit kalziumreicher Kost geraten (Empfehlungen siehe Anhang). Gezieltes Training für eine Top-Knochen-Kondition Schon im vorigen Jahrhundert formulierte Julius Wolff, ein Pionier der Orthopädie, das immer noch gültige Gesetz von der Transformation der Knochen: Die Knochenform folgt der Funktion. Ohne die stimulierenden Effekte der Schwerkraft und von mechanischen Belastungen käme es schnell zu einem Knochenmasseverlust, weil die Knochen nicht ausreichend gefordert sind. In einer technisierten Umwelt und einem von TV und PC bestimmten Alltag sind Bewegungs- und Körpererfahrungen von Kindern und Jugendlichen heute jedoch enorm eingeschränkt – eine verminderte Knochenmasse bzw. –dichte sind die Folge. Darüber hinaus sind Übergewicht, motorische Koordinationsschwächen und verminderte Geschicklichkeit oft Ursache für ein erhöhtes Verletzungs- und Unfallrisiko. 4 Hier gilt es einzugreifen: Untersuchungen belegen, dass Kinder, die Leistungssport betrieben haben, bzw. Erwachsene, die als Kinder sportlich aktiv waren, höhere Knochendichten aufweisen als Unsportliche. Eine Studie an 8- bis 9-Jährigen zeigte eine Verbesserung der Knochendichte im Schenkelhalsbereich durch Sprungübungen, die 8 Wochen lang, 3x pro Woche durchgeführt wurden. „Wir treten dafür ein, dass sowohl in der Volksschule als auch in den höheren Schulen kurze aber regelmäßige Bewegungseinheiten in den Schulunterricht eingebaut werden. Sport muss bei den Kids wieder „in“ werden, denn damit kann sehr leicht nicht nur Osteoporose sondern auch vielen anderen Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck vorgebeugt werden. Schulsport ist LebensstilErziehung“, betont Univ.-Prof. Dr. Peter H. Schober, Leiter der Abteilung für Sport- und Leistungsmedizin an der Universitätsklinik für Kinderchirurgie in Graz. Aber auch gezieltes Training sollte während der Kindheit bzw. Jugend betrieben werden: Speziell jene Bereiche, die besonders bruchanfällig sind, wie z.B. Wirbelsäule, Oberschenkel oder Unterarm werden bei diesem Training beansprucht. Starke Muskeln stehen auch für starke Knochen, da über die Muskelanbindungen am Knochen die Kontraktionen direkt übertragen werden. Diese mechanische Beanspruchung stärkt den Knochen. Die sportlichen Belastungen sollten daher dynamisch bzw. vielseitig sein, mit hoher Intensität bzw. Frequenz und vor allem regelmäßig ausgeübt werden. Bei einer Unterbrechung gehen die positiven Effekte wieder auf das Ausgangsniveau zurück. Empfehlenswert sind Sportarten, die hohe Kraftspitzen und vielseitige Kraftwirkungen beinhalten (Sprünge, 5 Antritte, Stopps, Richtungswechsel beim Laufen, Rotations- bewegungen). Schon heute gegen eine teure Volkskrankheit von morgen Osteoporose zählt durch die steigende Lebenserwartung mittlerweile - wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck - zu den primären Volkskrankheiten. „Nicht nur der medizinische, sondern auch der volkswirtschaftliche Aspekt ist bei der frühzeitigen OsteoporosePrävention von enormer Bedeutung. Unser Ziel ist es, bei Kindern und Jugendlichen einen gesunden Lebensstil mit richtiger Ernährung und Bewegung populär zu machen und ihnen dadurch eine optimale Lebensqualität im Alter zu ermöglichen“, so Univ.-Prof. Ingomar Mutz. 2002-06-25 Weitere Informationen über Kinder- und Jugendheilkunde im Web unter: www.docs4you.at oder www.kinderundjugendheilkunde.at Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Scholz-Fischhuber Kommunikation Telefon: 02252/46 3 91, Handy: 0664/303 99 78, E-Mail: [email protected]